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Stallings Theorem über Enden von Gruppen - KIT

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<strong>Stallings</strong> <strong>Theorem</strong> <strong>über</strong> <strong>Enden</strong> <strong>von</strong> <strong>Gruppen</strong><br />

Lydia Wagner und Lukas Hartmann<br />

Karlsruher Institut für Technologie (<strong>KIT</strong>)<br />

09. Juli 2010<br />

Diese Ausarbeitung beschäftigt sich zunächst mit fast invarianten Teilmengen <strong>von</strong><br />

<strong>Gruppen</strong> und stellt eine Verbindung zu <strong>Enden</strong> <strong>von</strong> <strong>Gruppen</strong> her. Insbesondere werden<br />

wir Aussagen <strong>über</strong> die Anzahl <strong>Enden</strong> bestimmter <strong>Gruppen</strong> machen. Anschließend<br />

werden fast invariante Teilmengen in Graphen untersucht und mithilfe der hierbei<br />

gewonnenen Erkenntnisse wird <strong>Stallings</strong> Strukturtheorem bewiesen. Es besagt, dass<br />

eine Gruppe genau dann mehr als ein Ende besitzt, wenn sie amalgamiertes Produkt<br />

mit endlicher amalgamierter Untergruppe oder HNN-Erweiterung mit endlicher assoziierter<br />

Untergruppe ist. Der Vortrag richtet sich hauptsächlich nach [Coh72].<br />

1 Anzahl der <strong>Enden</strong> einer Gruppe<br />

In der Theorie der <strong>Enden</strong> einer Gruppe, ist die Anzahl der <strong>Enden</strong> einer Gruppe als die Anzahl<br />

der Elemente des zur Gruppe gehörigen <strong>Enden</strong>raums definiert. Eine naheliegende Frage ist nun,<br />

welche <strong>Gruppen</strong> wie viele <strong>Enden</strong> besitzen. Dies soll die folgende Klassifizierung motivieren.<br />

Satz 1: Sei G eine endlich erzeugte Gruppe. Dann hat G entweder kein, ein, zwei oder unendlich<br />

viele <strong>Enden</strong>.<br />

Genauer gilt:<br />

(i) G besitzt genau dann kein Ende, wenn G eine endliche Gruppe ist.<br />

(ii) G besitzt genau dann mehr als ein Ende, wenn G amalgamiertes Produkt mit endlicher<br />

amalgamierter Untergruppe oder HNN-Erweiterung mit endlicher assoziierter Untergruppe<br />

ist.<br />

(iii) Sei nun G = G ∗ 1 bzw. G = G 1 ∗ A G 2 . Gilt G 1 = A bzw. [G 1 : A] = [G 2 : A] = 2, so hat G<br />

genau zwei <strong>Enden</strong>. Andernfalls besitzt G unendlich viele <strong>Enden</strong>.<br />

Dass endliche <strong>Gruppen</strong> kein Ende besitzen, soll an dieser Stelle nicht ausführlich beschrieben<br />

werden. Die Aussage wird schnell glaubhaft, wenn man den dazugehörigen endlichen Cayleygraphen<br />

betrachtet.<br />

Die Punkte (ii) und (iii) des obigen Satzes sind nicht mehr so offensichtlich. John R. <strong>Stallings</strong><br />

bewies diese Aussagen 1971, weshalb sie sich in der Literatur unter ”<br />

<strong>Stallings</strong> Strukturtheorem“<br />

finden lassen.<br />

Unser Ziel wird es nun sein, den Beweis zu <strong>Stallings</strong> <strong>Theorem</strong> nachzuvollziehen. Um dies bewerkstelligen<br />

zu können, benötigen wir allerdings noch einige Begriffe und Aussagen, die wir in<br />

den nächsten Abschnitten diskutieren werden.<br />

1


<strong>Stallings</strong> <strong>Theorem</strong> <strong>über</strong> <strong>Enden</strong> <strong>von</strong> <strong>Gruppen</strong><br />

Lydia Wagner, Lukas Hartmann<br />

2 Fast invariante Mengen<br />

In diesem Abschnitt untersuchen wir fast invariante Mengen und stellen eine Verbindung zu <strong>Enden</strong><br />

<strong>von</strong> <strong>Gruppen</strong> her. Schließlich werden wir noch einige Aussagen <strong>über</strong> <strong>Enden</strong> <strong>von</strong> bestimmten<br />

<strong>Gruppen</strong> mittels Verwendung fast invarianter Teilmengen zeigen.<br />

Dabei sei im Folgenden G stets eine unendliche Gruppe, erzeugt <strong>von</strong> endlich vielen Elementen.<br />

Das neutrale Element sei e.<br />

Definition 1: Seien A und B Mengen. Dann ist A fast in B enthalten, geschrieben A a ⊆ B, falls<br />

alle bis auf endlich viele Elemente aus A in B liegen. Die Mengen A und B sind fast gleich,<br />

geschrieben A a = B, falls A a ⊆ B und B a ⊆ A gilt.<br />

Dabei lässt sich leicht einsehen, dass A a = B genau dann gilt, wenn die symmetrische Differenz<br />

A△B = (A ∪ B) \ (A ∩ B) endlich ist.<br />

Definition 2: Sei E eine Teilmenge <strong>von</strong> G. Die Menge E heißt fast G-invariant, falls Eg a = E<br />

für alle g ∈ G gilt.<br />

Durch diese Definitionen folgt leicht, dass eine Menge, die fast gleich einer fast invarianten<br />

Menge ist, ebenfalls wieder fast invariant ist. Es bietet sich also an, die Fast-Gleichheit als eine<br />

Äquivalenzrelation auf den fast invarianten Mengen einzuführen. Dabei bezeichne<br />

[E] = {B ⊆ G; B a = E} die Fast-Invarianz-Klasse der fast invarianten Menge E ⊆ G.<br />

Um besser mit fast invarianten Mengen umgehen zu können, werden wir nun zunächst einige<br />

allgemeine Rechenregeln aufstellen, die uns die weitere Arbeit erleichtern sollen.<br />

Bemerkung: Seien A, B Teilmengen <strong>von</strong> G, dann gelten die folgenden Aussagen:<br />

1. A a ⊆ B ⇔ B C a ⊆ A C<br />

2. A C g = (Ag) C für g ∈ G<br />

3. Ag a = A ⇔ A C g a = A C für g ∈ G<br />

Betrachten wir nun folgende Mengen:<br />

Z 2 G = { ∑ i>0<br />

e i g i ; e i ∈ Z/2Z, g i ∈ G} und Z 2 G = {x ∈ Z 2 G; e i = 0 für fast alle i > 0}.<br />

Wir können hiermit die Menge E G = {E ∈ Z 2 G/Z 2 G; Eg = E ∀g ∈ G} definieren, die nach<br />

obigen Definitionen genau die Fast-Invarianz-Klassen <strong>von</strong> G enthält.<br />

Diese bildet mit der symmetrischen Differenz △ als Addition einen Z/2Z-Vektorraum. Die Dimension<br />

dieses Vektorraums entspricht genau der Anzahl der <strong>Enden</strong> der Gruppe G, was wir in<br />

Korollar 3.2 noch beweisen werden.<br />

Um Aussagen zu den <strong>Enden</strong> einer Gruppe zu machen, bietet es sich daher an, die fast invarianten<br />

Teilmengen dieser Gruppe genauer zu untersuchen.<br />

Proposition 2.1. Sei H eine Untergruppe <strong>von</strong> G. Falls H endlichen Index in G besitzt, dann<br />

haben G und H die gleiche Anzahl <strong>Enden</strong>.<br />

Beweis. Sei E eine fast G-invariante Teilmenge <strong>von</strong> G. Dann ist E ∩ H eine fast H-invariante<br />

Teilmenge <strong>von</strong> H. Um die Aussage der Proposition zu beweisen, zeigen wir, dass der Raum<br />

2


<strong>Stallings</strong> <strong>Theorem</strong> <strong>über</strong> <strong>Enden</strong> <strong>von</strong> <strong>Gruppen</strong><br />

Lydia Wagner, Lukas Hartmann<br />

der Fast-Invarianz-Klassen <strong>von</strong> G isomorph zum Raum der Fast-Invarianz-Klassen <strong>von</strong> H ist.<br />

Dazu sei ϕ ein entsprechender Homomorphismus mit ϕ([E]) = [E ∩ H]. Für E 1<br />

a = E2 , gilt auch<br />

E 1 ∩H a = E 2 ∩H. Die Abbildung ϕ ist also wohldefiniert. Zu zeigen bleibt die Bijektivität <strong>von</strong> ϕ.<br />

Zuerst zeigen wir die Surjektivität: Seien {b 1 = e, b 2 , . . . , b r } ein Vertretersystem der Rechtsnebenklassen<br />

<strong>von</strong> H und C eine fast invariante Teilmenge <strong>von</strong> H. Weiterhin sei E := ⋃ r<br />

i=1 Cb i. Sei<br />

nun g ∈ G beliebig, dann bildet {b 1 g, . . . , b r g} ebenfalls ein Vertretersystem der Rechtsnebenklassen.<br />

Denn wären b i g und b j g mit i ≠ j in der gleichen Nebenklasse, dann gäbe es ein h ∈ H<br />

mit hb i g = b j g, was äquivalent zu hb i = b j ist. Dies steht jedoch im Widerspruch zur Wahl der<br />

b i .<br />

Wähle nun h 1 , . . . , h r ∈ H so, dass {h 1 b 1 , . . . , h r b r } eine Permutation der Rechtsnebenklassenvertreter<br />

