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Konig Rudolf von Frankreich - Bibliothèque numérique de l'école ...

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Herrn Professor Dr. Wilh. Arndt<br />

zu Leipzig<br />

mm<br />

Herrn Professor 1)1 . . Otto Meitzer<br />

'tAl I)res<strong>de</strong>ii<br />

in Verehrung gewitirn et.<br />

Documefll<br />

l liii I II ll ll II lItl •••'<br />

0000005628254


<strong>Rudolf</strong>us rex noti aspernandus, si causa perin<strong>de</strong> ac fortitutline<br />

valuisset. Diii cum fortuna et adversis hominum anirnis<br />

colluctatus, tan<strong>de</strong>m vicit Galliamque in obsequio habuit, fructus<br />

lahorum non <strong>de</strong>gustavit.<br />

Leibniz.


Einleitung<br />

<strong>Frankreich</strong> unter Karl III. bis zur Wahl <strong>Rudolf</strong>s.<br />

Das westfränkische Heidi umfasste zum letzten Male unter<br />

Karl <strong>de</strong>m Kahlen und seinem Sohn Ludwig alle die Län<strong>de</strong>r in<br />

seinen Grenzen, die im wesentlichen das neuere <strong>Frankreich</strong> bil<strong>de</strong>n.<br />

Alsbald nach Ludwigs Tod begann die Zerbröckelung; die Bretagne<br />

war unter Man fast unabhängig und zwei andre Gebiete traten<br />

sogar völlig aus <strong>de</strong>in Staatsverbaml aus und erkannten auch (liC<br />

Oberlehnsherrlichkeit <strong>de</strong>r französischen Könige nicht mehr an:<br />

Nielelburgund o<strong>de</strong>r Provence, wo die Wahl <strong>de</strong>r Grossen dcii<br />

Herzog Boso zum Königsthron beriet, und Hochburgund, wo <strong>de</strong>r<br />

Wclfe <strong>Rudolf</strong> <strong>de</strong>m Reispiele Bosos folgte. Grössere Gefahr als<br />

diese Loslösungen an <strong>de</strong>n Grenzen brachte <strong>de</strong>m Bestand <strong>de</strong>s<br />

Reiches die Spaltung in zwei feindliche Lager. als ein Teil <strong>de</strong>r<br />

Grossen im Hinblick auf diedrohen<strong>de</strong>n äusseren Gefahren zu<br />

Ungunsten <strong>de</strong>s unmündigen Karl <strong>von</strong> <strong>de</strong>r karolingischen Geschlechtserbfolge<br />

abging und <strong>von</strong> seinem fast geschwun<strong>de</strong>nen Wahlrecht<br />

Gebrauch machend, <strong>de</strong>m bewährten Grafen Ob, <strong>de</strong>in Sohn <strong>de</strong>s<br />

Markgrafen Robert <strong>de</strong>s Tapferen, die Krone übertrug, während<br />

<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Teil sich gegen diesen ablehnend verhielt und einige<br />

Jahre darauf Karl zum Gegenkönig erhob. Nach mehrjährigem<br />

Kampfe fand diese Spaltung jedoch einen günstigen Abschluss,<br />

in<strong>de</strong>m Odo sterbend <strong>de</strong>m Gegner die Wege zur Alleinherrschaft<br />

ebnete und <strong>de</strong>in Reiche <strong>de</strong>n inneren Frie<strong>de</strong>n zurückzugeben sich<br />

bemühte. Karl, an <strong>de</strong>n sich schon früh <strong>de</strong>r Beiname <strong>de</strong>s Einfaltigen<br />

geheftet hat, i) ward mit Ausnahme <strong>de</strong>r erwähnten Son<strong>de</strong>r-<br />

1) Für Karl ist als Ehrenretter Bo]guet aufgetreten mit seiner }twie<br />

sur le <strong>de</strong> rg,ie Ch.-1.-S, in <strong>de</strong>n Mm. <strong>de</strong> lArad. royale <strong>de</strong> Bruxelles (1843)<br />

Bd. XVTI aber in durchaus voreingenommener Weise, vgl. z. B. p. 7 <strong>de</strong>s<br />

Sep. abdr. seine Uebersetzung <strong>von</strong> Richer 1, 14, Nicht 'l'hietmar v. Merseburg


staaten nun im ganzen Westfrankenreich anerkannt; waren auch<br />

damit keineswegs die innern Kriege aus <strong>de</strong>r Welt geschafft 1 --<br />

fast in allen Teilen <strong>de</strong>r Monarchie führten aufstreben<strong>de</strong> Dynasten<br />

beständig heftige Kriege unter einan<strong>de</strong>r - so gab es doch wie<strong>de</strong>r<br />

eine Centralgewalt, <strong>de</strong>r alle Provincialgewalten unterthan waren,<br />

bisweilen freilich nur <strong>de</strong>r Theorie nach. Auch die Verleihung<br />

<strong>de</strong>r neustrischen Küstengebiete an <strong>de</strong>r Seinemündun g an die normannischen<br />

Raubschaaren Rollos war kein direkter Verlust für die<br />

wirkliche Macht <strong>de</strong>s Königtums. Lange Zeit ist es ja traditionell<br />

gewesen, gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>swegen Karlals erbärmlichen Schwächung zu<br />

brandmarken; dagegen hat sich eine Gegenströmun g erhoben, die<br />

jene Verleihung als ein ganz vortreffliches Werk weiser Staatskunst<br />

preist — bei<strong>de</strong>s mit Unrecht, we<strong>de</strong>r Ta<strong>de</strong>l noch Lob kaiiii<br />

<strong>de</strong>shalb <strong>de</strong>m König zu Teil wer<strong>de</strong>n. Die .Landahtretung war die<br />

einzige Mö glichkeit einer Abhilfe und die Verantwortung dafür<br />

fällt <strong>de</strong>n grossen Vasallen zu, die durch ihre Gleichgilti gkeit gegenüber<br />

<strong>de</strong>n allgemeinen Interessen, durch ihre Abneigung für dieselben<br />

Opfer zu bringen, <strong>de</strong>n König, <strong>de</strong>ssen eigne Hilfsmittel zur<br />

Abwehr nicht ausreichten, zwangen diesen Ausweg zu betreten;<br />

Einbusse erlitt ja <strong>de</strong>r Kronbesitz nicht, <strong>de</strong>nn jene Gebiete stan<strong>de</strong>n<br />

1, 13, Moii. Germ. 55. III, 741 <strong>de</strong>r die ersten 5 Bücher 1012 fertig hatte<br />

ist <strong>de</strong>r Erste, <strong>de</strong>r einen Beinamen ab incolis Karl Sot i. e. stolidus ironice<br />

dictus für Karl hat, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>n Ansatz bietet schon Cont. Tiegin. (um 960<br />

‚ Trier) zu 925, Al. G. SS. 1 1 616 (vir hebetis ingenii), und <strong>de</strong>n Spottnamen<br />

selbst die Mirac S. Apri (5. Evre bei Toul) c. 22, SS. IV, 517 (a sui-, cognoininatus<br />

Siinplex). die früher Adso <strong>von</strong> Der (-- 992) zugeschrieben wur<strong>de</strong>n,<br />

sicher aber noch <strong>von</strong> einem an<strong>de</strong>ren Zeitgenossen sehr bald nach <strong>de</strong>m Tod<br />

Gcrhards <strong>von</strong> Toul (994) um 995 aufgezeichnet sind, ferner Aimoins Mirac. S.<br />

Bened. Bq. (= Bouquet, Hecucil <strong>de</strong>s histor. <strong>de</strong>s Gaules et <strong>de</strong> la France)<br />

IX, 137 (Siniplex) die 1005 entstan<strong>de</strong>n. Also gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 10. Jahrh.<br />

hatte die Ta<strong>de</strong>lsbezeichnung schon ausserhalb <strong>Frankreich</strong>s Geltung erlangt<br />

muss <strong>de</strong>mnach, da diese Quellen sich auf französischen Gebrauch berufen, in<br />

<strong>Frankreich</strong> selbst noch früher entstan<strong>de</strong>n sein. Neben <strong>de</strong>m seit <strong>de</strong>m 11..lahrh.<br />

allgemein üblich wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Simplex und <strong>de</strong>n beson<strong>de</strong>rn Gruppen allgeliörigen<br />

Follus (Chr.An<strong>de</strong>g., Malleac., Sahnur,, Kiniperleg.), Stultus (Chr. Naninet.,<br />

Turon. almur., breve Turon., lib. <strong>de</strong> ca.stri Ambasiac u. a.), hehes (Rod.<br />

(Hab.), insilricns (A<strong>de</strong>in. Cahann.) fin<strong>de</strong>n sich loben<strong>de</strong> Namen im Ohr. S. Ben.<br />

Div. Bq. VIII, 213 Sanctus) und Fragm. <strong>de</strong> <strong>de</strong>struet. cccl. Corbeieiis. (Duchesne<br />

Ser. 11, 59 Phis). Son<strong>de</strong>rbarer Weise kommt für Karl im Ohr. S.<br />

Mart. Turon. und Chr. Salmur. (Bq. VIII, 316, IX, 55) selbst <strong>de</strong>r Name<br />

Capet vor, <strong>de</strong>n ausser Kg. Hugo auch noch <strong>de</strong>ssen Vater Hugo (sonst Magnus<br />

o<strong>de</strong>r Allius) und Kg. <strong>Rudolf</strong>e Bru<strong>de</strong>r Hugo (sonst Niger) erhalten.


L<br />

gleichfalls nicht unter <strong>de</strong>r unmittelbaren Herrschaft <strong>de</strong>s Königs,<br />

wechselten also nur <strong>de</strong>n Herrn. während <strong>de</strong>r König nach wie vor<br />

Oberlehnsherr blieb. 1) Zu gleicher Zeit, wo dieses Ereignis sich<br />

im Nordwesten abspielte, wuchs <strong>de</strong>m Reiche im Nordosten ciii<br />

grosses Gebiet zu : das alte Königreich Lothringen schloss sich<br />

an Karl an, und dies be<strong>de</strong>utete nicht einen nur i<strong>de</strong>ellen Gewinn<br />

für das Königtum, son<strong>de</strong>rn auch einen reellen. wie später die<br />

Bürgerkriege zeigten, in welchen Karl gera<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n Lothiringern<br />

eine seiner Hauptstützen fand.-)<br />

Sein Reich <strong>de</strong>hnte sieh seit dieser Zeit (91) vom Meere<br />

bis zum Rhein und zur Saöne aus, während es die Rhone nicht<br />

erreichte; im Sü<strong>de</strong>n überschritt es <strong>de</strong>n östlichen Teil <strong>de</strong>r Pyrenäen<br />

und zog die spanische Mark in seine Grenzen, Dieses weite<br />

Gebiet zerfiel in eine grosse Anzahl weltlicher und geistlicher<br />

Unterherrschaften ; Hauptteile waren die Markgrafschaft Frau cien<br />

o<strong>de</strong>r Neustrien und die Herzogtümer Burgund, Normandie und<br />

Aquitanien ; ihnen gesellten sich zahlreiche Grafschaften zu, <strong>de</strong>ren<br />

Inhaber teils direkt unter <strong>de</strong>m König stan<strong>de</strong>n ‚ wie Vermandois,<br />

Flan<strong>de</strong>rn, die spanischen Grafschaften, teils Vasallen <strong>de</strong>r ilerzoge<br />

waren, wie Anjou ‚ Poitou, Toulouse, Rouergue und zahlreiche<br />

min<strong>de</strong>r mächtige 3); <strong>de</strong>nn schon war die Auflösung <strong>de</strong>r alten Gauverfassung<br />

sehr weit vorgeschritten. Vielfach waren mehrere<br />

Gaue in einer Hand vereinigt, an<strong>de</strong>rwärts hatten sich auch Gaue<br />

in mehrere Grafschaften zerteilt, <strong>de</strong>nen sich als Herrschaftsgebiete<br />

die Vicegrafschaften 4) anschlossen, da auch <strong>de</strong>r Vicegraf nicht<br />

mehr ein königlicher Verwaltungsbeamter neben, bezüglich unter<br />

<strong>de</strong>m Grafen war, son<strong>de</strong>rn ein Grundherr wie jener und die Unterordnung<br />

<strong>de</strong>r provincialen Gewalten unter einan<strong>de</strong>r sich lediglich<br />

1) Vgl. Depping, histoire <strong>de</strong>s expditiou maritimes <strong>de</strong>s Normands (Pari<br />

1896, II, p. 107 1V: Licquct, hist. <strong>de</strong> Normandie (Rotten 1835) 1 1 p. 74 ff;<br />

Lair in <strong>de</strong>r Einleitung seiner Dudoausgabe Oaen 1865) p. 62 IV, 94 IV.<br />

2) Irrig wird wie<strong>de</strong>rholt angenommen, auch das Elsass sei Karl Zugefallen,<br />

so Borgnet, 1. c. p. 30. Warnkoenig et (i)rard, Lust. <strong>de</strong>s Carolingiens<br />

Drux. 1862) II 886; dagogen Dütumler, Gesch, <strong>de</strong>s ibstfrlItik. Reichs (Berlin<br />

1865) II, 578 590, Weuuuiing, Die Bestrebungen <strong>de</strong>r franzOs. <strong>Konig</strong>e <strong>de</strong>s 10.<br />

Jahrh., Lothr, f. <strong>Frankreich</strong> zu gewinnen (Progr. <strong>de</strong>s Gymnasiums zu Hanau,<br />

1884) p. 6.<br />

8) Vgl. Warnkönig und Stein, Französische Staats- im. Rechtsgesc.hichte<br />

(Basel 1846) 1, 120 (eine Tabelle, die freilich mancher Aen<strong>de</strong>rungen bedarf)<br />

und die 1Jebcricht ib, 176-201.<br />

4) lieber die Vicomts s. <strong>de</strong> Lasteyrie. &tuilcs s. 1. comntes et vicomtes<br />

<strong>de</strong> Limoges, Bibl. <strong>de</strong> l'c. d. haut. tud. (1874 Paris) fase. 18.


8<br />

zu einer Machtfrage gestaltet hatte. Die geistlichen Wür<strong>de</strong>nträger<br />

waren zum Teil nur Geschöpfe ihrer mächtigeren Lan<strong>de</strong>sherrn (so<br />

in Neustrien und Burgund) 1), zum Teil entwickelte sich aber neben<br />

<strong>de</strong>n weltlichen Herrschaften eine mehr lan<strong>de</strong>sherrliche Stellung<br />

<strong>de</strong>r Bischöfe; allen voran stand das Irzbistum Reims, das in allen<br />

Verhältnissen als einer <strong>de</strong>r Hauptfaktoren <strong>de</strong>s politischen Lebens<br />

hervortritt. Gegen die drücken<strong>de</strong> Uebermacht seiner Fürsten, die<br />

aus Beiräten nur zu leicht zu Gebietern und Bedrängern wur<strong>de</strong>n,<br />

suchte Karl Hilfe, in<strong>de</strong>m er die geistlichen Herren begünstigte,<br />

bei <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Mangel <strong>de</strong>r Erbfolge eine grössere Abhängigkeit vorn<br />

Königals oberstem Schutzherrn <strong>de</strong>r Kirche 2) bedingte als bei <strong>de</strong>n<br />

durch ihr ziemlich gesichertes Erbre.cht mächtigen Dvnasten,<br />

Dies Bestreben bat ihm auch seine Früchte getragen ; <strong>de</strong>r ileimser<br />

Erzbischof war es, <strong>de</strong>r während <strong>de</strong>r letzten Jahre Karls fast allein<br />

voti <strong>de</strong>n westfränkischen Grossen <strong>de</strong>n König aufrecht erhielt.<br />

Ferner zog dieser Leute <strong>von</strong> geringerer herkunft in seine nähere<br />

Umgebung, die als seine Geschöpfe lediglich auf ihn angewiesen<br />

waren und <strong>de</strong>ren persönliches Wohl und Wehe ihnen Eifer und<br />

Treue im Dienste <strong>de</strong>s Herrschers zur Pflicht machte. Beson<strong>de</strong>rs<br />

letzterer Umstand rief <strong>de</strong>n lebhaftesten Unwillen <strong>de</strong>r Fürsten<br />

hervor zu stark beherrschten schon die feudalen Anschauungen<br />

die Gemüter, als dass die mächtigen Herren es ruhig hätten ertragen<br />

sollen, dass ein andrer Einfluss, zumal <strong>de</strong>r eines Unebenbürtigen,<br />

heim Könige stärker sei als <strong>de</strong>r seiner grossen Vasallen ).<br />

Dem Austrasier Hagano war es gelungen, das höchste Vertrauen<br />

Karls zu gewinnen. Als homo niediocris hatte er sich,<br />

unterstützt durch seine Verwandtschaft mit einflussreich en Personen<br />

in Lothringen und getragen <strong>von</strong> <strong>de</strong>r unwan<strong>de</strong>lbaren Gunst <strong>de</strong>s Königs,<br />

zur Wür<strong>de</strong> eines Comes und vielleicht sogar für einige Zeit zu<br />

einer herzoglichen o<strong>de</strong>r doch herzogsglcichen Stellung in Lothringen<br />

erhoben, in<strong>de</strong>m er wohl die durch <strong>de</strong>n unruhigen und hochfahren-<br />

1) Vgl. z. B. Gesta pontif. Autissiodormsium, die 1{z. Riehard als fast<br />

unusns(hrdnkten Herrn <strong>de</strong>s Bistums zeigen, Biblioth. histor. <strong>de</strong> IVonne (cd.<br />

Duru 1850, Paris, Auxerre) 1, 367, 372, 374. S. auch Warnkanig und Stein.<br />

1. c. 1, 222 if.<br />

2) Vgl. für diese Zeit <strong>de</strong>n Brief P. ‚Johanns X. an Karl im I4ütticher<br />

Bisehofsstreit 921, Bq. IX, 216, an Köln il). 215.<br />

3) Auch an<strong>de</strong>rwärts begegnet uns in jener Zeit dieselbe Erscheinung;<br />

Kg. Zwentebulch <strong>von</strong> Lethr. wur<strong>de</strong> es gl eichfalls zum Vorwurf gemacht, dass<br />

er die Vornehnien zurücksetze und mit Geringeren die Reichsgeschäfte ordne.<br />

Beginn, Ohren. ad 900, M. G. SS. 1, 609.


9<br />

<strong>de</strong>n Sinn Oisilberts 1) verursachten Wirren im Dienste Karls ZUgleich<br />

auch geschickt zu seinem eigenen Vorteil zu verwen<strong>de</strong>n<br />

wusste 2)<br />

Im Jahre 920 brach gegen ihn <strong>de</strong>r erste Sturm los, <strong>de</strong>r zugleich<br />

gegen das Königtum selbst gerichtet war. Karl zeigte<br />

eine Festigkeit., die Seinem Charakter Ehre machen mag, die aber<br />

für ihn als Herrscher <strong>von</strong> <strong>de</strong>n ver]iängnisvollsten Folgen begleitet<br />

war. Noch gelang es diesmal <strong>de</strong>m kraftvollen Auftreten <strong>de</strong>s<br />

J-leriveus <strong>von</strong> Reims, <strong>de</strong>n König zu retten und ihn nach siebenmonatlichen<br />

Bemühungen und Opfern a in <strong>de</strong>r Herrschaft zu erhalten,<br />

aber es war nur ein zeitweiliges Zurückdrängen <strong>de</strong>r Katastrophe,<br />

die unausbleiblich über kurz o<strong>de</strong>r lang <strong>de</strong>n Thron umstürzen<br />

musste, da Karl auch durch die überstan<strong>de</strong>ne Gefahr nicht in<br />

seiner Zuneigung zu seiner jetzigen Umgebung wankend gewor<strong>de</strong>n<br />

war, in Lothringen hatte Karl damals auch einen Erfolg zu verzeichnen<br />

; gegen <strong>de</strong>n <strong>de</strong>signierten Bischof i-lilduin <strong>von</strong> Lüttich-<br />

Tongern, <strong>de</strong>r sich an <strong>de</strong>r Empörung beteiligt hatte, setzte er Richar,<br />

<strong>de</strong>n Abt <strong>von</strong> Prüm ‚ ein und erzielte schliesslich auch seine An-<br />

1) Diese Form ist gcwiili(t zur äusserlichen Unterscheidung <strong>de</strong>s Lothringers<br />

VOfl (1cm Burgun<strong>de</strong>r Gisleliert; bei<strong>de</strong> sind wie<strong>de</strong>rholt verwechselt<br />

wor<strong>de</strong>n, z. B. bei Bulliot, Essai histor. sur l'abbaye <strong>de</strong> S. Martin d'Autun<br />

(Antun 119) J, 164. Anm. 3, bei Haedieke, Etu<strong>de</strong> sur le royauine <strong>de</strong> Bourgogne<br />

et <strong>de</strong> I'rovunce 1 progr. du ccli. ru. Franc., Berlin 1805i p- 24, 31. ii. a.<br />

2) [eber ilagano : Fiodoard, Uhron. 9'20, 922, 55. HI.3fi, 370. lust.<br />

Remensis cccl.(Fl. H. E.) 1. IV, c. 15. SS. Xiii. 577: Folcuin, gesta abb.<br />

Sithiensium c. 99. SS. Xlii, 625 licher 1. 15, 16. 21 (nur nach <strong>de</strong>r Oktavausg.<br />

<strong>de</strong>r Mon. Germ. 55. c.itiert); Ekkehard. Cliruii. 55. Vl. 181 1. Vita S.<br />

Gerardi Broniensis, Bq. IX. 123. Bass <strong>de</strong>r Günstling nicht nnigennützig<br />

<strong>de</strong>n Vorteil <strong>de</strong>r Krone erstrebte, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>n eignen nicht vergass, zeigte die<br />

Eroberung <strong>von</strong> Laon wobei FInd. (1. c.) besondrer Erwähnung wert erachtet<br />

dass <strong>de</strong>r Schatz <strong>de</strong>s Hagano mit erbeutet wor<strong>de</strong>n sei. Ueber die erste Einp;rung<br />

vgl. ausser<strong>de</strong>m Anti. S. Colomlac Senonenisis 920 SS. T. 104. C. <strong>von</strong><br />

Kalckstein ‚ Gesch, <strong>de</strong>s französ. K(;nigthums unter <strong>de</strong>n ersten Capetingern<br />

(Leipzig, 1877) 1. 142 ff. Monrin, ]es Cointes <strong>de</strong> Paris (Paris 1869 p• 118 lt<br />

bekämpft die Hypothese, die Hagano als thätig für die Stärkung dir Eönigsmacht<br />

auffasst, und schil<strong>de</strong>rt ihn sehr ungünstig, freilich mit noch geringerer<br />

Begründung und auf so einfältige Erzählun gen sich stützend, wie die Vorzinilnerseene<br />

bei Ekkehard.<br />

3) Er hatte während dieser Zeit <strong>de</strong>n König bei sich und sein Gebiet<br />

bestritt die Kosten <strong>de</strong>s königlichen Hofhalts.


10<br />

erkennung durch die lothringischen Gegner und durch <strong>de</strong>n Papst.<br />

Gisilhert war im Verein mit an<strong>de</strong>rn Grossen seines Herzogtums<br />

gleichfalls abgefallen; <strong>de</strong>r Misserfolg <strong>de</strong>r neust.rischen Rebellen<br />

veranlasste ihn jedoch einzulenken und sich Karl wie<strong>de</strong>r zu unterwerfen<br />

Die Beziehungen zu Deutschland wur<strong>de</strong>n besser; 92()<br />

1)<br />

hatte <strong>de</strong>r König im Wormsgau bei Ffed<strong>de</strong>rsheim durch König<br />

Heinrich zwar eine Nie<strong>de</strong>rlage erlitten, als er die linksrheinischen<br />

<strong>de</strong>utschen Lan<strong>de</strong> an sich reissen wollte, aber im fol gen<strong>de</strong>n Jahre<br />

ZD<br />

kam es zunächst zu einem Waffenstillstand und schliesslich am<br />

1. November in Bonn zum Bald aber verdüsterten sich<br />

rriedp.11.2,<br />

die Aussichten <strong>de</strong>s Karolingers wie<strong>de</strong>r; am 1. September 21 war<br />

Herzog Richard <strong>von</strong> Burgund gestorben, neben Mark graf Robert<br />

<strong>de</strong>r mächtigste Vasall, aber dabei einer <strong>de</strong>r besten Fürsten <strong>de</strong>s<br />

Reichs, <strong>de</strong>r allerdings auch wie alle weltlichen Fürsten bisweilen<br />

gegen die Kirche eigenmächtig verfuhr, ;;,) selbst trotz seiner<br />

kirchlichen Gesinnung Kirchengut besass-1), jedoch auch sein Herzogtum<br />

sowohl gegen äussere Fein<strong>de</strong> zu schützen verstand --<br />

wie<strong>de</strong>rholte Normunnensie( ,-e legten da<strong>von</strong> Zeugnis ab -. als auch<br />

im Innern die Ordnung aufrecht erhielt, ein Bestreben, das unter<br />

<strong>de</strong>n Zeitgenossen selten war und ihm hei <strong>de</strong>r Nachwelt <strong>de</strong>n Ehrennamen<br />

<strong>de</strong>s Justitiarius verschaffte 5). Richard war ein treuer Anhänger<br />

Karls gewesen, und weiiii er auch in <strong>de</strong>r letzten Zeit nicht<br />

selbst für Karl eingetreten war, so war es doch für <strong>de</strong>n König<br />

1) Schreiben Karls M. G. LL. (Leges) 1, 565 Briefe Johanns X. Bq.<br />

IX, 915. 216 Ebd. 920 p. 369; Richer 1, c. 22-94; Fnlcuin, gesta abb.<br />

Lobiens. c. 19. SS, IV. 63, Anm Lobiens, 920 SS. 11, 210. Witt,ich in Forschungen<br />

z. <strong>de</strong>utsch, Gesch. III. 118 lt. id., Entstehung <strong>de</strong>s Herzogthums<br />

Lothringen, ((hittingen 1862) p. 99.<br />

2) Vertragsurkun<strong>de</strong> M. (i LL. 1.567; Flod. 920, 921. p. 369. heuer<br />

1. c.; Cuintiri. I{egin 'nis irrig zu 923, 924 SS. 1, 115, 616. Ann. Lobiens. 923<br />

SS. II, 210, XIII. 233; letztere bei<strong>de</strong>n sprcrlien unrichtig y(fl einem \'erzil'ILt<br />

Karls, auf Lothringen; erst unter <strong>Rudolf</strong> ging es an Deutschland verloren.<br />

Vgl. ferner Waitz, Jahrbücher <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Reiches unter König Heinrich 12.<br />

(Berlin 1863) p. 27, 51. 62; \Vitt.ieh, Herzirgth. Lth. p. 100 II'.<br />

3) vgl. Kalckstein . 93 (f.<br />

4) Laienabt <strong>von</strong> S. Germain zuAuxerre: Urk. 22. April 901. B. (— Böhmer,<br />

Regesta Karolibrum, Frankfurt 1533) n. 1915. Bq. IX. 490 <strong>von</strong> S. Columba<br />

zu Sens: Urk. 16. Juni 891, B. 1887 Bq. IX. 457; Cartul. <strong>de</strong> gnra1 VVonne<br />

(Auerre 1854) 1 ii. 65, 65; Gesta pontif. Autissiod. 1. e. 1, 379,<br />

51 Hugo Flaviniac. Chiron. 88. VIH, 357, Series abb. Flavin. ib. 503;<br />

Append. Mirac. S. Germ. Autissind.. BibL hist. ne I'Yonne II, 197, 199; Origo<br />

et hist. comit. Xivernens, Labbe Bibi. Mss. 1, 399.


11<br />

schon ein grosser Gewinn, wenn <strong>de</strong>r miiclitige Herzog sich nicht<br />

mit <strong>de</strong>n Fein<strong>de</strong>n vereinigte. Nach seinem To<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> das Vorhältnis<br />

ein andres; <strong>de</strong>r neue Herzog <strong>Rudolf</strong> stand durch seine<br />

Vermählung mit Roberts Tochter Emma in nahen Beziehungen<br />

zum Haupte <strong>de</strong>r Unzufrie<strong>de</strong>nen, auf seinen Beistand konnte Karl<br />

nicht zählen, und bald nahm Jener auch persönlich an <strong>de</strong>n Unternehmungen<br />

gegen ihn teil. Noch schlimmer war es für <strong>de</strong>n König,<br />

dass seine feste Stütze. <strong>de</strong>r Erzbischof <strong>von</strong> Reims. sich auch <strong>von</strong><br />

ihm abwandte. Ist es auch nirgends direkt und mit Bestimmtheit<br />

gesagt. dass Heriveus abfiel, versichert Eielier auch das Gegenteil,<br />

so geht <strong>de</strong>nnoch aus <strong>de</strong>r Schil<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Bürgerkriegs bei Flodoard<br />

hervor, dass Karl selbst Reims als feindlich betrachtete.<br />

Wenn <strong>de</strong>r Erzbischof während <strong>de</strong>r Unruhen <strong>de</strong>s Jahres 922 persönlicli<br />

nicht mehr hervortritt, so liegt dies wohl daran . dass er<br />

schwer krank darnie<strong>de</strong>rlag. Welcher Grund diesen treuen Anhänger<br />

jetzt die karolingische Sache aufgeben liess, wird nicht überliefert;<br />

ob er sich in seiner Erwartung auf Belohnung getäuscht sah ist<br />

nicht zu entschei<strong>de</strong>n: auch dass gera<strong>de</strong> er die Verleihung <strong>de</strong>r Abtei<br />

Chelles an Hagano so bitter empfun<strong>de</strong>n haben sollte, erscheint<br />

wenig glaubhaft; <strong>de</strong>rartiges war damals so häufig, dass es kaum<br />

als genü gen<strong>de</strong>r Anlass zu einem so be<strong>de</strong>utsamen Schritte betrachtet<br />

wer<strong>de</strong>n kann, zumal ja }Ieriveus selbst gar nicht dadurch berührt<br />

ward, da Chelles zu Reims in keinen Beziehungen stand; auch<br />

<strong>de</strong>r Verlust <strong>de</strong>r Erzkanzlerwür<strong>de</strong> ist als Grund aufgefasst wor<strong>de</strong>n,<br />

ohne (lass man jedoch in <strong>de</strong>r Lage ist, genügen<strong>de</strong> Belege zu bieten.<br />

Für die Vermutung, 1-leriveus habe selbst bei Karl auf die Uebertragung<br />

hingewirkt, liegt nicht <strong>de</strong>r min<strong>de</strong>ste Anhalt vor 1)<br />

Die schon berührte Vergabung <strong>von</strong> Clielies im Osten <strong>von</strong><br />

Paris gab <strong>de</strong>n unmittelbaren äusseren Anlass zur erneuten Einpörung.<br />

Karl nahm es seiner Tante Rothildis, <strong>de</strong>r Mutter <strong>de</strong>r<br />

Gemahlin Ilugos, <strong>de</strong>s Sohnes <strong>de</strong>s Markgrafeu Robert; <strong>de</strong>ssen<br />

Familie musste durch diese Handlung doppelt verletzt wer<strong>de</strong>n,<br />

weil ein Glied ihrer Verwandtschaft benachteiligt wur<strong>de</strong> und gera<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r Besitz <strong>de</strong>s im Herzen ihres Gebietes gelegenen Chelles<br />

in <strong>de</strong>s gehassten und verachteten Fein<strong>de</strong>s Hand ihr als beständige<br />

fl Flod. 922 p. 370, 11. Rein. IV, 17 SS. XIII, 577; Richer 1, 11:<br />

Ilotger Erzkanzler: Bq. IX 37. 538, 541, 546 u. s. w. bis zum Schlusse <strong>de</strong>r<br />

Urk. Karls; Heriveus: il). 513 fl bis 510, 541 Mabillon, Ann. oril. S. Ben.<br />

111, 369, 1. 42. c. 43; Hist. <strong>de</strong> Languetloc 111, 91. Löns, die Vorfahren<br />

hugo Capets im Kampfe mit <strong>de</strong>n letzten Karolingern. (Gymn. progr. Deutsch-<br />

Crone 1870) p. 10; Ka]ckstein p. 153; B&rrgnet p. 40 versucht Richer folgend<br />

vergeblich, Herivens als treu bis zu seinem To<strong>de</strong> darzustellen,


1 1<br />

Drohung erscheinen mochte. Da auf friedlichem Wege vorn König<br />

Abstellung <strong>de</strong>r alten und neuen Beschwer<strong>de</strong>n durch Beseitigung<br />

<strong>de</strong>s Günstlingsregimentes nicht zu erreichen war, betrat man <strong>de</strong>n<br />

Weg <strong>de</strong>r Gewalt. Es kann hier nicht auf die Operationen <strong>de</strong>r<br />

bei<strong>de</strong>n Gegner, die im wesentlichen sich im Bmois, Laonnais<br />

und .Soissonnais abspielten, ein geganen wer<strong>de</strong>n; Karl floh wie<strong>de</strong>rholt<br />

mit Hagano über die Maas nach Lothringen ‚ <strong>von</strong> wo er mit<br />

frischgesammelten Streitkräften immer wie<strong>de</strong>r in die genannten<br />

Gegen<strong>de</strong>n einfiel, überhaupt war es kein Krieg in grossem Massstabe.<br />

son<strong>de</strong>rn nur eine Reihe kleiner Raubzüge mit Verwüstungen<br />

und Ueberfällen i)• Auf Seite Markgraf Roberts mit <strong>de</strong>n Neustriern<br />

stan<strong>de</strong>n <strong>von</strong> be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>ren Herren Gisilbert <strong>von</strong> Lothringen. <strong>Rudolf</strong><br />

<strong>von</strong> Burgund, Hei'iveus <strong>von</strong> Reims, während Karl ausser einigen<br />

Bischöfen beson<strong>de</strong>rs noch eine ziemlich starke <strong>de</strong>m Herzog feindhohe<br />

Partei in Lothringen anhing. Die Normannen und die südfranzösischen<br />

Grossen hielten 1cm Namen nach zu Karl, aber<br />

thätig für ihn aufzutreten lag ihnen vollständig fein erst als seine<br />

Sache bereits verloren war, ergriffen die Norniannen die Waffen,<br />

während im Sü<strong>de</strong>n auch dann sich keine Hand rührte und man<br />

sich begnügte, <strong>de</strong>n Gegenkönigen passiven Wi<strong>de</strong>rstand zu leisten.<br />

Man hat in <strong>de</strong>m Kampfe <strong>de</strong>r Karolinger gegen die Bubertiner,<br />

und zwar nicht nur in <strong>de</strong>r einen Phase <strong>de</strong>sselben, die zwischen<br />

Karl 111. und Robert-<strong>Rudolf</strong> sich ereignete, son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r ein<br />

volles Jahrhun<strong>de</strong>rt sich hinziehen<strong>de</strong>n Agonie <strong>de</strong>s alten Herrscherhauses<br />

<strong>de</strong>n Ausdruck tiefer liegen<strong>de</strong>r I<strong>de</strong>en erblicken wollen: die<br />

Reaktion <strong>de</strong>s neugebil<strong>de</strong>ten Franzosentiinis mit dcii Herzogen <strong>von</strong><br />

Francien als Vorkämpfern gegen die ‚germanische R.ace', <strong>de</strong>ren<br />

Führer die Karoliiiger wären, die Abkömmlinge <strong>de</strong>r Franken; so<br />

beson<strong>de</strong>rs Thierry, <strong>de</strong>m sieh Michelet ganz anschliesst. Diese<br />

Ansicht entbehrt jedoch je<strong>de</strong>r Begründung und mit Recht hat<br />

Arbois <strong>de</strong> Jubainville darauf hin gewiesen, dass man damit mo<strong>de</strong>rne<br />

Verhältnisse in das zehnte Jahrhun<strong>de</strong>rt übertrage, wo es dauern<strong>de</strong><br />

Parteien in diesem Sinne nicht gab, son<strong>de</strong>rn die schwanken<strong>de</strong><br />

Politik einer Anzahl übermäc]itiger Untertliaiien ihr und ihrer<br />

Hintersassen, d, h. also <strong>de</strong>s Staates Geschicke bestimmte: was<br />

ausserhalb <strong>de</strong>s Lehnsverban<strong>de</strong>s stand, die grosse Masse <strong>de</strong>s nie<strong>de</strong>rn<br />

Volkes und <strong>de</strong>r Ijnfi'eien ‚ hatte keinen Anteil am Staatsiehen<br />

allein die Konstellationen jener Grossen unter einan<strong>de</strong>r u . aben <strong>de</strong>r<br />

Gesammtheit ihrjeweiliges Aussehen, und Stätigkeit <strong>de</strong>r Gesinnung,<br />

feste Parteigrundsätze suchen wir vergeblich, nur in Rineni war<br />

man zielbewusst und zäh ‚ im Streben nach eigener Maehtver-<br />

1) V1. Kalcksteiri p. 153 ff.


‚3<br />

grösserung. Die Geschichte <strong>de</strong>r letzten Karolinger zeigt beständig<br />

feindselige Absichten gegen Deutschland, nichts dagegen <strong>von</strong> einem<br />

„Band <strong>de</strong>r Erinnerungen", <strong>von</strong> „verwandtschaftlichen Neigungen<br />

zu <strong>de</strong>n Län<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r langue tu<strong>de</strong>sque", die Kriege Karls gegen<br />

Konrad und Heinrich, Ludwigs gegen Otto 1., Lothars gegen<br />

Otto II. und III, sind dafür beredte Zeugen; die bisweiligeii An-<br />

'näherungen waren <strong>von</strong> seiten <strong>de</strong>r Kainlinger sehr unfreiwilliger<br />

Natur, <strong>de</strong>nn nur in höchster Not entschloss man sich dazu, wenn<br />

man ohne <strong>de</strong>utsche Hilfe verloren gewesen wäre, und schlecht<br />

genug hat Lothar die ihm und seinem Vater <strong>von</strong> Otto und Bruno<br />

erwiesene Hilfe an Oos Sohn und unmündigem Enkel gelohnt.<br />

Wohl herrschte damals eine nationale Trennung im Frankenreiche,<br />

aber für <strong>de</strong>n Dynastiewechsel ga b sie keinen Ausschlag: die Spannung<br />

zwischen Nord und Süd; die bisweilen in scharfer Weise zum<br />

Ausdruck gelangen<strong>de</strong> Abneigung gegen <strong>de</strong>n König <strong>von</strong> jenseits<br />

<strong>de</strong>r Loire, <strong>de</strong>n „die treulosen, die unsinnigen Franken- eihoben<br />

hatten, hiess die Aquitanier an Karl noch längere Zeit festhalten,<br />

<strong>de</strong>r ihnen übrigens, wie ihr Verhalten bewies ‚ sehr gleichgiltig<br />

war, und unter Karis gleichnamigem Enkel, <strong>de</strong>nt Herzog <strong>von</strong> Nie<strong>de</strong>r-<br />

Lothringen wie<strong>de</strong>rholte sich das Schauspiel gegenüber Hugo Capet 1),<br />

In geistreicher Weise erörtert Guizot die Ursachen <strong>de</strong>s Verfalls<br />

<strong>de</strong>r zweiten DI)vnastie ynastie; ; er sieht <strong>de</strong>n Grund in <strong>de</strong>r Unreifheit <strong>de</strong>r<br />

staatlichen und socialen Zustän<strong>de</strong>, ein grösseres Gemeinwesen zu<br />

bil<strong>de</strong>n und die I<strong>de</strong>e <strong>de</strong>r Staatseinheit zu fassen, wie es <strong>de</strong>r Plan<br />

<strong>de</strong>s grossen Karl gewesen war; <strong>de</strong>r Zug <strong>de</strong>r Zeit gehe auf näherliegen<strong>de</strong>s,<br />

auf Festigung <strong>de</strong>r Verhältnisse in kleineren Kreisen,<br />

die eher durchzuführen war, aber zur Indifferenz gegen <strong>de</strong>n Staat,<br />

zur Son<strong>de</strong>rentwicklung <strong>de</strong>r verschiednen Gebiete führte und in <strong>de</strong>r<br />

äusserlichen Zusammenfassung im Feudalstaate ihren Abschluss<br />

fand; das Einporkommen eines Herrschers aus <strong>de</strong>r Reihe <strong>de</strong>r<br />

Feudalherren selbst gebe dieser Bildung die Sanktion 2<br />

1) Thieriv, Lettres sur 1']iist. <strong>de</strong> France, n. XII (7-e cd. Paris 1842)<br />

p. 201 ff.; Michelet, hist. <strong>de</strong> Fr. (d. <strong>de</strong> 1879) II. 58 fi.; gleiche Ansicht auch<br />

bei Hennebert, Les corntes <strong>de</strong> Paris 1885 vgl. Recension iii Revue histor.<br />

XXIX 1885) p. 233; Arbois <strong>de</strong> Jubainvilic, hist. <strong>de</strong>s ducs et <strong>de</strong>s conites <strong>de</strong><br />

Champagne (Paris 1859) 1, 81; Monf.esquieu, esprit <strong>de</strong>s bis 1. XXI eh. 25-<br />

32, - Wenning, 1. c. - Mary-Laüni Hist. politique, rälig. et 1itr. du Midi<br />

<strong>de</strong> Fr. (Paris 1845) lid. 11; unten p. 28 if, die aquitan. Crk.; Ilicher 1, 3,<br />

Charakteristik <strong>de</strong>r Aquit. 1 vgl. Reimann, <strong>de</strong> Richeri vita et scriptis (Qlsnac<br />

1845) p. 44; Roth, Feudalität und lJiiterthanenverband Weimar 1563) p 14,<br />

TJeher Karl <strong>von</strong> Lothr. s. Kaicästein p. 421),<br />

2; (iuizot, Essais sur lIiist. <strong>de</strong> Fr. (18 4rn o M. Paris 1872 p. 68 1V,;<br />

Mourin, 1. c. prt'ace p. XXVII sucht <strong>de</strong>n Grund in <strong>de</strong>m Gegensatze zwie1iii


14<br />

In<strong>de</strong>ssen diese Auffassung lässt sieh ebenso wenig wie die<br />

an<strong>de</strong>ren halten: Luchaire kommt nach eingehen<strong>de</strong>r Prüfung zu<br />

<strong>de</strong>m Ergebnis, dass in keiner <strong>de</strong>r angenommenen Arten ein principieller<br />

Gegensatz zwischen Karolingern und Gegenkönigen statt<br />

hatte, dass vielmehr letztere und dann auch die ersten Kapetinger<br />

durchaus in <strong>de</strong>n Baimeti <strong>de</strong>r Karolinger weiter wan<strong>de</strong>lten: die<br />

Unmöglichkeit für letztere, das Königtum trotz ihrer eifrigen nicht<br />

zu verkennen<strong>de</strong>n Bemühungen fernerhin noch in erfor<strong>de</strong>rlicher<br />

Weise zu vertreten, ihre Machtlosigkeit inmitten <strong>de</strong>r nur theoretisch<br />

untergeordneten, aber mächtigeren Gewalten liess sie die Krone<br />

verlieren und dieselbe auf die Robertiner als Inhaber <strong>de</strong>r geeigneten<br />

Machtfülle übergehen. 1)<br />

Als nach <strong>de</strong>in <strong>von</strong> Laon Karl durch die Auflösung<br />

seines Heeres wie<strong>de</strong>r zum Rückzug über die Maas gezwungen<br />

wur<strong>de</strong>, nahmen die Aufständischen die ihnen dadurch gewährte<br />

Ruhe wahr, um ihren Unternehmungen eine straffere Organisation<br />

zu geben; am 29. Juni 922 wur<strong>de</strong> in Reims Markgraf Robert<br />

<strong>von</strong> geistlichen und weltlichen Grossen zum König gewählt und<br />

in S. Remy <strong>von</strong> Walter <strong>von</strong> Setis gekriiit. Es war das zweite<br />

Mal, dass dieser Kirchenfürst an einem Nichtkarolinger das Amt<br />

übte, Odo hatte er gekrönt, da Fulko <strong>von</strong> Reims zu <strong>de</strong>ssen Gegnern<br />

gehörte, jetzt verrichtete er die Handlung, weil ileriveus durch<br />

seine Krankheit verhin<strong>de</strong>rt war. l)rei nach <strong>de</strong>r Krönung<br />

starb Letzterer ) ; sein Nachfolger Seulf war zwar ciii tüchtiger<br />

Mann, <strong>de</strong>r sich mit Eifer die geistlichen und weltlichen Pflichten<br />

seines Amtes angelegen sein liess, aber verdankte doch seine Wahl<br />

<strong>de</strong>n Gegnern und schon dadurch war ihm die Stellung angewiesen,<br />

<strong>de</strong>r i<strong>de</strong> latine, <strong>de</strong>r monarchie irnpiria1e, <strong>de</strong>r centralisatiuii romaine und <strong>de</strong>n<br />

neuen I<strong>de</strong>en <strong>de</strong>r Feudalität, und tritt gleichfalls <strong>de</strong>r Ansicht Thierrys entgegen,<br />

p. 86, 348; jedoch auch seine Meinung ist, wie Luchaire nachweist,<br />

nicht die richtige.<br />

1) Luchaire ‚ bist. <strong>de</strong>s institutions monarchi1ues d. 1. Fr. sous les<br />

premiers CaptieJLs Paris 1883) 1, 21 if. Vgl. audi Warnkanig und Stein,<br />

111. 37 ff.<br />

2) Auch darf für diese Zeiten noch nicht <strong>von</strong> einem feststehen<strong>de</strong>n<br />

Krönungsrecht <strong>de</strong>s Reiiusers gesprochen wer<strong>de</strong>n; schon Ansegis <strong>von</strong> Senis hatte<br />

Ludwigs <strong>de</strong>s Stanunlers Söhne gekrönt, vgl. Wenick. Die Erhebung Arnuifs,<br />

Leipzig 1852 p. 97 Anni.; Dümmier, Ostfränk. Reich II, 122.<br />

3) Flod, 922 p. 370 H. R. IV, 17 p. 577; Varin, Archives lgislatives<br />

<strong>de</strong> ha ville <strong>de</strong> Itcims (Paris 1864) II, 1, p. 81; Ann. 5. Cd. Sen. 922 SS. 1, 104,<br />

Hist. Franc. Senon SS. IX, 366.


