23.11.2013 Aufrufe

pdf zum download - Arya Maitreya Mandala

pdf zum download - Arya Maitreya Mandala

pdf zum download - Arya Maitreya Mandala

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Der Kreis<br />

Zeitschrift für Buddhismus im Westen<br />

Informationsblatt des<br />

ĀRYA MAITREYA MAṆḌALA<br />

Ausgabe Herbst / Winter 2012<br />

Nr. 269


INHALTSVERZEICHNIS<br />

Vorwort 1<br />

Lama Anagarika Govinda<br />

Meditation über Weltentstehungen und -Vergehungen 2<br />

Lama Anagarika Govinda<br />

Herbst (Gedicht) 7<br />

Dieter Müller<br />

Die Sichtweise des Buddha 8<br />

Armin Gottmann/Asaṅga<br />

Über den Einfluss des Buddhismus auf die Entstehung des Hinduismus 11<br />

Angela Schmitt/ Paṇḍāravāsinī<br />

Buddhistische Meditation und seelisches Gleichgewicht 23<br />

Botschaft <strong>zum</strong> 60. Jahrestag der Gründung des Europäischen Zweiges<br />

des Ordens Ārya <strong>Maitreya</strong> Maṇḍala 33<br />

Nachrichten des Ordens und Gemeinschaft Ārya <strong>Maitreya</strong> Maṇḍala 35<br />

Veranstaltungen und Seminare 37<br />

Informationen über den Ārya <strong>Maitreya</strong> Maṇḍala 38<br />

Publikationen von Lama Anagarika Govinda 39<br />

Kontakte 39<br />

IMPRESSUM<br />

DER KREIS ist das offizielle Organ der Gemeinschaft und des Ordens Ārya <strong>Maitreya</strong><br />

Maṇḍala und erscheint halbjährlich in deutscher Sprache.<br />

Herausgeber:<br />

Asaṅga, Dr. med. Armin Gottmann, Stückelhäldenstr. 9, 75175 Pforzheim i. A. des<br />

ĀMM für die Lama und Li Gotami Govinda Stiftung. Copyright und alle Rechte liegen<br />

bei der Lama und Li GotamiGovinda Stiftung bzw. bei den Autoren. Die Autoren sind<br />

für ihre Beiträge selbst verantwortlich. Die Texte geben nicht unbedingt die Meinung<br />

des Herausgebers wieder. Bildmaterial sowie Nachdruck – auch auszugsweise – nur<br />

mit Genehmigung des Herausgebers.<br />

Gestaltung und Realisation: Renate Huf – Berlin<br />

Foto Titelseite: <strong>Maitreya</strong>-Statue in Mulbekh – Ladakh, Lama und Li Gotami Govinda<br />