{b 1 g, . . . , b r g} darstellt. Folglich gilt<br />

Eg =<br />

r⋃<br />

Cb i g =<br />

i=1<br />

r⋃<br />

r⋃<br />

a<br />

Ch i b i = Cb i = E.<br />

Somit ist E eine fast invariante Teilmenge <strong>von</strong> G mit E ∩ H = C.<br />

i=1<br />

Nun zeigen wir, dass ϕ injektiv ist: Seien E 1 und E 2 zwei fast G-invariante Teilmengen <strong>von</strong> G<br />

mit E 1 ∩ H a = E 2 ∩ H. Wir zeigen, dass dann auch gilt: E 1<br />

a = E2 .<br />

E 1 =<br />

a<br />

=<br />

r⋃<br />

(E 1 ∩ Hb i ) =<br />

a<br />

i=1<br />

r⋃<br />

(E 2 ∩ H)b i =<br />

i=1<br />

i=1<br />

r⋃<br />

(E 1 b i ∩ Hb i ) =<br />

i=1<br />

r⋃<br />

(E 2 b i ∩ Hb i ) =<br />

a<br />

i=1<br />

r⋃<br />

(E 1 ∩ H)b i<br />

i=1<br />

r⋃<br />

(E 2 ∩ Hb i ) = E 2<br />

i=1<br />

Insgesamt ist ϕ wohldefiniert und bijektiv und somit ist die Anzahl der <strong>Enden</strong> <strong>von</strong> G gleich der<br />

Anzahl der <strong>Enden</strong> <strong>von</strong> H.<br />

Korollar 2.2. Hat G eine unendliche zyklische Untergruppe mit endlichem Index, so besitzt G<br />

genau zwei <strong>Enden</strong>. Im Besonderen besitzt Z/2Z ∗ Z/2Z genau zwei <strong>Enden</strong>.<br />

Beweis. Sei H = 〈 c 〉 die zyklische Untergruppe aus obiger Aussage. Da H endlichen Index hat,<br />

folgt mit Proposition 2.1, dass G und H die gleiche Anzahl <strong>Enden</strong> besitzen. Der Cayleygraph<br />

<strong>von</strong> H ist <strong>von</strong> folgender Form:<br />

· · ·<br />

c<br />

−→ c −3<br />

c<br />

−→ c −2<br />

c<br />

−→ c −1<br />

c<br />

−→ e<br />

c −→ c<br />

c<br />

−→ c 2<br />

c<br />

−→ c 3<br />

c<br />

−→ · · ·<br />

Folglich besitzt H und somit auch G genau zwei <strong>Enden</strong>.<br />

Für G = Z/2Z ∗ Z/2Z wählen wir die Präsentation G = 〈 x, y | x 2 = e, y 2 = e 〉. G besitzt als<br />

Untergruppe 〈 xy 〉, deren Index 2 ist.<br />

Proposition 2.3. Sei H eine endliche normale Untergruppe <strong>von</strong> G. Dann haben G und G/H die<br />

gleiche Anzahl <strong>Enden</strong>.<br />

Beweis. Wir führen den Beweis ähnlich wie den zu Proposition 2.1, indem wir zeigen, dass der<br />

Raum der Fast-Invarianz-Klassen <strong>von</strong> G isomorph zum Raum der Fast-Invarianz-Klassen <strong>von</strong><br />

G/H ist.<br />

Sei π : G −→ G/H die kanonische Projektion. Falls nun E und E ′ fast invariante Teilmengen<br />

<strong>von</strong> G sind, so sind wegen der Endlichkeit <strong>von</strong> H die Mengen π(E) und π(E ′ ) fast invariante<br />

Teilmengen <strong>von</strong> G/H und falls E a = E ′ , so gilt auch π(E) a = π(E ′ ). Folglich gibt es eine <strong>von</strong><br />

3


<strong>Stallings</strong> <strong>Theorem</strong> <strong>über</strong> <strong>Enden</strong> <strong>von</strong> <strong>Gruppen</strong><br />

Lydia Wagner, Lukas Hartmann<br />

π induzierte Abbildung ˜π der Fast-Invarianz-Klassen <strong>von</strong> G auf die Fast-Invarianz-Klassen <strong>von</strong><br />

G/H.<br />

Nun sei A eine endliche Teilmenge <strong>von</strong> G/H. Dann ist π −1 (A) ebenfalls endlich, wobei π −1 jeder<br />

Restklasse ihr Urbild zuordnet. Weiterhin gilt für Teilmengen B, C <strong>von</strong> G/H: π −1 (B△C) =<br />

π −1 (B)△π −1 (C). Falls nun B eine fast invariante Teilmenge <strong>von</strong> G/H ist, dann gilt für g ∈ G:<br />

π −1 (B)g△π −1 (B) = π −1 (Bπ(g))△π −1 (B) = π −1 (Bπ(g)△B),<br />

wobei Bπ(g)△B endlich ist. Mit obigem ist dann auch π −1 (Bπ(g)△B) endlich und somit ist<br />

π −1 (B) fast invariant.<br />

Seien nun E und E ′ fast invariante Teilmengen <strong>von</strong> G mit π(E) a = π(E ′ ), dann gilt auch<br />

π −1 (π(E)) a = π −1 (π(E ′ )), da H endlich ist. Es gilt aber auch<br />

π −1 (π(E)) = ⋃<br />

xH = ⋃<br />

Eh = a E,<br />

x∈E<br />

da H endlich und E fast invariant ist. Analog folgt π −1 (π(E ′ )) a = E ′ und somit E a = E ′ . Folglich<br />

können wir daher eine Abbildung ˜π −1 konstruieren, die <strong>von</strong> den Fast-Invarianz-Klassen <strong>von</strong> G/H<br />

auf die Fast-Invarianz-Klassen <strong>von</strong> G abbildet und <strong>von</strong> π −1 induziert wird. Diese ist invers zu ˜π<br />

und somit besteht eine Bijektion zwischen den Äquivalenzklassen.<br />

(Dem geneigten Leser ist sicherlich schon aufgefallen, dass sich ”<br />

fast“ schlecht durch den Buchstaben a<br />

abkürzen lässt. Dieser Umstand ist weniger der geschichtlichen Entwicklung der deutschen Sprache zuzuschreiben,<br />

als vielmehr der Tatsache, dass sich vor allem englische Literatur zu diesem Thema finden lässt<br />

und sich so die Schreibweise für ”<br />

almost“-Eigenschaften durchgesetzt hat. Diese Übernahme ausländischer<br />

Schreibweisen lässt sich wohl auch damit begründen, dass ein f, welches <strong>über</strong> einem Gleichheitszeichen<br />

steht, sicher stark die Verwirrung des Lesers und die Ablehnung der Aussage fördern würde.)<br />

h∈H<br />

3 Graphen<br />

Wir werden nun einige kombinatorische Aussagen <strong>über</strong> fast invariante Teilmengen in Graphen<br />

beweisen, die für den Beweis <strong>von</strong> <strong>Stallings</strong> <strong>Theorem</strong> benötigt werden. Für allgemeine Erklärungen<br />

zu Graphen sei hier auf ein Skript <strong>von</strong> Prof. Dorothea Wagner verwiesen, welches unter http://<br />

i11www.iti.uni-karlsruhe.de/_media/information/scripts/grundlagen/graphen.pdf zu<br />

finden ist. Die verwendeten Begriffe können analog auch auf Graphen mit unendlichen Knotenund<br />

Kantenmengen <strong>über</strong>tragen werden.<br />

Im Folgenden werden wir ferner folgende Konvention benutzen: Eine Kante e ′ = {u, v} liegt<br />

genau dann in der Knotenmenge B, falls u ∈ B und v ∈ B gilt.<br />

Definition 3: Sei Γ ein Graph. Γ heißt lokal-endlich, falls für jeden Knoten v nur endlich viele<br />

inzidente Kanten existieren.<br />

Definition 4: Seien Γ ein Graph und A Knotenmenge <strong>von</strong> Γ. Der Korand <strong>von</strong> A, geschrieben als<br />

δA, ist die Menge aller Kanten, die einen Knoten aus A mit einem Knoten aus A C verbinden.<br />

Bemerkung: Somit gilt auch δA = δA C . Eine einfache Folgerung ist, dass δ∅ = δΓ = ∅ gilt, da es<br />

keine entsprechenden Kanten geben kann. Ist Γ außerdem zusammenhängend und A eine nicht<br />

leere, echte Teilmenge der Kanten, dann ist δA ≠ ∅. Weiterhin folgt aus δA = δB, dass entweder<br />

A = B oder A = B C gilt, falls Γ zusammenhängend ist.<br />

Korollar 3.1. Seien Γ = Γ(G) der Cayley-Graph einer endlich erzeugten Gruppe G und E Knotenmenge<br />

<strong>von</strong> Γ. Der Korand <strong>von</strong> E ist genau dann endlich, wenn E fast invariant ist.<br />

4


<strong>Stallings</strong> <strong>Theorem</strong> <strong>über</strong> <strong>Enden</strong> <strong>von</strong> <strong>Gruppen</strong><br />

Lydia Wagner, Lukas Hartmann<br />

Beweis. Sei {x 1 , . . . , x n } ein Erzeugendensystem <strong>von</strong> G. Es genügt also zu zeigen, dass δE genau<br />

a<br />

dann endlich ist, wenn Ex i = E für i = 1, . . . , n.<br />

Zunächst sei δE endlich, dann gibt es nur endlich viele Kanten {u, v}, die E mit E C verbinden.<br />

Da im Cayleygraphen <strong>von</strong> G die Kanten einer Multiplikation mit x i bzw. mit x −1<br />

i<br />

entsprechen,<br />

gibt es nur für endlich viele u ∈ E ein x i , das ux ε i<br />

i<br />

∈ E C erfüllt mit ε i ∈ {±1}. Für jedes x i gilt<br />

daher Ex i<br />

a = E und somit ist E fast invariant.<br />

Die andere Richtung der Aussage folgt analog mit den gleichen Argumenten.<br />

Mit diesem Wissen ausgestattet können wir nun auch den noch nicht getätigten Beweis aus<br />

Kapitel 2 antreten:<br />

Korollar 3.2. Die Dimension <strong>von</strong> E G ist gleich der Kardinalität des <strong>Enden</strong>raums <strong>von</strong> G.<br />

Beweis. Um den Beweis zu führen, zeigen wir folgende Aussage: Sei n ∈ N. G hat genau dann<br />

mindestens n <strong>Enden</strong>, wenn n linear unabhängige, fast invariante Teilmengen <strong>von</strong> G existieren.<br />

Habe also G mindestens n <strong>Enden</strong>, dann existiert ein k ∈ N so, dass Γ \ Γ (k) mindestens n<br />

unendliche Zusammenhangskomponenten besitzt. Jede dieser Zusammenhangskomponenten besitzt<br />

nur einen endlichen Korand, da der Cayleygraph Γ <strong>von</strong> G lokal-endlich ist. Mit Korollar<br />