15<br />

die er im Bürgerkrieg einzunehmen hatte. Die Kämpfe dauerten<br />

fort, Robert verlegte aber <strong>de</strong>n Schauplatz nach Lothrin gen hier<br />

ZD<br />

hatte er Anfang 923 im Ribuariergau an <strong>de</strong>r Roer eine Zusammenkunft<br />

mit König Heinrich, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Bonner Vertrag ausser Acht<br />

liess und sich mit <strong>de</strong>m Gegenkönige in freundliches Einvernehmen<br />

setzte. Es gelang Robert, einem Teil <strong>de</strong>r Lothringer einen Waffenstillstand<br />

bis zum Oktober aufzunötigen, worauf er nach <strong>Frankreich</strong><br />

zurückging; die burgundischen Truppen, die ihm im vorigen Jahre<br />

zugezogen waren, waren wie<strong>de</strong>r entlassen, und auch <strong>von</strong> seinen<br />

übrigen Streitern hatte er, wie scheint, nur einen Teil bei sich<br />

behalten, da er zunächst keinen Angriff zu erwarten hatte. Doch<br />

Karl raffte sich mit zäher Ausdauer <strong>von</strong> neuem auf 1), wie<strong>de</strong>r<br />

brachte er ein lothringisches Heer zusammen; unter Verletzung<br />

<strong>de</strong>s besch worneu Waffenstillstan<strong>de</strong>s marschierte man auf Robert<br />

los, <strong>de</strong>r unweit Soissons an <strong>de</strong>r Aisnc lagerte; will man die Angaben,<br />

dass Karl in Attigny auf <strong>de</strong>m Einmarsche verweilt hatte,<br />

dass er bei Soissons <strong>de</strong>n Fluss überschritt und die Schlacht auf<br />

<strong>de</strong>r Ebene vor <strong>de</strong>m S. Medardusklostei' stattfand, vereinen, so ist<br />

eine doppelte Ueberschreitung anzunehmen, bei Attigny auf das<br />

linke Ufer und bei Soissons auf das rechte zurück, <strong>de</strong>nn S. Medard<br />

liegt gegenüber <strong>de</strong>r Stadt auf <strong>de</strong>m Nordufer. Der 15. Juni 923,<br />

ein Sonntag, sollte dieEntscheidung über die Krone bringen; kaum<br />

hatte Robert Zeit sich vorzubereiten, mit <strong>de</strong>n Truppen, die gera<strong>de</strong><br />

bei ihin waren, musste er die Schlacht annehmen, die nach <strong>de</strong>n<br />

be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Verlusten bei<strong>de</strong>r Teile zu schliessen, sehr heftig gewesen<br />

sein muss. Robert selbst, <strong>de</strong>r sich persönlich am Kampfe<br />

tapfer beteiligt hatte, fiel; ein Graf Fulbert soll ihn getötet, aber<br />

seine That mit <strong>de</strong>in eigenen Leben bezahlt haben. Schon schien<br />

<strong>de</strong>r Fall <strong>de</strong>s feindlichen Führers <strong>de</strong>in König <strong>de</strong>n Sieg<br />

zu bringen, als verspätet auf <strong>de</strong>m Schlachtfel<strong>de</strong> robertinische Hilfsschaaren<br />

unter Hugo und Heribert eintrafen und das Schicksal<br />

<strong>de</strong>s Tages wen<strong>de</strong>ten 2).<br />

1) Ganz unbegrün<strong>de</strong>t weist Martin, hist. <strong>de</strong> France (4mc d. Paris 165)<br />

II, 507 allein <strong>de</strong>m Hagano das Verdienst <strong>de</strong>s entschlossenen Wi<strong>de</strong>rstan<strong>de</strong>s<br />

und dieses kühnen Zuges zu; seit <strong>de</strong>r Flucht Karls, die Roberts Krönun g vorherging,<br />

tritt 1-lagano nirgends mehr hervor.<br />

2) Flod. 993 p. 371; Fo1cin, g. abb. Sith. c. 100. SS. XIII, 625;<br />

Cont. Reg. 922 S. 1, 615; Vita Joh. Gorz. c. 43. SS. IV, 349; 1-ticher L<br />

42-46; Aiinoin, Mir. S. Bened. Bq. IX, 130; 1)udo ed. Lair p. 250; Geneal.<br />

Fusniae. 55. XIII, 252; A<strong>de</strong>mar Cabann. interpol. III, 22. 55. IV, 125 (nach<br />

<strong>de</strong>m einen Co<strong>de</strong>s falsch zum Himmellhhrtstag, 15. Mai; ; Ann. S. Ccl. Sen.<br />

922 SS, 1, 104; Ann. 5. Ben. Div. 922 55. V, 40; Ann. S. Dionysii SS. XIII,


16<br />

Seine lothririgisehen Anhänger verliessen jetzt Karl, er aber<br />

gab noch nicht alles verloren, son<strong>de</strong>rn suchte sich neuen Rückhalt<br />

in <strong>Frankreich</strong> selbst zu gewinnen; an Heribert, Seulf und andre<br />

Fürsten ergingen Botschaften, um sie zur Wie<strong>de</strong>ranerkennung zu<br />

vermögen, in <strong>de</strong>r Hoffnung, beim To<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Gegenkönigs wür<strong>de</strong>n<br />

sie sich aus Verlegenheit, ein allen genehmes neues Oberhaupt zu<br />

fin<strong>de</strong>n, lieber <strong>de</strong>m alten Herrscher wie<strong>de</strong>r zuwen<strong>de</strong>n. Die Erwartung<br />

schlug aber fehl, die Rebellen „verblieben hartnäckig in ihrer<br />

Treulosigkeit" und dachten sofort auf ihre Sicherung, in<strong>de</strong>m sie<br />

<strong>de</strong>n Herzog <strong>von</strong> Burgund herbeiriefen <strong>de</strong>r auch <strong>de</strong>r Auffor<strong>de</strong>rung<br />

alsbald mit einem starken Heere entsprach. Karl hatte sich inzwischen<br />

an die Normannen als letzte Hilfe gewandt, die sich in<br />

<strong>de</strong>r 'l'hat zum Einfall in Francien rüsteten, kaum aus treuer Dankbarkeit<br />

und Anhänglichkeit für <strong>de</strong>n rechtmässigen König, <strong>de</strong>r ihnen<br />

ihr Land verliehen, <strong>de</strong>nn <strong>von</strong> <strong>de</strong>rartigen Gefühlen ent<strong>de</strong>cken wir<br />

an <strong>de</strong>n damaligen Grossen keine Spur 1;, vielmehr weil in diesem<br />

Falle unter <strong>de</strong>r Maske <strong>von</strong> Streitern <strong>de</strong>r Legitimität die alten<br />

Raubzüge erneuert wer<strong>de</strong>n konnten, ohne dass man sich bei <strong>de</strong>m<br />

Be<strong>de</strong>nken eines Vertragsbruches aufzuhalten brauchte. Um diese<br />

eventuellen feindlichen Absichten im Keime zu ersticken, bezogen<br />

die fränkischen und burgundischen Heere, letzteres unter Führung<br />

<strong>Rudolf</strong>s, Stellungen an <strong>de</strong>r Oise, wodurch (heu Normannen die<br />

Verbindung mit Karl unmöglich gemacht wur<strong>de</strong>; Kalckstein vermutet,<br />

Karl habe sich in Compigne aufgehalten, welches allerdings<br />

für die Normannen günstig gelegen wäre, vorausgesetzt, dass<br />

er, <strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>n Verlusten im Kampfe und <strong>de</strong>m Abzug <strong>de</strong>r<br />

Lothringer doch fast ganz <strong>von</strong> Truppen entblösst gewesen sein<br />

muss, es wagen konnte, <strong>von</strong> Soissons weiter nach Westen im<br />

Fein<strong>de</strong>sland vorzugehen und sich <strong>von</strong> seiner Rückzugslinie, <strong>de</strong>r<br />

Maas, zu entfernen. Die Diversion <strong>de</strong>r Oisearmee hatte <strong>de</strong>n ge-<br />

720 (zu 637); Necrol. B. Martini Turon. (cd Nobilleau. Tours 18"05)p. 25.<br />

Necrol. Autissiod, b. Lebeut Mm. curie. l'hist. dAuxerre (Paris 1743) II. pr .<br />

p. 252. - Vgl. auch Ka]ckstein p 482 und über die Voll eitrigen Quellen<br />

behauptete Teilnahme <strong>de</strong>r Deutschen unter Heinrich auf Seiten Karls Waitz,<br />

lleinr., 73. - Mehrere Berichte schreiben Karl mit Unrecht <strong>de</strong>n Sieg zu,<br />

wie 1'olcuin, l)uil, Odorann (Bq. VIII. 237) Hist. Franc. Sen (SS. IX, 366,,<br />

und an<strong>de</strong>re; während die meisten <strong>von</strong> ihnen daran aber <strong>de</strong>n Verrat Heriberts<br />

anreihen führt bei Dudo Karl nach <strong>de</strong>m Siege die Herrschaft weiter, bei<br />

Aciemar sogar bis an seinen Tuil, worauf unangefochten sein Sohn folgt. Für<br />

die Lage <strong>von</strong> S. Medard vgl. Gcneralstabswerk <strong>de</strong>s Deutsch-franzOs. Kriegs,<br />

Atlas, Plan n 16.<br />

1) Vgl. auch Lair, Du<strong>de</strong>, p. 173 Anm.


17<br />

w(inscliten Erfolg, und Karl ‚ für seine Sicherheit besorgt, ging<br />

über die Maas zurück, um sich in Lothringen für neue Unternehmungen<br />

vorzubereiten 1).<br />

Wie im Jahre zuvor bei Roberts Wahl, benutzten auch jetzt<br />

die Gegner die eingetretene Waffenruhe, um zu einer neueii Königswahl<br />

zu schreiten. Wohl schon während <strong>de</strong>r seit 'Roberts Tod<br />

verflossenen Wochen hatten Beratungen über die Person <strong>de</strong>s Nachfolgers<br />

stattgefun<strong>de</strong>n. Tn Betracht konnten ja drei Männer kommen.<br />

die durch ihre Macht alle an<strong>de</strong>ren überragten Graf Heribeit JE.<br />

<strong>von</strong> \rerIr1dois. selbst ein Karohinger als Nachkomme dos unglücklichen<br />

Königs Bernhard <strong>von</strong> Italien, Markgraf Hugo <strong>von</strong><br />

Francien, <strong>de</strong>r Sohn und Neffe zweier Könige. und Herzog <strong>Rudolf</strong><br />

voll <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>n Robertinern und <strong>de</strong>n Herrschern bei<strong>de</strong>r<br />

Burgund verwandt war. in gleic.hzeitigeui Quellen fehlt über die<br />

Motive, die für <strong>de</strong>n Ausgang <strong>de</strong>r Wahl massgebend waren, je<strong>de</strong>r<br />

Aufschluss, nur spätere versuchen in ihrer Weise sich die Grün<strong>de</strong><br />

zurechtzulegen. Nach Aimoin 2) hätte gegen Heriberts Erhebung<br />

sich <strong>de</strong>r allgemeine Hass geltend gemacht, <strong>de</strong>n er sich beson<strong>de</strong>rs<br />

durch sein schändliches Verfahren gegen <strong>de</strong>n König zugezogen<br />

habe - dies ist aber nicht stichhaltig, da nach 1 1lodoard, <strong>de</strong>r bekanntlich<br />

in <strong>de</strong>r Aufzählung <strong>de</strong>r Ereignisse innerhalb eines Jahres<br />

die Zeitfolge wahrt, erst nach Eudolfs Wahl die Gefangennahme<br />

<strong>de</strong>s Königs erfolgte. Auf seine karolingische Herkunft als Grund<br />

<strong>de</strong>r Nichtwahl, wie Kalckstein will, möchte ich kein Gewicht legen;<br />

seit drei Generationen waren die Nachkommen Bernhards einfache<br />

Grafen und nie ist <strong>von</strong> irgendwelchen Erbansprüchen ihrerseits<br />

die Re<strong>de</strong>, we<strong>de</strong>r gegen Karl <strong>de</strong>n Dicken, noch Odo o<strong>de</strong>r Karl <strong>de</strong>n<br />

Einfältigen ; es bleibt somit nur ein persönliches Motiv übrig<br />

Heriberts Charakter. Dieser war freilich nicht danach angethan,<br />

ihn in einem Feudalstaat als passen<strong>de</strong>n Oberherrn erscheinen zu<br />

lassen; <strong>von</strong> einer <strong>de</strong>r ilaupteigenschaften <strong>de</strong>r damali gen Fürsten,<br />

auf die beson<strong>de</strong>rs die Geistlichkeit Wert zu legen und die sie<br />

immer als löbliches Beispiel zu erwähnen pflegte, voll Freigebigkeit,<br />

hören wir bei ihm so gut wie nichts 3), im Gegenteil<br />

zeigte er sich stets als treulos, habsüchtig, immer bedacht, sich<br />

1' FlocI. 923 I 371 372; Richer 1, 4(i 1'oleuiii c. 1(10, 55. XIII,<br />

62ö. - Kalckstejn p. 161.<br />

2) Aimoin, Mir. 5, Bened. Bq. IX, 139.<br />

3) Nur bei Alberieh v. Truisfontaines fin<strong>de</strong> ich eine Schenkung an die<br />

Kirche eruhlint SS. )X111 p. 758, doch auch dies war nur die 1-3ickgal.o<br />

mcc tr(iher entzogenen Gutes ib. p. 741. (zu !) u. 873).


18<br />

auf andrer Kosten zu bereichern ‚ selbst ohne Rücksicht auf die<br />

lebnsreclitlichen Anschauungen seiner Zeit 1).<br />

Hugo soll seiner Jugend wegen übergangen wor<strong>de</strong>n sein<br />

(nach Aimoin, doch hat Kalckstein das unzutreffen<strong>de</strong> dieses Grun<strong>de</strong>s<br />

nachgewiesen )' aber er hat kaum Hecht, wenn er Hugo noch<br />

nicht das zur Behauptung <strong>de</strong>r königlichen Wür<strong>de</strong> nötige Ansehen<br />

besitzen lässt; eben die Erlangung eines reiferen Alters half ja<br />

diesem Mangel ab und selbst jugendliches Alter hat we<strong>de</strong>r vorher<br />

noch nachher als Grund für <strong>de</strong>n Ausschluss gegolten. wenn an<strong>de</strong>rs<br />

mau überhaupt gewillt war, die Persönlichkeit zuzulassen. Auch<br />

nicht in ihm SeIl)SL scheint <strong>de</strong>r Anlass gesucht wer<strong>de</strong>n zu müssen,<br />

son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r Besorgnis <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rn Grossen, dass ans <strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>rholten<br />

Wahl eitles Bobertiners sich für dieses Geschlecht ahlniälicli<br />

ein gewolinheitliches Ei-brecht herausbil<strong>de</strong>n und die Erbkönige sich<br />

dann über ihre jetzigen Genossen ebenso erheben wür<strong>de</strong>n, wie es<br />

einst die Arnulfinger getluan ‚ während ein Wahlkönigtum, immer<br />

<strong>von</strong> ihnen abhängig blieb. Als dritter Thronkandidat bot sich<br />

<strong>Rudolf</strong> dar. Herr <strong>de</strong>s Herzogtums Burgund, besass er die erfor<strong>de</strong>rliche<br />

Macht. ohne die ein König nicht auskommen konnte,<br />

wie Karls Beispiel gezeigt hatte; in seineul Lan<strong>de</strong> hatte er sich<br />

wie sein Vater durch strenge Rechtspflege Achtung erworben,<br />

sein kirchlicher Sinn ihm die Heizeui <strong>de</strong>s Cierus gewonnen, und<br />

trotz <strong>de</strong>r Macht seines Herzogtunis schien er doch <strong>de</strong>n An<strong>de</strong>rn<br />

nicht allzu gefährlich wer<strong>de</strong>n zu können, da <strong>de</strong>ssen Lage mi Südwesten<br />

nicht so bedrohlich war, wie die <strong>de</strong>r Markgrafschaft Francien<br />

o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Besitzungen <strong>de</strong>s Hauses Vermandois die <strong>de</strong>n ganzen<br />

Nor<strong>de</strong>n beherrschten, auf <strong>de</strong>n ja liilipts-i'iclilleli das staatliche Leben<br />

concentriert war. Seine Verwandtschaft mit <strong>de</strong>n burgundischen<br />

1) Flod. H. 11. IV, 18, 19, p. 578; Ann. 927 p. 377, wo er gegen das<br />

Herkommen <strong>de</strong>n Söhnen <strong>de</strong>s Grafen <strong>von</strong> Laon ihr Leim zu Gunsten seines<br />

Sohnes entziehen wollte. 934 32, wo er die Geiseln <strong>de</strong>r Seinigen preisgab,<br />

937 p. 384, wo er seinen Vasallen Walo nach eben geschehener Kommen(iation<br />

beraubte diese Fälle liegen zwar zum Teil erst nach 923, genügen jedoch,<br />

uni hieriberts Charakter zu veranschaulichen.<br />

2) Ajinnin 1. c.; Kalckstein p. 161 und 468.<br />

3) Ob er so vorausblickend war, die Schwierigkeiten <strong>de</strong>r Herrschaft zu<br />

ahnen, oh es Gewissensbe<strong>de</strong>nken waren über die vermeintliche Strafe (Ice<br />

Hiiiimels an seinem thronräuberischen Vater, wozu jene Zeit unter <strong>de</strong>in Eittfluss<br />

<strong>de</strong>r Kirche trotz ihrer sonstigen Härte und Rücksichtslosigkeit leicht<br />

geneigt war, muss ebenfalls unentschie<strong>de</strong>n bleiben thron. Turon. Bq. IX, 51,<br />

auch Richer II, 1, wo Hugo auf Roberts Wahl zurückgreift als Gottesurteil<br />

erscheint <strong>de</strong>s Gegenkönige Fall ferner bei Cont. Regin., Aimoin, Ann. Lobienses.


19<br />

\ re1fc, i und dcii Bosoni<strong>de</strong>n liessfreundnachbarliche Beziehungen<br />

zu bei<strong>de</strong>n Reichen erhoffen und seine Ehe machte wohl Hugo<br />

leichter geneigt, gera<strong>de</strong> ihm die Herrschaft zu überlassen. Aus<br />

<strong>de</strong>nn Histörchen hei Rodulfus Glaher kann man gelten lassen, dass<br />

beson<strong>de</strong>rs zwischen Hugo und <strong>Rudolf</strong> die Entscheidung schwankte,<br />

und vielleicht mag aus <strong>de</strong>r Hereinmischung <strong>de</strong>r Emma noch gefolgert<br />

wer<strong>de</strong>n können, dass auch ihr Einfluss sich in <strong>de</strong>n Verhandlungen<br />

mit geltend gemacht hat, wenn auch nicht in <strong>de</strong>r dort<br />

erwähnten Weise; wenigstens wi<strong>de</strong>rspricht das Bild, das uns Emma<br />

als Königin bietet, nicht einer Beteiligung dieser Frau.')<br />

So vereinigte man sieh schliesslich auf die Person Budolfs<br />

in Soissons erfolgte am Sonntag <strong>de</strong>n 13. Juli 923 durch die Wahl<br />

<strong>de</strong>r Grosseim seine Erhebung auf <strong>de</strong>n Thron und im S. Medarduskloster<br />

daselbst weihite als dritten nichtkarolingischen Herrscher<br />

<strong>de</strong>r Westfranken auch ihn <strong>de</strong>r alte Königsmnac.her Walter <strong>von</strong> Sens.<br />

Die Kirche hatte nach <strong>de</strong>r Schlacht <strong>von</strong> Soissons auch ihrerseits<br />

versucht, <strong>de</strong>m Bürgerkrieg Einhalt zu thun ‚ ein Konzil trat<br />

unter Vorsitz Seiilfs in Reims 'zusammen nach (lern August,<br />

nicht vor <strong>de</strong>mselben, wie Kalkstein will, da es im zweiten Amtsjahre<br />

<strong>de</strong>s Seulf stattfand, das am 27. August 923 begann 2); persönlich<br />

waren die Bischöfe <strong>von</strong> Seissons. Laon, Cambrav, Seiilis<br />

und Noyon zugegen, die an<strong>de</strong>rn Diöcesanbischöfe liessen sich vertreten;<br />

eine allgemeine Busse wur<strong>de</strong> allen thittlich an <strong>de</strong>r Schlacht<br />

Beteiligten auferlegt - eine Einschränkung, die aus Rücksicht<br />

auf <strong>de</strong>n neuen König geschah -‚ und hart waren die Vorschriften:<br />

drei Jahre soll die Busse währen, im ersten sind die Büsser während<br />

<strong>de</strong>r Fastenzeit ganz <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Kirche ausgeschlossen, alle drei .Jahre<br />

hindurch sollen sie diese vierzig Tage lang am Montag, Mittwoch<br />

und Freitag hei Brot, Salz und Wasser fasten, und in gleicher<br />

1) PInd. 923 p. 372: ilicher 1, 47; Ann. S. Col. Sen. SS. 1, 105; Folcuiii,<br />

g. a. Sith, c. 101. SS. XIII, 620; Aiinoin Mir. S. ibm. Bq. IX, 139;<br />

Lii). die diversis casibtis uienbii Dervensis, Acta S. 0. B., sace, 11 p. 846:<br />

11 ist. reg. Franc. SS. XIII. 251 : Just. Franc. Sen. SS. IX 366 Ibm. (Jlab.<br />

1. 2 55. VII, 53. Rjchr behauptet. <strong>Rudolf</strong> habe seiner Wahl wi<strong>de</strong>rstrebt.<br />

(loch bei <strong>de</strong>m bekannten Charakter <strong>von</strong> itichers Darstellung muss i']i mir versagen,<br />

diese sonst nicht bezeugte Angabe ‚ ohne sie ausdrücklich verwerfen<br />

zu können, hier aufzunehmen. Mo,,rins Schil<strong>de</strong>rung <strong>Rudolf</strong>s (p. 140; entbehrt<br />

fast aller wirkliche,, Grundlagen und ist zum Teil offenbare Entstellung, z. B.<br />

dass <strong>Rudolf</strong> unkriegerischer gewesen als seine Zeitgenossen, wird Niemand<br />

behaupten, <strong>de</strong>r Fiodoarci auch nur flüchtig einmal gelesen hat.<br />

2) Varin, Arch. legisi. d. 1. vil]e <strong>de</strong> Eein,s II, 1, p. 90. Seulf 1. Sept.<br />

nach einer eine, Amtsdauer <strong>von</strong> 3 Jahren 5 Tagen Flod. 925 p. 376.<br />

2*


20<br />

Weise während <strong>de</strong>r zwei Wochen vor Johanni und Weihnachten<br />

und ausser<strong>de</strong>m überhaupt das ganze Jahr hindurch je<strong>de</strong>n Freitag<br />

mit Ausnahme etwa auf diesen Tag fallen<strong>de</strong>r hoher Feste, o<strong>de</strong>r<br />

bei Verhin<strong>de</strong>rung durch Krankheit o<strong>de</strong>r Kriegsdienst. Es scheint<br />

jedoch bei <strong>de</strong>r grossen Aus<strong>de</strong>hnung, die das Verbot erlangt hätte,<br />

kaum an7dinehlnen, dass es streng durchgeführt wer<strong>de</strong>n konnte;<br />

Einzelne liessen sich schon zum Gehorsam gegen die Kirchengesetze<br />

zwingen, doch oh auch das halbe Reich, mit Einschluss <strong>de</strong>r<br />

meisten Fürsten, ist min<strong>de</strong>stens recht fraglich').<br />

<strong>Rudolf</strong> vor seiner Wahl.<br />

Ehe wir auf das Königtum <strong>Rudolf</strong>s eingeben, soll noch das<br />

wenige, was über sein bisheriges Leben bekannt ist., hier eingefügt<br />

wei<strong>de</strong>n. <strong>Rudolf</strong> war <strong>de</strong>r älteste Sohn Richards, <strong>de</strong>s Halbbru<strong>de</strong>rs<br />

<strong>von</strong> Boso 2), <strong>de</strong>m König <strong>de</strong>s provenalisciien Reiches, und <strong>von</strong><br />

Richil<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r Gemahlin Karls <strong>de</strong>s Kahlen ; zuerst Graf <strong>von</strong> Autun<br />

hatte Richard unter Odo in Burgund die Herzogswür<strong>de</strong> erlangt,<br />

wenn er auch in <strong>de</strong>n gleichzeitigen Quellen bald nur als Graf o<strong>de</strong>r<br />

Markgraf, bald als Herzog o<strong>de</strong>r Fürst bezeichnet ist Seine<br />

Gemahlin war A<strong>de</strong>lheid, die Schwester <strong>Rudolf</strong>s I. vom transjuranischen<br />

Burgund. Die verwandtschaftliche Verbindung mit <strong>de</strong>n<br />

drei benachbarten Königshäusern wird nicht wenig zum raschen<br />

Emporkommen <strong>de</strong>r Familie beigetragen haben, <strong>de</strong>ren Besitz an<br />

<strong>de</strong>n Grenzen <strong>de</strong>r drei Reiche lag. Richard hatte sehr weitgehen<strong>de</strong><br />

Machtbefugnisse; ausser <strong>de</strong>r Lebnshoheit über das Herzogtum<br />

Burgund besass er die Grafschaft Antun und wahrscheinlich<br />

Auxerre und Sens, sicher in diesen Städten die Abteien S. Germain<br />

und S. Colombe 4); in welcher souveränen Weise er auf die Besetzung<br />

<strong>de</strong>s Stuhles in seinem Lan<strong>de</strong>sbistum Auxerre einwirkte,<br />

1, S. das Dekret 1)uchcsne, Ser. 11, 588; Mansi, Concil. coll, (II. cd.<br />

1773) XVIII, 345; II (I. LX. 324,<br />

2) Vgl. Gingins-1a-Sana., Mm. p. . h Lhist. <strong>de</strong> Provence et <strong>de</strong> Bourgognc<br />

Jurane im Archiv für Schweizer. Gesch. (Zürich 1851) VII, 122.<br />

3) Flod. 921 p. 360; H. Rein. IV, 12 p. 576; Gesta pont.Autissiod.<br />

1. c.. p. 37; Chron. S. Bon. 1)1v. Bq. VIII. 241, 242 (Exccrptc <strong>von</strong><br />

Cartul. <strong>de</strong> l'gIise d'Autun (Paris, Antun 1865: n. 22, 23, 26; Cart. gu. <strong>de</strong><br />

I'Yonne, 1, ii. 129, 132, 133.<br />

4) S. oben p. 10 Anm. 4; KaIck,t. p. WO: CIia1Ic List. <strong>de</strong> I'Auxerroi<br />

(Au., Paris 1878) p. 89, 93.


21<br />

ist schon berührt wor<strong>de</strong>n 1), auch an<strong>de</strong>rwärts übte er hierbei grossen<br />

Einfluss, wie <strong>de</strong>r Bistun]sstreit in Alltun unter Odo beweist.<br />

Seiner Ehe entsprossen drei Söhne, <strong>Rudolf</strong>, Hugo und 13 0S0 2).<br />

Die spätere Ueberlieferung lasst <strong>Rudolf</strong> durch König Karl aus <strong>de</strong>r<br />

Taufe gehoben wer<strong>de</strong>n und knüpft daran seine Erhebung auf <strong>de</strong>n<br />

Thron durch diesen Path(,n ‚ da <strong>de</strong>rselbe eingesehen habe, dass er<br />

doch nicht wie<strong>de</strong>r aus Heriberts Gefangenschaft freikommen wer<strong>de</strong>3)<br />

die Unmöglichkeit <strong>de</strong>s Verhältnisses geht aber sofort daraus hervor,<br />

dass Karl 879 geboren war') ‚ <strong>Rudolf</strong> aber schon 901 o<strong>de</strong>r<br />

sogar schoii früher in Urkun<strong>de</strong>n als Zeuge fungiert, also <strong>von</strong> Karl<br />

im Alter nur wenig verschie<strong>de</strong>n gewesen sein kann,'».<br />

Die drei Brü<strong>de</strong>r treten bei Lebzeiten ihres Vaters wenig<br />

hervor, sie erscheinen nur einige Male in Urkun<strong>de</strong>n. Das älteste<br />

Auftreten <strong>Rudolf</strong>s scheint das in einer Gerichtsurkun<strong>de</strong> Richards<br />

für S, Benignus zu Dijon zu sein. die ungefähr in <strong>de</strong>n Anfang <strong>de</strong>s<br />

letzten Jahrzehnts <strong>de</strong>s neunten Jahrhun<strong>de</strong>rts gehört.,wenigstens<br />

1) 8. oben p. 8 Anm. 1; für Autun: Hugo Flavin. Clirni. SS. VIII.<br />

356, und Series abb. Flaviniac. ib. 502.<br />

2' Nach I)uchesne, bist. gdnal. <strong>de</strong> la maison <strong>de</strong> Vergy (Paris 1625)<br />

p. 10. war Gis]eberts v. Vergy Gemahlin Eriiieugarda die Tochter Richards,<br />

imil durch sie gelangte ihr Gemahl nach seines Schwagers Hugo (<strong>de</strong>s Schwarzen)<br />

'liii zur llerzogswür<strong>de</strong> in Burgund. Ufrörer, P. Gregor VII. ii. s. Zeitalter<br />

(SehafI'hauseri 1859 , TV, 27 hat dieselbe Ansicht, hält aber <strong>de</strong>n Burgun<strong>de</strong>r für<br />

<strong>de</strong>n Lothrin ger Gisilbert s. ob. p. 9 Anm. 1).<br />

3) Odorann B9. VIII. 237, Bich, I9et. Chron. Bq. IX. 23. Hist. Franc.<br />

Sen, SS. IX, 366, u. a.. die Gruppe 1er Sens-Fleuryschen Ueberlieferung.<br />

E. Arndt, Gesch. <strong>de</strong>s Ursprungs ii. <strong>de</strong>r Entwicklung <strong>de</strong>s franzOs. Volkes<br />

(Leipzig 1844 1 380 lässt Karl gezwungen werilin Rud. als Mitregenten<br />

anzuerkennen.<br />

4) Karl wur<strong>de</strong> 879 am 17. September geboren, vgl. Püninil(-r. Ostfränk.<br />

Reich II, 123.<br />

5) 'Iaufpathenschaft als enges Pietäteveritältuis das aus <strong>de</strong>r cugnatio<br />

spiritualis entsprang, ist überhaupt ein ziemlich beliebtes Moment zur Ausschmückuiig,<br />

in<strong>de</strong>m man es anführt als Motiv besondrer Anhänglichkeit o<strong>de</strong>r<br />

als Umstand, <strong>de</strong>r eine an sich schlimme That noch schlimmer mache, o<strong>de</strong>r<br />

als Grund <strong>von</strong> Begünstigungen durch <strong>de</strong>n Pathen so <strong>von</strong> Karl und <strong>Rudolf</strong>,<br />

<strong>von</strong> Robert und Rollo, <strong>von</strong> Herzog Wilhelm Langschwert und Ludwigs Sohn<br />

Lothar (bei Duulo Wilhelm v. Juniiges u. <strong>von</strong> A<strong>de</strong>ls und Ingelger, angeblichem<br />

ersten Grafen <strong>von</strong> Anjuuu (Geta emis. An<strong>de</strong>g. B(t. IX, 27), <strong>von</strong><br />

König Aetlielstan u. Alan liarbatorta (Chron. Namuet. Bq. Viii, 276), <strong>von</strong><br />

Karl u. Ilcribcrts Soliii (Rod. Glab.. SS. VII, 33), voll hugo Capet u. I-Ingo<br />

<strong>von</strong> Anihoisc (Marchegay et Salmon, Uhroniques d'Anjou 1, 159).


22<br />

ist die Vermutung die nächstliegen<strong>de</strong>, in <strong>de</strong>m Grafen <strong>Rudolf</strong>, <strong>de</strong>r<br />

mit unterschreibt, <strong>de</strong>n Sohn <strong>de</strong>s Verleihers <strong>de</strong>r Urkun<strong>de</strong> zu sehen,<br />

zumal <strong>de</strong>r Graf Wido, <strong>de</strong>r neben diesem Grafen <strong>Rudolf</strong> genannt<br />

wird, sich auch in <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Urkun<strong>de</strong> mit ihm zusammen<br />

fin<strong>de</strong>t 1) In dieser, einer Urkun<strong>de</strong> seines Vaters für Montieramev<br />

aus Courtenot (an <strong>de</strong>r Seine, dp. Aube, arr. Bar-s.-S.), tritt unser<br />

<strong>Rudolf</strong> sicher auf; das Datum, 21. December <strong>de</strong>s IV. Jahres König<br />

Karls, hat man 2) als 896 gefasst, es wird jedoch auch hier, wie<br />

es in burgundischen Urkun<strong>de</strong>n Regel ist, Karls Herrschaft erst<br />

<strong>von</strong> Odos Tod ab zu zählen sein, so dass wir das Jahr 901 anzunehmen<br />

haben; <strong>Rudolf</strong> heisst hier ausdrücklich <strong>de</strong>r Sohn Ricbards.<br />

Ob in <strong>de</strong>m <strong>Rudolf</strong> und Boso, die eine Schenkung <strong>de</strong>r Kaiserin<br />

Richil<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r Gemahlin Karls <strong>de</strong>s Kahlen, für Gorze 910 unterschreiben,<br />

die Söhne Richards gesehen wer<strong>de</strong>n dürfen, ist zweifelhaft,<br />

einige Wahrscheinlichkeit gewinnt diese Annahme dadurch,<br />

dass bei<strong>de</strong> Brü<strong>de</strong>r Neffen <strong>de</strong>r Verleiherin waren, Boso später in<br />

Lothringen begütert war und auch mit Gorze in Verkehr stand3).<br />

Alle drei Söhne sind Zeugen unter einer Vergabung Richards an<br />

S. Benignus, die um 912 anzusetzen ist, 4) ferner sind sie nach<br />

einer Gerichtsurkun<strong>de</strong> für die Kirche <strong>von</strong> Auttin als Genossen<br />

ihres Vaters im Grafengericht thätig, wo <strong>Rudolf</strong> zum ersten Male<br />

beson<strong>de</strong>rs hervortritt als Stellvertreter seines Vaters, für welchen<br />

er die Urkun<strong>de</strong>, die aus Pulliacum vom . September 916 datiert,<br />

ist, vollzieht und besiegelt. Dieselbe Funktion verrichtet. er in<br />

einer zu Autun unter Genehmigung <strong>de</strong>s Herzogs ausgestellten Verleihung<br />

<strong>de</strong>s Bischofs Walo <strong>von</strong> Autun aus <strong>de</strong>m Jahre 91 5)<br />

Den Grafentitel führten sämtliche Brü<strong>de</strong>r, hugo vermutlich<br />

für <strong>de</strong>n Warasciisgau im transjuranischen Reiche, einen Teil <strong>de</strong>r<br />

späteren Franche Comt )‚ wenigstens hatte er in <strong>de</strong>mselben Güter<br />

1) Chron. S, Den. Div. Bq. VIII, 241.<br />

2) Ducliesne, bist. g6n&1. d. 1. m. <strong>de</strong> \rergy II pr. p. I Arbois <strong>de</strong><br />

Jubainville, Ii. d. (Iucs <strong>de</strong> (.,hamp. 1. 450 pr. ii. 17.<br />

3) B(l. IX, 665.<br />

4) Chron. S. Bern Divien, B(I. VIII, 242.<br />

5) Cart. <strong>de</strong> 1'gl. d'Autini, n. 22, 23; unter in Burgund häufigen Pouilly,<br />

P.-en Montagne, P.-sur Vingeanne, P.-s. Sa'ne, P.-s. Loire 11. a, erscheint<br />

ersteres hier seiner Lage nach am geeignetsten ‚ v1. Joanne, Atlas <strong>de</strong> la<br />

France (Paris 1870) 3 dtp. Cote-dOr, Up. ITvre.<br />

6) Vgl. Haedicke. Etu<strong>de</strong>s sur le rovauine <strong>de</strong> Buurg. et <strong>de</strong> Provence p.<br />

22. ff.; Ilugos Teilnahme an <strong>de</strong>n Kämpfen im Westreiche weist aber auch<br />

darauf hin, dass er hier Besitzungen hatte wie ja auch sein Bru<strong>de</strong>r Boso<br />

im Reiche Heinrichs und seines Bru<strong>de</strong>rs <strong>Rudolf</strong> zugleich als Grundherr nachweislich<br />

ist, also zwei Oberherrn hatte.


und gab seine Zustiminung zu einer diesen Gau betreffen<strong>de</strong>n<br />

Schenkung, obschon die Annahme auch zulässig ist, dass er nicht<br />

in seiner Eigenschaft als Gaugraf, son<strong>de</strong>rn als Sohn zustimmt,<br />

<strong>de</strong>nn die Urkun<strong>de</strong> ist nach lliehards To<strong>de</strong> <strong>von</strong> seiner Wittwe<br />

A<strong>de</strong>lheid A<strong>de</strong>leth am 24. April 922 zu Autun i) gegeben, somit<br />

als <strong>Rudolf</strong> schon als Erbe seines Vaters (las Herzogtum besass<br />

gleichwohl ist auch er wie seine Brü<strong>de</strong>r einfach als Graf aufgeführt<br />

. Von Thaten Budolfs ist aus seiner früheren Zeit nur die<br />

Besitzergreifung <strong>von</strong> Bour ges bekannt, aber lei<strong>de</strong>r herrscht über<br />

das nähere grosse Unklarheit. Zum Jahre 9I G wird ein Brand<br />

<strong>von</strong> Bourges gemel<strong>de</strong>t, zu 91 <strong>de</strong>r Ueberfall <strong>de</strong>r Stadt durch Wilhelm,<br />

<strong>de</strong>n Neffen Wilhelms 1. <strong>von</strong> Aquitanien, und die Höckerobernug<br />

durch die Bürger: 924 besitzt <strong>Rudolf</strong> Bourges nebst <strong>de</strong>m<br />

Berry, das ei kurz zuvor (nuper) mit hilfe Markgraf Roherts <strong>de</strong>m<br />

Herzog Wilhelm entrissen hat. Einfach scheint die Erklärung.<br />

dass <strong>de</strong>r Brand sich eben bei <strong>de</strong>r Eroberung durch <strong>Rudolf</strong> ereignet,<br />

Wilhelm die Stadt wie<strong>de</strong>r erlan gt, sie bald aber <strong>von</strong> neuem verloren<br />

habe, bis er sie 924 zurückverliehen erhielt; nur müsste<br />

man dann annehmen. (lass die Bürger selbst ihre Stadt <strong>de</strong>m Burgun<strong>de</strong>r<br />

wie<strong>de</strong>r überliefert, o<strong>de</strong>r er sie zum zweiten Male und zwar<br />

<strong>von</strong> ihnen erobert hätte, was aber bei<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r Angabe wi<strong>de</strong>rspräche,<br />

dass ei sie <strong>de</strong>m 1-lerzog <strong>von</strong> Aquitanien abnahm. Eine andre Erklärung<br />

lässt <strong>de</strong>n Brand ganz ausser <strong>de</strong>m Bereiche <strong>de</strong>r politischen<br />

Thatsachen; die Reihe <strong>de</strong>r Daten ist dann: 91 Eroberung durch<br />

Wilhelm und Rückeroberung durch die Bürger, vor 922 zweite<br />

Eroberung durch Wilhelm. dann Eroberung durch <strong>Rudolf</strong> (vor <strong>de</strong>m<br />

Juni 922, 924 Rückgabe an <strong>de</strong>n Aquitanier ). Eine Quelle teilt<br />

mit, König Karl habe durch Stephan. Abt <strong>von</strong> S. Martial zu Limoges,<br />

zwei Thürine gegen Wilhelm errichten lassen; bringt man<br />

dies mit <strong>de</strong>ii aquitanischen Hän<strong>de</strong>ln in Verbindung und fasst es<br />

als eine königliche Anordnung zum Beistand <strong>Rudolf</strong>s. <strong>de</strong>ssen Vater<br />

bei Karl sehr einflussreich war, so wer<strong>de</strong>n dadurch die Kämpfe<br />

<strong>Rudolf</strong>s über das Jahr 92() hierühergerückt, da erst seit diesem<br />

1) Cartul, dc 1'g1. d'Autuii ii. 9. 10: Puchesne, hist. gn . d. 1. in. d.<br />

Vergv pr. p. 29.<br />

2) hinsichtlich seichter Titelschwankun gen s. ob. p. 20 und im folg. zu 927.<br />

3) Ann. Masciae. S$. III. 169, die das eine Faktum zu 919 geben<br />

(ha es aber im selben Jahre, wie Wilhelms J T üd stattgefun<strong>de</strong>n hat, ist 918<br />

anzunehmen: Flod. 924 p. 373. Die erste Ansicht vertritt Kalckstein p. 140,<br />

die zweite, passen<strong>de</strong>re Baluze, hist. gnal. d. 1. maisa d'Auvergne Paris<br />

1708) 1, 20, 21: Kalcksteins Darstellung lhsst <strong>de</strong>n Punkt offen, wie Bourges<br />

wie<strong>de</strong>r an <strong>Rudolf</strong> k-:un, nach<strong>de</strong>m die Bürger Wilhelm vertrieben hatten.