Stiftungsarchiv<br />

Spenden erbeten an:<br />

Lama Govinda Stiftung, Commerzbank Deggendorf,<br />

BLZ: 741 800 09, Konto: 0739 088900<br />

0


VORWORT<br />

Liebe Freunde des Ārya <strong>Maitreya</strong> Maṇḍala,<br />

in diesen Wochen begehen wir<br />

den 60. Jahrestag der Gründung<br />

des westlichen Zweiges des Ordens<br />

und der Gemeinschaft Ārya<br />

<strong>Maitreya</strong> Maṇḍala. 1952 waren<br />

wir eine der ganz wenigen Mahayana-Gruppen<br />

in Deutschland.<br />

Neben uns gab es aus dem Bereich<br />

des Mahāyāna Buddhismus<br />

vor allem kleinere Zen-Kreise,<br />

aber keine Vajrayāna-Gemeinschaft.<br />

Unser Guru Lama Anagarika<br />

Govinda hatte uns drei Aufgaben<br />

gestellt, zu denen wir uns<br />

bis heute verpflichtet fühlen:<br />

Die praktische Verwirklichung<br />

des Dharma, indem wir den Buddhismus<br />

<strong>zum</strong> Weg unseres Lebens<br />

machen und stetig an uns<br />

selbst arbeiten;<br />

Jenen Menschen helfen, die<br />

ernsthaft danach verlangen, die<br />

Lehre der Erleuchteten zu verstehen<br />

und die nach einem Weg<br />

suchen, wie man diese Lehre in<br />

die Praxis umsetzen kann;<br />

Methoden religiöser Übung<br />

(Sādhana) zu entwickeln, unter<br />

besonderer Berücksichtigung der<br />

psychischen Gegebenheiten und<br />

Möglichkeiten des abendländischen<br />

Menschen. Wir freuen uns<br />

sehr, dass es heute eine große<br />

Anzahl von Gemeinschaften gibt,<br />

die neben dem Theravāda die<br />

1<br />

Traditionen des Mahāyāna und<br />

des Vajrayāna hier im Westen<br />

auf jeweils ihre Art authentisch<br />

vertreten und verbreiten, so dass<br />

diese Vielfalt den verschiedenartigsten<br />

Menschen gerecht werden<br />

kann. Unsere eigene Tradition<br />

gründet sich auf den Lehren<br />

Lama Anagarika Govindas und<br />

seiner Gurus und deren Weiterentwicklung.<br />

Und wenn wir auch<br />

die verschiedenen Richtungen<br />

des Buddhismus begreifen als<br />

auf einander aufbauende und<br />

sich ergänzende Aspekte des<br />

Buddhadharma, so liegt unser<br />

Schwerpunkt auf der letzten Blüte<br />

des Buddhismus auf indischem<br />

Boden: dem Vajrayāna in<br />

seiner ursprünglichen Form (einschließlich<br />

der Siddha-Tradition),<br />

den wir unter Beachtung der Gegebenheiten<br />

der heutigen Welt<br />

zu praktizieren versuchen.<br />

Mögen wir alle mehr und mehr<br />

unser Bewusstsein hin auf den<br />

künftigen Buddha <strong>Maitreya</strong> entwickeln:<br />

ein Bewusstsein der universellen<br />

Liebe (maitrī) auf dem<br />

Hintergrund des Verwoben-Seins<br />

allen Lebens.<br />

In Maitrī -Ihr Redadktionsteam


MEDITATION ÜBER WELTENTSTEHUNGEN UND -VERGEHUNGEN<br />

Lama Anagarika Govinda<br />

Langsam kam die blaue, warme<br />

Sommernacht über das Meer geschwommen<br />

während noch der<br />

gewaltige Kraterkegel des Vesuv<br />

in sattem, tiefen rotviolett schimmerte.<br />

Gelbe Ginsterbüsche<br />

flammten geheimnisvoll vor mir<br />

auf und strahlten die letzten Reste<br />

des verschwindenden Lichtes<br />

wieder. Phantastisch geformte<br />

Lavamassen schienen wie Dämonen<br />

der Finsternis dagegen<br />

anzukämpfen und türmten sich<br />

chaotisch mir entgegen. Der Golf<br />

von Neapel lag wie ein riesenhafter,<br />

prächtig eingefasster Spiegel<br />

mir zu Füßen, und die Städte<br />

wirkten wie Mosaikarbeiten in<br />

seinem Rahmen. Die fernen Berge<br />

waren in ein kristallklares Blau<br />

getaucht.<br />

Die Rauchwolke über dem Krater<br />

des Vesuv, die mir den ganzen<br />

Tag als Wegweiser vor Augen<br />

gestanden hatte, entschwand<br />

nun meinem Blick, da ich mich<br />

dem Fuß des Gipfelkegels näherte.<br />

Mühsam stampfte ich den<br />

schmalen Zickzackpfad durch die<br />

steilen Aschehalden empor. Die<br />

Nacht brach indessen vollends<br />

herein. Neapel verwandelte sich<br />

in ein leuchtendes Funkenmeer,<br />

und aus ihm stiegen unaufhörlich<br />

2<br />

vielfarbige Feuerblumen empor –<br />

unzählige Straßenfeuerwerke zu<br />

Ehren irgendwelcher Heiligen.<br />

Der Sternenhimmel war so klar<br />

und hell, dass der ganze Luftraum<br />

von einem gleichmäßigen<br />

zarten Licht durchflutet war. Die<br />

große, absolut glatte Kegelfläche<br />

des Kraters, an der ich emporstieg,<br />

schien mir aus einer unermesslichen<br />

Tiefe zu kommen und<br />

ins Unendliche empor zu führen.<br />

Ich habe selten das Gefühl von<br />

Masse und Raum, als zweier gegensätzlicher<br />

Elemente, so stark<br />

empfunden wie in dieser Nacht.<br />

Kurz unter dem Kraterrand wandte<br />

sich der Pfad nach Südosten<br />

und bewegte sich in langsam ansteigender<br />

Spirale aufwärts. Ich<br />

hatte geradezu den Eindruck,<br />

über dem Golf, der von den erleuchteten<br />

Städten wie von einer<br />

flimmernden Milchstraße umgeben<br />

war, zu schweben, denn alle<br />

sichtbare Verbindung mit unten<br />

war durch die Dunkelheit aufgehoben.<br />

Ich vergaß fast das Ziel meiner<br />

Wanderung über der Großartigkeit<br />

dieses Erlebens: Sterne über<br />

mir, vor mir und unter mir –


schwamm ich nicht mit im kosmischen<br />

Atemrhythmus?<br />

Da plötzlich öffnete sich vor mir<br />

ein ungeheurer Abgrund, und eine<br />

gewaltige Feuersäule stieg mit<br />

unheimlichem Getöse aus der<br />

Tiefe. Überwältigt von diesem<br />

Eindruck wich ich zurück und<br />

musste mich erst allmählich an<br />

dieses unerhörte Schauspiel gewöhnen,<br />

ehe ich näherzukommen<br />

wagte. Das Geräusch der in<br />

den Feuerschlund zurück stürzenden<br />

Lava löste in mir die<br />

Empfindung einer bodenlosen,<br />

nie endenden Tiefe aus, - wie im<br />

Traum, wenn man ins Nichts zu<br />

stürzen glaubt. Allmählich fand<br />

ich zu mir selbst zurück und wagte<br />

schließlich, ein Stück weit in<br />

den Krater hinabzusteigen.<br />

Ich ließ mich auf einem Vorsprung<br />

der inneren Kraterwand,<br />

auf dem warmen hier und da<br />

dampfenden Gestein nieder, um<br />

dort den Rest der Nacht zu verbringen.<br />

Trotz der Anstrengung<br />

des Aufstiegs empfand ich keine<br />

Müdigkeit mehr, sondern schaute<br />

wie gebannt in die feuerschnaubende<br />

Tiefe. Gespenstisch standen<br />

die rot aufleuchtenden Felswände<br />

gegen den nachtblauen<br />

Sternenhimmel, und in meinem<br />

Empfinden verschmolzen allmählich<br />

das Sternengefunkel und der<br />

3<br />

die Rauchsäule umgebende<br />

Funkenregen, der an den schrägen<br />

Wänden des im Krater befindlichen<br />

Eruptionskegels hinunter<br />

tanzte. Auf und ab stieben die<br />

Funken, aus Feuerglut geboren,<br />

in Feuerglut zurückfallend. Auf<br />

und ab schwingen die Welten,<br />

aus Feuer geboren und wieder in<br />

Feuer zerberstend – Geburt und<br />

Tod in ewigem Wandel. Was ich<br />

hier sah, war das gleiche Schauspiel,<br />

das auf unzähligen Himmelskörpern<br />

in eben derselben<br />

Weise sich abspielt – seit Urzeiten<br />

und in alle Ewigkeit – ein<br />

kosmisches Schauspiel! Ob ich<br />

mich auf der Erde, ob auf irgendeinem<br />

anderen Körper des Weltalls<br />

befand, in diesem oder jenem<br />

Sonnensystem: ich fühlte<br />

mich der Gesamtheit des Kosmos<br />

gegenüber. So saß ich als<br />

Zuschauer vor der großen Weltbühne.<br />

Aber trotz dieses Draußen-stehens<br />

e r l e b t e ich <strong>zum</strong><br />

ersten Mal wirklich die Welt als<br />

solche. Ich verspürte ihren unheimlich-gewaltigen<br />

Atem, ihre<br />

unbarmherzig wirkende, treibende<br />

Kraft. Wie ein großes schnaubendes<br />

Wesen erschien mir diese<br />

Erde, wie eine lebendige<br />

furchtbare Gottheit. Sie ist die<br />

Große Mutter, die täglich und<br />

stündlich Millionen und Abermillionen<br />

von Wesen gebiert, so wie<br />

sie unaufhörlich die glühenden


Massen der Lava aus sich herausschleudert.<br />

Millionen und<br />

Abermillionen nährt sie aus ihren<br />

nie versiegenden Brüsten. Aber<br />

so wie die Massen glühender Lava<br />

wieder in die unendliche Tiefe<br />

zurückstürzen, so verschlingt sie<br />

auch wieder die Unzahl ihrer Geschöpfe.<br />

4<br />

Die unterbewusste Erkenntnis<br />

dieses endlosen Kreislaufs war<br />

es, die mich bei dem Geräusch<br />

der in bodenlose Tiefe stürzenden<br />

Massen erschauern ließ: die<br />

furchtbare Ahnung des bodenlosen<br />

Abgrundes „Samsara“! Nicht<br />

umsonst ist es das Schrecklichste<br />

aller Traumerlebnisse, ins<br />

Nichts zu stürzen. Dieses selbe<br />

Erlebnis wurde mir aber jetzt aus<br />

der anschaulichen Wirklichkeit<br />

geboren. War ich, der ich mich<br />

als Zuschauer dünkte, nicht<br />

selbst eines jener Geschöpfe der<br />

furchtbaren Göttin? Und war<br />

nicht sie, die mir soeben göttlich<br />

erschien in ihrer Macht, einer jener<br />

zerstiebenden Funken? Und<br />

alle diese Funkenheere, diese<br />

Weltkörper, Sternensysteme und<br />

Weltengruppen: sind nicht auch<br />

sie in rastlosem, ewigen Wirbel?<br />

Ich verfolgte die Kette meiner<br />

Gedanken wieder zurück bis zu<br />

ihrem Ausgangspunkt und gewahrte<br />

meinen Körper wie er in<br />

all dem Tumult so ruhig und unbeweglich<br />

dasaß. Doch kaum<br />

hatte ich meine Aufmerksamkeit<br />

auf ihn gerichtet, da löste sich<br />

auch hier die Ruhe in eine tausendfältige<br />

rastlose Bewegung<br />

von Entstehung und Zerstörung<br />

auf. Auf und ab steigt, wie die<br />

feurige Lava, der Atem. Verbrennungsprozesse<br />

auch hier! Das<br />

Blut kreist unaufhörlich durch die<br />

Adern, Kraftströme durchzucken<br />

die Nerven, Zellen bauen sich auf<br />

und sterben ab, Atome vibrieren<br />

und schwingen wie Weltkörper<br />

und vereinen sich zu Gruppen<br />

und Systemen, bis auch diese<br />

sich wieder auflösen. Ebenso<br />

wandelbar sind die Gefühle,<br />

Empfindungen und Gedanken:<br />

So fällt auch meine Persönlichkeit<br />

unter den Begriff: „Welt“, ist<br />

dem ruhelosen Wandel unterworfen.<br />

Wo ist der Ausweg aus dieser<br />

Welt der Vergänglichkeit <strong>zum</strong><br />

Frieden der Unsterblichkeit, <strong>zum</strong><br />

Reich der todlosen Ruhe? Er ist<br />

nicht hier und nicht dort, denn<br />

wohin ich auch schaue durch<br />

Welten und Weltzeitalter, nirgends<br />

ist Rettung. So bleibt denn<br />

nur noch eins: dort wo ich nicht<br />

hinschauen kann liegt der Weg<br />

zur Erlösung, - in mir selbst, denn<br />

da ist der Ort, an dem ich die<br />

Welt zu umspannen vermag. An<br />

diesem Ort nur kann ich die Welt


überwinden, den Brand löschen,<br />

denn die Welt gestaltet sich in<br />

meiner Persönlichkeit. Wer die<br />

Ursache des Brennens kennt, der<br />

kennt auch das Mittel zur Löschung.<br />

Ich gedachte der Feuerpredigt<br />

des Buddha: „Sabbaṃ bhikkhave<br />

ādittaṃ“ – „alles, ihr Mönche,<br />

brennt“. „Und was alles, ihr Mönche,<br />

brennt? – Das Auge, ihr<br />

Mönche, brennt; die körperlichen<br />

Formen brennen, das Sehbewusstsein<br />

brennt; das durch das<br />

Auge ausgelöste Gefühl – sei es<br />

nun Lust-Gefühl, Unlust-Gefühl<br />

oder weder Lust-noch Unlust-<br />

Gefühl, auch dieses brennt. Und<br />

wodurch brennt das? Wahrlich,<br />

ich sage euch: es brennt durch<br />

das Feuer der Lust (taṇha), durch<br />

das Feuer des Hasses, durch<br />

das Feuer des Wahns; es brennt<br />

durch Geburt, Alter und Tod,<br />

durch Kummer, Jammer und<br />

Schmerz, durch Gram und Verzweiflung.<br />

Das Ohr und die Töne,<br />

die Nase und die Gerüche, die<br />

Zunge und der Geschmack, der<br />

Leib und die Berührungen, der<br />

Geist und die Erscheinungen<br />

brennen und ebenso alle aus<br />

diesen resultierenden Kontakte<br />

und Gefühle. Dies alles brennt<br />

durch das Feuer der Begierde,<br />

des Hasses und der Verblendung.“<br />

5<br />

Wer aber solches durchschaut ist<br />

allen diesen Sinnenprozessen<br />

nicht mehr untertan und löst sich<br />

von den Begierden. Durch das<br />

Fernbleiben der Begierden wird<br />

er frei; freigeworden weiß er: „Befreit<br />

bin ich. Erschöpft hat sich<br />

die Wiedergeburt, gewirkt ist der<br />

heilige Wandel, getan das Zutuende,<br />

keine Rückkehr gibt es<br />

mehr zu dieser Welt“, so erkennt<br />

er.<br />

Immer leichter wird mir um´s<br />

Herz, als ob zentnerschwere<br />

Fesseln von mir fielen: eine große,<br />

unsagbare Ruhe steigt in mir<br />

empor, getragen von der Empfindung<br />

der Losgelöstheit. Um<br />

mich umher tobt der Weltentanz:<br />

feurige Gluten werden gen Himmel<br />

geschleudert: Welten und<br />

Wesen entstehen und vergehen<br />

im glühenden Odem des Weltalls.<br />

Ewig wechselnd eilt der<br />

Kreislauf des Lebens von Geburt<br />

zu Tod, von Tod zu Geburt, von<br />

Form zu Form. Doch ein Etwas in<br />

mir ist dem Kreislauf entronnen<br />

und geht den Weg des Entwerdens.<br />

Der Morgen graute. Der bisher<br />

blutrot erleuchtete Rauch über<br />

der Feuersäule verwandelte sich<br />

immer mehr in eine grau-weiße


Masse, die bisweilen gelbe und<br />

grünliche Töne annahm. Das alle<br />

Menschenmaße übersteigende<br />

Riesen-Amphitheater des Kraters,<br />

in dessen Mitte sich der von<br />

glühender Lava umflossene<br />

Eruptionskegel erhob, wurde jetzt<br />

erst in seiner ganzen Größe<br />

sichtbar. Jetzt auch bemerkte ich<br />

erst die aus den steilen Felswänden<br />

entsteigenden Dämpfe. Als<br />

der letzte Stern verblichen war,<br />

stieg ich auf die höchsten Zacken<br />

des Kraterrandes, um den Sonnenaufgang<br />

zu genießen. In der<br />

Tiefe herrschte noch die Dämmerung,<br />

und alle die Ortschaften lagen<br />

im friedlichen Schlaf zu Füßen<br />

des dräuenden Berges. –<br />

Ein Bild menschlicher Sorglosigkeit!<br />

Schritte talwärts: der heimatlichen<br />

Insel entgegen.<br />

(Capri, ca. 1923)<br />

Endlich erhob sich die Sonne<br />

über die Berge. Das Meer glänzte<br />

auf. Die Bergspitzen schimmerten<br />

wie goldene Kronen über<br />

den bläulichen Felswänden und<br />

über den Tälern lag ein zarter<br />

Duft. Die fernen Inseln waren<br />

ganz von Licht umflossen und<br />

winkten verheißungsvoll über das<br />

Meer. Da wandte ich den Blick<br />

<strong>zum</strong> letzten Mal rückwärts in den<br />

feuerspeienden Abgrund, gleichwie<br />

um mich von der Wirklichkeit<br />

der nächtlichen Erlebnisse zu<br />

überzeugen und lenkte meine<br />

6


HERBST<br />

Lama Anagarika Govinda<br />

Der Herbst streut auf den Weg die letzten Blütenblätter<br />

Wie ein Versprechen für den Frühling, den Erretter:<br />

So ist der Lebensweg bestreut mit kleinen Freuden,<br />

Bevor wir in das Dunkel jenes Winters gleiten,<br />

Den wir durchschreiten und erleiden müssen,<br />

Eh uns die Sonnen eines neuen Frühlings küssen.<br />

Doch wer das Dunkel scheut, kann auch das Licht nicht sehen,<br />

Und wer den Schlaf verneint, kann auch nicht auferstehn.<br />

Was Licht uns ist in dieser Welt des Scheins,<br />

Mag Dunkelheit für andre Welten sein.<br />

Denn Licht und Dunkel sind vom gleichen Baum<br />

Des Lebens, das, der Zeit enthoben und dem Raum,<br />

Uns ewig trägt, wenn wir dem Fluss vertraun.<br />

(Kasar Devi Ashram, den 26. September 1976)<br />

7


DIE SICHTWEISE DES BUDDHA<br />

Dieter Müller<br />

Nüchtern und wissenschaftlich<br />

formuliert, war das, was der Buddha<br />

uns hinterließ, nicht mehr<br />

und nicht weniger als eine Theorie<br />

des vereinheitlichten Feldes<br />

aller psychischen und physischen<br />

Phänomene.<br />

Was diese Theorie zur Religion<br />

macht, ist der Umstand, dass sie<br />

nur verstanden werden kann,<br />

wenn sie auch verinnerlicht,<br />

nachvollzogen und verkörpert<br />

wird.<br />

Indem er Gier, Hass und Wahn<br />

nicht nur als Verursacher aller<br />

psychischen Phänomene erkannte,<br />

sondern sie darüber hinaus<br />

auch für das In-Erscheinung-<br />

Treten einer stofflichen Welt verantwortlich<br />

machte, sich gleichzeitig<br />

aber von ihnen befreite,<br />

ließ der Buddha sowohl die psychische,<br />

wie auch die physikalische<br />

Dimension dessen, was er<br />

beschrieb, hinter sich und agierte<br />

fortan aus einem Kontinuum, das<br />

er als „ Leere“ bezeichnete.<br />

Die Worte, die hier benutzt werden,<br />

sind unvollkommene Hilfs<br />

mittel, denn: Weder ist Leere ein<br />

Kontinuum, noch ist sie leer, weil<br />

nur ihr Gegenteil, die Fülle, sie<br />

konstituiert.<br />

„Vorher“, so ein Zen Koan, „waren<br />

Berge nur Berge und Flüsse<br />

waren Flüsse. Dann waren sie es<br />

nicht mehr. Und nun sind sie es<br />

wieder, werden aber nie mehr die<br />

gleichen sein“.<br />

Leere, bzw. deren alles transformierende<br />

Erfahrung, ist somit<br />

das, was zwischen den Bergen<br />

liegt, die nur Berge waren, und<br />

jenen anderen Bergen, die es<br />

noch immer sind, obwohl sie den<br />

Erstgenannten in nichts mehr<br />

gleichen.<br />

Nach dieser Erfahrung, die von<br />

kausal bedingter Fülle über die<br />

Bewusstheit der Leere zu akausaler<br />

Fülle geführt hatte, bemühte<br />

sich der Buddha für den Rest<br />

seines Lebens darum, seinen<br />

Schülern die Sichtweise zu erläutern,<br />

die er gewonnen hatte.<br />

Und genau das tut er heute noch,<br />

weil die Leere, die er verkörperte,<br />

8


nicht mit seinem physischen Dahinscheiden<br />

verschwand, sondern<br />

als Dharmakāya die einzige<br />

Wirklichkeit ist, die allen Phänomenen<br />

zugrunde liegt.<br />

Den Buddha, bzw. den Dharmakāya<br />

als einzige Wirklichkeit unserer<br />

selbst zu begreifen, fällt<br />

schwer, solange wir uns unter<br />

den alltäglich gegebenen Umständen<br />

für real existierend halten.<br />

Wir bedienen uns daher des<br />

Hilfsmittels der Meditation, um<br />

der Verhaftung an die kausal<br />

vernetzte Ordnung unseres Umfelds<br />

zu entrinnen und wenigstens<br />

einen Abglanz jener transformierenden<br />

Leere zur Erfahrung<br />

werden zu lassen.<br />

Dass wir zwischen unseren Meditationen<br />

immer wieder in die<br />

Pseudo-Realität dieses Umfeldes<br />

einsteigen müssen, empfinden<br />

wir als unerfreulich, meinen jedoch,<br />

nichts daran ändern zu<br />

können. Dass die Zeit, in der wir<br />

leben, der Entfaltung unseres<br />

buddhistischen Potentials größere<br />

Chancen einräumt, als sie den<br />

Zeitgenossen des Buddha gegeben<br />

waren, nehmen viele von<br />

uns nicht wahr. Damals, in Indien<br />

des 5. vorchristlichen Jahrhunderts,<br />

hatte jedes Ding und hatte<br />

jeder Vorgang einen festen Stellenwert<br />

innerhalb der organisch<br />

9<br />

gewachsenen Ordnung. Alles definierte<br />

sich aus seiner Verankerung<br />

in göttlichen bzw. metaphysischen<br />

Tatsachen, Strukturen<br />

und Gesetzen, an denen kaum<br />

jemand zweifelte. Im Gegensatz<br />

zu heute, gab es weniger Gründe,<br />

die Welt, in der wir leben, in<br />

Frage zu stellen.<br />

Für uns liegen die Dinge anders:<br />

Heute „stimmt“ nichts mehr. Unsere<br />

Gattung befindet sich im<br />

Griff eines klassischen Doublebind,<br />

einer doppelten Bindung an<br />

einander widersprechenden Informationen,<br />

Zielvorstellungen<br />

und Verpflichtungen, die kennzeichnend<br />

ist für Neurosen und<br />

Psychosen. Nie zuvor verhielt<br />

Māyā sich so selbstentlarvend,<br />

wie in diesem Jahrhundert.<br />

Wer die globale Psychose nicht<br />

wahrnimmt, dem ist schwer zu<br />

helfen. Gerade diese psychotisch<br />

gewordene Welt ist es aber, die<br />

dem Buddhisten größere Chancen<br />

denn je zuvor einräumt. Wir<br />

können nicht von heute auf morgen<br />

erleuchtet werden. Was wir<br />

aber heute schon können, ist die<br />

Entwicklung einer Art von Wahrnehmung,<br />

die uns jenseits aller<br />

psychotischen Verstrickungen<br />

und Scheinkonflikte die Welt so<br />

zeigt, wie sie tatsächlich ist.


