Sommer 2012 - Stadtgemeinschaft Tilsit eV - Landsmannschaft ...
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im Schatten die ‚Jungfrau‘ bestiegen.<br />
Von ihr und mir herzliche Grüße!“<br />
War damit das Thema meiner Geschichte<br />
gegeben? In einer Art Variante<br />
schrieb ich nieder: „Sonnenglut<br />
auf steiler Watzmannwand...“ Ich ließ<br />
Berchtesgaden in der Tiefe zurück,<br />
ließ das Blau des Königssees aufleuchten.<br />
„Sankt Bartholomä im einsamen<br />
Sonnenstrahl...“ Mehr wollte<br />
die rasch aufgeschlagene Landkarte<br />
nicht hergeben. Der Abstecher ins<br />
Österreichische, die letzte Rettung,<br />
missglückte, denn der Obersalzberg<br />
bot keine geschichtsträchtige Attraktion.<br />
Strich durch die Manuskriptseite.<br />
Sturmflut auf Norderney, las ich am<br />
nächsten Morgen in der Zeitung. Dort<br />
war ich vor Jahren gewesen. Das Fotoalbum<br />
musste herhalten. Zwischen<br />
Weststrand und Weißer Düne, Café<br />
Cornelia und Leuchtturm gab es...<br />
eine Menge Sand. Ebbe und Flut an<br />
der Nordsee, schließlich nichts Welterschütterndes!<br />
Wellen und Muscheln,<br />
wie überall am Meer. Wenn<br />
man Glück hatte, ein Seestern.<br />
Die Möwen nicht zu vergessen! Die<br />
unersättlichen Schnellstverdauer, die<br />
den Strand und dessen Inventar weiß<br />
punktieren, Fischerboote begleiten<br />
und umkehren, wenn es nichts mehr<br />
zu holen gibt. Über sie, fiel mir ein,<br />
hatte ich vor Jahren eine echte Feriengeschichte<br />
geschrieben. (Das<br />
Quellenstudium lohnt sich!) Salz- und<br />
Jodluft schließlich – passten weniger<br />
in die Geschichte. Bad der Rheumatiker,<br />
der Inhalierer und Wellenbader<br />
– der Kurprospekt gab wenig her.<br />
Zuletzt fiel mir der alte „Ausrufer“ ein,<br />
mit der Blechtrommel, der täglich<br />
den Badegästen verkündete, was<br />
sich in „Düne 38“ oder im „Strandkorb<br />
276“ ereignet und wie das Wetter<br />
am nächsten Tag bestimmt nicht<br />
werden würde. Noch rechtzeitig erfuhr<br />
ich, dass er vor ein paar Jahren<br />
das Zeitliche gesegnet hatte.<br />
Immerhin, in drei Tagen stand meine<br />
„Feriengeschichte“ auf dem Papier.<br />
Als Illustration dienten alte Möwenfotos<br />
aus meiner früheren, echten Feriengeschichte,<br />
die ich zum Glück aufbewahrt<br />
hatte. Das Motto stiftete<br />
Hemingway: „Er blickte über das<br />
Meer und sah, wie allein er jetzt war.“<br />
– Einsamkeit zieht immer. Wonach<br />
sehnt sich der Mensch in den Ferien?<br />
Einsamkeit verspricht Ruhe. Und<br />
statt des Erlebten die Vergleiche:<br />
Am Morgen Kahlberg. Rückkehr zur<br />
frischen Nehrung: Auch dort ließen<br />
sich Möwen auf Hände herab, um<br />
gierig nach Krumen zu greifen. Man<br />
sah sie greifen – auf dem Foto von<br />
einst, die Möwen von jetzt. Der Knabe<br />
baute Burgen aus Sand, schmückte<br />
ihre Zinnen mit Muscheln. – „Weites<br />
Land, loser Sand, Haffeswellen an<br />
das Ufer schellen...“ Ein Reim aus einer<br />
„Jugendsünde“, die ein Gedicht<br />
sein sollte, es aber nie wurde, nie<br />
war. Doch stimmungsvoll...<br />
Mittags: Georgenswalde. Samlandküste<br />
mit goldenem Bernstein. „Blinkfeuer<br />
über der Ostsee“ (Die Zeile war<br />
geklaut!). Wogen sollten sie „übersingen“:<br />
„Wehmutsvolle Klänge, fremd<br />
und doch vertraut...“ Kitschiger ging<br />
es wohl kaum...<br />
Am Abend Nidden. Sonnenuntergang<br />
über der Kurischen Nehrung, letzte<br />
Nacht in der Heimat. Emotionen wurden<br />
wach... „Junge, wo fliegen die<br />
Möwen hin? – Nach Hause, natürlich!“<br />
So muss man nun einmal schreiben<br />
für eine Mark und fünfzig pro Zeile,<br />
zumal wenn der Auftraggeber den<br />
Abendsegen mitbestellt hat.<br />
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