PDF Download - Liechtenstein-Institut, Bendern
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Die skizzierten Überlegungen implizieren Exekutivlastigkeit, konkordanz- oder konkurrenzdemokratisch<br />
geprägte Entscheidungsprozesse im Kleinstaat jeweils unter bestimmten Bedingungen:<br />
(1) Exekutivlastigkeit: Aufgrund verschiedener oben skizzierter Faktoren ist grundsätzlich von<br />
einer starken Rolle der Regierung und ihres professionellen administrativen Unterbaus bei der<br />
Rechtsetzung im Kleinstaat auszugehen (insbesondere bei low politics und eher schwacher (Partei-)Politisierung).<br />
Allerdings dürfte lediglich dann weitgehend autonom-exekutive bzw. „reine“<br />
hierarchische Governance vorherrschen, wenn sich die Regierung auf einen breiten permissiven<br />
Konsens bzw. Gemeinschaft als Form indirekter Governance stützen kann und/oder issuespezifisch<br />
andere handlungsfähige Akteure im kleinstaatlichen politischen System ausfallen oder<br />
überhaupt nicht existieren. Ist dies nicht der Fall, dürfte die Exekutive dazu neigen, im Sinne von<br />
Konfliktprävention und optimaler Ressourcenausnutzung die Expertise und Einstellung anderer<br />
relevanter Akteure (zumindest jener mit Vetomacht, vgl. Tsebelis 2002) im Vorfeld abzufragen<br />
und entsprechende Positionen möglichst in die eigenen Entscheidungen und Beschlussvorlagen<br />
zu integrieren (oder zumindest den Anschein zu erwecken, dies zu tun). Bei den beiden soeben<br />
umrissenen Typen exekutiver Steuerung handelt es sich um mehr oder weniger verkappte hierarchische<br />
Governance, die zumindest aus der Aussenperspektive häufig im Gewand konkordanzdemokratischer<br />
Interaktion oder konsensdemokratischer Entscheidungsfindung daherkommt,<br />
etwa weil das kleinstaatliche Parlament Initiativen der Regierung (nahezu) einstimmig<br />
beschliesst.<br />
(2) Konkordanzdemokratie: Existiert kein tragbarer (impliziter oder antizipierbarer) Konsens in<br />
einer Sachfrage und sind andere relevante Akteure (insbesondere solche mit Vetomacht) in der<br />
Lage, Aufmerksamkeit zu konzentrieren, Ressourcen zu investieren und angesichts divergierender<br />
Positionen Protest zu artikulieren, dürften Verhandlungen anberaumt werden (vor allem bei<br />
high politics und eher starker (Partei-)Politisierung). Diese werden durch die recht geringe<br />
Komplexität der Akteursstruktur und andere kleinstaatliche Faktoren (siehe oben) erleichtert.<br />
Im Erfolgsfall bedeutet der Governance-Modus Verhandlungen durchgehend echte konsensdemokratische<br />
Entscheidungsfindung und konkordanz-demokratische Interaktion (und nicht wie<br />
unter (1) beschrieben potentiell unechtes oder symbolisches, hierarchisch dominiertes Einvernehmen).<br />
(3) Konkurrenzdemokratie: Liegt keine Gemeinschaft (als implizite Governance-Form) vor, bestehen<br />
gewichtige Meinungsunterschiede bei einflussreichen kleinstaatlichen Akteuren, die Ressourcen<br />
für eine issue-spezifische Konfliktaustragung besitzen und einsetzen, und scheitern<br />
mittelbare Interesseninklusion (vgl. (1)) und Verhandlungen (vgl. (2)) bei eher starker (Partei-)<br />
Politisierung, so dürfte die kompetitive Abstimmung bzw. der Governancemodus Wettbewerb<br />
ein geregeltes Ende des Entscheidungsfindungs- oder Rechtsetzungsprozesses gewährleisten,<br />
das durch seine institutionelle, rechtlich abgesicherte Legitimation der politischen Befriedung<br />
nach gescheiterten Vermittlungsversuchen dienen kann. Hierbei handelt es sich dann um echte<br />
mehrheits- und konkurrenzdemokratische Beschlussfassung und nicht beispielsweise um Gesetzgebungsverfahren,<br />
die lediglich formal mit parlamentarischen Abstimmungen enden, aber<br />
faktisch etwa von den Governancemodi Hierarchie oder Verhandlungen überlagert sind.<br />
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