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die Schwachen der Gesellschaft fördernde Aufgabe einer Religion in der Vergangenheit im Hinduismus teilweise nicht hinreichend wahrgenommen. Oft dient die Lehre vom Karma – das jeder selbst verursacht habe – als Vorwand für Nicht-Handeln. Aber schon Ṥankarācārya hatte darauf hingewiesen, dass es die Aufgabe erleuchteter Yogis sei, spirituell auf die Menschheit einzuwirken. Hatte er vielleicht Anleihe beim buddhistischen Bodhisattva – Ideal genommen? In der Neuzeit ist dieser soziale Aspekt auch vom Hinduismus aufgegriffen worden. Erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang Mahatma Gandhi (der aus buddhistischer Sicht ein Bodhisattva genannt werden kann), die Ramakrishna – Mission und andere hinduistische Reformbewegungen und auch Svami Kuvalayananda mit seiner Idee der universellen Botschaft des Yoga für die gesamte Menschheit (einer Idee, die dann von vielen Yogis aufgegriffen wurde und zur heutigen Verbreitung des Yoga im Westen geführt hat). 21 Die tantrischen Bewegungen im Rahmen von Hinduismus und Buddhismus scheinen kurz nacheinander entstanden zu sein, der buddhistischen Tantrismus (Vajrayāna) vielleicht etwas früher. Trotz anderer Ausgangspunkte (im Hinduismus das Spannungsgefüge zwischen Natur und Geist, im Buddhismus in sich ruhende Weisheit und tätiges Mitgefühl) haben sie manche gemeinsame Auffassungen und ähnliche Methoden der Praxis entwickelt. So zum Beispiel: die Welt als ein Netz unendlicher Verknüpfungen allen Lebens und allen Geschehens; die Bedeutung der Gegensätze, aus deren lebendigem Spannungsgefüge Neues entsteht; die Bedeutung des Leibes für den spirituellen Weg; Mantras, Maṇḍalas und Mudras in der Meditationspraxis; der Parallelismus zwischen Universellem und Individuellem; die ganzheitliche Sicht auf das Leben; und die Auffassung, das Befreiung und Erleuchtung in jeder Lebenssituation möglich ist. Trotz mancher Gegensätzlichkeit zwischen dem hinduistischen Sanāthana Dharma und dem Buddhismus haben sich indische Buddhisten weitgehend als Teil einer indischen Gesamtkultur verstanden: die Götter und das Kastenwesen sowie die Veden und Rituale wurden in ihrer Bedeutung relativiert, jedoch nicht gänzlich verworfen. So ist es auch nicht verwunderlich, dass
nach dem Ārya Maitreya Vyākaraṇa (einem Mahāyāna-Sūtra) der künftige Buddha Maitreya als Sohn des obersten Hofbrahmanen in der heiligen Stadt Varanasi (die dann Ketumati heißt) geboren werden soll. Der Vater des Maitreya wird geschildert als Kenner der vier Veden und der rituellen Opfertexte; und das friedvolle Königreich lebt in Einklang mit den ethischen Normen (Ṥilas). Und in einer solchen friedvollen und ethisch hoch stehenden Gesellschaft (die sicher auch anders vorstellbar ist als in diesem indischen Gewand) kann sich die Blüte der Erleuchtung und der Buddha – Dharma in einer zeitgemäßen Form erneut manifestieren in Gestalt eines Weltenlehrers, eines Buddha. Literaturhinweise: Dasgupta, Surendranath : A History of Indian Philosophy. Vol I – V. Cambridge University Press . Cambridge 1969. Lama Anagarika Govinda: Die psychologische Haltung der frühbuddhistischen Philosophie. Rascher-Verlag. Zürich 1962. (Weitere Auflagen unter dem Titel „Dynamik des Geistes“ bei O.W. Barth-Verlag). Lama Anagarika Govinda: Grundlagen tibetischer Mystik. Aquamarin-Verlag. Grafing 2008. Zotz, Volker H.M.: Maitreya – Kontemplationen über den Buddha der Zukunft. Gauke -Verlag. Hann. Münden 1984 Ich möchte betonen, dass nicht nur der Hinduismus vom Buddhismus profitiert hat. Oft ist es gar nicht mehr nachzuvollziehen, in welcher der beiden Religionen eine Idee zuerst entstand. Voller Ehrfurcht verneige ich mich vor beiden dieser großartigen spirituellen Traditionen der Menschheit, auch wenn mir persönlich der Buddhismus am nächsten steht. 22
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