Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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1"£ 1 , 134 II. Der Anklang 70. Das Riesenhafte 135 kann in dem, was es ist, und sich selbst deshalb, je mehr es sein Ende betreibt, umso schopferischer vorkommt. Das Zueinanderfinden von Machenschaft und Erlebnis beschlieBt in sich ein einzigartiges Ereignis innerhalb der verborgenen Geschichte des Seyns. Aber noch ist nirgends ein Zeichen dafur, daB dem Zeitalter davon Etwas ins Wissen kame. Oder muB es diesem versagt bleiben und nur den schon Obergehenden zur Wahrheit, zum Anklang der Wahrheit des Seyns werden? 69. Das Erlebnis und »die Anthropologie«* DaB man hel;lte noch und sogar wieder die »Anthropologie« zum Mittelpunkt der Weltanschauungsscholastik macht, zeigt eindringlicher als jede historische Nachweisung von Abhangigkeiten, daB man sich noch einmal anschickt, ganz auf den Boden von Descartes sich zuriickzustellen. Welche Frisur dabei die Anthropologie tragt, ob eine aufklarerisch-moralische, ob eine psychologisch-naturwissenschaftliche, ob eine geisteswissenschaftlich-personalistische, ob eine christliche oder eine politisch volkische, ist fur die entscheidende Frage vollig gleichgultig: die Frage namlich, ob die Neuzeit als ein Ende begriffen und ein anderer Anfang erfragt ist, oder ob man sich auf die Verewigung eines seit Plato wahrenden Verfalls versteift, was man schlieBlich nur dann noch kann, wenn man sich seine Ahnungslosigkeit als Oberwindung der Oberlieferung einredet. Dabei ist es ganz in der Ordnung, wenn die Ahnungslosigkeit (um nicht zu sagen Verantwortungslosigkeit) so weit geht, daB man gleichzeitig sich als Oberwinder der Descartes'schen Philosophie aufspielt und die Zeitgenossen von diesem Spiel der Ahnungslosigkeit nichts ahnen. Aber wie zu Zeiten des * Was ist Erlebnis! Wie dessen Herrschaft zur anthropologischen Denkweise fiihrt! Wie dieses ein Ende ist, wei! es die Machenschaft unbedingt bestiitigt Neukantianismus die eigentliche Geschichte der Zeit keine Kenntnis nahm von der immer noch erheblichen Gelehrsamkeit und Sorgfalt der Arbeit, so wird die heutige »erlebende« Zeit von diesem langweiligen und gemeinplatzigen Abklatsch ihrer eigenen Oberflachlichkeit noch weniger ein Aufhebens machen konnen. 70. Das Riesenhafte* Zunachst mussen wir es aus dem Nachsten und selbst noch als ein gegenstandlich Vorhandenes kennzeichnen, um uberhaupt die Seinsverlassenheit und damit die Herrschaft des Un-wesens der CPU
136 II. Der Anklang 70. Das Riesenhafte 137 der vorgreifend-planend-einrichtenden Erfassung von allem, bevor es schon im Besonderen und Einzelnen gefaBt ist, dieses Vor-stellen findet am Gegebenen keine Grenze und will keine Grenze finden, sondern das Grenzenlose ist entscheidend, aber nicht als das VerflieBende und bloBe Und-so-weiter, sondern das an keine Grenze des Gegebenen, an kein Gegebenes und Gebbares als Grenze Gebundene. Es gibt grundsatzlich nicht das »Un-mogliche«; man »haBt« dieses Wort, d. h. Alles ist menschen-moglich, wenn nur Alles in jeder Hinsicht und dieses wiederum im voraus