Leseprobe I (PDF) - Michael Müller Verlag
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Landschaften<br />
24 Landschaften<br />
Die Isola Tavolara an der Ostküste bei Olbia<br />
Landschaften<br />
Der Reiseteil dieses Führers ist anhand der folgenden Landschaften gegliedert. Ihre<br />
Grenzen sind allerdings nicht exakt festgelegt, sondern fließend, meist geografisch,<br />
oft auch historisch und kulturell bestimmt.<br />
Gallura: Der äußerste Nordosten, Korsika liegt in Sichtweite. Vielgestaltige Felslandschaft<br />
aus bizarrem Granit, Korkeichen und grüner Macchia. Früher fast unbesiedelt,<br />
heute die wichtigste Tourismusregion der Insel – Prunkstück ist die Costa<br />
Smeralda, die legendäre Ferienhausküste des Aga Khan. Naturschönheiten findet<br />
man in großer Zahl, z. B. das vor Millionen von Jahren geformte Capo Testa, den<br />
vorgelagerten Archipel La Maddalena, die zahllosen Felsbuchten der Costa Smeralda<br />
und einige lange Sandstrände, z. B. bei Vignola und Porto Pollo, Letzteres der<br />
beliebteste Surfspot der Insel. Im Hinterland stellt die Korkbearbeitung den wichtigsten<br />
Wirtschaftszweig dar. Auch hier zahlreiche schöne Ziele, z. B. Tempio Pausania<br />
und das südlich anschließende Massiv des Monte Limbara.<br />
Anglona und Turritano: Das sich westlich an die Gallura anschließende Hügelland<br />
besitzt lange Sandstrände. Markantes Ziel ist Castelsardo auf einem vorspringenden<br />
Felsenkap mit Kathedrale, genuesischem Kastell und traditioneller Korbflechterei.<br />
Wichtigste Stadt im Hinterland ist Sassari, ansonsten kann man einige recht<br />
reizvolle Fahrten machen, z. B. zur Terme di Casteldoria und zu einigen pisanischen<br />
Landkirchen.<br />
La Nurra (mit Alghero): Der äußerste Nordwesten ist eine flache Steppenlandschaft<br />
mit Lagunenseen, im Westen abgeschlossen durch die Barriere der Nurra-Berge.<br />
Das Fischerdorf Stintino ist heute Anlaufpunkt für Jachtbesitzer, außerdem gibt es<br />
dort den kleinen, aber feinen Sandstrand Spiaggia di Pelosa und das wilde Capo del<br />
Landschaft<br />
en<br />
Landschaft<br />
en
Landschaften 25<br />
Falcone. Einige schöne Felsbuchten und Strände liegen im Südwesten Richtung Alghero,<br />
z. B. Argentiera mit einer einstigen Bergwerkssiedlung und Porto Ferro mit<br />
Sandstrand und Wildzeltmöglichkeiten. Dort f indet sich auch der einzige natürliche<br />
Süßwassersee der Insel, der Lago Baratz. Einen eindrucksvollen Gegensatz zum<br />
einsamen Nordwesten bietet die sich südlich anschließende Stadt Alghero, eine<br />
spanische Enklave mit hervorragend erhaltener Maueranlage, schönem historischem<br />
Stadtkern und kilometerlangem Sandstrand. Tourismus gibt es hier schon<br />
seit dem 19. Jh. und Alghero gehört heute zu den beliebtesten Zielen der Insel.<br />
Nördlich der Stadt liegt die Grotta di Nettuno, eine der größten Tropfsteinhöhlen<br />
der Insel, in Richtung Süden wirkt die Landschaft wild und ursprünglich.<br />
Logudoro und Meilogu: Südlich von Sassari liegt das zentrale Herzland des<br />
Nordwestens, wo sich die wichtigsten Straßen und Bahnlinien kreuzen. Die ausgedehnte<br />
Ebene mit ihren hügligen Randlandschaften lohnt den Besuch, weil hier einige<br />
der schönsten romanischen Kirchen der Insel gebaut wurden, u. a. die berühmte<br />
Santissima Trinità di Saccargia. Außerdem steht in dieser zentralen Verkehrsregion<br />
auch Santu Antine, die zweitgrößte Nuraghenburg der Insel. Ozieri ist<br />
