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Entstehung und Entwicklung kleinerer Städte

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Stadt status <strong>und</strong> zentralOrtliche Funktion - Weesen am Walensee 227<br />

wurden Siedlungsspuren, we1che die Ingenieure der Linthgewasserkorrektion<br />

im 19. lahrh<strong>und</strong>ert festgestellt haben, durch archaologische Untersuchungen<br />

zum Teil bestatigt 48 : Gassen <strong>und</strong> Mauerf<strong>und</strong>amente von Hausern, die in unterschiedlichen<br />

Phasen des Siedlungsausbaus <strong>und</strong> zum Teil wohl schon vor<br />

1300 entstanden sind sowie Gr<strong>und</strong>mauern von Susten <strong>und</strong> Gew61be, die auf<br />

die Funktion der Stadt als Zollstelle hinweisen, wurden ebenso angeschnitten,<br />

wie Grenzmauern der Stadt zum See hin <strong>und</strong> wahrscheinlich Teile einer nordwestlichen<br />

Stadtmauer. Der Katalog zu den Kyburgerstadten gibt die Stadtgr<strong>und</strong>flache<br />

von Weesen zwar mit 160 x 270 m an 49 , tatsachlich aber ist dies<br />

nur ein Annaherungswert, der durch weitere Grabungen erst verifiziert werden<br />

muss. Wiirde sich diese Angabe als richtig erweisen, so konnte Weesen zu<br />

den grosseren kyburgischen (-habsburgischen) Stadt anlagen etwa in der Grossenordnung<br />

von Diessenhofen oder Burgdorf gezahlt werden, die im Spatmittelalter<br />

eine Bevolkerungszahl von jeweils ungefahr 400 Personen gehabt haben<br />

sollen 50 • Eine grosse Anzahl von Ofenkacheln, die auf dem Areal der alten<br />

Stadt gef<strong>und</strong>en worden sind 5 t, stammen aus dem letzten Viertel des 14. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

<strong>und</strong> lassen vermuten, dass Weesen urn die Zeit, in der es eine Reihe<br />

wichtiger Privilegien erwerben konnte, auch Bevolkerung anzog <strong>und</strong> einen<br />

<strong>Entwicklung</strong>sschub verzeichnete.<br />

Schriftliche <strong>und</strong> Sachquellen zusammengenommen lassen Weesen vor 1388<br />

tatsachlich als eine »ziemliche Stadt« erscheinen, als eine von Erscheinungsbild<br />

<strong>und</strong> einigen wesentlichen Rechten biirgerlicher Freiheit <strong>und</strong> Selbstverwaltung<br />

als Stadt gegeniiber dem landlichen Umland ausgewiesene Siedlung,<br />

die von den Habsburgern als Zollstelle, Umlade- <strong>und</strong> Umschlagplatz im iiberregionalen<br />

Verkehr, als regionaler Markt, als kleines Verwaltungszentrum <strong>und</strong><br />

als Grossburg gegeniiber einer ausgreifenden Eidgenossenschaft ausgestattet<br />

worden ist 52 •<br />

Die Frage danach, wer Weesen zerstort hat, ob die Weesener selbst oder die<br />

Eidgenossen, beantwortet die Ueberlieferung, je nach politischer Einstellung<br />

des Autors, unterschiedlich 53 • Die Zerstorung der Stadt Weesen ist letztlich<br />

Folge einer gespaltenen Haltung der Biirgerschaft, die teils den Eidgenossen,<br />

teils Habsburg zuneigte. Mit der Verlagerung der Kampfhandlungen in die<br />

48 auf den Fluren Staad, Kohlplatz <strong>und</strong> Rosengarten (Bezeichnung, die offenbar oft fUr Schlachtenfriedhofe,<br />

verlassene Siedlungen, Friedhofe, RichtpHitze u.a. verwendet wird); vgl. Anderes,<br />

Kunstdenkmaler, S. 306f.; Zusammenstellung der F<strong>und</strong>e bei der Kantonsarchaologie St. Gallen;<br />

Mitteilungen von Frau Dr. I.Gruninger, St. Gallen, sowie Bruno Huber <strong>und</strong> Xaver Bisig,<br />

Weesen.<br />

49 Stadte, S. 20f.; s. auch Keller, Grafen von Kyburg, S. 94.<br />

50 Vgl. Ammann, Diessenhofer Wirtschaft, S. 96; Vock, Kulturgeschichte, S. 4.<br />

51 Vgl. F<strong>und</strong>e Kantonsarchaologie St. Gallen.<br />

52 Ein weiteres Mosaiksteinchen zur Einschatzung von Wert <strong>und</strong> Bedeutung von Weesen konnte<br />

sich ergeben, wenn man die Satze, die seit Beginn des 14. lahrh<strong>und</strong>erts immer wieder bei der<br />

Verpfandung von Weesen eingesetzt werden, mit dem Pfandsatz fur andere Kleinstadte vergleichen<br />

wurde; Vgl. VB St. Gallen Slid Nr. 1115, S. 262ff.; Blumer, Vrk<strong>und</strong>ensammlung Bd. 1,<br />

Nr. 85, 103.<br />

53 Vgl. die vielfaltigen Schilderungen in zeitgenossischen Chroniken bei Blumer, Vrk<strong>und</strong>ensammlung<br />

Bd. 1, Nr. 104ff.; Gmur, Rechtsgeschichte, S. 6ff.; vgl. Rechtsquellen Nr.<br />

298, S. 408.

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