Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe

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174< III. Das Zuspiel reiben, damit noch ein Funke des WiB- und Sagbaren und ftir diese »Denker« Schreibbaren herausspringt. Viele Zeichen, die beginnende Vorherrschaft der »Metaphysik« Richard Wagners und Chamberlains z. B., deuten darauf hin, daB das schon schopferisch und einzig durch Nietzsche vollzogene Ende der abendlandischen Metaphysik noch einmal iiberdeckt wird und daB diese »Auferstehung« der Metaphysik sich auch noch einmal die christlichen Kirchen ftir ihre Zwecke zu einem Nutzen machen. 86. Was die Geschichte der Metaphysik als noch Ungehobenes und von ihr selbst nichtErkennbares bereitstellt und so: zuspielt 1. die Seiendheit ist Anwesenheit 2. das Seyn ist Sichverbergen 3. das Seiende steht im Vorrang 4. die Seiendheit ist der Nachtrag und deshalb das »Apriori«. Was in all dem beschlossen liegt, vermogen wir nicht zu fassen, solange nicht die Wahrheit des Seyns uns zur notwendigen Frage geworden ist, solange wir nicht den Zeit-Spiel-Raum gegrtindet haben, in dessen Erstreckungen erst zu ermessen ist, was sich in der Geschichte der Metaphysik ereignet hat: das Vorspiel des Er-eignisses selbst als der Wesung des Seyns. Erst wenn es gltickt, die Geschichte der Metaphysik in jene Erstrekkungen (1.-4.) zu entwerfen, fassen wir sie in ihrem ungehobenen Grund. Solange wir aber die Hinsichten aus dem schopfen, was eigenes Wissen der Metaphysik werden konnte und muBte (Ideen-lehre und ihre Abwandlung), werden wir ins Historische gedrangt, es sei denn, daB wir lbEu schon begreifen aus 1.-4. 87. Die Geschichte des ersten Anfangs (die Geschichte der Metaphysik) ist die Geschichte der Metaphysik. Nicht die einzelnen Versuche zur Metaphysik als Lehren sagen uns jetzt am Ende aller Metaphysik noch etwas, sondern »nur« die Geschichte der Metaphysik. Aber dieses »nur« ist keine Einschrankung, sondem die Forderung eines Urspriinglicheren. (Noch weniger dtirfen wir die einzelnen »Metaphysiken« als bloBe Spiele zu Zweeken des Transzendierens miBdeuten.) Vielmehr muB die Metaphysik jetzt am Ende in einer Weise emst genommen werden, die jedes Dbemehmen und Forterben von Lehrsttieken und jedes Emeuem von Standpunkten und jede Vermischung und Ausgleichung vieler solcher wesentlich tibertrifft. Die Metaphysik in ihrer Geschichte wird erst sichtbar, wenn ihre Leitfragen begriffen und die Leitfragenbehandlung zur Entfaltung gekommen ist. Inwiefem lehrt die Geschichte? Was ist damit gemeint? Das Geschehen der Frage nach dem Seienden als solchen, das Geschehen des Erfragens der Seiendheit ist in sich ein bestimmtes Eroffnen des Seienden als solchen dergestalt, daB der Mensch dabei seine Wesensbestimmung erfahrt, die aus dieser Eroffnung entspringt (homo animal rationale). Aber was eroffnet diese Eroffnung des Seienden tiber die Seiendheit und damit tiber das Seyn? Einer Geschichte und d. h. eines Anfangs und seiner Abktinfte und Fortschritte bedarf es, urn erfahren zu lassen (ftir die anfangenden Fragenden), daB zum Wesen des Seyns die Verweigerung gehort. Dieses Wissen ist, weil es den Nihilismus noch urspriinglicher in die Seinsverlassenheit hinabdenkt, die eigentliche Dberwindung des Nihilismus, und die Geschichte des ersten Anfangs wird so vollig aus dem Anschein der Vergeblichkeit und bloBen Irre herausgenommen; jetzt erst kommt das groBe Leuchten tiber alles bisherige denkerische Werk.