21<br />

Jahre Stephan Abt war ). Seiner Ehe mit Roberts Tochter Emma,<br />

die vor 922 bereits geschlossen sein muss, ), ist schon im obigen<br />

gedacht wor<strong>de</strong>n. Nach <strong>de</strong>n Feh<strong>de</strong>n im Berry tritt <strong>Rudolf</strong>, abgesehen<br />

<strong>von</strong> <strong>de</strong>r Notiz, dass er noch als Herzog (921-923) <strong>de</strong>n<br />

nach Burgund geflüchteten Mönchen <strong>von</strong> Der seinen Beistand ange<strong>de</strong>ihen<br />

liess, erst, während <strong>de</strong>s Bürgerkriegs an <strong>de</strong>r Spitze seines<br />

burgundischen Aufgebots wie<strong>de</strong>r han<strong>de</strong>lnd auf. An <strong>de</strong>r Marne<br />

unweit Epernay vereinigte er sein Heer mit <strong>de</strong>in Schwiegervaters<br />

; atwh. sein Bru<strong>de</strong>r Hugo folgte bald mit seiner Mannschaft<br />

nach und hatte gleich beim Heranrücken einen Erfolg über eine<br />

karolingische Streifschaar zu verzeichnen. In <strong>de</strong>r Folge entschwin<strong>de</strong>n<br />

jedoch bei<strong>de</strong> unsern Blicken die Burgun<strong>de</strong>r hatten En<strong>de</strong> 922<br />

nach <strong>de</strong>m Eintritt <strong>de</strong>r Waffenruhe ihre Heimat wie<strong>de</strong>r aufgesucht<br />

und erschienen in <strong>de</strong>r ersten Hälfte <strong>von</strong> 923 nicht im Fel<strong>de</strong>; erst<br />

<strong>de</strong>r unglückliche Ausgang Roberts veranlasste <strong>Rudolf</strong>, En<strong>de</strong> Juli<br />

sofort nach Francien aufzubrechen 4), Die weiteren Vorgänge bis<br />

zu seiner Wahl sind bereits erörtert wor<strong>de</strong>n5),<br />

1) A<strong>de</strong>mar, (Jominemoratio abb. S. 3lartial. Leniov., Labhe, Bibl. Mss.<br />

II, 272 u, l)upkw-Agier, Chrtn. <strong>de</strong> S. Martial <strong>de</strong> Limoges Paris 1874) p. 4.<br />

nennt zwar diesen Wilhehn CflCfl Grafen <strong>von</strong> Poitiers, lenkt also wohl an<br />

W. Caput-Stupae Ebolus Sohn, aber zu <strong>de</strong>ssen Zeit h:lite Karl nicht mehr:<br />

es ist also nur eine Verwechslung A<strong>de</strong>mars, das Ereignis selbst ist <strong>de</strong>shalb<br />

nicht zu bezweifeln: Kalckstein bringt es gleichfalls mit <strong>de</strong>r Angelegenheit<br />

voll in Berührung, sollte aber dann nicht die Teilnahme <strong>Rudolf</strong>s vor<br />

die Zeit Stephans verlegen.<br />

2) Fhod. 922 p. 370<br />

3) Flod. 922, 923 p. 370, 371 Bi1, IX, 7.<br />

4) Flod. 923 l' 371-<br />

5) Die einzige Spezialarbeit die sich mit Budolt esdtäft.igt ‚ ist thi<br />

<strong>von</strong> Guillon <strong>de</strong> Montbion ‚ Raoul ou Rodolphe (<strong>de</strong>venu roi <strong>de</strong> France 923 ne<br />

acrait-il pas le mnse personnage que llodolphe II. roi <strong>de</strong> Bourgogne Transjurstic)<br />

Paris 1827. Die Schrift ist durchaus verfehlt, sie will keine (Jeschiihte<br />

<strong>Rudolf</strong>s geben, son<strong>de</strong>rn nur jene I<strong>de</strong>ntität erweisen, die schon <strong>de</strong>r Titel<br />

an<strong>de</strong>utet: die ganze Beweisführung ist aber <strong>de</strong>rartig, dass es schwer fällt,<br />

sie überhaupt ernsthaft zu nehmen das wun<strong>de</strong>rbarste ist nur, (las sich doch<br />

Jemand gefun<strong>de</strong>n hat, <strong>de</strong>r die Ansicht nicht ganz verwarf, obwohl auch er<br />

nicht zustimmt; Daunüu iii 1er Pecension im Journal <strong>de</strong>s Savants 1828 p.<br />

93 11.. Da wie erwähnt., Guillon sich mit <strong>de</strong>r Geschichte Rui.lolfs nur ganz<br />

oberflächlich befasst, soweit es für seine Phantasien nötig ist, so haben wir<br />

im folgen<strong>de</strong>n nur wenige Male Veranlassung gehabt, seiner zu ge<strong>de</strong>nken,


25<br />

II. 1)a.s Gegenköiiigtuin II u(lolfs.<br />

<strong>Rudolf</strong>s Anfänge.<br />

Die Wahl <strong>Rudolf</strong>s warkeineswegs ein Willensausdruck <strong>de</strong>r<br />

Nation d. h. sämtlicher Grossen; nur <strong>de</strong>r iohertinische Anhang<br />

wählte ihn zum Ersatz für <strong>de</strong>n verlornen Führer. Beteiligt waren<br />

das Herzogtum Burgund, die Markgrafschaft Francien, die Grafschaft<br />

Vermandois mit ihren Depen<strong>de</strong>nzerm, <strong>von</strong> Lothringern für <strong>de</strong>n<br />

Anfang nur wenige, wie etwa Graf Boso; ein grosser Teil <strong>de</strong>r<br />

letzteren hatte bis zur Schlacht <strong>von</strong> Soissons auf Karls Seite gestan<strong>de</strong>n,<br />

ein andrer zwar mit <strong>de</strong>n Aufständischen sympathisiert,<br />

aber doch eine mehr abwarten<strong>de</strong> Haltung eingenommen, wie Gisilbert<br />

selbst. Von <strong>de</strong>n geistlichen Herren folgten viele willenlos <strong>de</strong>r<br />

Entscheidung ihrer Lan<strong>de</strong>sherren, wie in Burgund und Francien,<br />

wo sie fast ganz <strong>von</strong> jenen abhingen. Die Normandie und Bretagne<br />

und <strong>de</strong>r ganze Sü<strong>de</strong>n fehlten bei <strong>Rudolf</strong>s Erhebung. Am Kriege<br />

hatte sich keiner <strong>de</strong>r aquitanischen o<strong>de</strong>r spanischen Grossen beteiligt,<br />

obwohl sie bis zuletzt an Karl fest hielten; einige <strong>de</strong>r<br />

letzten Urkun<strong>de</strong>n, die wir <strong>von</strong> Karl haben, sind für die spanische<br />

Mark gegeben, Wigo <strong>von</strong> Giromma hatte sie erwirkt, <strong>de</strong>r noch im<br />

Juni 922 sich persönlich beim König im Rmois befand, als dort<br />

die feindlichen Heere sich gegenüberstan<strong>de</strong>n;') so nützte man das<br />

Königtum bis zum letzten Augenblicke aus, doch an Gegenleistungen<br />

dachte Niemand. Dem Fernhalten vom Bürgerkriege entsprach<br />

auch das weitere Benehmen. Man spielte sich als königstreue<br />

Unterthanen auf, sprach mit Emphase <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Schmach <strong>de</strong>s Königtums<br />

und war über das Verbrechen <strong>de</strong>s Thronusurpators sittlich<br />

entrüstet; 2) aber wie vorher keine Hand zum Schwert gegriffen,<br />

um <strong>de</strong>m Könige zu Hilfe zu kommen, so blieb es auch jetzt bei<br />

<strong>de</strong>r blossen .Entrüstung. zur That raffte sich Keiner <strong>de</strong>r mächtigen<br />

Fürsten auf, <strong>von</strong> <strong>de</strong>nen mancher sich mit <strong>de</strong>n nordfranzösischen<br />

Machthabern gar wohl messen konnte. Es konnte ja auch für die<br />

nach möglichster Selbständigkeit begierigen Dynasten keine bessere<br />

Konstellation geben: <strong>de</strong>r <strong>von</strong> ihnen anerkannte König war nur<br />

noch ein machtloses Phantom, er konnte <strong>de</strong>n Anmassungen seiner<br />

1) B. ii. 1975-1977, Bq. IX. 554-556.<br />

2) Urkundliche Belege im folgen<strong>de</strong>n.


26<br />

angeblichen getreuen Vasallen nicht entgegentreten und diese hatten<br />

dabei noch das erheben<strong>de</strong> Bewusstsein für die verfolgte Legitimität<br />

eingetreten zu sein ; <strong>de</strong>n wirklichen Inhaber <strong>de</strong>r Herrschaft dagegen<br />

erklärte man für einen Tyrannen und Thronräuber und half sich<br />

damit über die unangenehme Pflicht hinweg, ihm (Ichorsain leisten<br />

zu müssen. Das thatsächlich rein persönliche Interessen und nicht<br />

Anhän glichkeit an das angestammte Herrscherhaus die Handlungsweise<br />

<strong>de</strong>r meisten südlichen Herren bestimmte, zeigen <strong>de</strong>utlich<br />

wie<strong>de</strong>rholte ähnliche Fälle, wo es sirh nicht um einen Gegenkönig<br />

aus frem<strong>de</strong>m Geschlecht, son<strong>de</strong>rn eben um ein Glied <strong>de</strong>sselben<br />

Hauses han<strong>de</strong>lt, wie gegen Karl 111. unter und nach Odo, gegen<br />

Ludwig IV.. gegen Lothar (89. 936, 954), <strong>de</strong>nen man auch erst<br />

nach längerem Zögern sich unterwarf 1)<br />

Das soeben im allgemeinen Skizzierte bedarf nun <strong>de</strong>r Begründung<br />

im einzelnen ‚ die im folgen<strong>de</strong>n versucht wei<strong>de</strong>n soll.<br />

Für die nihieren Verhältnisse <strong>de</strong>r Anerkennung <strong>Rudolf</strong>s bieten die<br />

erzählen<strong>de</strong>n Quellen nur sehr geringe Ausbeute : wir sind daher<br />

fast ausschliesslic.h auf urkundliches Material angewiesen. welches<br />

wenn auch ziemlich umfäng l ich, doch noch viele bedauerliche<br />

Lücken übrig lässt. Nicht alle Gebiete sind gleich gut mit ihm<br />

ausgestattet, nur an einer kleinen Zahl <strong>von</strong> Orten geben uns die<br />

Urkun<strong>de</strong>n durch die ganze Regierungszeit Budolfs hindurch ein<br />

treues Geleit. an <strong>de</strong>n meisten haben wir sie nur zu einzelnen<br />

Jahren, beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>n späteren, können also, wenn sich nicht andre<br />

Aufschlüsse bieten, kaum mit Gewissheit sagen ‚ ob in <strong>de</strong>m betreffen<strong>de</strong>n<br />

Orte o<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r betreffen<strong>de</strong>n Person <strong>Rudolf</strong> <strong>von</strong> Beginn<br />

all als König gegolten hat.<br />

Im Herzogtum Burgund erkannte man <strong>Rudolf</strong> sofort an, da er<br />

hier selbst Lan<strong>de</strong>sherr war, auch war er alsbald nach <strong>de</strong>r Wahl nach<br />

Burgund gegangen und <strong>von</strong> einem Wi<strong>de</strong>rstreben seiner Unterthanen<br />

hören wir nichts 2 1 . . In Clun y wur<strong>de</strong> Karl während Roberts Gegenkönigtum<br />

noch anerkannt, lei<strong>de</strong>r fehlen aber dann gera<strong>de</strong> für die<br />

Zeit unmittelbar nach <strong>Rudolf</strong>s Wahl Belege, erst 324 beginnt die<br />

Datierung nach <strong>Rudolf</strong>s ‚Jahren und zwar vom 2. bis 13. Jahre-3).<br />

1) Vgl. Hist. <strong>de</strong> Lang. IV, 22 über Karl, III, 116, 123 über Ludwig,<br />

III, 146 über Lothar.<br />

Flod. 923 p. 372.<br />

3) Bruel. Re.cueil je Chartes <strong>de</strong> Clunv (Paris 1876) 1 n. 231, 233-236<br />

nur 232 nennt Robert als König: in 11. 248 heisst im Juni 924 Karl noch<br />

König, die Urk. nach Jahren <strong>Rudolf</strong>s sind ausseror<strong>de</strong>ntlich zahlreich, <strong>von</strong> n. 288<br />

ab bis 447 (durchsetzt <strong>von</strong> solchen, die in die burgundischen Nachbargebiete<br />

gehören und nach <strong>de</strong>ren Herrschern zählen); vgl. Bruel in <strong>de</strong>r Bild. <strong>de</strong> 1'öcol:<br />

<strong>de</strong>s chartes (1880) XLI, 23 8., <strong>de</strong>r mehrere differieren<strong>de</strong> Anfangsteriiiiiie nachweist,<br />

als Regel gilt jedoch <strong>de</strong>r Wahltag, 13. Juli 923.


27<br />

Diese Zeugnisse erstrecken sich meist auf <strong>de</strong>n ('lau Gau <strong>von</strong> i\hicon<br />

daneben auch auf die Gaue <strong>von</strong> Chfilon und Antun. Für mehrere<br />

hurgundische Gaiie fehlen für die ersten Jahre Urkun<strong>de</strong>n gänzlich,<br />

doch gilt für sie gleichfalls. wie für die genannten, sofortige<br />

Huliligung ; sicher ist es für Seits ‚ <strong>de</strong>ssen Erzbischof <strong>de</strong>n König<br />

gekrönt hatte, wahrscheinlich für .Dijon und Auxerre ‚ <strong>de</strong>ssen<br />

Grafen, bezüglich Vicegrafen. <strong>de</strong>m Hause Vergy entstammten, das<br />

mit <strong>de</strong>m Herzogshause in nahen Beziehungen stand 1.<br />

Die meisten Lothringer huldigten <strong>Rudolf</strong> im Herbst 923,<br />

ausdrücklich wissen wir <strong>von</strong> Metz und Verdun. dass sie ihm unterthan<br />

waren, nur (Jisilbert und Rotgar <strong>von</strong> Trier versagten die<br />

Unterwerfung 2). Reims, das sieh sonst seine Politik selbst gewiihlt,<br />

das sogar für die An<strong>de</strong>rer massgebend gewesen war, musste sich<br />

jetzt ganz <strong>von</strong> frem<strong>de</strong>m Einfluss leiten lassen; durch geleistete<br />

Dienste hatte sich Heribert im vorigen Jahre so festzusetzen gewusst,<br />

dass das Erzbistum völlig in Abhängigkeit <strong>von</strong> ihm geraten<br />

war, Seulf hatte daher Karls Auffor<strong>de</strong>rung sich ihm wie<strong>de</strong>r zu<br />

zuwen<strong>de</strong>n, abgelehnt `). Heriberts Huldigung unterwarf <strong>de</strong>m König<br />

Verrnandois, Amiens, Troyes uni-! die an<strong>de</strong>rn zerstreut liegen<strong>de</strong>n<br />

Besitzungen dieses Vasallen in <strong>de</strong>n Gauen <strong>von</strong> Soissons. Brie,<br />

Provins u. a. 4 ). Laon. stand durch seinen Grafen Rotgar auf<br />

<strong>Rudolf</strong>s Seite, Soissons durch seinen Bischof Abbo <strong>de</strong>r Roberts<br />

Erzkanzler gewesen war und in dieser Stellung auch zu <strong>Rudolf</strong><br />

übertrat ).<br />

Der ausge<strong>de</strong>hnte Machtbezirk Markgraf Hugos fügte sich<br />

gleichfalls <strong>de</strong>m neuen Herrscher, also <strong>de</strong>r Rest <strong>von</strong> Nordfrankreich<br />

bis zur bretonisch-normannischen Grenze : in Tours z. B. rechnet<br />

man am 18. December <strong>de</strong>r 12. Indiktion (= 9231 nach <strong>Rudolf</strong>,<br />

für die an<strong>de</strong>rn neustrischen Grafschaften mangeln ähnliche bestimmte<br />

Nachweise, doch wer<strong>de</strong>n wir nicht fehlgehen, wenn wir auch für<br />

1) Duehesne, hist. g&1i. d. 1. m. cl. Vergy 1 p. 40 ii. a.; Vita S. \i..<br />

vcntii. 1h1. IX, 131. Vgl. ferner noch für Autun UR. ii. 1, Mabillin, <strong>de</strong> re<br />

dipl. lib. VI, Urk. ii. 132 (p. 5 66) für Chälon : UR. 2 1 3, 4; für M3cou Cart.<br />

<strong>de</strong> S. Vincent <strong>de</strong> Mhcon 013cin 1864) 1, n. 310, 314, 501, 480, 8, 38, 496<br />

u. a.; für Fleury: Perard, Recucil <strong>de</strong> plasieurs Pices s. b Uli. <strong>de</strong> Bourgogne<br />

(Paris 1664) p. 44, 29, 30, 42, 43: für Langres- UR. 7, l'erard p. 63. (TJ1.<br />

Urk. Rud. im Anhang.)<br />

2) Flod. 923 p. 372.<br />

3) Flod. 923 p. 371, H. IL IV, 18 p. 578.<br />

4) Vgl. über Heriberts Besitz: Arbois <strong>de</strong> Jubainville 1. v. 1, 89, 90<br />

Kalcksteiii p. 162; Georges, bist. <strong>de</strong> Champagne et <strong>de</strong> Bric (Paris 1878) p. 277.<br />

5) Flod. 923 p. 371 Bq. IX, 560, 563; vgl. Abschnitt Urkun<strong>de</strong>uwesen;<br />

i'onthicu, Boulogne, Flan<strong>de</strong>rn leisten 925 Ileeresfolge.


28<br />

sie keine Verzögerung annehmen, da Hugo seine Vasallen straff<br />

genug sich unterthan hielt, um seine Entscheidung auch für sie<br />

als verbindlich erscheinen zu lassen; für Chartres haben wir eine<br />

Urkun<strong>de</strong> aus seinem achten, für Angers eine Schenkung Graf Pulkos<br />

aus <strong>de</strong>m siebenten Jahre, für Blois gicht Budolf selbst schon<br />

924 ein Diplom, für Paris giebt es eine Urkun<strong>de</strong> vom Vicegrafen<br />

Teudo aus <strong>de</strong>in dritten Jahre und iii Orlaiis (wie in Tours und<br />

Paris) gebot Hugo direkt als Graf '.<br />

Die Normandie war <strong>de</strong>m Gegenkönig feindlich, Urkun<strong>de</strong>n<br />

stehen uns hier gar nicht zur Verfügung lieber die Bretagne,<br />

<strong>de</strong>ren Geschichte für das neunte Jahrhun<strong>de</strong>rt eine reiche Quelle im<br />

Chartular <strong>von</strong> Rdon hat. brechen im Anfang <strong>de</strong>s zehnten die urkundlichen<br />

Hilfsmittel gleichfalls ab ‚ die bei<strong>de</strong>n einzigen Zeugnisse<br />

<strong>de</strong>sselben für diese Perio<strong>de</strong> geben keine Nachricht über <strong>de</strong>n Oberherrn.<br />

Der Grund <strong>de</strong>r Dürftigkeit liegt darin, dass die grossen<br />

Grundherrn, die allein bei <strong>de</strong>r Frage <strong>de</strong>r Anerkennung <strong>de</strong>s Herrschers<br />

in Betracht kommen, gera<strong>de</strong> in jener Zeit zum grössten Teil durch<br />

Verlassen <strong>de</strong>r Heimat sich <strong>de</strong>r Unteijocimtig durch die Normannen<br />

entzogen hatten und nur niedres Landvolk 'zurückgeblieben war<br />

In Berry wird <strong>Rudolf</strong> sogleich Annahme gefun<strong>de</strong>n haben,<br />

da <strong>de</strong>r Gau direkt unter seiner gräflichen Verwaltung stand ‚ und<br />

als <strong>de</strong>r nächste Besitzer Wilhelm abfiel, fand dies nicht allgemeine<br />

Nachfolge <strong>de</strong>nn noch zu <strong>de</strong>ssen Lebzeiten, am 23. November 92,<br />

gilt <strong>Rudolf</strong> fortgesetzt als König 4 )1. In Poitou scheint man nach<br />

einigen Zeugnissen Karl treu geblieben 'zu sein 5), in an<strong>de</strong>rn Ur-<br />

1) Mabille, Paiicarte noire <strong>de</strong> S. Martin <strong>de</strong> Tours (in <strong>de</strong>n Mnt. <strong>de</strong> la<br />

Soc. archal. <strong>de</strong> Tonraine XVII und separat Paris. Tours 1800) ii. 129 Cartul.<br />

<strong>de</strong> S. Pre <strong>de</strong> Chartres (Paris 1840; 1 ii. 3: Mabillon .Ami. Bened. 111, 403<br />

Gesta cons. An<strong>de</strong>gavens. Bq. IX. 30 \larclicgay et Salmen, Ohron. d'Anjou<br />

1, 67 Ult. ii. 5; Mabillon 1. c. p. 384: (lau. Christ. VIII, 484.<br />

2) F1d. 023 p. 371. 372.<br />

3; Flod, 1)19, 921 368. 369; Chron. Namnetensc B(. VIII. 975;<br />

Cartul. <strong>de</strong> liSlon (Paris 1863) i. 283, 305.<br />

-1) [rk. <strong>de</strong>r Kanoniker <strong>von</strong> Bourges 1 Gall. Christ. II. ccl. 134. vom<br />

5. Ciemenstag im .1. J. lInd., <strong>de</strong>r 926 tlmatsächlich ein Donnerstag war; ferner<br />

für Dols IJH. Ii.<br />

5) Besly. hist. <strong>de</strong>s cointes <strong>de</strong> Poictu (Paris 1647) pr. p. 221, 295 mit<br />

<strong>de</strong>in drastischen Ausdruck a. III - r'gni Radnlfi regis curn suis inli<strong>de</strong>libus<br />

niciite captis ähnlich Urk. ii. 9 hci Lastcyrie ‚ sur les comtes et vicomtes <strong>de</strong><br />

Iiimiges p. 114: Cartul. <strong>de</strong> l'ubh. <strong>de</strong> S. Cvprien uic Poitiers (1874, Archives<br />

Iiistor. du Poitou III) n. 236 237, 240, aus <strong>de</strong>m 27. bez. 30. J. Karls, d. i).<br />

925 u. 927.


kun<strong>de</strong>n <strong>von</strong> <strong>Rudolf</strong>s 5. bis 11. Jahre ist jedoch dieser anerkannt 1).<br />

Gleich Poitou folgte auch Limousin nicht <strong>de</strong>r allgemeinen<br />

Stimmung Aquitaniens. da es durch seinen Nachbarn und Oberherrn.<br />

<strong>de</strong>n Grafen voii Poitou. beeinflusst war, in Tulle scheint man<br />

<strong>de</strong>m Burgun<strong>de</strong>r sich gleich untergehen zu haben, die Urkun<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>s Klosters gehen vom 3. bis 13. Jahr, setzen also 923 als Anfang<br />

voraus 2). Denselben nimmt für Beaulieu <strong>de</strong>r Herausgeber<br />

Deloclie an; da wir in<strong>de</strong>ssen nur Urkun<strong>de</strong>n bis zum 10. Jahre<br />

kennen, wird 923 zweifelhaft, und es gewinnt die Vermutung Raum,<br />

dass für Beaulieu dasselbe statt hat, wie für Quercv, wo man<br />

<strong>Rudolf</strong> zum Teil erst 920 anerkannte; dies bestätigen zwei Urkun<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>s Vicegrafen Frotard <strong>von</strong> Cahors für Aurillac <strong>von</strong> 930,<br />

welches als 5.. und für Beaulieu <strong>von</strong> 932 (md. 5), welches als<br />

7. Jahr gezählt wird 3). Aber auch in Q.uercv herrschte keine<br />

Einheitlichkeit. <strong>de</strong>nn Urkun<strong>de</strong>n <strong>von</strong> Moissac gehen bis in das<br />

11. Jahr, setzen also einen früheren Anfang als 926 voraus 4,.<br />

Der son<strong>de</strong>rbarste Contrst waltet jedoch in <strong>de</strong>n Urkun<strong>de</strong>n<br />

<strong>von</strong> Briou<strong>de</strong> in Auvergne ob; Auvergne besass Herzog Wilhelm<br />

als Graf, und Briou<strong>de</strong> sein Bru<strong>de</strong>r Acfred als Laienabt; bei<strong>de</strong><br />

waren eifrige Gegner <strong>de</strong>s Königs, und dieser Stimmung tragen<br />

auch einige Urkun<strong>de</strong>n Rechnung, welche Karls Namen beibehalten<br />

und <strong>Rudolf</strong> als illegitim bezeichnen 5); doch auch einfache Da-<br />

1Cart. <strong>de</strong> 8. Cyprien cl. 301. 124, 92, 528. 337 u. a.: Bcsly 1. c.<br />

p. 237 die Unentschie<strong>de</strong>nheit zeigt auch eine Urk. <strong>de</strong>s Klosters Nouai11 vorn<br />

I)ecenjb. a. III, 1adulfi regis quando Karolus in custodia tenebatur bei Baluze,<br />

Capit. regum Francor. II, append. col. 1532, Mansi Cone. XVIII, app. 11. 135.<br />

2) Baluze, bist. Tutelensis (Paris 1717! app. col. 323-365.<br />

3) Justel, hist. gtna1. d. 1. maison <strong>de</strong> Turenne (Paris 1645) pr. p. 9<br />

und Cartul. <strong>de</strong> Beaulieu (Paris 1859) n. 48; da zwei Urk. Frotards für verschiedne<br />

Orte die Konkordanz 926 = 1. Jahr gewähren, ist wohl Deloche's<br />

Aen<strong>de</strong>rung a, VilIl statt VII, die nur geschah um 923 als Beginn herauszubekommen<br />

unberechtigt. Vgl. ferner Cart. <strong>de</strong> Beaulieu n. 72, 167, 38, 66,<br />

44, 144, 108.<br />

4) Mloulen 1, Docuinents itistor. sur le Tarn - et - Garonne, (Montaubaji<br />

1879; 1, 2091.<br />

5) (Jart. <strong>de</strong> Briou<strong>de</strong> Cierntont-Ferrand 1863) n. 39: a, TU. quo Karolus<br />

rex per infidos Francos <strong>de</strong>honestatus est 16. Führ. 926), ii. 327: a. IV,<br />

quo infi<strong>de</strong>les Franci principem suum Karolurn prpria se<strong>de</strong> exturhaverunt et<br />

lladulphum elegerunt Roberto interfecto (8. Dcc. 996 ‚ n. 315: u. IV. rluo<br />

Franci <strong>de</strong>inhonestaverunt regem suam Karoluni et contra legern sibi Rodulfiim<br />

in regem elegerunt, (11. Oct. 926) u. a., vgl. auch Baluze, hist. g€n. d. 1 in.<br />

d'Auvergnc II pr. p. 19 -21, Baluze, Capit. II vol. 1531, 1534: Cartul. <strong>de</strong><br />

$auxillaiigcs (Cierinont Fd, 1864) n. 13.


30<br />

tierungen mit Jahren Karls ohne <strong>de</strong>n Ausfall gegen seinen Nebenbuhler<br />

fin<strong>de</strong>n sich '). Neben jenen obigen <strong>Rudolf</strong> so gehässig<br />

gegenübertreten<strong>de</strong>n datieren nun die meisten Urkun<strong>de</strong>n nach seinen<br />

Jahren und zwar unmittelbar <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Wahl an, wir haben gera<strong>de</strong><br />

hier die vollshindigste Reihe, nicht so zahlreich wie in Cluny,<br />

aber für unsere Frage noch wichtiger. <strong>de</strong>nn vom Juli <strong>de</strong>s 1. Jahres<br />

bis zum Oktober <strong>de</strong>s 13. haben wir Urkun<strong>de</strong>n zur Hand .<br />

Dies sind die Gebiete. in <strong>de</strong>nen man <strong>Rudolf</strong> sich nicht wi<strong>de</strong>rsetzte,<br />

o<strong>de</strong>r ihn doch noch vor Karls Tod anerkannte, das übrige<br />

Südfrankreich datierte ostentativ nach Karls Regierung weiter,<br />

meist ohne An<strong>de</strong>utung, dass er in Wirklichkeit gar nicht mehr<br />

König war: und selbst nach seinem To<strong>de</strong> zählte man die Jahre<br />

<strong>von</strong> diesem Zeitpunkt ab, vereinzelt aber ging man dann sofort<br />

auf Ludwig über' ;). Für Languedoc bezeugt Fiodoard, dass bis 42<br />

laimund Pontius, Graf <strong>von</strong> Toulouse, Markgi'af <strong>von</strong> (]othien, sein<br />

Bru<strong>de</strong>r Erniengaud, Graf <strong>von</strong> llouergue, Mitinhaber <strong>von</strong> (]otliien, und<br />

Lupus Aznar, <strong>de</strong>r Herr <strong>de</strong>r Gascogne, noch nicht gehuldigt hatten,<br />

und zahlreiche Urkun<strong>de</strong>n bestätigen <strong>de</strong>n Zustand dci' Zwischenzeit 4).<br />

Velai und Gvaudan gehörten (]ein Auvergne als besondre<br />

Grafschaften, teilten daher die Entschliessungen <strong>de</strong>s Herzogs<br />

<strong>von</strong> Aquitanien ). Uzge und Vivarais waren noch Teile <strong>de</strong>s<br />

1) Für Brion<strong>de</strong> Cartul. n. 16 betreffs Canetum, 924 md. 12 auch<br />

Baluze 1. c. 1530.<br />

2) Cart. <strong>de</strong> Brion<strong>de</strong> ii. 169, 104, 255 112 u. s. w. bis 2, 153, 18(i<br />

tuch Brite!, Bild. <strong>de</strong> l'äeole <strong>de</strong>s chartes \' 1. 2 ( - 27) p. 476, 495; ferner<br />

'art, <strong>de</strong> Sauxillanges n. 218, 774.<br />

3) Für tue sjianisihc Mark: P. <strong>de</strong> ?ilarca - Baluaius . Marca Hisp:t'iica<br />

l'aris 1688) app. n. 70, 71. Baluze, Capit. II, 1535; Cltr ' n. Barcinolt. (Murca<br />

1iipanica app. cd. 758): Karl König nach Odos Tod 32 J. 3 M. Post cuius<br />

bitum non habuerunt regem per annos octo; Ann. Barcinon, SS. XIX. 501.<br />

-1) Für Narbonrie: H. (1. Lang. V n. 50. 51, 5-9, 57, Mabillon Anti.<br />

Bett. 111, 1172 1. Ilousaillon und Eine LT. d. Lang. V, ii. 359, 60, 62; Baluze,<br />

Capit. 11, 1335; 'f. Carcassonne H. d. Lang. V, ii. 53, 61, Bal. 1. c. ; f. Iluerguc<br />

(lio<strong>de</strong>z. Vabre, Conques) H. d. Lang. V. ii .35a, 59. 433, 11, ii. 207. Bihl. <strong>de</strong><br />

l')e. d. chart. V. 4 ( 24) p. 153, Cartul. dc l'abb. <strong>de</strong> Conques (Paris 179)<br />

ii. 121, 92, 5 1 231, 143, 291 f. Beziers H. d. Lang. V, n. 5. Dein oben<br />

erwähnten Chron. Barciu. steht nahe Chron. Nemausense (Nimes: ‚ 88. 111, 219<br />

(auch H. d. Lang. V, col. 28): Karl 35 J. Kittig. Post cuins obitum fuerunt<br />

anni 7 sine legitim rege, in quibus regnavit Rodulfus. Eine Urkun<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

Bischofs <strong>von</strong> Nimes (bei Menard, hist. <strong>de</strong> Nisines 1 pr. p. 19) gicht das 30 J.<br />

Karls nach Odos Tod 927,<br />

Lang. III. p. 87, 90, 97, IV, IF. 85.


31<br />

prorenalischeii Reiches Ludwigs <strong>de</strong>s Blin<strong>de</strong>n Und noch nicht zum<br />

Languecioc gekommen 1).<br />

Von verschie<strong>de</strong>nen kleinen Gebieten, die wir sucht berührt<br />

haben, lässt sich die Haltung nicht angeben, doch wird in diesem<br />

Falle wohl mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen sein, dass sie<br />

<strong>de</strong>in ihrer mächtigeren Nachbarn gefolgt sind.<br />

<strong>Rudolf</strong> hat auch als König seine früheren Wür<strong>de</strong>n (<strong>de</strong>n 1-1erzogstitel<br />

und seine Grafschaften) beibehalten, wenigstens fin<strong>de</strong>n<br />

wir in seiner Zeit keinen An<strong>de</strong>rn in solcher Stellung ) ; er musste<br />

darauf sehen, sich in seinen Besitzungen eine feste Grundlage für<br />

sein Königtum zu wahren, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Machtbereich <strong>de</strong>sselben ‚ wie<br />

er ihn <strong>von</strong> seinem Vorgänger überkarn ‚ reichte nur )litt eine<br />

Schattenherrschaft zu führen, während <strong>de</strong>in eine feste Regierung<br />

not that und eine solche auch allein <strong>de</strong>m thatkräftigen<br />

Wesen <strong>de</strong>s Königs entsprach. Sein Herzogtum hat immer seine<br />

Tlauptstütze gebil<strong>de</strong>t; so oft ihn nicht, wie es allerdings fast unablässig<br />

<strong>de</strong>r Fall war, legierungsangelegenheiten in andre Teile<br />

<strong>de</strong>r Monarchie riefen, verweilte er in Burgund 43). und Burgun<strong>de</strong>r<br />

bil<strong>de</strong>ten <strong>de</strong>n Kern seines Heeres, an <strong>de</strong>n sich die wechseln<strong>de</strong>n<br />

Kontingente <strong>de</strong>r grossen Vasallen anschlossen.<br />

Gleich nach <strong>de</strong>r Weihe in Soissons brach er nach seinem<br />

Stammland auf; Karl war zwar noch frei. aber seine Macht so<br />

schwer getroffen, dass <strong>Rudolf</strong> nicht sogleich eine ähnliche Ueberraseliung<br />

wie Robert zu fürchten hatte. Doch auch nach <strong>de</strong>m<br />

Schlage voll und trotz <strong>de</strong>r trüben Erfahrungen bei seinen<br />

Botschaften an die Rebellen, dachte <strong>de</strong>r unglückliche Fürst fortgesetzt<br />

all Wie<strong>de</strong>rgewinnung seiner Lan<strong>de</strong>. Mit H ein rieb hatte<br />

er 921 Beziehungen angeknüpft, Roberts Erhebung unterbrach dieselben;<br />

jetzt war <strong>de</strong>r Gegenkönig gefallen. iiiid <strong>de</strong>r Ueberleben<strong>de</strong><br />

mochte hoffen, voll mit <strong>de</strong>m Deutschen in gutes Einvernehmen<br />

kommen und seine Unterstützung erlangen zu können.<br />

Er schickte Gesandte an Heinrich mit Geschenken, darunter Reliquien,<br />

die in jener Zeit einen unschätzbaren Wert hatten, und<br />

1) Unrichtig lässt II. cl. Lang. 111 p. 96 sie schon 924 an das Haus<br />

Toulouse kommen, vgl. }Iaedicke, tucles s. 1. ro yaume cl. Bnuirr. et cl. Pro.<br />

p. 10 Gingins-la-Sarraz ‚ Archiv f. Schweiz. Gesch. VII, p. 72; erst nach<br />

Ludwigs 'lud 928 kam,ri sie an <strong>Frankreich</strong>.<br />

2) Nach Gfrörer, Grog. VII., IV, 28 hatte Gislebert (v. Vergy) das<br />

llcrzogtuiii erhalten, was jedoch falsch ist.<br />

3) Mourin, Comtes <strong>de</strong> Paris p. 139 nennt unbegrün<strong>de</strong>t Dijon als Hauptstadt<br />

<strong>Rudolf</strong>s; wenn überhaupt eine Vermutung ausgesprochen wer<strong>de</strong>n soll,<br />

kann nur Autun in Betracht kommen, UR. 1, 8, 12.


32<br />

mag ihm vielleicht die Ueberlasstuig Lothringens 'zugesagt haben.<br />

Aber dieser Versuch, sich einen Helfer zu erwerben, scheiterte<br />

wie alle früheren; Heinrich nahm die Gesandten auf, trat<br />

auch nicht mit <strong>Rudolf</strong> in Verkehr, enthielt sich in<strong>de</strong>ssen je<strong>de</strong>s<br />

Schrittes zu Gunsten <strong>de</strong>s Karolingers '). Der Misserfol g wird<br />

diesen geneigter gemacht haben auf einen an<strong>de</strong>rn Vorschlag einzugehen,<br />

<strong>de</strong>r ihm jetzt gemacht ward.<br />

Ileribert sandte <strong>de</strong>n Grafen Bernhard, seinen Vetter, mit an<strong>de</strong>in<br />

Boten zu ihm -- <strong>de</strong>r wohl noch in Lothringen sich aufhielt<br />

- und trug ihm seine Hilfe an ; die <strong>von</strong> Richer angeführten<br />

Ueberrednn gsrnittel entsprechen sehr gut <strong>de</strong>r Sachlage, mögen sie<br />

ZD<br />

nun echt o<strong>de</strong>r <strong>von</strong> ihm ersonnen sein : Ileribert habe nur notgedrungen<br />

mit <strong>de</strong>n Fein<strong>de</strong>n sich vereinigt, jetzt biete sich eine günstige<br />

Gelegenheit, das Geschehene wie<strong>de</strong>r gut zu machen ; doch<br />

solle Karl, um Argwohn zu vermei<strong>de</strong>n, ohne grosses Gefolge<br />

kommen. Manches mochte beitragen, Be<strong>de</strong>nklichkeiten bei Karl<br />

zu beseitigen. Heribert war doch immerhin ciii Karolinger, wenn<br />

auch nicht aus <strong>de</strong>r herrschen<strong>de</strong>n Linie, mi Bürgerkriege hatte er<br />

in <strong>de</strong>r Tliat anfangs noch einige Zeit auf Karls Seite gestan<strong>de</strong>n 2),<br />

<strong>Rudolf</strong>s Abwesenheit in Burgund liess hoffen, dass man mit<br />

Heriberts beträchtlichen Mitteln sich wei<strong>de</strong> festsetzen können, ehe<br />

<strong>de</strong>in Gegner die Gefahr klar wür<strong>de</strong>. Dazu kamen noch die eidlichen<br />

Bürgschaften <strong>de</strong>r Gesandten, die mit um so mehr Vertrauen<br />

erwecken<strong>de</strong>r Zuversicht geleistet wur<strong>de</strong>n, als Bernhard und seine<br />

Genossen selbst betrogene Betrüger waren. 1-leribert hatte als<br />

vollen<strong>de</strong>ter Kenner seiner an Treubruch und Verrat so reichen<br />

Zeit 3) für gut befun<strong>de</strong>n, seine Unterhändler über seine walii'en<br />

1) Soviel glaube ih unheleiiklich <strong>de</strong>r Ueberlieferung Widuhin,ls (1 33<br />

SS. 111, 431) entnehmen zu (lÜrh'n Waitz, Hein, 1, 75 setzt Wid. Worten<br />

strenger folgend, die (esndtsi'hit't erst nach Karls Gefangennalinie, <strong>de</strong>sgl.<br />

Wittich, Herz, Lothring. p- 115; es ist aber unwahrscheinlich dass Heribert<br />

seinem Gefangenen die Müglicltkeit gelassen haben sollte, nach aussen Verbindungen<br />

'in seiner Befreiung anzuknüpfen. Thietmar (1, 13, S.S. 111, 741)<br />

lässt Karl wirklich durch Heinrich wie<strong>de</strong>i' eingesetzt wer<strong>de</strong>n, wohl irre geführt<br />

durch Ludwigs Einsetzung seitens Ottos.<br />

2) F'lud. 922 p. 370.<br />

3) Vgl. die dir Flodoardausgabe <strong>de</strong>s Pithosus (anri. et hist. Franc.<br />

script. c-jaet. Xli. Paris 1588) angehängten Visiones Flotihilac ‚ geschehen im<br />

Jahre 940 (1. c. p. 278, Flod. 940 p, 387 1 , die wie<strong>de</strong>rholt <strong>de</strong>r leichtsinnigen<br />

Ei<strong>de</strong> ge<strong>de</strong>nken, p. 282 inrarnonta quae tam innumerabilia liunt 283 inrainenta<br />

quae tot fiebant; Adso, Mirac. S. Basohi c. 7 SS. 1V, 517, Anm. ferner im<br />

Laufe dieser Darstellung die häufi gen V crrii tereien Feb iii i i 1 esndi'rs in dcii<br />

Aufstän<strong>de</strong>n hlerihjerts gegen <strong>Rudolf</strong>.