ein malerischer alter Ort in extrem steiler Hanglage.<br />
Planargia: Die touristisch wichtigste Stadt Bosa liegt malerisch am Fluss Temo,<br />
darüber thront ein mächtiges Kastell, ein guter Sandstrand lädt zum Baden ein. Die<br />
Hochebene südlich und östlich von Bosa wird begrenzt von den Hängen des Montiferru,<br />
eines ehemaligen Vulkans, wo gutes Olivenöl produziert wird. Beliebtester Badeort<br />
ist Bosa Marina, gefolgt von Santa<br />
Caterina di Pittinuri und S’Archittu,<br />
am Nordrand der Sinis-Halbinsel. Im<br />
Hinterland ist San Leonardo di Siete<br />
Fuentes mit seinen üppig sprudelnden<br />
Mineralquellen ein beliebtes Ziel.<br />
Arborea: Im mittleren Westen Sardiniens<br />
erstreckt sich das Schwemmland<br />
des Tirso mit der weit ins Meer vorspringenden<br />
Sinis-Halbinsel. In großen<br />
Teilen ist sie steppenartig öde, aber<br />
auch eine Region reicher landwirtschaftlicher<br />
Tradition mit viel Weinanbau<br />
(Vernaccia). In den ausgedehnten<br />
Lagunenseen gibt es wertvollen Fischbestand<br />
und eine üppige Vogelwelt,<br />
u. a. nisten hier Tausende von Flamingos.<br />
Städtisches Zentrum ist<br />
Oristano, die jüngste Provinzhauptstadt<br />
Sardiniens. Am Nordrand der<br />
Sinis liegt der Sandstrand Is Arenas<br />
(mehrere Campingplätze), an der<br />
Westseite gibt es weitere weiße Sandstrände.<br />
Wichtigstes archäologisches<br />
Ziel ist die alte Punierstadt Tharros.<br />
Campidano: Die größte Ebene Sardiniens,<br />
ein breiter Gürtel von Oristano<br />
NURRA<br />
Alghero<br />
Porto<br />
Torres<br />
GALL URA<br />
A N G L O N A<br />
T UR R I T A N O<br />
L O G U D O R O<br />
Bosa<br />
A R B O R E A<br />
C A M P I D A N O<br />
I G L E S I E N T E<br />
Iglesias<br />
Sassari<br />
MEILOGU<br />
B ARB A G I A<br />
PLANARGIAGOCEANO<br />
S U L C I S<br />
Oristano<br />
S A R C I D ANO<br />
M A R M<br />
I L L A<br />
Olbia<br />
Nuoro<br />
B A R O N<br />
QUI R RA<br />
S ARR A B US<br />
I A<br />
OGL I AS T RA<br />
Arbatax<br />
Cagliari<br />
Villasimius<br />
Landschaften<br />
Landschaften
26 Landschaften<br />
bis Cagliari, ist touristisch weniger attraktiv. Seit dem Bau der Stauanlagen des Flumendosa<br />
wird sie intensiv landwirtschaftlich genutzt. Interessant ist jedoch ein Besuch<br />
in den Dörfern rund um den Monte Arci und in San Sperate, wo die Murales-<br />
Bewegung ihren Ausgang nahm.<br />
Iglesiente: uralte Bergbaulandschaft im Südwesten. Touristisch wenig entwickelt,<br />
aber mit einigen lohnenden Ziele für Individualreisende. Die wüstenhaft ausgeprägte<br />
Costa Verde bei Marina di Arbus besitzt die schönsten Dünenstrände der<br />
Insel. Ebenfalls reizvoll ist der Strand beim ehemaligen Bergwerksort Buggeru. Im<br />
Hinterland liegen verlassene Bergwerkssiedlungen und Stollenanlagen sowie einige<br />
unterirdische Höhlensysteme, die interessant für Speläologen sind.<br />
Sulcis: Der äußerste Südwesten Sardiniens besitzt ebenfalls eine reiche Bergbautradition,<br />
vor allem Kohle wurde hier abgebaut. Vorgelagert sind die beiden Inseln San<br />
Pietro und Sant’Antioco, von der die erstere weitaus lohnender ist. Die Einwohner<br />
Landschaften<br />
Daten, Zahlen, Fakten<br />
Größe: Sardinien ist die zweitgrößte Insel<br />
des Mittelmeers und Italiens (nach Sizilien)<br />
und die fünftgrößte Europas (nach<br />
Großbritannien, Island, Irland und Sizilien).<br />
Ihre Fläche beträgt 24.090 qkm, die Länge<br />
270 km, die größte Breite ist 145 km.<br />