Worin unterscheidet sich die globale<br />

Psychose, die uns umgibt,<br />

denn noch von den Visionen, die<br />

Padmasambhava im Bardo<br />

Thödol darlegte? Wir müssen<br />

nicht darauf warten, dass meditative<br />

Hervorbringungen uns visualisieren<br />

lassen, was ohnehin<br />

schon stattfindet. Vergessen wir<br />

doch nicht, dass der Bardo Tödol<br />

kein „Totenbuch“, sondern ein<br />

Buch für die Lebenden ist. Ob wir<br />

uns vor oder nach einer Wiedergeburt<br />

im Bardo befinden, ist<br />

nicht nur unwesentlich, sondern<br />

auch nicht voneinander unterscheidbar.<br />

Der Bardo ist Dauerzustand,<br />

bis die Erleuchtung uns<br />

aus ihm befreit. Immerhin lässt<br />

das Erkennen der globalen Psychose<br />

uns aber einen großen<br />

Schritt in die richtige Richtung<br />

tun. Aber wie gilt es sich zu verhalten,<br />

nachdem man die Gleichung<br />

„Globale Psychose – Bardo<br />

Tödol“ vollzogen hat?<br />

Hierauf möchte ich den Dalai<br />

Lama antworten lassen, der unermüdlich<br />

als „Global-Psychiater“<br />

durch die Lande reist, um einigen<br />

Wenigen die Augen zu öffnen für<br />

die Sichtweise des Buddha, die<br />

sicher in hohem Maße auch seine<br />

eigene ist: In dem Interview–<br />

Band „Die Weisheit des Verzeihens“<br />

(Bergisch-Gladbach 2004)<br />

äußert er, dass er seit Jahren<br />

fast ausschließlich über Abhängiges<br />

Entstehen (Skt. pratītya<br />

samutpāda) und Mitgefühl reflektiert.<br />

Diese scheinbar simple Aussage<br />

ist vielschichtig und subtil. Voraussetzung<br />

<strong>zum</strong> Verständnis der<br />

Formel des Abhängigen Entstehens<br />

ist es, - sie begriffen zu haben.<br />

Ein scheinbar unsinniges<br />

Zen-Koan soll nach Auffassung<br />

derer, die es ursprünglich formulierten,<br />

auch hier <strong>zum</strong> Verständnis<br />

beitragen: „Feuerholz verbrennt<br />

nicht zu Asche“.<br />

Wenn wir hart und nahezu aussichtslos<br />

darüber nachdenken,<br />

befinden wir uns immer noch in<br />

der guten Gesellschaft des Dalai<br />

Lama, der das seit Jahren tut. In<br />

seiner Äußerung, dass Abhängiges<br />

Entstehen und Mitgefühl<br />

Hauptgegenstand seines Nachdenkens<br />

sind, mag aber ein<br />

Schlüssel liegen, der uns der Lösung<br />

näher bringt. Die Synchronizität<br />

des Mitfühlens und Nachdenkens<br />

könnte es sein, die uns<br />

hier vorankommen lässt.<br />

Es bleibt abzuwarten, ob hiervon<br />

eine Therapie gegen die globale<br />

Psychose ableitbar ist.<br />

10


ÜBER DEN EINFLUSS DES BUDDHISMUS AUF DIE ENTSTEHUNG<br />

DES HEUTIGEN HINDUISMUS<br />

Asaṇga - Armin Gottmann<br />

In Gesprächen mit Yogalehrern<br />

und –Freunden trat mehrfach die<br />

Frage auf, inwieweit die heutige<br />

indische Kultur, der Yoga und der<br />

Hinduismus, vom Buddhismus<br />

beeinflusst wurden, nachdem<br />

dieser lange in Indien präsent<br />

gewesen, nunmehr aber seit fast<br />

1000 Jahren praktisch vom indischen<br />

Subkontinent verschwunden<br />

war . Im Folgenden möchte<br />

ich - nach einer kurzen Einleitung<br />

über den Hinduismus und den<br />

Buddhismus - einige jener buddhistischen<br />

Ideen darstellen, die<br />

nach meiner Auffassung möglicherweise<br />

zur Entwicklung des<br />

modernen Hinduismus beigetragen<br />

haben.<br />

Zum Hinduismus bekennen sich<br />

heute etwa 800 Millionen Menschen.<br />

Er ist eine ungemein vielfältige<br />

Religion mit <strong>zum</strong> Teil<br />

scheinbar widersprechenden<br />

Lehren und Praktiken. Dies hat<br />

dazu geführt, dass Mahatma<br />

Gandhi den Hinduismus als die<br />

„universellste“ aller Religionen<br />

bezeichnete, da er alles unter einem<br />

Dach vereine. Diese „universelle“<br />

Haltung des Hinduismus<br />

hat es ihm möglich gemacht,<br />

Elemente des Buddhismus, des<br />

Islam und auch des Christentums<br />

bis zu einem gewissen Grad in<br />

sich aufzunehmen und in eigenständiger<br />

Weise umzuformulieren.<br />

Der Begriff „Hinduismus“ ist westlich<br />

geprägt. Hindus selbst bezeichnen<br />

sich als Anhänger des<br />

„Sanāthana-Dharma“ – der ewigen<br />

oder ewig gültigen Religion<br />

und Gesetzmäßigkeit. Gelegentlich<br />

wurde dieser Begriff auch<br />

von Buddhisten benutzt, jedoch<br />

wird heute – zur Abgrenzung<br />

vom Hinduismus – entweder vom<br />

„Dharma“ oder vom „Buddha-<br />

Dharma“ gesprochen. Meines<br />

Wissens tauchte die Formulierung<br />

„Sanāthana-Dharma“ erstmals<br />

in einem buddhistischen<br />

Kontext auf: im Dhammapāda,<br />

wo es als „ewiges Gesetz“<br />

(dhammo sanantano) bezeichnet<br />

wird, dass Hass durch Nicht-<br />

Hass zur Ruhe kommt.<br />

Hindus bezeichnen sich selbst<br />

als Astikas, als Menschen, die an<br />

die Autorität der heiligen Veden<br />

11


glauben. Es ist dies der kleinste<br />

gemeinsame Nenner aller Richtungen<br />

des heutigen Hinduismus.<br />

Aber der heutige Hinduismus ist<br />

weit mehr als nur der Glauben an<br />

die Veden oder bloßer Brahmanismus<br />

(der z.T. auf den Lehren<br />

der Upaniṣaden fußt). Im Gegensatz<br />

hierzu stehen die Nāstikas –<br />

die Anhänger jener indischen<br />

Weltanschauungen und Religionen,<br />

die eine göttliche Autorität<br />

der Veden nicht akzeptieren. Es<br />

sind dies insbesondere die Carvakas<br />

(die heute ausgestorbene<br />

philosophische Schule der Materialisten),<br />

die Jainas und die<br />

Buddhisten.<br />

12<br />

Der Hinduismus sucht die Einheit<br />

hinter der Vielheit der Welt der<br />

Erscheinungsformen. Er will Befreiung<br />

des Menschen erreichen<br />

durch Annäherung an die Gottheit<br />

durch Gottesliebe (bhakti)<br />

oder durch ein Sich-Lösen im<br />

göttlichen Urgrund (brahman),<br />

der sowohl immanent wie transzendent<br />

vorgestellt wird. Oder er<br />

möchte sich im letzten Schritt der<br />

Spiritualität ablösen von den<br />

Banden der Materie. Der Hindu<br />

fühlt sich wie ein Wanderer, der<br />

die Vielheit der Welt in immer<br />

neuen Existenzen genossen und<br />

erlitten hat. Er war wie ein<br />

Schauspieler, der immer wieder<br />

neue Rollen in vielen Leben annahm<br />

und darüber vergaß, wer er<br />

ist – nämlich göttliches Sein- und<br />

nunmehr nach Hause <strong>zum</strong> Ursprung<br />

zurückkehren möchte. So<br />

liegt der Schwerpunkt im Hinduismus<br />

bei der Gottheit oder dem<br />

transzendenten Ursprung, dem<br />

man sich zu nähern und erkennen<br />

trachtet, in anderen Formen<br />

des Hinduismus in der Loslösung<br />

einer ewigen Seele (purusa) von<br />

der Materie (prakrti).<br />

Der Buddhismus hat einen anderen<br />

Schwerpunkt religiösen Erlebens:<br />

bei ihm steht der leidende<br />

Mensch im Mittelpunkt – und<br />

letztlich alles Leben, wo immer<br />

es sich auch in diesem unendlichen<br />

All befinden mag. Es geht<br />

dem Buddhisten um die Freiheit<br />

von der Enge, den Zwängen und<br />

dem Leiden, die aus bloßer Ichbezogener<br />

individueller Existenz<br />

resultieren. Die Begriffe „Buddha“,<br />

der Erwachte und „Bodhi“,<br />

Erleuchtung, leiten sich ab von<br />

dem Sanskritverb “buddh“ = wissen,<br />

erkennen. Der Buddhist fühlt<br />

sich wie ein Mensch, der seit undenklichen<br />

Zeiten (deren Anfang<br />

nicht zu erkennen ist) in verschiedenartigsten<br />

und <strong>zum</strong> Teil<br />

auch angenehm erscheinenden<br />

„Gefängnissen“ haust. Um bei<br />

diesem Bild zu bleiben: Er versucht<br />

herauszufinden, wie die<br />

„Schließanlage“ der Gefängnisse,<br />

die sich aus Gier, Hass und Illu-


sionen formt, geöffnet werden<br />

kann. Er erkennt, dass er den<br />

Schlüssel hierzu selbst in der<br />

Hand hält in Form eines immer<br />

geschärfteren, geläuterteren und<br />

universelleren Bewusstseins.<br />

Und so öffnet sich ihm Tür um<br />

Tür, von Augenblick zu Augenblick<br />

ihn in immer größere Weiten<br />

entlassend. Dann aber liegen<br />

drei mögliche Wege vor ihm, die<br />

den drei (sich ergänzenden)<br />

buddhistischen Hauptrichtungen<br />

entsprechen:<br />

1) Er kann nacheinander einen<br />

Gefängnishof nach dem anderen<br />

durchschreiten, sich zunehmend<br />

von der Verhaftung an die Welt<br />

der Erscheinungen lösen und ist<br />

frei (Theravāda – Buddhismus);<br />

2) Er kann nunmehr –als relativ<br />

freies Wesen – in dem einen o-<br />

der anderen Gefängnis verweilen<br />

und anderen Gefangenen helfen,<br />

ihre eigenen Schlüssel zur Freiheit<br />

zu entwickeln. Gelegentlich<br />

aber geht er eine Weile vor das<br />

Gefängnis, um Kraft für eine erneute<br />

Zeit im Gefängnis zu finden<br />

(Mahāyāna – Buddhismus,<br />

Bodhisatva –Ideal).<br />

13<br />

3) Allmählich merkt er, dass es<br />

keinen wesentlichen Unterschied<br />

macht, ob er im Gefängnis oder<br />

außerhalb davon ist (entsprechend<br />

der Erkenntnis, dass die<br />

Welt der Erscheinungen und Nirvaṇa<br />

keine sich ausschließenden<br />

Gegensätze darstellen, sondern<br />

die zwei Pole einer Wirklichkeit<br />

sind). Mit dem einen Bein steht er<br />

im Gefängnis, mit dem anderen<br />

im Land der Freiheit. Doch vielleicht<br />

müsste man sagen:<br />

gleichzeitig steht er mit beiden<br />

Beinen im Gefängnis und im<br />

Land der Freiheit. Sein Bewusstsein<br />

ist weit wie der Himmel und<br />

so tief wie das Meer. Und wenn<br />

der Sturm des Lebens bläst, vereinen<br />

sich Weite und Tiefe in der<br />

aufspritzenden Gischt , - in flüchtiger,<br />

leidvoller, ich-freier und<br />

dennoch unendlicher Schönheit<br />

und Offenheit des Seins, in dem<br />

alles miteinander in dynamischer<br />

Beziehung steht (Vajrayāna –<br />

Buddhismus).<br />

Doch so unterschiedlich die<br />

Schwerpunkte im Hinduismus<br />

und Buddhismus auch sind, eint<br />

sie die Gewissheit, dass es dem<br />

Menschen möglich ist, über seine<br />

begrenzte Individualität hinauszuwachsen.<br />

Eine Eigenart indischer<br />

Philosophie und religiösem<br />

Erlebens ist es, dass die verschiedenartigsten<br />

Systeme sich<br />

stets gegenseitig beeinflusst haben.<br />

Ideen anderer wurden kopiert<br />

und im Sine eigener Vorstellungen<br />

weiter entwickelt. Bud-


dhismus und das, was wir heute<br />

Hinduismus nennen, haben etwa<br />

1500 Jahre aufeinander eingewirkt,<br />

bis der Buddhismus praktisch<br />

vom indischen Boden verschwunden<br />

war. Es ist meine<br />

Überzeugung, dass beide dieser<br />

großen Weltreligionen in ihrer<br />

Entwicklung von den gegenseitigen<br />

Beeinflussungen in hohem<br />

Maß profitiert haben.<br />

14<br />

Die Idee von Karma und Wiedergeburt,<br />

wie sie in den Upaniṣaden<br />

propagiert werden, waren<br />

zur Zeit des Buddha eine Geheimlehre,<br />

die nur brahmanischen<br />

Eingeweihten enthüllt wurde.<br />

Nur selten gab es Ausnahmen.<br />

So berichtet eine Upaniṣad<br />

über einen Jüngling, der auf die<br />

kritische Frage, wer denn sein<br />

Vater sei, wahrheitsgemäß antwortete,<br />

er wisse es nicht, da<br />

seine Mutter <strong>zum</strong> Zeitpunkt seiner<br />

Geburt als Magd von Ort zu<br />

Ort gezogen sei. Darauf der einweihende<br />

Brahmane: „Wer so<br />

furchtlos und wahrhaftig spricht,<br />

muss ein Brahmanensohn sein“ –<br />

und erteilt die Einweihung. Die<br />

Upaniṣad lässt es offen, ob nur<br />

ein Brahmane so edel sein kann<br />

oder ob hier die Idee des Buddha<br />

bereits in Ansätzen erkennbar<br />

wird, dass man nicht durch Abstammung,<br />

sondern aufgrund der<br />

eigenen Handlungsweise Brahmane<br />

genannt werden darf.<br />

Durch den Buddhismus wurden<br />

den religiösen Menschen Nordindiens<br />

die Konzepte von Karma<br />

und Wiedergeburt vertraut, wobei<br />

der Buddha aber der Idee einer<br />

unvergänglichen Seele (ātman)<br />

seine Vorstellung von Wiedergeburt<br />

als einen dynamischen Prozess<br />

eines karmisch bedingten<br />

Seins- und Bewusstseinsstroms<br />

entgegen stellte. Mit seiner<br />

anātman- Lehre, die antithetisch<br />

zur ātman- Theorie der Upaniṣaden<br />

formuliert wurde, verhinderte<br />

der Buddha, dass sich seine Anhänger<br />

an der Vorstellung einer<br />

Art „besseren Ichs“ in der Form<br />

eines Ātmans festklammerten.<br />

Dennoch machte er deutlich,<br />

dass es ein „Ungeborenes, Ungewordenes,<br />

Ungeschaffenes,<br />

Ungestaltetes“ gäbe, dass man<br />

