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Nachhaltiges Investieren - Universität St.Gallen

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zusammenschrumpft. Folglich gehören nun Elemente, die zum Kernbereich<br />

der herkömmlichen Moral gehören, wie beispielsweise die Ideen von Gerechtigkeit<br />

und Gleichheit (Egalität), nicht mehr in den Bereich der Moral. Im<br />

Kontraktualismus, so <strong>St</strong>emmer, ist Gerechtigkeit und Gleichheit ein soziales<br />

„altruistisches Ideal“ [Hervorhebung durch KS], das man haben kann, aber<br />

nicht haben muss; es ist nicht rational zwingend, es zu haben, und daher kann<br />

man von anderen nicht fordern, dass auch sie es haben. Man kann zwar eine<br />

Welt wollen, „in der auf alle Menschen in gleicher Weise Rücksicht genommen<br />

wird“; 148 aber es ist nicht moralisch verpflichtend. Zu den „altruistischen<br />

Idealen“ – und damit nicht zur Moral – gehören für <strong>St</strong>emmer auch die „Ideale<br />

der Solidarität, der Brüderlichkeit und der Unparteilichkeit“ 149 ; auf ihnen<br />

lassen sich laut <strong>St</strong>emmer keine moralischen Forderungen gründen. Für alle<br />

Ideale gilt, dass man niemandem zeigen kann, dass man „ein bestimmtes<br />

Ideal rationalerweise haben muss. Man kann niemandem ein Ideal<br />

andemonstrieren.“ 150 – Im Gegensatz dazu gehören sowohl für die tradierte<br />

Moral als auch für die Diskursethik die genannten „altruistischen Ideale“ zum<br />

Kernbereich der Moral hinzu. Das ergibt sich bereits aus ihrem universalistisch-egalitären<br />

Anspruch.<br />

Nun zu den Kritikpunkten, die Habermas gegen den Kontraktualismus<br />

vorgetragen hat: Habermas hat sich explizit mit dem Kontraktualismus auseinandergesetzt.<br />

Sehr pointiert weist er darauf hin, dass eine Moralbegründung,<br />

die nicht mehr auf Tradition, Gott oder metaphysische Prämissen rekurriert,<br />

nur noch mit der Bezugnahme auf „Wille“ oder „Vernunft“ möglich ist. 151<br />

148<br />

149<br />

150<br />

151<br />

Ibid., S. 298.<br />

Ibid., S. 369.<br />

Ibid., S. 303.<br />

Vgl. Habermas, Jürgen: Eine genealogische Betrachtung zum kognitiven Gehalt der Moral,<br />

1996. In: Habermas, J.: Philosophische Texte, Bd. 3, Diskursethik. <strong>St</strong>udienausgabe, Frankfurt<br />

am Main, 2009, S. 315. Neben der Moralbegründung mit Rekurs auf Vernunft bzw.<br />

Einzelinteressen hat vor allem Schopenhauer versucht, eine autonome Moralbegründung mit<br />

Rekurs auf das Mitleid zu konzipieren (vgl. Schopenhauer, Arthur: Preisschrift über die<br />

Grundlage der Moral, 1841. In: Schopenhauer, A.: Sämtliche Werke. Hübscher, A. (Hrsg.).<br />

Bd. 4, Wiesbaden, 1950.) Habermas verwirft den Begründungsversuch der Moral auf Basis<br />

des Mitleids mit dem zutreffenden Argument, dass Mitleid keine ausreichende Basis sei,<br />

„um den gleichen Respekt gegenüber anderen auch und gerade in ihrer nicht einfühlbaren<br />

Andersheit zu begründen.“ Habermas, 1996, S. 318. Mit ähnlichen Argumenten verwirft<br />

auch <strong>St</strong>emmer die Mitleidsethik. Vgl. <strong>St</strong>emmer, 2000, S. 264-269.<br />

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