Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe

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454 VIII. Das Seyn 264. Entwurf des Seyns und Seinsverstiindnis 455 welchen »Eigenschaften« und »Vermogen« des Menschen zu nehmen, z. B. zur Vernunft. Abgesehen davon, daB diese selbst nicht mehr aufhellen, sie sind ja ihrerseits erst erwachsen auf dem unerkannten Grund der Bestimmung des Mensehen als des Vernehmenden und so bereits ZUrUckgekehrten aus dem Loswurf. 'Venn so jeder erklarende Anhalt versagt bleibt, wie soIl dann dieses Erste, das Wesen des Menschen Bestimmende gesagt werden? Wir diirfen nicht den Menschen vorgegeben nehmen in den bisher bekannten Eigenschaften und jetzt an ibm nach dem Loswurf suchen, sondern: das Sichloswerfen selbst muB uns erst das Wesen des Menschen griinden. Wie aber dies? Sichloswerfen, das Offene wagen, weder einem Gegeniiber noeh sich gehoren und doch beides, aber nicht wie Objekt und Subjekt, als Ent-gegnend im Offenen wissen und ahnen, daB, was sich da loswirft und wovon es sich loswirft, desselben Wesens ist wie das Gegeniiber. Die Ent-gegnung ist der Grund der Begegnung, die hier noch gar nicht gesucht wird. Die Ent-gegnung ist das AufreiBen des Zwischen, in das zu das Gegeneinander, als eines Offenen bediirftiges, geschieht. Was aber gehort hier ZUlli »Menschen«, und was ist das Zuriickgelassene? 1m Sichloswerfen griindet er sich in Jenes, was er nicht zu machen, sondern nur als Moglichkeit zu wagen \;ermag, in das Da-sein. Dies freilich nur, wenn er nicht und nie mehr zu sich zUrUckkehrt als einem, der im ersten Loswurf erschienen ist wie das Gegeniiber, als cpVI1Et ov, als ein ~0ov. Dieses gilt es: den Loswurf und die Griindung des Wesens des Menschen in der Befremdung des Offenen. Jetzt erst fangt die Seinsgeschichte und die Geschichte des Menschen an. Und das Seiende? Kommt zu seiner Wahrheit nicht mehr in einer Riickkehr, sondern? Als die Verwahrung des Fremden, und der Fremde bringt es sich der Er-eignung entgegen und laBt in ihm den Gott sich finden. Der Loswurf gliickt nie aus dem bloBen Antrieb und der Aufmachung des Menschen. Dieser Wurf ist geworfener im Schwung der Er-eignung. Dies sagt: das Sein trifft den Menschen und riickt ihn in die Verwandlung, in die erste Gewinnung, in den langen Verlust seines Wesens. Diese Durchmessung der Wesensirre als Geschichte des Menschen unabhangig von aller Historie. Und wenn die Gotter sinken im Ungewahrten der Versagnis des Seyns. 264. Entwurf des Seyns und Seinsverstiindnis Das Seinsverstandnis hat in der Art der Einfuhrung in »Sein und Zeit« einen iiberganglich zweideutigen Charakter; entsprechend auch die Kennzeichnung des Menschen (»menschliches Dasein«, das Dasein im Menschen). Das Seinsverstandnis ist einmal, gleiehsam metaphysisch riickblickend, gefaBt als der doch ungegriindete Grund des Transzendentalen und iiberhaupt des Vor-Stellens der Seiend- .., heit (bis zurUck zur lI>EU). Das Seinsverstandnis ist zum anderen (wei! Verstehen als Ent-wurf begriffen und dieser als geworfener) die Anzeige der Griindung des Wesens der Wahrheit (Offenbarkeit; Lichtung des Da; Da-sein). Das zum Da-sein gehorige Seinsverstiindnis - diese Rede wird iiberfliissig, sie sagt zweimal und sogar in der Abschwachung dasselbe. Denn das Da-sein »ist« eben die Griindung der Wahrheit des Seyns als Ereignis. Das Seinsverstandnis bewegt sich in der Unterscheidung von Seiendheit und Seiendem, ohne schon den Ursprung der Unterscheidung aus dem Entscheidungswesen des Seyns zur »Geltung« zu bringen. Seinsverstandnis ist aber iiberall das Gegenteil, ja noch wesentlich Anderes als dieses, ZUlli Abhangigmachen des Seyns