Entfernungen: Sardinien ist vom italienischen<br />
Festland ca. 190 km entfernt,<br />
von Tunesien dagegen nur 180 km. Korsika<br />
liegt 12 km nördlich.<br />
Höchste Erhebungen: Der höchste Berg<br />
Sardiniens ist die Punta la Marmora mit<br />
1834 m (im Gennargentu-Massiv), gefolgt<br />
vom Nachbargipfel Bruncu Spina<br />
mit 1829 m. Nach den Monti del Gennargentu<br />
zweithöchstes Bergmassiv ist<br />
der Supramonte bei Nuoro mit 1463 m<br />
(Punta Corrasi). Der Monte Limbara in<br />
der Landschaft der Gallura im Nordosten<br />
Sardiniens erreicht 1359 m Höhe.<br />
Flüsse: Die längsten Flüsse sind der Tirso<br />
(150 km, mündet an der Westküste bei<br />
Oristano), der Flumendosa (120 km, mündet<br />
an der südlichen Ostküste bei Muravera)<br />
und der Coghinas im Norden. Wegen<br />
der großen Wasserarmut einzig schiffbarer<br />
Fluss ist der Temo auf 4 km Länge<br />
(von der Mündung flussaufwärts).<br />
Seen: Es gibt nur einen einzigen natürlichen<br />
See, den winzigen Lago Baratz<br />
nicht weit von Alghero. Dagegen wurden<br />
seit den zwanziger Jahren Dutzende<br />
teils großflächiger Stauseen angelegt,<br />
um die je nach Jahreszeit extrem<br />
unterschiedliche Wasserversorgung zu<br />
regulieren. Einige der größten Stauseen<br />
sind der Lago Omodeo, der den<br />
Unterlauf des Tirso staut, der Lago del<br />
Coghinas und der Lago di Flumendosa.<br />
Bevölkerung: Sardinien gehört zu den<br />
europäischen Regionen mit der geringsten<br />
Bevölkerungsdichte. 1,65 Mio. Menschen<br />
leben auf der Insel, mehrere hunderttausend<br />
Sarden sind in der Arbeitsemigration<br />
auf dem Festland (Italien,<br />
Mitteleuropa).<br />
Politische Gliederung: Seit 1948 ist Sardinien<br />
selbstständige Region (Land)<br />
der Republik Italien. Um den regionalen<br />
Unterschieden in Sprache und Kultur<br />
besser gerecht zu werden, ist Sardinien<br />
seit 2005 in acht Provinzen aufgeteilt<br />
(vorher vier): im Norden: Sassari<br />
(SS) und Olbia-Tempio (OT); in der Mitte:<br />
Nuoro (NU), Oristano (OR) und Ogliastra<br />
(OG); im Süden: Medio-Campidano<br />
(MD), Carbonia-Iglesias (CI) und<br />
Cagliari (CA).<br />
Städte: Inselhauptstadt und Regierungssitz<br />
ist Cagliari im Süden Sardiniens<br />
(160.000 Bewohner, mit Umland 400.000),<br />
zweitgrößte Stadt ist Sassari (130.000<br />
Einwohner), mit weitem Abstand gefolgt<br />
von Olbia (60.000), Alghero (43.000),
Landschaften 27<br />
sind Nachfahren genuesischer Kolonisten, der Thunfischfang ist die wichtigste<br />
Einnahmequelle. Sant’Antioco war schon von den Puniern besiedelt, erhalten ist eine<br />
große Nekropole.<br />
Cagliari: Die Inselhauptstadt liegt inmitten einer ausgedehnten Lagunenlandschaft,<br />
wo Tausende von Flamingos überwintern. Westlich der Stadt dominiert eine große<br />
Raffinerie, östlich dagegen der gut 8 km lange Sandstrand von Poetto. Das ummauerte<br />
Altstadtviertel Castello erstreckt sich mit langen, schmalen Gassen zwischen<br />
ehemaligen Prachtfassaden auf einem Hügel über der Stadt. Zum Anschauen lohnen<br />
u. a. die Citadella dei Musei mit dem Archäologischen Nationalmuseum, der<br />
Dom und das römische Amphitheater. Die Küstenstraße nach Villasimius (Richtung<br />
Osten) bietet herrliche Panoramen.<br />
Baronia: Der Küstenstreifen an der Ostküste südlich von Olbia bis zum weiten Golf<br />
von Orosei ist touristisch stark ausgebaut, es gibt viele lange Sandstrände und Badeorte,<br />
Landschaften<br />
