Entstehung und Entwicklung kleinerer Städte

13 8 M. Pauly
Und doch dürfte ein Ort wie Saint-Mard seine Existenz der Straße (und der
Grenze) verdanken, die von Metz kommend die alte Grafschaft Luxemburg
und ihr Zentrum südwestlich umging, um hier dann doch auf Luxemburger
Gebiet zu stoßen"' : Es war also nur natürlich, daß gerade an dieser Stelle, wo
die Grafen von Chiny und Luxemburg sich die Herrschaft teilten, von letzterem
unter dem Schutz eines befestigten Wachturms das Geleit erhoben wurde
(1255) '25 ; 1284 residierte auch ein Propst am Ort 126 .
Im 15 . Jahrhundert
wurde die Hebestelle zur zweitwichtigsten nach der hauptstädtischen ausgebaut"'
. Ein zusätzliches Motiv für die »ville neuve«-Gründung war zweifellos
die beabsichtigte Konkurrenz zum benachbarten Virton, wo der Graf von
Chiny allein das Sagen hatte '28 .
Doch außer dem frühen Nachweis als Pfarrzentrum'
29 sind vor dem 16 . Jahrhundert keine weiteren Zentralitätsmerkmale
zu erkennen . Als Stadt kann der nach der »Loi de Beaumont« befreite Ort '3o
nicht bezeichnet werden ; die Bevölkerungszahl ist im 14 .-15 . Jahrhundert
auch eindeutig rückläufig '3 ' . Der Aufstieg zur Stadt gelang eher dem etwas
südlicher gelegenen Marville, wo dieselbe Straße sich mit jener die von Verdun
nach Norden führte, kreuzte' 32 .
Eine Reihe von Siedlungen sind kaum zufällig an der alten Römerstraße
von Reims nach Trier entstanden` : Ivoix, Etalle, Arlon, Luxemburg, oder an
jener von Reims nach Köln, mitten durchs Ardennengebiet : Ivoix, Neufchäteau,
Bastnach, Sankt-Vith. In Arlon traf die Römerstraße auf die seit dem 12 .
Jahrhundert belegte Verbindung des mittleren Maastals mit dem Moseltal :
von Namur oder Huy über Marche bzw . Laroche und weiter über Bastnach
und Arlon nach Trier oder über Remich oder Schengen und Sierck nach Saarbrücken
und Straßburg oder von Luxemburg südlich nach Diedenhofen und
Metz . In Marche kreuzten sich zwei Straßen, die den Maasbogen von Namür
verkürzten und von Lüttich nach Reims bzw . nach Saint-Hubert, Virton und
Verdun führten . Luxemburg, Bastnach, Virton, Marche sind ohne Zweifel als
echte Knotenpunkte anzusprechen : die starke Zentralität der drei letztgenannten
Orte noch vor ihrer herrschaftlichen Förderung ließe sich so leicht erklären
. Interessanterweise entstand aber z.B . Bastnach nicht direkt an der
Straßenkreuzung, sondern etwas nordöstlich davon' 34 , ebenso wurden Houffalize
oder Avioth nicht direkt von der vorbeilaufenden Straße berührt .
124
NOEL, Localites gaumaises, S . 310 .
125
WAMPACH, UQB 111, 208 ; vgl . LARETKAYSER, Entre Bar et Luxembourg, S. 195 .
126
REICHERT, Raumerfassung, S . 267 .
' 27 YANTE, Routes, S . 56ff . .
128 WAMPACH, UQB 111, 228 (beabsichtigte Marktgründung) ; IV, 201 (Kontaktverbote für Mirger
aus Virton) .
129
MÜLLER, Dekanate, S . 172f .
13o
WAMPACH, UQB III, 139, 208, 275, 328.
131
GROB/VANNERUS, Denombrements, S. 90, 164, 524 ; NOEL, Localites gaumaises, S . 313 .
132
Zu Marville vgl. AIMOND, Marville ; GIRARDOT, Villes neuves, S. 347 ; ders ., Marchands ;
MARGUE, Chäteaux et peuplement.
133 Vgl . die Karten bei YANTE, Routes, S . 53 ; FANCHAMPS, Tonlieux, S . 215, 230.
134
DUPONT, Marche carolingien, S . 129 .