456 VIII. Das Seyn 265. Das Er-denken des Seyns 457 vom menschlichen Meinen. Wo es die Zertriimmerung des Subjekts gilt, wie solI da noch das Sein »subjektiv« gemacht werden konnen? 265. Das Er-denken des Seyns* Damit solI eine und im Dbergang vielleicht die entscheidende Weise genannt werden, durch die der kunftige abendHindische Mensch die Wesung der Wahrheit des Seyns ubernimmt und so erst geschichtlich wird: das Er-denken des Seyns. Geschichtlich werden heiBt: aus dem Wesen des Seyns entspringen und deshalb ihm zugehorig bleiben; meint nicht: in das Vergangene und historisch Feststellbare uberwiesen werden. Nun zeigt aber die geschichtliche Besinnung auf die Geschichte der Metaphysik, daB der Vollzug der Leitfrage durch seine ganze Geschichte hindurch das Denken zum Leitfaden hat (Seiendheit und Denken). Aus dieser Besinnung erwachst die Einsicht, daB die Vorherrschaft des Denkens (daB es selbst zum Leitfaden wurde in der Gestalt des Vorstellens von etwas im Allgemeinen) mehr und mehr die Auslegung der Seiendheit des Seienden in die Richtung drangte, aus der dann schlieBlich die Gleichsetzung des Seins mit der Gegenstandlichkeit des Seienden (der Vorgestelltheit uberhaupt) kommen muBte. Und diese Einsicht gibt zu wissen, daB das Denken und seine Vorherrschaft (in der Leitfragenbehandlung und Leitfadenwahl) schlieBlich jeden Weg verlegte zur Frage bzw. zur moglichen Notigung in die Frage nach der Wahrheit des Seyns. Und jetzt solI das Er-denken dennoch der Gang in die Wahrheit des Seyns werden, nicht nur ohnehin das Denken, sondern gleichsam die hochste Steigerung seiner Herrschaft, das Er-denken, worin sich gleichsam die vollige Abhangigkeit des Seyns vom Denken ausspricht? So sieht es aus und muB es aussehen, wenn wir aus der geschichtlichen Besinnung auf die Leitfrage und ihren Leitfaden herkommen. * vgl. Dberlegungen VII, 78 ff. Aber es sieht nur so aus. Urn hier dem Schein zu entgehen, als wiirde fur die Grundfrage nur erst recht der Leitfaden der Leitfrage in Anspruch genommen, was nach dem Vorigen doch widersinnig ware, muB eine Unterscheidung am Beginn stehen, deren Versaumnis ja auch die Besinnung auf die Geschichte der Leitfrage und ihrer Leitfadenwahl stets verwirrt. Das Denken (1) ist einmal gemeint als Name fur die Art des Fragens und damit uberhaupt die Art der Beziehung der fragenden Beziehung des Menschen zum Sein des Seienden, das Denken im Sinne der Grundhaltung des »Denkers« (des Philosophen) (Denken als Fragen der Seinsfrage). Das Denken (2) ist aber zum anderen gemeint als Name fur den Leitfaden, den das Denken (1) gebraucht, urn den Gesichtskreis zu besitzen, innerhalb dessen das Seiende als solches hinsichtlich der Seiendheit ausgelegt wird (Denken als Leitfaden jenes Fragens). Nun wird durch eine bestimmte Auslegung des Seins (als tllEu) das VOELV des Parmenides zum VOELV des IltuMYElJI'tm bei Plato. Der A6yoq, des Heraklit wird zum A6yoq, als Aussage, wird Leitfaden der »Kategorien« (Plato: »Sophistes«). Die Verkoppelung beider zur ratio und d. h. die entsprechende Fassung von vouq, und A6yoq, bereitet sich bei Aristoteles vor. Die ratio wird »mathematisch« seit Descartes; dies ist nur moglich, weil dieses mathematische Wesen seit Plato angelegt und als eine Moglichkeit in der aAf]{}ELU der

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vom menschlichen Meinen. Wo es die Zertriimmerung des<br />