Nuoro (36.000), Carbonia (30.000) und<br />
Iglesias (29.000).<br />
Regierung (il Governo): Gesetz gebendes<br />
Organ ist der sardische Landtag<br />
(Giunta regionale), der sich aus gewählten<br />
Vertretern der Provinzen zusammensetzt.<br />
Vorsitzender der Giunta ist der<br />
Presidente della Giunta regionale. Trotz<br />
eigenem Parlament besitzt die Regione<br />
Sardegna gegenüber der Zentralregierung<br />
in Rom kaum Entscheidungsspielraum,<br />
vor allem deshalb, weil alle<br />
Gelder von dort bewilligt werden.<br />
Wirtschaft: Traditionell spielt die Weidewirtschaft<br />
eine dominante Rolle. Beinahe<br />
30.000 Hirten weiden 3,6 Mio.<br />
Schafe, knapp 300.000 Ziegen und fast<br />
2 Mio. Rinder. Der weitaus größte Anteil<br />
des Bruttosozialprodukts wird aber<br />
im Dienstleistungsgewerbe erwirtschaftet,<br />
vor allem der Tourismus nimmt stetig<br />
zu. Acker- und Anbauwirtschaft stagnieren,<br />
die Landflucht ist vor allem im<br />
Inselinneren ausgeprägt. Industrie konnte<br />
auf Sardinien nur unter großen<br />
Schwierigkeiten angesiedelt werden<br />
(Fehlplanungen, Spekulation mit Staatsgeldern).<br />
Die wenigen Großbetriebe arbeiten<br />
erst nach der Streichung vieler<br />
Arbeitsplätze rentabel. Bedeutung haben<br />
heute lediglich die Aluminiumgewinnung<br />
von Portovesme (Sulcis) und<br />
die Raffinerie von Sarroch (Cagliari). Etwa<br />
16 % der arbeitsfähigen Bevölkerung<br />
sind arbeitslos (Jugendarbeitslosigkeit<br />
40 %!), vor allem in den strukturschwachen<br />
Gebieten des Inselinneren.<br />
Sassari<br />
Oristano<br />
Medio<br />
Campidano<br />
Carbonia<br />
Iglesias<br />
Olbia<br />
Tempio<br />
Cagliari<br />
Nuoro<br />
Ogliastra<br />
Die acht Provinzen<br />
Sardiniens
28 Geologie<br />
bei deutschen Gästen am beliebtesten ist San Teodoro. Über Posada throntein verfallenes<br />
Bilderbuchkastell, bei Santa Lucia erstrecken sich lange Pinienwälder hinter<br />
dem Strand. Der Golf von Orosei besteht zum großen Teil aus wilder Steilküste, jedoch<br />
mit wunderschönen eingelagerten Sandbuchten, die von Cala Gonone mit Ausflugsbooten<br />
zu erreichen sind. Auch die zweite bekannte Tropfsteinhöhle Sardiniens, die<br />
Grotta di Bue Marino, findet man hier. Südlich von Dorgali durchquert die SS 125 bis<br />
Baunei eine überwältigende Gebirgslandschaft – eine der schönsten Strecken der Insel.<br />
Ogliastra: Annähernd runde Tiefebene um Tortoli und Arbatax. Ringsum steigen<br />
die Berge steil an und bieten herrliche Panoramablicke. Lange Sandstrände liegen<br />
bei Santa Maria Navarrese und südlich von Arbatax, z. B. bei Torre di Bari. Arbatax<br />
ist Ausgangspunkt einer Schmalspurbahn tief ins Bergland und weiter nach<br />
Cagliari. Lanusei, Jerzu und Ulassai sind Bergorte in traumhafter Lage, bei letzterem<br />
liegt die Tropfsteinhöhle Grotta di Marmuri.<br />
Sarrabus: Die Südostecke der Insel, raues Bergland mit vielen Sandstränden und<br />
einer Lagunenlandschaft von eigenem Reiz. Die Costa Rei ist mit 10 km einer der<br />
längsten Sandstrände Sardiniens und besitzt eine große Ferienstadt. Bademöglichkeiten<br />
gibt es außerdem bei Torre Salinas und Porto Corallo. Villasimius in der äußersten<br />
Südostecke ist als Badeort vor allem bei Italienern beliebt, es herrscht aber<br />
auch viel Wochenendverkehr vom nahen Cagliari.<br />
Barbagia: Das zentrale Bergland der Insel. Ausgangspunkt und größte Stadt ist Nuoro.<br />
