PDF Download - Liechtenstein-Institut, Bendern
PDF Download - Liechtenstein-Institut, Bendern
PDF Download - Liechtenstein-Institut, Bendern
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
ten Ressourcen und einer komplexen Umwelt oft nicht in der Lage sind, langfristige Strategien<br />
auszuarbeiten und staatenübergreifende politisch-moralische Erwägungen in Betracht zu ziehen,<br />
konzentriert sich politische Steuerung im Kleinstaat nicht selten „auf ein kurzfristiges Krisenmanagement<br />
und begnügt sich ansonsten der Tendenz nach mit einem prinzipienlosen<br />
,muddling through‘“ (Waschkuhn 1990a: 150). Die hieraus resultierenden mitunter sehr liberalen<br />
und flexiblen policies stehen in deutlichem Kontrast zu manchen (überwiegend innenpolitischen)<br />
Politikfeldern, in denen Kleinstaaten verhältnismässig konservative und veränderungsresistente<br />
Politiken kultivieren, die für ihre innere Geschlossenheit, gesellschaftliche Befriedung<br />
und sozio-kulturelle Identität von besonderer Bedeutung sind. 32<br />
Internationale Verrechtlichung dient Kleinstaaten zur Souveränitätssicherung, bedeutet für sie<br />
aber auch tendenziell eine Vernichtung von Regulierungsnischen.<br />
Noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein wurden vor allem sehr kleine Länder nicht allgemein<br />
als souveräne Staaten betrachtet. Erst seit wenigen Jahrzehnten können selbst Mikrostaaten mit<br />
weniger als 100 000 Einwohnern relativ problemlos Internationalen Organisationen und multilateralen<br />
Verträgen beitreten und somit von den Vorteilen des Völkerrechts profitieren, das<br />
formal von der rechtlichen Gleichheit aller Staaten ausgeht und kodifizierte Konfliktlösungsmechanismen<br />
wie etwa Verfahren vor internationalen Gerichtshöfen vorsieht. Internationale Verrechtlichung<br />
wirkt für Kleinstaaten folglich souveränitätssichernd und organisationssparend<br />
(Geser 1992: 652). Andererseits stehen kleine Länder vor dem Dilemma, dass die mit der Internationalisierung<br />
verbundene Rechtsvereinheitlichung der Tendenz nach immer mehr profitable<br />
Regulierungsnischen verschliesst. Nur in Teilbereichen wird es Kleinstaaten gelingen, vor dem<br />
Beitritt zu internationalen Regimen Sonderkonditionen, Ausnahmen oder befristete Übergangsbestimmungen<br />
auszuhandeln; in den meisten Fällen dürften die grösseren Länder auf gleiche<br />
Rechte und Pflichten für alle Vertragsparteien pochen: „Die bisherigen Nischenlagen und Sonderwege<br />
werden enger, knapper und ausgedünnter ausfallen, auch der Kleinstaat wird sich in<br />
vielerlei Hinsicht ,normalisieren‘ müssen“ (Waschkuhn 1990a: 153).<br />
32 So kann beispielsweise die liechtensteinische Finanzplatzpolitik in den ersten Monaten und Jahren nach der „Zumwinkel-Affäre“<br />
als rasche und pragmatisch-flexible Aussenwirtschaftspolitik (auch gegen nicht unerhebliche innere<br />
Widerstände) angesichts plötzlich gewandelter Umweltbedingungen angesehen werden, während sich Politik und<br />
Gesellschaft bei hochpolitisierten innenpolitischen Themen ohne grössere Aussenwirkung wie den Machtbefugnissen<br />
des Fürsten und der Kriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs mehrheitlich strukturkonservativ oder<br />
zumindest Status-quo-orientiert zeigen.<br />
28