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Entstehung und Entwicklung kleinerer Städte

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232 M. Stercken<br />

Neben dem Markt <strong>und</strong> einigen wenigen nicht auf den Umschlagplatz bezogenen<br />

Gewerben hat vor aHem die Funktion als Durchgangsort <strong>und</strong> Hafen<br />

das Leben in Weesen bestimmt 83 • Dass die Schiffleute seit 1484 eine eigene<br />

Bruderschaft unterhielten, weist auf ihre besondere SteHung innerhalb der<br />

Bevolkerung hin 84 • Eine Sust erscheint 1564 im Besitze der Biirger 85 • Gasthauser<br />

sind fiir das 17. <strong>und</strong> 18. Jahrh<strong>und</strong>ert belege 6 • Soziale Einrichtungen wie<br />

Siechenhaus <strong>und</strong> Schule qualifizieren dariiber hinaus Weesens stadtische Pragung<br />

87 •<br />

Jeder naher beleuchtete Einzelfall tragt dazu bei, der Vielfalt von Siedlungstypen<br />

in der Ubergangszone zwischen voll ausgebildeter Stadt <strong>und</strong> Dorf neue<br />

Faszetten abzugewinnen. In den Darstellungen zu den <strong>Entstehung</strong>sschichten<br />

des schweizerischen Stadtewesens figuriert Weesen unter den abgegangenen<br />

Stadten des Mittelalters 88 • In gelehrten Werken <strong>und</strong> auf Karten des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

wird sein gegenwartig stadtischer Charakter beschrieben oder Weesen<br />

gar als Stadt begriffen. Die regierenden Landerorte fiihren es seit dem 15.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert unter den Begriffen 'Gemeinde' <strong>und</strong> spater 'Flecken', wahrend<br />

nicht-herrschaftliche Quellen es auch nach der Zerstorung zunachst noch als<br />

Stadt bezeichnen, also den Status des habsburgischen Weesen auf den neuen<br />

Ort projizieren. Die alte Stadt Weesen wird mit einigen wesentlichen stadtischen<br />

Rechten ausgestattet, das neue Weesen kann - abgesehen yom Befestigungsrecht<br />

- alle Privilegien der alten Stadt wahrnehmen. Als von seiner<br />

geographischen Lage her bedeutender Platz im Handelsverkehr iiber Biindnerpasse<br />

<strong>und</strong> Rheintal, aber auch als strategisch wichtiger Ort gegeniiber einer<br />

expandierenden Eidgenossenschaft wird es von den Habsburgern ausgebaut;<br />

das Interesse der regierenden Landerorte Schwyz <strong>und</strong> Glarus griindet vor allem<br />

in Weesens Rolle als Verteilerzentrum im iiberregionalen <strong>und</strong> regionalen<br />

Handelsverkehr, besonders im Salzhandel. Das Beispiel Wee sen fiihrt also<br />

nicht nur vor Augen, wie problematisch es ist, giiltige Aussagen zum Stadtstatus<br />

kleiner Stadte <strong>und</strong> stadtischer Siedlungsformen zu machen, sondern<br />

lasst auch klar werden, wie Siedlungsbezeichnung, Ausstattung mit Stadtrechten<br />

<strong>und</strong> stadtische Funktionen als Ausdruck sich verandernder politischer Interessen<br />

<strong>und</strong> herrschaftlicher Landesplanung miteinander korrelieren.<br />

83 Eine uberregionale Bedeutung als spezialisiertes Handwerk kam Ende des 16. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

offenbar lediglich der Glasmalerwerkstiitte Weiss zu; Anderes, Kunstdenkmiiler, S. 299; einen<br />

Namen hatte auch der Weesener Wein, fUr den die Burger der Herrschaft zehntpflichtig waren<br />

vgl. Rechtsquellen Nr. 348, S. 475, Nr. 357, S. 493; Zwar haben in Weesen periodisch Viehmiirkte<br />

stattgef<strong>und</strong>en, doch war Weesens Bedeutung als Absatzmarkt fUr Produkte aus dem agrarischen<br />

Umland gering; vgl. Schiesser, Kulturlandschaftsgeographie, S. 54; Bartel/Jenny, Glarner<br />

Geschichte, S. 846.<br />

84 Rechtsquellen Nr. 304, S. 414.<br />

85 Rechtsquellen Nr. 314, S. 431.<br />

86 Schiesser, Kulturlandschaftsgeographie, S. 125ff.<br />

87 Anderes, Kunstdenkmiiler, S. 368f., 383, 388; Gmur, Rechtsgeschichte, S. 14.<br />

88 Vgl. Abb. 1; Historischer Atlas, Blatt 17; Ammann, Stiidte der Waadt, S. 76.

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