erfahren könne und das Grundlage<br />

eines spirituellen Erwachens<br />

sei.<br />

Die ursprünglich geheime Lehre<br />

von Karma und Wiedergeburt<br />

war für die Brahmanen insofern<br />

teilweise gefährlich, als sie die<br />

vedischen Opferzeremonien, für<br />

die sie vom Volk bezahlt wurden,<br />

in ihrer Bedeutung <strong>zum</strong>indest relativierten.<br />

War doch durch diese<br />

Lehre deutlich geworden, dass<br />

unser Schicksal weitgehend<br />

durch uns selbst, durch unsere


eigenen Taten und Willensimpulse<br />

verursacht wird und nicht<br />

durch die von uns durch Opfergaben<br />

gnädig zu stimmenden<br />

Götter! Anschaulich tritt uns die<br />

Lehre von Karma und Wiedergeburt<br />

in dem Bericht entgegen,<br />

den der Buddha von der Nacht<br />

seiner Erleuchtung gab, in der er<br />

zahllose Existenzzyklen intuitiv<br />

überblickte. Und die lebendigen<br />

Erzählungen, wie sich Karma von<br />

einem Leben <strong>zum</strong> anderen auswirkt<br />

(die Jātakas sowie die Thera-<br />

und Therīgatas), machten die<br />

Anschauungen von Karma und<br />

Wiedergeburt <strong>zum</strong> Allgemeingut<br />

Indiens. Man stelle sich den heutigen<br />

Hinduismus vor, wenn diese<br />

Ideen geheim geblieben wären<br />

und das gewöhnliche Volk<br />

mit Opferzeremonien, Ritualen<br />

und relativ unklaren Ideen über<br />

Himmelswelten (wie in Teilen der<br />

Veden angedeutet) abgespeist<br />

worden wäre!<br />

Der Buddha – wie auch die anderen<br />

nicht-brahmanischen Gruppen<br />

wie die der der Jainas – trugen<br />

zu einer <strong>zum</strong>indest vorübergehenden<br />

Lockerung der Kastengesellschaft<br />

bei. Wenn der<br />

Buddha Menschen nach ihrem<br />

Verhalten und nicht nach Geburt<br />

einteilte, so relativierte er damit<br />

die Starrheit des Kastenwesens.<br />

Er war allerdings nicht so radikal,<br />

15<br />

die Kasten ganz zu verwerfen.<br />

Aber wer in seinen Mönchs- oder<br />

Nonnen- Orden eintrat, verlor<br />

damit seine Kastenzugehörigkeit.<br />

Ist es vielleicht mit ein Verdienst<br />

des Buddha, dass heute, beim<br />

Eintritt in einen hinduistischen<br />

Orden, ebenfalls die Kaste abgelegt<br />

wird? Als aber der Buddhismus<br />

weitgehend vom indischen<br />

Boden verschwand, wurde das<br />

Kastenwesen rigider und hat im<br />

Hinduismus bis <strong>zum</strong> heutigen<br />

Tage in Form der „Unberührbaren“<br />

und der geringen Durchlässigkeit<br />

der Gesellschaftsschichten<br />

erhebliche Probleme, Spannungen<br />

und Ungerechtigkeiten<br />

bereitet, trotz der Bemühungen<br />

von Mahatma Gandhi, der indischen<br />

säkularen Gesetzgebung<br />

und hinduistischen Reformbewegungen.<br />

In der Neuzeit erfolgte<br />

die Loslösung eines Teiles der<br />

Unberührbaren aus dem sie ausschließenden<br />

hinduistischen Kastensystem<br />

durch Übertritt <strong>zum</strong><br />

Buddhismus mit deren Führer<br />

Ambedkar. Sangharakshita und<br />

der Western Buddhist Order<br />

(heute: Triratna Order) haben Erhebliches<br />

zur religiösen Bildung<br />

dieser einige Millionen zählende<br />

Neo- Buddhisten beigetragen.<br />

Der Buddha lebte zu einer Zeit, in<br />

der die Menschheit begann, sich<br />

von übermächtigen magischen


Vorstellungen und Praktiken abzulösen.<br />

Seine klare und rational<br />

formulierte Lehre trug wesentlich<br />

dazu bei, den Einfluss von Magie,<br />

Abhängigkeit von Ritualen<br />

und Tieropfern zu mindern.<br />

Selbst in der heutigen brahmanischen<br />

Orthodoxie wird anerkannt,<br />

dass der Buddha zur Eindämmung<br />

der Tieropfer beigetragen<br />

hat. Ihm wird sogar in diesem<br />

Zusammenhang der Status<br />

eines Avatars (einer Inkarnation<br />

des Göttlichen) zuerkannt. Allerdings<br />

geschieht diese Anerkennung<br />

nicht ohne Seitenhieb auf<br />

den „Konkurrenten“, der dem<br />

Brahmanismus einstmals als gefährlich<br />

erschienen war: Nach<br />

Meinung der brahmanischen Orthodoxie<br />

war es die zweite Aufgabe<br />

dieses Avatars, böse Menschen<br />

durch eine unorthodoxe<br />

Lehre zu verwirren.<br />

Aus der Erkenntnis eines gemeinsamen<br />

Schicksals allen Lebens<br />

entwickelte der Buddhismus<br />

- wie auch der Jainismus – eine<br />

Kultur der Nicht-Gewalt (ahiṁsa)<br />

und der Friedfertigkeit. Dies führte<br />

u.a. unter dem buddhistischen<br />

Kaiser Aṣoka zu einem Großreich<br />

auf indischem Boden, das<br />

versuchte, einen Staat mit weitgehender<br />

Friedfertigkeit zu organisieren.<br />

Dieses Prinzip blieb<br />

<strong>zum</strong>indest als Ideal in Indien wei-<br />

16<br />

ter bestehen und führte schließlich<br />

unter Mahatma Gandhi <strong>zum</strong><br />

gewaltfreien Widerstand gegen<br />

die britische Kolonialmacht. Die<br />

damit erzielte Unabhängigkeit<br />

Indiens aber wurde <strong>zum</strong> Ausgangspunkt<br />

der Auflösung der<br />

Kolonien weltweit. Es ist müßig<br />

darüber zu spekulieren, wie unsere<br />

Welt heute aussähe ohne<br />

die gewaltfreie Erlangung der<br />

Unabhängigkeit Indiens (oder die<br />

möglicherweise auch davon mit<br />

inspirierte friedliche Revolution in<br />

der früheren DDR?). Leider konnte<br />

das moderne Indien nicht immer<br />

dem Ahiṁsa-Prinzip folgen.<br />

Aus dem Prinzip der Nicht-<br />

Gewalt folgte für den Buddhismus<br />

auch die geistige Gewaltlosigkeit<br />

in Form einer weitherzigen<br />

Toleranz: auch wenn man den<br />

eigenen Standpunkt für den<br />

bestmöglichen hält - sonst hätte<br />

man ihn ja nicht - , so gebietet es<br />

die Achtung vor dem Anderen,<br />

auch seine Ansichten zu respektieren<br />

und sich mit ihnen vertraut<br />

zu machen. In seinen kaiserlichen<br />

Edikten stellt Aṣoka heraus,<br />

dass man durch Verachtung des<br />

Standpunktes des anderen seiner<br />

eigenen Religion schadet.<br />

Auch die Jainas trugen zur Kultur<br />

der Gewaltfreiheit bei mit ihrem<br />

Lehrsatz vom Syādvāda: Sie versuchten<br />

philosophisch nachzu-


weisen, dass jegliche Aussage<br />

nur in einem bestimmten Zusammenhang<br />

eine gewisse Gültigkeit<br />

haben kann, mithin jegliche<br />

Ansicht letztlich relativ zu<br />

verstehen ist. Diese geistige Toleranz<br />

ist auch für den heutigen<br />

Hinduismus charakteristisch, abgesehen<br />

von einigen Horten der<br />

Orthodoxie. Allerdings versteckt<br />

sich manchmal hinter einer<br />

scheinbaren Toleranz eine geistige<br />

Denkfaulheit, etwa nach dem<br />

Muster: „alle Wege führen <strong>zum</strong><br />

selben Ziel“.<br />

Nonnen; Begrenzung sexuellen<br />

Lebens auf einen Partner/in),<br />

entsprechend dem dritten Ṥila,<br />

5) aparigrāha (Nicht-anhaften),<br />

was der grundlegenden buddhistischen<br />

Haltung des Nichtanhaftens<br />

entspricht.<br />

Patañjalis Yoga-Sūtra aber gilt im<br />

heutigen Hinduismus als eine der<br />

sechs darṥanas (wörtlich: Anblick,<br />

d.h. eine der von allen Hindus<br />

akzeptierten religiösen Weltanschauungen).<br />

Die Ethik des Buddhismus mit<br />

seinen 5 Ṥilas (bzw. 10 für Nonnen<br />

und Mönche) wurde <strong>zum</strong> indischen<br />

Standard für gesellschaftliches<br />

und religiöses Leben.<br />

So formuliert z.B. Patañjalis<br />

Yoga Sūtra (etwa 500 – 600 Jahre<br />

nach dem Buddha) als Regeln<br />

für das Verhalten (yama).<br />

1) ahimsa (Nicht-Gewalt), entsprechend<br />

dem ersten Buddhistischen<br />

Ṥila,<br />

2) satya (Wahrhaftigkeit), entsprechend<br />

dem vierten Ṥila,<br />

3) astheya (Nicht-Stehlen), entsprechend<br />

dem zweiten Ṥila,<br />

4) brahmacārya (sexuelle Enthaltsamkeit<br />

für Mönche und<br />

17<br />

Yogameditation ist eine gemeinsame<br />

Basis für Hinduismus,<br />

Buddhismus und die anderen Religionen<br />

Indiens. Es lässt sich<br />

sagen, dass Yoga in der einen<br />

oder anderen Form die gemeinsame<br />

praktische Grundlage für<br />

die spirituellen Übungswege Indiens<br />

ist. Und bei den Meditationsmethoden<br />

hat der heutige<br />

Buddhismus auch für den Hinduismus<br />

entscheidendes beigetragen.<br />

Methoden der Meditation<br />

waren bereits vor dem Buddha<br />

Allgemeingut sowohl der brahmanischen<br />

Traditionen wie auch<br />

der Saṇana- (Nāstika-) Bewegungen.<br />

Und der Buddha hat einiges<br />

davon in der Zeit vor seiner<br />

Erleuchtung von den damaligen<br />

Yogameistern gelernt. Aber erst,<br />

als er sich an seine eigenen


spontanen Meditationserlebnisse<br />

seiner Jugend erinnert und dem<br />

entsprechend seine Meditation<br />

umgestaltet (und sie auf das eigene<br />

Bewusstsein und nicht auf<br />

ein Göttliches richtet) gelingt ihm<br />

das Erwachen zur Buddhaschaft.<br />

18<br />

Ich gehe davon aus, dass der<br />

Buddha auf bereits bewährte Methoden<br />

der Meditation zurückgriff,<br />

sie dann jedoch in einen folgerichtigen<br />

und systematischen<br />

Weg vereinte in den vier bzw.<br />

fünf rūpajhānas und den vier<br />

arūpajhānas. Wohl neu aber war,<br />

dass bei ihm der Mensch und<br />

nicht das Göttliche, eine als ewig<br />

bestehend gedachte Seele oder<br />

ein Urgrund des Seins im Mittelpunkt<br />

der Meditation stand. Als<br />

Konsequenz daraus ergab sich<br />

ein neuer Ausgangspunkt der<br />

Meditation: Die Vergegenwärtigung,<br />

das Erleben, die Bewusstwerdung<br />

(sati; Sktr. smṛti) von<br />

Körper, Gedanken, Gefühlen und<br />

übergeordneten Gesetzmäßigkeiten.<br />

Damit aber wurde die meditative<br />

Vertiefung von Anfang an<br />

systematisch auf Erkenntnis und<br />

Einsichtsgewinnung und nicht<br />

mehr auf bloßes inneres Zur-<br />

Ruhe-Kommen ausgerichtet. Hat<br />

die Betonung der Bedeutung des<br />

Körpers als Ausgangspunkt der<br />

Meditation vielleicht in späterer<br />

Zeit im Hinduismus die Entwicklung<br />

des Haṭha-Yoga und tantrischer<br />

Meditationssysteme mit<br />

angeregt?<br />

Auch die Praxis der brahmavihāras<br />

hat es mutmaßlich vor<br />

dem Buddha in der heute bekannten<br />

Form nicht gegeben. Sie<br />

erscheinen mir als eine Konsequenz<br />

aus der Erkenntnis des<br />

Buddha vom gemeinsamen<br />

Schicksal und dem Miteinander-<br />

Verwoben-Sein allen Lebens.<br />

Patañjalis Yoga-Sūtra greift die<br />

Systematik der jhāna – Meditationsstufen<br />

teilweise auf: Es kennt<br />

– so wie die buddhistischen<br />

jhānas - Stufen der Meditation<br />

mit und ohne vitarka ((Nachdenken)<br />

und vicāra (Erwägen), begleitet<br />

von ānanda (Glückseligkeit).<br />

Im buddhistischen System<br />

wird ānanda differenziert in zwei<br />

Stufen: prīti (inspirative Freude)<br />

und sukkha (stilles Glücksgefühl).<br />

Das Yogasūtra des Patañjali<br />

(PYS) kennt aber nicht so sehr<br />

die Praxis der Einsichtsmeditation,<br />

sondern geht davon aus,<br />

dass unterscheidende Schau (viveka<br />

khāyti) und ein Wissen um<br />

die Weltgesetze (ṛtambhara<br />

jñāna) auf bestimmten Stufen der<br />

meditativen Vertiefung von selbst<br />

hervorbrechen, wenn die Geistestätigkeiten<br />

(citta-vṛtti) zur Ru-


he gekommen sind. Dies ist auf<br />

Patañjalis Ansicht zurückzuführen,<br />

dass der wahre Wesenskern<br />

(der puruṣa) erfahrbar wird, wenn<br />

die vṛttis <strong>zum</strong> Stillstand gekommen<br />

sind und daher keine spezielle<br />

Einsichtsmeditation – wie sie<br />

im Buddhismus geübt wird - erforderlich<br />

sei.<br />

Die Begriffe bezüglich Meditation<br />

sind im PYS gegenüber denen im<br />

Buddhismus teilweise vertauscht<br />

– vielleicht mit der Absicht, dass<br />

keine Verwechselung der Systeme<br />

stattfinden kann? Der im<br />

Frühbuddhismus für alle Stufen<br />

einigermaßen vertiefter Meditation<br />

gebräuchliche Ausdruck<br />

„Samādhi“ wird im PYS nur für<br />

die tiefsten Stadien verwandt<br />

(wie später dann auch in den<br />

Mahāyāna-Sūtras). Dhyāna (die<br />

gleiche Wortwurzel wie jhāna)<br />

bezeichnet im PYS mitteltiefe<br />

Versenkungsstufen, im Buddhismus<br />

hingegen auch tiefe.<br />

19<br />

Der Anfang von Meditation beginnt<br />

bei Patañjali mit citta<br />

prasādana, der „Zufriedenheit<br />

des Geistes“ (und mit Meditationsvorübungen,<br />

die dahin führen)<br />

sowie mit „Stetigmachen des<br />

Geistes“ (manasaḥ-stitthinibandana).<br />

Dies hat seine Entsprechung<br />

(oder seinen Vorläufer?)<br />