Die steile Felswand des Supramonte liegt in Sichtweite. Anlaufpunkt dort ist Oliena und<br />
die Kooperative darüber im Steineichenwald mit Übernachtungsmöglichkeiten und<br />
Ristorante. Orgosolo ist vor allem bekannt wegen seiner bewegten Geschichte als „Banditendorf“<br />
und wegen der herrlichen „Murales“, die fast alle Hausfassaden an der<br />
Hauptstraße schmücken. Weitere lohnende Ziele sind die Dörfer an den Hängen<br />
des Gennargentu-Massivs, das mit über 1800 m die höchsten Gipfel Sardiniens hat.<br />
Tonara, Desulo (mit schönen Trachten), Aritzo und Fonni sind die bekanntesten.<br />
Marmilla & Sarcidano: Südwestlich an die Landschaften der Barbagia anschließend,<br />
stellen diese beiden Regionen die Verbindung zum Campidano her. Vor allem<br />
interessant ist die flache Marmilla, ein traditionelles Kornbaugebiet mit busenförmigen<br />
Vulkankegeln und eigenartig abgeflachten Plateaubergen, den „Giare“. Auf<br />
der Giara di Gesturi weidet eine spezielle sardische Pferderasse. Bei Barumini kann<br />
man die größte archäologische Sehenswürdigkeit der Insel besichtigen, die Nuraghenburg<br />
Su Nuraxi samt umgebendem Dorf.<br />
Geologie<br />
Granit ist mir das liebste. Er ist so lebendig unter dem Fuß,<br />
er sprüht in seiner Tiefe. Ich liebe seine Rundungen<br />
und ich hasse die ausgezackte Dürre des Kalksteins,<br />
der in der Sonne brennt und verwittert.<br />
(D. H. Lawrence, Das Meer und Sardinien)<br />
Sardinien ist viel älter als Italien und hat mit der Apenninenhalbinsel wenig<br />
gemeinsam.<br />
Die erdgeschichtlich relativ jungen Gebirgsfaltungen des Tertiär, die vor 60 Mio.<br />
Jahren die Alpen und den Apennin hervorbrachten, haben sich auf Sardinien nicht<br />
ausgewirkt. Auf der Insel blieben die über 300 Mio. Jahren alte Gesteine des frühen<br />
Geologie<br />
Geologie<br />
Geologie
Geologie 29<br />
Geologie<br />
Felswildnis im Valle di Luna (Capo Testa)<br />
Erdaltertums (Paläozoikum) bestimmend, die unter extremen Hebungen und Faltungen<br />
eine raue, zerklüftete Steininsel entstehen ließen – Urgestein im Mittelmeer.<br />
Granit, Kalk und Vulkangestein machen den Großteil der Böden aus. Es gibt nur<br />
wenige wirkliche Ebenen, aber auch keine Hochgebirgsketten wie im benachbarten<br />
Korsika, mit dem Sardinien einst eine Einheit bildete. Sardinien besteht fast völlig<br />
aus Hügeln und Bergen. Mit tiefen Spalten, Grotten und wild verwitterten Felszinnen<br />
haben sich markante Erosionslandschaften entwickelt, die je nach vorherrschendem<br />
Gestein und erdgeschichtlicher Entwicklung ein höchst unterschiedliches<br />
Erscheinungsbild zeigen.<br />
Nordosten: besteht fast völlig aus Granit. Eine unglaublich formenreiche Klippenlandschaft<br />
aus übereinander getürmten Steinmassen, bizarr verwitterten Zacken-<br />
Im Auge des Hurrikans: erdbebensicheres Sardinien<br />
Wegen des Aufeinandertreffens der afrikanischen mit der euro-asiatischen<br />
Kontinentalplatte ist bekanntermaßen der gesamte Mittelmeerraum stark<br />
erdbebengefährdet. So kam es in jüngster Vergangenheit am italienischen<br />
Festland immer wieder zu heftigen Erdbeben, die schwerste Schäden verursachten<br />
(z. B. 1976 im Friaul, 1980 in Neapel, 1997 in Umbrien, 2009 in den<br />
Abruzzen). Auf Sardinien bebt die Erde dagegen nie, die Insel gilt unter<br />
Geologen als aseismisch, d. h. erdbebenfrei. Verantwortlich dafür sind die<br />
uralten und extrem dicken Basalt- und Granitschichten, aus denen das Fundament<br />
Sardiniens besteht.