Absichten im Dunkeln zu lassen ‚ um nicht durch etwaige Gewissensbetlenken<br />

o<strong>de</strong>r Verräterei ihrerseits die A usfti]irun g gefähr<strong>de</strong>t<br />

o<strong>de</strong>r vereitelt zu sehen. Man darf es Karl nicht als eineii<br />

Beweis seiner .‚Einfalt" auslegen, wenn er sich täuschen liess; die<br />

I)ailegungen <strong>de</strong>s Grafen waren glaubhaft genug und Karls Lage<br />

ganz hoffnungslos; er sah keinen an<strong>de</strong>rn Weg vor sich, hier bot<br />

sich einer dar, <strong>de</strong>r, wenn aufrichtig gemeint, allerdings Aussicht<br />

auf Erfolg bot. Er folgte <strong>de</strong>n Gesandten und traf mit geringer<br />

Be<strong>de</strong>ckung in Heriberts Burg S. Quentin an <strong>de</strong>r Somme ein, wo<br />

er nur zu bald erfuhr, wie schmählich er betrogen; <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Vasall<br />

bemächtigte sieh seines Herrschers, <strong>de</strong>ssen Leute zum Wi<strong>de</strong>rstand<br />

zu schwach waren: sie wur<strong>de</strong>n entlassen, Karl jedoch bald<br />

darauf in <strong>de</strong>r festen Burg Chateau-Thivrry gefangen gesetzt. Nach<br />

glücklichem Gelingen dieses Handstreichs folgte Heribeit <strong>de</strong>in<br />

neuen Künig nach Burgund 1) Die Berichte über die Gefangennahime<br />

differieren in manchen Einzelheiten ; einige setzen sie vor<br />

Ruiiolfs Wahl, und dieThat selbst wird veischie<strong>de</strong>ntlich ausgeschmückt,<br />

um 1-Ieriberts Verrat im hässlichsten Lichte dastehen zu lassen<br />

auch die Reihenfolge <strong>de</strong>r für die Haft in Betracht kommen<strong>de</strong>n<br />

Orte S. Quentin, Chateau-Thierrv und Pionne wechselt. Der Vorfoll<br />

muss auf die Zeit genossen einen sehr tiefen Eindruck gemacht<br />

hauen, und lange hat <strong>de</strong>rselbe tortgewirkt ; war es doch <strong>de</strong>r erste<br />

Fall seit <strong>de</strong>r Ausbildung <strong>de</strong>s Lehnsstaates, dass ein Vasall an die<br />

geheiligte Person seines Königs und Herrn Hand anzulegen wagte<br />

fast alle historischen Quellen, selbst die dürftigsten Annalen und<br />

Genealogien erwähnen ihn 9) und zwar meist mit Ausdrücken <strong>de</strong>s<br />

Abscheus vor <strong>de</strong>m Thitter, welcher malorum incentor, proditor, do-<br />

1) FIoü. 923 1). 372; Richer 1. 47 Fulcuin g. a. Sith. c. 101 SS. XIII,<br />

6213; 1{od. Glab. 1, 1 SS. VII, 53; Aimoin llq. IX. 139. Odorann B(I. VIII,<br />

237 (iesg]. 11. Franc. Sen. SS. IX, 366), Widukind 1, 99 55. III, 430, Bisst<br />

f5lschuich Karl tlttrcli Hugo gefangen und im Staatsgef5iignis bewahrt wer<strong>de</strong>n;<br />

Thietmar, 1, 13 55. III, 741.<br />

2; Z. 11, Ann. Laiibienses u. Leodienses SS, IV, 16; A. S. Maximiiii<br />

'Irovir. il). 6; A. EiniilIeiis. SS. III. 141 ; A. Elnon. min. 55. V, 19 A. l3landin.<br />

il). 24; A. }'loriac, 1re'. SS. Xlii, 87: brev. Chrou. Tornac. Bq. Viii, 285;<br />

<strong>von</strong> Genealogien haben sich selbst solche, die sonst nur Namen ohne Daten<br />

bringen, nicht enthalten können, <strong>de</strong>n Verrat anzuführen, vgl. die karol. (enca1.<br />

SS. II, 319; (ieneal. cirnit. T3n1nens. 55. IX. 300: die verschie<strong>de</strong>nen (leneal.<br />

SS. XIII, 217, 252. In einer Urkun<strong>de</strong> Arnuifs v. Flan<strong>de</strong>rn wird 942 noch <strong>de</strong>r<br />

Gelangensehaft gedacht: regnante Ludouuieo auno VI filio Karoli reclausi bei<br />

van Lkern Chartes et d-cuni, <strong>de</strong> l'abb. <strong>de</strong> S. Pierre iä Gand (0 alLE 1868)<br />

P. 24 , n. 18.


34<br />

lositate plenus, <strong>de</strong>ceptor fraudulentissimus. iufi<strong>de</strong>lium o<strong>de</strong>r irtiquoruni<br />

o<strong>de</strong>r proclitoviirii ne(luissimus ‚ oiuniuln prin( ,ipum Francorurn<br />

pessimus heisst, und bei seinem To<strong>de</strong> weiss man schreckliches<br />

(freilich ganz erdichtetes) <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Strafe <strong>de</strong>s Himmels zu erzählen<br />

1). Karls Gemahlin Eadgifu ‚ <strong>de</strong>r Mutter seines Sohnes<br />

Ludwig. gelang es, <strong>de</strong>n Nachstellungen. die <strong>de</strong>m für die Zukunft<br />

zu fürhten<strong>de</strong>n c Präten<strong>de</strong>nten bereitet wur<strong>de</strong>n, zu entgehn ; Ludwig<br />

war <strong>de</strong>r einzige berechtigte Erbe, da Karl <strong>von</strong> seiner ersten Gemahlin<br />

nur Töchter, und nur aus einer illegitimen Verbindung<br />

drei Söhne hatte ) ; bei ihren an gelsächsischen Verwandten - sie<br />

war die Tochter König Eadwards, eine Schwester Aethelstans -<br />

fand die Königin Schutz, ihr Sohn seine Erziehung ).<br />

Der einzige, <strong>von</strong> (lern hören, dass er für Karl eintrat<br />

(ausser <strong>de</strong>n ormannen <strong>de</strong>nen aber Karl nur ein Vorwand für<br />

ihre 1iiubereien war), war Papst Johann X.. <strong>de</strong>ssen Schreiben<br />

zwar nicht erhalten, aber aus Fiodoard zu erschliessen ist; unter<br />

Androhung <strong>de</strong>r Exkommunikation drang er auf Wie<strong>de</strong>reinsetzung.<br />

1) Ilicher II, 87 giebt eine ine(liciniseie Beschreibung, Rod. Glaber 1.<br />

c. p. 54 schil<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>n Tod eines r1lIeatrl.e%lt Folkuin c. 102, 1. e. 626<br />

zeichnet sich durch beson<strong>de</strong>rs geschinackv die To<strong>de</strong>sart aus. Eigentümlich<br />

sind die Sagen <strong>de</strong>s Chron. \Valciodor. SS. XIV, 506 if. Graf Eilbert, <strong>de</strong>r bei<br />

einem Akt <strong>de</strong>r Selbsthilfe Beime erobert und daselbst eine Kirche verbrinnt,<br />

wird vorn König iidt <strong>de</strong>in bekriegt, aber verbun<strong>de</strong>n mit seinen<br />

Brü<strong>de</strong>rn, darunter Heribertus <strong>de</strong> 5. Quinitine, siegt er und nimmt Karl gefangen<br />

922; nach<strong>de</strong>m dieser längere Zeit in Prinne gefangen gesessen, entlassen<br />

ihn die Brü<strong>de</strong>r und huldigen <strong>von</strong> neuem. Der König rächt sieh aber<br />

nach lleriberts Tod, in<strong>de</strong>m er <strong>de</strong>ssen Söhne durch <strong>Rudolf</strong> voss Cambray um<br />

ihr Erbe bringen lässt. Einige wahre Züge sind <strong>de</strong>mnach drin, aber sie<br />

sind irr eine ganz wirre Beziehung unter einan<strong>de</strong>r gebracht und mit Sagen<br />

durchsetzt.<br />

2) Vgl. 13. 1927, 1945, 1956 Witgeri Geneal. Arnulfl SS. IX, 303. Der<br />

Name <strong>de</strong>r zweiten Gemahlin ist rrieist in Ogiva ver<strong>de</strong>rbt, Folcuimi Odgeva,<br />

Ainioin 1-lea(itgiva. ihre Urabschrift Bq. IX, 103 Ethgiva: Ethelwerd mi Brief<br />

an Mathil<strong>de</strong> 55. X, 4.,59 Anm. Eadgyfu, Iliclmer Actlmgisa, FIod. Ottogeba.<br />

3) Folcuiii 1. c.; Flott. 936 . 383; auf Ricimers Angabe (II, 1) ‚ sie sei<br />

erst zu Aethelstan geflohen, somit erst nach Eadwards Tod (Sept. 9241 nach<br />

England gelangt, ist wenig zu geben ., R . weiss, dass Ludwig bei Aethelstan<br />

aufwuchs; (lass er so genau beachtet haben sollte, ob zur Zeit <strong>de</strong>r Flucht<br />

dieser eben schon zur Herrschaft gelangt war, wie Kalckstein p. 163 annehmen<br />

möchte, scheint bei Richers Arbeitsweise wellig gerechtfertigt. Cont. Regiu.<br />

925 SS. 1, 616 lässt Ludwig nach Irland, Hod, Glab. 1. c. über <strong>de</strong>n Bitein<br />

fliehen.


Die Zeit <strong>de</strong>sselben ist unbestimijif, ; Kalckstein setzt es nach seinem<br />

Schreiben an <strong>Rudolf</strong>, <strong>de</strong>n er anfangs als König anerkannt habe.<br />

bis er dann sich <strong>de</strong>m Karolinger wie<strong>de</strong>r zuwandte, mir ist es aber<br />

unwahrscheinlich, dass er erst mehrere Jahre <strong>de</strong>r Thronusurpation<br />

zugestimmt, dann plötzlich ‚ ohne dass <strong>Rudolf</strong> ihm einen Grund<br />

gegeben hatte. - <strong>de</strong>m Verlangen <strong>de</strong>s Papstes beim Streit zwischen<br />

(igny und Cluny hatte er entsprochen, wie Widos Urkun<strong>de</strong> beweist<br />

- ohne dass beim Papst in jener Zeit ein karolingerfreundlieber<br />

Einfluss erkennbar ist, ihn als Usurpator erklitrt'und Karis<br />

Wie<strong>de</strong>reinsetzung so kategorisch verlan gt haben soll. Sehr gut<br />

lässt sieh dagegen <strong>de</strong>s Papstes Schritt alsbald nach <strong>de</strong>r Gefangennahme<br />

einreiben als er jedoch <strong>Rudolf</strong> in <strong>de</strong>r Herrschaft befestigt<br />

sah, liess er die Sache ruhen und erkannte ihn <strong>de</strong>r Macht <strong>de</strong>r<br />

Thatsachen folgend an, Ausser <strong>de</strong>r äussern Wahrscheinlichkeit<br />

hat diese Ansicht noch <strong>de</strong>n Umstand für sich, dass damals Kaiser<br />

Bereiigai' noch lebte (- 1- 7, April 924\ <strong>de</strong>r zu Karl in freundschaftlichen<br />

Beziehungen stand und schon 921 bei <strong>de</strong>r Besetzung <strong>de</strong>s<br />

Bistums Lüttich seinen Einfluss bei <strong>de</strong>m Papste für Karl, geltend<br />

gemacht hatte unter seinem Einfluss mag auch jetzt 'her Papst<br />

für <strong>de</strong>n König eingetreten sein, wonach <strong>de</strong>r Brief in (las En<strong>de</strong> <strong>von</strong><br />

923 0(1er (Ije ersten Monate voll gehört, <strong>de</strong>r baldige Tod <strong>de</strong>s<br />

Kaisers erleichterte dann auch Johann <strong>de</strong>n Uehei'trjtt zu <strong>Rudolf</strong><br />

und das Preisgeben Karls 1),<br />

Heriberts That befreite <strong>Rudolf</strong> zwar für <strong>de</strong>n Au Augenblick <strong>von</strong><br />

<strong>de</strong>m Rivalen, war ih m aber in sofern bedrohlich, als <strong>de</strong>r Graf<br />

inKarl ein Mittel hatte, <strong>de</strong>m Könige Vorteile abziitrotzen ; (lOnIl<br />

dass er nicht als treuer Anhänger <strong>de</strong>s Burgun<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>n Fluch <strong>de</strong>s<br />

Verräters auf sich genommen son<strong>de</strong>rn nur aus ausgepritgtestern<br />

Eigennutz, lehren seine ganzen Massnahmen und Erfolge in <strong>de</strong>n<br />

nächsten Jahren.<br />

rOfl<br />

llegierungshandluiigen <strong>de</strong>s Königs aus <strong>de</strong>mersten Aufenthalt<br />

in seinem Herzo gtum ist nichts bekannt; nur kurze Zeit<br />

<strong>de</strong>r Ruhe war ")in ‚ <strong>de</strong>nn Hugo rief seine Hilfe für das<br />

bedrängte F'rancieu an. Verspätet waren die <strong>von</strong> Karl aufgebotenen<br />

Norrnanneii jetzt endlich losgebrochen, <strong>de</strong>r Seekönig a U ginold, <strong>de</strong>r<br />

Herr <strong>de</strong>r Schaar, die seit Jahren die untere Loire besetzt hielt,<br />

wo sie auf <strong>de</strong>n zahlreichen Inseln Zuflucht fand, hatte unter seinem<br />

1) Flod. 928 p. 377, 11. R. IV, 21. p. 579: Richer 1, 54; B1. IX,<br />

215-217, Sehreiben Johanirs an Karl (921) ‚ an Köln (921). an <strong>Rudolf</strong> 928);<br />

Mabillon Anti. Betr. III. 386, Urkun<strong>de</strong> \Viilos <strong>von</strong> (Jigay; Düinrnler, (Jesta<br />

Berengarii iI]iperatoris (Halle 1871) p. 10; Kalckstein p. 176; im folg. zu 928.<br />

3*


Befehl auch Normannen Rollos <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Unterseine vereinigt und<br />

war über die Oise nach Franeien eingefallen; eine Nie<strong>de</strong>rlage<br />

durch Vasallen }feriherts und an<strong>de</strong>re nordfranzösische Herren trug<br />

nur dazu bei, die Verlieeruiigeii zu vergrössern; eine erneute Nie<strong>de</strong>rlage<br />

durch Graf Adalelni <strong>von</strong> Artois trieb ihn zwar zurück, aber<br />

die Raubzüge liessen trotz<strong>de</strong>m nicht nach. 1)a eilte auf Hugos<br />

Ruf <strong>de</strong>r König selbst über Compiögne herbei in das heimgesuchte<br />

Beauvaisis; Seulf. Heribeit uni an<strong>de</strong>re leisteten Heeresfolge. Ein<br />

Einfall in ihr eignes Land jenseits <strong>de</strong>r Epte, <strong>de</strong>m man die Lei<strong>de</strong>n<br />

Franciens mit gleichem rergalt, sollte die naubscliaaren zum Rückzug<br />

nötigen und ihnen zeigen, dass die Zeiten <strong>de</strong>r Schwäche ein<br />

En<strong>de</strong> hätten, in <strong>de</strong>nen die Grenzgebiete auf ihre eignen, stark<br />

erschöpften Kräfte angewiesen waren und voin Königtum ohne<br />

Hilfe gelassen wur<strong>de</strong>n 1 ). Doch mitten in diesen Hän<strong>de</strong>ln rief ihn<br />

ein für das <strong>Frankreich</strong> <strong>de</strong>s zehnten Jahrhun<strong>de</strong>rts wichtigeres Ereignis<br />

ab.<br />

Lothringen war seit <strong>de</strong>r Son<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r karolingischen Reiche<br />

immer <strong>de</strong>n Westfrankenkönigen wie ihren östlichen Vettern als<br />

ersehnter Gewinn erschienen, Karl hatte es schliesslich durch<br />

glückliche Fügung <strong>de</strong>r Verhältnisse mit seinen Staaten vereint und<br />

jmn Bürgerkrieg hielt es grösstenteils zu ihni. 1)cr 1. Juni 1 1,23<br />

än<strong>de</strong>rte. die Lage; Lothringen hatte bisher erfolglos die Hauptopfer<br />

<strong>de</strong>s Kriegs auf karolingischer Seite getragen, Karl war zu<strong>de</strong>m<br />

gefangen; nach anfänglicher Zurückhaltung entcblossen sich<br />

daher die meisten Grossen, <strong>Rudolf</strong> anzuerkennen. ihre Botschaft<br />

traf ihn in <strong>de</strong>r Normandie, und auch er konnte sich <strong>de</strong>m Zuge<br />

seiner Zeit und seiner Stellung nicht entziehen; die Aus<strong>de</strong>hnung<br />

seines Herrschaftsgebiets über das weite Reich Lothars musste wie<br />

allen Westfranken auch ihni als höherer, ruhmvollerer Gewinn<br />

gelten als die <strong>de</strong>finitive Züchtigung <strong>de</strong>r normannischen Räuber,<br />

welche ja seine Vasallen durchführen konnten.Nach voraufgegangner<br />

Beratung mit <strong>de</strong>n Grossen begab er sich nach Lothringen<br />

in <strong>de</strong>r Grenzfeste Mouzon erfolgte seine Annahme als König, und<br />

sogleich bot sich ihm Gelegenheit, seines Amtes zu walten. Sein<br />

neuer Unterthan Wigerich <strong>von</strong> Metz nahm seine Hilfe gegen die<br />

bischöfliche Burg Zabern in Anspruch, die im Elsass gelegen, <strong>de</strong>r<br />

Heinrichs Hoheit anerkannte, <strong>von</strong> <strong>de</strong>ssen Kriegern besetzt wor<strong>de</strong>n<br />

war. Erst nach längerer Belagerung, die fast <strong>de</strong>n ganzen Herbst<br />

ausfüllte, zwang er die Burgniannen, zur Stellung <strong>von</strong> Geiseln,<br />

worauf er nach Laon zurückging und mit seiner Gemahlin, die inzwischen<br />

in Reims durch Seulf zur Königin gekrönt war, zusammentraf.<br />

Doch die kaum gewonnene Herrschaft bedrohte ein ge-<br />

1) Flod 923


fährliches Unwetter aus Osten: die mächtigsten Lotliringer, Gisilbert<br />

und <strong>de</strong>r Erzbischof <strong>von</strong> Trier hatten es vorgezogen sieb an Deutschland<br />

anzuschliessen (Köln war ihnen schon früher vorangegangen) 1),<br />

und riefen ihrerseits nun Heinrich herbei ; auch er leistete <strong>de</strong>r<br />

Auffor<strong>de</strong>rung Folge und kam gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jahres über <strong>de</strong>n<br />

Rhein; sein Erfolg beschränkte sich jedoch auf <strong>de</strong>n glücklich ausgeführten<br />

Bau) <strong>von</strong> \Tiehheer<strong>de</strong>n und an<strong>de</strong>rin Besitz und Fortführung<br />

junger. waffenfähiger Leute-). Die berüchti gte \Vankelniütigkeit<br />

<strong>de</strong>r Lothringer 8) trat diesmal nicht zu rIage : nur einer <strong>von</strong> <strong>de</strong>nen,<br />

die sich <strong>Rudolf</strong> unterworfen hatten, Otto, fiel ab, wohl aus einem<br />

persönlichen Grun<strong>de</strong>, <strong>de</strong>nn in ihm haben wir <strong>de</strong>n später unter<br />

Otto 1. hervortreten<strong>de</strong>n Otto, <strong>de</strong>n Sohn Richwins zu sehen, welch<br />

letzteren <strong>Rudolf</strong>s Bru<strong>de</strong>r Boso in einer lothringi s chen Privatfeh<strong>de</strong><br />

hatte ermor<strong>de</strong>n lassen 4). Sobald aber die Meldung eintraf, <strong>Rudolf</strong><br />

rüste sich, mit seinem gesamten friinkisch-burgun(lisclien Heerbann<br />

<strong>de</strong>m Einfall zu begegnen, brachte Heinrich seine Beute über <strong>de</strong>n<br />

Rhein in Sicherheit, nach<strong>de</strong>m er mit <strong>de</strong>n Lotliringern einen Waffenstillstand<br />

bis zum 1. Oktober <strong>de</strong>s folgen<strong>de</strong>n Jahres eingegangen<br />

war. Die westfränkische Partei behauptete entschie<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>m<br />

Zwischenlan<strong>de</strong> die Oberhand; Wigerich glückte die Eroberung<br />

<strong>von</strong> Zithern, welches zerstört wur<strong>de</strong>, und in Verdun gab <strong>Rudolf</strong><br />

nach l)idos Tot! das Bistum an hugo, <strong>de</strong>iii Seulf die Priesterweihe<br />

erteilte )•<br />

1) \Vittich. Herz. Lothringen p. 107 Anm. 3 1 110, 114 Anm. 3; Waitz<br />

lIelur. 1 p. 70 A tun. 7.<br />

2) Das Urteil mag herb erscheinen es ist jedoch ohne Parteinahme für<br />

Heinrich unmöglich, sein Auftreten an<strong>de</strong>rs aufzufassen: oft betrachtet man<br />

cleutschcrseits die Unternehmungen <strong>de</strong>r französischen Könige auf Lothringen<br />

<strong>von</strong> vornherein als tiireeht: seit 869 schwankt es herüber und hinüber, keinem<br />

zu festem Eigen <strong>de</strong>r Butter Vertrag hatte es sogar offiziell beim Westreiche<br />

gelassen und seit<strong>de</strong>m ist kein Verzieht bekannt: erst später ist die Streitfrage<br />

zwischen <strong>Rudolf</strong> und Heinrich zu Gunsten <strong>de</strong>s Letzteren erledigt wor<strong>de</strong>n.<br />

0 lü(-her 1, 36 1 37; Widuk. 1, 30. SS. 111, 430.<br />

4) F1d. 923 p. 371, 373; Wiönk. 1!, 26 SS. lii, 445; Vita Job. Gnrziens.<br />

c, 12. 105 35. IV, 840 1 367; (jhron, Mcdiani iaonast. ib. 89. Ist 1er<br />

Biquinus dux <strong>de</strong>s Calenilar. neerol. ltomarieense (Böhmer, Fontes TV. 463)<br />

unser lTichwin . so füllt sein Tod auf <strong>de</strong>n 15. November. Vgl. auch Leibniz,<br />

Anrial. imperii occi<strong>de</strong>nt. e(l. Pertz, hannover 1845) II, 890<br />

5) Flod. 923 p :172, 373; Ann. 8. Benigni Div. SS. V, 40; Aun. neerolog.<br />

Ful<strong>de</strong>nses 85. XIII, 192. Per Cont. ITcgin. ist für diese Jahre sachlieh<br />

sehr brauchbar, in <strong>de</strong>r Reihenfolge aber ganz verwirrt, vgl. 921--925.<br />

Sein Bericht iSS. 1, 616), Heinrichhabe mit (lisilbert und Rotger 923 <strong>de</strong>n<br />

Metzer Bischof bezwungen, lässt sich nur erklären, wenn man ihn als vorüber-


Während dieser Vorgänge im Osten hatten im Auftrage <strong>de</strong>s<br />

Königs Hugo und Heribert mit einem Deckungscorps auf <strong>de</strong>m<br />

linken Oise(fer 1"rancien vor <strong>de</strong>n Normannen geschützt, und nach<br />

<strong>de</strong>r Krönung Emnias war auch <strong>de</strong>r Erzbischof <strong>von</strong> Reims nmli <strong>de</strong>m<br />

nordwestlichen Kriegsschauplatz ab g egangen. Man beschränkte<br />

sieh jedoch auf gegenseitige Raubzüge, bis man sich in wie<strong>de</strong>rholte<br />

Verhandlungen einliess, (Ije schliesslich zu einem }'riiliminarfrie<strong>de</strong>n<br />

führten:weitere Gebiete nach Westen bin sollten <strong>de</strong>m<br />

bisherigen Be.stan<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Normandie, die im wesentlichen die D-<br />

partement Seine inf&ieure und Eure umfasste 1), zugefügt wer<strong>de</strong>n.<br />

<strong>Rudolf</strong> scheint in<strong>de</strong>ssen <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n nicht sogleich genehmigt zu<br />

haben, da Fiodoard nur <strong>von</strong> einem Waffenstillstand spricht, <strong>de</strong>n<br />

er ihnen nach Empfang <strong>von</strong> Geiseln bis Mitte Mai 24 bewilligt<br />

h<br />

abe. Keiner <strong>von</strong> bei<strong>de</strong>n Teilen konnte sich einen entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

Sieg zuschreiben <strong>de</strong>r Staat niusste sich dazu verstehen, wie früher<br />

so oft, <strong>de</strong>n Normannen eine Ahlinduhl gssunTnle zu zahlen, welche<br />

im Anfang <strong>von</strong> 92 .1 durch eine im Gebiet <strong>von</strong> Fraiicien erhobene<br />

pecunia collatieia ‚ rohl eine Art aussergewöhnlicher Kopfsteuer,<br />

die es sonst nicht gab, aufgebracht wur<strong>de</strong>, aber <strong>de</strong>nnoch war das<br />

Ansehen <strong>de</strong>s Reiches besser gewahrt wor<strong>de</strong>n als bei früheren ähnliehen<br />

Ahkouiinien; nicht die Franken waren es, die diesmal <strong>de</strong>n<br />

Norrnannen Geiseln stellen mussten, son<strong>de</strong>rn das umgekehrte Verhiiltnis<br />

hatte statt <strong>Rudolf</strong> hatte <strong>de</strong>n Bedingungen zugestimmt,<br />

um freie Hand für eine Unternehmung <strong>von</strong> ähnlicher Tragweite<br />

zu gewinnen, wie die lothringische.<br />

Noch verharrte <strong>de</strong>r Sü<strong>de</strong>n mit wenigen Ausnahmen in teils<br />

abwarten<strong>de</strong>r, teils feii'(Iliclier Haltung gegenüber <strong>de</strong>m neuen Herrscher,<br />

welcher aber nicht gewillt war, seine Rechte. als Oberherr aufzugehen<strong>de</strong><br />

Ueberwiiltigung durch einen Vorstoss H einrichs fasst: doch ist diese<br />

künstliche Deutung kaum iiOt.ig, da die Nachricht erst zu 9.5 gehören wird wo<br />

sie keinen Astss erregt. Waitz ‚ Heirir. 1. p. 70 u. Wittich Herz. l,othr.<br />

p. lii beachten nicht, dass Wigerich o<strong>de</strong>r WO g er) nach Abzug Heinrichs<br />

auf westfränkischer Seite stand, Zahcr,,s Sehiek.al beweist; beson<strong>de</strong>rs<br />

Wittich fasst dieses erste Auftreten Heinrichs viel zu rnachtvohl auf. S. ferner<br />

Werra. <strong>de</strong>r Continuator Rerinonis Leipzig 1883 p. 76, <strong>de</strong>r auch die ‚‚heillose<br />

Verwirrung rügt, aber loch p. 83 das Metzer Faktum unter Berufung auf<br />

\Vaitz bei 93 lassen will,<br />

i) Liequet 1, c. p. 76 ff., an<strong>de</strong>rs Lair. lJt,do p. 63 fl.<br />

2) Flod, 923 1 924 p. 372, 373: W'arnkonig und Stein, franz. St.- u.<br />

lt-Gesch. 1. 156: Waitz, <strong>de</strong>utsche Verl'assiinggesehichte (Kiel 180fl IV.<br />

96, 102.


geben ; mit gewaffneter Hand sollteii die Wi<strong>de</strong>rstreben<strong>de</strong>n zum<br />

Gehorsam genötigt wer<strong>de</strong>n. Schon rückte das königliche Heer<br />

heran, als Herzog Wilhelm lT. <strong>von</strong> Aquitanien l' sich zu entgegenkommen<strong>de</strong>n<br />

Massnahmen entschloss: das thatkrüftige Vorgehen<br />

<strong>Rudolf</strong>s. die zahlreiche Unterstützung, die ihm auf diesem Zuge<br />

<strong>von</strong> dcii Vasallen geleistet wur<strong>de</strong>. moliten keine günstigen Aussichten<br />

auf erfolgreiche Gegenwehr bieten. Der König stand im<br />

(lau <strong>von</strong> Autun, als <strong>de</strong>r Herzog bis zur Loire vorging, uni dureh<br />

Besetzung <strong>de</strong>r Flussübergtnge wenigstens einer Ueberraschung<br />

vorzubeugen; bei<strong>de</strong> Heere stan<strong>de</strong>n sich nun durch <strong>de</strong>n Fluss getrennt<br />

gegenüber, und sogleich begannen Verhandlungen. Wie<strong>de</strong>rholt<br />

gingen Boten <strong>von</strong> (1cm zu jenem Ufer. bereits war die Nacht<br />

angebrochen, da that W 7 illielm <strong>de</strong>n ersten eine Lösung vorbereiten<strong>de</strong>n<br />

Schritt, in<strong>de</strong>m er selbst auf das rechte Ufer kam und in das<br />

königliche Lager ritt. Der König war gleichfalls zu Pfer<strong>de</strong>, und<br />

schon die Begegnung zeigte, dass <strong>de</strong>r Herzog sieh zur Anerkennung<br />

lieibeilassen wer<strong>de</strong>; <strong>de</strong>nn nicht als gleichberechtigtes Haupt einer<br />

Krieg führen<strong>de</strong>n Partei trat er <strong>de</strong>m Haupte <strong>de</strong>r Gegenpartei gegenüber,<br />

son<strong>de</strong>rn schon wie ein Vasall seinem Herrn: er stieg<br />

vorn Bosse und begrüsste so <strong>de</strong>n König, <strong>de</strong>r ihm- auch schon<br />

ein Zeichen <strong>de</strong>r <strong>de</strong>.mniiehst einzunehmen<strong>de</strong>n Stellung - <strong>de</strong>n Kuss<br />

<strong>de</strong>s Lehnsherrn bot. Man begnügte sich mit <strong>de</strong>m Austausch dieses<br />

Ceremoniells und Vorbesprechungen, <strong>de</strong>r Abschluss <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns<br />

wur<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Tag verschoben, an welchem <strong>de</strong>r Herzog<br />

zu einer zweiten Unterredung kam ; die Bedingungen <strong>de</strong>r Huldigung<br />

wur<strong>de</strong>n vereinbart und eine Frist <strong>von</strong> acht Tagen zur Beratung<br />

<strong>de</strong>rselben <strong>de</strong>n Aquitanieru zugestan<strong>de</strong>n. Nach <strong>de</strong>ren Ablauf<br />

erfolgte die förmliche Huldigiing, die Gegenleistung <strong>de</strong>s Königs<br />

bestand in <strong>de</strong>r Büc .kgabe <strong>de</strong>r Grafschaft Berry mit <strong>de</strong>r Stadt Bourges<br />

an Wilhelm2).<br />

Budolfs Heerlager und seine Resi<strong>de</strong>nzen zu Antun und Ch-<br />

Ion waren in diesem Frühjahr <strong>de</strong>r Vereinigungsort einer sehr<br />

1) Mourin ' p. 148 hat keine Ahnung <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Existenz Wilhehins II,;<br />

bei Wilh. d. Fr. Tod lässt er Acfre(1 928 beraubt und Aquitanien durch luldf<br />

an Raimund Pontius. einen ‚‚getreueren Herrn'', verliehiiii wer<strong>de</strong>n.<br />

) Flol. 924 p. 578. <strong>de</strong>r im Gefolge seines Erzbischofs als Augenzeuge<br />

im Lager weilte, ist hier gegen seine Gewohnheit ausführlicher und bietet<br />

obige interessanto Details. Buch. 1, 48: Ami. Nivernens. $S. XIII, 89. H. d.<br />

Lan. III, 95 bis-I ohne Grund <strong>de</strong>n K;nig in ungünetigerer Lage als dcii<br />

Herzog erscheinen Marv-Lafons hist. du Midi d. 1. Fr., die auf das stärkste<br />

<strong>von</strong> provincialpat riitiseher Eitelkeit gegcuiiber <strong>de</strong>n Nordfranzosen durchtränkt<br />

ist, betrachtet für jene Zeiten Aquitanien als fast selbständiges Reich und<br />

verwirft <strong>de</strong>shalb die Scene bei Flod., (lic zur Gleichstellung <strong>Rudolf</strong>s und Wil-


4(1<br />

stattlichen Versammlung: Königin Emma weilte bei ihrem Gemahl;<br />

<strong>von</strong> hervorragen<strong>de</strong>n Nordfranzosen treffen wir an Erzbischof Seulf,<br />

Bischof Ansegis <strong>von</strong> Troyes, <strong>de</strong>n Kanzler Abbo <strong>von</strong> Soissons,<br />

Markgraf Hugo, Graf Herihert, <strong>von</strong> Burgun<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s Königs Bru<strong>de</strong>r<br />

Graf Hugo, die Grafen Walo und Gislebert. Söhne <strong>von</strong> herzog<br />

Richards Freund Graf Manasse aus <strong>de</strong>m Hause Vergv, Abt Eimo<br />

<strong>von</strong> S. Martin <strong>von</strong> Autun, Abt Heriveus <strong>von</strong> Tournus, Propst Herrnold<br />

<strong>von</strong> S. Symphorian <strong>von</strong> Autun, <strong>von</strong> Aqiiitaniern Herzog<br />

Wilhelm, Bischof Adalard <strong>von</strong> Puv; diese aufgeführten sind ja<br />

nur die, welche uns ausdrücklich genannt wer<strong>de</strong>n. Selbst aus <strong>de</strong>m<br />

Nachbarlan<strong>de</strong> l'rovence waren Grosse herbeigekonunen; <strong>de</strong>r mächtigste<br />

Mann dieses Reiches, Hugo, <strong>de</strong>r für <strong>de</strong>n blin<strong>de</strong>n Kaiser<br />

Ludwig die Herrschaft führte, war an <strong>de</strong>n Beratungen beteiligt 1)<br />

Herzog Wilhelm war nicht <strong>de</strong>r einzige, <strong>de</strong>r einen Machtzuwachs<br />

erhielt: auch die bisherigen Getreuen wur<strong>de</strong>n für die geleisteten<br />

Dienste belohnt: Heribert erhielt das feste Pöronne, das<br />

einer seiner Hauptwaffenpldtze wur<strong>de</strong>. Markgraf Hugo bekam Le<br />

Mans, Seulf zwar keine direkte königliche Schenkung, doch erwirkte<br />

ihm <strong>Rudolf</strong> hei Hugo <strong>von</strong> Provence die Rückgabe <strong>de</strong>r erzbischöflichen<br />

Besitzungen im L<strong>von</strong>nais, <strong>de</strong>ren sich schon 1-leriveus <strong>von</strong><br />

Reims hatte beraubt sehen müssen-).<br />

helms dc(,li zu wenig passen will. II, p. 81 ff.: sein Grund ist freilich nur,<br />

Aquitanien ci fiinfrrtal so gross als Burgwmd l und er be<strong>de</strong>nkt nicht, dass <strong>Rudolf</strong>s<br />

Heer nicht nur aus seinen herzoglichen Vasallen bestand, und an<strong>de</strong>rerseits<br />

W il helm keineswegs die gesamten Kr5fte <strong>de</strong>s Herzogtums Aquitanien<br />

zur Verfügung hatte.<br />

1) Flod. 1 c. UR. n. 1 —4, Ilulliot, ess. hist. sur l'abbaye <strong>de</strong> 8. Martin<br />

dAutun 1, 164 sieht in <strong>de</strong>r Vercaniinhmg zu Chhluri ein rewöhnliches Maifeld<br />

nach alter Weise. Die Einrichtung <strong>de</strong>r alten Reichstage bestand aber zu jener<br />

Zeit nicht mehr; Reichstag und Jioftag sind nicht mehr zu son<strong>de</strong>rn, (lic Teilnaliirie<br />

<strong>de</strong>r Freien ist mit <strong>de</strong>m Uebergang <strong>de</strong>rselben in Lehiisabhiingigkeit geseliwun<strong>de</strong>n<br />

und die Beratungen <strong>de</strong>r Grossen mit <strong>de</strong>in (<strong>de</strong>r li3ufigstc<br />

Ausdruck dafür ist ilacitunc fin<strong>de</strong>n ganz nach <strong>de</strong>n jeweiligen Erfor<strong>de</strong>rnissen<br />

statt, vgl. Flod. 993. 924. 1425, 927. 1428, 930, 935.<br />

2) Mit Recht liebt Kalekstein p. 166 gegen Hist. ii, Lang. 111, 95, 108<br />

hervor, dass die Anwesenheit <strong>de</strong>s Regenten Hugo nichts für die Oberhoheit<br />

<strong>Rudolf</strong>s im Reiche Ludwigs beweist. Wir haben noch mehrere Jahre nach<br />

924 Urkun<strong>de</strong>n aus jenen Gebieten, die nur Ludwig als Herrscher keimen.<br />

Vaisste glaubte Lud. um 924 schon gestorben es ist jedoch sicher, dass<br />

<strong>de</strong>ssen Tod erst 1428 erfolgte. Vgl. Gingins-la-Sarraz, Archiv f. schw. Gesch.<br />

Viii, 71 ff., IX, 134. Cart.. <strong>de</strong> Savigny (Paris 18.53 , 1. n. 7. 8, 10, 11, 13, 14<br />

Cart. <strong>de</strong> S. Vietor <strong>de</strong> Marseille (1857 II, ii. 10-10: Cart. <strong>de</strong> S. Andrd-le-Ba,<br />

<strong>de</strong> Vienne Coll. <strong>de</strong> cart. dauphinois 1, L yon 1869) zahlreiche Urk. v. 924-928.


41<br />

Hugos Gegenwart bezweckte augenscheinlich die Anbahnung<br />

freundschaftlicher Beziehungen zu <strong>de</strong>m neuen Olierhaupte. um <strong>de</strong>n<br />

bisher walten<strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n zwischen bei<strong>de</strong>n Reichen zu erhalten<br />

gera<strong>de</strong> die Sicherstellung <strong>de</strong>r Provence gegen etwaige wie<strong>de</strong>rhervorgesuchte<br />

AnsprCiche <strong>de</strong>s Westfranken1önigs musste wesentlich<br />

das Ziel <strong>de</strong>s Regenten sein und es ist <strong>de</strong>shalb unwahrscheinlich,<br />

wenn man darin, lass in einer Urkun<strong>de</strong> Budolfs, aus eben diesen<br />

Tagen und <strong>von</strong> diesem Hoftag stammend, einem Kloster seine Besitzungen<br />

auch im Gebiet <strong>von</strong> Vieniie, Vaison ‚ Fr6jus bestätigt<br />

wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n Ausdruck <strong>de</strong>r Wahrung westfränkischer Rechte erl)iitkt;<br />

e.nigstens hätte dies nicht beitragen können ein gutes<br />

Einvernehmen zu för<strong>de</strong>rn. dass dies aber erzielt wur<strong>de</strong>, geht aus<br />

jener Bereitwilligkeit Hugos hervor, die Rechte voll in seinem<br />

Gebiet zu achten 1).<br />

Neben jenen ersten <strong>de</strong>r Vasallen erhielten auch Andre Zeichen<br />

königlicher Huld; aus <strong>de</strong>in Anfang 924 datieren die frühsten erhaltnen<br />

Urkun<strong>de</strong>n <strong>Rudolf</strong>s, Die erste ist zu Antun wohl auf <strong>de</strong>m<br />

Einmarsch nach <strong>de</strong>r aquitnnisc.hen Grenze am 29. Februar für das<br />

Kloster S. Svmphorian <strong>von</strong> Autun ausgestellt; die folgen<strong>de</strong>n stammen<br />

aus Chi1on-s.-S., wohin sich <strong>Rudolf</strong> nach <strong>de</strong>r Begegnung<br />

mit <strong>de</strong>m neugewonnenen Herzog begeben hatte; 5. Martin <strong>von</strong><br />

Autun erhielt am 3. April Bestätigung seiner Privilegien und neue<br />

Schenkungen. zwei Tage darauf erfreute sich <strong>de</strong>r Bischof <strong>von</strong> Puy<br />

<strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>ren Gna<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Königs, da er an seinem Herzog Wilhelm,<br />

<strong>de</strong>r zugleich Graf <strong>von</strong> Velav war, einen einflussreichen Fürsprecher<br />

gefun<strong>de</strong>n hatte. I)a3 letzte <strong>de</strong>r hierher gehörigen Diplome<br />

vom 9. April bekräftigt die Rechte <strong>de</strong>s Klosters Tournus an <strong>de</strong>r<br />

Saöue im Chälonais 2).<br />

Trotz <strong>de</strong>r achtunggehieten<strong>de</strong>n Stellung. die <strong>Rudolf</strong> einzunehmen<br />

anfing, herrschte keineswegs im Lan<strong>de</strong> völlige Ruhe, die gewohnten<br />

Kriege und Gewaltthaten <strong>de</strong>r Mächtigen dauerten fort.<br />

aber <strong>Rudolf</strong> zeigte, dass er sich kräftig genug fühle, auch in dieser<br />

Hinsicht Abhilfe zu schaffen. Ein alter Störenfried, <strong>de</strong>r seinen<br />

Nachbarn, beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>n Bischöfen <strong>von</strong> Auxerre, schon manche<br />

schwere Stun<strong>de</strong> bereitet hatte, <strong>de</strong>r Vicegraf Ragenard <strong>von</strong> Auxerre,<br />

<strong>de</strong>r Bru<strong>de</strong>r Manasse's <strong>von</strong> Yergv, hatte die Burg iont-S.-Jean<br />

wi<strong>de</strong>rrechtlich besetzt und weigerte ihre Uebergabe; <strong>de</strong>r König<br />

hielt sich nicht selbst mit <strong>de</strong>r Belagerung auf, son<strong>de</strong>rn überliess<br />

sie mehreren burgundischen Herren. darunter <strong>de</strong>n Neffen <strong>de</strong>s<br />

Rebellen, Walo und Gislebert, <strong>de</strong>ren Bemühungen es gelang, ihren<br />

Oheim zur Nachgiebigkeit zu bewegen; unterstützt voll Königs<br />

L Moll. 1. c. : VR. n. 2: KnIektein p. 166.<br />

2) 111. n.