in der buddhistischen „angrenzenden<br />

Konzentration“. Unter<br />

anderem wird von Patañjali<br />

zur Erlangung der Zufriedenheit<br />

des Geistes die Praxis der brahmavihāras<br />

auf einer einfachen<br />

Stufe empfohlen.<br />

Auffallend ist im PYS, dass es<br />

viel systematischer, rationaler<br />

und logisch begründeter auf die<br />

Erforschung und Durchdringung<br />

der Innenwelt des Menschen abzielt<br />

als davor entstandene Texte<br />

des Brahmanismus (z.B. Upaniṣaden,<br />

Bhagavad Gīta). Auch<br />

die Nähe zu buddhistischer Terminologie<br />

zeigt, wie sehr der sich<br />

entwickelnde Hinduismus von<br />

den buddhistischen Traditionen<br />

gelernt hatte – und wahrscheinlich<br />

auch umgekehrt der Buddhismus<br />

von anderen Yogatraditionen.<br />

Es mag ein Verdienst der beiden<br />

Nāstika- Religionen Buddhismus<br />

und Jainismus sein, dass der<br />

moderne Hinduismus auch das<br />

Nicht - theistische klassische<br />

Saṃkhya - System als eine der 6<br />

orthodoxen hinduistischen Darsanas<br />

anerkennt. Dabei ist das<br />

klassische Samkhya-System so<br />

kühn, eine Reihe von Argumenten<br />

gegen die Existenz eines<br />

Schöpfergottes vorzutragen –<br />

und das im Angesicht der im<br />

Hinduismus weit verbreiteten


Gottesliebe und Verehrung! Vielleicht<br />

hat der Hinduismus unter<br />

dem Druck der Nāstika-<br />

Religionen akzeptieren müssen,<br />

dass religiöses Leben auch ohne<br />

die Idee eines Schöpfergottes<br />

oder die Annahme eines göttlichen<br />

Urgrundes möglich ist.<br />

Goldstandard indischer Religionsphilosophie<br />

ist seit der Entwicklung<br />

des buddhistischen<br />

Madhyamika-Systems durch<br />

Nagārjuna die Lehre von den<br />

zwei Ebenen der Wirklichkeit: die<br />

Ebene der relativen Wirklichkeit,<br />

wie wir sie normalerweise erleben<br />

(samvṛtti satya) und die<br />

Ebene der höheren Wirklichkeit<br />

(paramārta satya). Diese zweite<br />

Ebene ist erfahrbar, aber nicht in<br />

Worten beschreibbar. (Allerdings<br />

hatte diese Idee bereits Vorläufer<br />

im alten Indien, sowohl in den<br />

Upaniṣaden als auch beim Buddha).<br />

– Der große hinduistische<br />

Philosoph Ṥankarācārya adaptierte<br />

diese Lehre Nagārjunas an<br />

Aussagen aus den Upaniṣaden<br />

und formte daraus sein monistisches<br />

Advaita – Vedānta –<br />

System. Nicht zufällig warfen ihn<br />

seinerzeit orthodoxe Gelehrte<br />

und Brahmanen vor, er sei ein<br />

verkappter Buddhist. Überspitzt<br />

könnte man sagen, Advaita<br />

Vedānta sei „panenthesierter<br />

Madhyamaka“. – Und diese Form<br />

20<br />

des Vedānta wird heute neben<br />

den Bakti – Bewegungen als einer<br />

der Höhepunkte des Hinduismus<br />

angesehen!<br />

Auch die buddhistische Anschauung,<br />

dass Buddhas jeweils<br />

dann in der Welt erscheinen,<br />

wenn die Erinnerung an die<br />

Weltenlehrer und an ihre Lehren<br />

in Vergessenheit geraten sind,<br />

fand im Hinduismus eine theistische<br />

Entsprechung: Immer wenn<br />

die Welt in spirituelle Dunkelheit<br />

zu versinken droht, inkarniert sich<br />

Gott oder das Göttliche in Form<br />

eines erleuchteten spirituellen<br />

Wesens (Avatar, wörtlich: Der<br />

Herabgestiegene). So fällt es<br />

dem Hindu leicht, Kṛiṣna, Buddha,<br />

Jesus, Mohammed und viele<br />

Heilige als Manifestationen des<br />

Einen Göttlichen zu begreifen.<br />

Diese Auffassung hat so manchen<br />

christlichen Missionar in Indien<br />

in Verzweiflung getrieben,<br />

wenn er versuchte, Hindus klar<br />

zu machen, dass es nur einen<br />

Gottessohn gegeben habe. Dies<br />

führte und führt zu ungläubigem<br />

Staunen, warum ein gütiger Gott<br />

nur einmal – und nicht zu allen<br />

Zeiten der Geschichte – einen<br />

einzigen Sendboten der Menschheit<br />

schenken sollte.<br />

Im Gegensatz <strong>zum</strong> Mahāyāna –<br />

Buddhismus wurde die soziale,


die Schwachen der Gesellschaft<br />

fördernde Aufgabe einer Religion<br />

in der Vergangenheit im Hinduismus<br />

teilweise nicht hinreichend<br />

wahrgenommen. Oft dient die<br />

Lehre vom Karma – das jeder<br />

selbst verursacht habe – als<br />

Vorwand für Nicht-Handeln. Aber<br />

schon Ṥankarācārya hatte darauf<br />

hingewiesen, dass es die Aufgabe<br />

erleuchteter Yogis sei, spirituell<br />

auf die Menschheit einzuwirken.<br />

Hatte er vielleicht Anleihe<br />

beim buddhistischen Bodhisattva<br />

– Ideal genommen? In der Neuzeit<br />

ist dieser soziale Aspekt<br />

auch vom Hinduismus aufgegriffen<br />

worden. Erwähnen möchte<br />

ich in diesem Zusammenhang<br />

Mahatma Gandhi (der aus buddhistischer<br />

Sicht ein Bodhisattva<br />

genannt werden kann), die Ramakrishna<br />

– Mission und andere<br />

hinduistische Reformbewegungen<br />

und auch Svami<br />

Kuvalayananda mit seiner Idee<br />

der universellen Botschaft des<br />

Yoga für die gesamte Menschheit<br />

(einer Idee, die dann von vielen<br />

Yogis aufgegriffen wurde und zur<br />

heutigen Verbreitung des Yoga<br />

im Westen geführt hat).<br />

21<br />

Die tantrischen Bewegungen im<br />

Rahmen von Hinduismus und<br />

Buddhismus scheinen kurz<br />

nacheinander entstanden zu<br />

sein, der buddhistischen Tantrismus<br />

(Vajrayāna) vielleicht etwas<br />

früher. Trotz anderer Ausgangspunkte<br />

(im Hinduismus das<br />

Spannungsgefüge zwischen Natur<br />

und Geist, im Buddhismus in<br />

sich ruhende Weisheit und tätiges<br />

Mitgefühl) haben sie manche<br />

gemeinsame Auffassungen und<br />

ähnliche Methoden der Praxis<br />

entwickelt. So <strong>zum</strong> Beispiel: die<br />

Welt als ein Netz unendlicher<br />

Verknüpfungen allen Lebens und<br />

allen Geschehens; die Bedeutung<br />

der Gegensätze, aus deren<br />

lebendigem Spannungsgefüge<br />

Neues entsteht; die Bedeutung<br />

des Leibes für den spirituellen<br />

Weg; Mantras, Maṇḍalas und<br />

Mudras in der Meditationspraxis;<br />

der Parallelismus zwischen Universellem<br />

und Individuellem; die<br />

ganzheitliche Sicht auf das Leben;<br />

und die Auffassung, das Befreiung<br />

und Erleuchtung in jeder<br />

Lebenssituation möglich ist.<br />

Trotz mancher Gegensätzlichkeit<br />

zwischen dem hinduistischen<br />

Sanāthana Dharma und dem<br />

Buddhismus haben sich indische<br />

Buddhisten weitgehend als Teil<br />

einer indischen Gesamtkultur<br />

verstanden: die Götter und das<br />

Kastenwesen sowie die Veden<br />

und Rituale wurden in ihrer Bedeutung<br />

relativiert, jedoch nicht<br />

gänzlich verworfen. So ist es<br />

auch nicht verwunderlich, dass


nach dem Ārya <strong>Maitreya</strong> Vyākaraṇa<br />

(einem Mahāyāna-Sūtra)<br />

der künftige Buddha <strong>Maitreya</strong> als<br />

Sohn des obersten Hofbrahmanen<br />

in der heiligen Stadt Varanasi<br />

(die dann Ketumati heißt) geboren<br />

werden soll. Der Vater des<br />

<strong>Maitreya</strong> wird geschildert als<br />

Kenner der vier Veden und der<br />

rituellen Opfertexte; und das<br />

friedvolle Königreich lebt in Einklang<br />

mit den ethischen Normen<br />

(Ṥilas). Und in einer solchen<br />

friedvollen und ethisch hoch stehenden<br />

Gesellschaft (die sicher<br />

auch anders vorstellbar ist als in<br />

diesem indischen Gewand) kann<br />

sich die Blüte der Erleuchtung<br />

und der Buddha – Dharma in einer<br />

zeitgemäßen Form erneut<br />

manifestieren in Gestalt eines<br />

Weltenlehrers, eines Buddha.<br />

Literaturhinweise:<br />

Dasgupta, Surendranath : A History of<br />

Indian Philosophy. Vol I – V. Cambridge<br />

University Press . Cambridge<br />

1969.<br />

Lama Anagarika Govinda: Die psychologische<br />

Haltung der frühbuddhistischen<br />

Philosophie. Rascher-Verlag.<br />

Zürich 1962. (Weitere Auflagen unter<br />

dem Titel „Dynamik des Geistes“ bei<br />

O.W. Barth-Verlag).<br />

Lama Anagarika Govinda: Grundlagen<br />

tibetischer Mystik. Aquamarin-Verlag.<br />

Grafing 2008.<br />

Zotz, Volker H.M.: <strong>Maitreya</strong> – Kontemplationen<br />

über den Buddha der<br />

Zukunft. Gauke -Verlag. Hann. Münden<br />

1984<br />

Ich möchte betonen, dass nicht<br />

nur der Hinduismus vom Buddhismus<br />

profitiert hat. Oft ist es<br />

gar nicht mehr nachzuvollziehen,<br />

in welcher der beiden Religionen<br />

eine Idee zuerst entstand. Voller<br />

Ehrfurcht verneige ich mich vor<br />

beiden dieser großartigen spirituellen<br />

Traditionen der Menschheit,<br />

auch wenn mir persönlich der<br />

Buddhismus am nächsten steht.<br />

22


BUDDHA-DARSTELLUNGEN<br />

Sakrale figurative Darstellungen und deren Bedeutung im Buddhismus und<br />

Christentum<br />

Angela Schmitt / Paṇḍāravāsinī<br />

Wir sind, wie keine Zeit vor uns, mit<br />

einer Vielzahl von Bildern, figürlichen<br />

Darstellungen und bewegten<br />

Bildern umgeben. Menschen haben<br />

ein elementares Bedürfnis nach<br />

Bildern, denn sie können die Seele<br />

des Betrachters berühren. Die derzeitige<br />

Bilderflut birgt aber die Gefahr<br />

einer abstumpfenden Wirkung<br />

auf uns und die einer abwertenden<br />

Wirkung auf die künstlerischen Arbeiten.<br />

Unbestritten hat ein Großteil der<br />

Arbeiten eine hohe Ästhetik, aber<br />

bloße Ästhetik lässt eventuell den<br />

Inhalt vermissen, oder kann einem<br />

bestimmten Zweck unterworfen<br />

sein.<br />

So wird <strong>zum</strong> Beispiel beim Aufstellen<br />

von Buddha-Figuren im Wellness-<br />

und Entspannungsbereich<br />

die dekorative Wirkung und die<br />

Ausstrahlung von Ruhe, Heiterkeit<br />

und Glück, die von guten Darstellungen<br />

ausgeht genutzt. Durch das<br />

Herausnehmen der Abbildungen<br />

aus dem ihnen zugedachten Umfeld<br />

findet aber eine Verfremdung<br />

der Aussage statt, <strong>zum</strong>indest werden<br />

dann wichtige Aspekte der Be<br />

23<br />

deutung nicht entsprechend gewürdigt<br />

oder verstanden. Unsere Kultur<br />

ist nach wie vor stark vom Christentum<br />

geprägt. Sind wir von der Ausstrahlung<br />

der asiatischen Abbildungen<br />

fasziniert, müssen wir uns einen<br />

Zugang zu ihrem Verständnis<br />

meist erst erschließen. Versuchen<br />

wir mit „klassisch“ westlichem Verständnis<br />

die Bedeutung einer Buddha-Darstellung<br />

im Vergleich mit<br />

einer Christus-Darstellung zu erfassen,<br />

könnten unsere Überlegungen<br />

damit beginnen, was Kultbilder sein<br />

können:<br />

Kultbilder können u.a. eine Erinnerung<br />

an die historische Persönlichkeit<br />

sein und der Verehrung dieses<br />

Menschen dienen. Dies kann auf<br />

beide Darstellungen zutreffen. Im<br />

Christentum wird Jesus von Nazaret(h)<br />

erinnert und verehrt, ebenso<br />

wie im Buddhismus der Buddha<br />

Gautama Sakyamuni. In beiden Religionen<br />

können die Bilder zu Gebet<br />

und Hingabe anregen und Inspiration<br />

für die spirituelle Übung sein.<br />

Buddha-Darstellungen sind keine<br />

Darstellungen eines Gottes, der<br />

Buddhismus ist eine nicht-thei-


stische Religion, daraus folgt auch<br />

direkt, dass diese Abbildungen<br />

nicht der Anbetung eines Gottes<br />

dienen können, vielmehr „ bemüht<br />

sich der Buddhist um die Verwirklichung<br />

des Göttlichen im eigenen<br />

Herzen, im eigenen Denken<br />

und im eigenen Leben … “ [4]. So<br />

sind diese Abbildungen Visualisationen<br />

eines Menschen, der die<br />

geistig-seelischen Möglichkeiten,<br />

die in allen Menschen angelegt<br />

sind, zur Vollkommenheit verwirklicht<br />

hat.<br />

Bildhafte Darstellungen in beiden<br />

Religionen (wie das Kreuz in Christentum<br />

und Buddha-Darstellungen<br />

im Buddhismus) können auch als<br />

Symbole verstanden werden. In wie<br />

fern können diese Darstellungen<br />

aber Symbolcharakter besitzen und<br />

was können sie als solche bewirken?<br />

Hierzu meint C.G.JUNG in „Der<br />

Mensch und seine Symbole“:<br />

Symbole können nicht erfunden<br />

werden, sie sind Äußerungen des<br />

Unbewussten. Vom Intellekt Erdachtes<br />

kann nicht auf etwas noch<br />

Unbekanntes hinweisen. Es ist unser<br />

Unbewusstes, das sich mit Hilfe<br />

von Symbolen in Träumen, symbolischen<br />

Gedanken und Gefühlen,<br />

symbolischen Handlungen, Bildern<br />

und Situationen äußert. Intellektuelle<br />

Äußerungen, auch wenn sie im<br />

Nachhinein eine 'symbolische'<br />

Form erhalten haben, bleiben Zeichen,<br />