3.1 folgt, dass jede der Zusammenhangskomponenten eine fast invariante Teilmenge <strong>von</strong> G ist.<br />

Diese sind linear unabhängig, da sie nach Konstruktion disjunkt sind.<br />

Nun gebe es n linear unabhänige, fast invariante Teilmengen T 1 , . . . , T n in G. Sei nun k ∈ N<br />

so gewählt, dass δT i ⊆ Γ (k) für alle i = 1, . . . , n gilt. Solch ein k existiert, da der Korand jeder<br />

fast invarianten Menge endlich ist. Definiere nun T i ′ = T i \ Γ (k) . Nach Konstruktion ist T i<br />

′ a<br />

= T i<br />

und somit ist T i ′ ebenfalls fast invariant und die T<br />

′<br />

i sind linear unabhängig. Ferner enthält jedes<br />

T i ′ mindestens eine unendliche Zusammenhangskomponente. Enthielte T<br />

′<br />

i nur endliche Zusammenhangskomponenten,<br />

so müsste T i ′ unendlich viele Zusammenhangskomponenten enthalten,<br />

da T i ′ selbst unendlich ist. Dies steht aber in Widerspruch zur Endlichkeit <strong>von</strong> δT<br />

′<br />

i . Sei nun M<br />

die Menge der Äquivalenzklassen der Zusammenhangskomponenten der T i ′.<br />

Jedes T i ′ zerfällt in<br />

Zusammenhangskomponenten, die in M liegen. Folglich sind T 1 ′, . . . , T n ′ Elemente aus dem Vektorraumerzeugnis<br />

〈 M 〉. Damit ist die Dimension <strong>von</strong> 〈 M 〉 wegen der linearen Unabhängigkeit<br />

der T i ′ mindestens n und somit enthält M mindestens n Äquivalenzklassen.<br />

Die eigentliche Aussage folgt nun durch folgende Argumentation: Sei n die Dimension <strong>von</strong> E G ,<br />

dann gibt es n linear unabhängige, fast invariante Teilmengen <strong>von</strong> G. Somit besitzt G mindestens<br />

n <strong>Enden</strong>. Angenommen, G hätte mehr als n <strong>Enden</strong>, dann würde folgen, dass es mehr als<br />

n linear unabhänige, fast invariante Teilmengen in G gäbe, was allerdings im Widerspruch zur<br />

Dimension <strong>von</strong> E G steht.<br />

Lemma 3.3. Seien A und B Knotenmengen eines Graphen Γ. Falls B zusammenhängend ist<br />

und δA ∩ B = ∅, dann gilt entweder B ⊆ A oder B ⊆ A C .<br />

Beweis. Angenommen, die Aussage sei falsch. Dann würde B sowohl Elemente aus A, als auch<br />

aus A C enthalten. Sei daher x ∈ A ∩ B und y ∈ A C ∩ B. Dann gibt es einen Pfad <strong>von</strong> x nach y,<br />

der in B liegt. Dieser besitzt eine Kante mit inzidenten Knoten x ′ ∈ A und y ′ ∈ A C . Damit ist<br />

{x ′ , y ′ } ∈ δA ∩ B, was im Widerspruch zur Voraussetzung steht.<br />

Lemma 3.4. Seien A und B Knotenmengen eines zusammenhängenden Graphen Γ. Gibt es<br />

zusammenhängende disjunkte Knotenmengen C, D derart in Γ, dass δA ⊆ C und δB ⊆ D gilt,<br />

dann ist eine der Schnittmengen A ∩ B, A C ∩ B, A ∩ B C und A C ∩ B C leer.<br />

5


<strong>Stallings</strong> <strong>Theorem</strong> <strong>über</strong> <strong>Enden</strong> <strong>von</strong> <strong>Gruppen</strong><br />

Lydia Wagner, Lukas Hartmann<br />

Beweis. Es gilt δA ∩ D = ∅ und δB ∩ C = ∅, da C und D nach Voraussetzung disjunkt sind.<br />

Mit Lemma 3.3 folgt entweder D ⊆ A oder D ⊆ A C bzw. C ⊆ B oder C ⊆ B C . Betrachten wir<br />

exemplarisch D ⊆ A C und C ⊆ B C :<br />

• Fall 1: (A ∩ B) C = A C ∪ B C = ∅<br />

Es folgt direkt, dass B C = ∅ und somit B der gesamte Graph Γ sein muss. Folglich gilt<br />

die Inklusion A ∩ B C = ∅.<br />

• Fall 2: (A ∩ B) C ≠ ∅<br />

Um zu zeigen, dass A ∩ B = ∅ gilt, genügt es zu zeigen, dass δ(A ∩ B) = ∅ gilt.<br />

Jede Kante aus δ(A ∩ B) hat jeweils einen inzidenten Knoten in A ∩ B und in A C ∩ B,<br />

A ∩ B C oder A C ∩ B C . Im ersten Fall läge diese Kante in δA und B, also wäre δA ∩ B ≠ ∅,<br />

im Widerspruch zu δA ⊆ C ⊆ B C . Im zweiten Fall läge diese Kante in A und δB, also<br />

wäre A ∩ δB ≠ ∅, im Widerspruch zu δB ⊆ D ⊆ A C . Im letzten Fall wäre δA ∩ δB ≠ ∅,<br />

im Widerspruch zu δA ⊆ C, δB ⊆ D und C ∩ D = ∅. Es folgt daher, δ(A ∩ B) = ∅ und<br />

somit die Behauptung.<br />

Lemma 3.5. Seien E 0 und E 1 fast invariante Teilmengen der endlich erzeugten Gruppe G. Für<br />

fast alle g ∈ E 0 gilt entweder gE 1 ⊆ E 0 oder E C 0 ⊆ gE 1.<br />

Beweis. Da E 0 und E 1 fast invariant sind, gilt mit Korollar 3.1 δE 0 und δE 1 sind endlich. Man<br />

kann daher endliche, zusammenhängende Mengen C 0 und C 1 konstruieren mit δE 0 ⊆ C 0 und<br />

δE 1 ⊆ C 1 .<br />

Für alle c ∈ C 1 und fast alle g ∈ E 0 liegt gc ∈ E 0 . Da außerdem C 1 nach Konstruktion endlich<br />

ist, gilt gC 1 ⊆ E 0 für fast alle g ∈ E 0 . Sei g ∈ G so gewählt, dass gc 1 = c 0 mit c 0 ∈ C 0 und<br />

c 1 ∈ C 1 gilt, was äquivalent ist zu g = c 0 c −1<br />

1 . Da C 0 und C 1 endlich sind, kann es nur endliche<br />

viele Elemente geben, die obiges erfüllen. Folglich gilt nun gC 1 ∩ C 0 = ∅ für fast alle g ∈ G. Sei<br />

im Weiteren g ∈ G so gewählt, dass dies und gC 1 ⊆ E 0 erfüllt sind.<br />

Nun kann Lemma 3.4 angewendet werden mit A := gE 1 , B := E 0 , C := gC 1 und D := C 0 . Da<br />

gC 1 ⊆ E 0 ist, folgt δgE 1 ⊆ E 0 und somit sind die Schnitte gE 1 ∩ E 0 und (gE 1 ) C ∩ E 0 nicht leer.<br />

Falls nun gE 1 ∩ E0 C = ∅ gilt, folgt unmittelbar die Inklusion gE 1 ⊆ E 0 . Für (gE 1 ) C ∩ E0 C = ∅<br />

folgt, dass E0<br />

C ⊆ gE 1 gilt.<br />

Lemma 3.6. Sei G eine endlich erzeugte Gruppe mit mindestens 2 <strong>Enden</strong>. Falls eine fast invariante<br />

Teilmenge E mit E und E C nicht endlich existiert derart, dass {g ∈ G; gE a = E} nicht<br />

endlich ist, dann hat G eine unendliche, zyklische Untergruppe mit endlichem Index und somit<br />

genau 2 <strong>Enden</strong>.<br />

Beweis. Es ist leicht einzusehen, dass auch die Menge {g ∈ G; gE C = a E C } unendlich ist. Falls<br />

{g ∈ E : gE = a E} endlich ist, ersetze E durch E C . Falls e /∈ E, füge e zu E hinzu. Dies ändert<br />

nichts an der Fast-Invarianz <strong>von</strong> E.<br />

Mit Lemma 3.5 folgt für fast alle g ∈ E \ {e} die Beziehung gE ⊆ E \ {e} oder gE ⊇ (E \ {e}) C .<br />

Sei nun c ∈ E mit cE = a E und cE ⊆ E \ {e} oder cE ⊇ (E \ {e}) C . Solch ein c ∈ E existiert,<br />

da nur endlich viele Elemente die geforderten Inklusionen nicht erfüllen und {g ∈ E : gE = a E}<br />

nicht endlich ist. Wäre weiterhin (E \ {e}) C ⊆ cE, so wäre (E \ {e}) C ⊆ cE = a E, somit also<br />

unendliche viele Elemente in E ∩ E C . Folglich muss cE ⊆ E \ {e} gelten.<br />

Induktiv lässt sich zeigen, dass für alle n > 0, c n E ⊆ cE ⊂ E und damit c n ≠ e für alle n > 0<br />

gilt. Da e ∈ E ist auch c n e = c n ∈ E für alle n > 0. Mit c n E ⊆ E \ {e} folgt c n E ∩ {e} = ∅ und<br />

somit auch c −n /∈ E für alle n > 0.<br />

Weiterhin gilt ⋂ n>0 cn E = ∅: Gäbe es ein d ∈ ⋂ n>0 cn E, dann wäre d ∈ c n E, also c −n ∈ Ed −1<br />

für n > 0. Da Ed −1 = a E nach Voraussetzung ist, steht dies im Widerspruch zu c −n ∈ E C für<br />

6


<strong>Stallings</strong> <strong>Theorem</strong> <strong>über</strong> <strong>Enden</strong> <strong>von</strong> <strong>Gruppen</strong><br />

Lydia Wagner, Lukas Hartmann<br />

n > 0. Damit folgt<br />

E = (E \ cE) ∪ (cE \ c 2 E) ∪ . . . = ⋃ n≥0<br />

(c n E \ c n+1 E) = ⋃ n≥0<br />

c n (E \ cE)<br />

Analog folgt ⋂ n>0 c−n E = ∅ und schließlich E C = ⋃ n≥0 c−n (E C \ c −1 E C ).<br />