42<br />

Bru<strong>de</strong>r Hugo vermittelten sie für ihn gegen Stellung seines Sohnes<br />

als Geisel einen Waffenstillstand, <strong>de</strong>r auch <strong>von</strong> allen seinen Genossen<br />

mit beschworen wer<strong>de</strong>n musste, Nach Ablauf <strong>de</strong>sselben<br />

nötigte ihn <strong>de</strong>r König bei seinem burgundischen Heibstaufenthalt.,<br />

ihm selbst das Schloss zu übergeben 1).<br />

Aehnliche Unruhen herrschten in Lothringen ‚ wo ein Familienzwist<br />

im Herzogshause ausbrach ; Gisilbert bekrie gte seinen<br />

Bru<strong>de</strong>r ilaginar ‚ seinen Schwest.eritiann Berengar und <strong>de</strong>ren Verbün<strong>de</strong>ten<br />

Graf lsaak ; wie immer in solchen Feh<strong>de</strong>n war Verheerung<br />

<strong>de</strong>r Besilzungeii das einzige Ergebnis ). Sein Lehnsherr Heinrich<br />

war in diesem Jahre durch einen Ungarneinfall in Sachsen festgehallen<br />

; <strong>de</strong>shalb suchte Gisilhert jetzt, wohl durch jene Streitigkeiten<br />

veranlasst. Rückhalt an <strong>Rudolf</strong>. <strong>de</strong>r jedoch nach Beschlussfassung<br />

mit 'seinen Vasallen die vom Herzog gewünschte Vasallität<br />

nicht annahm, da man voraussah, dass das Verhältnis bei Gisilherts<br />

Charakter kaum <strong>von</strong> Dauer sein könne <strong>de</strong>r König verabscheute<br />

seine Meineidigkeit und Unbeständigkeit. meint Fiodoard 3) Eine<br />

Reichsversamnilung zu Attignv beschloss vielmehr die Unterwerfung<br />

<strong>de</strong>s noch wi<strong>de</strong>rstreben<strong>de</strong>n Teiles Lothrin gens mit Waffengewalt;<br />

doch während <strong>de</strong>r Rüstungen verfiel <strong>Rudolf</strong> in eine heftige Krankheit<br />

und <strong>de</strong>n Genesen<strong>de</strong>n warf ein Rückfall noch schwerer daiuie<strong>de</strong>r,<br />

so dass er in <strong>de</strong>r Befürchtung seines Ahlebens zu S. Remy,<br />

wohin er sich hatte bringen lassen, wohl um nach damaliger Sitte<br />

<strong>von</strong> <strong>de</strong>in Hilfe zu ei-flehen, sein rIe5taffle1.jt aufsetzte,<br />

welches diesem Kloster und an<strong>de</strong>ren in Burgund und Francicii<br />

sein gesamtes Vermögen mit Ausnahme <strong>de</strong>s Anteils <strong>de</strong>r Königin<br />

zuwies. Als er endlich nach vier Wochen sich erholte, war er<br />

augenscheinlich noch nicht kräftig genug, sich <strong>de</strong>n Anstrengungen<br />

eines Feldzugs auszusetzen; <strong>de</strong>nn obwohl es noch nicht zu spät<br />

1 (iesta pont. Autise. 1. c. p. 367 ff., 373 J)uchesne, hist. d. 1. in. d.<br />

Vcrgv pr. p. 19; Flod. 1. e. Mont-S.-Jean ist in Burgund zu suchen, nürdlich<br />

<strong>von</strong> ChSIon, da Flod. au!' <strong>de</strong>m Rückwege nach Heitus dahin kani Orte <strong>de</strong>s<br />

Namens sind dort nicht selten, im 1h1). SCne-et-Loire giebt es S. Jean in<br />

<strong>de</strong>n Arr. Chülon und Autun ‚ doch günstiger ge legen ist das im l)p. COte-<br />

(1 10r, arr. Besune (NW. Yen Pnui]lv). das zugleich Flod. Xamensforni treuer<br />

wie<strong>de</strong>rgiebt, da es nicht nur S. Jean <strong>de</strong> ‚ . . (dc Viemies. <strong>de</strong> Vauz . <strong>de</strong> 'I'rz<br />

ii. a.) heisst, son<strong>de</strong>rn direkt Mont-S.-Jean ‚ ef. Juanne ‚ Atlas d. 1. Fr., ltp<br />

Cöte-cl'Or und Saöne-et-Loirc.<br />

2) Flud. 1. c.: Berengar war Gf. v. Naiiiiir (pagus Lomensi), Vita S.<br />

Gerardi Bron. B 1. IX, 13, Isask Of. v. Cainbrav, Flod. 9P4 p. 374. 11. R.<br />

IV, 19 p. 578. Gest. eji. Caiiierae. SS. VII, 42.<br />

3) Leibniz, Ann. imp. II, 355 erinutet . Buhuif habe ihn abgewiesen,<br />

pin sich seine Gegner nicht zu entfrem<strong>de</strong>n.


4<br />

in <strong>de</strong>r Jahreszeit war und Heinrichs gleichzeitige Krankheit ihn<br />

begünstigt hätte, verschob er doch <strong>de</strong>n lothringischen Krieg').<br />

Soissons wur<strong>de</strong> ein kürzerer Aufenthalt zu Teil, <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r Regelung<br />

<strong>de</strong>r normannischen Verhältnisse in Zusammenhang stehen<br />

wird <strong>de</strong>nn während w5hiend <strong>de</strong>r König nun nach Burgund ging, schlossen<br />

in seinerAbwesenheit, aber mit seiner Ermächtigun H ugo, Ileribert<br />

und Seult dcii Frie<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>n Seinenormannen ' ab; die durch<br />

seine Krankheit ihm auferlegte Untliätigkeit zwang <strong>de</strong>n König jetzt<br />

doch, <strong>de</strong>n Fein<strong>de</strong>n die schon im Vorjahre gefor<strong>de</strong>rten Gebietserweiterungen<br />

zuzugestehen, die damals <strong>de</strong>n <strong>de</strong>finitiven Frie<strong>de</strong>nsschluss<br />

verhin<strong>de</strong>rt hatten Hugo musste ihnen Le Maus überlassen,<br />

wozu sie noch Baveux bekamen.<br />

Zu <strong>de</strong>n fortdauern<strong>de</strong>n Zwistigkeiten Gisilberts und Raginars<br />

gesellte!! sich die zwischen <strong>Rudolf</strong>s Bru<strong>de</strong>r Boso und Graf Otto,<br />

auf <strong>de</strong>n die Feindschaft <strong>von</strong> seinem Vater Bichwin vererbt war<br />

Graf Isaak bekam Hän<strong>de</strong>l mit seinemii Bischof Stephan ‚ <strong>de</strong>m er<br />

eine Burg entriss und nie<strong>de</strong>rbrannte. Doch die Kirche war selbst<br />

solchen trotzigen Geselleui gegenüber nicht machtlos ‚ die geistlichen<br />

(eiisuren übten noch ihre Macht auf die meisten Gemüter h.<br />

Eine Reimser Syno<strong>de</strong> in Trosly au <strong>de</strong>r Aisne (Diöc. Soissons", das<br />

schon mehrere gleiche Versammlungen erlebt, hatte im Oktober<br />

die (-f'eniigthuung, lsaals Bestrafung und Busse zu sehen. Dieser<br />

Syno<strong>de</strong> wohnten auch Laien bei, Heu'ibert und an<strong>de</strong>re Grafen wer<strong>de</strong>n<br />

geiiaiuit, überhaupt fin<strong>de</strong>n wir ja in unsrer Perio<strong>de</strong> wie allerw<br />

ärts so auch in <strong>Frankreich</strong> eine enge Verquickung <strong>de</strong>r geistlichen<br />

und weltlichen Faktoren mi Staatsleben Bischöfe und Aebte sind<br />

mächtige Herren gewor<strong>de</strong>n, zum Teil mit fürstlicher Gewalt, und<br />

nehmen an <strong>de</strong>n Staatsleistun gen und an <strong>de</strong>ssen Leitung <strong>de</strong>nselben<br />

Anteil wie die weltlichen Grossen, diese wie<strong>de</strong>runi erblicken wir<br />

vielfach als Teilnehmer <strong>de</strong>r Syno<strong>de</strong>n und in geistlichen Wür<strong>de</strong>n<br />

als Laienvorsteher <strong>de</strong>r Stifter 4)<br />

Während in diesem Jahre die eine Ungarnschaar <strong>de</strong>n allen<br />

Wegn ach Deutschland einschlug, wandte sich eine an<strong>de</strong>re nach<br />

1) l']od. 924, J). 37-1.<br />

2) Flod. 1, c. liieher, <strong>de</strong>r Krankheiten und Verwundungen gern genauer<br />

beschreibt, spricht 1, 49 <strong>von</strong> einent hitzigen Fieber, unter welellein Begriff er<br />

aber allerlei zu verstehen scheint, vgl. Beiniann ' •<br />

b) Mit Unrecht will Arbols 1. c. p. 91 das (iegenteil behaupten; die<br />

Concile <strong>de</strong>r Zeit bieten mehrfache Fälle vorn Siege <strong>de</strong>r kirchlichen Autorität,<br />

vgl. Mansi, Conc. XVIII, 32, 343, 345, 349 u. a.<br />

4) Vgl. Bavelier, Essai bist. sur le droit d'1ection et sur 1ev anciennes<br />

assernbhes reprts. d. 1. Fr. (Paris 1874) p. 337. Conc.ilakten vii<br />

909, c. 3, Mansi L c. 27O-27,


14<br />

Italien. wo <strong>de</strong>r rfli.oflstI.eit zwischen Hi.rengai' und <strong>Rudolf</strong> II. <strong>von</strong><br />

Hochburgund ihre Unternehmun gen begünstigte am 12. März zerstörten<br />

sie Pavia, schweiften weiter durchOberitalien . drangen<br />

trotz <strong>de</strong>r Gegenrnassregeln <strong>Rudolf</strong>s II. und Hugos <strong>von</strong> Provence<br />

über die Pässe <strong>de</strong>r Seealpen in die Provence ein und bis über die<br />

Rhone nach <strong>de</strong>r Mark Gothieii vor, wo sie ihr Geschick ereilte; die<br />

1)i<strong>de</strong>n genannten Fürsten setzten ihnen nach und brachten ihnen<br />

Verluste bei, <strong>de</strong>n Hauptschlag erlitten sie jedoch durch eine ruhrartige<br />

Seuche. die unter ihnen ausbrach. Die Beste <strong>de</strong>r Sehaar<br />

fielen unter <strong>de</strong>m Schwert <strong>de</strong>s Raimund Pontius <strong>von</strong> Toulouse<br />

o<strong>de</strong>r wur<strong>de</strong>n zersprengt 1),<br />

Wachsen<strong>de</strong> Schwierigkeiten <strong>de</strong>r neuen Herrschaft.<br />

An <strong>de</strong>n normannischen Ziien <strong>de</strong>s Vorjahres hatte sich auch<br />

Raginold, <strong>de</strong>r Häuptling <strong>de</strong>r Loireleute, stark beteiligt: schon 921<br />

hatte letzteren Markgraf Robert <strong>de</strong>n Gau <strong>von</strong> Nantes und die<br />

Bretagne überlassen, doch scheint diese Abtretung erfolglos gewesen<br />

zu sein, da F'lodoard 924 hervorhebt, sie hätten noch kein<br />

Gebiet in <strong>Frankreich</strong> erhalten 2 : vielleicht hatte sie keine Geltung<br />

erlangt, da sie infolge <strong>de</strong>s bald darauf ausbrechen<strong>de</strong>n Bürgerkriegs<br />

<strong>de</strong>r königlichen Bestätigung erniangelte. Als nun Raginold seine<br />

Genossen <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Seine durch neue Län<strong>de</strong>reien bereichert sah,<br />

während er selbst keinen Kampfpreis da<strong>von</strong>tragen sollte, nahm er<br />

im Herbste 924 die Verheerungen wie<strong>de</strong>r auf und fiel die Loire<br />

aufwärts ziehend in Hugos Machtbereich zwischen Seine und Loire<br />

ein. Gemeingeist war ein unbekanntes Gefühl <strong>de</strong>r Grossen: <strong>de</strong>r<br />

heimgesuchte Markgraf und <strong>de</strong>r wohl für seine nördlichen Gebiete<br />

besorgte Herzog Wilhelm schlossen mit <strong>de</strong>m Seekönig einen Separatfrie<strong>de</strong>n<br />

und gewährten nach <strong>de</strong>r alten, seit <strong>de</strong>m neunten Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

beliebten Gewohnheit <strong>de</strong>n Raubschaaren ungehin<strong>de</strong>rten<br />

Durchzug auf Nachbarland, nach Burgund, Was die bei<strong>de</strong>n mächtigsten<br />

Herren nächst <strong>de</strong>m König nicht einmal versucht hatten,<br />

das wagten hier min<strong>de</strong>r mächtige einheimische Grosse die Grafen<br />

Warner <strong>von</strong> Sens und Manasse <strong>von</strong> Vergy-T)ijon und die Bischöfe<br />

Gotselrn (o<strong>de</strong>r Gauzliii <strong>von</strong> Langres und Ansegis <strong>von</strong> Troyes vereinigten<br />

ihre Streiter und traten hei Mons Caldus (o<strong>de</strong>r Calaus)<br />

1) Flod. 1. c. p. 373 Liutprand, Antapod. III, 3 11. 55. IH, 804, <strong>de</strong>r<br />

aber unrichtig die Ungarn aus Italien wie<strong>de</strong>r heimziehen lässt. H. il. Lang.<br />

ITT, 99 ff.; Catel, bist. <strong>de</strong>s Comtes <strong>de</strong> Tolose (Toulouse 1623) p. 87, 88,<br />

2) Vgl. auch zu 927.


4<br />

<strong>de</strong>m Fein<strong>de</strong> am 6. December entgegen, <strong>de</strong>r eine grosse Zahl Leute<br />

einbüsste aber <strong>de</strong>r Verlust <strong>de</strong>r Burgun<strong>de</strong>r war viel beträchtlicher,<br />

Graf Werner fiel als Opfer <strong>de</strong>r damaligen Kampfweise. <strong>de</strong>r Tod<br />

seines Streitrosses gab ihn in die Hän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Normannen, die ihn<br />

nie<strong>de</strong>rhieben; Ansegis, <strong>de</strong>r als streitbarer Kirchenfürst sich in <strong>de</strong>n<br />

Kampf gemischt, wur<strong>de</strong> verwun<strong>de</strong>t 1). Burgund war bedroht, wenn<br />

nicht auf die Meldung <strong>de</strong>s Geschehenen <strong>de</strong>r König selbst herbeigeeilt<br />

wäre . Der Ort ist kaum sicher bestimmbar, gera<strong>de</strong> ('haumonts<br />

gicht es in <strong>Frankreich</strong> eine ausseror<strong>de</strong>ntliche Menge; Chalaux<br />

ist nicht wahrscheinlich, da wir dann annehmen mdssten, die Normannen<br />

hätten sieh trotz <strong>de</strong>s Heranrückens <strong>de</strong>s Königs und ihrer<br />

eignen Verluste noch tiefer im Fein<strong>de</strong>sland <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Yonne nach<br />

<strong>de</strong>r Seine vorgewagt, mährend andrerseits Chauniont-en-Bassigny<br />

zu weit nach Westen <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Seine ab liegt, wo <strong>de</strong>r sofort herheigekornmene<br />

König sie verschanzt fand. Gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Umstand,<br />

dass sie sich verschanzt hatten weist darauf hin, dass sie <strong>de</strong>s<br />

Königs Anzug erwarteten, also nach <strong>de</strong>r ersten Schlacht nicht noch<br />

weiter herumgestreift sein können in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>r Seine muss<br />

daher tier Ort liegen, und da bietet sich in sehr günstiger Lage<br />

rechts unweit dci' Seine Chaumont-le-Bois (dtp. Cöte-d'Or,<br />

arr. Chatiflon-s. S., zwischen Mussy und Chatihlon) 3), <strong>von</strong> hier<br />

zogen sich auf die Kun<strong>de</strong> vom Anmarsch <strong>de</strong>s Heeres die Normannen<br />

an die Uferhöhen selbst zurück, um auf <strong>de</strong>r einen Seite durch<br />

<strong>de</strong>n Fluss geschützt zu sein, und verstärkten diese durch die Natur<br />

feste Stellung durch Verschanzung ihres Lagers.<br />

Nur kurze Zeit hatte Budolf nach seiner Gesundung sich im<br />

Herbste in Burgund aufgehalten und <strong>de</strong>n Winter wie<strong>de</strong>r in Fraucien<br />

zugebracht '. Rasch raffte er hier zusammen, was sofort an<br />

Mannschaften aufzubringen war; die bischöflichen Vasallen <strong>von</strong><br />

Remis ‚ Abbo <strong>von</strong> Soissons und einige An<strong>de</strong>re kamen mit ihm<br />

ij Flod. 924, 925 p. 374: über 800 Normannen tot: Richer 1, 49: 960<br />

ornI.; Hist. Franc. Se il . (SS. IX, 366 <strong>de</strong>sgl. Clarius ‚ Chrun. S. Pet. Viv.<br />

Sen. B(1. IX, 34): mehrere Tausend Burgun<strong>de</strong>r tot: Ann. S. Col. Sen. SS. 1,<br />

105. Geber das sogenannte Cliron. Signiacense s. unten zu 930.<br />

2) Eitten Sieg <strong>de</strong>r Burgun<strong>de</strong>r, wie Xalcksteiii p. 167 ihn annimmt, vermag<br />

ich in <strong>de</strong>.ni Gefechte nicht zu sehen, wenigstens müsste es ein sehr be<strong>de</strong>nklicher<br />

Pvrr!iussieg gewesen sein.<br />

3) Vgl. über die zahlreichen Cliaumonts für die verschiednen l)tpartemerits<br />

die Dictionnaires top— Ir. d. 1. Fr. (Aube. Niövre etc.). Chalaux: Kalckstein<br />

Chaumont-en-Bassigny Leibniz, Ann. imp. 11, 360, Vgl. Joanne, Atlas,<br />

<strong>de</strong>r die tnpogr. Verhältnisse sorgfältig berücksichtigt, dp. Cüte-d'Or.<br />

1) In dcii ersten Aufenthalt vor <strong>de</strong>r Krankheit o<strong>de</strong>r in diesen letzten<br />

gebart UR. ii. 5 aus Laon 9•l für S. Lonior in Bleis.


4(<br />

selbst, Heribert folgte alsbald nach, auch aus Butgund zog er noch<br />

ansehnliche Streitkräfte all An <strong>de</strong>r Seine traf man auf das<br />

Lager <strong>de</strong>s Fein<strong>de</strong>s 1), Die fränkischen Abteilungen begannen. nach<strong>de</strong>insie<br />

abgesessen waren ‚ <strong>de</strong>n Sturm auf dasselbe ; sie bil<strong>de</strong>ten<br />

<strong>de</strong>n kleineren Teil <strong>de</strong>s Heeres, das <strong>de</strong>r Hauptmasse nach aus <strong>de</strong>m<br />

Reiterheer <strong>de</strong>r burgundischen Vasallen bestand diese hielten sich<br />

jedoch voiu Kampfe fern, ein berittener Angriff auf die befestigten<br />

Stellungen war unratsam 9 ). abzusitzen aber mochten sie sich scheuen,<br />

da die schwere Bewaffnung sie für <strong>de</strong>n Fusskampf unl)el]ilflich<br />

machte. Die Frankeiimussten sich daher begiiügen, die ihrerseits<br />

auch zum An griff übergegan geneii Normaiinen in die Verschanzungeii<br />

zurückzuwerfen, zu <strong>de</strong>ren Erstürmung sie zu schwach waren. Man<br />

schritt zur teilweisen Urnsehliessung, um <strong>de</strong>n Sieg nicht allzu<br />

teuer erkaufen zu müssen; Markgi'af Hugo schloss auf <strong>de</strong>in gegenüberliegen<strong>de</strong>n<br />

Ufer die Lücke <strong>de</strong>s Belagei'ungsgiirtels ‚ <strong>de</strong>r sich in<br />

einer Entfernung <strong>von</strong> 2000 bis 3000 Schritt uni das Lager herumzog.<br />

J)or be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Abstand lässt auf eine grosse Aus<strong>de</strong>hnung<br />

<strong>de</strong>r Linien schliessen, die Umzingelung kann <strong>de</strong>shalb keine vollständige<br />

gewe s en sein abgesehen <strong>von</strong> <strong>de</strong>r dafür nicht genügen<strong>de</strong>n<br />

Zahl <strong>de</strong>r königlichen Krieger bot auch das Terrain die grössten<br />

Schwierigkeiten ‚ so dass selbst eine sor gfältige Beobachtung ei'-<br />

schwert war. Die ('regen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r obern Seine, wo wir <strong>de</strong>n Kampf-<br />

Platz zu suchen haben, sind ein stark durchschnittenes Hügelland,<br />

gera<strong>de</strong> dort treten die Höhen nahe all Fluss heran ; noch<br />

heute sind jene Landschaften stark bewal<strong>de</strong>t, im zehnten Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

muss die Bewaldung aller sonstigen Erfahrung gemäss<br />

eine noch weit dichtere gewesen Sein-), Ihre Kriugsweise hatte<br />

die Noi'mannen für ein <strong>de</strong>rartiges Terrain, das fürBeiterlicere ganz<br />

ungeeignet war, geschult: gewöhnt auf ihren Baubzügen das Land<br />

zu durchstreifen, voll Flüssen aus, <strong>de</strong>nen sie folgten, Vorstösse<br />

in die anliegen<strong>de</strong>n Landschaften zu unternehmen, dabei<br />

meist in kleineren Schaaren, hatten sie gelernt, sich gera<strong>de</strong> auf<br />

schwierigen Schleichpfa<strong>de</strong>n zu bewegen, die eine Verfolgung erschi<br />

w eiteii,<br />

Im vorliegen<strong>de</strong>n Falle erleichterten auch die Verhältnisse im<br />

gegnerischen Heere ihnen die Rettung. Wie<strong>de</strong>rholt drang man<br />

1) Flod, 925 p. 374, 375 beschreibt diese für dama]i ges Heerwesen und<br />

Kampfart interessanten Kämpfe ziemlich eingehend Rich. 1. 49, <strong>de</strong>r sa(-lilicli<br />

ganz <strong>von</strong> Ebd, abhängt, bringt in seiner Weise verschiedne Einzelheiten <strong>von</strong><br />

<strong>de</strong>r Beratung <strong>de</strong>s Königs, voll Aufeebotsfrist.<br />

2) Vgl. das Verhalten <strong>de</strong>r Franken vor <strong>de</strong>r Normanitenschlacht an <strong>de</strong>r<br />

Dyle Ann, Fuld. 891 SS. 1, 407.<br />

)Vgl. Joanne 1. c.


hier auf Verengerung <strong>de</strong>s Hinges aber die Franken wussten die<br />

Ausführung <strong>von</strong> einem Tag zum an<strong>de</strong>rn zu verzögern, da sie erst<br />

die Schiffe erwarten wollten, die zur Absperrung <strong>de</strong>s Flusses <strong>von</strong><br />

Paris unterwegs wären. Ehe dies eintrat, benutzten die Normannen<br />

die noch vorhan<strong>de</strong>ne grössere Bewegungsfreiheit, und bei einem<br />

Ausfall gelang es ihnen ein nahes Waldgebirge zu erreichen, unter<br />

<strong>de</strong>ssen Schutz sie abziehen konnten.<br />

Sicherlich mit Hecht beschuldigte man die Franken verräteriseher<br />

Nachlässigkeit: nach ihrer Seite war <strong>de</strong>r Durchbruch<br />

erfolgt sie hatten vorbei ein schärferes Vorgehen gelähmt -<br />

Grund genug zu solchem Verdacht. Die Verstimmung <strong>de</strong>rselben<br />

mag wohl durch ihren anfänglichen Misserfolg und durch die Nichtunterstützung<br />

seitens dci Burgun<strong>de</strong>r hervorgerufen wor<strong>de</strong>n sein<br />

sie rächten sich, in<strong>de</strong>m sie die Fein<strong>de</strong>, die Burgund verheert, entwischen<br />

liessen. Den Markgrafen Hugo trifft jedoch diesmal schwerlich<br />

die Schuld, <strong>de</strong>nn er <strong>de</strong>ckte das andre Ufer; die übrigen<br />

Franken, die mit <strong>Rudolf</strong> auf <strong>de</strong>rselben Seite la gerten, wo die<br />

Normannen sieh befan<strong>de</strong>n, waren dafür verantwortlich ; aus Fiodoard<br />

ist ersichtlich, dass das Entkommen nicht über <strong>de</strong>n Fluss, son<strong>de</strong>rn<br />

zu Lan<strong>de</strong>, längs <strong>de</strong>r bewal<strong>de</strong>ten Uferhöhen hin, erfolgte. ')<br />

Auch hier wie<strong>de</strong>r siegten kleinliche, persönliche Motive über<br />

das Wohl <strong>de</strong>s Staates; ein neuer Fürst stand an <strong>de</strong>r Spitze, eiltschlossen<br />

seine Pflicht zu thun ‚ doch die IJnterthanen waren die<br />

alten geblieben, für sie existierte das Königtum vor allem dann,<br />

wenn man es gegen seine speciehlen Fein<strong>de</strong> brauchte o<strong>de</strong>r Privilegien<br />

erbetteln o<strong>de</strong>r ertrotzen konnte, selbst hingegen scheute<br />

man sich ängstlich ihm Opfer zu bringen. Dieser Vorfall ist zugleich<br />

eine. eindringliche Hechtfertigung früherer Fürsten, <strong>de</strong>nen<br />

man die Misserfolge oft allzuleicht zur Last gelegt hat.<br />

Es konnte nicht dazu beitragen <strong>de</strong>n verwegnen und gewandten<br />

Fein<strong>de</strong>n Achtung selbst vor <strong>de</strong>r vereinten Macht <strong>de</strong>r Monarchie<br />

beizubringen, glückte es ihnen in solcher Weise <strong>de</strong>in fast sichern<br />

Untergang zu entgehen. Ihr Rückzug bewies dies ; wie <strong>de</strong>r Einfall<br />

vollzog er sieh unter <strong>de</strong>n gewöhnlichen Plün<strong>de</strong>rungen. Die<br />

reichen Abteien besassen <strong>von</strong> jeher eine grosse Anziehungskraft<br />

auf die beutegierigen Gesellen. Dem alten Kloster S. Benedikts<br />

i) Flod. 925 p. 374. 375. Richer 1, 49 stellt alles im glaiizeiiclsten<br />

Lichte dar, an <strong>de</strong>n Sieg <strong>de</strong>r Grafen bei Cliaumont reiht sich <strong>de</strong>r Sieg <strong>de</strong>s<br />

Kciiigs an <strong>de</strong>r Seine, wo 3000 Normannen erschlagen wer<strong>de</strong>n, ungerccliiiet die<br />

im Lager Verbrannten, und <strong>von</strong> hier geht es gleich zur Einnahme <strong>von</strong> Ei,.<br />

Vgl. auch Ieiiiiann 1. c. p 11.


1<br />

an <strong>de</strong>r Loire, Fleury, half seine kostbare Reliquie gegen solche<br />

Fein<strong>de</strong> nichts, mit <strong>de</strong>in Leib ihres heiligen flohen die Mönche<br />

unter Abt Lambert in gesicherte Gegen<strong>de</strong>n ; das Kloster wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Schauplatz wil<strong>de</strong>r Seenen ‚ <strong>de</strong>r Seekönig selbst hauste in seinen<br />

Mauern. Doch 5. Benedikt stand nicht vor an<strong>de</strong>rn Heiligen zurück,<br />

die solche Frevier schwer zu züchtigen pflegten : ein Traumgesicht<br />

soll wie in einer Unzahl ähnlicher Fälle <strong>de</strong>n Räuber erschreckt<br />

haben, <strong>de</strong>r gleich darauf mit seinem Heerhaufen da<strong>von</strong>gezogen<br />

sei; doch kaum in seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort<br />

zurückgelangt, sei er <strong>von</strong> <strong>de</strong>r göttlichen Strafe ereilt und noch<br />

an seinem Leichnam ein grauenvolles Gericht vollstreckt wor<strong>de</strong>n.<br />

In Fleury bewahrte ciii marmornes Menschenhaupt au <strong>de</strong>r äussern<br />

Kirchenmauer, das man schon zu Ainioiiis Zeit für das Bild Raginolils<br />

ausgab, die Erinnerung an die Gefahr und die Macht <strong>de</strong>s<br />

Schutzherrn 1)<br />

Rasch hatte sieh nach <strong>de</strong>m kläglichen Ausgange das stattliche<br />

Heer <strong>de</strong>s Königs zerstreut, schon im Februar war dieser<br />

Feldzug been<strong>de</strong>t. Ein Erfol g nach einer an<strong>de</strong>rn Seite entschädigte<br />

<strong>Rudolf</strong> für <strong>de</strong>n entgangenen Sieg. Gisilbert <strong>von</strong> Lothrin<br />

LI<br />

gen war<br />

noch nicht zur Ruhe gekommen; im März spannen sich trotz <strong>de</strong>r<br />

Abweisung im vorigen Jahre neue Verhandlungen zwischen ihm<br />

und westfränkischen Grossen an, in Heriberts Hand liefen die<br />

Fä<strong>de</strong>n zusammen. Nach<strong>de</strong>m dieser in einer persönlichen Zusammenkunft<br />

mit Gisilbert die Massnahmen besprochen, wusste er in einer<br />

weiteren Beratung Markgraf Hugo für <strong>de</strong>n Lothringer zu gewinnen.<br />

Dem Einfluss seiner ersten Vasallen gab <strong>de</strong>r König nach erklärte<br />

sich bereit, Gisilberts Huldigung auf einem Reichstage zu<br />

Cambrav entgegenzunehmen.<br />

Die Lothringer mit ihrem Herzog blieben jedoch aus unbekannter<br />

Ursache <strong>von</strong> diesem Placitum fern: an <strong>de</strong>r Maas, bis zu <strong>de</strong>r<br />

ihnen <strong>Rudolf</strong> entgegenging, fand dann ihre Aufnahme in <strong>de</strong>n westfränkischen<br />

Reichsverband statt. Selbst Bosos Feind Otto konnte<br />

sich <strong>de</strong>r allgemeinen Stimmung <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s nicht entziehen ‚ er<br />

huldigte jetzt wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>in Bru<strong>de</strong>r seines Wi<strong>de</strong>rsachci. Zum<br />

zweiten Male in diesem Jahrhun<strong>de</strong>rt war (las Ziel <strong>de</strong>r \\restfrir1ke1<br />

herrscher so gut wie erreicht: die Mehrzahl <strong>de</strong>r Lothringer mit<br />

<strong>de</strong>m Herzog an <strong>de</strong>r Spitze unterstand ihrem Oberhoheit, <strong>von</strong> mäch-<br />

1) Aiinoin, Mirac. S. Bened. Bq. IX, 138. Die Erwähnung Abt Lnm<br />

berts veranlasst. Aimoins Bericht in die ersten Jahre <strong>Rudolf</strong>s zu setzen und<br />

mit diesem Zuge in Verbindung zu brinren.


49<br />

tigeren T-Terren fehlten nur <strong>de</strong>r trirer und <strong>de</strong>r ferne kölner Erzbischof<br />

1).<br />

Nicht lange kann ludolf <strong>de</strong>in seine Gegenwart<br />

geschenkt haben, neue Schwierigkeiten erhoben sich an <strong>de</strong>r Nordwestgrenze,<br />

wo die Seinenormannen <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n <strong>von</strong> 924 gebrochen<br />

hatten. Von einer Aufreizung durch Raginold, wie man hat<br />

annehmen wollen, ist nicht das geringste bekannt, wohl aber mag<br />

ihr eigner Erfolg und jetzt <strong>de</strong>r glücklich abgelaufene Zug Ragiriolds<br />

sie kühui gemacht haben, <strong>de</strong>n Krieg <strong>von</strong> neuem mit einem Einfall<br />

in das Beauvaisis und Amienois zu eröffneis ). Anfangs glückte<br />

<strong>de</strong>r Vorstoss. da die Grenzdistrikte sich auf <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n verlassen<br />

zu haben scheinen; Amiens wur<strong>de</strong> bedroht und durch die Unvorsichtigkeit<br />

<strong>de</strong>r Bewohner hei <strong>de</strong>r hastigen Flucht in Asche gelegt<br />

Arms teilte dieses Loos. Erst bei Noyon stiessen sie auf Wi<strong>de</strong>rstand,<br />

die Burgmannen unternahmen veistitrkt durch die Einwohner<br />

<strong>de</strong>r in Brand gesteckten Vorstadt einen Ausfall, <strong>de</strong>r ihnen die<br />

Zurückgewinnung eines Teils <strong>de</strong>r Vorstadt einbrachte. Die Abwesenheit<br />

<strong>de</strong>r waffenfähigen Mannschaft aus <strong>de</strong>r Normandie benutzten<br />

die Bewohner <strong>de</strong>s Bessin zu einem Phuinlerungszugc in die Normannenlau<strong>de</strong><br />

links <strong>de</strong>r Seine )‚ und gleich darauf führten diesem<br />

1) Flod. 1. c. Auf <strong>de</strong>in lothringischen Zuge hatte <strong>de</strong>r Künig am 6. April<br />

Laon berührt vgl. CII. ii. 0, die Kalrkstein p. 169 erst auf <strong>de</strong>in Feldzug<br />

gegen die Normandie ausgestellt seiii lässt, womit aber las frühe Datum nicht<br />

vereinbar erscheint.<br />

2) F'ld. 925 p. 375 Kaleksteiii p. 169; Deiping, hist. <strong>de</strong>s i,xpd. inarit,<br />

d. Norm. 11. 140 lässt in direktem Wi<strong>de</strong>rspruch zu FIod. (foelus irrumpentes)<br />

<strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n vorher durch die Norniannen aufgekündigt wer<strong>de</strong>n.<br />

3) Depping 1. c., Lic1uet 1, 77 (vgl. auch IJ(l. VIII, 183 Anm.) haben<br />

bei Flod, statt llajocenscs korijieicren woll('rL Ilelvacenses, was jedoch zu verwerfen<br />

ist; <strong>de</strong>nn das <strong>de</strong>m Beauvaisis angrenzen<strong>de</strong> Gebiet <strong>de</strong>r Normandie liegt<br />

<strong>von</strong> Beinis aus nicht nitra Sequanain, wohl aber die <strong>de</strong>m l3essin benachbarten<br />

Striche links <strong>de</strong>r Seine, ferner ist es un<strong>de</strong>nkbar, dass die Leute <strong>von</strong> Beauvais<br />

zu gleicher Zeit einen Einfall in die Normandie machen sollen, wo die Fein<strong>de</strong><br />

sie im eignen Lan<strong>de</strong> überfallen um! ihre Stadt nie<strong>de</strong>rbrennt. Der Umstand,<br />

dass das Bessin 924 dcii Normannen abgetreten war, spricht durchaus nicht<br />

gegen }'Iod., <strong>de</strong>nn die Abtretung braucht infolge <strong>de</strong>s \Vi<strong>de</strong>rstrcbens <strong>de</strong>r Bewohner<br />

keine sofortige Ausführung erlangt zu haben, o<strong>de</strong>r dieselben waren<br />

jetzt mi Aufstand. Auch hören wir im folgen<strong>de</strong>n ausdrücklich <strong>von</strong> einem<br />

Einfall in das Land eis Seuanaiii neben <strong>de</strong>m ultra Sei1uaiiani. Lair, l)ud'j<br />

p. 66, bezieht Flod. Worte propter promissience Kroli etc. unrichtig mit auf<br />

<strong>de</strong>n Vertrag <strong>von</strong> S. Clair-s.-E. die Worte zeigen irin '/.usaminenhan g, dass sie<br />

auf die neueren Versprechungen Karls gehen, <strong>de</strong>r dalurcln 923 (len Beistand<br />

dcij N rnialllmcii ilie liebehlen erlangen wollte Iuia ipsi Nortnian iii


50<br />

Beispiel folgend die Pariser zusamuicit mit <strong>de</strong>n Besatzungen <strong>de</strong>r<br />

Iiugonischen Burgen einen Einfall in das Land rechts <strong>de</strong>r Seine<br />

aus. Das Jiouennais erfuhr nun Verwüstung, Raub und Mord, und<br />

dies übte auf die Normannen, die noch in Francien stan<strong>de</strong>n, seine<br />

sofortige Wirkung: sie kehrten eilig zum Schutze <strong>de</strong>s eignen<br />

Besitzes beim, zumal ihnen weitere Unternehmungen erschwert<br />

waren, da Heribert inzwischen ins Feld gerückt war, und an <strong>de</strong>r<br />

Oise sich mit seinem allerdings nur kleinen Heere 1) festgesetzt<br />

hatte, da beim weiteren Vorrücken <strong>de</strong>r Fein<strong>de</strong> seine Besitzungen<br />

in die unmittelbarste Gefahr kamen. Graf Hil gaud (voll Poiithieu)<br />

und seine Genossen aus <strong>de</strong>n fränkischen Küstengebieten bedrängten<br />

nun auch <strong>von</strong> Nor<strong>de</strong>n her die bereits <strong>von</strong> Westen und Sü<strong>de</strong>n<br />

gefähr<strong>de</strong>ten normannischen Lan<strong>de</strong> 2),<br />

Nach <strong>de</strong>r Zusammenkunft mit Gisilbert hatte <strong>Rudolf</strong> Burgund<br />

besucht am 30. Mai war er in Arciacum an <strong>de</strong>r Sane, im Juli<br />

in Antun, an welchen Orten er Urkun<strong>de</strong>n für S. Benignus <strong>von</strong><br />

Dijon und S. Symphorian <strong>von</strong> Autun ausstellte.<br />

Mit stattlichem Gefolge hatte er die Symphorianskirche<br />

besucht; da benutzten die Kanoniker die günstige Gelegenheit, um<br />

sich eine Güterverleihung zu erwirken, <strong>de</strong>ren Urkun<strong>de</strong> ausser<br />

anwesen<strong>de</strong>n burgundischen Grossen, meist Glie<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s Hauses Vergy,<br />

auch <strong>de</strong>s Königs Mutter A<strong>de</strong>lheid unterzeichnete •<br />

Die normannischenAn gelegenheiten erheischten seinen Aufbruch<br />

nach Francien; <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Angriffen, die <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Umwohnen<strong>de</strong>n<br />

auf die Normandie gemacht wor<strong>de</strong>n waren, sollte jetzt<br />

ein Hauptschlag durch <strong>de</strong>n Herrscher selbst angeschlossen wer<strong>de</strong>n.<br />

Seine Burgun<strong>de</strong>r begleiteten ihn, ein allgemeines Aufgebot erging<br />

unter Königsbann für Fraucien; auch <strong>de</strong>r äusserste Nor<strong>de</strong>n leistete<br />

Heeresfolge, neben <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>rn Herren <strong>de</strong>r Nordküste, die schon<br />

vorher <strong>de</strong>n Kampf auf eigene Faust geführt (also Hulgand, wohl<br />

auch Adaluif <strong>von</strong> Boulogne u. a.), erschien Arnulf <strong>von</strong> Flan<strong>de</strong>rn.<br />

Heribert tritt schon wie <strong>de</strong>r Herr <strong>de</strong>s Reimser Erzbistums auf:<br />

er führte <strong>de</strong>ssen Vasallen an und eröffiiete mit ihnen die Feindseligkeiten.<br />

Der alte Rollo hatte zuvor gegen die oben erwähnten<br />

pac cm, quam peigerant [S. Clair], propter promissiones Karoli<br />

in fr e g er e <strong>von</strong> einer „Reklamation" <strong>de</strong>s l3essin auf Grund <strong>de</strong>r<br />

Bestimmungen <strong>von</strong> 911 kann nicht die Re<strong>de</strong> sein.<br />

1) Per dürftige Stand <strong>de</strong>r Wei<strong>de</strong>n gestattete die Aufstellung grösserer<br />

Truppenmassen nicht, da in <strong>de</strong>n fränkischen Heeren die Iteiterei die Hauptwaffengattung<br />

war (in Sahsen war um diese Zeit das Verhältnis noch ein<br />

an<strong>de</strong>res), vgl. oben p. 46, Waitz Verfassgesch. IV, 458. VIII, 112.<br />

2) Flod. 1. c.<br />

ä) IJR. ii. 7 8, abweichen<strong>de</strong> Ansicht Kalckstein p. 172 Anm. 1.


51<br />

Einfälle Hilgands <strong>de</strong>n am weitesten vorgeschobenen Punkt seiner<br />

Herrschaft, die Burg Eu. durch 11000 Mann Verstärkung gesichert;<br />

ihr galt in <strong>de</strong>r That <strong>de</strong>r erste Angriff <strong>de</strong>s fränkischen Heeres.<br />

Ob <strong>de</strong>r König selbst mit vor die Feste zog, ist unsicher, Richer<br />

behauptet es, nach Flodoard scheint sich jedoch seine Abwesenheit<br />

annehmen zu lassen .<br />

Rasch wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r äussere Wall eingenommen, auch die innere<br />

Mauer erlag <strong>de</strong>m ungestümen Angriffe und die Burg fiel in die<br />

Hän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Franken, die hier an <strong>de</strong>n Normannen alte, langjährige<br />

Lei<strong>de</strong>n rächten: <strong>de</strong>r Ort wur<strong>de</strong> durch Feuer zerstört, die gesamte<br />

männliche Bevölkerung hingemor<strong>de</strong>t. Unweit <strong>de</strong>r Burg war <strong>de</strong>r<br />

Seeküste eine kleine Insel vorgelagert, auf welche sich ein Teil<br />

<strong>de</strong>r Besatzung rettete, doch <strong>de</strong>r Kampf wur<strong>de</strong> <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Franken<br />

auch auf diesen Zutluchtsoi't hinübergetragen; nach längerer (legenwehr<br />

ward das Eiland erobert und <strong>von</strong> neuem äusserte sich die<br />

Wildheit und Erbitterung, mit <strong>de</strong>r man kämpfte. Kein Normanne<br />

entging <strong>de</strong>in Untergang; viele erlagen auf <strong>de</strong>r Insel selbst, manche<br />

schwammen nach <strong>de</strong>in zurück, fän<strong>de</strong>n aber au <strong>de</strong>r Küste<br />

<strong>de</strong>n Tod, <strong>de</strong>in sie zweimal entgangen waren; mit aItnorfischem<br />

Trotze gabeneinige sich selbst <strong>de</strong>n Tod, um nicht durch die<br />

Hand <strong>de</strong>r gehassten Franken zu fallen. Nach Beendigung <strong>de</strong>r<br />

Metzelei verliessen die Sieger mit beträchtlicher Beute das normannische<br />

Gebiet; <strong>de</strong>r König selbst bezog im Beauvaisis mit<br />

Hugo und dcii Burgun<strong>de</strong>rn ein Lager, um das Land gegen einen<br />

zu befürchten<strong>de</strong>n Racheakt zu docken '2).<br />

1-Ingo wird schwerlich <strong>de</strong>r neustrisclie Markgraf sein; nach<br />

<strong>de</strong>r Stellung bei lflodoard ist <strong>de</strong>r Normannenkrieg in <strong>de</strong>n August<br />

o<strong>de</strong>r September zu setzen; En<strong>de</strong> August fin<strong>de</strong>n wir <strong>de</strong>n Markgrafen<br />

nicht im Feldlager beim König, son<strong>de</strong>rn in Paris und Fiodoard<br />

berichtet für jene Zeit, dass <strong>de</strong>r neustrische Hugo, <strong>de</strong>n er hier wie<br />

gewöhnlich als Roberts Sohn bezeichnet, einen schinipflichen Vertrag<br />

mit dcii Normannen abschloss, <strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>r, ganz wie wir es<br />

ihn En<strong>de</strong> 924 thun sahen, seine Besitzungen sichern und die Angriffe<br />

<strong>de</strong>r Fein<strong>de</strong> auf (las Gebiet <strong>de</strong>r preisgegebenen Nachbarn<br />

leiten sollte. Die Franken <strong>de</strong>r Küste, Arnulf, Adalulf, T-Tilgaud<br />

1) Flod. ies p. 375; hoher 1, 50. - liepping, II, 141 Lierjuet 1, 98:<br />

Martin, h, d. Fr. 11, 511. Pet'tz Einleit. zu Richer (8.) p. Vii Anm. 13 ist<br />

gegen <strong>de</strong>s Kirn igs Anwesenheit,<br />

2) Floduard sohil<strong>de</strong>rt die Vorgänge <strong>von</strong> Eu eingehend und mit fast<br />

dramatischer BeleltiLeit; er mag die Kun<strong>de</strong> wohl vn einmi <strong>de</strong>r Vasallen<br />

seiner Kfrihir', hic ja mitgefochten, erfahren haben.<br />

4<br />

( IBLIOTHEQUE)<br />

"..


i52<br />

und llu(lolf <strong>von</strong> Gouy waren diesmal die Opfer seiner erbärmlichen<br />

Handlungsweise 1),<br />

Diese Schläge gegen die Normannen ermutigten verschie<strong>de</strong>ne<br />

Kongregationen zur Heimkehr in ihre Klöster <strong>von</strong> <strong>de</strong>nen <strong>von</strong> 5.<br />

Maiir-<strong>de</strong>s-Fossts und Montier-en-Der wird es zu dieser Zeit ausdrücklich<br />

berichtet, Erstere waren kurz vor <strong>de</strong>in 2. August aus<br />

<strong>de</strong>in Lyonnais ziinickgekommen und hatten die Mönche S. flerc.hars<br />

eine Strecke Weges zu Reisegeflihrten gehabt. Um Der<br />

hatte sich <strong>Rudolf</strong> persönlich Verdienste erworben, in seinem<br />

Herzogtum hatten die Mönche an (id Saine Aufnahme, Schutz<br />

und Unterstützung gefun<strong>de</strong>n, weshalb ihre dankbare Gesinnung in<br />

seiner bald darauf erfolgten Erhebung <strong>de</strong>n Lohn seiner Frömmigkeit<br />

sah; die Ermöglichung <strong>de</strong>r Rückkehr in die Heimat verschaffte<br />

ihm neuen Anspruch auf ihre Ergebenheit, die in <strong>de</strong>r Klostergeschichte<br />

beredten Ausdruck fin<strong>de</strong>t 2)<br />

Inzwischen spielten sich an<strong>de</strong>rwärts be<strong>de</strong>utsame Ereignisse<br />

ab. König Heinrich war nicht gewillt, auf Lothringen zu verzichten<br />

und <strong>de</strong>n Abfall <strong>de</strong>s Herzogs ungestraft zu lassen. Er<br />

hatte dcii Rhein überschritten und Gisilberts Festung Zülpich<br />

bezwungen, andre Geschäfte müssen ihn aber bald bewogen haben,<br />

dies nicht weiter auszunützen; er begnügte sich mit Geiseln <strong>de</strong>s<br />

Herzogs und ging nach Deutschland zurück ; aber gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

1) Heil. 1. c. p. 376; Urk, <strong>de</strong>s Vicegraf Tendo v. Paris v. 23. Aug. 925,<br />

Mabillon ‚ Arm. Bcncd. III. 384. fluge richtig, wie ich glaube, als <strong>de</strong>r Burgun<strong>de</strong>r,<br />

<strong>Rudolf</strong>- Brauer, gefasst bei Leibniz, Ann. imp. 11, 361, als <strong>de</strong>r Neustrier<br />

bei Kalckstein p. 170. Letzterer wird vielfach zu günstig aufgefasst;<br />

V011 Ileribert unterschei<strong>de</strong>t er sich iltirch grüssere Zurückhaltung LTnentschie_<br />

<strong>de</strong>nlicit <strong>de</strong>r Stellungnahme, das Streben, sich in schwieriger Lage für je<strong>de</strong><br />

Eventualität einen Ausweg zu ielierii we<strong>de</strong>r <strong>Rudolf</strong> noch Heribert war er<br />

ein fester Freund. Für <strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r kapetingischen Hausmacht mag las<br />

angebracht erscheinen - auf keinen Fall ist es geeignet, uns Hugo „<strong>de</strong>n<br />

Grossen" als einen be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Mann erscheinen zu lassen; jenen Beinamen<br />

hat eine dankbare mönchische Geschichtsschreibung, die unter seinen königliehen<br />

Nachkommen schrieb und in <strong>de</strong>ren Gna<strong>de</strong>nbeweisen sich sonnte, <strong>de</strong>ren<br />

Vorfahren verliehen, seine Zeitgenossen (vgl. Flod.) nannten ihn Albus. Sein<br />

würdiger Genosse, bald Freund, bald F'oiud, Heribert, ist in seinem Auftreten<br />

rücksichtslos bis zum äussersten, er sclire'kt vor keiner Gewaltthat zurück und<br />

scheut audi das Urteil <strong>de</strong>r Mitwelt nicht, Hugo ist mehr <strong>de</strong>r Vertreter <strong>de</strong>r<br />

schlauen, vorsichtigen hinterlist <strong>de</strong>s kalten, selbst feigen Egoismus.<br />

2) Vgl. die obige Urkun<strong>de</strong> Teudos; Lili. <strong>de</strong> div. cas. coen. Dervensis<br />

Bq. IX, 7, Mab. Acta S. 0. B. saec. II 846, 847. Kalckstein gicht p. 172<br />

die Rückkehr <strong>de</strong>r Dervenser zu 926, sie muss jedoch nach <strong>de</strong>n genannten<br />

Quellen auch zu 925 gehören.


