Entstehung und Entwicklung kleinerer Städte

Archäologische Erforschung von Stadtwüstungen des 13 . Jahrhunderts in Böhmen 89
den Erdboden eingetieft, vom Eingang führten Treppen in den Innenraum .
Die Häuser nahmen eine Fläche von 9-20 qm ein. Der Holzbau war im wesentlichen
auf die Auszimmerung der Grubenwände mit Bohlen oder grob
bearbeiteten halbrunden Balken beschränkt . Ausnahmsweise können die Seitenwände
des Eingangs und eine der Seiten gemauert sein ; an das Mauerwerk
schließt dann die Holzkonstruktion an . Die Holzwände stützten Pfosten ab,
die in flache Löcher eingelassen waren . Firstträger, die eine einfache Dachkonstruktion
trugen, waren nach einem bestimmten System in den Fußboden
eingelassen . Nach der Anordnung der Pfostenlöcher setzen wir in allen Fällen
ein Satteldach voraus . Der Eingang war stets an der Giebelseite . Wo die Grubenhäuser
dicht bei dicht standen, ist mit einer ebenerdigen Bebauung nicht
zu rechnen. Zumeist waren die Grubenhäuser mit offenen Feuerstellen ausgestattet,
die oft von Gefäßgruppen gesäumt wurden .
Die Hausgrundrisse gruppieren sich in auffallend regelmäßigen Abständen
von 10 m um den freien Platz . Die Bebauung konzentriert sich im breiteren
Südteil der Landzunge auf der Fläche von 4 ha . Aus der Verteilung der Grubenhäuser
kann eine mehr oder weniger regelmäßige Gliederung des Siedlungskernes
abgeleitet werden ; die Grundstücke scheinen etwa 10 x 30 m zu
umfassen. Im ganzen kann die Anzahl der Wohnungen resp . der Grundstücke
auf 50 bis 60 geschätzt werden . Die Funde bezeugen, daß hier Schmiede, Bronzegießer,
Knochenschnitzer, vielleicht auch Schuster und Böttcher ihre Werkstätten
hatten . Diese waren, sofern sie nicht unmittelbar in Grubenhaus Platz
fanden, unter einfacher Überdachung im Bereich des Grundstückes untergebracht
. Handelstätigkeit ist für diese Siedlung hinreichend belegt, denn man
fand hier Klappwagen aus Bronze, dazu Gewichte und Bronzeplättchen mit
Brakteatenprägung, deren Funktion noch unklar bleibt . Sie werden entweder
als Brakteatenbüchsen oder als Blechstücke zum Ausgleich des Gewichts erklärt
. Es gibt aber auch die Möglichkeit, diese Kupferstücke, die heute aus
mehreren Fundorten (Most, Nymburk) bekannt sind, für die Prägungen der
Kleinmünze zu halten . Mit dem Handel hängt wahrscheinlich auch ein Depot
noch unbenützter Eisengegenstände zusammen, das man in einem eingetieften
Versteck unter dem Fußboden eines Gebäudes entdeckte . Der Hortfund
bestand aus 10 Keilhauen, 4 Kratzern, 4 Äxten und 1 Bohrer .
Die Gründung der Siedlung fällt in die Zeit des kulminierenden Landesausbaus,
anscheinend kurz vor der Mitte des 13 . Jahrhunderts . Ihre Bewohner
waren wahrscheinlich, zumindest teilweise, deutschsprachige Kolonisten . Die
angenommenen Beziehungen erhellen aus verhältnismäßig häufigen Funden
von Gegenständen, die in der heimischen Entwicklung keine Vorformen haben
. Das gilt für die Gruppe der rot bemalten Keramik, deren Technologie,
Formen und Verzierung in schwäbischen oder fränkischen Gebieten ihre Inspiration
hatten, die aber schon irgendwo in der Umgebung hergestellt wurde,
weil dieselben Werkstätten auch die übliche heimische Irdenware produzierten
. Die Anwesenheit deutscher Neusiedler bezeugt auch ein vergoldeter Silberring
mit der Inschrift HVDRVNTALR . Aus der Analyse des Fundgutes
sowie der Fundsituation (alle Grubenhäuser waren mehr oder weniger gleichzeitig,
in einigen wurden Spuren von Ausbesserung oder Umbau festgestellt)