Sommer 2012 - Stadtgemeinschaft Tilsit eV - Landsmannschaft ...
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stützen, dass er in sein Geschäft zu<br />
Hause einstiege, doch lehnte der<br />
Sohn ab.<br />
Er war ganz Musiker und Theatermann.<br />
Der „Treudank“ forderte ihn<br />
völlig, musste er sich doch vor allem<br />
ein riesiges Repertoire von Grund auf<br />
neu aneignen, da alle zwei Wochen<br />
ein neues Werk einstudiert wurde<br />
und zur Aufführung gelangte. Noch<br />
nach 60 Jahren hatte er die Leharund<br />
Strauß- Operetten oder Lortzings<br />
Spielopern fest im Kopf, dass er sie<br />
zitieren konnte. In den vier Jahren in<br />
Allenstein war er als Jüngster des<br />
Ensembles sozusagen „Mädchen für<br />
alles“, wie schon gehabt in Wuppertal:<br />
bei 600 Aufführungen Korrepetitor,<br />
Ballet-Repetitor, Bearbeiter der<br />
Partituren, Hauskomponist und<br />
Chordirektor.<br />
Der Chor bestand aus je acht Damen<br />
und Herren, das Orchester aus rund<br />
20 Musikern, bedarfsweise verstärkt<br />
durch die recht guten Militärmusiker<br />
der großen Garnison. Die beschränkten<br />
Mittel erforderten den ganzen<br />
Einsatz des Kapellmeisters, ohne<br />
dass ihm die Freude am Tagesablauf<br />
verlorengegangen wäre. Trotz des<br />
knappen Salärs heiratete er am 1.<br />
Oktober 1934 seine Wuppertaler Jugendliebe,<br />
getraut in der Allensteiner<br />
Herz-Jesu-Kirche. Sein Vater gab<br />
ihm auf erfolgreiche Intervention seiner<br />
Mutter 1000,- RM zur Anzahlung<br />
der Möbel für die Zweizimmerwohnung.<br />
Sie selbst schenkte aus ihrem<br />
Vermögen dem noch recht jungen<br />
Paar das Geld für ein Klavier.<br />
Das Weiterkommen erwies sich für<br />
Wand als schwierig. Mit 1934 begannen<br />
die Jahre, in denen die Einflussnahme<br />
der NSDAP auch im Kulturbereich<br />
immer stärker wurde.<br />
22<br />
Trotz besserer Qualifikation und der<br />
schützenden Hand des Intendanten<br />
Theiling konnte er nicht die freigewordene<br />
Stelle des musikalischen<br />
Oberleiters besetzen, gehindert durch<br />
seine Weigerung, in die Partei einzutreten.<br />
Das hatte finanzielle Auswirkungen.<br />
Zu diesen materiellen Sorgen<br />
kamen jedoch für Wand die weit<br />
schwerer wiegenden begrenzten<br />
künstlerischen Möglichkeiten, so<br />
dass er nach 1938 einen Ortswechsel<br />
anstrebte. Der Schwerpunkt des<br />
Theaters lag natürlicherweise im<br />
Schauspiel, hinzu kam noch das anstrengende<br />
„Wandertheater“, das 17<br />
ostpreußische Kleinstädte bespielte.<br />
Ironisch bezeichnete er später einmal<br />
die Zeit in Allenstein als vortrefflich,<br />
was letztlich in der privaten Situation<br />
auch stimmte.<br />
Durch die Vielseitigkeit der gestellten<br />
Aufgaben hatte er enorm viel gelernt,<br />
hatte Erfolg, hatte Freunde, die ihm<br />
halfen. Unter denen fand sich auch<br />
der Sanitätsrat Dr. med. Lotzin, der<br />
ihm nicht nur kostenlose ärztliche Hilfe,<br />
sondern auch menschlichen Zuspruch<br />
zuteilwerden ließ. Intendant<br />
Theiling entdeckte schnell die künstlerische<br />
Potenz seines jungen Kapellmeisters<br />
und verstand, dass dieser<br />
nach 4 Jahren größere Möglichkeiten<br />
finden musste, als der Orchestergraben<br />
des „Treudank“ ihm bieten konnte.<br />
Sein Dank fand Niederschlag im<br />
Abschlusszeugnis, das sicher mitgeholfen<br />
hat, eine neue Anstellung am<br />
Lippischen Landestheater in Detmold<br />
zu bekommen. Hier fragte man 1938<br />
noch nicht nach der Zugehörigkeit<br />
zur Partei, sondern nach der Qualifikation.<br />
Es war, wenn man so will, die<br />
entscheidende Sprosse der musikalischen<br />
Karriereleiter.