Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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98 1. Vorblick<br />
45. Die »Entscheidung«<br />
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Entgegengesetzte, gar die groBe Stille, in die Nichtigkeit versinken<br />
liiBt.<br />
Die »weltgeschichtlichen« Begebenheiten konnen noch nie<br />
gesehene AusmaBe annehmen, das spricht zuniichst nur fiir das<br />
Steigen der Raserei im losgebundenen Bereich der Machenschaften<br />
und der Zahl. Niemals spricht es unmittelbar fiir die<br />
Heraufkunft der wesentlichen Entscheidungen. Wenn aber innerhalb<br />
dieser Begebenheiten und z. T. nach ihrem Stil eine<br />
Sammlung des Volkes bezw. seines Bestandes auf es selbst eingerichtet<br />
wird, konnte da nicht ein Weg in die Niihe der Entscheidung<br />
sich offnen? GewiB, aber mit der hochsten Gefahr<br />
zugleich der volligen Verfehlung ihres Bereiches.<br />
Die Entscheidung muf3 jenen Zeit-Raum, die Stiitte fiir die<br />
wesentlichen Augenblicke schaffen, in der der hochste Ernst der<br />
Besinnung in eins mit der groBten Freudigkeit der Sendung zu<br />
einem Willen des Griindens und Bauens aufwiichst, dem auch<br />
keine Wirrnis fern bleibt. Nur Da-sein, nie »Lehre«, kann die<br />
Wandlung des Seienden von Grund aus bringen. Solches Da<br />
-sein als Grund eines Volkes bedarf der liingsten Vorbereitung<br />
aus dem anfiinglichen Denken; aber dieses bleibt je nur ein<br />
Weg der gleichzeitig auf vielen Bahnen anhebenden Anerkenntnis<br />
der Not.<br />
Bringt die Entscheidung noch einmal die Griindung der Augenblicksstatte<br />
fiir die Griindung der Wahrheit des Seyns, oder<br />
roUt aUes nur noch ab als »Kampf« urn die nackten Bedingungen<br />
des Fort- und Auslebens in den riesigen AusmaBen, so daB<br />
»Weltanschauung« und »Kultur« auch nur noch Stiitzen und<br />
Kampfmittel dieses »Kampfes« sind? Was bereitet sich dann<br />
vor? Der Ubergang zum technisierten Tier, das die bereits<br />
schwacher und grober werdenden Instinkte durch das Riesenhafte<br />
der Technik zu ersetzen beginnt.<br />
Bei dieser Entscheidungsrichtung ist nicht kennzeichnend die<br />
Technisierung der »Kultur« und »Weltanschauungs«durchsetzung,<br />
sondern daB »Kultur« und »Weltanschauung« zu Mitteln<br />
der Kampftechnik werden fiir einen Willen, der kein Ziel<br />
mehr will; denn Erhaltung des Volkes ist nie ein mogliches<br />
Ziel, sondern nur Bedingung einer Zielsetzung. Wird die Bedingung<br />
aber zum Unbedingten, dann kommt das Nichtwollen<br />
des Ziels, das Abschneiden jeder ausgreifenden Besinnung <strong>zur</strong><br />
Macht. VOllends schwindet dann die Moglichkeit der Erkenntnis,<br />
daB »Kultur« und »Weltanschauung« bereits Ableger einer<br />
Weltordnung sind, die angeblich iiberwunden werden soIl.<br />
»Kultur« und »Weltanschauung« verlieren durch die politische<br />
Indienstnahme nicht ihren Charakter, ob sie als Werte »an<br />
sich« gelten oder als Werte »fur« das Yolk, jedesmal ist die<br />
Besinnung, wenn sie iiberhaupt solche ist, festgezwiingt im<br />
Nichtwollen urspriinglicher Ziele, d. h. der Wahrheit des Seyns,<br />
in der iiber Moglichkeit und Notwendigkeit von »Kultur« und<br />
»Weltanschauung« erst entschieden wird.<br />
Nur die iiuBerste Entscheidung aus der und iiber die Wahrheit<br />
des Seyns bringt noch eine Klarheit, sonst bleibt das Fortdammern<br />
in Erneuerungen und Verkleidungen oder aber der<br />
vollige Absturz.<br />
Aile diese Moglichkeiten haben vermutlich noch ihre lange<br />
Vorgeschichte, in der sie noch unkenntlich und miBdeutbar<br />
bleiben.<br />
Woher aber kommt der kiinftigen <strong>Philosophie</strong> ihre Not?<br />
MuB sie nicht selbst - anfangend - diese Not erst erwecken?<br />
Diese Not steht diesseits von Triibsal und Bekfunmernis, die<br />
immer nur in irgend einem Winkel des verfestigten Seienden<br />
und seiner »Wahrheit« umgehen. Diese Not laBt sich andrerseits<br />
nicht beheben und gar leugnen durch die Aufgeriiumtheit<br />
eines angeblichen Sichvergniigens an den»Wundern« des »Seienden«.<br />
Diese Not, als Grund der Notwendigkeit der <strong>Philosophie</strong>,<br />
wird erfahren durch das Erschrecken im Jubel der Seinszugehorigkeit,<br />
die als ein Winken die Seinsverlassenheit ins Offene<br />
riickt.