23.11.2013 Aufrufe

Nachhaltiges Investieren - Universität St.Gallen

Nachhaltiges Investieren - Universität St.Gallen

Nachhaltiges Investieren - Universität St.Gallen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

konfrontiert werden, das unabhängig davon ist, in welchem der zwei geschilderten<br />

„Informationsszenarien“ er sich befindet: Es ist zwar definitorisch<br />

eindeutig, wodurch sich moralkonforme, moralwidrige, moralisch anstößige<br />

und idealkonforme Investments unterscheiden, doch für das einzelne Investment<br />

können diese Bestimmungen nur situativ und diskursiv erörtert werden.<br />

Der Rückgriff etwa auf Nachhaltigkeitsratings, d.h. auf standardisierte normative<br />

Beurteilungsverfahren, ermöglicht dem Anlageberater zwar eine<br />

schnelle und vermeintlich einfache Beurteilung, doch wirtschaftsethisch ist<br />

dies problematisch und kann nur als „pragmatische“ Handhabung für die<br />

Beratungspraxis bezeichnet werden. 76 Hinzukommt, dass auch Nachhaltigkeitsratings<br />

einer zusätzlichen moralischen Beurteilung bedürfen, etwa weil<br />

die Bewertung eines Nachhaltigkeitsratings in der zweideutigen Mitte zwischen<br />

den Bewertungspolen „nachhaltig“ und „nicht nachhaltig“ für das<br />

betreffende Investment liegen kann oder weil verschiedene Ratingagenturen<br />

zu signifikant voneinander abweichenden Nachhaltigkeitsbewertungen zu ein<br />

und demselben Investmentobjekt gelangen können. Ein Anlageberater sollte<br />

daher stets einen beratungsethischen Dialog mit seinem Kunden führen, zum<br />

einen, um ihn darüber aufzuklären, dass zu investieren eine Handlung ist, die<br />

in den Bereich der Moral fällt, und was unter „moralkonformen“, „moralwidrigen“,<br />

„möglicherweise moralwidrigen“ oder „idealkonformen“ Investments<br />

begrifflich gefasst werden kann, und zum anderen, um mit ihm gemeinsam in<br />

einem praktischen Diskurs in Bezug auf die konkreten „kritischen“ Investments<br />

in seinem Portfolio zu klären, wie sie moralisch zu beurteilen sind.<br />

Solch eine grundsätzliche dialogische Haltung des Anlageberaters verhindert<br />

auch eine moralische Bevormundung bzw. Entmündigung seines Kunden. 77<br />

Vielmehr begegnen sich, aus moralischer Sicht betrachtet, hier zwei Wirtschaftsbürger,<br />

von denen der eine, der Anleger, moralkonform investieren<br />

will, und von denen der andere, der Anlageberater, den Anleger befähigen<br />

will, moralkonforme Investmententscheidungen zu treffen, indem er ihn<br />

76<br />

77<br />

Vgl. Ulrich/ Jäger/ Waxenberger, 1998, S. 53-55.<br />

Vgl. ibid., 1998, S. 46f.<br />

293

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!