Klima/Reisezeiten<br />
30 Geologie<br />
graten und erstaunlich weich gerundeten Felsblöcken, die sich im vorgelagerten La-<br />
Maddalena-Archipel fortsetzt. Vor allem die verschieden ausgeprägte Widerstandsfähigkeit<br />
des Granits hat im jahrtausendelangen Kampf mit Wind, Wetter und Meer<br />
die abenteuerlichsten Höhlungen und fantastische Modellierungen entstehen lassen.<br />
Der Anbau von Nutzpflanzen war hier seit jeher fast unmöglich, nur Korkeichen<br />
und karge Weide bedecken die archaisch wirkende Urlandschaft der Gallura.<br />
Westen (z. T. auch Norden und Osten): Vulkanische Gesteine prägen zum großen<br />
Teil das Bild – rotbrauner Trachyt, leuchtend roter Porphyr, Basalt und Lava bilden<br />
seit vorgeschichtlichen Zeiten erloschene Vulkankegel und Hochflächen, am eindrucksvollsten<br />
das Massiv des Montiferru nördlich der Sinis-Halbinsel. Von vielen<br />
kleinen Kegelvulkanen ist vor allem das Meilogu (südlich von Sassari) geprägt, während<br />
in der Marmilla abgeplattete Basaltplateaus<br />
mit beinahe senkrechten Abbruchrändern<br />
vorherrschen, die so genannten<br />
Giare. Der Vulkanberg Monte<br />
Arci südlich von Oristano ist als uralte<br />
Fundgrube für Obsidian bekannt. In der<br />
Jungsteinzeit stellte man aus diesem<br />
glasartigen, schwarzen Gestein erste<br />
Werkzeuge her.<br />
Vor allem Trachyt und Porphyr zeigen<br />
ähnlich eindrucksvolle Verwitterungsformen<br />
wie Granit. Beste Beispiele: die<br />
bröselige Porphyrlandschaft um Isola<br />
Rossa und die Costa Paradiso (Nordküste),<br />
der berühmte Trachytelefant<br />
von Castelsardo, vor allem aber die<br />
gigantischen Porphyrklippen am Kap<br />
von Arbatax (Ostküste).<br />
Erosionsverformte Granitlandschaft<br />
bei Palau im Nordosten<br />
Osten: Hohe Schiefer- und Dolomitkalkmassive<br />
überdecken den Granitgrund,<br />
entstanden im Erdmittelalter<br />
(Mesozoikum) durch Ablagerungen<br />
während lang dauernder Meeresüberflutungen.<br />
Die höchsten Berge Sardiniens<br />
haben sich hier aufgetürmt – die<br />
sanft gerundeten Schieferkuppen der<br />
Monti del Gennargentu, die steile Kalkwand<br />
des Supramonte, der beinahe weiße<br />
Monte Albo, die bizarr abgesägten<br />
Steilhänge und Felstürme der Ogliastra.<br />
Der Kalk ist ein typisches Karstgestein<br />
mit flachen, seitlich senkrecht abfallenden<br />
Tafelbergen, den so genannten tacchi, und schroff verwitterten Felstürmen, die<br />
tonneri genannt werden. Letztere Bezeichnung geht auf das vielleicht eindrucksvollste<br />
Beispiel dieser Verwitterungsform zurück, die fast senkrecht ansteigende<br />
Nordflanke des Monte Tonneri bei Seui (Südflanke der Monti del Gennargentu).<br />
Vor allem aber besteht der sardische Kalk aus gigantischen Schluchten, Spalten und
Klima/Reisezeiten 31<br />
Höhlen auf Sardinien<br />
Der karstige Kalk Sardiniens birgt mehrere hundert Grotten, die sich oft tief<br />
verzweigen und erst z. T. erforscht sind. Touristisch erschlossen sind nur einige<br />
von ihnen. Vor allem gewaltige Tropfsteingebilde machen ihren Reiz<br />
aus, z. B. in der Grotta di Ispinigoli bei Dorgali der größte bisher bekannte<br />
Tropfstein Europas. Die Grotta del Bue Marino in der Steilküste bei Cala<br />
Gonone wurde in Jahrmillionen durch unterirdische Wasserläufe ausgehöhlt<br />
und wird schon seit dem 19. Jh. von Reisenden besucht. Ebenfalls seit langem<br />
bekannt ist die Grotta di Nettuno am Capo Caccia bei Alghero. Noch<br />
