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Entstehung und Entwicklung kleinerer Städte

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100 M . Richter <strong>und</strong> T . Velimsky<br />

wiese sind archäologisch frühestens ins dritte Viertel des 13 . Jahrh<strong>und</strong>erts zu<br />

datieren . Das korrespondiert gut mit der ersten Erwähnung der Stadt Decin in<br />

Schriftquellen aus dem Jahr 1283 . Aus der Urk<strong>und</strong>e folgt, daß die Stadt im<br />

Besitz des Königs Väclav 11 . war. Auf der Frauenwiese wurde eine Siedlung im<br />

Unfang von 7 ha festgestellt, deren Gründung mit einer ausgedehnten Regulierung<br />

des Wasserhaushaltes sowie mit der Anlage eines ganzen Teich- <strong>und</strong><br />

Wassergrabensystems verb<strong>und</strong>en wurde, was die Siedlung nicht nur vor Hochwassergefahr<br />

schützen, sondern auch ihre Befestigungsmöglichkeiten verbessern<br />

sollte . Schon dieser Umstand erinnert stark an ähnliche Stadtgründungen<br />

des Königs Premysl Otakar 11 . in Üeske Budejovice oder in Nymburk, worüber<br />

auch die Schriftquellen uns etwas besser informieren. Auf der Frauenwiese<br />

wurden Reste einer intensiven <strong>und</strong> regelmäßig gestalteten Bebauung<br />

entdeckt, bestehend in der ersten Phase aus Grubenhäusern, welche aber am<br />

Ende des 13 . Jahrh<strong>und</strong>erts durch weitere, vielgestaltigere Typen von Wohnobjekten<br />

ersetzt wurden, die eine längs gepflasterter Straße aufgereiht waren<br />

(Abb . 15-16) . Es handelte sich um oberirdische oder nur schwach eingetiefte,<br />

ein- oder mehrräumige Holzbauten, anscheinend in Kasten- oder Fachwerkkonstruktion,<br />

kombiniert mit steinernen Schwellen . Es fehlte aber nicht ein<br />

mit der Verwendung von Mörtel gemauerter Keller mit Tonnengewölbe <strong>und</strong><br />

mit einem Portal mit Steinfutter. Die Bebauung war durch ebenerdige Objekte<br />

leichter Pfostenkonstruktion ergänzt, offenbar für wirtschaftliche Zwecke<br />

(Scheunen, Speicher) . Es gab hier auch gemauerte Brunnen, Zisternen, Abfallgruben,<br />

Kuppelöfen <strong>und</strong> zahlreiche Gruben . Im südwestlichen Teil der Lokalität<br />

wurde der mittelalterliche Friedhof festgestellt. Daneben gelang es, die<br />

F<strong>und</strong>amente des frühgotischen Baues der Frauenkirche zu finden . Am überraschendsten<br />

war jedoch die Entdeckung der Reste der mächtigen, etwa 2 m<br />

starken <strong>und</strong> bis 2,5 m hoch erhaltenen Stadtmauer (Abb . 17) .<br />

Die Siedlung auf der Frauenwiese ist nach der archäologischen Datierung<br />

im dritten Viertel des 14 . Jahrh<strong>und</strong>erts untergegangen, existierte also etwa<br />

h<strong>und</strong>ert Jahre . Dieser Tatsache entspricht auch die Aussage der Schriftquellen,<br />

die im Jahre 1388 die Frauenkirche schon in antiqua civitate anführten . In<br />

dieser Zeit gründeten die Herren von Wartenberg, die im Jahre 1306 die Burg,<br />

die ganze Herrschaft <strong>und</strong> auch die Stadt beherrscht haben, eine neue Stadt<br />

nördlich der Burg, in der Lage der früheren Vorburg. Diese Stadt bekam aber<br />

nicht mehr alle Rechte des königlichen Vorgängers . Diese Rechte erhielten<br />

nur die Bürger, die aus der ehemaligen Stadt in die neue Gründung zogen . Die<br />

neue untertänige Stadt der Wartenberger hat dabei auch das ursprüngliche<br />

Stadtwappen mit dem böhmischen Löwen übernommen .<br />

Abschließend versuchen wir die Ergebnisse der Forschung über die erwähnten<br />

wüstgefallenen Lokalitäten kurz zu resümieren (Abb . 18) . Sie alle sind im<br />

Verlauf des 2 . <strong>und</strong> 3 . Viertels des 13 . Jahrh<strong>und</strong>erts entstanden . Außer Decin,<br />

wo die Besiedlung etwa ein Jahrh<strong>und</strong>ert gedauert hatte <strong>und</strong> wo man auch die<br />

stufenweisen Veränderungen der Bebauung verfolgen kann, existierten alle<br />

übrigen Lokalitäten nur kurz - maximal im Verlauf der Lebensdauer einer<br />

Generation - <strong>und</strong> haben eigentlich den Keimzustand der <strong>Entwicklung</strong> nicht<br />

überlebt . Es entsteht die Frage, ob das Bild, das durch die Erforschung dieser

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