Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe

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398 VI. Die Zu-kiinftigen zur auBersten Besinnung? Diese Entschlossenheit aber wachst auf aus der Offenheit ftir das Notwendige, das die Erfahrung der Not der Seinsverlassenheit unumgehbar macht. Die Erfahrung dieser Not aber hangt wieder ab von der GroBe der Kraft der Erinnerung, im Ganzen von der Herr-schaftlichkeit des Wissens. Fragen dieser Art ist die Verhaltenheit des Suchens, wo und wie die Wahrheit des Seins sich grtinden und bergen lasse. Suchen ist nie ein bloBes Nochnichthaben, ein Entbehren. So gesehen, wird es nur auf das erreichte Ergebnis verrechnet. Zuerst und eigentlich ist das Suchen das Vor-gehen in den Bereich, in dem Wahrheit sich eroffnet oder versagt. Suchen ist in sich zukiinftig und ein In-die-Nahe-kommen zum Sein. Das Suchen bringt den Suchenden erst zu ihm selbst, d. h. in die Selbstheit des Da-seins, in dem Lichtung und Verbergung des Seienden geschieht. Das Selbst-sein ist der schon im Suchen liegende Fund, die sichere Leuchte, die alIer Verehrung voranleuchtet, kraft deren allein wir offen sind ftir den Anklang de8 Einzigsten und GroBten. 251. Das Wesen des Volkes und Da-sein* Ein Volk ist nur Volk, wenn es in der Findung seines Gottes seine Geschichte zugeteilt erhalt, jenes Gottes, der es tiber sich selbst hinwegzwingt und es so in das Seiende zuriickstellt. Nur dann entgeht es der Gefahr, urn sich seIber zu kreisen und das, was nur Bedingungen seines Bestandes sind, zu seinem Unbedingten zu vergotzen. Aber wie soll es den Gott finden, wenn nicht jene sind, die fiir es verschwiegen suchen und als diese Sucher sogar dem Anschein nach gegen das noch nicht volkhafte »Volk« stehen mtissen! Diese Suchenden jedoch mtissen selbst erst sein; als seiende sind sie vorzubereiten. Da-sein, was * vgl. Die Griindung, Das Dasein; vgl. Dberlegungen V, 35 f. 252. Das Da-sein und die Zukiinftigen des letzten Gattes 399 ist es anderes als die Griindung des Seins dieser Seienden, der Zukiinftigen des letzten Gottes. Das Wesen des Volkes griindet in der Geschichtlichkeit der Sichgehorenden aus der Zugehorigkeit zu dem Gott. Aus dem Ereignis, worin diese Zugehorigkeit geschichtlich sich griindet, entspringt erst die Begriindung, warum »Leben« und Leib, Zeugung und Geschlecht, Stamm, im Grundwort gesagt: die Erde, zur Geschichte gehoren und in ihrer Weise wieder die Geschichte in sich zuriicknehmen und in alldem nur dem Streit von Erde und Welt dienstbar sind, getragen von der innersten Scheu, je ein Unbedingtes zu sein. Denn ihr Wesen ist ja, weil innig dem Streit, zugleich nahe dem Ereignis. 252. Das Da-sein und die Zukiinftigen des letzten Gottes Die einfachsten, aber auBersten Gegensatze wird dieser Gott tiber seinem Volk aufrichten als die Bahnen, auf denen es tiber sich hinauswandert, urn sein Wesen einmal noch zu finden und den Augenblick seiner Geschichte auszuschopfen. Welt und Erde werden in ihrem Streit Liebe und Tod in ihr Hochstes heben und in die Treue zum Gott und das Bestehen der Wirrnis zusammenschlieBen in der vielfachen Bewaltigung der Wahrheit des Seienden. Die Zukiinftigen des letzten Gottes werden in der Bestreitung dieses Streites das Ereignis erstreiten und im weitesten Rtickblick sich des groBten Geschaffenen als der erftilIten Einmaligkeit und Einzigkeit des Seins erinnem. Daneben wird das Massenhafte aIle Ranke seines Tobens loslassen und alIes Unsichere und Halbe, alIes nur mit dem Bisherigen Sichvertrostende abschwemmen. Wird dann die Zeit der Gotter um sein und der RtickfalI in das bloBe Leben weltarmer Wesen beginnen, denen die Erde nur noch als das Ausnutzbare geblieben? Verhaltenheit und Verschwiegenheit werden die innigste Feier des letzten Gottes sein und die eigene Weise des Zutrau­ -'