in Rechnung gestellt und die Bedingungen beigebracht werden. Schon hieraus wird klar, daB es sich gar nicht um einen Umschlag des »Quantitativen« in ein Qualitatives handelt, sondern darum, das urspriingliche Wesen des Quantitativen und der Moglichkeit seiner Vor-stellung (die Berechenbarkeit) im Wesen der Herrschaft der V or-stellung als solcher und der Vergegenstiindlichung des Seienden zu erkennen. Von hier aus wird wieder klar, daB diejenigen, die das Entfalten der Vor-stellung (der Welt als Bild) vollziehen, kraft ihres »SelbstbewuBtseins« nichts von diesem Wesen des Quantitativen wissen und daher auch nichts von der Geschichte, die seine Herrschaft vorbereitet und vollendet. Und schon gar nichts davon, daB die Seinsverlassenheit des Seienden im Riesenhaften als solchem, d. h. im Schein dessen, was alles Seiende am seiendsten sein laBt, sich vollendet. Das »Quantitative« wird quantitativ behandelt, d. h. berechnet, aber es wird zugleich gesagt, es sei durch bestimmte Prinzipien in seine Grenzen gesetzt und gebandigt. Daher kommt es, daB man auch heute noch und heute mehr als vordem Raum und Zeit nicht anders begreifen kann als quantitativ, hochstens als Formen dieser Quantitaten. Und gar den Zeit-Raum zu denken als etwas vollig Unquantitatives wirkt als befremdliche Zumutung. Man hilft sich heraus mit dem Hinweis darauf, daB hier dann der Name »Zeit« z. B. auf etwas Anderes iibertragen werde. Das Quantitative (quantitas) kann als Kategorie aufkommen, weil es im Grunde das Wesen (Un-wesen) des Seyns selbst ist, aber dieses zunachst nur in der Seiendheit des Seienden als des Anwesend-Bestandigen gesucht wird. Das Quantitative wird zur Qualitat, hellit daher: das Un -wesen des Seyns wird in seiner Wesenszugehorigkeit zum Wesen des Seyns zwar nicht erkannt, aber diese Erkennbarkeit wird vorbereitet durch das seinsgeschichtliche Wissen, daB das Quantitative alles Seiende beherrscht. DaB es gleichwohl nicht als das Seyn zum Vorschein kommt, hat darin seinen Grund, daB das Vor-steUen, worin das Wesen des Quantitativen gegriindet ist, als solches zugleich und stets sich an das Seiende halt und sich gegen das Seyn abriegelt oder, was dasselbe ist, es hochstens als das Generellste (des Vorstellens), als das Leerste »gelten« laBt. Vor allem aber ist, geschichtlich begriffen, das Riesenhafte als solches das Unberechenbare, dieses aber die aus der iibernahen Nahe unfaBliche Ankiindigung des Seyns selbst, aber in der Gestalt der Notlosigkeit der Not. Warum das Riesenhafte nicht den Uberfluf3 kennt? Weil es aus der Verheimlichung eines Mangels entspringt und diese Verheimlichung in den Schein einer ungehemmten Veroffentlichung eines Besitzes stellt. Weil das Riesenhafte nie den Dber -fluB, das un-erschopfliche Unerschopfte kennt, deshalb muB ibm auch das Einfache versagt bleiben. Denn die wesentliche Einfachheit entspringt aus der Fiille und ihrer Beherrschung. Die »Einfachheit« des Riesenhaften ist nur ein Schein, der die Leere verstecken solI. Aber in der Einrichtung all dieser Scheinbarkeiten ist das Riesige eigenen Wesens und einzig.