da sie durch den bewussten<br />

Gedanken mit dem Bewusstsein<br />

verbunden, somit eine Äußerung<br />

des Bewussten, nicht des Unbewussten<br />

sind.<br />

„Die Symbole weisen in eine Richtung,<br />

die wir mit dem bewussten<br />

Verstand nicht begreifen; sie beziehen<br />

sich auf etwas, das entweder<br />

unbewusst oder wenigstens nicht<br />

völlig bewusst ist.“<br />

Jung unterscheidet im weiteren 'natürliche'<br />

und 'kulturelle' Symbole.<br />

Die 'natürlichen' Symbole leiten<br />

sich von den unbewussten Inhalten<br />

der Psyche einzelner Menschen ab<br />

und können Variationen archetypischer<br />

Bilder sein. Daneben gibt<br />

es viele Symbole, deren Charakter<br />

und Ursprung kollektiv ist, es sind<br />

vorwiegend religiöse Bilder. Sie<br />

kommen aus dem 'kollektiven Unbewussten',„<br />

… dem Teil der Psyche,<br />

der das gemeinsame psychische<br />

Erbe der Menschheit enthält<br />

und weitergibt.“<br />

Mit Hilfe dieser 'kulturellen' Symbole<br />

wird unter bewusster Verwendung<br />

versucht existentielle Erkenntnisse<br />

auszudrücken, die über<br />

die Möglichkeiten der Sprache und<br />

des Intellekts hinausgehen. Sie haben<br />

Umformungen und einen Entwicklungsprozess<br />

durchlaufen und<br />

sind so zu kollektiven Bildern ge-<br />

24


worden, die u.a. in den Religionen<br />

verwendet werden. „Sie sind ein<br />

wichtiger Bestandteil unserer geistigen<br />

Struktur und lebenswichtige<br />

Kräfte im Aufbau der menschlichen<br />

Gesellschaft ...“ Auf diese Weise<br />

können dann z.B. religiöse Mythen<br />

eine Hilfe bei der Bewältigung der<br />

die Menschen im Innersten treffenden<br />

Leiden wieKrankheit, Alter,<br />

Tod, Hunger und Krieg sein. [1]<br />

Bildhafte Darstellungen in beiden<br />

Religionen können so Symbole im<br />

Verständnis von C.G.JUNG sein,<br />

sie weisen auf Tieferes hin und eröffnen<br />

uns neben der kognitiven<br />

Betrachtung die Möglichkeit eines<br />

emotionalen Zugangs und Einflusses<br />

auf unser Inneres.<br />

Symbole können damit für uns ein<br />

Schlüssel sein, der uns ein intuitives<br />

Erfassen eines für den Intellekt<br />

Nicht-Fassbaren eröffnet.<br />

Zum Kreuz:<br />

Versucht man die Wirkung des<br />

gleichschenkligen (griechischen)<br />

Kreuzes zu erfassen, so sind zuerst<br />

seine Bestandteile, die Horizontale<br />

und die Vertikale in gleicher Wertigkeit<br />

zu sehen.<br />

Mit unsere Körperhaltung können<br />

wir die emotionale Wirkung von Horizontale<br />

und Vertikale empfinden,<br />

sie ist im Stehen von Aktivität, im<br />

Liegen eher von Ruhe bestimmt.<br />

Die Waagrechte der ausgebreiteten<br />

25<br />

Arme lässt uns Weite empfinden,<br />

die Senkrechte im aufgerichteten<br />

Oberkörper kann ein Streben nach<br />

oben, nach Höherem, oder ein<br />

Empfangen aus höheren Dimensionen<br />

bewusst werden lassen und<br />

ausdrücken.<br />

Die Horizontale ist dem Horizont,<br />

der Erde, der Bühne des Lebens zu<br />

assoziieren, sie hat etwas Vereinendes,<br />

sie ist das tragende Element<br />

des Kreuzes. Die Vertikale<br />

verbindet Höhe und Tiefe, sie<br />

drückt Dynamik und Aktivität aus,<br />

auch ist ihr der Bezug <strong>zum</strong> Geistigen,<br />

Göttlichen zuzuordnen. Für I.<br />

Riedel enthält aber auch die Horizontale<br />

das Transzendente und<br />

zwar als Geistig-Religiöses im<br />

Raum der Welt. [2]<br />

Vielleicht können wir daher die Äußerung<br />

von Ingeborg Bachmann in<br />

ihren 'Frankfurter Vorlesungen'<br />

nachvollziehen:<br />

„Es gibt in der Kunst keinen Fortschritt<br />

in der Horizontalen, sondern<br />

nur das immer neue Aufreißen einer<br />

Vertikalen.“ [2]<br />

Horizontale Anordnungen sind uns<br />

angenehm und vertraut, bleiben<br />

letztendlich aber erdverbunden,<br />

haben etwas Ruhendes, Statisches.<br />

Die Vertikale erhebt uns,<br />

auch geistig, in neue Räume, erweitert<br />

unseren Horizont. Wir können<br />

damit unser Streben nach Hö-


herem und unser Gewahr-werden<br />

dieser Welten veranschaulichen.<br />

Die Verbindung von Horizontale<br />

und Vertikale aber ergibt, ausgehend<br />

von der Wirkung beider, eine<br />

neue Bedeutung.<br />

Das Kreuz kann Gegensätzliches<br />

zu etwas Neuem vereinen: So ist<br />

das gleichschenklige Kreuz in seiner<br />

Ausgewogenheit auch ein<br />

Symbol für die Ganzheit des Lebens.<br />

[2] Es veranschaulicht eine<br />

neue Sicht des Lebens unter Einbeziehung<br />

des Todes, der dabei<br />

seinen Schrecken verlieren kann,<br />

und es kann die Integration von<br />

Geistigem und Weltlichem beinhalten.<br />

Ausgehend von oben genannten<br />

Empfindungen zur Horizontalen<br />

und Vertikalen kann - im gleichzeitigen<br />

Miteinander beider- unsere<br />

Welt von Geist durchdrungen erfasst<br />

werden, oder wie unten zitiert,<br />

die Welt, die unsere Sinne erfassen,<br />

als „geistdurchwirkt“ erlebt<br />

werden.<br />

„Ein schönes Erlebnis dieser<br />

Durchdringung wäre das, was Rosenberg<br />

mit dem Ausdruck 'geistdurchwirkte<br />

Sinnenwelt' bezeichnet.“<br />

(ALFONS ROSENBERG:<br />

Kreuzmeditationen, München, 1976<br />

zitiert in [2]).<br />

Für Christen ist das Kreuz sowohl<br />

ein Symbol für das Leid und den<br />

Tod von Jesus Christus, gleichzeitig<br />

auch für dessen Auferstehung,<br />

die Erlösung im christlichen Sinne.<br />

Die Integration dieser beiden Aspekte<br />

gibt ihm eine neue Bedeutung,<br />

es wird für Christen zu ihrem<br />

religiösen Symbol und es wird zu<br />

einem „Symbol für das Christentum<br />

schlechthin“. Das gleichseitige griechische<br />

Urkreuz ist dem Radkreuz<br />

nachgestaltet, einem alten Feuer-,<br />

Sonnen- und Lebenssymbol. Das<br />

Christentum hat dieses Symbol für<br />

Jesus als dem „Licht der Welt“<br />

übernommen. Es war ursprünglich<br />

auch ein Symbol für den Menschen<br />

im Allgemeinen, für Christen dann<br />

für den Menschen Jesus Christus.<br />

Das lateinische Kreuz mit der überhöhten<br />

Vertikalen ist jüngeren Datums,<br />

noch später wurde der gekreuzigte<br />

Jesus hinzugefügt. [2]<br />

So ist die figurative Darstellung des<br />

Gekreuzigten in dieser Betrachtung<br />

nur von untergeordneter Bedeutung.<br />

Der elementare, archetypische,<br />

symbolische Aspekt der<br />

Kreuzform erscheint mir in diesem<br />

Zusammenhang bei weitem wichtiger.<br />

Der Bezug des Kreuzes zur Psyche<br />

soll noch näher betrachtet werden:<br />

Der Mensch muss seine Außenund<br />

Innenwelt verstehend erforschen.<br />

Für beides verwendete er<br />

seit Urzeiten elementare geometrische<br />

Grundformen. Im Äußeren<br />

26


sehen wir sie in der menschlichen<br />

Lebensumwelt und in der Architektur.<br />

Aber auch bei der inneren Suche<br />

halfen sie. Das Kreuz ist eine<br />

der „strukturgebenden Grundformen“,<br />

mit deren Hilfe der Mensch<br />

das Leben, aber auch sein Innenleben,<br />

seine Emotionen verstehen<br />

und bewältigen kann. [2]<br />

Zur psychischen Bedeutung des<br />

Kreuzes schreibt J. JACOBI: „Das<br />

Kreuz ist eines der wichtigsten<br />

Symbole der katholischen Kirche.<br />

Es beruht unter anderem auf psychischen<br />

Bedingungen, das heißt<br />

auf einem archetypischen<br />

Grundmodell, das tief in der menschlichen<br />

Seele verwurzelt ist.“ [3]<br />

Das Unbewusste kann, ebenso wie<br />

das Bewusste, Unbekanntes aufgreifen<br />

und verarbeiten. Mit Hilfe<br />

dieser „archetypischen Verarbeitung“,<br />

die instinktiv, vergleichbar<br />

der „ … Fähigkeit von Zugvögeln in<br />

Formation zu fliegen ...“ verläuft, ist<br />

dem Menschen im Laufe seiner<br />

emotionalen Entwicklung bis heute<br />

ein Instrumentarium zur Bewältigung<br />

psychischer Probleme geblieben.<br />

Da diese Archetypen tief in<br />

unserem Seelischen verwurzelt<br />

sind, können sie uns auch dort berühren,<br />

ansprechen und verändern.<br />

Denn: „Wenn ein Bild aber mit<br />

Emotionen geladen ist, gewinnt es<br />

an Numinosität (psychischer Energie);<br />

es wird dynamisch und hat<br />

zwangsläufig Wirkungen.“ [1]<br />

27<br />

So kann der symbolische Aspekt<br />

des Kreuzes aus psychologischer<br />

Sicht gesehen werden als eine Gestaltung<br />

des menschlichen Tiefenbewusstseins,<br />

deren psychische<br />

Energie dann wiederum Einfluss<br />

auf unser Inneres nimmt.<br />

Zum Abschluss des einen und zu<br />

Beginn des anderen Themas ein<br />

Zitat von LAMA ANAGARIKA GO-<br />

VINDA: „Die Ideen des Christentums<br />

würden nie die Welt so nachhaltig<br />

beeinflusst haben, wenn nicht<br />

der Kreuzestod Christi <strong>zum</strong> anschaulichen<br />

Symbol seiner Lehre<br />

geworden wäre. Auch ein Buddha<br />

hätte nie über seine Zeit und die<br />

Grenzen des indischen Subkontinents<br />

hinaus wirken können, wenn<br />

er nicht zur lebendigen Verkörperung<br />

seiner Lehre geworden wäre<br />

und wenn es ihm nicht gelungen<br />

wäre, die von ihm gefundenen<br />

Wahrheiten in plastischanschaulicher<br />

Form darzustellen.“<br />

[5]<br />

Zu Buddha-Darstellungen:<br />

Der Buddhismus verzichtete, ebenso<br />

wie das Christentum, in der ersten<br />

Zeit auf figürliche Darstellungen<br />

seines Lehrers. Ab dem<br />

1.Jahrhundert n.Chr. entstanden<br />

dann Plastiken unter Einfluss griechischer<br />

Kunst, die Arbeiten im<br />

Gandhara-Stil. Erst als aber in darauffolgender<br />

Zeit die Abbildung der<br />

historischen Persönlichkeit und die


eine Ästhetik zweitrangig wurden<br />

und versucht wurde die inneren<br />

Werte darzustellen, entstanden<br />

Werke mit beeindruckender Ausstrahlung,<br />

die die Fähigkeit zur religiösen<br />

Inspiration hatten. [5]<br />

Es war die „universelle Gestalt des<br />

Erleuchteten“, die nun dargestellt<br />

werden sollte, die Gestalt eines<br />

ganz gewordenen Menschen, der<br />

sich seiner göttlichen Natur bewusst<br />

ist und sie verwirklicht hat. [4]<br />

Diese Konzentration auf Inneres<br />

ließ Generationen von meditativ arbeitenden<br />

Menschen die Darstellung<br />

einer Verinnerlichung, Vergeistigung<br />

immer weiter verfeinern.<br />

So entstanden eine Steigerung der<br />

Aussage und Werke, die die Ausstrahlung<br />

eines vergeistigten, in<br />

sich ruhenden Menschen, die sein<br />

verändertes, gewandeltes Inneres<br />

in seinem Äußeren darstellten und<br />

die die, in jedem Menschen vorhandene<br />

und in den Buddhas verwirklichte<br />

Anlage zur Erleuchtung<br />

als figuratives Bild, als Kultbild, visualisieren<br />

[5], wobei hier mit „<br />

Buddha“ die Erleuchteten aller Zeiten<br />

gemeint sind.<br />

Es ist hierbei nicht ohne Bedeutung,<br />

dass der zur Vollkommenheit<br />

gelangte Mensch meist im Lotus-<br />

Sitz, in dem der Kreis der vitalen<br />

und psychischen Energien geschlossen<br />

ist [4], dargestellt ist,- ist<br />

die Meditation doch eine zentrale<br />

28<br />

spirituelle Übung des Buddhismus<br />

zur inneren Veränderung, zur geistigen<br />

Entwicklung.<br />

Diese Buddha-Darstellungen wurden<br />

nun zu „ … Symbole(n), in denen<br />

die höchsten Qualitäten des<br />

erleuchteten Geistes <strong>zum</strong> Ausdruck<br />

kommen … “ und sie können in den<br />

meditativen Übungen zur Vergegenwärtigung<br />

dieser Ideale, der<br />

Erleuchteten und deren geistiger<br />

Gegenwart dienen, wenn wir uns<br />

ihnen öffnen können. In der<br />

Vajrayāna - Meditation werden sie<br />

Impulse und Vorbereitung zur Entfaltung<br />

des inneren Schaubilds und<br />

haben besonders dadurch die Kraft<br />

auf unser Inneres zu wirken. Die<br />

verschiedenen Buddha-Figuren<br />

stellen unterschiedliche Eigenschaften<br />

des Buddha-Geistes dar,<br />

die auch als Anlagen in uns allen<br />

vorhanden sind. Sie sind Bilder<br />

meditativer Erfahrungen und wurden<br />

von den einzelnen Schulen o-<br />

der Lehrern ausgearbeitet und weiter<br />

entwickelt. [4]<br />

Diese meisten dieser in der Meditation<br />

gefundenen ikonografischen<br />

Formen des Mahāyāna-<br />

Buddhismus stellen archetypische<br />

Aspekte unserer Psyche dar, die in<br />

meditativen Übungen über Jahrhunderte<br />

erforscht wurden. [5] Die<br />

Konzentration unserer Übungen auf<br />

einen dieser Aspekte kann dann<br />

unsere meditative Arbeit für eine<br />

bestimmte Zeit werden.


