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Entstehung und Entwicklung kleinerer Städte

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230 M. Stercken<br />

»burger« bezeichnet 69 oder die Urk<strong>und</strong>e, welche die Appenzeller 1426 mit<br />

dem Kirchenbann belegt, in der Weesen 'oppidum' genannt wird 70 • Die regierenden<br />

SUinde Schwyz <strong>und</strong> Glarus sehen Weesen als »gemeind« <strong>und</strong> erst<br />

seit Mitte des 16. lahrh<strong>und</strong>erts setzt sich die Bezeichnung »Flecken« durch 71 •<br />

Wenngleich er schon frtiher in den Quellen auftritt, so scheint dieser Begriff<br />

in der Schweiz erst im 15. lahrh<strong>und</strong>ert 72 ublich zu werden. Edith Ennen sieht<br />

ihn als typisch frtihneuzeitliche Bezeichnung ftir mittelalterliche Freiungen,<br />

die nicht als 'MindersUidte' im Sinne Heinz Stoobs zu verstehen sind, sondern<br />

als durchaus eigenwertige, im Rahmen territorialpolitischer Zielsetzungen bewusst<br />

ohne Mauer <strong>und</strong> mit nur wenigen stadtischen Rechten ausgestattete<br />

Siedlungen zu gelten haben 73 •<br />

Die Bezeichnung Weesens als Flecken bedeutet zwar eine begriffliche<br />

Degradierung seines Status, das Burgerbuch jedoch, das die rechtlichen Verhaltnisse<br />

zwischen Herrschaft <strong>und</strong> U ntertanenort 1564 schriftlich fixiere4,<br />

verdeutlicht, dass Weesen von seinen Vorrechten her stadtisch bleibt. Die<br />

Rechtsordnung des Burgerbuches ist in weiten Teilen mit dem Landbuch des<br />

Gasters identisch, das wie oben angedeutet wurde, von der habsburgischen<br />

Herrschaft gewisse Privilegien zugestanden erhalten hat. Daneben erwahnt sie<br />

jedoch samtliche Privilegien <strong>und</strong> Vorrechte, welche die alte Stadt hat in Anspruch<br />

nehmen k6nnen: Abgesehen von Privilegien zur Befreiung von fremden<br />

Gerichten <strong>und</strong> zum Asylrecht oder der Zusage, nie ohne Wissen <strong>und</strong><br />

Zustimmung veraussert zu werden, tiber die auch die Landschaft Gaster verfugte,<br />

werden mit dem Burgerbuch die freie Pfarrerwahl, die Befreiung von<br />

Herrschaftssteuern, die freie Ratswahl <strong>und</strong> der stadtische Friedensraum sowie<br />

das Marktrecht, also Rechte der alten Stadt, vidimiert.<br />

Wenngleich genauer untersucht werden musste, inwieweit sich die rechtliche<br />

Situation der Weesener von derjenigen der Gasterlander unterscheidet, so<br />

kann man doch festhalten, dass Weesen auch als offene Siedlung einen<br />

Sonderstatus behalt. Nicht nur kann es, abgesehen yom Befestigungsrecht,<br />

samtliche Privilegien <strong>und</strong> Rechte der alten Stadt bewahren <strong>und</strong> beanspruchen,<br />

sondern auch seine besondere Funktion als Zentrum eines eigenen Amtes in<br />

der Landvogtei Gaster bleibt erhalten 75 • Das Burgerbuch als Verfassungsrecht<br />

war insofern fur Weesen von besonderer Bedeutung, als es einer Restauration<br />

seiner Rechte gleichkam: Denn wegen der Hinwendung zum neuen Glauben<br />

nach dem zweiten Kappeler Krieg 1532 waren ihm durch die Schwyzer auf<br />

lahrzehnte samtliche wesentlichen stadtischen Urk<strong>und</strong>en genommen <strong>und</strong> zerschnitten<br />

worden 76.<br />

69 VB Abtei St. Gallen Bd. 4, Nr. 2354.<br />

70 UB Abtei St. Gallen Bd. 5, Nr. 3333.<br />

71 Rechtsquellen, Nr. 300ff., S. 409ff.; vgl. Peyer, Markte, S. 247, 315.<br />

72 Peyer, Markte, S. 27.<br />

73 Ennen, Minderstadte, S. 85.<br />

74 Rechtsquellen Nr. 314, S. 428-447.<br />

75 Anderes, Kunstdenkmaler, S. 383; vgl. auch Thiirer, Geschichte Bd.l, S. 38; Gmiir, Rechtsgeschichte,<br />

S. 14, 159.<br />

76 Rechtsquellen Nr. 314, S. 428f.; vgl. Nr. 325, S. 455f.; vgl. Gmiir, Rechtsgeschichte, S.91f.;

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