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Entstehung und Entwicklung kleinerer Städte

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L. Enders<br />

Die Stadtherren von Brüssow, seit dem 14 . Jahrh<strong>und</strong>ert ein pommersches<br />

Geschlecht, die v. Ramin, gaben, im Gegensatz zum landesherrlichen Stadtherrn<br />

der großen <strong>Städte</strong>, ihren Sitz, ihre Burg in bzw. bei der Stadt nicht auf' .<br />

Sie waren immer präsent . Gleich ihren adligen Nachbarn auf den ländlichen<br />

Gütern übten sie die Gerichtsbarkeit über die Bürger aus, wollten sie mehr<br />

<strong>und</strong> mehr in die Untertänigkeit drängen <strong>und</strong> ihre Rechte beschneiden . Die<br />

Brüssower merkten das bald <strong>und</strong> leisteten Widerstand . Noch 1504 mußten die<br />

v. Ramin einen Vertrag mit den Bürgern abschließen <strong>und</strong> sich mit ihnen vergleichen<br />

. Sie erkannten das Stadtprivileg an, doch nicht ohne die Bürger zur<br />

Kasse zu bitten . Diese mußten der Herrschaft ihrerseits Zugeständnisse machen,<br />

darunter auch Dienste zum Gut, allerdings determiniert .<br />

Im Verlaufe des 16 . Jahrh<strong>und</strong>ert kam es wie überall in der Mark (auch in<br />

Nachbargebieten) zu rigideren Forderungen der Gutsherrschaft nach Vermehrung<br />

der Dienste, die bei anhaltender Agrarkonjunktur, jedoch hohen Gesindelöhnen<br />

<strong>und</strong> den Zwängen des Marktes die billigste Arbeitskraft darstellten<br />

(Enders 1988, S . 119-166, bes . S . 155f . betr. Brüssow) . Die Bürger Brüssows<br />

wehrten sich massiv, konnten einiges abwehren, mußten anderes einstecken .<br />

Der Konflikt mit der Herrschaft eskalierte in der zweiten Hälfte des 16 . Jahrh<strong>und</strong>erts,<br />

Brüssow wurde zum Schauplatz, doch nicht zum Objekt <strong>und</strong> Opfer<br />

der Ränke der v . Ramin <strong>und</strong> ihres Versuchs, die in Norddeutschland <strong>und</strong> im<br />

benachbarten Pommern grassierende Leibeigenschaft in ihre uckermärkischen<br />

Güter einzuschleusen . Dank der heftigen, unbeirrten Widerstandsaktionen<br />

der Bürger des kleinen Städtchens blieb ihnen dieses Schicksal erspart .<br />

Ihre gute wirtschaftliche Situation gab ihnen den materiellen Rückhalt zu<br />

aufwendigen Protesten <strong>und</strong> Prozessen .<br />

Was bürgerliche, persönliche Freiheit <strong>und</strong> Dienstbeschränkung betraf, gingen<br />

die Bürger als Sieger aus diesen Konflikten hervor ; was die bürgerliche<br />

Selbstverwaltung anging, blieben sie auf der Strecke, obsiegte der Stadtherr .<br />

Die Position des Bürgermeisters gab es nach 1600 nicht mehr, <strong>und</strong> in den<br />

Wirren des Dreißigjährigen Krieges <strong>und</strong> der Nachkriegszeit ging auch der<br />

städtische Rat als Institution zugr<strong>und</strong>e . Die Herrschaft über die Stadt nahm<br />

der adlige Richter wahr, die Ackerbürger hatten vor dem herrschaftlich eingesetzten<br />

Schulzen zu erscheinen wie Bauern im Dorfgericht . Erst im 18 . Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

setzten die Bürger durch, daß zwei aus ihrer Mitte die Funktion von<br />

Stadtverordneten ausübten, wie sie in anderen <strong>Städte</strong>n üblich war, zwar nicht<br />

im Sinne von Volksvertretern, aber doch von Mittlern zwischen Bürgerschaft<br />

<strong>und</strong> Stadtverwaltung . Da war die städtische Situation allerdings noch einmal<br />

gründlich verändert worden . Infolge Aussterbens oder Konkurs' der Ramin<br />

hatte Friedrich Wilhelm I . Gut Brüssow nebst Dorf Wollschow für den Kronprinzen<br />

Friedrich gekauft (1726) ; es wurde später dem landesherrlichen Domänenfonds<br />

zugelegt .<br />

Brüssow war nunmehr Amtsstadt. Das allein brachte noch keinen Zuwachs<br />

an städtischer Autonomie ; auch die landesherrlichen Mediatstädte sahen die<br />

5 Vgl . die zusammenfassenden Aussagen zu westdeutschen <strong>Städte</strong>n als Zentren der Gr<strong>und</strong>herrschaft<br />

bei Haverkamp 1983, S . 336f.

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