Die geistige und künstlerische Entwicklung<br />

in einem Menschenleben<br />

ist zeitlich begrenzt. Es gibt künstlerisch,<br />

wissenschaftlich, spirituell<br />

Arbeitende, die in beachtlichem<br />

Umfang Bemerkenswertes geschaffen<br />

haben. Aber wie in der Natur<br />

selten Optimales ohne eine Evolution<br />

entsteht, so sind wir bei geistig,<br />

spiritueller Entwicklung auf die Erfahrungen<br />

und Erkenntnisse derer,<br />

die sich vor uns in den Bereichen<br />

beschäftigt haben, angewiesen und<br />

können diese darauf aufbauend für<br />

uns und unsere Zeit, vielleicht auch<br />

unsere Nachfolger für ihre Zeit,<br />

nutzen.<br />

Jahrtausendealte Religionen beinhalten<br />

auch noch für uns heutige<br />

Menschen Sichtweisen und Aspekte,<br />

die uns ansprechen, berühren<br />

und verändern können. Der Buddhismus<br />

beinhaltet Ethik, Psychologie<br />

und Spiritualität. Mit allen drei<br />

Bereichen beschäftigten sich die<br />

Menschen der unterschiedlichen<br />

Epochen und jeder Buddhist in seinen<br />

Übungen, um deren Bezug zu<br />

sich selbst zu finden. Der psychologische<br />

Aspekt scheint mir in unserem<br />

Raum und jetziger Zeit besonders<br />

wichtig.<br />

29<br />

Symbole entstammen unserer Psyche<br />

und können Einfluss auf sie<br />

nehmen, wirkten also seit langem in<br />

Bereichen, in denen heute auch<br />

Psychologie und Psychotherapie<br />

für uns bereit stehen. Mir erscheinen<br />

besonders die kollektiven<br />

Bilder, ein notwendiger Aspekt und<br />

Hilfen im Emotionalen, um uns<br />

Menschen zu heilen, wieder heil zu<br />

machen. LAMA GOVINDA nennt<br />

dies für den Bereich buddhistischer<br />

Meditation „empirische Psychologie<br />

meditativer Erfahrung“ [6].<br />

Für die unterschiedlichen Bereiche,<br />

mit denen der Mensch sich beschäftigt,<br />

hat er unterschiedliche<br />

Ausdrucksmöglichkeiten finden<br />

müssen, um <strong>zum</strong> Beispiel seine<br />

gedanklichen und emotionalen Erkenntnisse<br />

mitzuteilen. In manchem<br />

ist die Sprache der Logik nicht die<br />

richtige, etwa, wenn diese Erkenntnisse<br />

nicht mit Hilfe der Logik gemacht<br />

werden konnten und so sind<br />

gedankliche Konstrukte manchmal<br />

nur leere Hüllen. Bildhafte Sprache<br />

in Musik, Kunst und Symbole können<br />

uns vieles besser verstehen<br />

und erfahren lassen. Und bei der<br />

Arbeit mit archetypischen Symbolen<br />

können wir uns angeschlossen<br />

fühlen an dem Strom der Menschheitsentwicklung<br />

(Asaṅga 7).<br />

Religiöse Bilder und Symbole Bilder,<br />

die Bezug zu archetypischen<br />

Symbolen haben und deren bewusste<br />

Anwendung können auch<br />

im Rahmen unserer spirituellen<br />

Übungen für unsere Arbeit an einer<br />

inneren Veränderung, z.B. bei der<br />

Schaubildentfaltung, dem Sādhana,<br />

hilfreich sein. Wir können hierbei<br />

auf die Jahrhunderte alten medi-


tativen Erfahrungen bedeutender<br />

Lehrer zurückgreifen und mit deren<br />

überlieferten Erkenntnissen an unserem<br />

spirituellen Fortschreiten arbeiten.<br />

[7]<br />

Aus der schöpferischen Beschäftigung<br />

mit einer Religion können<br />

Werke entstehen, die die dabei<br />

erfahrenen Wahrheiten ausdrücken.<br />

Und „wenn diese gefundenen<br />

Erkenntnisse in der Kunst dargestellt<br />

werden, öffnen sie uns einen<br />

Weg, der zur Realisierung derselben<br />

führt.“ [5]<br />

Diese künstlerischen Aussagen in<br />

Musik, Dichtung, bildender und<br />

darstellender Kunst sprechen uns<br />

dann im Inneren an und können<br />

uns dort, unabhängig aus welcher<br />

Zeit und aus welchem Kulturkreis<br />

diese Arbeiten stammen, verändern,<br />

wenn ihre Sprache, nicht plakativ,<br />

sondern die der Symbole und<br />

Archetypen ist. Das Symbol bietet<br />

hierbei an Hand seiner Vieldimensionalität<br />

die Möglichkeit, die einseitige,<br />

die nur eine Seite berücksichtigende,<br />

Logik zu ersetzen. Dabei<br />

eröffnen sich neue Dimensionen<br />

der Wahrnehmung und Wege<br />

zur Erkenntnis höherer Dimensionen.<br />

[4]<br />

In der Meditation als dem spirituellen<br />

Übungsweg des Buddhismus<br />

ziehen wir unsere Aufmerksamkeit<br />

von Äußerem ab und lenken sie<br />

nach Innen. Hier können wir mit einen<br />

unserem Bewusstsein nicht<br />

zugängigem Teil unserer Psyche,<br />

dem Unbewussten, konfrontiert<br />

werden, das sich mit Hilfe von Bildern<br />

und Symbolen äußert und angesprochen<br />

werden kann. Dieses<br />

Symbol reicht dann „ … in unbewusste<br />

Tiefen, denen wir uns mit<br />

seiner Hilfe ahnungsvoll nähern<br />

und dann erlebnismäßig dem Bewusstsein<br />

allmählich zuführen können.“<br />

[Asaṅga 8].LAMA GOVINDA<br />

zieht dem Begriff „Unbewusstes“ in<br />

diesem Zusammenhang den umfassenderen<br />

Begriff „Tiefenbewusstsein“<br />

vor, er nennt es „Bewusstsein<br />

der Tiefe“ [9]. Sein Satz „<br />

... die Meditation … ist das bewusste<br />

zielstrebige Sich-Annähern an<br />

jenen unermesslichen Erfahrungsspeicher<br />

… “ (des Tiefenbewusstseins)<br />

fasst die Bemühungen des<br />

buddhistischen spirituellen Weges<br />

zusammen. Ferner macht er deutlich<br />

in Bezug auf die Wirkungen der<br />

buddhistischen meditativen Übungen:<br />

„Die meditative Erfahrung des<br />

Buddhismus entwickelte ein ähnlich<br />

kompliziertes System sichtbarer<br />

Symbole (wie die Mathematik), die<br />

auf archetypische Formen oder<br />

Vorstellungsbilder zurückgehen, die<br />

sich im Laufe der Jahrtausende in<br />

der Tiefe des menschlichen Bewusstseins<br />

entwickelten und die in<br />

weiteren Jahrtausenden meditativer<br />

Praxis ihre Wirksamkeit bewiesen.“<br />

[4]<br />

30


Diese Wirksamkeit können wir auch<br />

heute noch erfahren und von ihr<br />

getragen werden. So ist unser spiritueller<br />

Weg einer, den wir in eigener<br />

Verantwortung selbstständig,<br />

aber nicht alleinstehend gehen,<br />

denn wir können von den Erleuchteten<br />

aller Zeiten Hilfe erhalten,<br />

wenn wir uns vertrauensvoll an sie<br />

wenden.<br />

Ein abschließender Vergleich der<br />

beiden Darstellungen kann ergeben:<br />

Der Christ kann über eine Figur von<br />

Jesus Christus, der dadurch, dass<br />

er Gott und Mensch in einem ist,<br />

dem Menschen näher, fassbarer<br />

ist, den Weg zu Gott – Vater finden.<br />

Der symbolische Aspekt des Kreuzes<br />

eröffnet hierbei innere Welten,<br />

das Seelisch – Psychische und so<br />

neben der intellektuellen eine weitere<br />

Wahrnehmungsmöglichkeit.<br />

Die Buddha-Darstellung gibt uns<br />

ein Bild des vollkommenen Menschen.<br />

Die Vielfalt der bildlichen<br />

und figurativen Abbildungen entfaltet<br />

hierbei die Möglichkeiten des<br />

menschlichen Inneren, an denen<br />

nun bewusst gearbeitet werden<br />

kann, um die Ganzheit, Vollkommenheit<br />

zu erreichen.<br />

Der Buddhismus wäre aber keine<br />

Religion, würde er sich mit der<br />

bestmöglichen Verwirklichung des<br />

Menschen begnügen. Die zeitlebens<br />

innere Arbeit eines<br />

Mahāyāna-Buddhisten ist eine folgerichtige<br />

Konsequenz und eine<br />

zwingende Notwendigkeit des Boddhisattva-Gelöbnisses,-<br />

des Entschlusses,<br />

sein Denken, Fühlen<br />

und Handeln <strong>zum</strong> Wohle aller einzusetzen.<br />

Und ein weiterer, wichtiger Aspekt<br />

der Religionen, mit dem sich die<br />

Aussage der Darstellungen für mich<br />

in seiner Tiefe erst erschließt, ist<br />

die Hingabe, die Öffnung, die Aufgabe<br />

selbstbezogener Wünsche.<br />

Dann kann über das eigene Wohl<br />

das Wirken am Wohl aller beginnen.<br />

Für LAMA GOVINDA ist Jesus<br />

Christus einer der „erleuchteten<br />

Helfer der Menschheit“ [4]. Zu ihm<br />

kann der Christ mit Hilfe der Darstellungen<br />

in Beziehung treten.<br />

Der Buddhist kann an den Buddha-<br />

Darstellungen sein Menschenbild,<br />

das zur Vollkommenheit verwirklicht<br />

wurde, wahrnehmen und ihm sich<br />

annähern.<br />

Beide Darstellungen hätten aber<br />

nicht die Ausstrahlung, könnten uns<br />

nicht mit dem in Kontakt bringen,<br />

was beide Religions-Gründer hinterlassen<br />

haben, würde nicht in<br />

beiden deren „selbstlose Liebe“ [4]<br />

erinnerbar und spürbar.<br />

31


Verwendete Literatur:<br />

[1] C.G.Jung: Der Mensch und seine<br />

Symbole, 13.Aufl. 1981, Erstaufl. Olten<br />

1968<br />

[2] Ingrid Riedel: Formen: Kreis, Kreuz,<br />

Dreieck, Quadrat, Spirale, Stuttgart 1985<br />

[3] Jolande Jakobi: Vom Bilderreich der<br />

Seele, Olten 1969<br />

[4] Lama Anagarika Govinda: Schöpferische<br />

Meditation und multidimensionales<br />

Bewusstsein, Freiburg im Breisgau 1977<br />

[5] Lama Anagarika Govinda: Einsichten<br />

eines Pilgers im Himalaya, Münster 1993<br />

[6] Lama Anagarika Govinda: Das Buch<br />

der Gespräche, Bern 1998<br />

[7] Asanga in: Einführung in die Grundlagen<br />

buddhistischer Schaubildentfaltung,<br />

www.lama-govinda.de/Texte<br />

[8] Armin Gottmann / Asaṅga in: Der Kreis<br />

267, 1/2011<br />

[9] Lama Anagarika Govinda: Die psychologische<br />

Haltung der frühbuddhistischen<br />

Philosophie, Wien 1980<br />

32


BOTSCHAFT ZUM 60. JAHRESTAG DER GRÜNDUNG DES EUROPÄI-<br />

SCHEN ZWEIGES DES ORDENS ĀRYA MAITREYA MAṆḌALA<br />

Am 30. November 2012 besteht der Orden Ārya <strong>Maitreya</strong> Maṇḍala seit 60<br />

Jahren in Europa. Es war der Vollmondtag des November 1952, als in Berlin<br />

Hans-Ulrich Rieker, der zuvor in Indien persönlicher Schüler Lama Anagarika<br />

Govindas wurde, Lionel Stützer und Harry Pieper als erste Mitglieder im Westen<br />

initiierte. Zugleich proklamierte er die Schaffung des europäischen<br />

Zweigs.<br />

Seither strebt unser Orden nach dem Vorbild des Gründers Lama Govinda<br />

auch in Europa danach, das philosophische Erbe der buddhistischen Traditionen<br />

und die Praxis tantrischer Meditation unter dem Leitmotiv des liebenden<br />

Buddha <strong>Maitreya</strong> in den jeweiligen Bedingungen von Zeit und Ort fruchtbar<br />

werden zu lassen. Einiges ist dem Orden dabei gelungen.<br />

Der Rückblick auf sechs Jahrzehnte darf daher Anlass sein, dankbar jener zu<br />

gedenken, die <strong>zum</strong> Werden unserer Gemeinschaft des Herzens und des<br />

Geistes beitrugen. Zu Hans-Ulrich Rieker, Lionel Stützer und Harry Pieper<br />

traten in den fünfziger Jahren weitere Mitglieder, von denen Henry N. M.<br />

Hardy, Dr. Ernő Hetényi und Dr. Karl Heinz Gottmann, der spätere Ācārya,<br />

genannt seien. Durch sie und andere fand der Orden Ārya <strong>Maitreya</strong> Maṇḍala<br />

in vielen Ländern unseres Kontinents offene Ohren für seine Ideen sowie<br />

Mitglieder und Freunde.<br />

Doch erlebte unser Orden in Europa neben erbrachten Aufbauleistungen im<br />

Lauf der sechzig Jahre auch turbulente Phasen. Immer wieder war um Fragen<br />

zu ringen, welche Mittel und Wege angemessenen sind, um die Visionen<br />

unseres Gründers und seines Lehrers Tomo Geshe Ngawang Kalsang zu<br />

verwirklichen. Nicht jedes gewählte Mittel erwies sich als geeignet, und mancher<br />

eingeschlagene Weg mündete in Sackgassen. Doch solange wir offen<br />

für neue Erfahrungen und selbstkritisch bleiben, dienen auch weniger zielführende<br />