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bevor es schon im Besonderen und Einzelnen gefaBt ist, dieses<br />
Vor-stellen findet am Gegebenen keine Grenze und will keine<br />
Grenze finden, sondern das Grenzenlose ist entscheidend, aber<br />
nicht als das VerflieBende und bloBe Und-so-weiter, sondern<br />
das an keine Grenze des Gegebenen, an kein Gegebenes und<br />
Gebbares als Grenze Gebundene. Es gibt grundsatzlich nicht<br />
das »Un-mogliche«; man »haBt« dieses Wort, d. h. Alles ist<br />
menschen-moglich, wenn nur Alles in jeder Hinsicht und dieses<br />
wiederum im voraus in Rechnung gestellt und die Bedingungen<br />
beigebracht werden.<br />
Schon hieraus wird klar, daB es sich gar nicht um einen Umschlag<br />
des »Quantitativen« in ein Qualitatives handelt, sondern<br />
darum, das urspriingliche Wesen des Quantitativen und der<br />
Moglichkeit seiner Vor-stellung (die Berechenbarkeit) im Wesen<br />
der Herrschaft der V or-stellung als solcher und der Vergegenstiindlichung<br />
des Seienden zu erkennen.<br />
Von hier aus wird wieder klar, daB diejenigen, die das Entfalten<br />
der Vor-stellung (der Welt als Bild) vollziehen, kraft<br />
ihres »SelbstbewuBtseins« nichts von diesem Wesen des Quantitativen<br />
wissen und daher auch nichts von der Geschichte, die<br />
seine Herrschaft vorbereitet und vollendet.<br />
Und schon gar nichts davon, daB die Seinsverlassenheit des<br />
Seienden im Riesenhaften als solchem, d. h. im Schein dessen,<br />
was alles Seiende am seiendsten sein laBt, sich vollendet.<br />
Das »Quantitative« wird quantitativ behandelt, d. h. berechnet,<br />
aber es wird zugleich gesagt, es sei durch bestimmte Prinzipien<br />
in seine Grenzen gesetzt und gebandigt.<br />
Daher kommt es, daB man auch heute noch und heute mehr<br />
als vordem Raum und Zeit nicht anders begreifen kann als<br />
quantitativ, hochstens als Formen dieser Quantitaten. Und gar<br />
den Zeit-Raum zu denken als etwas vollig Unquantitatives<br />
wirkt als befremdliche Zumutung. Man hilft sich heraus mit<br />
dem Hinweis darauf, daB hier dann der Name »Zeit« z. B. auf<br />
etwas Anderes iibertragen werde.<br />
Das Quantitative (quantitas) kann als Kategorie aufkommen,<br />
weil es im Grunde das Wesen (Un-wesen) des Seyns selbst<br />
ist, aber dieses zunachst nur in der Seiendheit des Seienden als<br />
des Anwesend-Bestandigen gesucht wird.<br />
Das Quantitative wird <strong>zur</strong> Qualitat, hellit daher: das Un<br />
-wesen des Seyns wird in seiner Wesenszugehorigkeit zum Wesen<br />
des Seyns zwar nicht erkannt, aber diese Erkennbarkeit<br />
wird vorbereitet durch das seinsgeschichtliche Wissen, daB das<br />
Quantitative alles Seiende beherrscht. DaB es gleichwohl nicht<br />
als das Seyn zum Vorschein kommt, hat darin seinen Grund,<br />
daB das Vor-steUen, worin das Wesen des Quantitativen gegriindet<br />
ist, als solches zugleich und stets sich an das Seiende<br />
halt und sich gegen das Seyn abriegelt oder, was dasselbe ist,<br />
es hochstens als das Generellste (des Vorstellens), als das Leerste<br />
»gelten« laBt.<br />
Vor allem aber ist, geschichtlich begriffen, das Riesenhafte<br />
als solches das Unberechenbare, dieses aber die aus der iibernahen<br />
Nahe unfaBliche Ankiindigung des Seyns selbst, aber<br />
in der Gestalt der Notlosigkeit der Not.<br />
Warum das Riesenhafte nicht den Uberfluf3 kennt? Weil es<br />
aus der Verheimlichung eines Mangels entspringt und diese<br />
Verheimlichung in den Schein einer ungehemmten Veroffentlichung<br />
eines Besitzes stellt. Weil das Riesenhafte nie den Dber<br />
-fluB, das un-erschopfliche Unerschopfte kennt, deshalb muB<br />
ibm auch das Einfache versagt bleiben. Denn die wesentliche<br />
Einfachheit entspringt aus der Fiille und ihrer Beherrschung.<br />
Die »Einfachheit« des Riesenhaften ist nur ein Schein, der die<br />
Leere verstecken solI. Aber in der Einrichtung all dieser Scheinbarkeiten<br />
ist das Riesige eigenen Wesens und einzig.