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"Neuen Sozialstaats": Bürgerschaftliches ... - Doebler-online.de

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Joachim Döbler, <strong>Bürgerschaftliches</strong> Engagement 13<br />

<strong>de</strong>nburgischen Eberswal<strong>de</strong>, die sich "Toleranz" und "Courage" auf ihre Fahne geschrieben<br />

haben. Ihr Ziel ist es, <strong>de</strong>r rechten Alltagskultur konkrete Aktionen und<br />

Projekte entgegensetzen, in <strong>de</strong>nen Zivilität gelernt wer<strong>de</strong>n kann. Der DGB, so ist einem<br />

Zeit-Artikel vom Dezember 1998 zu entnehmen, hat Zuschüsse versprochen.<br />

Nun, woher nehme ich mein flottes Urteil. Ganz sicher nicht aus einer wie auch immer<br />

gelagerten Gesinnung, son<strong>de</strong>rn letztlich aus jenem aufgeklärten Kern, <strong>de</strong>r sich<br />

in <strong>de</strong>r Souveränität <strong>de</strong>s rechtsstaatsgeschützten Individualbürgers durchgesetzt hat:<br />

niemand wird ausgeschlossen. Gemeinschaften haben gegenüber staatlich generalisierten<br />

Ansprüchen <strong>de</strong>n entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Nachteil, daß sie Nicht-Mitglie<strong>de</strong>r ausschließen.<br />

Sie bieten nur "Solidarität unter Freun<strong>de</strong>n".<br />

Eine an<strong>de</strong>re Frage drängt sich auf: Ist Zivilität im Sinne von "Toleranz" mancherorts<br />

so weit heruntergekommen, daß sie in Gegenkulturen erst wie<strong>de</strong>r gelernt wer<strong>de</strong>n<br />

muß? Und wie stehen die Chancen dafür? Die Frage, welche Formen "Gemeinschaft"<br />

annehmen mag, fundamentalistische o<strong>de</strong>r liberale, beantwortet die Bremer<br />

Hochschullehrerein Sibylle Tönnies je<strong>de</strong>nfalls ernüchternd:<br />

"Im Gegensatz zu <strong>de</strong>n USA führt in Deutschland die Radikalisierung kommunitaristischen<br />

Gedankenguts historisch nicht in die prinzipielle Gleichberechtigung aller Menschen,<br />

son<strong>de</strong>rn in eine hierarchisch geglie<strong>de</strong>rte Gesellschaft." Und sie fährt fort: Der<br />

kommunitaristische Zeitgeist "ist noch immer gegen das staatliche Gewaltmonopol eingenommen,<br />

weil man sich zu viel von Bürgerbewegungen verspricht und <strong>de</strong>n Bürgerkrieg<br />

zu wenig fürchtet." (Tönnies, 19)<br />

Ein zweites Beispiel: Wenn sich Bewohner einer hübschen neuen Einfamilienhaussiedlung<br />

in Lohr, Einzugsgebiet Frankfurt, zu einer Fahrgemeinschaft zusammenschließen,<br />

so ist dies insofern bürgerschaftlich, als sie vielleicht <strong>de</strong>n Gemeinschaftsgedanken<br />

stärken und durch Verkehrsentlastung auch ökologische Verantwortung<br />

zeigen wollen. Und <strong>de</strong>nnoch: Ihre Siedlung ist eine von tausen<strong>de</strong>n, die in <strong>de</strong>n letzten<br />

Jahren entstan<strong>de</strong>n ist und somit beiträgt zum weiteren Flächenverbrauch, zur Zersie<strong>de</strong>lung<br />

von Landschaft und zur Zerstörung von Natur.<br />

<strong>Bürgerschaftliches</strong> Engagement bedarf also wenigstens <strong>de</strong>r staatlichen Flankierung:<br />

So wie im Bereich <strong>de</strong>r Flächennutzung bedarf es auch im Bereich <strong>de</strong>r Pflegeabsicherung<br />

einer staatlichen Strukturverantwortung, die das Abstraktum verallgemeinerungsfähiger<br />

Interessen zur Geltung bringt, die in Infrastrukturen <strong>de</strong>r Nachbarschaft<br />

rechtzeitig investiert. Hier helfen pastorale "Seid-nett-zueinan<strong>de</strong>r"-Kampagnen nicht<br />

weiter.<br />

In einem letzten Beispiel möchte ich Ihnen eine Gruppe von Eltern vorstellen, <strong>de</strong>r es<br />

durch kräftigen Medienwirbel gelingt, im gut situierten Hamburger Stadtteil Winterhu<strong>de</strong><br />

Mittel für eine autonome Kin<strong>de</strong>rtagesstätte locker zu machen - fernsehreif für N3.<br />

Ein schönes Beispiel für bürgerschaftlich Engagierte, die sich assoziieren, Verantwortung<br />

übernehmen, Öffentlichkeit herstellen, um sich ortsbezogen in Politik einzumischen.<br />

Gäbe es da nicht jene ärmeren Wohnquartiere in Billstedt o<strong>de</strong>r Harburg, in<br />

<strong>de</strong>nen an ein flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>s Angebot an Kin<strong>de</strong>rtagesplätzen nicht zu <strong>de</strong>nken ist.<br />

<strong>Bürgerschaftliches</strong> Engagement unterliegt, radikalisiert, zwei entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Gefahren:<br />

<strong>de</strong>r Umverteilung von unten nach oben und <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Exklusivität. Sie eröffnet

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