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Ralph Tegtmeier

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Freuds Begriff nahegelegt wird. Ja wenn man es genau nimmt und<br />

der Tatsache Rechnung trägt, daß der Anteil des Unbewußten an<br />

die 90% der Gesamtpsyche ausmacht, e s also schon kraft Masse<br />

die eigentliche »Vorherrschaft« hat, müßte man sonst nämlich<br />

pikanterweise gerade das Bewußtsein als das wirkliche<br />

Unterbewußte definieren!<br />

Betrachten wir das Modell »Unbewußtes/Bewußtsein« einmal von<br />

der praktischen Seite. Der Mensch erfährt sich in der Regel vor<br />

allem als bewußtes Wesen, weshalb er auch immer wieder dazu<br />

neigt, das Bewußtsein zu überschätzen oder es gar für<br />

alleinseligmachend zu halten. Aus einer solchen Einstellung,<br />

und wir alle haben sie in mehr oder weniger aus geprägtem Maße,<br />

spricht sowohl Arroganz als auch Angst: Arroganz, indem wir<br />

meinen, die Welt enthalte ausschließlich das, was wir als<br />

existent wahrnehmen und begreifen; Angst, weil wir uns vor dem<br />

fürchten, was an Unbekanntem, eben Nicht - Bewußtem im<br />

Unbewußten ruht oder - je nach Einstellung - lauert. Die<br />

Arroganz ist zwar sehr menschlich und verständlich, stellt aber<br />

eine dauernde Gefahr dar, weil sie auf dem Irrtum beruht,<br />

unsere Entscheidungen seien stets bewußter und rationaler Art.<br />

Die Angst dagegen ist durchaus berechtig, sofern wir weiterhin<br />

auf eine derart unreflektierte, ja törichte Weise mit den<br />

Kräften unseres Unbewußten umgehen. Ein Beispiel soll dies<br />

erläutern.<br />

Wenn wir einen vollen Kinosaal betrachten, in dem plötzlich<br />

jemand »Feuer!« ruft, werden wir schnell eines Besseren<br />

belehrt, wenn wir wirklich geglaubt haben sollten, daß wir rein<br />

rationale, bewußt handelnde Wesen seien. Plötzlich wird selbst<br />

der vernunftbetonteste Mensch zur wilden Bestie und versucht<br />

auf Gedeih und Verderb, den Ausgang zu erreichen - mit<br />

Ellenbogen und Fußtritten, wenn es sein muß, und ohne sich viel<br />

darum zu scheren, wer von seinen Nachbarn daran glauben muß.<br />

Dabei ist es keineswegs böse Absicht, wenn einige Menschen von<br />

anderen zu Tode getrampelt werden. Wir haben es mit einem fast<br />

völlig unbewußten Akt zu tun, bei dem der biologische<br />

Überlebensinstinkt und der Revierfluchttrieb vorübergehend die<br />

Oberhand gewinnen. Kommt hinzu eine ebenso unbewußte,<br />

instinktive Furcht vor dem Feuer, wie sie praktisch allen<br />

Säugetieren zueigen ist - und schon bleibt vom »bewußten Wesen«<br />

Mensch nicht mehr sehr viel übrig. Er gebärdet sich als reines<br />

Herdentier und wird von Panik und Hysterie beherrscht. Um der<br />

einen Gefahr auszuweichen, begibt er sich möglicherweise in<br />

eine viel größere.<br />

Dieses Beispiel ist nicht nur ein Hinweis darauf, wie mächtig<br />

unser Unbewußtes eingreifen und alles beherrschen kann, wenn es<br />

dies für erforderlich hält (hier: bei Lebensgefahr). Im Alltag<br />

ist es oft ebenso beherrschend, nur zeigt sich dies meist<br />

weniger offensichtlich. Wenn wir freilich einmal darauf achten,<br />

wie wenig rational unsere Abneigungen gegen bestimmte Dinge<br />

oder Menschen (ebenso natürlich unsere Vorlieben) oft sind, wie<br />

häufig wir rein nach Gefühl handeln (das Gefühl gilt uns ja<br />

meist als eine Art »verlängerter Arm« des Unbewußten), nicht

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