nicht so lange für den Publikumsverkehr geöffnet sind dagegen die Grotta su<br />
Marmuri bei Ulassai, die Grotta su Mannau bei Fluminimaggiore, die Grotta<br />
Is Zuddas bei Santadi und die Grotta de is Janas bei Sadali. Zahlreiche<br />
Funde beweisen, dass die Höhlen schon von den vorgeschichtlichen Bewohnern<br />
der Insel genutzt wurden.<br />
Klima/Reisezeiten<br />
Höhlen – bis zu 300 m reichen die oft nur wenige Meter schmalen Schlünde in die<br />
Tiefe. Das Wasser der heftigen Regenfälle im Winter verschwindet oft spurlos in<br />
der unergründlichen Schwärze und tritt viele Kilometer entfernt vielleicht als<br />
Quelle wieder zutage. Ein markantes Beispiel ist die 276 m tiefe Voragine del Golgo<br />
auf dem Hochplateau über Baunei.<br />
Südosten: Hier tritt der harte Granit wieder voll in Erscheinung. Vor allem um Villasimius<br />
inkl. vorgelagerter Inseln (Isola Serpentara) türmen sich seine wilden Erosionsformen.<br />
Südwesten: Wegen ihrer reichen Mineralerz- und Braunkohlevorkommen waren<br />
die Landschaften des Iglesiente und Sulcis schon den Phöniziern ein Begriff. Sie<br />
und die folgenden Eroberer bauten vor allem Blei, Zink und Silber ab. Mussolini<br />
ließ die Reißbrettstadt Carbonia errichten, um sich mit dem Kohleabbau im Sulcis<br />
vom Ausland unabhängig machen zu können. Doch die unrealistischen Pläne des<br />
Duce und seiner Schwarzhemden scheiterten an der geringen Brennkraft der sardischen<br />
Kohle. Bergwerksruinen sind heute die unübersehbaren Zeichen dieser<br />
Fehlplanung.<br />
Klima/Reisezeiten<br />
Trotz ausgeprägt mediterranem Klima ist die sardische Saison kurz. Nur von<br />
Mitte Mai bis Ende September herrscht Badetourismus. Während der April<br />
noch kühl und regenreich ist, kann bereits der frühe Oktober Temperatureinbrüche<br />
bringen. Generell ist es im Süden etwas wärmer als im Norden,<br />
auch die Niederschläge fallen geringer aus. In den Bergen ist es deutlich<br />
kühler und feuchter als an der Küste.<br />
Als schönste Reisezeit gilt der kurze Frühling im Mai, wenn die ganze Insel blüht. Die<br />
Luft ist mild, es gibt nur noch wenig Regen, das Meer ist aber noch sehr kühl (Mitte<br />
Mai öffnen die meisten Campingplätze, Hotels z. T. schon im April). Im Juni wird<br />
es schon recht warm, was sich bis zum Monatsende stetig steigert. Juli und August<br />
Klima/Reisezeiten
32 Geologie<br />
Sommer an der Südküste<br />
sind fast regenlos und bringen hohe Hitzegrade auf der ganzen Insel (bis 40 Grad im<br />
Schatten), im Süden durch den afrikanischen Scirocco besonders extrem. Gelb vertrocknete<br />
Schafsweiden und ausgedörrte Macchiahügel prägen das Bild, Flächenbrände<br />
vernichten ganze Quadratkilometer wertvoller Pflanzensubstanz. Viele Sarden<br />
flüchten jetzt aus der Bruthitze der Küsten in die Bergorte mit ihren kühlen Kastanien-<br />
und Eichenwäldern. In diese Zeit fällt die absolute Tourismusspitze, vor allem<br />
im August sind die Unterkünfte samt Campingplätzen überfüllt – wer jetzt vom<br />
Festland übersetzen will, sollte sich frühzeitig um Schiffstickets kümmern (→ Anreise).<br />
Cagliari (Meereshöhe)<br />
Ø Lufttemperatur<br />
(Min./Max. in °C)<br />
Ø Niederschlag<br />
(in mm),<br />
Ø Tage mit<br />
Niederschlag<br />
≧ 1 mm<br />
Fonni (1000 m ü. M.)<br />
Ø Lufttemperatur<br />
(Min./Max. in °C)<br />
Ø Niederschlag<br />
(in mm),<br />
Ø Tage mit<br />
Niederschlag<br />
≧ 1 mm<br />
Jan. 5,5 14,3 50 7 1,9 7,2 86 9<br />
Febr. 5,8 14,8 53 7 1,6 7,3 78 10<br />