Nach der Wahl <strong>von</strong> c liegen nur endlich viele Elemente in E + := (E \ cE). Gleiches gilt auch<br />

für E − := (E C \ c −1 E C ). Da durch Linksmultiplikation <strong>von</strong> Elementen aus 〈 c 〉 mit Elementen<br />

aus E + ganz E entsteht bzw. <strong>von</strong> Elementen aus 〈 c 〉 und E − ganz E C entsteht, müssen die<br />

Repräsentanten der Linksnebenklassen <strong>von</strong> 〈 c 〉 in E + ∪ E − enthalten sein. Da diese Menge<br />

endlich ist, kann es auch nur endlich viele Nebenklassen <strong>von</strong> 〈 c 〉 in G geben.<br />

Damit ist 〈 c 〉 eine unendliche zyklische Untergruppe mit endlichem Index und G besitzt nach<br />

Korollar 2.2 genau zwei <strong>Enden</strong>.<br />

Nun untersuchen wir Mengen, die einen minimalen Korand besitzen. Dazu führen wir den Begriff<br />

des minimalen Schnittes ein.<br />

Definition 5: Sei Γ ein zusammenhängender, lokal-endlicher Graph. Sei weiterhin E eine nicht<br />

endliche Menge, für die E C nicht endlich und δE endlich ist. Die Menge E heißt minimal, falls<br />

der Korand <strong>von</strong> E so wenige Kanten wie möglich enthält.<br />

Bemerkung: Falls E minimal ist, so ist auch E C minimal und E ist zusammenhängend.<br />

Lemma 3.7. Sei Γ ein zusammenhängender, lokal-endlicher Graph. Dann gibt es eine minimale<br />

Teilmenge E so, dass für jede minimale Menge E ′ mindestens eine der folgenden Mengen endlich<br />

ist: E ∩ E ′ , E ∩ E ′C , E C ∩ E ′ , E C ∩ E ′C .<br />

Beweis. Wir werden zunächst einige Hilfsaussagen beweisen und diese am Ende für einen eleganten<br />

Widerspruchsbeweis nutzen.<br />

(i) Seien E und E ′ minimal.<br />

Behauptung 1: Eine der obigen Schnittmengen ist endlich oder alle vier sind minimal.<br />

Beweis. Sei n := |δE| = |δE C |. Die Mengen δ(E ∩ E ′ ), δ(E C ∩ E ′ ), δ(E ∩ E ′C ) und<br />

δ(E C ∩ E ′C ) sind Teilmengen <strong>von</strong> δE ∪ δE ′ . Außerdem kommt jede Kante aus δE ∪ δE ′<br />

in genau zwei der genannten Mengen vor. Folglich gilt<br />

|δ(E ∩ E ′ )| + |δ(E C ∩ E ′ )| + |δ(E ∩ E ′C )| + |δ(E C ∩ E ′C )| = 2|δE ∪ δE ′ |<br />

≤ 2(|δE| + |δE ′ |) = 4n. (⋆)<br />

Ist mindestens eine der Mengen E ∩ E ′ , E C ∩ E ′ , E ∩ E ′C oder E C ∩ E ′C endlich, dann ist<br />

die Aussage wahr. Seien nun die Mengen nicht endlich. Da E als minimal vorausgesetzt<br />

war, gilt für jede unendliche Teilmenge C mit unendlichem Komplement: δC ≥ n. Mit der<br />

Ungleichung (⋆) folgt somit, dass die obigen Mengen ebenfalls minimal sein müssen. <br />

(ii) Angenommen, die Aussage <strong>von</strong> Lemma 3.7 sei falsch.<br />

Behauptung 2: Dann gibt es eine absteigende Kette minimaler Mengen E 1 ⊃ E 2 ⊃ . . .<br />

mit ⋂ i≥1 E i ≠ ∅.<br />

Beweis. Sei E 1 minimal, b ∈ E 1 . Da nach Annahme die Aussage <strong>von</strong> Lemma 3.7 falsch ist,<br />

gibt es eine minimale Menge E mit E 1 ∩ E, E 1 ∩ E C , E1 C ∩ E, EC 1 ∩ EC nicht endlich. Mit<br />

Teil (i) folgt, dass diese Mengen minimal sein müssen. Weiterhin gilt E 1 ∩ E ⊆ E 1 und<br />

E 1 ∩ E C ⊆ E 1 . Sei o.B.d.A. b ∈ E 1 ∩ E, dann sei E 2 := E 1 ∩ E. Wir können nun mit einer<br />

anderen minimalen Menge E ′ induktiv fortfahren und die gewünschte Kette E 1 ⊃ E 2 ⊃ . . .<br />

konstruieren. Dabei ist b ∈ ⋂ i≥1 E i und somit ist ⋂ i≥1 E i ≠ ∅.<br />

<br />

7


<strong>Stallings</strong> <strong>Theorem</strong> <strong>über</strong> <strong>Enden</strong> <strong>von</strong> <strong>Gruppen</strong><br />

Lydia Wagner, Lukas Hartmann<br />

(iii) Sei C 1 ⊇ C 2 ⊇ . . . eine absteigende Kette zusammenhängender, nicht endlicher Mengen.<br />

Behauptung 3: ⋂ i≥1 C i ist unendlich oder leer.<br />

Beweis. Angenommen ⋂ i≥1 C i ist endlich und nicht leer.<br />

Sei B die Menge der Knoten, die nicht in ⋂ ⋂<br />

i≥1 C i liegen und adjazent zu einem Knoten in<br />

i≥1 C i sind. Da Γ lokal-endlich ist und ⋂ i≥1 C i nach Voraussetzung ebenfalls endlich ist,<br />

muss auch B endlich sein.<br />

Weiterhin ist C r nicht endlich für alle r ≥ 1 und somit gilt C r \( ⋂ i≥1 C i) ≠ ∅. Da außerdem<br />

C r zusammenhängend ist, gibt es einen Pfad in C r , dessen Startknoten in ⋂ i≥1 C i und<br />

dessen Zielknoten in C r \ ( ⋂ i≥1 C i) liegt. Dieser Pfad enthält eine Kante in δ( ⋂ i≥1 C i) mit<br />

einem inzidenten Knoten aus B.<br />

Daher gilt B ∩ C r ≠ ∅ für alle r ≥ 1. Wegen der Endlichkeit <strong>von</strong> B existiert ein Knoten<br />

v ∈ B mit v ∈ C r für unendlich viele r. Da die C i eine absteigende Kette bilden, kann<br />

es kein k geben mit v /∈ C i für alle i ≥ k. Somit ist v ∈ C r für alle r ≥ 1. Folglich ist<br />

B ∩ ⋂ i≥1 C i ≠ ∅, im Widerspruch zur Konstruktion <strong>von</strong> B.<br />

<br />

(iv) Sei E 1 ⊇ E 2 ⊇ . . . eine absteigende Kette minimaler Mengen.<br />

Behauptung 4: Falls ⋂ i≥1 E i unendlich ist, dann wird obige Kette stationär.<br />

Beweis. Sei e ′ ∈ δ( ⋂ i≥1 E i) die zu p ∈ ⋂ i≥1 E i und q ∈ ( ⋂ i≥1 E i) C inzidente Kante. Da<br />

E1 C ⊆ EC 2 ⊆ . . . eine aufsteigende Kette bilden, gibt es ein j mit q ∈ EC i für alle i ≥ j.<br />

Somit ist auch e ′ ∈ δE i für i ≥ j. (⋆⋆)<br />

Da E1 C ⊆ ( ⋂ i≥1 E i) C , ist ( ⋂ i≥1 E i) C auch unendlich. ⋂ i≥1 E i ist nach Voraussetzung<br />

ebenfalls unendlich. Folglich gilt |δ( ⋂ i≥1 E i)| ≥ n, wobei n Anzahl der Kanten des Korands<br />

einer minimalen Menge ist.<br />

Sei nun P ⊆ δ( ⋂ i≥1 E i) mit |P | = n. Nach (⋆⋆) existiert ein j ′ so, dass P ⊆ δE i für<br />

alle i ≥ j ′ . Wegen der Minimalität <strong>von</strong> E i gilt mit |δE i | = n, dass δE i = P und somit<br />

δE i = δE i+1 für alle i ≥ j ′ . Weil Γ zusammenhängend ist, folgt E i = E i+1 oder E i = Ei+1<br />

C<br />

für i ≥ j ′ . Letzteres steht allerdings im Widerspruch zu E i ⊇ E i+1 . Damit wird die Kette<br />

der E i stationär.<br />

<br />

Nun zurück zur eigentlichen Behauptung: Angenommen, diese sei falsch. Nach Behauptung<br />

2 gibt es minimale Mengen E 1 ⊃ E 2 ⊃ . . . mit ⋂ i≥1 E i ≠ ∅. Da minimale Mengen auch<br />

zusammenhängend sind, folgt mit Behauptung 3, dass ⋂ i≥1 E i unendlich sein muss, da nach<br />

Behauptung 2 bereits ⋂ i≥1 E i ≠ ∅ gilt. Schließlich folgt mit Behauptung 4, dass die Kette<br />

E 1 ⊃ E 2 ⊃ . . . stationär wird. Dies steht allerdings im Widerspruch zu Behauptung 2. Folglich<br />

muss die Aussage des Lemmas richtig sein.<br />

4 <strong>Stallings</strong> <strong>Theorem</strong> und sein Beweis<br />

Satz 2 (<strong>Stallings</strong> Strukturtheorem): Sei G eine endlich erzeugte Gruppe mit unendlich vielen<br />

<strong>Enden</strong>. Dann ist entweder G ein amalgamiertes Produkt G 1 ∗ K G 2 oder eine HNN-Erweiterung<br />

G ∗ 1 = 〈G 1, x | x −1 kx = α(k), k ∈ K〉, wobei K in beiden Fällen eine endliche Untergruppe <strong>von</strong><br />

