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Entstehung und Entwicklung kleinerer Städte

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104 M . Richter <strong>und</strong> T . Velimsky<br />

allem von einigen Historikern <strong>und</strong> Urbanisten, kann man mit dem Hinweis<br />

auf die Forschungsergebnisse in den Stadtkernen der lebendigen, bedeutenden<br />

<strong>und</strong> erfolgreichen Stadtgründungen entkräften . Die einfache Bebauung mit<br />

Grubenhäusern treffen wir ja auch in der Prager Altstadt, in der Nachbarschaft<br />

der gemauerten spätromanischen Häuser (Hrdlicka 1983) . Die Grubenhäuser<br />

bildeten auch den ganz überwiegenden Anteil in der Bebauung der<br />

Stadt Most, die im 13 . Jahrh<strong>und</strong>ert die erfolgreichste <strong>und</strong> am stärksten entwickelte<br />

Stadtgründung in Nordwestböhmen darstellt (Kläpste - Velimsky<br />

1992) .<br />

Spricht man von `diesen Grubenhäusern, so muß auch die Frage beantwortet<br />

werden, ob die Interpretation dieses Typus als des einfachen, einsam stehenden<br />

Hauses mit einem einzigen eingetieften Wohnraum richtig <strong>und</strong> eindeutig<br />

ist . Vor allem hier ist es nötig, den Begriff Grubenhaus mit der Eingangstreppe<br />

zu definieren . Es besteht nämlich ein markanter Unterschied zwischen<br />

diesem Typ von Grubenhäusern <strong>und</strong> den sog . Halbgrubenhäusern, bekannt<br />

in Böhmen <strong>und</strong> darüberhinaus in der ganzen slawischen Welt des Frühmittelalters<br />

(Velimsky 1991a) . Zwischen diesen beiden Typen existiert keine<br />

genetische Beziehung . Die tiefen Grubenhäuser mit der Eingangstreppe entwickelten<br />

sich im westmitteleuropäischen Raum, <strong>und</strong> in Böhmen erscheinen<br />

sie erst im 13 . Jahrh<strong>und</strong>ert . Sie gehören zu einem der markantesten Kennzeichen,<br />

die das Kolonisationsmilieu charakterisieren (Kläpste - Velimsky 1975<br />

<strong>und</strong> 1978 ; Richter 1982 ; Michna 1988) . Mit der Kolonisten verbreiteten sie<br />

sich bis nach Siebenbürgen ; sie fehlen sogar im 14 . Jahrh<strong>und</strong>ert nicht in den<br />

Stadtvierteln der deutschen Kaufleute in der rumänischen Walachei <strong>und</strong> Moldau<br />

(Velimsky 1993) .<br />

Von Bau- <strong>und</strong> Funktionsgesichtspunkten aus betrachtet, kann die Interpretation<br />

dieses eingetieften Objektes mit Eingangstreppe dabei keineswegs einseitig<br />

gesehen werden (Velimsky 1991a) . Dieser Typus bildet eigentlich ein<br />

Baukastenmodul, umfassend eine vielseitige Bau- <strong>und</strong> Funktionsausnutzung,<br />

sowie die Eingliederung dieser Baueinheit in kompliziertere Gebäudedispositionen.<br />

Diese Grubenhäuser konnten also - vor allem in den Stadtgründungsanfängen<br />

- als einzeln stehende einräumige Wohnungen dienen (sie wurden<br />

auch mit Feuerstellen ausgestattet), aber es existierten auch zweigeschossige<br />

oder turmartige Varianten (die letzte zum Beispiel als Bebauungskerne <strong>kleinerer</strong><br />

Adelsitze ; cf. Kläpste 1992) . Der eingetiefte Raum konnte auch durch eine<br />

weitere ebenerdige Bebauung ergänzt werden . Wahrscheinlich entwickelte<br />

sich auf diese Weise die Bebauung des bekannten Kolonisationsdorfes Pfaffenschlag<br />

bei Slavonice in Mähren, wo die primären Grubenhäuser später in<br />

den Gr<strong>und</strong>riß des dreiräumigen Hauses eingegliedert wurden ; sie übernahmen<br />

die Funktion der Kammer, worüber noch ein oberirdisches Geschoß als<br />

Speicher aufgebaut wurde (Nekuda 1975 ; gkabrada 1978) . Die Grubenhäuser<br />

könnten auch als selbständige Lager oder Werkstätten dienen, manchmal finden<br />

wir sie nach verschiedenen Umbauten als Keller (Most : Kläpste -Velimsky<br />

1992) .<br />

Über die Existenz der eingetieften Wohnungen bestehen auch sprachwissenschaftliche<br />

Belege . Die historische Semantik illustriert dabei sehr ausdrück-

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