176 III. Das Zuspiel 88. In den Umkreis dieser Aufgabe gehoren die »geschichtlichen« Vorlesungen In den Umkreis dieser Aufgabe gehoren die »geschichtlichen« Vorlesungen. Leibnizens unergriindliche Vielgestaltigkeit des Frageansatzes sichtbar machen und doch statt der monas das Da-sein denken, Kants Hauptschritte nachvollziehen und doch den »transzendentalen« Ansatz durch das Da-sein iiberwinden, Schellings Freiheitsfrage durchfragen und dennoch die »Modalitaten«frage auf einen anderen Grund bringen, Hegels Systematik in den beherrschenden Blick bringen und doch ganz entgegengesetzt denken, mit Nietzsche die Auseinandersetzung wagen als dem Nachsten und doch erkennen, daB er der Seinsfrage am femsten steht. Das sind einige, in sich unabhangige und doch zusammengehorige Wege, urn immer nur das Eine Einzige ins Wissen zu spielen: daB die Wesung des Seyns der Griindung der Wahrheit des Seyns bedarf und daB diese Griindung sich als Da-sein vollziehen muB, wodurch aller Idealismus und damit die bisherige Metaphysik und die Metaphysik iiberhaupt iiberwunden ist als eine notwendige Entfaltung des ersten Anfangs, der so erst neu ins Dunkel riickt, urn nur yom anderen Anfang her als solcher begriffen zu werden. 89. Der Ubergang zum anderen Anfang Nietzsche als das Ende der abendlandischen Metaphysik begreifen, das ist keine historische Feststellung dessen, was hinter uns liegt, sondern der geschichtliche Ansatz der Zukunft des abendlandischen Denkens. Die Frage nach dem Seienden muB auf ihren eigenen Grund, auf die Frage nach der Wahrheit des Seyns gebracht werden. Und was bisher den Leitfaden und die 89. Der Obergang zum anderen Anfang 177 Horizontbildung aller Auslegung des Seienden ausmachte, das Denken (Vor-stelIen), wird in die Griindung der Wahrheit des Seyns, in das Da-sein, zuriickgenommen.Die»Logik« als Lehre yom richtigen Denken wird zur Besinnung auf das Wesen der Sprache als der stiftenden Nennung der Wahrheit des Seyns. Das Seyn jedoch, bislang in der Gestalt der Seiendheit das Allgemeinste und Gelaufigste, wird als Ereignis das Einzigste und Befremdlichste. Der Ubergang zum anderen Anfang vollzieht eine Scheidung, die langst nicht mehr zwischen Richtungen der Philosophie (Idealismus - Realismus u. s. f.) oder gar zwischen Haltungen der»Weltanschauung« verlauft. Der Ubergang scheidet die Heraufkunft des Seyns und dessen Wahrheitsgriindung im Dasein von allem Vorkommen und Vernehmen des Seienden. Das Geschiedene ist so entschieden geschieden, daB iiberhaupt kein gemeinsamer Bezirk der Unterscheidung obwalten kann. In dieser Entschiedenheit des Ubergangs gibt es nicht Ausgleich und keine Verstandigung, aber lange Einsamkeiten und stillste Entziickungen am Herdfeuer des Seyns, wenngleich dieses noch vollig abgedrangt bleibt durch die Blasse des kiinstlichen Scheins des machenschaftlich erlebten »Seienden« (die »lebensnahe Wirklichkeit«). Der Ubergang zum anderen Anfang ist entschieden, und gleichwohl wissen wir nicht, wohin wir gehen, wann die Wahrheit des Seyns zum Wahren wird und von wo aus die Geschichte als Geschichte des Seyns ihre steilste und kiirzeste Bahn nimmt. Als Ubergangliche dieses Ubergangs miissen wir durch eine wesentliche Besinnung auf die Philosophie selbst hindurch, damit sie den Anfang gewinne, aus dem sie, unbediirftig jeder Stiitze, wieder ganz sie selbst sein kann (vgl. Vorblick, 15. Die Philosophie als »Philosophie eines Volkes«).