Jahres, während <strong>Rudolf</strong> im Nordwesten stand, vollen<strong>de</strong>te er das<br />

Werk und bewogalle Lothringer ihm zu huldigen; jetzt erst ward<br />

das ganze Land ihm unterthaii und in <strong>de</strong>n Urkun<strong>de</strong>n erscheint<br />

allgemein sein Name. Die Meisten scheinen ihm - haltlos, wie<br />

sie immer zwischen Deutschland und <strong>Frankreich</strong> schwankten -<br />

sofort zugefallen zu sein, nur <strong>von</strong> Wigerich (Witger) <strong>von</strong> Metz<br />

heisst es, dass gegen ihn Waffengewalt gebraucht wer<strong>de</strong>n musste 1),<br />

Selbst <strong>Rudolf</strong>s Bru<strong>de</strong>r Boso schloss sich <strong>de</strong>n Uebrigen an, <strong>de</strong>nn<br />

wir fin<strong>de</strong>n ihn später als <strong>de</strong>utschen Vasallen. In Verdun musste<br />

<strong>de</strong>r vorn WestfralLkenköni g eingesetzte Hugo <strong>de</strong>m Bernuin, einem<br />

Neffen Bischof i)ados, weichen, <strong>de</strong>m Heinrich das Bistum gab,<br />

ohne dass die Kirche sich gegen ihn gesträubt hätte, da Hugo<br />

wohl als Frem<strong>de</strong>r wenig beliebt sein mochte; <strong>de</strong>nn schon in jener<br />

Zeit zeigt sich die Erscheinung, dass die Bisehofssitze sich stark<br />

ans ihren Provincia.len rekrutieren, beson<strong>de</strong>rs aus einheimischen vornehmen<br />

Familien .<br />

Während <strong>de</strong>r Gang <strong>de</strong>r Dinge in Lothringen auf Jahrhun<strong>de</strong>rte<br />

hinaus die Geschicke eines weiten Teiles <strong>de</strong>s Frankenreiehs bestimmte,<br />

berührte ein andres Ereignis <strong>de</strong>n Staat in seinen innersten<br />

Verhältnissen und trug zur Jahrzehnte langen Beunruhigung bei<br />

<strong>de</strong>r Reimser Bistnrnsst.reit. Seulf war zwar gleich in seinem<br />

ersten Jahre in Abliöngigkeit <strong>von</strong> Heribert geraten, da sich aber<br />

dieser bisher noch iiicht, mit seinem König überworfen hatte, war<br />

<strong>de</strong>r Erzbischof nicht gehin<strong>de</strong>rt, sich als treuer Unterthan zu erweisen<br />

und zu wie<strong>de</strong>rholten Malen haben wir ihn als Teilnehmer<br />

königlicher Feldzüge kennen gelernt. Das Papsttum hatte ihm<br />

die Metropohitenrec.hte seiner Vorgänger zugestan<strong>de</strong>n ; persönlich<br />

war er - ein Schüler <strong>de</strong>s gefeierten Lehrers Remigius <strong>von</strong><br />

1) Flod. 925. 998. 929 p. 375, 576. 378 Hugo F']avin. Chron. SS. Viii,<br />

:1s8; Cont. liegin. 92,13, 925, SS. 1, 616: Ami. S. Ben. Div. V 40 Wittich,<br />

Herz. Lotlir. p. 114 Waitz, Heinr. 1. p. 83 (in <strong>de</strong>r soeben erschienenen 3.<br />

Aufl., diee erst <strong>von</strong> hier an beim Druck noch benutzt wer<strong>de</strong>n konnte,<br />

9) Interessante Belege gewähren die Gesta irnit. Autissiod. 1. e. In un trefuhr<br />

zwei und einem halben .lalirinjuilert (8 .19-1114) sind <strong>von</strong> 18 Bischcifcn<br />

ID Burgun<strong>de</strong>r. da<strong>von</strong> 5 aus .% uxerre selbst, 19 <strong>de</strong>r 18 sind <strong>von</strong> vornehiiier<br />

Herkunft o<strong>de</strong>r haben Bischctb zu Verwandten, nur 2 wer<strong>de</strong>n als persUnlu'li<br />

cinfai'.lic Leute bezeichnet, was wie bei 3 an<strong>de</strong>rn ohne nähere Bt'zeiciuiung auch<br />

eine <strong>de</strong>r genannten Eigenschaften n icht aussehl ii, sst. nur ein einziger wird mit<br />

seiner geringen Herkunft hervorgehoben Johaimn 991 - 1951 aber gera<strong>de</strong> da zeigt<br />

sich, wie sehr dies gegen das Herkommen verstiess, <strong>de</strong>nn er genoss eben<strong>de</strong>shalb<br />

keine Achtung. - Andre Beispiele <strong>de</strong>s 9. Jahrhiuim<strong>de</strong>rts bringt Dtlnimler,<br />

Ostfräk, Reich 11, I3543 A um.


54<br />

Auxerre - ein gebil<strong>de</strong>ter, in <strong>de</strong>n Wissenschaften bewan<strong>de</strong>rter<br />

Mann, <strong>de</strong>r seinen geistlichen Funktionen wohl vorzustehen wusste,<br />

ohne <strong>de</strong>r für einen Kirchenfürsten nötigeii weltlichen Geschäftskenntnis<br />

zu ermangeln. Das Kloster S. Remy verdankte ihm die<br />

Anlage eines Kastells und die Schenkung <strong>von</strong> Condatum. Die<br />

Verbindung mit Heribert war sein Unglück. Man erzählte, er<br />

habe <strong>de</strong>m Grafen für seinen Sohn Hugo die Nachfolge zugesichert;<br />

ob dies wahr ist, o<strong>de</strong>r ob sich erst ex eventu das Gerücht bil<strong>de</strong>te,<br />

ist nicht zu entschei<strong>de</strong>n. Am 1. September 925 starb er Plötzlich,<br />

was <strong>de</strong>n Verdacht auftauchen liess, das Gift <strong>de</strong>s Grafen <strong>von</strong> Vermandois<br />

habe für eine raschere Erledigung <strong>de</strong>s Reimser Stuhles<br />

Sorge getragen'). Sofort erschien 1-lerihert in Reims; die Vasallen<br />

<strong>de</strong>s Erzbistums waren zum Teil für ihn gewonnen -- die Verbindung<br />

zwischen ihm und Scuif war auf ihren Betrieb hin erfolgt<br />

-‚ auch unter <strong>de</strong>n Geistlichen besass er Anhang, und durch<br />

diese Partei liess er mit Unterstützung <strong>de</strong>r Bischöfe Ahho <strong>von</strong><br />

Soissoiis und Bovo <strong>von</strong> Chilons seinen fönfjührigeii Sohn Hugo<br />

zum Erzbischof wählen o<strong>de</strong>r als <strong>de</strong>signierten Nachfolger wenigstens<br />

förmlich anerkennen. IT in diesen unregelmässigen Vorgan g gegen<br />

Anfechtungen sicher zu stellen, erwirkte er sogleich beim Könige<br />

<strong>de</strong>ssen Genehmigung, die einem Manne, <strong>de</strong>r seinen Bitten solchen<br />

Nachdruck gebeii konnte wie Vermandois, nicht versagt wei<strong>de</strong>n<br />

durfte; <strong>Rudolf</strong> musste gute Miene zum bös(3ii Spiel machen, Hugo<br />

wur<strong>de</strong> nicht direkt eingesetzt, aber <strong>Rudolf</strong> gestattete, dass die<br />

Nachfolge einstweilen offen blieb und gab <strong>de</strong>m Grafen die Verwaltung<br />

<strong>de</strong>r Temporahien, bis er ihm einen geeigneten Kleriker<br />

vorstelle, <strong>de</strong>r die Ordination in gesetzlicher Weise erhalten könne,<br />

machte ihm aber eine billige Ausübung seines Amtes zur Pflicht .<br />

1) Hoi. 922, 925 p. 371 1 375. 37, 11. II. IV, 18-20, 35 p. 578. 555;<br />

Richer 1, 41, 55; Variit, Arch. adniiu. d. 1. v. d. ileime 1. p. 72. ii. 10, II,<br />

Anm., Arch. bgisI. II. 1 p. 90, 114 Anm., 109 Anm.<br />

2) Nach <strong>de</strong>r einen Angabe bei Flod. soll Heribert vom König in Burgund<br />

diese Verleihungen sich verschallt haben, aber ich glaube ihm hierin nicht<br />

folgen zu dürfen: diese Stelle entstammt nicht Plod. selbst, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r <strong>von</strong><br />

ihm eingefügten Verteidigungsschrift <strong>de</strong>s Erzbischofs Artold an die Syno<strong>de</strong><br />

<strong>von</strong> Tugelheim 948, in <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rn Stelle tier H. I. (c. 20) und <strong>de</strong>n AmiaItn,<br />

die zwar etwas später, alter auf Grund gleichzeitiger Notizen geschrieben siiiil,<br />

fehlt sie. Den Hauptgrund gegen einen zweite,, Aufenthalt <strong>de</strong>s Königs in<br />

Burgund sehe ich im äusseren Gang <strong>de</strong>r Ereignisse. lni Herbst hatte sich<br />

<strong>Rudolf</strong> in Beauvaisis zum Grenzschutz festgesetzt und gleich im Beginn <strong>von</strong><br />

920 fin<strong>de</strong>n wir ihn ebenfalls in dieser Gegend, in Artois, thatsiiehlich int Kampfe<br />

gegen die Normariticis und hören nicht das min<strong>de</strong>ste, dass er erst wie<strong>de</strong>r nah<br />

Francien herbeigikominen sei, wie es nst Flott, stets gewissenhaft annitrkt.


5r)<br />

Der König gab also nur so weit als nötig nach und that, was in<br />

seinen Kräften stand zur Wahrung <strong>de</strong>r geistlichen Wür<strong>de</strong>; mit<br />

Unrecht ist ihm sein Verfahren zum Vorwurf gemacht wor<strong>de</strong>n 1).<br />

Mochten für ihn zwingen<strong>de</strong> Grün<strong>de</strong> obwalten ‚ dass er sich<br />

überhaupt zu solchem lntgegenkommen zum Teil verstand, so<br />

kann diese Entschuldigung für <strong>de</strong>n Papst nicht gelten. Johann X.<br />

hatte keinen Karl als Werkzeug fleriberts zu fürchten, ihm zumeist<br />

stand die Schirmung <strong>de</strong>r kirchlichen Interessen zu, doch <strong>von</strong><br />

einem Geschöpfe <strong>de</strong>r 'I'heodora war das nicht zu erwarten ; Bischof<br />

Abho ging selbst nach Rom und erlangte für sich als Vikar die<br />

jrri.)ViSOFiSche Leitung <strong>de</strong>r geistlichen Amtshandlungen ). In <strong>de</strong>n<br />

Besitz <strong>de</strong>r Macht gelangt, machte Horibert zunächst die Gegenpartei<br />

unschädlich: Pfrün<strong>de</strong>nentzie.huiig war ein gutes Mittel, die<br />

an ein bequemes Leben gewöhnten Kanoniker zur Unterwerfung<br />

zu zwingen, unter an<strong>de</strong>ren verlor auch Flodoard sein <strong>von</strong> Heriveus<br />

erhaltenes Besitztum die wi<strong>de</strong>rstreben<strong>de</strong>n Vasallen erfuhren die<br />

gleiche Behandlung, selbst offne Gewaltthat gegen Geistliche<br />

scheute man nicht; eine Unruhe <strong>de</strong>r Stiftsherren wur<strong>de</strong> einige<br />

Zeit darauf durch Heriberts Leute nie<strong>de</strong>rgeschlagen und kostete<br />

zwei Geistlichen das Leben<br />

Mit einem Norrnannenfe]dzug hatte das Jahr 925 für <strong>de</strong>n<br />

König begonnen und auch das neue Jahr 926 brachte neue Kämpfe.<br />

Die Rache für En blieb nicht aus, eine Normannenschaar fiel in<br />

Artois ein. Der König zog mit Heribert und einigen <strong>de</strong>r Küstengrafen<br />

gegen sie und schloss sie ein, doch wie<strong>de</strong>r half ihnen die<br />

Oertlichkeit. Das königliche Heer hatte sich teilen müssen; nach<br />

einigen Tagen brachen sie Nachts plötzlich aus <strong>de</strong>n bewal<strong>de</strong>ten<br />

Höhen, die sie schützten, gegen das Lager <strong>de</strong>s Königs los. 1-leribert,<br />

<strong>de</strong>r abseits gelagert haben muss, eilte rasch herbei, einige Lagerhütten<br />

gin gell zwar in Flammen auf, aber schliesslich gelang es,<br />

<strong>de</strong>n Feind, <strong>de</strong>r 1100 Tote auf <strong>de</strong>r Wahlstatt liess, abzuwehren;<br />

1) Mehrfach sagt man mehr o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>r bestimmt, <strong>de</strong>r König habe<br />

Hugo das Bistum verliehen, was im Flod. we<strong>de</strong>r steht noch sich hineininterpretieren<br />

liisst; er hat nur eine eventuelle spätere Erhebung <strong>de</strong>se1lou nicht<br />

abgelehnt: Baroiiins,Anhi. eceles. (1609) X. 699 Georges, li. d. ClLamp. et .<br />

d. Brie p. 279.<br />

2) Finil. 1. c. nach Tiutpr. Antap. II, 48 SS. III, 297 stand Johann<br />

nicht zu Marocia, wie Kalckstein meint i' 170, son<strong>de</strong>rn zu 'l'heo(lora in intimen<br />

Ueziehungen.<br />

) FInd. 14, B. IV, 13, 90. 35 p. 576, 578, 586. Beim Sturz Artolds<br />

und <strong>de</strong>r Einsetzung Hugos 940 wie<strong>de</strong>rholten sich die Vorüi.Ile. Flod. fügte<br />

sich jedoch bald 940, 941 p. 387, 388, H. Et. IV, 28 I 582.


5€;<br />

ahnt' auch die Franken hatten beklagenswerte Verluste, <strong>de</strong>r tapfre<br />

Normannenkiimpfer <strong>de</strong>r letzten Jahre, Graf Tlilgaud <strong>von</strong> Ponthieu,<br />

war gefallen, <strong>de</strong>r König selbst verwun<strong>de</strong>t und zur Rückkehr nach<br />

Laon genötigt 1). Die Normannen erlangten durch seinen Abzug<br />

trotz ihres misslungnen Angriffes die Möglichkeit, ihre Verwüstungen<br />

bis an die lothringische Grenze, <strong>de</strong>n Gau <strong>von</strong> Porcien, auszu<strong>de</strong>hnen.<br />

Tu die Nähe dieser Gegend. bis zum Gau <strong>von</strong> Voncq, streiften<br />

gleichzeitig andre Raubgesellen, die Ungarn . Es ist dies <strong>de</strong>r<br />

erste Zug dieses Jahres vor dorn 1. April, <strong>de</strong>m Sonnabend vor<br />

Ostern, an welchem eine Mondfinsternis weiteres Unheil ahnen<br />

liess, Beim Herannahen <strong>de</strong>r Fein<strong>de</strong> flüchtete man die lieliquien<br />

vom platten Lan<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n einsam gelegenen Klöstern in die<br />

nachste Bischofstadt, so nach Metz. Ton], Reims u. a, o<strong>de</strong>r suchte<br />

an unzugänglichen, durch ihm'e Lage geschützten Orten Sicherheit.<br />

Zahlreich sind die Klagen über das Unheil, das sie anrichteten;<br />

auch sie hatten bald die Wahrnehmung gemacht, dass Besuche<br />

<strong>de</strong>r Klöster sehr lohnend seien, und die Mönche <strong>de</strong>s Ostens hatten<br />

vor ihnen dasselbe Entsetzen wie ihre Brü<strong>de</strong>r im Nor<strong>de</strong>n und<br />

Westen vor <strong>de</strong>ii Wikin gernund die im Sü<strong>de</strong>n vor <strong>de</strong>n Saracenen;<br />

eine Strafe für die vielfache Zerrüttung <strong>de</strong>r soc.ialen Verhältnisse,<br />

für die Zuchtlosigkeit aller Kreise, die Gewaltthaten und Greuel<br />

<strong>de</strong>r Mächtigen sah man in dieser Landplage —<br />

1) Folcuiu hat flitle Zcitangaln eine Stelle, die mit grosser Sicherheit<br />

hierher bezogen werdn kann, Aus Floil. 925 p. 375 wissen wir, dass zu<br />

Lan<strong>de</strong> die Grenze dureh <strong>de</strong>n König ge<strong>de</strong>ckt war, und <strong>de</strong>nnoch fin<strong>de</strong>n wir darauf<br />

die Normannen in Artois aus F.ly. c. 101 55. XIII, 626 erfahren wir<br />

nun, dass dieselben zu ihrem alten Hilfsmittel zurüekgritl'cn sie gingen in<br />

See, und im Rücken <strong>de</strong>s Körngs lan<strong>de</strong>nd, verheerten sie <strong>de</strong>n (iau <strong>von</strong> Th(-<br />

ronanne. <strong>Rudolf</strong> eilte herbei, die Normannen entledigten sich <strong>de</strong>r Gefangenen<br />

durch Nie<strong>de</strong>rmetzeliiiig, wur<strong>de</strong>n aber hei Falcoberg (Fauqisemhergues. an <strong>de</strong>r<br />

Aa, d'p. Pas-<strong>de</strong>-Calais, arr. S. Omer) durch <strong>de</strong>n König hart bedrängt unil<br />

schliesslich geschlagen, allerdings unter grossen Opfern fränkischerseits. Fule.<br />

entspricht und ergänzt somit Flod, Bericht. Bei Rich. 1. 31 fallen nicht nur<br />

1100, son<strong>de</strong>rn 8000 Fein<strong>de</strong>. <strong>de</strong>s Königs Wun<strong>de</strong> soll sich zwischen <strong>de</strong>n Schultern<br />

befun<strong>de</strong>n haben.<br />

2) Vonci an <strong>de</strong>r Aisne oberhalb Attigiiy, (Id1). Ar<strong>de</strong>nnes. arr. Vouziers,<br />

vgl. Joanne, Atlas, (kp. Ar<strong>de</strong>nnes, Waitz, Heinr. p. 88 (85 hält es für Vouzy,<br />

vgl. dagegen Lorlgno]], Bibi. d. l'dc. d. haut. tnd, fase. Xl, 100 ff.<br />

3) Flod. 14241 p. 376, H. IL IV, 21 1). .579 Mirac. 5. Apri c. 22. 55,<br />

IV, 517; Mirac, S. Basoli e. 7, ih . .%iIiII. Ann. S. Vincent. Mett SS. III. 137<br />

Gest. ei). Mettens, 85. X. 541; Mir. 5. l)eicoli, Duchiesnc 5cr. III, 492;<br />

l y pt. Virdunene SS. IV, 38; [rk. Frankos h. Martene. Coll .amlll. 1, 280,<br />

281 (Beyer, Mittelrhein. Urk.-buch, Coblenz 1860. 1. n. 167).


) 4<br />

Von allen Seiten türmten sich Schwierigkeiten gegen <strong>de</strong>n<br />

Herrscher auf: er selbst verwun<strong>de</strong>t, Normannen und Ungarn bereits<br />

in gefährlicher Nähe <strong>de</strong>r Hauptpunkte <strong>de</strong>s Staates Laon und<br />

Reims: wohl ermutigt durch diese Verlegenheiten <strong>de</strong>s Königtums<br />

fiel nun Herzog Wilhelm <strong>von</strong> Aquitanien ab, einer seiner Brü<strong>de</strong>r,<br />

vermutlich Acfred, nahm in Nevers eine drohen<strong>de</strong> Stellung gegen<br />

<strong>Rudolf</strong>s Herzogtum ein. Wie<strong>de</strong>rum musste sich dieser dazu verstehen<br />

. die Ruhe <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Normannen durch eine Reichssteuer,<br />

zu welcher Francien und Burgund herangezogen wur<strong>de</strong>n, zu<br />

erkaufen; nach Abführung <strong>de</strong>r Summe kam ein eidlich bekräftigter<br />

Frie<strong>de</strong> zu stan<strong>de</strong> 1)•<br />

Die Ungarn verschwan<strong>de</strong>n nach ihrer Gewohnheit rasch, wie<br />

sie gekommen, ehe die Betroffenen Zeit hatten, sich zur Vergeltung<br />

zu rüsten, und <strong>de</strong>r König hatte jetzt freie Hand gegen <strong>de</strong>n abtrünnigen<br />

Aquitanier. Das burgundisch - fränkische Heer wandte<br />

sich zunächst gegen Nevers, welches nach Stellung <strong>von</strong> Geiseln<br />

unbehelligt blieb, da die Bezwingung <strong>de</strong>s Herzogs die Hauptaufgabe<br />

war. Man verfolgte ihn bis in sein Land hinein; vor völliger<br />

Nie<strong>de</strong>rwerfung rettete <strong>de</strong>n Flüchtigen die Kun<strong>de</strong>, Francien sei<br />

durch einen neuen Ungarneinfall bedroht, wodurch <strong>de</strong>r König zur<br />

Umkehr nach Nor<strong>de</strong>n veranlasst wur<strong>de</strong> 2• Dem ersten Zug <strong>de</strong>r<br />

Ungarn war bald ein zweiter gefolgt, <strong>de</strong>r im Mai Schwaben heimsuchte<br />

und nach Ueberschreitung <strong>de</strong>s Rheins und <strong>de</strong>r Vogesen<br />

sich wie<strong>de</strong>rum über Lothringen und <strong>Frankreich</strong> ergoss, jedoch<br />

nach <strong>de</strong>n gewöhnhicheii Verwüstungen wie <strong>de</strong>r erste wie<strong>de</strong>r zurückflutete<br />

Wie sehr die Ungarnfurcht die Gemüter beherrschte,<br />

kam auch gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s folgen<strong>de</strong>n Jahres zum Vorschein, wo<br />

wie<strong>de</strong>r das Gerücht eines Einfalls wie ein Gespenst Lothringen<br />

und Francien durchflog 4)<br />

Mehrfache Beziehungen bestan<strong>de</strong>n schon zwischen <strong>de</strong>m angelsächsischen<br />

Herrscherhause und kontinentalen Fürstengeschlechtern;<br />

1 Flod, 926 p. 376. Auch <strong>de</strong>r kraftvolle Heinrich hatte sich 924 zum<br />

Erkaufen <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns durch <strong>de</strong>n bekannten neunjährigen Tribut verstehen<br />

müssen.<br />

2) Bahuze, h. d'Auvergne 1, 22.; H. d. Lang III, 104; Mary-Lafon, h.<br />

du Midi d. Fr. II, 93 hat hier wie<strong>de</strong>r Gelegenheit seinen Hass gegen die<br />

Oberherrschaft <strong>de</strong>s Frankenkönigs zu äussern, Aquitanien ist aber gar nicht<br />

(wie er meint) zur Beisteuer herangezogen wor(len, vgl. Flod. 1. c.<br />

3) Ann. Augiens. SS, 1, 68; Ekkehard, cas. S. Gaili SS. II, 110; ferner<br />

oben p. 56 Anm. 3: es sind cntschiie<strong>de</strong>ii nach Flocl. 1. c. zwei Einfälle zu<br />

unterschei<strong>de</strong>n, obwohl andre Quellen sie zusammenwerfen vgl. auch Waitz,<br />

Heinrich p. 88 (85).<br />

4) Flotl. 927 p. 377.


58<br />

sie erhielten in diesem Jahre einen erneuten Ausdruck ‚ in<strong>de</strong>m<br />

Markgraf Hugo sieh in zweiter Ehe mit Eaclhild, einer Schwester<br />

König Aethelstans, verband. Ob dies aber als eine offenbare Annäherung<br />

an die karolingisc.he Partei zu verstehen ist, ist sehr<br />

fraglich, <strong>de</strong>nn dass Karl Eadhil<strong>de</strong>ns Schwester Eadgifu zur Ehe<br />

hatte und man in S. Martin in diesem Jahre vorübergehend einmal<br />

die Gefangenschaft Karls in einer Urkun<strong>de</strong> erwähnte, bil<strong>de</strong>t<br />

keinen genügen<strong>de</strong>n Grund; <strong>de</strong>r letztere Umstand wird dadurch<br />

völlig aufgewogen, dass die Urkun<strong>de</strong> für die Gegenkönigin Emma<br />

als für die legitime Königin ausgestellt ist, welche einige Stiftsgüter<br />

in <strong>de</strong>n Gauen <strong>von</strong> Melun und Beauvais gegen Jahrzins<br />

erhält. <strong>Rudolf</strong> heisst König, nach seinen Jahren ist gezahlt, Karl<br />

hat nicht einmal dcii blossen Titel König, und <strong>de</strong>r andre Grund<br />

<strong>de</strong>r dynastischen Verwandtschaft hat in jenen Zeiten ebensowenig<br />

das alleinige Leitmotiv <strong>de</strong>r Politik gebil<strong>de</strong>t wie sonst ').<br />

Heriberts erster Aufstand.<br />

Gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jahres 2i föllt <strong>de</strong>r äussere Anlass zu<br />

einer Gefahr, die Budolfs Königtum selbst in Frage stellte. Durch<br />

<strong>de</strong>n Tod seines Anhängers Rot gar wur<strong>de</strong> die Grafschaft Laon erledigt<br />

; Herihert wollte sich die günstige Gelegenheit zur Machtvergrösserung<br />

nicht entgehen lassen, (In das Gebiet doppelten<br />

Wert hatte: durch das feste Laon an und für sich und noch<br />

speziell für Herihert als Bin<strong>de</strong>glied <strong>de</strong>r nördlichen Gebiete mit<br />

Reims. Nicht direkt für sich erbat er es, son<strong>de</strong>rn wie in Reims<br />

wur<strong>de</strong> ein Sohn vorgeschoben Odo ; doch <strong>de</strong>n lehusrechthiehen<br />

Anschauungen folgend, die sich geför<strong>de</strong>rt durch das bekannte C'apitulare<br />

<strong>von</strong> Kiersy herausbil<strong>de</strong>ten, gab <strong>de</strong>r König Laon <strong>de</strong>m<br />

Rotgar, einem Sohne <strong>de</strong>s Verstorbenen 2).<br />

1) Flod. 1. e. Mabille. Pane. noire ii. 130 (<strong>de</strong>s In<strong>de</strong>x, ii. 103 <strong>de</strong>r l'anc.):<br />

Kalckstein p. 1 7. 468 Leibniz. Ann. imp. II, 375.<br />

2) Flrjd. 26 p. 377. 11. R. IV, 21 p. 574. - Capit. Carisiac. M. (1.<br />

LL. 1, F39. 3 .12 -- Vgl. l)ümmlcr, Otfr. R. II, 630. E. Iiourgeoi, Le c.apitulair<br />

d Kierv-sur-Oise (Paris 1855) p. 197 Ii. Waitz . Heinrich p. 93<br />

90) 1iLst uttentsclnetlen, ob <strong>de</strong>r <strong>Rudolf</strong>, <strong>de</strong>r mi November 142M in Worms hei<br />

1 Leinrieh war, <strong>de</strong>r Westfranke o<strong>de</strong>r Ilo(„hburgun<strong>de</strong>r war; ausser <strong>de</strong>n Wahrsehcinlichskeitsgriin<strong>de</strong>n<br />

für Letzteren (W'aitz p. 1) dürfte gegen Ersteren die<br />

wciiirc Monate darauf erfolgt(! Verbindung Heinrielis mit Ileribert sprechen,<br />

welche vermuten lässt, (lass zwischen <strong>de</strong>m franzdsisrlien und <strong>de</strong>utschen König


Himmlische Vorzeichen schreckten die Gliiubigen, eine Seuche<br />

folgte und raffte in l)eutschland und <strong>Frankreich</strong> zahlreiche Opfer<br />

dahin und bald schloss sich ihr ein neues Un glück an. Heribert<br />

hatte bisher zu Hudo]f gehalten und ihn kräftig unterstützt, da<br />

dieser seine Anhänglichkeit. durch fortgesetzte Verleihungen immer<br />

neu belebt hatte doch ein Herihert war nicht zu befriedigen,<br />

Pronne 924, Reims 925 waren solche Abschlagszahlungen, (lic<br />

seine Treue wie<strong>de</strong>r für einige Zeit erkauften; jetzt kam <strong>de</strong>r Zeitpunkt<br />

wo ihm <strong>de</strong>r König nichts geben konnte und sofort en<strong>de</strong>te<br />

auch seine Treue 1<br />

Die Verbindung mit <strong>de</strong>in <strong>de</strong>utschen König sollte ihm<br />

<strong>de</strong>n nötigen Halt gewdhren, nach<strong>de</strong>m er sich <strong>de</strong>n Bücken durch<br />

ein Abkommen mit Hugo ge<strong>de</strong>ckt hatte, <strong>de</strong>r, wenn auch kein<br />

karoliiigischer Parteigänger, doch seinem Schwager in <strong>de</strong>n ersten<br />

Jahren kühl gegenübergestan<strong>de</strong>n zu haben scheint; wenig sahen<br />

wir ihn iii <strong>de</strong>s Königs Mähe, in <strong>de</strong>n vorliegen<strong>de</strong>n Urkun<strong>de</strong>n tritt<br />

er nie, wie sonst einflussreiche Personen, als Intervenient auf; erst<br />

seit <strong>de</strong>r Entzweiung <strong>Rudolf</strong>s und ileriberis rückt er mehr in <strong>de</strong>n<br />

Vor<strong>de</strong>rgrund und Interessengemeinschaft knüpft ihn enger an <strong>de</strong>n<br />

König, es ist., als habe in <strong>de</strong>r That eine gewisse Eifersucht gegen<br />

Vermaudois in ihm geherrscht, die <strong>de</strong>n selbstsüchtigen Markgrafen<br />

freilich nicht abhielt, gelegentlich eine Schwenkung zu seinem<br />

Nebenbuhler hin zu machen. Wie er seine Pflichten <strong>de</strong>m Staat<br />

gegenüber auffasste, wie er sich als Glied eines Ganzen gegen<br />

<strong>de</strong>ssen andre Glie<strong>de</strong>r zu verhalten beliebte, ist im obigen wie<strong>de</strong>rholt<br />

darzulegen Veranlassung ge wesen, Auch jetzt kam es ihm<br />

darauf an, sich Heribert nicht ablehnend gegenüberzustellen, um<br />

<strong>de</strong>m Ausgang ruhi g entgegensehen zu können. Bei einer Zusammenkunft<br />

mit Heinrich fan<strong>de</strong>n Bei<strong>de</strong> ihn sich geneigt und tauschten<br />

mit ihm Geschenke aus 2 ). Nach <strong>de</strong>r B.(lekkehr bethätigte sich<br />

freundliche Beziehungen noch nicht eingetreten waren, widri genfalls Ileinrichs<br />

Handlungsweise in sehr ungünstigem Lichte erscheinen müsste; vgl. auch im<br />

folg. p. 59 u. a.<br />

1) Mouriti hat eine gewisse Vorliebe für Heribert, <strong>de</strong>r ihm <strong>de</strong>r Hauptheld<br />

her ormannenkriege ist; <strong>de</strong>s K(inigs zahlreiche Norivannenk5nipfe wer<strong>de</strong>n<br />

gar nicht o<strong>de</strong>r nur flüchtig liirülirt,; die Darstellung ist oft imkonseqizent, z. 11.<br />

p. 145 ist Heril,. 4 Jahre lang <strong>de</strong>r treue, tapfere. tieiiosse <strong>de</strong>s Künigs, p. 150<br />

wird hingegen gesagt, dass er nicht aus Ergebenheit, son<strong>de</strong>rn egoistischer Berechnung<br />

gehan<strong>de</strong>lt habe. Uber Hugo s. oben i' 52.<br />

2) Im März und April war Heinrich in <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>n rechts <strong>de</strong>s Rheines<br />

hier suchte 1101 die +esaniItsc1ialt Heriberts und später Ileribert unil lEugo<br />

selbst auf, Erei gnisse, die nach Wigerichs <strong>von</strong> Metz Tod und nucht <strong>de</strong>n hliniinelserseheitintigen<br />

sieh vollzogen. Flod. 1. c. Gest. eh). Mett, SS. X, 541


(30<br />

das Einvernehmen durch einen gemeinsamen Zug gegen die Loire-<br />

Normannen; unrühmlich aber en<strong>de</strong>te die Unternehmung nach einer<br />

fünfwöclientlichen Belagerung <strong>de</strong>r Fein<strong>de</strong> mit gegenseitiger (.,eiselstellung<br />

und erneuter Ueberlassung <strong>de</strong>s Gaues <strong>von</strong> Nantes - eine<br />

Bestätigung, dass die frühere Abtretung wirkungslos geblieben<br />

war. Zu diesen Kämpfen scheint auch <strong>de</strong>r Tod Ingelgers, <strong>de</strong>s<br />

Sohnes Fulkos <strong>von</strong> Anjou mit grössrer Wahrscheinlichkeit gesetzt<br />

wer<strong>de</strong>n zu dürfen, als zu 923, <strong>de</strong>nn hier han<strong>de</strong>lte es sich tun<br />

Fein<strong>de</strong> in unmittelbarer Nähe <strong>von</strong> Anjou 1)•<br />

Heribert schritt nun zur Ausführung seines Planes gegen<br />

<strong>Rudolf</strong>. Als Verweser <strong>de</strong>s Erzbistums liess er eine S yno<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Bischöfe <strong>de</strong>s Beimser Sprengels in Trosly zusammentreten; <strong>de</strong>s<br />

Königs Einspruch, zu <strong>de</strong>ssen Rechten die Berufung <strong>de</strong>r Syno<strong>de</strong>n<br />

und Concilien gehörte, und das Verlangen die Versammlung zu<br />

vertagen blieb unberücksichtigt wie eine Vorladung nach Cornpigne<br />

).])ei-Sohn Hilgauds <strong>von</strong> Ponthieu ‚ Graf Erluin ‚ unterwarf<br />

sich in Trosly <strong>de</strong>r Kirchenbusse wegen seiner i)oppehlie<br />

nahe liegt aber die Vermutung, dass die Syno<strong>de</strong> zum geheiiiien<br />

Hauptzweck Besprechungen über die Schritte gegen lind olf hatte.<br />

Ein Handstreich auf das nahe Laon misslan g , da <strong>Rudolf</strong> die Burg<br />

durch rasch abgesandte Mannschaft verstärkt hatte, <strong>de</strong>r er selbst<br />

bald folgte. Vermanclois griff jetzt zu seiner gefährlichsten Waffe:<br />

Calmet, hist. <strong>de</strong> Lorraine, 1. pr. p. 61, 82. Waitz, Heinrich p. 119 1 17j:<br />

Leibniz A. i. 11, 378 lässt Heinrich nach Lothringen entgegenkommen.<br />

1) Xalckstein p, 164 Anm. 1 gicht <strong>de</strong>n Tod <strong>de</strong>s Ingelger zu 923.<br />

929 war er tot; in einer lJrk. seines Vaters f. S. Albin v. Angers wer<strong>de</strong>n die<br />

an<strong>de</strong>rn Familienglie<strong>de</strong>r genannt nicht aber <strong>de</strong>r älteste Sohn, Mab. Ann. Ben<br />

III, 403: G. coris. Anilegav. li . Marchegay et Salniort Chron, dAnjou P. 66<br />

('7; Chron. Rainaidi An<strong>de</strong>gav. bei Marchegay et Mabille, Chron, <strong>de</strong>s ilglises<br />

d'Anjou Paris 1859) p. 8, Chron. S. Albini Än<strong>de</strong>g., ib. p. D. Chron. Viiidoc.inense<br />

ib. p. 162; diese Quellengruppe giebt die Uri. zu 929. Bodin, Recherches<br />

hist. s. 1'Arijou (2. id. Angers 1847) 1, 144, <strong>de</strong>r die schon stark ausgeschmückte<br />

Kun<strong>de</strong> <strong>de</strong>r G. cons. And. mcli weiter ausmalt, lässt J. bei <strong>de</strong>r Verteidigung<br />

<strong>de</strong>r seinem Hause gehörigen Grafschaft Charolais gegen die Norinannen Fällen<br />

und in S. Martin in Sroune (Chateau-Ncuf sur Sarthe, Up. Maine et Loire,<br />

arr. Sogre) bestattet wer<strong>de</strong>n, ohne Beleg und wohl auch ohne glaubhafte<br />

Grundlage; vgl. gegen die ausführliche» Angaben <strong>de</strong>r (iceta die Bemerkung<br />

<strong>de</strong>s Fragm. hist.. Antlegav. c.. 1 (Mareh. et Sahni, Chrin. l'Anjuu 1, 375<br />

1)'Aehery, Spic.il. III, 233) aus dciii iI..lahrh., welelits <strong>de</strong>in Grafen l'ulco<br />

Reclui,i zugeschrieben wird, nEu (lessen Verfasserschaft Monod Revue bist. Bd.<br />

28 (1885) p. 265 festhält.<br />

2) Flod. 927 p. 377, H. R. IV. 21 p. 579: Richer 1, 52. Warnkönig<br />

uiuil N tein, franz. St. u. R. G. 1, 137; Arbeis 1. c. 1, 101.