G ist.<br />

Umgekehrt gilt: Falls G 1 und G 2 unendlich und endlich erzeugt sind und K endlich ist, dann<br />

haben G ∗ 1 und G 1 ∗ K G 2 unendlich viele <strong>Enden</strong>, außer für die <strong>Gruppen</strong> G ∗ 1 mit G 1 = K und<br />

G 1 ∗ K G 2 mit [G 1 : K] = [G 2 : K] = 2, die jeweils 2 <strong>Enden</strong> haben.<br />

Beweis der Rück“-Richtung:<br />

”<br />

Zunächst betrachten wir die Spezialfälle G ∗ 1 mit G 1 = K und G 1 ∗ K G 2 mit [G 1 : K] =<br />

[G 2 : K] = 2. In beiden Fällen ist K ein Normalteiler in G 1 bzw. G 1 und G 2 und somit<br />

auch in G. Für G = G ∗ 1 mit G 1 = K gilt G/K ∼ = Z. Im Fall G = G 1 ∗ K G 2 gilt wegen<br />

8


<strong>Stallings</strong> <strong>Theorem</strong> <strong>über</strong> <strong>Enden</strong> <strong>von</strong> <strong>Gruppen</strong><br />

Lydia Wagner, Lukas Hartmann<br />

[G 1 : K] = [G 2 : K] = 2, dass G/K ∼ = Z/2Z ∗ Z/2Z. Mit Proposition 2.3 folgt, dass G/K und G<br />

gleich viele <strong>Enden</strong> haben. Damit hat G nach Korollar 2.2 genau zwei <strong>Enden</strong>.<br />

Sei nun G = G ∗ 1 = 〈G 1, x | x −1 kx = α(k), k ∈ K〉 mit G 1 ≠ K. Wir wollen zeigen, dass<br />

G unendlich viele <strong>Enden</strong> hat. Hierfür definieren wir uns zunächst die beiden Mengen E + =<br />

{w ∈ G; g 0 = e, ε 1 = 1 in der Normalform <strong>von</strong> w} und E − = {w ∈ G; g 0 = e, ε 1 = −1 in<br />

der Normalform <strong>von</strong> w}. Wegen der Eindeutigkeit der Normalform sind E + und E − disjunkte,<br />

unendliche Mengen. Da in der Normalform des amalgamierten Produkts g 0 ein beliebiges<br />

<strong>Gruppen</strong>element sein kann, ist auch die Menge G \ (E + ∪ E − ) unendlich. Daher gilt folgender<br />

Zusammenhang: Sind E + und E − fast invariant, dann hat G mehr als zwei Fast-Invarianzklassen<br />

und somit auch mehr als zwei <strong>Enden</strong>.<br />

Nach Definition der Normalform der HNN-Erweiterung gelten die Beziehungen E + w = E + für<br />

alle w ∈ G 1 , E + t ⊆ E + und E + t −1 ⊆ E + ∪ K. Da K endlich ist, gilt somit E + t a = E + . Folglich<br />

ist E + fast G-invariant, da G ⊆ 〈G 1 , t〉.<br />

Analog lässt sich die Fast-Invarianz <strong>von</strong> E − zeigen. Es folgt also, dass G mehr als zwei – und<br />

damit unendlich viele – <strong>Enden</strong> hat.<br />

Sei jetzt G = G 1 ∗ K G 2 = 〈G 1 ∗ G 2 | k = α(k), k ∈ K〉 mit [G 1 : K] > 2. Wir zeigen<br />

ebenfalls, dass G unendlich viele <strong>Enden</strong> hat. Definiere für alle b ∈ G 1 \ K die Menge E b =<br />

{g ∈ G; g reduziert, beginnt mit b}. Falls c ∈ G 1 \ (K ∪ bK), so sind E b , E c und G \ (E b ∪ E c )<br />

unendlich und disjunkt. Es genügt daher zu zeigen, dass E b und E c fast G-invariant sind. Es<br />

gilt E b w = E b für w ∈ G 2 und E b v ⊆ E b ∪ {bv} für v ∈ G 1 , somit auch E b ⊆ E b v ∪ {b}. Daraus<br />

folgt E b v a = E b und wegen G ⊆ 〈G 1 , G 2 〉, dass E b fast invariant ist. Auf die gleiche Weise lässt<br />

sich die Fast-Invarianz <strong>von</strong> E c einsehen. Somit hat G unendlich viele <strong>Enden</strong>.<br />

Beweis der Hin“-Richtung:<br />

”<br />

Die Gruppe G habe nun unendlich viele <strong>Enden</strong>. Wir wollen zeigen, dass G = G 1 ∗ K G 2 oder<br />

G = G ∗ 1 .<br />

Nach Lemma 3.7 existiert eine minimale Menge E so, dass für alle minimalen Mengen E ′<br />

mindestens eine der Schnittmengen E ∩ E ′ , E ∩ E ′C , E C ∩ E ′ , E C ∩ E ′C endlich ist. Da wegen<br />

der Minimalität <strong>von</strong> E auch gE minimal ist, gilt also, dass eine der Mengen E ∩ gE,<br />

E ∩ gE C , E C ∩ gE, E C ∩ gE C endlich ist. Dies ist äquivalent dazu, dass mindestens eine der<br />

Inklusionen gE ⊆ a E C , gE C ⊆ a E C , gE ⊆ a E, gE C ⊆ a E gilt. Seien ferner K = {g ∈ G; gE = a E}<br />

und H = {g ∈ G; gE = a E oder gE = a E C }. Mit dem Untergruppenkriterium kann man leicht<br />

nachrechnen, dass H und K Untergruppen <strong>von</strong> G sind. Weiterhin gilt [H : K] ≤ 2. Wir nehmen<br />

nun an, dass zwei der oben genannten Schnittmengen endlich sind.<br />

• Fall 1: gE ∩ E und gE C ∩ E sind endlich.<br />

Wegen E = (gE∩E)∪(gE C ∩E) folgt damit die Endlichkeit <strong>von</strong> E. Dies ist ein Widerspruch<br />

zur Minimalität <strong>von</strong> E.<br />

Analog lassen sich die Fälle gE ∩ E C und gE C ∩ E C endlich, gE ∩ E und gE ∩ E C endlich<br />

und gE C ∩ E und gE C ∩ E C endlich zu einem Widerspruch führen.<br />

• Fall 2: gE ∩ E und gE C ∩ E C sind endlich.<br />

Daraus folgt gE a = E C und damit g ∈ H.<br />

Auf die gleiche Weise folgt aus gE C ∩ E und gE ∩ E C endlich, dass g ∈ H.<br />

Insgesamt haben wir also gezeigt, dass g in H liegen muss, wenn zwei der Schnittmengen endlich<br />

sind. Dies ist äquivalent dazu, dass g in H liegt, wenn zwei der oben genannten Inklusionen<br />

gelten. Diese Aussage werden wir im Folgenden mit (∗) bezeichnen.<br />

Lemma 3.6 liefert ferner, dass K endlich ist. Denn wäre K unendlich, könnte man Lemma 3.6<br />

anwenden und es würde folgen, dass G genau zwei <strong>Enden</strong> hat. Dies widerspricht jedoch der<br />

Voraussetzung, dass G unendlich viele <strong>Enden</strong> hat. Wegen [H : K] ≤ 2 ist daher auch H endlich.<br />

9


<strong>Stallings</strong> <strong>Theorem</strong> <strong>über</strong> <strong>Enden</strong> <strong>von</strong> <strong>Gruppen</strong><br />

Lydia Wagner, Lukas Hartmann<br />

Sei nun E 1 = {g ∈ G; gE a ⊆ E oder gE C a ⊆ E}. Mit (∗) erkennt man außerdem, dass E C 1 ∪ H =<br />

{g ∈ G; gE ⊆ a E C oder gE C ⊆ a E C }. Wir können nun Lemma 3.5 auf die Menge E anwenden<br />

und erhalten damit eine der Inklusionen gE ⊆ E bzw. gE C ⊆ E für fast alle g ∈ E. Folglich<br />

ist die Menge E fast in der Menge E 1 enthalten. Auf ähnliche Weise lässt sich zeigen, dass die<br />

Menge E C fast in der Menge E1<br />

C ∪ H enthalten ist. Wegen der Endlichkeit <strong>von</strong> H folgt somit,<br />

dass E und E 1 fast gleich sind.<br />

Aus diesem Grund kann man in einigen der bisher getroffenen Aussagen E durch E 1 ersetzen.<br />

So ist E 1 fast invariant, E 1 und E1<br />

C sind unendlich und für die definierten Mengen gilt:<br />

K = {g ∈ G; gE 1<br />

a = E1 },<br />

H = {g ∈ G; gE 1<br />

a = E1 oder gE 1<br />

a = E<br />

C<br />

1 },<br />

E 1 = {g ∈ G; gE 1<br />

a<br />

⊆ E1 oder gE C 1<br />

E C 1 ∪ H = {g ∈ G; gE 1<br />

a<br />

⊆ E<br />

C<br />

1 oder gE C 1<br />

a<br />

⊆ E 1 },<br />

a<br />

⊆ E C 1 }.<br />

Mithilfe der Definition der Menge E 1 wird klar, dass e ∈ E 1 , E 1 h = E 1 für h ∈ H und kE 1 = E 1<br />

für k ∈ K. Außerdem ist hE 1 = E1 C ∪ H für h ∈ H \ K, denn für h ∈ H \ K gilt:<br />

a<br />

g ∈ E 1 ⇔ gE 1 ⊆ E1 oder gE1<br />

C a<br />

a<br />

⊆ E 1 ⇔ hgE 1 ⊆ hE1 oder hgE1<br />

C<br />

a<br />

⇔ hgE 1 ⊆ E<br />

C<br />

1 oder hgE1<br />

C a<br />

⊆ E1 C ⇔ hg ∈ E1 C ∪ H.<br />

a<br />

⊆ hE 1<br />

Im Folgenden wollen wir X und Y (bzw. X i und Y i ) stets als Symbol für eine der Mengen E 1 \K<br />

und E 1 \(H\K) verwenden. Mit X ′ bzw. Y ′ wird die jeweils andere Menge bezeichnet. Für k ∈ K<br />

gilt kX = X und für h ∈ H \K gilt hX = X C . Dies zeigen wir exemplarisch für X = E 1 \K und<br />

a a<br />

h ∈ H \ K = {g ∈ G; gE 1 = E<br />

C<br />

1 }. Sei hierzu x ∈ E 1 \ K. Dann gilt [xE 1 ⊆ E1 oder xE1<br />

C a<br />

⊆ E 1 ]<br />

a<br />

a a<br />

und xE 1 ≠ E1 . Damit erhält man hxE 1 ⊆ hE1 ⊆ E<br />

C<br />

1 oder hxE1<br />

C a a<br />

⊆ hE 1 ⊆ E<br />

C<br />

1 . Es liegt also<br />

a<br />

hx in E1 C ∪ H. Wegen hxE a<br />

1 ≠ hE 1 = E<br />

C<br />

1 gilt hx /∈ H \ K und es folgt hx ∈ X C . Sei nun<br />

x ′ ∈ (E 1 \ K) C . Dann liegt x ′ auch in E1 C ∪ H und man erhält h−1 x ′ a<br />