176 III. Das Zuspiel<br />

88. In den Umkreis dieser Aufgabe gehoren die<br />

»geschichtlichen« Vorlesungen<br />

In den Umkreis dieser Aufgabe gehoren die »geschichtlichen«<br />

Vorlesungen.<br />

Leibnizens unergriindliche Vielgestaltigkeit des Frageansatzes<br />

sichtbar machen und doch statt der monas das Da-sein denken,<br />

Kants Hauptschritte nachvollziehen und doch den »transzendentalen«<br />

Ansatz durch das Da-sein iiberwinden,<br />

Schellings Freiheitsfrage durchfragen und dennoch die »Modalitaten«frage<br />

auf einen anderen Grund bringen,<br />

Hegels Systematik in den beherrschenden Blick bringen und<br />

doch ganz entgegengesetzt denken,<br />

mit Nietzsche die Auseinandersetzung wagen als dem Nachsten<br />

und doch erkennen, daB er der Seinsfrage am femsten steht.<br />

Das sind einige, in sich unabhangige und doch zusammengehorige<br />

Wege, urn immer nur das Eine Einzige ins Wissen zu<br />

spielen: daB die Wesung des Seyns der Griindung der Wahrheit<br />

des Seyns bedarf und daB diese Griindung sich als Da-sein<br />

vollziehen muB, wodurch aller Idealismus und damit die bisherige<br />

Metaphysik und die Metaphysik iiberhaupt iiberwunden<br />

ist als eine notwendige Entfaltung des ersten Anfangs, der<br />

so erst neu ins Dunkel riickt, urn nur yom anderen Anfang her<br />

als solcher begriffen zu werden.<br />

89. Der Ubergang zum anderen Anfang<br />

Nietzsche als das Ende der abendlandischen Metaphysik begreifen,<br />

das ist keine historische Feststellung dessen, was hinter<br />

uns liegt, sondern der geschichtliche Ansatz der Zukunft des<br />

abendlandischen Denkens. Die Frage nach dem Seienden muB<br />

auf ihren eigenen Grund, auf die Frage nach der Wahrheit des<br />

Seyns gebracht werden. Und was bisher den Leitfaden und die<br />

89. Der Obergang zum anderen Anfang<br />

177<br />

Horizontbildung aller Auslegung des Seienden ausmachte, das<br />

Denken (Vor-stelIen), wird in die Griindung der Wahrheit des<br />

Seyns, in das Da-sein, <strong>zur</strong>iickgenommen.Die»Logik« als Lehre<br />

yom richtigen Denken wird <strong>zur</strong> Besinnung auf das Wesen der<br />

Sprache als der stiftenden Nennung der Wahrheit des Seyns.<br />

Das Seyn jedoch, bislang in der Gestalt der Seiendheit das Allgemeinste<br />

und Gelaufigste, wird als <strong>Ereignis</strong> das Einzigste und<br />

Befremdlichste.<br />

Der Ubergang zum anderen Anfang vollzieht eine Scheidung,<br />

die langst nicht mehr zwischen Richtungen der <strong>Philosophie</strong><br />

(Idealismus - Realismus u. s. f.) oder gar zwischen Haltungen<br />

der»Weltanschauung« verlauft. Der Ubergang scheidet<br />

die Heraufkunft des Seyns und dessen Wahrheitsgriindung im<br />

Dasein von allem Vorkommen und Vernehmen des Seienden.<br />

Das Geschiedene ist so entschieden geschieden, daB iiberhaupt<br />

kein gemeinsamer Bezirk der Unterscheidung obwalten<br />

kann.<br />

In dieser Entschiedenheit des Ubergangs gibt es nicht Ausgleich<br />

und keine Verstandigung, aber lange Einsamkeiten und<br />

stillste Entziickungen am Herdfeuer des Seyns, wenngleich dieses<br />

noch vollig abgedrangt bleibt durch die Blasse des kiinstlichen<br />

Scheins des machenschaftlich erlebten »Seienden« (die<br />

»lebensnahe Wirklichkeit«).<br />

Der Ubergang zum anderen Anfang ist entschieden, und<br />

gleichwohl wissen wir nicht, wohin wir gehen, wann die Wahrheit<br />

des Seyns zum Wahren wird und von wo aus die Geschichte<br />

als Geschichte des Seyns ihre steilste und kiirzeste Bahn nimmt.<br />

Als Ubergangliche dieses Ubergangs miissen wir durch eine<br />

wesentliche Besinnung auf die <strong>Philosophie</strong> selbst hindurch, damit<br />

sie den Anfang gewinne, aus dem sie, unbediirftig jeder<br />

Stiitze, wieder ganz sie selbst sein kann (vgl. Vorblick, 15. Die<br />

<strong>Philosophie</strong> als »<strong>Philosophie</strong> eines Volkes«).

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