61<br />

Karl wur<strong>de</strong> <strong>Rudolf</strong> als Köni g gegenübergestellt. Nach seiner<br />

Gefangennahme war Karl bis in <strong>de</strong>n IEerbst 924 in (.hateau-<br />

Thierrv-s.-Marne bewahrt wor<strong>de</strong>n; uni diese Zeit brannte sein<br />

Haftturm plötzlich nie<strong>de</strong>r, ohne dass aber an Brandstiftung zum<br />

Zweck <strong>de</strong>r Beseitigung <strong>de</strong>s Gefangenen zu <strong>de</strong>nken ist, da <strong>de</strong>ssen<br />

Person für Heribort ein zu wertvoller Besitz war 1). Karl kam<br />

darauf nach Pronne, wie meist angenommen wird, obwohl Flodoard<br />

nichts bestimmtes bietet und nur andre Quellen Pronne geben<br />

es ist jedoch möglich ‚ dass Prorine als Karls To<strong>de</strong>sort Anlass<br />

war, es auch für früher als Aufenthalt zu fassen, und (lass <strong>de</strong>r<br />

König 924 in Chateau-Thieiry (nur in einem an<strong>de</strong>rn Gebäu<strong>de</strong>)<br />

blieb .<br />

<strong>Rudolf</strong> war auf diese neue Verräterei <strong>de</strong>s Grafen kaum vorbereitet,<br />

rüstete sich jedoch sofort zur Abwehr; am 27. September<br />

weilte er auf <strong>de</strong>r Heise nach Burgund in Briare an <strong>de</strong>r Loire, wo<br />

('luilys Privilegien bestätigt wur<strong>de</strong>n. Der Tod <strong>de</strong>s Herzogs<br />

Wilhelm 11. <strong>von</strong> Aquitanien im Sommer 927 war wohl mit <strong>de</strong>r<br />

Grund, dass <strong>de</strong>r König an die Loire sich begab, um <strong>de</strong>n Sü<strong>de</strong>n<br />

vom möglichen Anschluss an Heribert abzuhalten; Herzog Acfred,<br />

<strong>de</strong>r Seinem Bru<strong>de</strong>r folgte, behielt aber <strong>de</strong>ssen ablehnen<strong>de</strong> Haltung<br />

bei: jedoch stan<strong>de</strong>n einige Teile Aquitaniens (Pu y . Briou<strong>de</strong>,<br />

Cahors, Beaulieu, Tolle, Bourges) zu Ru(lolf, wie die oben erwdhnte<br />

Haltung ihrer Urkun<strong>de</strong>n erweist. Hier mag es auch gewesen sein,<br />

dass Graf Ebbo, ein mächtiger Vasall <strong>de</strong>s benachbarten Berr y, zu<br />

ihm kam und seiner Stiftung Dols eine königliche Tnimunitätsurkun<strong>de</strong><br />

verschaffte 3) Dann begab sich <strong>de</strong>r König nach seinem<br />

1) FIod. 923, 924 p. 372, 374. Lns, d. Vorfahr. Hug. Cap. im Kampfe<br />

m. d. letzt. Karo). p. 12. - Die Lage seines Kerkers ist nicht mehr zu erniittelii<br />

. da die llauresti; iii Ch.-Th. einer jiiugcrn Zeit angehoren ‚ vgl. Poi1uet.<br />

bist. <strong>de</strong> Chateau Tluerry (Chat. Tu. 1839 1, 38 Anm.<br />

2i Flod. 1. c. Folc. g. Sith. . XIII, 620; Rich. 1, 47; A. Lobiens.<br />

(11, 210) Xlii, 233; Mir. S. Bcii. Bq. IX, 139; 11. reg. Franc. 88. XIII, 251<br />

ii. a. Arbois 1. v'.' Poiuet 1. c., Geri(!s e ii. d. Chain1r. et d. Brie p. 280<br />

nehmen Ch.-Th. auch nach 924 als Aufenthalt an.<br />

3) UR. ii. 10, 11. iber <strong>de</strong>n Tod Wilhelms schwanken die Angaben<br />

Flod. 927 p. 377. zum Sommer 927, Ann. Masciac. 88. 111. 170: 927, B(I. VIII,<br />

230: 920. Baluze, hist. d'Auv. 1, 21; lT. d. Lang. III, 104; Kaleketein p.<br />

175: zwischen April und September; walirscheinlich vor <strong>de</strong>m 3. Juni, wenn<br />

die Vollstreckungsurkun<strong>de</strong> seines Testairients (Baluze 1. c. II pr. p. 18) iii sein<br />

To<strong>de</strong>sjahr gehort, was doch wohl anzunehmen ist. Diese zeigt zugh<strong>de</strong>li, (lass<br />

die Bischöfe <strong>von</strong> Puy und Ciermnont nicht <strong>de</strong>r Haltung ihrer Grafen und Hersoge<br />

(Willi. u. Acf.) folgten, son<strong>de</strong>rn an <strong>de</strong>r Unterwerfung <strong>von</strong> 924 festhielten,<br />

<strong>de</strong>nn sie erkennen <strong>Rudolf</strong> als Herrscher an. Gfrörer, Gregor VII. giebt IV,


Herzogtum, um entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Vorbereitungen zu treffen, Iann<br />

hielten für ihn die Söhne Rotgars, die dadurch sein Vertrauen<br />

rechtfertigten und seine Gemahlin Emma. eine Frau <strong>von</strong> entschie<strong>de</strong>nem.<br />

fast männlichem Sinn, <strong>von</strong> welcher Züge berichtet<br />

wer<strong>de</strong>n. die eher zu <strong>de</strong>m Bil<strong>de</strong> eines damaligen (irosseii zu gehöien<br />

scheinen'). Die tapfere Besatzung ging sogar angriffsweise<br />

vor, in<strong>de</strong>m sie die Län<strong>de</strong>reien bei <strong>de</strong>r Beirnser Burg Coucy durch<br />

einen Ausfall heimsuchte. Herihert konnte einstweilen nichts im<br />

Fel<strong>de</strong> vornehmen, benutzte daher die Frist bis zur Ankunft <strong>de</strong>s<br />

Königs, seinen Anhang zu stärken.<br />

Die Noi'niannen waren anfangs noch für Karl eingetreten,<br />

hatten aber später indirekt <strong>Rudolf</strong> anerkannt, insofern sie mit ihiii<br />

als Oberhaupt <strong>de</strong>s fränkischen Reiches wie<strong>de</strong>rholt verhan<strong>de</strong>lt und<br />

Verträge geschlossen hatten ; auch jetzt befan<strong>de</strong>n sie sich mit . ihm<br />

in Frie<strong>de</strong>n, was jedoch für sie keinen Hin<strong>de</strong>rungsgrund l)il<strong>de</strong>to. zu<br />

Karl zurückzutreten in En ‚ das sie wie<strong>de</strong>r in Besitz genommen<br />

hatten, trafen Rollo und sein Sohn Wilhelm mit <strong>de</strong>m Grafen und<br />

seinem sogenannten König zusammen, und Wilhelm ‚ <strong>de</strong>r nach<br />

1)udo schon bei Lebzeiten seines Vaters die Herrschaft o<strong>de</strong>r doch<br />

Anteil daran erhielt, verband sich durch einen Freundschaftsvertrag<br />

mit Ileribert und leistete Karl die Huldigung. Rollo aber, an<br />

Vertragsbruch gewöhnt, trug Sorge sich <strong>de</strong>s als treulos genügend<br />

bekannten‚ neuen Freun<strong>de</strong>s durch Behaltung seines Sohnes Udo<br />

als Geisel zu versichern 2)<br />

inzwischen hatte <strong>Rudolf</strong> seine Bur gun<strong>de</strong>r aufgeboten und<br />

noch zur Weihnachtszeit rückte er in Francien unter liauheii und<br />

Brennen wie in Fein<strong>de</strong>sland ein; da eilte ihm Hugo entgegen<br />

und begleitete ihn bis zur Oise, wo seiner Vermittlung ein vorläufiges<br />

Abkommen zwischen <strong>de</strong>n Kriegführen<strong>de</strong>n gelang : Heribert<br />

stellte ihm Geiseln dafür, dass er zum nächsten Placitum sich<br />

einfin<strong>de</strong>n volle.<br />

<strong>Rudolf</strong> ging 111111 nach Burgund zurück, nach<strong>de</strong>m er noch<br />

vergeblich versucht hatte, seine Gemahlin zur Räumung <strong>von</strong> Laon<br />

zu bewegen, sei es, dass er durch <strong>de</strong>ssen nachträgliche Ucher-<br />

40 all, bei Willielins Tod habe <strong>Rudolf</strong> die Grafschaft Berrv geteilt, und die<br />

Stadt Bourges seinem Getreuen Godfried als Vicedoininus gegeben, ohne Beleg:<br />

<strong>de</strong>n Namen iiirnnit er wahrscheinlich <strong>von</strong> <strong>de</strong>in Gozfrid her, <strong>de</strong>n }'lo(l. 935<br />

erwähnt, s. im folg. zu dieseni Jahre.<br />

1) s. im folg.<br />

2) .Flod. 927, p. 377, 11. U. IV, 21 11. 579 Riclwr 1, 53; 1.)udo, Lair,<br />

173, 151. Licquct p. 109. Die späteren angelsächsischen Annalen SS. XIII,<br />

105 geben Wilhelm eine 15jährigc Regierung mit <strong>de</strong>m Anfangsjahr 925.<br />

Betr. <strong>de</strong>r <strong>von</strong> Kaickatein p. 176 erw9lintn lTrk flul. s. UR. ii. 1-1.


03<br />

lassung <strong>de</strong>r Unzufrie<strong>de</strong>nheitIlcriberts <strong>de</strong>n Hauptgrund benehmen<br />

wollte, sei es. dass er es nicht für genügend gesi('hel't hielt gegen<br />

etwaige vereinte Angriffe <strong>de</strong>r fränkischen Ite.ljellen und <strong>de</strong>r Novmannen.<br />

Ilerihert kam mit Karl nach Reims und stellte in einem<br />

Schreiben an .Johann X. sich als <strong>de</strong>n Vorfechter <strong>de</strong>r Legitimität<br />

und <strong>de</strong>r pä1)Stlichefl Bestimmungen hin, in<strong>de</strong>m ei' sich auf Jobanus<br />

Einschreiten zu Gunsten Karls berief 1),<br />

Damals hatte ei' im Besitz <strong>de</strong>r Gunst <strong>de</strong>s neuen Königs<br />

Roms Gebote nicht beachtet, jetzt sollten sie ihm vom Papst neu<br />

bekräftigt als moralischeVerstärkung dienen. Doch er kam Zu<br />

spät-. sein Gesandter fand Johann in ähnlicher Lage. wie <strong>de</strong>n, für<br />

<strong>de</strong>n er sieh einst umsonst verwandt: dci' mächtige Markgraf Wido,<br />

<strong>de</strong>r Gemahl <strong>de</strong>r Maria, die man spöttisch die Marocia nannte,<br />

hatte ihn, wie die im Sommer zurückkehren<strong>de</strong> Gesandtschaft<br />

mel<strong>de</strong>te, gefangen gesetzt und im folgen<strong>de</strong>n Jahre starb er in. <strong>de</strong>r<br />

Haft. sein Nachfolger Leo Vl. hat sich Karls nicht angenommen<br />

2)<br />

In die Zeit <strong>von</strong> Karls Scheinherrschaft hat man die Ueberti'agung<br />

<strong>de</strong>rBesitzunge n <strong>de</strong>s Hauses Auvergne an Ebolus <strong>von</strong><br />

Poitiers nach Wilhelms To<strong>de</strong> verlegen wollen, daletztrer 927 starb<br />

und im selben Jahre auch Karl frei kam ; doch ist die Nachricht<br />

nicht zu verwerten, da sie durch die rIllmtsaCheIl wi<strong>de</strong>rlegt wird.<br />

Dass Eholus Ansprüche auf <strong>de</strong>n Besitz erhoben haben kann, ist<br />

nicht ausgeschlossen . dass in <strong>de</strong>r Hauptsache aber, d. h. betreffs<br />

<strong>de</strong>s Herzogtums und <strong>de</strong>r Grafschaft Auvergiie, dieselben zunächst<br />

nicht zur Geltung kamen, ist sicher; <strong>de</strong>nn sein Anschluss an<br />

<strong>Rudolf</strong> half ihm hier nichts; selbst wenn dieser zu seinen Gunsten<br />

hätte einschreiten wollen machten es ihm gegenwärtig die Umstäji<strong>de</strong><br />

unmüglich. Nach Wilhelms To<strong>de</strong> besass sein Bru<strong>de</strong>r<br />

Ac(red das Herzogtum und die einzelnen Grafschaften seines<br />

Hauses, nach ihm wenn auch nicht unmittelbar, fin<strong>de</strong>n wir Raimund<br />

Pontius <strong>von</strong> Toulouse als Herzog; erst Ebolus' Sohn Wilhelm<br />

(.aput-stupae) gelangte in <strong>de</strong>n Besitz <strong>von</strong> Aquitanien und Auvergne.<br />

Raimund erscheint wie<strong>de</strong>rholt als princeps und dux Aquitanorum,<br />

Ebolus hingegen nur als Graf (so in seiner eignen Urkun<strong>de</strong> <strong>von</strong><br />

934 Ebolus niisericordia 1)ei Pictavorum umilis comes) und<br />

ebenso sein Sohn Wilhelm im Anfange seiner Herrschaft -3).<br />

1) Flod. 1. c.; s. ob. p. 35. Leibniz 1, c. p. 380 glaubt an <strong>Rudolf</strong><br />

geheime Zustimmung zum Verbleiben <strong>de</strong>r Königin in Laon.<br />

2) Flod. 928, 029. 933 p. 378 1 381: Jaffi, Regesta pontif. Roman. (II.<br />

cd.) p 452; Liutpr. III, 43. SS. III, 312. M:irozia, Marocia Maruc(„ia.<br />

3) A<strong>de</strong>mar III, 23 38. IV, 125. Baluze ii. d' Auv. 1, 23; Mary-Lafon<br />

11, 93 lässt durch Willi. selbst die Übertragung geschehen. Die II. il . Lang.


Die vereinbarte Zusamnienkuult <strong>de</strong>s Königs und lieriberts<br />

fand noch vor Ablauf <strong>de</strong>r Fastenzeit (Ostern 928 April i.) statt,<br />

<strong>de</strong>n Ort kennen wir nicht'); nachher scheint <strong>de</strong>r König in Burgund<br />

gewesen zu sein, da wir seine Gegner in Francien freie<br />

Hand haben sehen und auch die Königin, die jetzt erst Laun<br />

aufgab, nach Burgund ging. Sofort besetzte Herihert die Feste;<br />

auf Hugos uiibestimnite Haltung scheint dieser Erfolg in einer<br />

<strong>de</strong>n Rebellen günstigen Weise eingewirkt zu haben er liess sich<br />

durch Heribert, <strong>de</strong>r sich <strong>von</strong> Laon aus zu einer zweiten Besprechung<br />

mit Rollo begeben hatte, bewegen, gleichfalls in freundschaftliche<br />

Beziehungen zu <strong>de</strong>n Normaunen zu treten. Rollo nötigte hier<br />

<strong>de</strong>n Grafen, in förmlicher Weise nebst einigen an<strong>de</strong>rn fränkischen<br />

Grafen und Bischöfen Karl als königlichen Oberherrn anzuerkennen<br />

dann erst gab er ihm seinen Sohn Odo zurück. Wer jene ausser<br />

Heribert waren, lässt sich kaum erweisen: möglich (wie Kalekstein<br />

'il1:, dass Erluin dabei war zum I)aiik für l[eriberts Bemühungen<br />

auf <strong>de</strong>r Syno<strong>de</strong> <strong>von</strong> Trosly, vielleicht auch hugonische Vasallen<br />

gewiss ist nur, dass das Grafengeschilecht <strong>von</strong> Laun ‚ Rotgar und<br />

seine Brü<strong>de</strong>r, trotz<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r König ihr Lehen <strong>de</strong>m Fein<strong>de</strong> hatte<br />

preisgeben müssen, doch fest zu ihm stand, wofür sich Vermandois<br />

durch Zerstörung ihrer Burg Mortagne (am Zusammenfluss<br />

<strong>von</strong> Schei<strong>de</strong> und. Scarpe) richte, gewiss ferner, dass ciii<br />

bisheriger Genosse Heniberts, Abbo <strong>von</strong> Soissons. <strong>de</strong>m König<br />

treu blieb, da er auch während und nach dieser Zeit königlicher<br />

Erzkanzler war, wofür er freilich mit <strong>de</strong>mVerluste <strong>de</strong>r geistlichen<br />

Amtsgeschäfte <strong>de</strong>s reimser Vikariats büsste-'-. Henibert fand<br />

hierfür in Bischof Odalnich <strong>von</strong> l)ax ein abhiingi geres Werkzeug,<br />

III, 104 ist gegen die Verleihung Karls nach Willi. Tod, will sie aber p. 105<br />

und IV. 79 nach Acfreds Tod geschehen sein lassen; Kalckstein p. 180 lässt<br />

Karl ans <strong>de</strong>m Spiele und die auvergnatischeit Besitzungen in Folge <strong>von</strong> Verwandtschaft<br />

auf Ebohis übergehen. Über 1-lairitunds Wür<strong>de</strong>: Flist. d. Lang V,<br />

n. üü, 67, 69; dass er sich daneben auch conies od. niarchio nennt, verschlägt<br />

nichts gegen sein Herzogtum; vgl. ähnliches Schwanken bei Richard <strong>von</strong> Burgund<br />

s ob. p. 20. andre Analogien bietet auch Waitz, Heitir. p. 110 (E05).<br />

Über Ebolus und Wilhelm: Cart. <strong>de</strong> S. C yprien <strong>de</strong> Poitiers ii. 528(orig., 545,<br />

23, 3. 4, 183 u. a.; Besly, h. d. enint. d. l'oicton pr. p. 221, 225; Bq. IX,<br />

578 (UR. n. 20).<br />

1) Flod. 928 p. 377. Flod. Ausdruck <strong>de</strong>nominatum placiturn scheint<br />

auf Compigne hinzu<strong>de</strong>uten, wo 927 die geplante Zusammenkunft nicht stattgefun<strong>de</strong>n<br />

hatte.<br />

2) Fhd, 928. . 378,11. R. IV, 21, 22 p. 579; entstellt bei Richer 1,<br />

55; UR. n. 11 --14, - Kalck-stein p. 177, Leibniz p. 386.


das für seine Thätigkeit mit <strong>de</strong>r Abtei <strong>de</strong>s heiligen Timotheus<br />

und einer einzigen Pfrün<strong>de</strong> abgefun<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>; <strong>de</strong>r Einfall <strong>de</strong>r<br />

Saracenen Abdurrahmans III. nach <strong>de</strong>m Siege im Val <strong>de</strong> Junquera<br />

über die Könige <strong>von</strong> Leon und Navarra hatte ihn aus seinem vaskonischen<br />

Bistum vertrieben').<br />

In neue Verwicklungen drohte um jene Zeit Boso seinen<br />

Bru<strong>de</strong>r zu stürzen; einer <strong>de</strong>r unruhigsteii Köpfe in Lothringen,<br />

war er wie<strong>de</strong>r einmal mit seinen Nachbarn in Zwist geraten, da<br />

er geistliche Besitzungen an sich gerissen hatte und selbst seinem<br />

König Heinrich <strong>de</strong>n Gehorsam verweigerte, <strong>de</strong>r daraufhin zugleich<br />

<strong>de</strong>n Weg <strong>de</strong>r Gewalt und <strong>de</strong>r Güte versuchte. Seine Burg Durofostum<br />

wur<strong>de</strong> belagert, ihm aber Frie<strong>de</strong>n für <strong>de</strong>n Fall seiner Unterwerfung<br />

zugesagt; mit freiem Geleit erschien er vor Heinrich,<br />

schwor Ruhe zu halten und bekam für <strong>de</strong>n zurückgegebnen Raub<br />

andre Güter; zugleich wur<strong>de</strong> er und itaginar mit (3isilbert und<br />

an<strong>de</strong>rn Lothringern ausgesöhnt 2) Die neue Gunst <strong>de</strong>s Herrschers<br />

bewährte sich auch gleich darauf, da dieser sich durch Herihert<br />

und Hu go, die bei ihm erschienen, nicht zu einem feindlichen<br />

Vorgehen gegen Bosos Bru<strong>de</strong>r gewinnen liess, wozu ihn die Rücksicht<br />

auf <strong>de</strong>n eben erst befrie<strong>de</strong>ten Vasallen mit veranlasst<br />

haben mag.<br />

Das Versageii <strong>de</strong>r päpstlichen moralischen und <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen<br />

realen Unterstützung machte die Aufständischen zu einem Ausgleich<br />

mit <strong>Rudolf</strong> geneigt, zumal die Normannen sich nicht<br />

rührten und <strong>de</strong>r zwar karolingisch gesinnte Sü<strong>de</strong>n unthätig blieb.<br />

Von Heinrich heim gekehrt reisten die bei<strong>de</strong>n Häupter zu einer<br />

1) Flod. 1. c.; Bq. VIII. lraet. XVI., II. (l, Lan g. 111, 90; Schäfer<br />

Gesch. v. Spanien Hamburg 1844) II, 179.<br />

2 Flod. 1. c.; Heinrich in Lothringen, Juli - Sept. 9P8. vgl. Stumpf,<br />

lieg. n. 22. Durofust wird verschie<strong>de</strong>n ge<strong>de</strong>utet, SS. 111, 378: IDeift; Kaickstein<br />

p. 178. ()sterley (Histor. geograph. Wflrterbueli d. <strong>de</strong>utsch. Mittelalters,<br />

Gotha 1883) p. 133: Doveren: Waitz, Ileittr. p. 123 (120) bezweifelt mit Recht<br />

bei<strong>de</strong> Ansichten, und in <strong>de</strong>r Ihat scheint es wenig wahrscheinlich, dass Boso<br />

in jenen Gegen<strong>de</strong>n Besitz gehabt haben solle; seine an<strong>de</strong>rn Besitzungen weisen<br />

uns sämtlich in das Flussgebiet <strong>de</strong>r mittleren und oberen Maas und in die<br />

Champagne, <strong>de</strong>sgl. die Beziehungen, in <strong>de</strong>iieii wir ihn luiii<strong>de</strong>lnd auftreten sehen.<br />

Freilich vermag ich auf <strong>de</strong>n Dpartenientskarten bei .Joaunc in diesen Gegen<strong>de</strong>n<br />

keinen irgendwie anklingen<strong>de</strong>n Ort, <strong>de</strong>r lautliell auf I)urofostum zurückführbar<br />

wäre, zu ent<strong>de</strong>cken; ebenso wenig gicht <strong>de</strong>r vollständige Dietion. topogr.<br />

du. dp. <strong>de</strong> in Meuse (Paris 1872) einen solchen Ort, mehrere vorhan<strong>de</strong>ne<br />

I)effoy sind keine Eigennamen, son<strong>de</strong>rn Gattungsbegriffe, und be<strong>de</strong>uten Wald<br />

o<strong>de</strong>r Sumpf, vgl. Ducange VII. (Gloss. gallic.) s. h. v.<br />

5


--.-66--<br />

Besprechun g mit <strong>de</strong>m König und das Abkommen kam wirklich<br />

zu Stan<strong>de</strong>, da <strong>Rudolf</strong> <strong>de</strong>in Heribert nach erneuter Huldigun g Laon<br />

liess und sieh ihm auch nach andrer Seite (wie gleich gezeigt<br />

wird) entgegenkommend erwies; <strong>de</strong>r unglückliche Karl ward das<br />

Opfer <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns: zum zweiten Male verraten musste er die<br />

einjährige Schattenherrsehaft wie<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r Haft vertauschen 1).<br />

Im Reich Provence Star)) im Laufe dieses Jahres <strong>de</strong>r blin<strong>de</strong><br />

Kaiser Ludwig ; <strong>de</strong>r wahre Inhaber <strong>de</strong>r Regierungsgewalt, Hugo,<br />

seit 926 König <strong>von</strong> Italien, eilte sofort herbei, uni seine Herrschaft<br />

zu sichern, ohne aber <strong>de</strong>n Königstitel für dieses Reich anzunehmen,<br />

<strong>de</strong>nn sein urkundlicher Königstitel bezieht sich, wie die Zählung<br />

<strong>de</strong>r Regierungsjahre ergiebt, auch nach 92 nur auf Italien. Der<br />

legitime Thronfolger Karl Konstantin hatte in <strong>de</strong>n letzten Jahren<br />

seines Vaters die Grafschaft Vienne besessen, aber auch diese<br />

ging ihm jetzt verloren. Seine persönlichen Verhältnisse (wie<br />

überhaupt die <strong>de</strong>s Viennois und Lyonnais) sind sehr unklar und<br />

schwanken in <strong>de</strong>r ganzen Folgezeit zwischen burgundischer und<br />

westfränkischer Oberhoheit; souveräne Herrschaft hat er nicht zu<br />

erlangen vermocht 3)•<br />

ImNovember ist Hugo in Vie.nne und an<strong>de</strong>rwärts nachweisbar<br />

<strong>Rudolf</strong> suchte ihn begleitet <strong>von</strong> Heribert hier auf und<br />

letzterer erhielt <strong>von</strong> <strong>de</strong>m Usurpator das Viennois für seinen Sohn<br />

Odo. So strebte <strong>de</strong>r erwerbsüchtige Graf seinem Hause im<br />

Sü<strong>de</strong>n eine gleiche Herrschaft zu grün<strong>de</strong>n, wie im Nor<strong>de</strong>n; <strong>de</strong>nn<br />

wir müssen dabei im Auge behalten, dass die neue Erwerbung<br />

nicht bloss ein fernes Sprengstück <strong>de</strong>r Besitzungen gewesen wäre,<br />

son<strong>de</strong>rn Heribert als Inhaber <strong>von</strong> Reims <strong>de</strong>ren schon im burgundischen<br />

Reiche besass, da <strong>de</strong>m Erzbistum ja 924 sein ausge<strong>de</strong>hnter<br />

Besitz restituiert wor<strong>de</strong>n war; bei<strong>de</strong> Gebiete sollten sich somit<br />

zum Rückhalt und als Grundlage weiterer Ausbreitun g dienen,<br />

Diese Kombination kam aber nicht zur wirklichen Ausführung.<br />

Vienne blieb zunächst in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n seines Erzbischofs und<br />

Vicegrafen, <strong>von</strong> Anhängern Hugos, und bald darauf muss Karl<br />

Konstantin sieh in <strong>de</strong>n Besitz <strong>de</strong>r Stadt gesetzt haben, da wir<br />

1) Flod. 928 p. 378, H. R jy 22 p. 579; Richer L 54.<br />

2) S. oben p. 40, vgl. dazr auch l)ürnrnler Forsch. z. d. G. X,<br />

320, 322.<br />

3) Flod. 928 '. 378. Haetlicke, dt. s. 1. royaunie d. Tlourg. p. 12 lässt<br />

Karl Koiist, 928 zu <strong>Rudolf</strong> (v. Frankr,) fliehen und 930 Vicnne zurückerobern,<br />

dcsgl. Gingins-la-Sarraz 1. c. VIII, 72 ff, 79 11 IX. 141 fl


67<br />

ihn im Beginn <strong>von</strong> 931 als <strong>de</strong>ren Gebieter antreffen kein Vermandois<br />

hat iii Vicnne Herrschaft geübt').<br />

Nach<strong>de</strong>m hierdurch Heribert für <strong>de</strong>n Augenblick befriedigt<br />

war o<strong>de</strong>r doch schien, dachte <strong>de</strong>r König daran, ihn für künftig<br />

seines Drohungsmittels zu berauben und ging nach Reims, wo<br />

Karl in Gewahrsam sich befand, um auf geeignete Weise sich mit<br />

ihm auseinan<strong>de</strong>r zu setzen. Nicht schwer wird es gehalten haben,<br />

<strong>de</strong>n beklagenswerten Fürsten zur Zustimmung zu bewegen; er<br />

begegnete ihm auf ehrerbietige Weise als seinem ehemaligen<br />

Herrscher, ehrte ihn durch würdige Geschenke und überwies ihm<br />

das Ki'ongut Attigny und wahrscheinlich auch Ponthion am Ornain )'<br />

wogegen Karl, wie man wohl annehmen darf, seinen glücklicheren<br />

Nebenbuhler als rechtmässigen König anerkannt haben wird. Dieser<br />

Vorgang hat die son<strong>de</strong>rbarsten, mitunter recht abgeschmackten<br />

Auslegungen gefun<strong>de</strong>n. Die häufigste und noch am ehesten zulässige<br />

ist die, welche ihn einfach auf das Mitleid <strong>Rudolf</strong>s zurückführt;<br />

sehr son<strong>de</strong>rbar hat sich Leibniz <strong>de</strong>n Sachverhalt konstruiert<br />

Karl sei Oberlehnsherr, <strong>Rudolf</strong> habe das Königreich <strong>von</strong> ihm zu<br />

Lehn erhalten und damals sei auch die Huldigung durch jene<br />

Grafen und Bischöfe erfolgt, die Rollo verlangt hatte - so<br />

künstlich dies ist, so unrichtig ist es auch, da es Flodoards ganz<br />

klarem Bericht <strong>de</strong>s Jahres 98 beson<strong>de</strong>rs hinsichtlich <strong>de</strong>r Zeitfolge<br />

durchaus wi<strong>de</strong>rspricht. Mehrfach hat man für bei<strong>de</strong> Fürsten reichlichen<br />

Stoff zuiii Ta<strong>de</strong>l in <strong>de</strong>r Begegnung gefun<strong>de</strong>n: Karl wird<br />

als völlig verkommen dargestellt und <strong>Rudolf</strong> als grausamer Sieger<br />

geschil<strong>de</strong>rt, <strong>de</strong>r in eitlem Stolze es sich nicht habe versagen können,<br />

zu <strong>de</strong>m Unglück, das er über Karl gebracht, auch noch unedlen<br />

1) Flod. 1, e. Die Urkun<strong>de</strong>n gebeit ein Bild <strong>de</strong>s Schwankens <strong>de</strong>r Herrschaft<br />

seit En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r zwanziger bis Anfang <strong>de</strong>r fünfziger Jahre, wo sich endlich<br />

die transjuranischc Herrschaft konsolidiert hat: Ludwig <strong>de</strong>n Blin<strong>de</strong>n,<br />

<strong>Rudolf</strong> <strong>von</strong> <strong>Frankreich</strong>, <strong>Rudolf</strong> II. <strong>von</strong> 11 irliburgund, Hugo, Ludwig IV.,<br />

Konrad sehen wir rasch hinter und zum Teil neben einan<strong>de</strong>r genannt; schwierig<br />

wird die Frage besun<strong>de</strong>rs durch die Unsicherheit in dcii Datieruiigsepocheu<br />

<strong>de</strong>r einzelnen Herrscher; näher hierauf einzugehen gehört aber nicht in eine<br />

Geschichte <strong>Rudolf</strong>s. Vgl. Chartul. <strong>von</strong> Savigny im Lycunais <strong>von</strong> Ainay in<br />

Lyon, <strong>von</strong> Cluny, <strong>von</strong> S. Aiidrd-le-Bas iii Vienne ; Gingitis VIII, 72, s. vor.<br />

Anm.; Hüfter, die Stadt Lyon und die Westhälfte <strong>de</strong>s Erzbisthurns in ihren<br />

polit. Beziehung. z. <strong>de</strong>utschen Reich u. z. tranz5s. Krone (Münster 1878)<br />

p. 18, 22.<br />

2) Flod. 928 p. 378, H. R. IV, 22 p. 579, Richer 1, 55. Nur letzterer<br />

erwähnt Ponthion; ilies war in <strong>de</strong>r That auch Krongut (vgl. z. B. Ann. Bertiiiiani<br />

858, 861 88. 1. 452, 456 u. a.) und dies auch im 10. Jahrh. geblieben,<br />

Flod. 952 p. 401.<br />

5.


- 68<br />

llohii zu fügen 1). 1lierfir ist auch nicht die leiseste Spur einer<br />

Uegrüiitlung beizubringen, man kann bei unparteiischer Betrachtung<br />

in <strong>Rudolf</strong>s Schritt nichts sehen als das, was ihm eine richtige<br />

Erkenntnis <strong>de</strong>rLage verschrieb er machte <strong>de</strong>n Gegne r unschädlich<br />

und hielt sich dabei voll Grausamkeit gänzlich frei, uni<br />

<strong>de</strong>n bisherigen Anhängern Karls <strong>de</strong>n zu erwarten<strong>de</strong>n ITebertritt<br />

zum neuen null legitimen König zu erleichtern. Wenn<br />

seine That in dieser Hinsicht die gewünschten Folgen nicht<br />

hatte, so lag das nicht an ihm, son<strong>de</strong>rn an jenen Scheingetreuen,<br />

die nicht sowohl einen Karolinger, als am liebsten gar keinen<br />

König über sich haben wollten, am wenigsten aber einen wahren,<br />

kräftigen König.<br />

Volle Freiheit erlangte Karl jedoch auch durch <strong>Rudolf</strong>s<br />

Verleihung nicht; vielleicht war es nicht mehr eine strenge (iefangenschaft,<br />

son<strong>de</strong>rn mehr eine Art mil<strong>de</strong>rer luternierung mit<br />

beständiger Ueberwachung durch Ileribert; unsre einzige zuverlässige<br />

Quelle Fiodoard mel<strong>de</strong>t nur. (lass <strong>de</strong>r ehemalige König in<br />

Pronne, also in <strong>de</strong>r Gewalt <strong>de</strong>s Grafen, starb, die an<strong>de</strong>rn Zeugnisse<br />

lassen ihn im Gefängnisse sterben, zum Teil mit schrecklichen<br />

Ausmalungen. Sein Tod erfolgte am 7. October 929; in<br />

<strong>de</strong>r S. Furseuskirche zu Pronne wur<strong>de</strong> er bestattet 2)<br />

Jetzt war auch <strong>de</strong>r letzte Vorwand <strong>de</strong>r Südfranzosen die<br />

Unterwerfung hinauszuschieben weggeräumt,d och unbekümmert<br />

darum beharrte man an <strong>de</strong>n meisten <strong>de</strong>r noch wi<strong>de</strong>rstreben<strong>de</strong>n<br />

Orte auch ferner in <strong>de</strong>r Ablehnung; nach Karls Regierung konnte<br />

man nicht mehr rechnen, man nannte daher als Herrscher Gott<br />

o<strong>de</strong>r Christus und zählte die Jahre nach Karls Tod. Vereinzelt<br />

betrachtete man <strong>de</strong>n jungen Ludwig, <strong>de</strong>r in England weilte, schon<br />

<strong>von</strong> jetzt ab als Nachfolger seines Vaters; in Conques (Rouergue)<br />

1) Ploil. 1. c. Picher 1. e. JGtickstein p. 179; Martin, li. d. Fr. II, I3<br />

Leibniz. A. i. 11, 3; Arbois 1, 105; Georges. li. d, Chainp. p. 280 H. 1.<br />

Lang. III, 106; Borgnet, sur le rL'gne <strong>de</strong> Ch.-1.-S. p. 50; Lns p. 13.<br />

2) Flod. 929 p. 378; Hugo Flavin. Nec.roi. SS. VIII, 287. Folcuin. g.<br />

a. Sith. c. 102 SS. Xiii. 626: 16. Kai. oc-t. (16. Sept.) Eich. 1, 56 (To<strong>de</strong>sursache<br />

machronosia, humores noxii). Die lothringischen Quellen geben Karl<br />

meist eine zweijährige Gefangenschaft und 924 als To<strong>de</strong>sjahr: Cont. Reg, 995<br />

SS. 1, 616; Ann. Lobiciies, <strong>de</strong>nen er als -Märtyrer gilt. 924 SS, Ii, 210. XIII,<br />

233; Leodierises 924 88. IV, 16; Ehion. minor. 924 88. V, 19; Blandiii. 994<br />

SS. Y, 24; Sigeb. Geinblac. 926 58. VI, 347: Cliron. Tornac. 923 Bi1. Viii,<br />

215; Aimoin, Mir. S. Bcii., Bq. IX, 140 (danacit Ohron. S. Benigni, Hugo<br />

Floriac. u. a.) ; 1lit. reg. Franc., SS. XIII, 251; lUst. Franc. Sen. 88. IX, 366<br />

(danach Rich. l'ietav. Chron. B(t. IX, 23, Or<strong>de</strong>ric. Vital., Duchesne Norm. p.<br />

635); Chron, Turon. Bq. D, 31.


69<br />

gab man jedoch die nutzlose Demonstration auf und nahm <strong>Rudolf</strong><br />

als Herrn an<br />

1) Cart. <strong>de</strong> Conques ii. 291, 6, 208, 91, 18, 200 u. a. : oben p. 30:<br />

(all. Christ VI (1739) ccl. 433 Urk. betr. Nimc : a. III quo Ludovicus cuepit<br />

regnare post obitnni regis itodulti, letztrer Zusatz drückt <strong>de</strong>utlich <strong>de</strong>n Unterschied<br />

<strong>von</strong> einem daneben üblichen früheren 1)atierungstermine Ludwigs<br />

aus, wie unter Karl: a.....post ohituui ()dunis, unter <strong>Rudolf</strong>: i....post<br />

obitum Karili. Im Kloster Cannes: a. VIII!. Ludovici et a. 1. quo obiit Badulfus<br />

rex, Mali, Ann. Beil. 1I1..'172 : dieselbe Ansicht auch im . <strong>de</strong>mar SS.<br />

IV, 125, <strong>de</strong>r Ludwig direkt auf Karl folgen lässt. Gall. Christ. 1 instr. coL<br />

6 gicht eine Urk. f. das coenobiuiii Evahonense v. 27. März 936 iiid. VI.<br />

a. VIII. regn. Ludov. 1'rancor. et Aquitanor. rege, es ist also hier Luiwigs<br />

Herrschaft auch <strong>von</strong> 929 ab datiert doch stimmt md. Vl. nicht: <strong>von</strong> <strong>de</strong>n<br />

als Zeugeti genannten Personen 'lud wohl fast alle zeitlich passend, wie Gerune,<br />

'I'urpio. Arnold. Odo, hlil<strong>de</strong>gar, Verdacht erweckt Jedoch Guido coznes<br />

Borbonensis, <strong>de</strong>nn unter <strong>de</strong>n Herren voll gicht es uni diese Zeit<br />

keinen Wido und zuerst ein Aiino führt Mitte <strong>de</strong>s 10. ‚Ialirh. die Bezeichnung<br />

als Bourbon, aber nicht als Grat', vgl. J. M. <strong>de</strong> lx Mure. 1 [ist, <strong>de</strong>s Ducs <strong>de</strong><br />

Bourbon et <strong>de</strong>s Comtes <strong>de</strong> Forez (Paris Lyon i868 p. 141 ; s. auch <strong>de</strong><br />

Iastevrie, 1. e. p. 66 Anm.


III. Das Königtum <strong>Rudolf</strong>s.<br />

Fortschritte <strong>de</strong>s Königs.<br />

Kaum mit seinem König Heinrich ausgesöhnt, hatte Graf<br />

Boso sich in neue Streitigkeiten gestürzt. Mark graf Hugos Schwiegermutter<br />

Rothil<strong>de</strong>, <strong>de</strong>ren Abtei Chelles 922 Robert und Hugo zum<br />

Losbrechen gegen Hagano mit bewogen hatte, war am 22. März<br />

gestorben; Boso riss Besitzungen <strong>de</strong>rselben an sich und wur<strong>de</strong>,<br />

da er sie auf Hugos Verlangen nicht zurückgab, <strong>von</strong> diesem<br />

bekriegt. Dessen Bun<strong>de</strong>sgenosse Heribert eroberte Bosos Hauptburg<br />

Vitrv (im Pert1iois 1), worauf man ihm bis En<strong>de</strong> Mai Waffenruhe<br />

zugestand; König Heinrich, an <strong>de</strong>n er sich wen<strong>de</strong>te, setzte<br />

darauf einen feierlich beschworenen Frie<strong>de</strong>n durch. Von Lothringen<br />

richteten die bei<strong>de</strong>n Verbün<strong>de</strong>ten ihre Waffen nach <strong>de</strong>r<br />

Küste und belagerten Montreuil, die Burg Erluins <strong>von</strong> Ponthieu,<br />

waren aber mit <strong>de</strong>m Empfang <strong>von</strong> Geiseln zufrie<strong>de</strong>n ; bald danach<br />

störte gera<strong>de</strong> Erluin ihre Eintracht. in<strong>de</strong>m er sich Hugo kommendierte,<br />

wogegen Ileribert sich durch <strong>de</strong>n Abfall <strong>von</strong> Hugos Vasallen<br />

Hilduin verstärkte-).<br />

Seit 925 hatten grössere Unternehmungen seitens <strong>de</strong>r Loire-<br />

Normannen nicht stattgefun<strong>de</strong>n; im Anfang <strong>de</strong>s Jahres 930 wandten<br />

sie sich wie<strong>de</strong>r einmal <strong>de</strong>m Sü<strong>de</strong>n zu irnd drangeii bis in das<br />

Limousin vor. Auch dieseii Gegen<strong>de</strong>n versagte <strong>Rudolf</strong> (<strong>von</strong> <strong>de</strong>ssen<br />

Aufenthalt während <strong>de</strong>s Jahres 929 wir nichts wissen) seinen<br />

Beistand nicht, zumal Limousin seit Anbeginn ihm gehorsamte.<br />

1) Diese Stelle zeigt, dass W. Schnitze, Forsch. z. d. G. XXV, 270,<br />

irrt, wenn er erst 935 Boso sieh Vitrvs bemächtigen lässt, in<strong>de</strong>m er die Worte<br />

<strong>de</strong>r Vita Joh. (lors. c. 104 58. TV, 367 Vietoriacum obtinens mit ibm Bericht<br />

<strong>de</strong>r Transl. S. Eugenii c. 21 <strong>von</strong> einem 'Zuge Bosos in <strong>de</strong>n pagus Lomacensis<br />

bis nach Brogne zusammenbringt; letzteres Ereignis wird zu irgend einem <strong>de</strong>r<br />

Kriege Bosos gebaren, Vity war aber bereits 929 in seinem Besitz, und zwar<br />

wohl reehtmässig, da er es 930 bei <strong>de</strong>r Vermittlung <strong>de</strong>r Streitigkeiten zurückerhielt.<br />

2) Flod. 920 p. 378 11. lt IV. 22, 23 p. 579; KaIckstein p. 179; Barthlniy<br />

(Bibi. d. l'c. d. chart. IV, 2 (_ XVI1) p. 361 sieht schwerlich mit<br />

Recht in <strong>de</strong>r Annäherung <strong>Rudolf</strong>s au Karl <strong>de</strong>n Grund zum Vorgehen Heriberts<br />

gegen Boso.