E 1 ⊆ h −1 E1<br />

C a<br />

⊆ E 1 oder<br />

h −1 x ′ E1<br />

C a<br />

⊆ h −1 E1<br />

C a<br />

⊆ E 1 . Außerdem folgt aus x ′ /∈ H \ K, dass x ′ a<br />

E 1 ≠ E<br />

C<br />

1 . Damit ergibt sich<br />

h −1 x ′ a<br />

E 1 ≠ h −1 E1<br />

C a<br />

= E 1 . Es liegt also h −1 x ′ in E 1 \ K und damit x ′ in h(E 1 \ K) und man<br />

erhält die gewünschte Gleichheit.<br />

Für den weiteren Verlauf des Beweises <strong>von</strong> <strong>Stallings</strong> Strukturtheorem werden wir zunächst vier<br />

Behauptungen aufstellen und diese beweisen.<br />

Behauptung 1: Für alle g ∈ G ist Xg△Y die Vereinigung endlich vieler Nebenklassen <strong>von</strong> H.<br />

Beweis. Für alle k ∈ K gilt k(Xg△Y ) = kXg△kY = Xg△Y und für alle h ∈ H \ K erhält man<br />

h(Xg△Y ) = hXg△hY = X C g△Y C = Xg△Y .<br />

Folglich ist Xg△Y die Vereinigung <strong>von</strong> Nebenklassen <strong>von</strong> H. Mit Xg△Y = a a<br />

E 1 g△E 1 = ∅ erhält<br />

man die Endlichkeit <strong>von</strong> Xg△Y und damit die Behauptung.<br />

<br />

Für den weiteren Beweis benötigen wir eine kleine Definition. Wir definieren die Länge l(g) eines<br />

<strong>Gruppen</strong>elements g ∈ G durch l(g) = 1 + |Xg△Y |/|H|, wobei X und Y so gewählt sind, dass<br />

|Xg△Y | möglichst klein ist. Wegen Behauptung 1 ist l(g) eine positive, ganze Zahl. Außerdem<br />

gilt l(g) = 1, falls g ∈ H, wie man mit X = E 1 \ K, Y = E 1 \ (H \ K) für h ∈ H \ K und<br />

X = E 1 \ K, Y = E 1 \ K für h ∈ K leicht nachrechnen kann.<br />

Wählt man X und Y so, dass |Xg△Y | minimal ist, dann liegt das neutrale Element e nicht<br />

in Xg△Y . Wäre nämlich e ∈ Xg△Y , so gälte wegen Behauptung 1 H ⊆ Xg△Y und mit<br />

10


<strong>Stallings</strong> <strong>Theorem</strong> <strong>über</strong> <strong>Enden</strong> <strong>von</strong> <strong>Gruppen</strong><br />

Lydia Wagner, Lukas Hartmann<br />

H = Y △Y ′ folgte Xg△Y ′ = (Xg△Y )△(Y △Y ′ ) = (Xg△Y )\H, was einen Widerspruch zur Minimalität<br />

<strong>von</strong> |Xg△Y | darstellt. Auf gleiche Weise lässt sich mit X ′ g△Y = (X ′ g△Xg)△(Xg△Y )<br />

= Hg△(Xg△Y ) zeigen, dass g nicht in Xg△Y liegt.<br />

Wählt man X und Y auf diese Art, erhält man damit:<br />

- Xg△Y ′ = (Xg△Y )△(Y △Y ′ ) = (Xg△Y ) ∪ H<br />

- X ′ g△Y = (X ′ g△Xg)△(Xg△Y ) = (Xg△Y ) ∪ Hg<br />

- X ′ g△Y ′ = (X ′ g△Xg)△(Xg△Y )△(Y △Y ′ ) = (Xg△Y ) ∪ H ∪ Hg, für g /∈ H<br />

- X ′ g△Y ′ = (X ′ g△Xg)△(Xg△Y )△(Y △Y ′ ) = Xg△Y , für g ∈ H.<br />

Diese Aussagen werden wir mit (∗∗) bezeichnen.<br />

Behauptung 2: Sei x ∈ Xg△Y , aber e, g /∈ Xg△Y . Dann ist Xx△Y ⊆ Xg△Y .<br />

Beweis. Es genügt zu zeigen, dass Xg ∩ Y ⊆ Xx ⊆ Xg ∪ Y . Um die zweite Inklusion zu zeigen,<br />

nehmen wir zunächst Xx Xg ∪ Y an. Sei nun z ∈ Xx \ (Xg ∪ Y ), d.h. z /∈ E 1 \ H ⊆ Y und<br />

zg −1 /∈ E 1 \ H ⊆ X, also z, zg −1 ∈ E1<br />

C ∪ H. Da X nach Definition eine Teilmenge <strong>von</strong> E 1 ist,<br />

gilt z ∈ E 1 x und somit zx −1 ∈ E 1 . Mit den Definitionen der Mengen E1<br />

C ∪ H und E 1 folgt,<br />

dass Mengen A, B, C ∈ {E 1 , E1 C} so existieren, dass zA ⊆ a E1 C, zg−1 B ⊆ a E1 C und zx−1 C ⊆ a E 1 .<br />

Hiermit erhält man:<br />

xA = xz −1 zA a ⊆ xz −1 E C 1<br />

a<br />

⊆ C C und xg −1 B = xz −1 zg −1 B a ⊆ xz −1 E C 1<br />

a<br />

⊆ C C .<br />

Im Fall C = E1 C folgt damit x, xg−1 ∈ E 1 . Im Fall C = E 1 erhält man x, xg −1 ∈ E1 C ∪ H. Da<br />

Xg△Y aus Nebenklassen <strong>von</strong> H besteht und e, g /∈ Xg△Y , folgt H, Hg Xg△Y und damit<br />

x, xg −1 /∈ H. Folglich gilt entweder x, xg −1 ∈ E 1 \ H oder x, xg −1 ∈ E1 C . Ersteres impliziert<br />

x ∈ Xg ∩ Y , im zweiten Fall erhält man x /∈ Xg ∪ Y . In beiden Fällen ergibt sich also ein<br />

Widerspruch zu x ∈ Xg△Y . Unsere Annahme ist also falsch und es gilt Xx ⊆ Xg ∪ Y . Auf<br />

ähnliche Weise kann man zeigen, dass Xg∩Y ⊆ Xx und erhält damit die gewünschte Aussage. <br />

Behauptung 3: Die Gruppe G wird <strong>von</strong> Elementen der Länge 1 erzeugt.<br />

Beweis. Wir zeigen hierfür, dass für alle g ∈ G mit l(g) > 1 ein x ∈ G existiert mit l(x) < l(g) und<br />

l(gx −1 ) < l(g). Daraus folgt dann, dass wir jeden Erzeuger g mit Länge größer 1 in zwei <strong>Gruppen</strong>elemente<br />

mit echt kleinerer Länge zerlegen können. Induktiv erhalten wir so die gewünschte<br />

Aussage.<br />

Sei nun g ∈ G mit l(g) > 1. Dann können wir X und Y so wählen, dass e, g /∈ Xg△Y und<br />

Xg△Y ≠ ∅. Wir wählen x ∈ Xg△Y beliebig und zeigen, dass dieses x die gewünschten Eigenschaften<br />

besitzt. Mit Behauptung 2 wissen wir, dass Xx△Y ⊆ Xg△Y . An dieser Stelle müssen<br />

wir zwei Fälle unterscheiden:<br />

• Fall 1: x ∈ Xx△Y . Dann gilt:<br />

• Fall 2: x /∈ Xx△Y . Dann gilt:<br />

l(x) < |Xx△Y |<br />

|H|<br />

l(x) ≤ |Xx△Y |<br />

|H|<br />

+ 1 ≤ |Xg△Y |<br />

|H|<br />

+ 1 < |Xg△Y |<br />

|H|<br />

+ 1 = l(g)<br />

+ 1 = l(g)<br />

11


<strong>Stallings</strong> <strong>Theorem</strong> <strong>über</strong> <strong>Enden</strong> <strong>von</strong> <strong>Gruppen</strong><br />

Lydia Wagner, Lukas Hartmann<br />

In beiden Fällen gilt also l(x) < l(g). Um zu zeigen, dass auch l(gx −1 ) < l(g) gilt, nutzen wir aus,<br />

dass Xx△Xg = (Xg△Y )△(Xx△Y ) ⊆ Xg△Y , und untersuchen die beiden Fälle x ∈ Xx△Xg<br />

und x /∈ Xx△Xg.<br />

• Fall 1: x ∈ Xx△Xg. Dann gilt e ∈ X△Xgx −1 und damit:<br />

l(gx −1 ) < |X△Xgx−1 |<br />

|H|<br />

+ 1 = |Xx△Xg|<br />

|H|<br />

• Fall 2: x /∈ Xx△Xg. Dann gilt e /∈ X△Xgx −1 und damit:<br />

l(gx −1 ) ≤ |X△Xgx−1 |<br />

|H|<br />

+ 1 = |Xx△Xg|<br />

|H|<br />

+ 1 ≤ |Xg△Y |<br />

|H|<br />

+ 1 < |Xg△Y |<br />

|H|<br />

+ 1 = l(g)<br />

+ 1 = l(g)<br />

<br />

Behauptung 4: Seien g 1 , . . . , g n /∈ H mit l(g i ) = 1 und angenommen es existieren X 0 , . . . , X n<br />

mit X i−1 g i = X ′ i für i = 1, . . . , n. Dann ist g 1 · · · g n ≠ e.<br />

Beweis. Wir zeigen zunächst induktiv, dass X 0 g 1 · · · g n △X n<br />

′ die disjunkte Vereinigung <strong>von</strong><br />

Hg 2 · · · g n , . . . , Hg n−1 g n , Hg n ist, wobei diese Mengen <strong>von</strong> H und Hg 1 · · · g n verschieden sind.<br />

