Entstehung und Entwicklung kleinerer Städte

Kleinstadte in Ostwestfalen-Lippe 275
z.B. in Hausberge a.d. Porta und PreuBisch Oldendorf am Wiehengebirge,
Lugde und Barntrup, der ostlippischen »Kunstlerstadt« Schwalenberg sowie
Horn am Teutoburger Wald, einem Luftkurort nahe den Extersteinen mit bedeutender
Holzindustrie, unmittelbar benachbart der nichtstadtischen Kurort-Gemeinde
Bad Meinberg.
So kann insgesamt unter den Kleinstadten eine groBe Vielfalt der Auspragungen
und physiognomischen Erscheinungsbilder konstatiert werden, die
noch erweitert wird durch die industrielle Komponente, die viele der groBeren
Kleinstadte in unterschiedlicher Auspragung und Vielseitigkeit pragt (z.B.
Rheda, Wiedenbruck, Versmold, Brackwede, Bunde, Lubbecke, Schotmar oder
das bereits erwahnte Horn). Auch Verkehrsfunktionen sind fur manche Kleinstadte
recht bedeutsam geworden (Bunde, Bad Oeynhausen, Lage u.a.).
Der Vollstandigkeit halber seien auch die Kleinstadte noch erwahnt, die am
Ende der Einwohnerskala rangieren und bei der Volkszahlung 1961 nicht einmall
000 Einwohner hatten (s. Tab. 2 unten). Vorden im Kreis Hoxter (926
Ew.) wird als Landstadtchen und Amtssitz im oberen Weserbergland charakterisiert,
in dem ein RenaissanceschloB und das nahe Kloster Marienmiinster
Sehenswiirdigkeiten darstellen, wahrend »das Zeitalter der Industrialisierung
spurlos voriibergegangen ist« (TEWES in »Die Stadte in Westfalen in geographisch-Iandeskundlicher
Sicht« 1965, S. 295). Das landliche ehemalige Klosterstadtchen
Gehrden (821 Ew.) im Brakeler Bergland, Kreis Warburg, entstand
nahe einem Benediktinerinnenkloster mit erganzendem Vorwerk und
war in erster Linie eine in Umwandlung begriffene Ackerbiirgerstadt mit Molkerei
und Bauschreinerei (MAASJOST in »Die Stadte in Westfalen in geographisch-Iandeskundlicher
Sicht« 1965, S. 107). Das in einer FluBschleife der
Weser an der Landesgrenze zu Niedersachsen gelegene Schliisselburg (641
Ew.) im Mindener Land wird als Titularstadtchen rein bauerlichen Geprages
mit Molkerei charakterisiert; aus der ehemals von den Mindener Fiirstbischofen
gegen die Grafen von Hoya angelegten Burg war ein privates Bauernmuseum
geworden (ROOK in »Die Stadte in Westfalen in geographischlandeskundlicher
Sicht« 1965, S. 269). Mehr oder weniger ahnliche Charakterisierungen
treffen fiir ca. 10-15 andere Kleinstadte mit iiber 1 000 bis
knapp 4 000 Einwohnern zu, die einer strategischen Position (z.B. PaBstadt
Borgholzhausen mit der nahen Ravensburg) oder einem kirchlichen Ansatz
ihren Ursprung und spater auch die Stadtrechte verdanken; auch im industriegepragten
Ravensberger Land trifft dieser Ansatz fiir deren kleinste Stadt
zu, die auf ein Stift zuriickgehende »Wittekindstadt« Enger (1961 Einwohner).
4. Die Kleinstadte in der Landes- und Regionalplanung - Stellung und Probleme
Die einer leitbildgerechten Raumordnung verpflichtete moderne Landes- und
Regionalplanung, die auf die Realisierung gleichwertiger Lebenschancen
ausgerichtet ist, orientiert sich nun weder an historischen Dimensionen mit
ihren z.T. nostalgischen Komponenten noch an GroBenklassen stadtischer
oder nichtstadtischer Siedlungen, sondern an Versorgungsfunktionen und de-