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Nachhaltiges Investieren - Universität St.Gallen

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Spekulationen<br />

(4) Eine weitere Förderung ideellen Handelns kann über die preisbeeinflussende<br />

Wirkung von Spekulationen erzielt werden. 50 Beispielsweise kann ein<br />

Kauf von Aktien theoretisch dazu führen, dass der Börsenkurs dieser Wertpapiere<br />

steigt und sich Unternehmen durch einen mittelfristig relativ stabilen<br />

höheren Marktwert günstiger am Kapitalmarkt finanzieren können. Zum<br />

gleichen Effekt kann die gestiegene Nachfrage nach <strong>St</strong>aatsanleihen bestimmter<br />

<strong>St</strong>aaten führen, die sich in Folge zu niedrigeren Zinssätzen verschulden<br />

können. Diese Wirkung kann mit Aktien oder Anleihen, aber auch mit Derivaten,<br />

deren Underlyings wiederum Aktien oder Anleihen sind, erstrebt werden.<br />

Anleger können also Unternehmen oder <strong>St</strong>aaten, die ihr Handeln auch an<br />

moralischen Idealen ausrichten, indirekt fördern, indem sie deren verbriefte<br />

Finanzkontrakte kaufen und ihnen so u.a. Vorteile bei der Finanzierung über<br />

den Kapitalmarkt verschaffen. Eine gezielte Förderung einzelner ideeller<br />

unternehmerischer oder staatlicher Projekte ist auf diese Weise allerdings<br />

nicht möglich. Der umgekehrte Fall, der Verkauf von verbrieften Finanzkontrakten,<br />

kann z.B. für Unternehmen zu Nachteilen führen: theoretisch sinkt<br />

ihr Börsenwert, ihre Finanzierungskosten steigen und die Gefahr einer feindlichen<br />

Übernahme erhöht sich. Aus ideeller Perspektive lässt sich der Verkauf<br />

allerdings nicht als moralische Sanktion verstehen, denn es gibt keine<br />

moralische Pflicht für Unternehmen oder <strong>St</strong>aaten, gemäß bestimmten Idealen<br />

zu handeln. Ein Investor kann sich nicht moralisch empören, wenn Unternehmen<br />

oder <strong>St</strong>aaten nicht oder nicht mehr ideell handeln. Die Förderung<br />

ideellen Handelns durch Spekulationen ist eine aktive Idealförderung. Ihr<br />

Wirkungspotential ist hoch, doch der faktische Wirkungsgrad kann sehr nied-<br />

50<br />

Es sei in Erinnerung gerufen, dass wir Spekulationen dadurch definiert hatten, dass Anleger<br />

mit spekulativen Investments Wertsteigerungsgewinne, d.h. Gewinne aus Börsenkursveränderungen,<br />

zu erzielen versuchen und nicht primär zum Zwecke der Erzielung von laufenden<br />

Erträgen, wie Dividenden- oder Zinszahlungen, ihr Kapital anlegen. Unser Verständnis von<br />

Spekulation ist daher unabhängig von der Haltedauer des Investments: Die Spekulation<br />

kann kurzfristig orientiert sein, sie kann aber auch langfristig orientiert sein. Wir sagten weiterhin,<br />

dass Spekulationen als solche moralisch indifferent sind; es sind die Spekulationsfolgen,<br />

die mit moralischen Normen konfligieren können, wiewohl nicht müssen. Siehe Kapitel<br />

II.7.2.1.<br />

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