Für n = 2 erhält man den Induktionsanfang durch:<br />

X 0 g 1 g 2 △X ′ 2 = X 0 g 1 g 2 △X 1 g 2 = (X 0 g 1 △X 1 )g 2 = (X ′ 1△X 1 )g 2 = Hg 2 .<br />

Außerdem gilt Hg 2 ≠ H und Hg 2 ≠ Hg 1 g 2 , da g 1 , g 2 /∈ H.<br />

Führen wir nun den Induktionsschritt <strong>von</strong> n nach n+1. Die Mengen Hg 1 · · · g n+1 , . . . , Hg n+1 sind<br />

verschieden <strong>von</strong> einander und somit disjunkt. Wäre Hg k · · · g n+1 = Hg l · · · g n+1 mit<br />

1 ≤ k < l < n + 1, dann wäre Hg k · · · g l−1 = H und somit wäre g k · · · g l−1 ein Element aus<br />

H. Dies wird durch die Induktionsvoraussetzung zum Widerspruch geführt, da nach dieser das<br />

Produkt <strong>von</strong> höchstens n Elementen g r /∈ H auch nicht in H liegt. Mit dem gleichen Argument<br />

erhält man, dass H ebenfalls disjunkt zu den obigen Mengen ist. Es gilt daher:<br />

X 0 g 1 · · · g n+1 △X n+1 ′ = X 0 g 1 · · · g n+1 △X n g n+1 = (X 0 g 1 · · · g n △X n)g ′ n+1 △(X n△X ′ n )g n+1<br />

n⋃<br />

n+1<br />

⋃<br />

= (Hg i · · · g n )g n+1 ∪ Hg n+1 = (Hg i · · · g n+1 ),<br />

i=2<br />

wobei beim dritten Gleichheitszeichen die Induktionsvoraussetzung miteinfließt. Mit dieser Aussage<br />

erhält man<br />

l(g 1 · · · g n ) = |X 0g 1 · · · g n △X n|<br />

′ + 1 = n − 1 + 1 = n,<br />

|H|<br />

denn X 0 g 1 · · · g n △X n ′ enthält H und Hg 1 · · · g n nicht und ist daher wegen (∗∗) minimal. Daraus<br />

folgt, dass g 1 · · · g n nicht in H liegt. Insbesondere ergibt sich also g 1 · · · g n ≠ e.<br />

<br />

Betrachten wir nun die Elemente mit Länge 1 genauer. Sei l(g) = 1, dann ist |Xg△Y | = 0 und<br />

somit Xg△Y = ∅. Mit der jeweiligen Wahl <strong>von</strong> X und Y führt uns dies zu folgenden Mengen:<br />

G 1 = {g ∈ G; (E 1 \ K)g = E 1 \ K},<br />

i=2<br />

G 2 = {g ∈ G; (E 1 \ (H \ K))g = E 1 \ (H \ K)},<br />

P = {g ∈ G; (E 1 \ (H \ K))g = E 1 \ K},<br />

Q = {g ∈ G; (E 1 \ K)g = E 1 \ (H \ K)}.<br />

Mit Hilfe des Untergruppenkriteriums lässt sich zeigen, dass G 1 und G 2 echte Untergruppen<br />

<strong>von</strong> G sind. Außerdem gilt Q = P −1 und P ∩ G 1 = P ∩ G 2 = ∅. Wäre z.B. x ∈ P ∩ G 1 , dann<br />

12


<strong>Stallings</strong> <strong>Theorem</strong> <strong>über</strong> <strong>Enden</strong> <strong>von</strong> <strong>Gruppen</strong><br />

Lydia Wagner, Lukas Hartmann<br />

würde gelten (E 1 \ (H \ K))x = E 1 \ K = (E 1 \ K)x und folglich E 1 \ (H \ K) = E 1 \ K, im<br />

Widerspruch zur Definition <strong>von</strong> H und K.<br />

Ferner gilt G 1 ∩ G 2 = G 1 ∩ H = G 2 ∩ H = K. Für den Beweis dieser Aussage zeigen wir<br />

exemplarisch K ⊆ G 1 ∩ G 2 . Die restlichen Inklusionen folgen durch ähnliche Rechnung. Sei also<br />

g ∈ K, dann gilt gE 1<br />

a = E1 und somit auch gE C 1<br />

a<br />

= E1 C. Sei weiterhin e 1 ∈ E 1 \ K. Wir zeigen,<br />

a<br />

= e 1 E1<br />

C a<br />

⊆ E 1 ,<br />

a a<br />

dass e 1 g ebenfalls in E 1 \ K liegt. Es gilt nun e 1 gE 1 = e1 E 1 ⊆ E1 oder e 1 gE1<br />

C<br />

a<br />

a<br />

also e 1 g ∈ E 1 . Außerdem gilt e 1 gE 1 = e1 E 1 ≠ E1 und somit insgesamt e 1 g ∈ E 1 \ K. Damit ist<br />

g in G 1 enthalten. Analog ergibt sich ebenfalls g ∈ G 2 .<br />

Weiterhin gilt die Inklusion H\K ⊆ P ∩Q. Sei hierfür h ∈ H\K und e 1 ∈ E 1 \(H\K). Wir wollen<br />

zeigen, dass dann e 1 h in E 1 \ K liegt. Es folgt e 1 hE 1<br />

a = e1 E C 1<br />

a<br />

a<br />

⊆ E 1 oder e 1 hE C 1<br />

a<br />

= e 1 E 1<br />

a<br />

⊆ E1 ,<br />

a<br />

also e 1 h ∈ E 1 . Außerdem gilt e 1 hE 1 = e1 E1<br />

C ≠ E 1 und somit e 1 h ∈ E 1 \ K. Sei umgekehrt<br />

e 2 ∈ E 1 \ K, wir zeigen die Beziehung e 2 ∈ (E 1 \ (H \ K))h. Es gilt e 2 h −1 a<br />

E 1 = e2 E1<br />

C a<br />

⊆ E 1<br />

oder e 2 h −1 E1<br />

C a a<br />

= e 2 E 1 ⊆ E1 . Ferner gilt e 2 h −1 E1<br />

C a<br />

a<br />

= e 2 E 1 ≠ E1 . Somit liegt e 2 h −1 in der Menge<br />

E 1 \ (H \ K), also e 2 ∈ (E 1 \ (H \ K))h. Insgesamt ergibt sich also (E 1 \ (H \ K))h = E 1 \ K<br />

und somit H \ K ⊆ P . Analog folgt H \ K ⊆ Q und somit die gewünschte Aussage.<br />

Unmittelbar aus den Definitionen der obigen Mengen egibt sich außerdem, dass für alle x, y ∈ P<br />

die Inklusion x −1 G 2 y ⊆ G 1 gilt.<br />

Nun sind drei Fälle zu untersuchen:<br />

• Fall 1: P = ∅<br />

Wegen H \ K ⊆ P ∩ Q, folgt, dass H = K sein muss. Mit Q = P −1 = ∅ und Behauptung<br />

3 wird klar, dass G <strong>von</strong> Elementen aus G 1 und G 2 erzeugt und somit G = 〈G 1 , G 2 〉 gilt.<br />

Betrachten wir nun die universelle Abbildungseigenschaft des amalgamierten Produktes<br />

G 1 ∗ K G 2 :<br />

ψ 1<br />

G<br />

∃ 1 Φ<br />

ψ 2<br />

G 1 <br />

∗ K G 2<br />

ϕ 1<br />

G 1<br />

f 1<br />

ϕ 2<br />

f 2<br />

G 2<br />

K<br />

In unserem Fall sind f 1 , f 2 , ϕ 1 , ϕ 2 , ψ 1 und ψ 2 Einbettungen. Dies liefert uns, dass Φ(g 1 ) =<br />

g 1 für alle g 1 ∈ G 1 und Φ(g 2 ) = g 2 für alle g 2 ∈ G 2 gilt und somit sind G 1 und G 2 im Bild<br />

<strong>von</strong> Φ : G 1 ∗ K G 2 → G enthalten. Da G 1 und G 2 die Gruppe G erzeugen, ist Φ surjektiv.<br />

Wir zeigen nun, dass G = G 1 ∗ K G 2 gilt, indem wir noch die Injektivität <strong>von</strong> Φ zeigen.<br />

Wir betrachten hierfür ein reduziertes Element aus G 1 ∗ K G 2 , wobei K eine endliche<br />

Untergruppe <strong>von</strong> G 1 und G 2 ist. Dieses ist <strong>von</strong> der Gestalt g 1 · · · g n , n > 0 mit g 1 ∈ G 1<br />

bzw. g 1 ∈ G 2 und dazu passenden alternierenden Elementen aus G 1 \ K und G 2 \ K. Sei<br />

zunächst g 1 nicht in K enthalten. Wir wollen nun Behauptung 4 anwenden, um zu zeigen,<br />

dass g 1 · · · g n nicht das neutrale Element in G ist. Für g i ∈ G 1 \K gilt (E 1 \K)g i = E 1 \K =<br />

(E 1 \ (H \K)) ′ und analog für g i ∈ G 2 \K gilt (E 1 \ (H \K))g i = E 1 \(H \K) = (E 1 \K) ′ .<br />

Man findet daher X i mit X i−1 g i = X i ′ , wie in den Voraussetzungen zu Behauptung 4<br />

gefordert. Zusätzlich liegen alle g i nach Konstruktion nicht in H = K.<br />

Für g 1 ∈ K können wir diese Argumentation nicht direkt anwenden, stattdessen fassen wir<br />

die beiden ersten Elemente zusammen als ein Element g 1 g 2 auf. Dieses liegt nicht in K.<br />

13


<strong>Stallings</strong> <strong>Theorem</strong> <strong>über</strong> <strong>Enden</strong> <strong>von</strong> <strong>Gruppen</strong><br />

