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Entstehung und Entwicklung kleinerer Städte

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Anfänge der kleineren <strong>Städte</strong> im früheren Herzogtum Luxemburg vor 1500 143<br />

V.<br />

Als letztes muß nun noch ein Merkmal unter die Lupe genommen werden,<br />

das lange Zeit als entscheidendes Stadtkriterium galt : die sog . Stadtfreiheit .<br />

Joset hat 1940 alle Orte, für die er einen Freiheitsbrief ausfindig oder wahrscheinlich<br />

machen konnte, als »villes« bezeichnet` . Altluxemburg hätte demzufolge<br />

mit über 200 <strong>Städte</strong>n das dichteste <strong>Städte</strong>netz Europas gehabt . Stadthistoriker<br />

wie Edith Ennen, Georges Despy, Jean-Marie Cauchies haben Josets<br />

falschen Ansatz längst zurückgewiesen"' .<br />

Tatsache bleibt, daß diese Orte eine besondere Rolle spielten . Die meisten<br />

waren nach der »Loi de Beaumont« befreit worden . Es besteht heute kein<br />

Zweifel mehr, daß diese Siedlungen aus landespolitischen Motiven gegründet<br />

oder gefördert worden sind 164 .<br />

Dabei konnten die Beweggründe <strong>und</strong> Absichten<br />

im Einzelfall durchaus unterschiedlich sein .<br />

In der Neugründung Avioth ging es offenbar vorrangig um die Niederlassung<br />

von Siedlern, die sich um die Rodung einer als dornenreich <strong>und</strong> wüst<br />

(inculti et spinosi) beschriebenen Landschaft <strong>und</strong> die Nutzung der Wälder<br />

kümmern sollten` . Im benachbarten, schon älteren Breux wird die Sorge um<br />

die Abwanderung der Einwohner in andere befreite Orte deutlich : nicht die<br />

Gründung einer Stadt leitete das Interesse des Grafen von Chiny, sondern im<br />

Gegenteil die Sorge, genügend Bauern auf dem Lande zu behalten 116 .<br />

Ähnliches<br />

läßt sich aus den Freiheitsbriefen von Florenville <strong>und</strong> Martue herauslesen"'<br />

. In anderen Fällen, so auch in Avioth <strong>und</strong> in Marville, ging es darum,<br />

die rechtliche Einheit eines zwischen mehreren Herren aufgeteilten Ortes herzustellen"<br />

$.<br />

Schließlich läßt die auffällige Häufung solcher befreiter Orte an der Grenze<br />

der Luxemburger bzw . Chinyscher Besitzungen gegenüber der Grafschaft<br />

Bar'6' keinen Zweifel daran, daß auch politisch-militärische Beweggründe eine<br />

wichtige Rolle spielten . Einerseits versuchte man durch die Verleihung von<br />

freiheitlicheren Siedlungsrechten, Einwohner aus dem Nachbarterritorium,<br />

etwa der Grafschaft Bar, abzuwerben, oder man mußte auf deren Verleihungen,<br />

die Siedler anlockten, mit entsprechenden Privilegierungen für die eigenen<br />

Orte reagieren .<br />

Andererseits sind die militärischen Pflichten der »befreiten« Bewohner in<br />

manchen Fällen nicht zu unterschätzen . In Beaumont selbst galt die Regel,<br />

162<br />

JOSET, Villes.<br />

163<br />

ENNEN, Neuere Arbeiten, S. 112f. ; DESPY, Villes, bourgades, S . 16 ; CAUCHIES, Loi de<br />

Beaumont en Hainaut, S. 191/202, Anm . 46 .<br />

164 Vgl . REICHERT, Raumerfassung, S . 299-304 ; ENNEN, Die sog. Minderstädte, S . 73ff ., 83ff.<br />

161<br />

WALRAET, Avioth, S. 82f.<br />

166<br />

WALRAET, Breux et Montmedy, S . 6ff .<br />

167<br />

PETIT, Florenville ; De REMONT, Martue .<br />

168WALRAET, Avioth, S . 83f. ; zu Marville : GIRARDOT, Deteriotation, S . 149f . ; MARGUE,<br />

Chäteaux et peuplement ; vgl . JOSET, Villes, S . 112 .<br />

169<br />

JOSET, Villes, mit Faltkarte ; LARETKAYSER, Entre Bar et Luxembourg, S. 183-204 ;<br />

REICHERT, Raumerfassung, S . 300ff. mit Karten 2a <strong>und</strong> 2b ; PAULY, Die Luxemburger <strong>Städte</strong>,<br />

S. 121 ff. mit Karte 2 .

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