Entstehung und Entwicklung kleinerer Städte

Anfänge der kleineren Städte im früheren Herzogtum Luxemburg vor 1500 133
Bitburg" eine aus römischer Wurzel gewachsene Stadt ist, mit allen üblichen
Ausstattungen und zu Beginn des 14 . Jahrhundert mit möglicherweise 300
Haushalten, deren Zahl allerdings bis zu Ende des 15 . Jahrhundert auf unter
100 fiel", zählte Chiny gegen Ende des 15 . Jahrhundert weniger als 10 Haushalte'
°, was vom Deventer-Plan auch vollauf bestätigt wird, und man darf
fragen, was die 1301 genannten Märkte, die 1384-85 belegte Halle in Wirklichkeit
darstellten, seit die Grafen von Chiny ihre Residenz um die Mitte des
12. Jahrhunderts de facto, wenn auch nicht de iure nach Ivoix verlegt hatten" .
Ganz untergegangen war die kommerzielle Funktion des Ortes aber offensichtlich
nicht, denn 1403-04 zahlten die dortigen Lombarden immerhin
noch Abgaben92 .
Die Zentralitätsforschung steht demnach vor der Aufgabe, die schematische
Analyse der Zentralitätskriterien durch deren Gewichtung zu ergänzen .
Ganz kurz sei darauf hingewiesen, daß auch die Stadtmauer, die für viele
das Stadtmerkmal par excellence darstellt, in der Regel einer stadt- oder
landesherrlichen Initiative zu verdanken ist" . An viele Stadtrechts- oder
Marktverleihungen ist die Bedingung geknüpft, die Einnahmen zum Bau und
Unterhalt einer Stadtmauer zu verwenden94. Trägt die Mauer auch ohne Zweifel
zum typischen Stadtbild, zur städtischen Siedlungsdichte bei - obschon
diese Dichte nicht übertrieben werden darf, wie die Stadtpläne Jakobs von
Deventer aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zeigen -, so war die
Mauer für sich genommen kein Stadtmerkmal" . Die Burg Lomprez, die 1264
erstmals Erwähnung findet, war ein ummauerter Ort. Reste der »Stadt»mauer
sind bis heute sichtbar . Lomprez besaß auch zwei Jahrmärkte und eine Halle,
war Zentrum einer Kastellanei, am Dorfcharakter kann aber kein Zweifel
sein" . Seine Förderung durch die Grafen von Luxemburg - die genannten
Funktionen sind sicher nicht auf bäuerliche Initiativen zurückzuführen - verdankt
es wohl der Nähe zu Lütticher Gebiet .
Auch kleinere Herren, Vasallen der Grafen von Luxemburg, versuchten
ihre Orte zu befestigen und womöglich zu Städten auszubauen . Fels wurde
schon als Burgflecken angesprochen . Der Ort am Fuß der 1176 erstmals erwähnten
Burg war spätestens seit der Mitte des 14 . Jahrhundert ummauert",
aa Zu Bitburg siehe HILLEN, Bitburg ; MARGUE, Rayonnement urbain ; PAULY, Die luxemburgischen
Städte.
89
GROB/VANNERUS, Denombrements, S . 28/723, 70, 131, 511 .
9°
Ebd ., S . 90,165 ; NOEL, Localites, S . 313 ; LARETKAYSER, Entre Bar et Luxembourg, S. 227f.
9'
LARETKAYSER, a.a .O., S . 221-228 ; dies., Chiny au Moyen Age .
92
NOEL, Localites, S . 313 .
93 Da die Stadtarchäologie im Luxemburger Raum eher unterentwickelt ist, sind allerdings viele
Mauerreste bis heute nicht datiert . Zur Lage der Stadtarchäologie in Luxemburg vgl . das Dossier
in der Zeitschrift »forum« Nr . 143/April 1993, S . 21-49 .
94 Vgl . z.B . Diekirch (HERR, Freiheit und Verfassung, S . 14 ; die diesbezügliche Urkunde ist aber
nicht erhalten) ; Durbuy (PIROTTE/BERNARD, Durbuy, S. 131f.) ; Laroche (DE LEUZE, Laroche,
S . 116f . ; PETIT, Documents, S. 135f., Nr . 35a) ; Marche (BOURGUIGNON, Marche,
S. 2f., 214f .) ; Salm (LEJEUNE, Charte, S . 10f.) ; Ivoix (VANNERUS, Charte, S . 252ff.) .
95
ISENMANN, Die deutsche Stadt, S . 20f.
96
CUGNON, Lomprez; CHARNEUX, Foires et marches.
9'
ZIMMER, Chäteau, S. 17 . Schon der Freiheitsbrief von 1348 erwähnt den Bau einer Stadtmauer
(RIES, Affranchissement) .