Subjekts gilt, wie solI da noch das Sein »subjektiv« gemacht<br />

werden konnen?<br />

265. Das Er-denken des Seyns*<br />

Damit solI eine und im Dbergang vielleicht die entscheidende<br />

Weise genannt werden, durch die der kunftige abendHindische<br />

Mensch die Wesung der Wahrheit des Seyns ubernimmt und<br />

so erst geschichtlich wird: das Er-denken des Seyns. Geschichtlich<br />

werden heiBt: aus dem Wesen des Seyns entspringen und<br />

deshalb ihm zugehorig bleiben; meint nicht: in das Vergangene<br />

und historisch Feststellbare uberwiesen werden.<br />

Nun zeigt aber die geschichtliche Besinnung auf die Geschichte<br />

der Metaphysik, daB der Vollzug der Leitfrage durch<br />

seine ganze Geschichte hindurch das Denken zum Leitfaden<br />

hat (Seiendheit und Denken). Aus dieser Besinnung erwachst<br />

die Einsicht, daB die Vorherrschaft des Denkens (daB es selbst<br />

zum Leitfaden wurde in der Gestalt des Vorstellens von etwas<br />

im Allgemeinen) mehr und mehr die Auslegung der Seiendheit<br />

des Seienden in die Richtung drangte, aus der dann schlieBlich<br />

die Gleichsetzung des Seins mit der Gegenstandlichkeit des<br />

Seienden (der Vorgestelltheit uberhaupt) kommen muBte. Und<br />

diese Einsicht gibt zu wissen, daB das Denken und seine Vorherrschaft<br />

(in der Leitfragenbehandlung und Leitfadenwahl)<br />

schlieBlich jeden Weg verlegte <strong>zur</strong> Frage bzw. <strong>zur</strong> moglichen<br />

Notigung in die Frage nach der Wahrheit des Seyns. Und jetzt<br />

solI das Er-denken dennoch der Gang in die Wahrheit des<br />

Seyns werden, nicht nur ohnehin das Denken, sondern gleichsam<br />

die hochste Steigerung seiner Herrschaft, das Er-denken,<br />

worin sich gleichsam die vollige Abhangigkeit des Seyns vom<br />

Denken ausspricht? So sieht es aus und muB es aussehen, wenn<br />

wir aus der geschichtlichen Besinnung auf die Leitfrage und<br />

ihren Leitfaden herkommen.<br />

* vgl. Dberlegungen VII, 78 ff.<br />

Aber es sieht nur so aus. Urn hier dem Schein zu entgehen,<br />

als wiirde fur die Grundfrage nur erst recht der Leitfaden der<br />

Leitfrage in Anspruch genommen, was nach dem Vorigen doch<br />

widersinnig ware, muB eine Unterscheidung am Beginn stehen,<br />

deren Versaumnis ja auch die Besinnung auf die Geschichte<br />

der Leitfrage und ihrer Leitfadenwahl stets verwirrt.<br />

Das Denken (1) ist einmal gemeint als Name fur die Art des<br />

Fragens und damit uberhaupt die Art der Beziehung der fragenden<br />

Beziehung des Menschen zum Sein des Seienden, das<br />

Denken im Sinne der Grundhaltung des »Denkers« (des Philosophen)<br />

(Denken als Fragen der Seinsfrage).<br />

Das Denken (2) ist aber zum anderen gemeint als Name fur<br />

den Leitfaden, den das Denken (1) gebraucht, urn den Gesichtskreis<br />

zu besitzen, innerhalb dessen das Seiende als solches<br />

hinsichtlich der Seiendheit ausgelegt wird (Denken als Leitfaden<br />

jenes Fragens).<br />

Nun wird durch eine bestimmte Auslegung des Seins (als<br />

tllEu) das VOELV des Parmenides zum VOELV des IltuMYElJI'tm bei<br />

Plato. Der A6yoq, des Heraklit wird zum A6yoq, als Aussage,<br />

wird Leitfaden der »Kategorien« (Plato: »Sophistes«). Die Verkoppelung<br />

beider <strong>zur</strong> ratio und d. h. die entsprechende Fassung<br />

von vouq, und A6yoq, bereitet sich bei Aristoteles vor. Die<br />

ratio wird »mathematisch« seit Descartes; dies ist nur moglich,<br />

weil dieses mathematische Wesen seit Plato angelegt und als<br />

eine Moglichkeit in der aAf]{}ELU der

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