Entstehung und Entwicklung kleinerer Städte

52 H . Losert
Jahr 1291 datiert. Es handelte sich dabei um das älteste datierte Fachwerkgefüge
Bayerns . Die Grabungen ergaben als ältesten Bau einen recht wehrhaften
Wohnturm mit Torzwinger (Stanzl 1991, S . 61) . In welcher Form der kleine
Adelssitz zusätzlich durch eine Außenbefestigung gesichert wurde, ließ sich
nicht eindeutig klären. Immerhin macht eine über längere Strecken nach Norden
zu verfolgende massive Mauer (Abb . 3 ; M2), die durch Keramik in das
späte 12 . oder frühe 13 . Jahrhundert datiert werden konnte (Heyse, Wintergerst
1991, S. 65, Abb. 74), wahrscheinlich, daß das feste Haus zu einer größeren
umwehrten Anlage gehörte, die man am ehesten als Variante einer kleinen
Niederungsburg ansprechen könnte . Über die ältere Nutzung des Platzes
konnten keine konkreten Angaben gemacht werden. Eine von der Umfassungsmauer
geschnittene Grube enthielt Keramik der Zeit vor dem 12 . Jahrhundert
. Im späteren Mittelalter kam es zu einem Nutzungs- und Bedeutungswechsel
. Das unmittelbare Umfeld des Baus wurde mit einer Kieselrollierung
gepflastert und durch eine Hofmauer eingefaßt (Stanzl 1991, S . 61) . Zu Beginn
des 17 . Jahrhunderts wurde der mittelalterliche Bestand durch Modernisierungen
stark verändert . Das Erdgeschoß wurde in einen Keller umgewandelt und
eingewölbt, da das Außenniveau durch Kultur- und Überschwemmungsschichten
gewachsen war . Der ursprüngliche ebenerdige, von der Stadt abgewandte
Zugang im Norden wurde vermauert und der Bau nach Süden umorientiert,
wobei man eine Außentreppe und ein neues Eingangstor (mit der
Jahreszahl 1617) errichtete (Stanzl 1991, S. 56, Abb . 61). Im Norden entstand
ein Wirtschaftsgebäude . Im 17 ., spätestens im 18 . Jahrhundert wurde die Umfassungsmauer,
vielleicht gleichzeitig mit der Zwingeranlage abgebrochen .
Die Untersuchungen waren geeignet, die bauliche Entwicklung eines Hauses
und den sozialen Wandel seiner Bewohner vom hohen Mittelalter bis in
die Gegenwart recht genau zu rekonstruieren. Solche erfreulichen Ergebnisse,
die in erster Linie auf interdisziplinäre Zusammenarbeit zurückzuführen sind,
sind in Bayern immer noch eine ausgesprochene Seltenheit . Im Vergleich zum
Aufwand, der hier zur Klärung der Baugeschichte getrieben wurde, muten die
archäologischen Untersuchungen jedoch etwas bescheiden an . So gelang es
auch nicht, für die Frühzeit die eigentliche Bedeutung dieses festen Hauses am
Rande einer kleinen Stadt genauer zu klären . Dazu wären wohl großflächigere
Ausgrabungen notwendig gewesen .
Burgkunstadt . Frühe Bemühungen um eine Kleinstadtarchäologie in Oberfranken
(Abb. 4) .
Burgkunstadt, Ldkr . Lichtenfels liegt am Obermain und hat etwa 6500 Einwohner.
827-851 wurde eine »villa Kunestat« erwähnt . Fraglich ist dabei, ob sich
diese Nennung auf Burgkunstadt oder auf das unmittebar benachbarte Altenkustadt
bezieht . 1059 wurde Burgkunstadt als »castrum Chunstat« im Zusammenhang
mit der Schenkung an die Bamberger Kirche erstmals genannt, 1096
als »urbs Chuonstat« erwähnt. Um 1325 erhielt der Ort das Stadtrecht (Müller,
J.B . 1984). Der Burgberg von Burgkunstadt nutzt eine markante Spornlage
am Südufer des Mains . Hier wurden schon seit Beginn der sechziger Jahre,