Lydia Wagner, Lukas Hartmann<br />

Wäre g 1 g 2 ∈ K, dann wäre auch g 2 ∈ g1 −1 K und somit wäre durch die <strong>Gruppen</strong>eigenschaft<br />

<strong>von</strong> K auch g 2 ∈ K, im Widerspruch zur Wahl <strong>von</strong> g 2 . Da g 1 ∈ K und daher im Schnitt <strong>von</strong><br />

G 1 mit G 2 liegt, gilt ferner Xg 1 = X. Wir finden somit ein X 1 so, dass X 1 g 1 g 2 = X 1 g 2 = X 2<br />

′<br />

und weiterhin X i mit X i−1 g i = X i ′ für i > 1. In beiden Fällen kann also Behauptung 4<br />

angewendet werden und es folgt, dass die Abbildung Φ injektiv ist.<br />

Insgesamt gilt also G = G 1 ∗ K G 2 .<br />

• Fall 2: H ≠ K<br />

Sei x ∈ H \ K, dann gilt x ∈ P ∩ P −1 und somit x −1 G 2 x ⊆ G 1 . Weiterhin gilt für y ∈ P ,<br />

dass x −1 ey in G 1 ist, also P ⊆ xG 1 . Man kann daher G als Erzeugnis <strong>von</strong> G 1 und x<br />

auffassen bzw. als Erzeugnis <strong>von</strong> G 1 und H.<br />

Wir zeigen nun ähnlich zu Fall 1, dass die Abbildung Φ : G 1 ∗ K H → G = 〈G 1 , H〉 eine<br />

Bijektion ist. Die Surjektivität <strong>von</strong> Φ folgt analog zu Fall 1. Um die Injektivität <strong>von</strong> Φ<br />

zu zeigen, geht man wie folgt vor: Sei g 1 h 1 · · · g n h n , n > 0 mit g i ∈ G 1 \ K, h i ∈ H \ K<br />

und h n ∈ H ein Element in reduzierter Form aus G 1 ∗ K H. Jedes g i h i liegt nicht in<br />

H. Wäre g i h i ∈ H, dann wäre g i ∈ H ∩ G 1 = K, im Widerspruch zur Wahl <strong>von</strong> G i .<br />

Weiterhin gilt (E 1 \ K)g i h i = (E 1 \ K)h i = E 1 \ (H \ K) = (E 1 \ K) ′ . Für ein Element in<br />

reduzierter Form h 0 g 1 h 1 · · · g n h n , n > 0 gilt ferner, dass h 0 g 1 h 1 nicht in H liegt und dass<br />

(E 1 \ (H \ K))h 0 g 1 h 1 = E 1 \ (H \ K) = (E 1 \ K) ′ . Somit sind bei beiden Möglichkeiten<br />

die Voraussetzungen <strong>von</strong> Behauptung 4 erfüllt und es folgt, dass g 1 h 1 · · · g n h n , n > 0 bzw.<br />

h 0 g 1 h 1 · · · g n h n , n > 0 nicht das neutrale Element ist.<br />

Die Abbildung Φ ist also bijektiv und es gilt G = G 1 ∗ K H.<br />

• Fall 3: H = K, aber P ≠ ∅<br />

Sei nun x ∈ P , dann folgt analog zu Fall 2, dass G das Erzeugnis <strong>von</strong> G 1 und x ist.<br />

Weiterhin gelten die Inklusionen x −1 G 2 x ⊆ G 1 und K ⊆ G 1 ∩ G 2 . Wir definieren den<br />

injektiven Homomorphismus α : K → G 1 durch α(k) = x −1 kx für alle k ∈ K und bilden<br />

die HNN-Erweiterung G ∗ 1 = 〈G 1, x | x −1 kx = α(k), k ∈ K〉. Betrachten wir nun die<br />

Abbildung Φ : G ∗ 1 → G mit g ↦→ g für alle g ∈ G 1 und x ↦→ x. Diese Abbildung erhält<br />

die Relationen <strong>von</strong> G ∗ 1 . Da außerdem G 1 und x im Bild <strong>von</strong> Φ enthalten sind und diese<br />

die Gruppe G erzeugen, ist Φ ein surjektiver Homomorphismus. Wir wollen nun noch die<br />

Injektivität <strong>von</strong> Φ zeigen.<br />

Sei hierzu g 1 x ε1 · · · g n x εn g n+1 ein Element aus G ∗ 1 in reduzierter Form mit ε i ∈ {±1},<br />

g i ≠ e, falls ε i−1 + ε i = 0, g i /∈ K \ {e}, falls ε i = 1 und g i /∈ α(K) \ {e}, falls ε i = −1. Wir<br />

teilen nun, mittels eindeutiger Klammerung, dieses Element in <strong>Gruppen</strong> auf:<br />

– (g i x ε i<br />

), falls ε i = −1<br />

– (x ε i−1<br />

g i ), falls ε i−1 = 1<br />

– (x ε i−1<br />

g i x ε i<br />

), falls ε i−1 = 1 und ε i = −1<br />

Um hier ebenfalls Behauptung 4 anwenden zu können, zeigen wir zuerst, dass keiner der<br />

geklammerten Ausdrücke in H = K liegt.<br />

– Für ε i−1 = −1 und ε i = 1 erhalten wir die Klammerung x −1 (g i )x 1 . Da g i nicht das<br />

neutrale Element ist, liegt nach Voraussetzung g i nicht in K.<br />

– Für ε i−1 = ε i erhalten wir die Klammerungen x −1 (g i x −1 ) oder (xg i )x. Wäre nun<br />

xg i ∈ K, dann wäre x ∈ Kgi<br />

−1 ⊂ G 1 , also x ∈ G 1 , im Widerspruch zu x ∈ P und<br />

G 1 ∩ P = ∅. Analog folgt auch g i x −1 /∈ K.<br />

– Für ε i−1 = 1 und ε i = −1 ergibt sich die Klammerung (xg i x −1 ). Läge hier xg i x −1 in<br />

der Menge K, dann wäre g i ∈ x −1 Kx = α(K), im Widerspruch zur Wahl <strong>von</strong> g i .<br />

Keiner der geklammerten Ausdrücke ist in H. Für Behauptung 4 ist weiterhin noch die<br />

Existenz entsprechender X i nötig, die wir hier exemplarisch für den Fall (xg i x −1 )(g i+1 x −1 )<br />

nachprüfen wollen.<br />

14


<strong>Stallings</strong> <strong>Theorem</strong> <strong>über</strong> <strong>Enden</strong> <strong>von</strong> <strong>Gruppen</strong><br />

Lydia Wagner, Lukas Hartmann<br />

Es gilt hierbei (E 1 \ (H \ K))xg i x −1 = (E 1 \ K)g i x −1 = (E 1 \ K)x −1 = E 1 \ (H \ K) =<br />

(E 1 \K) ′ . Mit Behauptung 4 folgt schließlich die Injektivität <strong>von</strong> Φ und somit gilt G = G ∗ 1 .<br />

Insgesamt haben wir somit gezeigt, dass G ein amalgamiertes Produkt (G 1 ∗ K G 2 bzw. G 1 ∗ K H)<br />

mit endlicher amalgamierter Untergruppe K oder HNN-Erweiterung (G ∗ 1 ) mit endlicher assoziierter<br />

Untergruppe K ist.<br />

□<br />

Mit <strong>Stallings</strong> Strukturtheorem lässt sich nun, quasi als kleine Anwendungsübung, folgender Satz<br />

aus [MS83] beweisen.<br />

Satz 3: Eine endlich-erzeugte torsionsfreie Gruppe G ist genau dann frei, wenn sie kontextfrei<br />

ist.<br />

Beweis. Sei G frei, somit auch insbesondere fast frei. Dann ist nach Lemma 4, [MS83], G kontextfrei.<br />

Sei nun G kontextfrei. Wir zeigen, dass G frei ist mittels Induktion <strong>über</strong> den Rang r(G) <strong>von</strong> G:<br />

Für r(G) = 0 ist nichts zu tun, da G die triviale Gruppe ist. Für r(G) = 1 ist G eine unendliche<br />

zyklische Gruppe, da G nach Voraussetzung torsionsfrei ist.<br />

Sei nun r(G) ≥ 2. Da G nicht trivial ist, ist G unendlich. Mit Lemma 6, [MS83], folgt, dass<br />

G mehr als ein Ende besitzt. Wenden wir nun <strong>Stallings</strong> Strukturtheorem an, können wir G als<br />

amalgamiertes Produkt mit endlicher amalgamierter Untergruppe bzw. als HNN-Erweiterung<br />

mit endlicher assoziierter Untergruppe darstellen. Da G torsionsfrei ist, enthält G als einzige<br />

endliche Untergruppe die triviale Gruppe {e}. Somit ist {e} in beiden Fälle die verwendete Untergruppe<br />

und es gilt daher G = G 1 ∗ {e} G 2 = G 1 ∗ G 2 bzw. G = G ∗ 1 = 〈G 1, x〉 = G 1 ∗ G 2 mit<br />

G 2 = 〈x〉. In den beiden Fällen lässt sich G also als nicht triviales freies Produkt auffassen.<br />

Mit Grushkos <strong>Theorem</strong>, [LS77], wissen wir, dass G 1 und G 2 einen echt kleineren Rang als G besitzen.<br />

Wenden wir schließlich noch Lemma 2, [MS83], an, so folgt die Kontextfreiheit ebenfalls<br />

für G 1 und G 2 . Somit kann die Induktionsvoraussetzung auf G 1 und G 2 angewendet werden.<br />

Also sind G 1 und G 2 frei und somit auch ihr freies Produkt G.<br />

Literatur<br />

[Coh72] Cohen, D. E.: Groups of cohomological dimension one. Lecture Notes in Mathematics,<br />

vol. 245, Springer-Verlag, 1972. – S. 17-53<br />

[LS77]<br />

[MS83]<br />

Lyndon, R. C. ; Schupp, P. E.: Combinatorial Group Theory. Springer-Verlag Berlin<br />

Heidelberg New York, 1977<br />

Muller, D. ; Schupp, P.: Groups, the theory of ends, and context-free languages. In:<br />

Journal of Computer and system sciences 26 (1983), S. 295–310<br />

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