400 VI. Die Zu-kiinftigen ens zur Einfachheit der Dinge und die eigene Stromung der 1nnigkeit der beriickenden Entriickung ihrer Werke sich erringen, die Bergung der Wahrheit wird das Verborgenste verborgen sein lassen und ihm so die einzige Gegenwart leihen. Heute sind schon Wenige dieser Zukiinftigen. 1hr Ahnen und Suchen ist kaum kenntlich fiir sie selbst und ihre echte Unruhe; diese Unruhe aber das ruhige Bestandnis der Zerkliiftung. Sie tragt eine GewiBheit, die yom scheuesten und fernsten Wink des letzten Gottes getroffen ist und auf den Einfall des Ereignisses zugehalten wird. Wie in der verhaltenen Verschwiegenheit dieser Wink als Wink bewahrt wird, und wie solche Bewahrung immer zugleich steht im Abschiednehmen und Ankommen, in der Trauer und in der Freude zumal, in jener Grundstimmung der Verhaltenen, der sich allein die Zerkliiftung des Seyns offnet und verschlieBt. Frucht und Zufall, Anfall und Wink. Die wenigen Zukiinftigen ziihlen zu sich die wesentlich Unscheinbaren, denen keine Offentlichkeit gehort, die aber in ihrer inneren Schonheit das Vorleuchten des letzten Gottes sammeln und wieder den Wenigen und Seltenen im Widerstrahl schenken. Sie aile griinden das Da-sein, durch das der Einklang der Gottniihe schwingt, die sich nicht iiberhebt und auch nicht versinkt, sondern die Festigkeit der innigsten Scheu sich zum einzigsten Schwingungsraum genommen. Da-sein - Durchriickung aller Beziige von Fernung und Niihe (Anfall) des letzten Gottes. Das UnmaB des nur Seienden, des Unseienden im Ganzen und die Seltenheit des Seins, weshalb man die Gotter innerhalb des Seienden sucht. Wenn man sucht und nicht findet und daher in verzwungene Machenschaften sich einzwingt, keine Freiheit des verhaltenen Wartens und Erwartenkonnens einer Begegnung und eines Winkes. Der Edelmut der Fiigung und die Riistigkeit des Vertrauens in den Wink, der aufgrollende Grimm des Furchtbaren, Da-sein sei die innerste Ordnung, aus der erst die Bestreitung ihr Gesetz nimmt. Sie iiberstrahlt alles 252. Das Da-sein und die Zukiinftigen des letzten Gottes 401 Begegnende und liiBt uns erst das Einfache des Wesentlichen erfahren. Die Ordnung ist das Einfachste Sichzeigende und wird gern falschlich als etwas »neben« und »iiber« den Erscheinungen angesehen, d. h. nicht gesehen. Die Zukiinftigen, die im gegriindeten Da-sein 1nstiindlichen des Gemiites der Verhaltenheit, auf die allein das Sein (Sprung) als Ereignis zu-kommt, sie ereignet und zur Bergung seiner Wahrheit ermiichtigt. Holderlin ihr weitherkommender und daher zukiinftigster Dichter. Halderlin ist der Zukiinftigste, weil er am weitesten herkommt und in dieser Weite das GraBte durchmif3t und verwandelt. ./

398 VI. Die Zu-kiinftigen<br />

<strong>zur</strong> auBersten Besinnung? Diese Entschlossenheit aber wachst<br />

