Entstehung und Entwicklung kleinerer Städte

Ort, an dem seit der Merowingerzeit Münzen geprägt wurden . In der ersten
Hälfte des 10 . Jahrhunderts war Ivoix Zentrum einer Grafschaft, 973 verlieh
Kaiser Otto II. dem Bischof von Trier das dortige Zoll- und Münzregal . Der
Ort lieferte auch die Kulisse für mehrere Herrschertreffen im 10 . und 11 .
Jahrhundert . Das Interesse der Grafen von Chiny, deren Stammburg nordöstlich
an der Semois lag, konnte nicht ausbleiben . 1107 ist ihre Burg in Ivoix
erstmals belegt . Ganz ähnlich verlief die Entwicklung in Arlon und Bitburg,
die ebenfalls römische vici waren und im Frühmittelalter Zentren fränkischer
Grafschaften wurden, die schon früh Marktgelegenheiten beherbergten und
deren Burgen bis ins späte Mittelalter militärische Funktionen im Dienste der
Luxemburger Grafen ausübten'"' .
Von den Archäologen wird in letzter Zeit immer häufiger der Nachweis
römischer Siedlungsspuren auf dem Gebiet vieler Städte des Untersuchungsraumes
erbracht : In Echternach, Arrancy, Diekirch wurden villae ausgegraben,
in Vianden, Echternach und vielleicht in Luxemburg und Durbuy Reste
eines castellum spätantiken Ursprungs nachgewiesen, in Saint-Mard/Vieux-
Virton ein römischer vicus . Von Siedlungskontinuität kann außer in Echternach
(und vielleicht Diekirch) aber (noch) keine Rede sein.
Diedenhofen, Bastnach, Grevenmacher, Remich, Marville, Montmedy waren
genau wie Arlon, Ivoix, Bitburg, Echternach, Diekirch sicher zu fränkischer
Zeit besiedelt, meistens Zentren eines fiscus oder einer Grundherrschaft,
die in Abteibesitz überging, Diedenhofen war sogar königliche Pfalz.
In dieser frühen Phase hatten aber weder diese Orte noch die vorhin genannten
spätrömischen Kastellorte urbane Qualitäten. Eine Kontinuität mit der
späteren städtischen Entwicklung, die sie, wie die vici, erst den Maßnahmen
der Landesherren verdanken, wie oben gezeigt wurde, ist auszuschließen . So
konnte es gar einer Stadt wie Luxemburg, deren erste gesicherten Siedlungsspuren
ins 10 . Jahrhundert führen 160, deren erste städtische Funktionen nichtkirchlicher
Natur erst im 12 . Jahrhundert nachweisbar sind, gelingen, an Zentralität
und Bedeutung in wirtschaftlicher wie in politisch-administrativer
Hinsicht die älteren Zentren im 13 . Jahrhundert zu überflügeln' 6' . Welche
Anziehungskraft daraus für die Einwohner der Umgegend resultierte, geht -
bei allen methodischen Vorbehalten, mit denen solche Zahlen zu interpretieren
sind - aus den Bevölkerungszahlen des 14 . und 15 . Jahrhunderts hervor.
`s9 PAULY, Die luxemburgischen Städte, S. 130.
'6o KRIER, Römische Besiedlung, will neuerdings den archäologischen Nachweis erbracht haben,
daß »die Altstadt von Luxemburg in der Römerzeit besiedelt war« ; er denkt an eine »kleine
Straßenstation« an der Fernstraße Reims-Trier, die vermutlich im 4 . Jahrhundert zu einem
burgus ausgebaut wurde, der womöglich noch im Frühmittelalter bewohnt war . Die archäologischen
Funde - in der Hauptsache Münzen und einige Ziegel - lassen aber keinen sicheren
Zusammenhang erkennen ; außerdem ist zu fragen, ob eine statio und ein burgus als Siedlung
anzusprechen sind .
' 6 ' PAULY, Die luxemburgischen Städte, S . 158ff .