März 7,1 16,5 40 7 3,0 9,5 72 9<br />
April 8,9 18,6 40 7 4,5 11,5 85 11<br />
Mai 12,4 22,9 26 4 8,8 16,7 60 7<br />
Juni 16,2 27,3 12 2 12,7 21,5 32 4<br />
Juli 18,9 30,4 4 1 16,3 25,8 12 2<br />
Aug. 19,6 30,8 76 1 16,5 25,7 16 2<br />
Sept. 17,1 27,4 35 4 13,4 21,5 50 6<br />
Okt. 13,7 23,1 53 7 9,8 16,4 74 9<br />
Nov. 9,3 18,3 58 7 5,8 11,2 95 11<br />
Dez. 6,6 15,4 49 7 3,3 8,5 91 8<br />
Jahr 11,8 21,7 428 61 8,1 15,2 750 88
Klima/Reisezeiten 33<br />
Ab Anfang September muss man mit Regenfällen rechnen, im Inland häufiger als<br />
an der Küste. Die zweite Septemberhälfte bringt schon ein spürbares Abflauen der<br />
Temperaturen, vor allem die Abende können klamm werden (Ende September<br />
schließen bereits fast alle Campingplätze, viele Hotels im Lauf des Oktobers). Der<br />
Oktober ist merklich kühler, das Meer aber noch badewarm. Die sardischen Winter<br />
sind regen- und schneereich, vor allem in den höheren Lagen – im harten Winter<br />
2001/02 fiel dort bis zu 1 m Schnee. Doch auch an der Küste bleibt der Schnee<br />
manchmal liegen, allerdings so selten, dass man noch im nächsten Sommer den<br />
Urlaubern stolz davon berichtet. Die meisten Badeorte sind in den kalten Monaten<br />
verwaist, sehr wenige Familien leben ständig in den Küstendörfern. Speziell an der<br />
Südküste kann es im Winter jedoch auch angenehm warme Tage geben, die so genannten<br />
secchi di Gennaio im Januar (wörtlich: die „Trockenen des Januar“, meist<br />
„Kleiner Sommer“ genannt).<br />
Klima/Reisezeiten<br />
Woher die Winde wehen<br />
Sardinien wird selten verschont. Aus jeder Richtung gibt es spezielle, z. T.<br />
heftige Winde, die das Inselklima prägen. Nicht von ungefähr gilt Sardinien<br />
als die beliebteste Windsurf-Insel im Mittelmeer.<br />
Während im Winter oft heftige Stürme toben, nimmt ihre Stärke zum Sommer hin<br />
kontinuierlich ab. Im gesamten Jahresvergleich sind Juni und August am ruhigsten.<br />
Maestrale: aus Nordwest. Der markanteste<br />
Inselwind, der als verlängerter Arm des<br />
Mistral übers Meer von Südfrankreich<br />
kommt. Im Extremfall orkanartige Böen, die<br />
jedes nachlässig vertäute Zelt aus der Verankerung<br />
reißen. Die steil nach Südost gedrückten<br />
Bäume an der Nord- und Westküste<br />
sind sein Werk. Mehr als drei Tage<br />
hintereinander bläst er selten. Als Surfanfänger<br />
sollte man dann sehr vorsichtig sein.<br />
Scirocco: der lähmende Gluthauch der Sahara<br />
aus Südost. Feuchtwarm und drückend<br />
prägt er im Sommer vor allem die Inselhauptstadt<br />
und den Südwesten. Im Campidano<br />
verstaubt er die hohen Dattelpalmen,<br />
den Menschen bringt er Kopfschmerzen.<br />
Ponente: kräftiger Wind aus Westen, jagt die<br />
Wolken weg und sorgt immer für klare Sicht.<br />
Libeccio: aus Südwest.<br />
Levante/Greco/Tramontana: aus Ost bis<br />
Nordost, z. T. recht scharfe Winde, die die<br />
Ostküste anblasen und von den dortigen<br />
Surfern bevorzugt werden.<br />
W<br />
SW<br />
N<br />
Tramontana<br />
Tramontana Tramontana<br />
Maestrale<br />
NW<br />
Greco<br />
NO<br />
Maestrale<br />
Greco<br />
Ponente<br />
Levante<br />
Maestrale<br />
Greco<br />
Ponente<br />
Ponente<br />
Libeccio<br />
Libeccio<br />
S<br />
Levante<br />
O<br />
Levante<br />
Scirocco<br />
Scirocco<br />
Ostro<br />
Ostro SO<br />
Libeccio<br />
Ostro<br />
Scirocco<br />
Sardische Windrose<br />
Wetterbericht und -vorhersage: www.sardinienwetter.com (deutsch) und<br />
www.sar.sardegna.it (italienisch).