auf aus der Offenheit ftir das Notwendige, das die Erfahrung<br />

der Not der Seinsverlassenheit unumgehbar macht. Die Erfahrung<br />

dieser Not aber hangt wieder ab von der GroBe der Kraft<br />

der Erinnerung, im Ganzen von der Herr-schaftlichkeit des<br />

Wissens.<br />

Fragen dieser Art ist die Verhaltenheit des Suchens, wo und<br />

wie die Wahrheit des Seins sich grtinden und bergen lasse.<br />

Suchen ist nie ein bloBes Nochnichthaben, ein Entbehren.<br />

So gesehen, wird es nur auf das erreichte Ergebnis verrechnet.<br />

Zuerst und eigentlich ist das Suchen das Vor-gehen in den Bereich,<br />

in dem Wahrheit sich eroffnet oder versagt. Suchen ist in<br />

sich zukiinftig und ein In-die-Nahe-kommen zum Sein. Das<br />

Suchen bringt den Suchenden erst zu ihm selbst, d. h. in die<br />

Selbstheit des Da-seins, in dem Lichtung und Verbergung des<br />

Seienden geschieht.<br />

Das Selbst-sein ist der schon im Suchen liegende Fund, die<br />

sichere Leuchte, die alIer Verehrung voranleuchtet, kraft deren<br />

allein wir offen sind ftir den Anklang de8 Einzigsten und<br />

GroBten.<br />

251. Das Wesen des Volkes und Da-sein*<br />

Ein Volk ist nur Volk, wenn es in der Findung seines Gottes<br />

seine Geschichte zugeteilt erhalt, jenes Gottes, der es tiber sich<br />

selbst hinwegzwingt und es so in das Seiende <strong>zur</strong>iickstellt. Nur<br />

dann entgeht es der Gefahr, urn sich seIber zu kreisen und das,<br />

was nur Bedingungen seines Bestandes sind, zu seinem Unbedingten<br />

zu vergotzen. Aber wie soll es den Gott finden, wenn<br />

nicht jene sind, die fiir es verschwiegen suchen und als diese<br />

Sucher sogar dem Anschein nach gegen das noch nicht volkhafte<br />

»Volk« stehen mtissen! Diese Suchenden jedoch mtissen<br />

selbst erst sein; als seiende sind sie vorzubereiten. Da-sein, was<br />

* vgl. Die Griindung, Das Dasein; vgl. Dberlegungen V, 35 f.<br />

252. Das Da-sein und die Zukiinftigen des letzten Gattes 399<br />

ist es anderes als die Griindung des Seins dieser Seienden, der<br />

Zukiinftigen des letzten Gottes.<br />

Das Wesen des Volkes griindet in der Geschichtlichkeit der<br />

Sichgehorenden aus der Zugehorigkeit zu dem Gott. Aus dem<br />

<strong>Ereignis</strong>, worin diese Zugehorigkeit geschichtlich sich griindet,<br />

entspringt erst die Begriindung, warum »Leben« und Leib,<br />

Zeugung und Geschlecht, Stamm, im Grundwort gesagt: die<br />

Erde, <strong>zur</strong> Geschichte gehoren und in ihrer Weise wieder die<br />

Geschichte in sich <strong>zur</strong>iicknehmen und in alldem nur dem Streit<br />

von Erde und Welt dienstbar sind, getragen von der innersten<br />

Scheu, je ein Unbedingtes zu sein. Denn ihr Wesen ist ja, weil<br />

innig dem Streit, zugleich nahe dem <strong>Ereignis</strong>.<br />

252. Das Da-sein und die Zukiinftigen des letzten Gottes<br />

Die einfachsten, aber auBersten Gegensatze wird dieser Gott<br />

tiber seinem Volk aufrichten als die Bahnen, auf denen es tiber<br />

sich hinauswandert, urn sein Wesen einmal noch zu finden und<br />

den Augenblick seiner Geschichte auszuschopfen.<br />

Welt und Erde werden in ihrem Streit Liebe und Tod in ihr<br />

Hochstes heben und in die Treue zum Gott und das Bestehen<br />

der Wirrnis zusammenschlieBen in der vielfachen Bewaltigung<br />

der Wahrheit des Seienden.<br />

Die Zukiinftigen des letzten Gottes werden in der Bestreitung<br />

dieses Streites das <strong>Ereignis</strong> erstreiten und im weitesten<br />

Rtickblick sich des groBten Geschaffenen als der erftilIten Einmaligkeit<br />

und Einzigkeit des Seins erinnem. Daneben wird das<br />

Massenhafte aIle Ranke seines Tobens loslassen und alIes Unsichere<br />

und Halbe, alIes nur mit dem Bisherigen Sichvertrostende<br />

abschwemmen. Wird dann die Zeit der Gotter um sein<br />

und der RtickfalI in das bloBe Leben weltarmer Wesen beginnen,<br />

denen die Erde nur noch als das Ausnutzbare geblieben?<br />

Verhaltenheit und Verschwiegenheit werden die innigste<br />

Feier des letzten Gottes sein und die eigene Weise des Zutrau­<br />

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