Entstehung und Entwicklung kleinerer Städte

178 R. Flückiger-Seiler
phase der Städtegründungszeit zugewandert sind . Anhand der vorhandenen
Urkunden und Urbare lässt sich folgender Vergleich ziehen : die Städte der
frühen Gründungszeit (vor 1218) zogen ihre Bewohner aus der weiteren Region
an : in Arconciel, der Gründung des späten 12 . Jahrhunderts, können
Einwanderer bis zu 30 Kilometer Distanz nachgewiesen werden (Abb . 11) . In
Vaulruz dagegen, 1316 und damit am Ende der Städtegründungszeit erbaut,
stammten die neuen Stadtbewohner nur aus einem Umkreis von höchstens 15
Kilometer (Abb . 12) . Durch die grosse Dichte an Stadtanlagen haben die
Kleinstädte deutlich an Attraktivität verloren, die Bauern wanderten in die
nächstgelegene Stadt und verwandelten diese zur landwirtschaftlich geprägten
Siedlung .
Städtegründer
Als Städtegründer traten in der Basse-Gruyere alle drei im Mittelalter tätigen
Hauptgruppen auf : Bedeutende Dynastenhäuser (die Grafen von Greyerz mit
Greyerz, La Tour-de-Treure und Corbieres II als »Einheimische« sowie die
Grafen von Savoyen mit Vaulruz und die Grafen von Neuenburg-Aarberg mit
Arconciel von aussen), einzelne kleine Grundherren ( die Herren von Ponten-Ogoz
sowie die Herren von Vuippens) und kirchliche Institutionen (der
Bischof von Lausanne mit Bulle) . Auffallend ist die grosse Anzahl der verschiedenen
Städtegründer : insgesamt sieben verschiedene Häuser waren in
diesem kleinen Raum aktiv . Sechs der zehn Stadtanlagen wurden durch einheimische
Städtegründer erbaut . Mit den Grafen von Neuenburg-Aarberg und
Savoyen sowie dem Bischof von Lausanne griffen aber auch drei auswärtige
Städtegründer auf das Gebiet zwischen Freiburg und Greyerz über (Abb . 13) .
Diese Feststellung zeigt das an diesem Gebiet und besonders am Becken von
Bulle bestehende grosse Interesse der westlich der Aare wirkenden geistlichen
und weltlichen Herrscher, das seit frühgeschichtlicher Zeit im Schnittpunkt
bedeutender Verkehrslinien lag . (FLÜCKIGER 1984, S . 264) .
Stadtrechte
In der Basse-Gruyere griffen drei verschiedene Rechtskreise ineinander : der
zähringische, der savoyische und der bischöflich-lausannische (Abb . 14) . Sie
widerspiegeln genau die gewichtigsten politischen Kräfte, die zwischen Freiburg
und Lausanne, also im Gebiet des mittelalterlichen Bistums Lausanne,
vom 12 . bis ins 14 . Jahrhundert um die Vorherrschaft kämpften : im Norden
die Stadtherren von Freiburg ( bis 1218 die Zähringer, bis 1277 die Kyburger,
dann die Habsburger) und im Süden seit dem 13 . Jahrhundert die Savoyer,
während die Schlüsselstellung im Becken von Bulle schon vor der Jahrtausendwende
von den Bischöfen von Lausanne eingenommen wurde .
In Arconciel (1220/25) und in Corbieres (gegen 1320/25) griff zähringisches
Stadtrecht sowohl in der Frühzeit als auch noch in der Endphase der Städtegründungszeit
in die Basse-Gruyere über . Das savoyische Recht hielt erst
sehr spät Einzug mit der Verleihung der Stadtfeste von Moudon an die