Entscheidungen dem konstruktiven Wirken, indem sie uns zur klareren<br />

Orientierung verhelfen.<br />

Lama Govinda hinterließ ein überaus reiches geistiges Vermächtnis. Es im<br />

vollen Umfang nutzbar zu machen, wird die innere Arbeit des Ordenzweigs<br />

noch lange beanspruchen. Auch nach sechzig Jahren ist vieles bei uns eher<br />

angelegt als entfaltet.<br />

Dennoch wollen wir das Wirken über unser <strong>Mandala</strong> hinaus nicht vergessen.<br />

Unser Gründer schrieb in seinem Buch Der Weg der weißen Wolken, dass<br />

33


sein Lehrer Tomo Geshe, dessen Inspiration dem Entstehen des Ordens half,<br />

„die Berufung fühlte, nicht nur seinem eigenen Volk und seinem eigenen<br />

Land die Lehren der Erleuchteten zu bringen, sondern auch der Außenwelt,<br />

ohne Unterschied der Rasse, Kaste oder Religion.“ In diesem Sinn haben wir<br />

immer neu nach unseren Grenzen zu forschen, sie zu erkennen und zu überschreiten.<br />

Wir wollen dabei bescheiden bleiben. Schon 1982, in seiner Botschaft<br />

<strong>zum</strong> 30. Jahrestag der Gründung des europäischen Ordenszweiges<br />

stellte Lama Govinda dessen Arbeitsweise unter die Devise: „Mehr sein als<br />

scheinen.“<br />

Wir danken allen Angehörigen und Freunden des Ārya <strong>Maitreya</strong> Maṇḍala in<br />

Europa, die in den sechs Jahrzehnten bis heute unseren Weg durch Mitwirken<br />

und Anteilnehmen, Unterstützung und Kritik begleiteten. Sei es <strong>zum</strong> Segen<br />

vieler!<br />

am Vollmondtag des 28. November 2012<br />

Dr. Armin Gottmann, Ācārya<br />

Renate Huf, Vajrācārya<br />

Manuela Steer, Darmācārya<br />

Prof. Dr. Robert Janssen, Ārya Kula Mahāsthavira<br />

Prof. Dr. Volker Zotz, Nayaka Sthavira<br />

34


NACHRICHTEN DES ORDENS UND DER GEMEINSCHAFT DES<br />

ĀRYA MAITREYA MAṆḌALA<br />

Deutschland:<br />

Am 03.11.2012 wurde Angela<br />

Schmitt nach erfolgreicher Kandidatur<br />

in den inneren Kreis (Orden)<br />

des Ārya <strong>Maitreya</strong> Maṇḍala<br />

aufgenommen. Sie erhielt mit der<br />

Einweihung und dem Segen der<br />

Gurus unserer Govinda-<br />

Traditionslinie den Ordensnamen<br />

Pāṇḍaravāsinī.<br />

Im Rahmen einer Einweihung in<br />

einen <strong>Maitreya</strong> Sadhana durch<br />

S.E. Dagyap Rimpoche bei der<br />

Buddhistischen Gemeinschaft<br />

Chöling Hannover hielt Asanga<br />

(Armin Gottmann) den Abendvortrag<br />

über das Thema, „Der künftige<br />

Buddha <strong>Maitreya</strong> als Verkörperung<br />

des Bodhisattva-Ideals“.<br />

Die Freundeskreise in Landshut,<br />

Pforzheim und Berlin begehen<br />

den 60. Jahrestag der Gründung<br />

des westlichen Zweiges des Ārya<br />

<strong>Maitreya</strong> Maṇḍala in diesen Wochen.<br />

Jahrestag ist der Novembervollmond<br />

(28.11.) der zugleich<br />

als <strong>Maitreya</strong>-Tag in buddhistischen<br />

Traditionen bekannt ist.<br />

Der kalendarische Gründungstag<br />

ist der 30.11. Unsere Mitglieder<br />

und Freunde werden gebeten, in<br />

diesen Wochen wenn möglich<br />

intensiv zu meditieren, eventuell<br />

auch mit dem Mantra des<br />

<strong>Maitreya</strong>.<br />

Österreich :<br />

Im Juli und August 2012 waren<br />

Mitglieder und Freunde des Ārya<br />

<strong>Maitreya</strong> Maṇḍala aus Europa in<br />

Ladakh unterwegs, wohin Lama<br />

Govinda schon 1933 eine Reise<br />

unternahm. Der Pangongtso, ein<br />

See an der indisch-tibetischen<br />

Grenze regte ihn damals als<br />

Künstler zu zahlreichen Gemälden<br />

an und inspirierte ihn auch<br />

im spirituellen Sinn. In seinem<br />

Buch "Der Weg der weißen Wolken"<br />

schrieb Lama Govinda: "In<br />

der großen Stille der unberührten<br />

Natur, fern von menschlicher Geschäftigkeit,<br />

unter offenem Himmel<br />

und umgeben von einer<br />

Traumlandschaft, deren Farben<br />

den Juwelenbergen eines mythischen<br />

Paradieses glichen, fühlte<br />

ich mich im Frieden mit mir selbst<br />

und der Welt. Seltsamerweise<br />

hatte ich nicht das Gefühl, 'einsam'<br />

zu sein in dieser gewaltigen<br />

Stille der Natur, und noch weniger<br />

verspürte ich die Notwendigkeit,<br />

mich anderen mitzuteilen.<br />

Es war, als ob mein Bewusstsein<br />

sich dermaßen ausgeweitet hätte,<br />

dass es die äußere Welt -<br />

Landschaft und Himmelsraum<br />

und Menschen - sowohl die gegenwärtigen,<br />

wie auch die, mit<br />

denen ich in der Vergangenheit<br />

35


verbunden gewesen war, einschloss.<br />

Ja mehr noch: die Vergangangenheit<br />

schien ungerufen<br />

in die Gegenwart hineinzuwachsen<br />

und sie zu durchdringen." Im<br />

Andenken an Lama Govinda und<br />

die inneren Erfahrungen, die er<br />

an diesem Ort vor 80 Jahren<br />

durchlebte, errichteten unsere<br />

Mitglieder am Ufer des Pangongtso<br />

einen Stupa aus Natursteinen.<br />

Foto: Birgit Zotz,<br />

Pangongtso See<br />

Ladakh<br />

36


VERANSTALTUNGEN DES ĀRYA MAITREYA MAṆḌALA<br />

Treffen und Seminare der Freundeskreise in Pforzheim und Landshut<br />

Termine unter www.lama-govinda.de und www.arya-maitreyamandala.de<br />

abrufen oder unter sekretariat@lama-govinda.de erfragen.<br />

Freundeskreis Pforzheim:<br />

Śantivajrahaus<br />

Stückelhäldenstr. 9<br />

75175 Pforzheim<br />

Freundeskreis Landshut:<br />

Kellerbergstrasse 29<br />

84032 Landshut<br />

Freundeskreis Berlin:<br />

Termine auf Anfrage<br />

Kontakt: vairocani@lama-govinda.de<br />

Seminar 2013 mit Asaṅga, Dr. Armin Gottmann<br />

Roseburg:<br />

Haus der Stille e.V.<br />

Mühlenweg 20<br />

21514 Roseburg<br />

Meditations- und Yogaseminar<br />

28.02. - 03.03.2012<br />

Mantrische Meditationsformen nach der Tradition des Ārya<br />

<strong>Maitreya</strong> Maṇḍala. Einführung und Anleitung mit verschiedenen<br />

buddhistischen Mantras. Zur Auflockerung und zur Ergänzung wird<br />

täglich ein Hatha-Yoga-Kursus von zweimal einer Stunde abgehalten.<br />

Dr. Armin Gottmann wurde zwei Jahre lang in der Yogaschule<br />

Lonowla, Indien, ausgebildet. Er ist Nachfolger des Ehrw. Lama<br />

Anagārika Govinda als spiritueller Leiter des Ordens und der Gemeinschaft<br />

Ārya <strong>Maitreya</strong> Maṇḍala.<br />

Anmeldung unter: www.hausderstille.org<br />

37


ĀRYA MAITREYA MAṆḌALA – VAJRAYĀNA SAṄGHA<br />

Der ĀRYA MAITREYA MAṆḌALA<br />

(ĀMM) wurde bereits 1933 von Lama<br />

Anagārika Govinda begründet mit dem<br />

Ziel der Entwicklung eines lebenspraktischen,<br />

gegenwarts- und zukunftsbezogenen<br />

Buddhismus, der die buddhistischen<br />

Traditionen der Vergangenheit<br />

mit den Erfordernissen unserer Zeit in<br />

Einklang bringt. Seit 1952 ist der ĀMM<br />

in Deutschland tätig und damit einer<br />

der traditionsreichsten deutschen buddhistischen<br />

Gemeinschaften.<br />

Der in Deutschland geborene Lama<br />

Anagārika Govinda (1898–1985) ist<br />

einer der bedeutendsten Pioniere des<br />

westlichen Buddhismus, dem es als<br />

„Brückenbauer“ gelang, die östlichen<br />

Weisheitslehren mit westlichem Denken<br />

und Empfinden zu durchdringen<br />

und so die Übertragung eines lebendigen<br />

Buddhismus auf unsere westliche<br />

Welt zu ermöglichen. Viele der heutigen<br />

Dharmalehrer haben ihre Inspiration<br />

und richtunggebende Impulse aus<br />

den Schriften Lama Govindas erhalten.<br />

Sein wohl bekanntestes Werk und spirituelle<br />

Autobiographie, „Der Weg der<br />

weißen Wolken“ hat zahlreichen Menschen<br />

den Zugang zu Spiritualität –<br />

gleich welcher Tradition – eröffnet.<br />

Der Gemeinschaft des Ārya <strong>Maitreya</strong><br />

Maṇḍala kann jeder beitreten, der sich<br />

<strong>zum</strong> Buddhismus bekennt. Wer sich in<br />

besonderer Weise der Tradition Lama<br />

Govindas zugehörig fühlt, kann nach<br />

einer Weiterbildung und Kandidatur<br />

Mitglied des inneren Kreises der Ge<br />

meinschaft werden.Der ĀMM bekennt<br />

sich zur Einheit des Buddhismus in der<br />

Vielfalt seiner Schulen. Dies findet unter<br />

anderem in der Pūjā (Andacht) seinen<br />

symbolischen Ausdruck: die Pūjā,<br />

die als sichtbar und hörbar gemachte,<br />

dramatisierte Form der Meditation verstanden<br />

wird, enthält Elemente der drei<br />

großen Richtungen des Buddhismus:<br />

des Theravāda, des Mahāyāna und<br />

des Vajrayāna. Um die liturgischmeditative<br />

Form und die Verbundenheit<br />

mit der buddhistischen Tradition<br />

über die Jahrtausende auszudrücken,<br />

wird sie im Wesentlichen in den Originalsprachen<br />

Pālī und Sanskrit zelebriert.<br />

Zentral für unsere Gemeinschaft<br />

aber stehen die grundlegenden Lehren<br />

des Vajrayāna Buddhismus und die<br />

Entwicklung von Methoden, diese für<br />

unsere Zeit fruchtbar werden zu lassen.<br />

Die meditative Schulung ist individuell,<br />

abgesehen von allgemeinen Grundübungen.<br />

Der Schwerpunkt meditativer<br />

Praxis liegt auf den Mantras und<br />

Sādhanas des indischen Mahāyāna<br />

und Vajrayāna.<br />

Lama Govinda übertrug 1982 Advayavajra<br />

(Dr Karl- Heinz Gottmann) die<br />

spirituelle Leitung des Ārya <strong>Maitreya</strong><br />

Maṇḍala. 1999 berief dieser Asaṅga<br />

(Dr. Armin Gottmann) zu seinem Nachfolger<br />

in die Ämter des Maṇḍalācārya<br />

und Vajrācārya Asaṅga ist daher allein<br />

zur Fortsetzung der Sukzession des<br />

Ārya <strong>Maitreya</strong> Maṇḍala ermächtigt.<br />

38


PUBLIKATIONEN<br />

Bücher Lama Anagarika Govindas<br />

in deutscher Sprache (Auswahl):<br />

Der Weg der weißen Wolken<br />

Neuauflage Januar 2013.<br />

Aquamarin Verlag 2013, Grafing<br />

(Spirituelle Autobiographie).<br />

Buddhistische Wege in die Stille<br />

Schöpferische Meditation und<br />

multidimensionales Bewusstsein.<br />

Aquamarin Verlag 2007.<br />

ISBN 978-3-89427-347-7.<br />

(Grundlagen der Vajrayāna-Meditation<br />

nach unserer Tradition).<br />

Einsichten eines Pilgers im Himalaya<br />

Dharma Publishing Deutschland 1993<br />

ISBN 3-928758-05-5<br />

Grundlagen tibetischer Mystik<br />

Aquamarin Verlag 2008.<br />

ISBN978-3-89427-469-6.<br />

(Grundlagenwerk unserer Tradition).<br />

In den weißen Wolken<br />

Verschollene Texte und Lehrreden.<br />

Nymphenburger 2008.<br />

ISBN 978-3-485-01153-2.<br />

(Einführung in Grundgedanken unserer<br />

Tradition).<br />

Leben im Geiste des Buddhismus<br />

Angkor Verlag 2006<br />

ISBN 3-936018-41-3<br />

Allgemeine Einführungen zur buddhistischen Meditations- und Lebenspraxis:<br />

Armin Gottmann: Reise <strong>zum</strong> inneren Licht<br />

Spiritualität für Anfänger<br />

Theseus Verlag 2009. ISBN 978-3-7831-9560-6.<br />

Volker Zotz: Mit Buddha das Leben meistern: Buddhismus für Praktiker<br />

Rowohlt Verlag 10. Auflage 2010<br />

ISBN 3-499-60586-4<br />

Diese Publikationen sind auch beziehbar unter:<br />

buecher@lama-govinda.de<br />

Kontaktadressen:<br />

Lama und Li Gotami Govinda Stiftung,<br />

und Ārya <strong>Maitreya</strong> Maṇḍala<br />

Stückelhäldenstraße 9<br />

75175 Pforzheim<br />

Telefon:<br />

E-Mail sekretariat@lama-govinda.de<br />

Internet: www.lama-govinda.de<br />

Dr. Armin Gottmann (Asaṅga),<br />

Acārya AMM<br />

E-Mail asanga@lama-govinda.de<br />

Renate Huf (Vairocanī),<br />

Vajrācārya AMM<br />

E-Mail vairocani@lama-govinda.de<br />

Manuela Steer (Cintayoginī),<br />

Dharmacārya AMM<br />

E-Mail cintayogini@lama-govinda.de<br />

Alexander Reichardt (Jayānanda),<br />

AMM<br />

E-Mail jayananda@lama-govinda.de

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!