71<br />

Bei <strong>de</strong>r Oertlichkeit ad Destricios rieb er ihre Schaaren fast<br />

gänzlich auf und diesem Erfolge reihte sich ein zweiter an: ciii<br />

Teil <strong>de</strong>r Aquitanier, die so <strong>de</strong>s Königs Macht und Schutz bei sich<br />

selbst erfahren hatten, unterwarf sich jetzt'). Auch Aquitanier<br />

hatten an <strong>de</strong>n Kämpfen teilgenommen, an welche die Sage <strong>de</strong>n<br />

Beinamen Wilhelrns <strong>von</strong> Angoulöme „Sectorferri" anknüpft 2).<br />

Beson<strong>de</strong>rs auf diesen Sieg über die Loiretruppe, durch die<br />

Fleury wie<strong>de</strong>rholt gelitten, wird sich Aimoins Lob beziehen, dass<br />

<strong>Rudolf</strong> durch seine Normannensiege <strong>de</strong>m Lan<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n<br />

zurückgegeben habe und in <strong>de</strong>r Tliat hören wir nichts mehr <strong>von</strong><br />

be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Einfällen dieser Schaar in das Innere <strong>Frankreich</strong>s<br />

- eines Streifzugs nach Touraine und Berry konnten sich die<br />

Bewohner selbst erwehren (93). \rje sonst folgten auch diesem<br />

Siege <strong>von</strong> 930 Rückwan<strong>de</strong>rungen flüchtiger Klosterleute. Von<br />

Angoulme kamen die Bewohner <strong>von</strong> (harioux (Up. Vienne, arr.<br />

Uivray) heim in ihr Kloster. S. Genulf wur<strong>de</strong> nach Estres (Up.<br />

Indre, arr. ( hateauroux) zurückgebracht, S. Benedikt bezog wie<strong>de</strong>r<br />

sein Fleury, -<strong>de</strong>ssen Gebäu<strong>de</strong> bei Baginolds Besuch <strong>de</strong>r Zerstörung<br />

entgangen waren; ihm aber sollte es daheim nicht wohl wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Normannennot war been<strong>de</strong>t, unter <strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>rn jedoch kein<br />

Frie<strong>de</strong> eingezogen; ihre Feindschaft unter einan<strong>de</strong>r, ihr unkanonisches<br />

Leben trieben <strong>de</strong>n Vater <strong>de</strong>r Mönche aus seiner entheiligten<br />

Ruhestätte hinweg, wie eine Vision <strong>de</strong>n entarteten Mönchen verkün<strong>de</strong>te.<br />

Diese Zustan<strong>de</strong> benützte ein frommer Graf Elisiard,<br />

U Flod. 930 p. 379; Rieher 1, 57 Chron. Vezeliac. (zu 929) Bq. IX,<br />

Atiemar III, 20 55. 1V, 128 lässt die Schlacht <strong>von</strong> <strong>Rudolf</strong> <strong>von</strong> Burgund<br />

als Bun<strong>de</strong>sgenossen König Odos geschlagen wer<strong>de</strong>n, doch ist sie offenbar auf<br />

<strong>Rudolf</strong> <strong>von</strong> <strong>Frankreich</strong> zu beziehen, vgl. Kalckstein p. 180; bei<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n ja<br />

vielfach schon im Mittelalter verwechselt, hier ist die Verwirrung erhöht durch<br />

die Verwechslung nicht mit <strong>de</strong>m zeitgenössischen <strong>Rudolf</strong> son<strong>de</strong>rn mit <strong>de</strong>ssen<br />

' lt<br />

gleichnamigen Vater; Marvaud hist, <strong>de</strong>s vicomtes <strong>de</strong> Limoges (Paris 1873) 1,<br />

67 bringt es fertig, <strong>Rudolf</strong> <strong>von</strong> Burgund O<strong>de</strong> zu Hilfe ziehn und <strong>de</strong>nnoch die<br />

Schlacht 930 stattfin<strong>de</strong>n zu lassen. als Ort nennt er Estresse (prs <strong>de</strong> Beaulieu,<br />

das im Id. Jahrh. als Seigneurie Dextresse verkomme.<br />

2) A<strong>de</strong>mar III. c. 218 SS. IV, 127; Stemma cornit. Engolisse. Bq. X,<br />

164; Rieb. Pict. Chron. Bq, IX. 21. Im Frühjahr 930 starb (it. A<strong>de</strong>rnar,<br />

Erneiiits Sohn, <strong>de</strong>r alte Nebenbuhler <strong>de</strong>s Ebolus um <strong>de</strong>n Besitz <strong>von</strong> Poitou;<br />

nach Ann. Engolisni. SS. IV, 5, Chron, Auitan. SS. II, 253 A<strong>de</strong>nar -- 4.<br />

non. apr. nach A<strong>de</strong>rn. Cabann. III, 28 85. IV, 126 10 Jahre nach Alduin<br />

<strong>von</strong> Amigoulirne. <strong>de</strong>r 6 non. apr. 916 starb, weshalb Bit. VIII, 222 Anm.<br />

A<strong>de</strong>mars <strong>von</strong> Peiton Tod zu 926 setzen will, während Waitz SS. IV, 196<br />

Anm. bei A<strong>de</strong>rn. Gab. 14 Jahre statt 10 liest.


um sich vorn König die Abtei Abt Lambert war um diese<br />

Zeit gestorben - verleihen zu lassen ; er erhielt sie, berief in<strong>de</strong>ssen<br />

bald <strong>de</strong>n'berühmten Beformator Abt O<strong>de</strong> <strong>von</strong> Cluny zur Leitung,<br />

<strong>de</strong>r bereits Massay, I)ols, ilornaiimoutier, Aurillac und Tulle mit<br />

verwaltete und <strong>de</strong>m es anfangs auch schwer ward, <strong>de</strong>n Trotz seiner<br />

Heer<strong>de</strong> zu beugen und Fleurvs alten Buhm zu erneuern 1).<br />

Im Nor<strong>de</strong>n nahmen die Feh<strong>de</strong>n ihren Fortgang, Markgraf<br />

Hugo ) verlor noch einen an<strong>de</strong>rn Vasallen, Arnold <strong>von</strong> Douay,<br />

an He.ribert und gegenseitige Feindseli gkeiten verheerten Francien,<br />

so dass <strong>de</strong>r König selbst einschritt und durch verschie<strong>de</strong>ne Hoftage<br />

einen Frie<strong>de</strong>n erzielte, in <strong>de</strong>n auch sein Bru<strong>de</strong>r Boso eingeschlossen<br />

wur<strong>de</strong>; Heribert gab ihm Vitrv zurück, bewog aber<br />

bald darauf Ilosos Vasallen Ansellus, <strong>de</strong>n Befehlshaber <strong>de</strong>r Burg,<br />

zum Abfall, wofür er ihm mit Verleihung <strong>von</strong> Coucy lohnte;').<br />

Bald folgten <strong>de</strong>in kleinen Erfolg aber verschie<strong>de</strong>ne Rückschläge;<br />

Hugo gewann Gisilbert mit seinen Lothringern für sieh; vereint<br />

bezwang man Douay 4 , doch erhielt sich Heribert seinen Anhänger<br />

Arnold durch Begabung mit Pöronne. während mit I)ouay <strong>von</strong><br />

Hugo Graf Rotgar belehnt wur<strong>de</strong> ; gleichzeitig fiel Vitr y wie<strong>de</strong>r<br />

in die Hän<strong>de</strong> seines Herrn, <strong>de</strong>r sich mit List auch Mouzons bemnächtigte,<br />

es jedoch gegen Weihnachten wie<strong>de</strong>r verlor, da T-Ieribert<br />

seine Entfernung benützend heimlich heranzog und unter Beihilfe<br />

seiner Freun<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Burg, die ihm nach unerwartetem Ueberschreiten<br />

<strong>de</strong>r Maas verräterisch ein Thor öffneten, sich in <strong>de</strong>n<br />

Besitz setzte und die bosonischen Leute gefangen nahm 5).<br />

1) Rieli. Piet. 1. c.; Trauslatio S. Genulli Hil. IX, 144; Aisnoin, Mir. S.<br />

Bei). Bq. IX, 139; Vita Odonis, auct. Johanne., III c. 8 Acta S. 0. B. saec.<br />

V p. 182; UR. n, 29; Ljlj. <strong>de</strong> div easib. coen. Perveiisis c, 9.. Mab. Acta<br />

S. 0. B, asec. II p. 847 7 848.<br />

2) Hugo Teilnahme ans limousinisohen Zug. die Kalekstein p. 181 nach<br />

<strong>de</strong>r Urk. Hugos bei Bourges 3. Mai 930 annimmt, ist miiglic.h. seine Abwesenheit<br />

aus Francien um jene Zeit auch durch Arnolds Abfall wahrscheinlich;<br />

unrichtig setzt er dagegen die Bestätigung <strong>de</strong>r Prekarieurkun<strong>de</strong> für Kenigin<br />

Emma (s. ob. p. 58) auch in diese Zeit; sie ist vom 15. April <strong>de</strong>s VIII. Jahres,<br />

also 931, Mabille Pnncarte ]loire n. 98 (md. n. 138).<br />

3) Völlig verkannt ist die Sachlage in <strong>de</strong>r Flodoardübersetzung bei<br />

Guizot, Collect. 41. rnm. relat. i l'hist, cl. Fr. V. (Paris 1824) p.544.<br />

4) Vgl. Ka]ckstein p. 182 Aiim. 2.<br />

5) Flod. 930, 931 p. 379. 11, R. LV, 23 p. 580. - Kalckstein hat sieh<br />

durch Barthlmys Aufsatz über das l)Iinnojs (Bibi. d. l'ic. d. chart. IV, 11<br />

xVlli p . 351-368) verleiten lassen, das Chron. Signiacenec o<strong>de</strong>r Maceriensc<br />

<strong>de</strong>s Abtes Alard <strong>de</strong> Geunilaco bei diesen Kämpfen (p. 182) und noch an<strong>de</strong>r-


73<br />

Seit <strong>de</strong>r Erlangung <strong>de</strong>r gesetzlichen Alleinherrschaft nach<br />

Karls Verzicht und Tod stieg <strong>Rudolf</strong>s Stern immer höher; <strong>de</strong>r<br />

Ausbreitung seiner Macht über einen weiteren Teil Aquitaniens<br />

(930) folgte 931 zu Anfang <strong>de</strong>s Jahres die Rückgewinnung eines<br />

ehemaligen Reichsteiles im Südosten. Er zog vor Vienne und<br />

<strong>de</strong>ssen Besitzer, sein Neffe Karl Konstantin nahm seine Oberlehnsherrlichkeit<br />

an, ohne dass also <strong>de</strong>r König auf die Vergabung an Odo<br />

<strong>von</strong> Vermandois noch Rücksicht nahm, da bereits wie<strong>de</strong>r ein gespanntes<br />

Verhältnis zwischen ihm und Heribert infolge <strong>de</strong>s<br />

Krieges mit Hugo eingetreten war. Nach erhaltenem Treueid<br />

Karls zog <strong>Rudolf</strong> zurück und dann nach Tours zu Markgraf Hugo;<br />

für <strong>de</strong>n 4. März ist seine Anwesenheit in <strong>de</strong>r Klosterburg S.<br />

Martins durch eine Urkun<strong>de</strong> für <strong>de</strong>ssen Kanoniker bezeugt' ' ).<br />

Bald darauf wur<strong>de</strong> seine Rückkehr nach Burgund nöti, wo<br />

ein bisher treuer Vasall, Gislebert (<strong>von</strong> Vergy), <strong>de</strong>r Sohn <strong>de</strong>s<br />

Grafen Manasse, durch einen Uebergriff <strong>de</strong>r Königin zum Abfall<br />

gedrängt wur<strong>de</strong>. Emma, wie früher erwähnt, eine sehr kräftig<br />

auftreten<strong>de</strong> Fürstin, hatte ihm die Burg Avallon genommen; aus<br />

Fiodoard ist nicht recht <strong>de</strong>utlich, ob mit Unrecht o<strong>de</strong>r nicht, doch<br />

scheint eher das erstere <strong>de</strong>r Fall zu sein, da einerseits Flodoard<br />

nichts erwähnt, dass <strong>de</strong>r Graf vorher gewaltsam die Burg an sieh<br />

gerissen habe und wir andrerseits Belege haben, dass auch <strong>de</strong>r<br />

Königin solche Gewaltthaten gegen <strong>de</strong>n Besitz Andrer, wie sie<br />

wärts (167, 185, 225 ii. a,) stark zu benutzen, dasselbe ist aber bereits 1820<br />

<strong>von</strong> Brial {in <strong>de</strong>r Hist. lit&. d. 1. Fr. XV, 596 ff.) und 1859 <strong>von</strong> Wattenbach<br />

(in Pertz' Arch. d. Ges. f. adt. dtsch. Geschk. XI, 211 ff.) als untergeschoben<br />

erwiesen wor<strong>de</strong>n Longnon, <strong>de</strong>r im ersten Teile seiner trefflichen Abhandlungen<br />

sur les pagi <strong>de</strong> la Gaule (1869, Bibl. d. Ne. d. haut. dt. fase. 1,<br />

8 ff.) ihm auch noch gefolgt war, hat es im zweiten Teil (]872 ib.<br />

fase. XI. 123 ffi eingehen<strong>de</strong>r als die vorgenannten geprüft und als elen<strong>de</strong>s<br />

Machwerk aus <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 17. o<strong>de</strong>r Anfang <strong>de</strong>s 18. Jahrhun<strong>de</strong>rts erwiesen.<br />

1) Flod. 931 p. 379; UR. n. 13. -- Karl Konstantin soll sich die Geneigtheit<br />

seines Oheims im ai1uitanischen Normannenkrieg erworben haben,<br />

vgl. Kalckstein p. 182, Gingins 1. c. VIII. 82 if,, <strong>de</strong>r Karls Tapferkeit mit <strong>de</strong>n<br />

schönsten Farben ausmalt doch ist dies reine Hypothese, da ja selbst seine<br />

Anwesenheit beim westfränkischen König nach 928 nur wahrscheinlich und<br />

nicht sicher ist und die Kenntnis <strong>von</strong> seinen Tliaten gegen die Normannen<br />

ohne Zeitbestiniinung nur auf <strong>de</strong>r allgemein gehaltnen und dabei sehr be<strong>de</strong>nklichen<br />

Stelle Ricliers II, 98 beruht, <strong>de</strong>ssen andre dortige Angaben über Karl<br />

erwiesener Massen falsch sind, vgl. Gingins 1. c. Nach Martin. h. d. Fr. Ii,<br />

514 (<strong>de</strong>sgl. auch Bq. VIII, 186 Anm.) soll Karl Vieirne als Lehen <strong>de</strong>s trans-<br />

‚jnranischen Königs besessen haben, als <strong>de</strong>r Westfranke ihn zur Unterwerfung<br />

nötigte. H. d. Lang. III, 109; Hülier, 1. c. p. 19.


74<br />

damals so vielfach <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Grossen geübt wur<strong>de</strong>n, nicht ganz<br />

fremd waren'). Eine ähnliche Handlung wie gegen Gislehert<br />

glaubte Emma auch gegen <strong>de</strong>n heiligen Germanus <strong>von</strong> Auxerre<br />

wagen zu dürfen. Da die Erzählung für ihre Zeit sehr bezeichnend<br />

ist, mag sie hier eingefügt wer<strong>de</strong>n: <strong>de</strong>m König <strong>Rudolf</strong>. einem<br />

vortrefflichen Fürsten, machte seine Gemahlin durch übles Re<strong>de</strong>n<br />

und Thun viel zu schaffen; einst eignete sie sich gewaltsam die<br />

villa Quinciacus im Nivernais an, ein Gut <strong>de</strong>s S. Germanus, und<br />

verlieh sie <strong>de</strong>n Mannen ihres Gefolges. Doch bald ereilte sie die<br />

rächen<strong>de</strong> Hand <strong>de</strong>s Heiligen, <strong>de</strong>r sie durch einen Starrkrampf <strong>de</strong>r<br />

Zunge als <strong>de</strong>s Glie<strong>de</strong>s, mit <strong>de</strong>in sie viel gesündigt, bestrafte und<br />

zur Reue zwang. Mit zahlreichem Gefolge erschien sie im Kloster<br />

und erlangte nach <strong>de</strong>r Spen<strong>de</strong> zweier kostbarer Spangeis ihre Gesundheit<br />

wie<strong>de</strong>r; zugleich soll die Begebenheit bei ihr eine gründliche<br />

Besserung bewirkt haben-).<br />

(islehert und sein Genosse im Aufstand, Graf Richard, <strong>de</strong>r<br />

Sohn Warners (wohl <strong>de</strong>s Grafen <strong>von</strong> Sens, <strong>de</strong>r 95 bei Chaumontle-Bois<br />

fiel), leisteten in ihren Burgen Wi<strong>de</strong>rstand, <strong>de</strong>n <strong>Rudolf</strong><br />

einstweilen nicht brechen konnte, da neue drohen<strong>de</strong>m Verwicklungen<br />

in <strong>de</strong>m fortwährend giihren<strong>de</strong>n Nor<strong>de</strong>n ausgebrochen<br />

waren<br />

Boso hatte, da es mit Heribert zum Frie<strong>de</strong>n gekommen war,<br />

neuen Streit mit seinem Herzog Gisilhert und verlor an ihn seine<br />

Burg Durofost.um; bald darauf schlossen Heribert und <strong>de</strong>r Lothringerherzog<br />

ein Bündnis, wodurch sich Boso zum Abfall <strong>von</strong><br />

Heinrich, bei <strong>de</strong>m Gisilbert als Schwiegersohn in Gunst stand,<br />

veranlasst fühlte und sich an seinen Bru<strong>de</strong>r anschloss. Seine<br />

1) Flod. 1. e. Kalelstein verlegt p. 181 unrichtig die Streitsache <strong>von</strong><br />

Avallon in das Jahr 980, und p. 183 bringt er sie zum zweiten Male zu 931.<br />

) An <strong>de</strong>r Begebenheit wird sieh nicht zweifeln lassen; die Quelle,<br />

Appendix Mirac. S. Germani Autissiod., ist <strong>von</strong> einem Mönch <strong>von</strong> S. (eruiain<br />

im Anfang <strong>de</strong>s Il.Jahrh. verfasst, <strong>de</strong>r die zwei Spangen, die wie viele <strong>de</strong>rartige<br />

Wertgegenstän<strong>de</strong> im Mittelalter für ein Werk <strong>de</strong>s Eligius, <strong>de</strong>s heiligen<br />

Bischofs <strong>von</strong> No<strong>von</strong> galten, als noch am Schrein <strong>de</strong>s Heiligen hängend beschreibt<br />

wo sie die Geberin eigenhändig befestigt hatte. Dass die einfache<br />

Tliatsahe <strong>de</strong>r Entziehung und Rückgabe <strong>de</strong>s Gutes noch mönchisch mit einem<br />

Wun<strong>de</strong>r verherrlicht und mit dciii Klatsch späterer Generationen über eine<br />

gewisse Untugend <strong>de</strong>r Küiiigin unik-lei<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>, raubt ihr nichts <strong>von</strong> ihrer<br />

Glaubwürdigkeit. App. Mir, in d. Bibi. Tust, <strong>de</strong> F Yonne II p. 197 198. -<br />

Quinciacus ist eins <strong>de</strong>r Cmucv im Ibp. Nivre ‚ arr. Claineey, s. I)ict. topogr.<br />

d. (Vp. d. 1. Nivre (166, Paris).<br />

3) Richard, Sohn Warners. s. IM. im Rec. d. ehart, d. Cluny 1, ii. 726<br />

vgl. auch Gingins (les Hugoni<strong>de</strong>s) 1. c. D, tabi. IV.


Rückkehr <strong>von</strong> letzterem benutzte er zu einem Racheakt gegen<br />

seinen Nachbar Bovo <strong>von</strong> Cliülons, <strong>de</strong>r die Verstümmelung einiger<br />

Leute Bosos seitens bischöflicher Vasallen durch Eroberung und.<br />

Einäscherung <strong>von</strong> Chilons büsste und dafür nun zu Heribcrt mit<br />

<strong>de</strong>m wir ihn schon 925 in Beziehung sahen) übertrat 1)• Auch<br />

Arnulf <strong>von</strong> Flan<strong>de</strong>rn suchte in <strong>de</strong>r allgemeinen Zerrüttung zu<br />

gewinnen, er entriss Botgars <strong>von</strong> Laon Söhnen das ihm günstig<br />

gelegene Mortagne, welches also nach seiner Zerstörung durch<br />

Heribert (928) wie<strong>de</strong>r an sie gekommen war 2).<br />

Jetzt rückte <strong>de</strong>r König in Francien ein und trat für Hugo<br />

auf, worauf Heribert mit seinem offnen Abfall nicht länger zurückhielt.<br />

Seine Burg Doullens erlag <strong>de</strong>m königlichen Heere, das<br />

darauf Arras einschloss, 1-Teribert kam mit lothringischen Hilfstruppen<br />

unter Gisilbert zum Entsatz heran, ein Waffenstillstand<br />

bis zum 1. Octob(,r verhin<strong>de</strong>rte aber <strong>de</strong>n Zusammenstoss und<br />

bei<strong>de</strong> streiten<strong>de</strong>n Teile zogen sich zurück. Da brach Heriberts<br />

Besatzung in Reims dcii Vertrag, in<strong>de</strong>m sie Hugos Burg Braisne<br />

an <strong>de</strong>r Vesle, die er vom Erzbistum Rouen zu Leben trug, bei<br />

einem Streifzug zerstörte 3).<br />

Dies bewog Rudo1f 1 zu einem energischen Vorgehen gegen<br />

diesen einen Hauptstützpunkt <strong>de</strong>r feindlichen Macht. Verbandlungen<br />

mit Klerus und Bürgerschaft <strong>von</strong> Reims über die endlich<br />

vorzunehmen<strong>de</strong> Wahl <strong>de</strong>s Erzbischofs führten zu keinem Ziele, da<br />

man in <strong>de</strong>r Stadt, freiwillig und durch Heriberts Gaben gewonnen<br />

o<strong>de</strong>r durch seine Besatzung gezwungen, an <strong>de</strong>r provisorischen<br />

Wahl und Nonuination <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s Hugo festhielt, die man nach<br />

Kirchenrecht nicht umstossen könne. Daraufhin rückten <strong>de</strong>r König<br />

und <strong>de</strong>r Markgraf mit ihren Truppen in das Gebiet <strong>von</strong> Laon<br />

und Reims ein, wo sich jetzt schon die Wirkung dieser entschlossenen<br />

Schritte darin äusserte, dass Einzelne die Sache <strong>de</strong>s<br />

Vermamlois verliessen und sich zum heranziehen<strong>de</strong>n Heere he-<br />

1) 1'lo&l. 931 p. 379. En<strong>de</strong> 932 (Flod. 932 p. 381) lag er wie<strong>de</strong>r mit<br />

einem geistlichen Herrn in Feh<strong>de</strong>, <strong>de</strong>in Bisehut Bernuin <strong>von</strong> Verdun.<br />

2) Flod. 1. c. s. oben zu 928.<br />

3) Flod. 931 . 380, H. R. IV : 23 p. 380; Richer 1. 58 lässt auch<br />

Arras genommen irnd durch einen Treueid <strong>de</strong>m König gesichert wer<strong>de</strong>n. -<br />

Arbois <strong>de</strong> Jubainville 1, 109.<br />

4) 111 diese Zeit gehört höchstwahrscheinlich IJH. 14 aus Compit"gne<br />

vom 7. Okt. <strong>de</strong>s X. (leg. IX.) Jahres; vor <strong>de</strong>in 1. Okt. geschah die Unternehmung<br />

gegen Arras, in <strong>de</strong>r zweiten Hälfte <strong>de</strong>s Oktober war <strong>de</strong>r König in<br />

Attigny, da um jene Zeit (24. Okt.) die Verhandlungen mit Heinrich statthatten,<br />

in das Itinerar fügt sich somit bequem Compiägne mit <strong>de</strong>m 7. Oktober<br />

ein; vgl. ferner Anm. zu UR. 14.


- ‚<br />

413<br />

gaben; Artold, ein Mönch <strong>von</strong> S. Reiny, suchte damals Hugo auf<br />

und scheint sich seine Geneigtheit erworben zu haben, die ihm<br />

bald Früchte tragen sollte. Als die Lage so ernst wur<strong>de</strong>, hielt<br />

es Heribert für gut, sich auswärti ge Hilfe durch Übertritt aus<br />

<strong>de</strong>r französischen in die <strong>de</strong>utsche Lehnsahhängigkeit zu verschaffen,<br />

er suchte Heinrich in Lothringen auf und huldigte ihm. <strong>Rudolf</strong><br />

war jedoch auf seiner Hut; er selbst rückte bis Attigny nach<br />

Osten und sandte Hugo weiter zu Heinrich, <strong>de</strong>ssen Aufenthalt in<br />

Jvois am 24. Oktober i) sich gut mit <strong>de</strong>r Zusammenkunft vereinigen<br />

lässt, Die Sendung war nicht erfolglos: man traf ein<br />

Abkommen, das sich Heinrich <strong>von</strong> seiten Hugos durch Geiseln<br />

sichern liess, <strong>von</strong> einer Intervention zu Gunsten seines eben gewonnenen<br />

Vasallen Heribert war ferner keine Re<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn er<br />

ging über <strong>de</strong>n Rhein zurück. Es könnte auffallen, dass <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche<br />

König sich diese Gelegenheit zum Eingreifen entschlüpfen liess,<br />

dass er sogar <strong>de</strong>in feudalen Herkommen zuwi<strong>de</strong>r seinen Mann<br />

nicht unterstützte, wozu er als senior verpflichtet war, sobald er<br />

einmal die Huldigung, sei es nun allein für <strong>de</strong>ssen Person 2) o<strong>de</strong>r<br />

mit für <strong>de</strong>ssen Besitz, angenommen hatte ; es ist wahrscheinlich,<br />

dass er wichtigere Vorteile gegen das Preisgeben<strong>de</strong>s unbeständigen<br />

Grafen eintauschte, und zwar die Anerkennung seiner Herrschaft<br />

in Lothringen. Bisher hatten <strong>de</strong>r Sach s e und <strong>de</strong>r Burgun<strong>de</strong>r sich<br />

feindlich gegenübergestan<strong>de</strong>n, noch beim letzten Aufstand <strong>de</strong>r Jahre<br />

927, 92 hatte Heinrich auf Seite <strong>de</strong>r Empörer sich befun<strong>de</strong>n und<br />

erst zuletzt ihnen thätige Beihilfe versagt, seit<strong>de</strong>m ist nichts <strong>von</strong><br />

einer Annäherung bei<strong>de</strong>r Fürsten bekannt; hier geht nun Heinrich<br />

so bereitwillig auf die Vorschläge <strong>de</strong>s Gegners ein, dass die Annahme<br />

unmöglich ist, ein so verständiger Herrscher wie er wür<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>in Gegner diesen wichtigen Dienst geleistet haben ohne entsprechen<strong>de</strong><br />

Entschädigung, die ihm jener wohl durch <strong>de</strong>n Verzicht<br />

auf Lothringen gewährte 3). <strong>Rudolf</strong> hatte in <strong>de</strong>n letzten Jahren<br />

1) Flod. 931 p. 380, H. R. IV, 24 p 580: Ann. Augieiises 931 SS. 1,<br />

69. Stumpf, Reg. ii. 34. M. G. DD. (Di1i1iri. 1. 65 n. 30. Kalckstein p.<br />

185: Waitz, Heinrich p. 144 (141 3; : Leibniz. A. i. 11. 410. Ivois o<strong>de</strong>r Jvcy<br />

Carignan) am Chiers, Up. Ar<strong>de</strong>nnes, arr Sedan, iialtc <strong>de</strong>r iieutschfranzsischen<br />

Grenze <strong>de</strong>s Mittelalters, war überhaupt ein beliebter Zusainin(!jikunitsort <strong>de</strong>r<br />

Herrscher bei<strong>de</strong>r Reiche und wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Folgezeit wie<strong>de</strong>rholt gewählt. vgl.<br />

Waitz, Verfass. gesch. V, 137 Anm. 4.<br />

2) So fasst Kalckstein 1. c. die Huldigung.<br />

3) Flod. Worte pacta securitate weisen ziemlich <strong>de</strong>utlich auf die Art<br />

<strong>de</strong>s Vertrags hin. es wur<strong>de</strong> <strong>von</strong> bei<strong>de</strong>n Seiten Sicherheit verabre<strong>de</strong>t, Heinrich<br />

also im gegenwärtigen Besitz Lothringens sicher gestellt.


iE<br />

begonnen sein Königtum im Westreiche selbst züi festigen und<br />

gab daher Lothringen jetzt auf, das seit Karls <strong>de</strong>s Kahlen Zeit,<br />

obwohl stets eifrig erstrebt, immer nur ein prekärer Gewinn für<br />

<strong>Frankreich</strong> gewesen war, wie er ja selbst in seinen ersten Jahren<br />

hatte erfahren müssen; Heinrich andrerseits musste an einem<br />

förmlichen Verzicht <strong>de</strong>s Frankenkönigs liegen, da ein solcher seiner<br />

Stellung im Zwischenreiche zu gute kam i Bisher hatte ei' zum<br />

'l'eii kraft seines Rechtes <strong>de</strong>r Eroberung, zum Teil infolge <strong>de</strong>s freiwilligen<br />

Anschlusses <strong>de</strong>r Lothringer geherrscht, R.üekfallsgelüste<br />

bei irgend welcher Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r gegenseitigen Stellungen<br />

waren bei <strong>de</strong>n fortdauern<strong>de</strong>n Berührungen zwischen <strong>de</strong>n französischen<br />

und lotliringischen Herren nicht ausgeschlossen, wie Bosos<br />

Beispiel zeigt 2), <strong>de</strong>r eine Zwittersteflung einnimmt, da er <strong>de</strong>utscher<br />

Vasall für I)urofost u. a.) und französischer (für Vitry u. a.) zugleich<br />

war; durch die Verständigung <strong>de</strong>r Oberherrn wur<strong>de</strong> ein<br />

solches Hin- und Herschwanken erschwert o<strong>de</strong>r doch die friedliche<br />

Beilegung beim Eintritt eines Abfalls erleichtert.<br />

Gegen die Gefahr <strong>von</strong> aussen gesichert, zog <strong>de</strong>r König mit<br />

einem stattlichen Heere vor Reims, Hugo, Boso und zahlreiche<br />

andre Grafen und Bischöfe befan<strong>de</strong>n sich bei ihm. In Cormicy<br />

war das königliche Hauptquartier, die Mannschaften wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r<br />

Nachbarschaft in die Dörfer verteilt und lagerten in weiter Aus<strong>de</strong>hnung<br />

bis nach Bouffignereux im Gau <strong>von</strong> Laon hin 3) Die<br />

ihn begleiten<strong>de</strong>n Bischöfe drangen nun in <strong>Rudolf</strong>, <strong>de</strong>m unkanonischeii<br />

Zustand einer so langen Sedisvakanz ein En<strong>de</strong> zu machen,<br />

und leicht ging er darauf ein, da er hier die Pflicht <strong>de</strong>s Schutzherrn<br />

<strong>de</strong>r Kirche mit <strong>de</strong>n politischen Beweggrün<strong>de</strong>n auf das beste<br />

vereinigen konnte; ei' liess daher durch reimser Klerus und Laien,<br />

soweit sie schon offen zu ihm übergegangen waren, im Lager die<br />

Wahl vornehmen; auch <strong>von</strong> manchen in <strong>de</strong>r Stadt Befindlichen,<br />

1; Waitz' Darstellung p. 144 (142) ist eine andre, erscheint aber <strong>de</strong>r<br />

Lage weniger angemessen <strong>de</strong>r Grund, <strong>Rudolf</strong> habe in <strong>de</strong>r letzten Zeit keine<br />

A,is1riiche erhoben, involviert doch keineswegs einen Verzicht, und früher<br />

kann dieser nicht stattgefun<strong>de</strong>n haben: dass er aber je<strong>de</strong>nlalls stattgehabt<br />

lit, beweist die im Frie<strong>de</strong>n 035 über Bosos Vasallität gctroffiie Entscheidung.<br />

2) Desgl. schon 92I (xisilberte Beispiel nach seinem ersten Anschluss<br />

923 an Deutschland.<br />

3) Flod. H. R. 1. 20 p. 437. Cormicy, dp. Marne. arr. Reims, Beuffignereux.<br />

d :p. Aisne, arr. Laon bei<strong>de</strong> nahe <strong>de</strong>r Grenze <strong>de</strong>r Arrondissements,<br />

NW. <strong>von</strong> Reims an <strong>de</strong>r Strasse nach Laon, um einen eventuellen Entsetzungsversuch<br />

<strong>de</strong>s Grafen zu hin<strong>de</strong>rn. Die Flodoardübersetzung bei Guizot, Cohlect<br />

p. 92 giebt \'ulfiniaci-rivus falsch als Bonfincau, vgl. dagegen Diet, topogr.<br />

du Up. <strong>de</strong> l'Aisne (Paris 187l v 34


78<br />

die noch nicht mit klarer Parteinahme hervortreten mochten o<strong>de</strong>r<br />

konnten, sicherte man sieh die Zustimmung. Man hielt sich also<br />

formell möglichst im Rahmen <strong>de</strong>r Vorschriften <strong>de</strong>s Kirchenrechts:<br />

dass trotz <strong>de</strong>m<strong>de</strong>r König seinen Einfluss ausübte, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Krone<br />

ja auch durch <strong>de</strong>n Papst geviUirleistet war. ergiebt sich aus <strong>de</strong>r<br />

Wahl jenes Artold, <strong>de</strong>r damit <strong>de</strong>n Lohn seines rechtzeiti gen Parteiwechsels<br />

erhielt und <strong>de</strong>ssen Lebensstellung als einfacher Mönch<br />

in ihm für das Königtum einen treueren Helfererwarten liess als<br />

in einem Mitglied <strong>de</strong>s landsässigen A<strong>de</strong>ls, das durch allerhand<br />

Familienrücksichten beeinflusst war und <strong>de</strong>m König selbständiger<br />

gegenübertreten konnte, Diese Wahl, <strong>de</strong>r Zwiespalt im Innern,<br />

die Aussichtslosigkeit <strong>de</strong>s Entsatzes und die Verwüstung <strong>de</strong>r<br />

ausserhalb <strong>de</strong>r Mauern liegen<strong>de</strong>n Kirchengüter machte endlich in<br />

<strong>de</strong>r dritten Woche <strong>de</strong>r Belage rung die noch Wi<strong>de</strong>rstreben<strong>de</strong>n gefügig,<br />

sodass die bischöflichen Vasallen jetzt freiwillig die Thore<br />

öffneten, worauf <strong>de</strong>r neue Erzhischöf die feierliche Weihe in Gegenwart<br />

<strong>von</strong> achtzehn Bischöfen erhielt ).<br />

Dann erging ein Strafgericht über einen Anhänger Heriberts:<br />

Bischof Bovo war in die Hän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Köni glichen gefallen, angeblich<br />

auf einem Streifzug, und teilte mit seinem Metropoliten das<br />

Laos <strong>de</strong>r Absetzung; Htigo übernahm seine Verwahrung. seine<br />

Wür<strong>de</strong> erhielt ein Geistlicher Milo. Nicht zufrie<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>n<br />

erlangten Erfolgen schritt man weiter zur völligen Demütigung<br />

<strong>de</strong>s übermütigen, gehassten Grafen, Laon kam an die Reihe, wohin<br />

er selbst sich geworfen hatte -- hier mag auch seine Hauptmacht<br />

versammelt gewesen sein, da wir in Reims bei <strong>de</strong>r Belagerung<br />

und Einnahme nicht mehr <strong>von</strong> seinen Leuten hören. Bald aber<br />

musste er die Unmöglichkeit erkennen, die Stadt zu halten; er<br />

erbat und erhielt freien Abzug, liess aber in <strong>de</strong>r <strong>von</strong> ihm vorsorglich<br />

errichteten Burg seine Gemahlin, die <strong>de</strong>m Beispiel ihrer<br />

königlichen Schwester folgend <strong>de</strong>n Bemühun gen <strong>de</strong>r Fein<strong>de</strong> standhaft<br />

Trotz bot, schliesslich jedoch <strong>von</strong> ihrem Gemahl ohne Entsatz<br />

gelassen erlag-"). Das Königtum war wie<strong>de</strong>r im Besitz seiner<br />

1-Iauptfestung, Laon und Reims gewährten seiner Sache einstweilen<br />

1) Schreiben P. Jolianne X. 929 1: J3q. IX, 215, 216.<br />

2) Flod. 11, R. IV, 35 p. 586 ist eingehen<strong>de</strong>r als die bei<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>rn<br />

Stellen H. R. IV, 24. p. 580 u. Ann. 931 p. 380, welche die Wahl im Lager<br />

übergehen und nur die Weihe nach <strong>de</strong>r Kapitulation angeben. Riclier 1,<br />

59-61 lässt <strong>de</strong>n <strong>Konig</strong> eine eindringliche Ermahnungsre<strong>de</strong> an die Bürgerversammlung<br />

halten, trifft aber (c. 61) für die Sachlage <strong>de</strong>n richtigen Ausdruck;<br />

eives ab rege su as 1, ins s i s regiis concetlunt<br />

3) Flod, 931 p, 380, 11. lt IV, 24 li. 580; Richer 1 69.


79<br />

genügen<strong>de</strong>n Rückhalt und <strong>Rudolf</strong> konnte seine Thätigkeit nach<br />

entgegengesetzter Richtung entfilten.<br />

In Aquitanien entzweiten Feh<strong>de</strong>n die provinzialen Gewalten<br />

-- sie sollten ihm <strong>de</strong>n Abschluss <strong>de</strong>r Unterwerfung erleichtern.<br />

Den Winter brachte er in Burgund zu, doch verschob sieh das<br />

aquitanische Unternehmen noch durch andre dazwischenkommen<strong>de</strong><br />

An gelegenheiten. Die bisher im Aufstand befindlichen Burgun<strong>de</strong>r<br />

Gislebert tziid Richard verloren einige Burgen und kehrten bald<br />

darauf zum Gehorsam zurück ).<br />

In Noyon hatte sich mittlerweile nach Airards Tod ciii<br />

Kampf um das Bistum entsponnen, da die Wähler <strong>de</strong>n Abt <strong>von</strong><br />

Corhie, Waltbert, verlangten, während ein ehrgeiziger Geistlicher<br />

<strong>de</strong>r Stadt selbst danach strebte und mit UnterstützungGraf Adaich<br />

is <strong>von</strong> Arras, <strong>de</strong>n er verräterisch einliess, es an sich zu reissen<br />

(lachte. Die vertriebnen Bischofsmannen erstürmten aber zusammen<br />

mit <strong>de</strong>n Vorstädtern die Stadt und <strong>de</strong>r Graf musste sich in die<br />

feste Kirche zurückziehen, nach <strong>de</strong>ren Erbrechung er ohne Scheu<br />

am Altar nie<strong>de</strong>rgehauen wur<strong>de</strong>. Waltbert ward nun <strong>von</strong> Artold<br />

geweiht und gelangte auch thatsächlich in <strong>de</strong>n Besitz 2),<br />

Während diese Ereignisse Artois und Picardic in Spannung<br />

erhielten, erschien auch <strong>de</strong>r König zu kurzem Aufenthalt in<br />

Francien ): ein rascher Vorstoss brachte Heriberts Abtei S. Medard<br />

bei Soissons in seine }Iand, worauf er nach Burgund zurückkehrte,<br />

da er sein Augenmerk auf <strong>de</strong>n Verlauf<strong>de</strong>r Dinge jenseits <strong>de</strong>r<br />

Loire gerichtet hielt. Und jetzt endlich wur<strong>de</strong> ihn die Genugthuung,<br />

<strong>de</strong>n so hartnäckigen Sü<strong>de</strong>n doch als sein betrachten zu<br />

1) Flod. 932 380.<br />

2) Flod. 1. c.; Richer 1, 63 wird <strong>von</strong> Kalckstein p. 187 falsch aufgefasst.<br />

Bei Fächer erscheint Adaleim nicht als Genosse Heriberte, son<strong>de</strong>rn als Anhänger<br />

<strong>de</strong>s Königs, wie die Stelle beweist, (lass <strong>de</strong>r Graf nichts da<strong>von</strong> wusste,<br />

(lass <strong>de</strong>r Küniig <strong>de</strong>m Geistlichen das Bistum verweigert habe; unter <strong>de</strong>r Grafschaft,<br />

die dieser <strong>de</strong>m Grafen verschaffen will. ist schwerlich die <strong>von</strong> Arras<br />

zu verstehen -dort hatte <strong>de</strong>r Bischof <strong>von</strong> Noyon nichts zu verschaffen -<br />

son<strong>de</strong>rn die <strong>von</strong> Noyon selbst. So ilichers Auffassung, die freilich auch nicht<br />

zutreffend ist, <strong>de</strong>nn betreffs <strong>de</strong>r Stellung <strong>de</strong>s Adalelm hat Kalckstein wohl<br />

Recht, wenn er ihn für heribertisch gesinnt hält zufolge <strong>de</strong>r Belagerung <strong>von</strong><br />

Arras, s. ob. p. 75, die doch nur einem Fein<strong>de</strong> gelten konnte). Martin h. d.<br />

Fr. II, 516 (ganz unbegrün<strong>de</strong>t). - Waltbert war in <strong>de</strong>r Folge unbestrittener<br />

Inhaber <strong>von</strong> Noyon so z. B. Anfang 934, vgl. Mabillon, <strong>de</strong> re dipl. 1. Vl. ii.<br />

134. P• 567.<br />

3i Flod. 932 p. 31 Heribert hatte kurz zuvor Hain in Vermainluis<br />

erobert und <strong>de</strong>ssen Besitzer Ebrard, <strong>de</strong>n Bru<strong>de</strong>r Erluins, gefangen genommen.


können. Die drei mächtigsten Herren, die noch in <strong>de</strong>r Ablehnung<br />

beharrt hatten, Graf Raimund Pontius <strong>von</strong> Toulouse, sein Oheim<br />

Ermengaud <strong>von</strong> Rouergue und selbst <strong>de</strong>r Vaskonendynast Lupus<br />

Ac.inarius huldigten ihm; meist nimmt man einen Zug Bndolfs<br />

nach Aquitanien an, ohne dass sich dafür in<strong>de</strong>ssen ein Beweis<br />

erbringen liesse, es wird daher unentschie<strong>de</strong>n bleiben, ob die<br />

Grossen zu ihm kamen o<strong>de</strong>r er sie aufsuchte. Das wahrscheinlichere<br />

ist mir ohne lUthers Zeugnis hier verwerten zu wollen, <strong>de</strong>r<br />

ja unselbständig ist und nur auf Fiodoard beruht ein ähnliches<br />

Entgegengehen wie 924 (gegenüberHerzog Wilhelm zur<br />

Loire. Die Unterwerfung ist auch durch Urkun<strong>de</strong>n aus fast allen<br />

Teilen Aquitaniens und <strong>de</strong>s Languedoc bezeu gt und man ging<br />

hierbei so weit, dass man nuti <strong>Rudolf</strong>s Herrschaft offiziell mit<br />

Karls Tod beginnen liess, also das eigne Verhalten in diesen<br />

drei Jahren, die man als köni gslose Jahre in <strong>de</strong>n Urkun<strong>de</strong>n gezählt<br />

hatte, als ungesetzlich bezeichnete 1:.<br />

Per Schritt dieser Herren <strong>de</strong>hnte <strong>Rudolf</strong>s Machtbereich bis<br />

zu <strong>de</strong>n Pyrenäen aus, nur die südlich da<strong>von</strong> liegen<strong>de</strong> spanische<br />

Mark, ein ganz für sich leben<strong>de</strong>s kleinstaatliches Gebil<strong>de</strong>, ging<br />

auch fernerhin ihre eignen Wege ; die Erblichkeit <strong>de</strong>r Lehen war<br />

hier, weit weg vorn Sitze <strong>de</strong>r Centralgewalt, völlig durchgedrungen,<br />

so dass die Grafen ihre. Bezirke geteilt auf die Söhne vererbten<br />

wie Eigengut und auch mit 'Ion an sie gekommenen Regalien ganz<br />

nach Willkür schalteten ".<br />

Über die Belohnung <strong>de</strong>r huldigen<strong>de</strong>n Grafen herrscht unter<br />

<strong>de</strong>n Neueren grosse Meinungsverschie<strong>de</strong>nheit. Das Streitob,jekt<br />

bil<strong>de</strong>t das Herzogtum Aquitanien, das VOffl König noch nicht<br />

vergeben gewesen sein kann; dass <strong>Rudolf</strong> es <strong>de</strong>isi Grafen <strong>von</strong><br />

Poitou genommen haben sollte, ist nicht glaublich, da Ebolus<br />

fortgesetzt <strong>Rudolf</strong>s Vasall blieb, <strong>de</strong>r König also keinen Grund zu<br />

einer solchen Massregel hatte, und auch nach 932 Ebolus an ihm<br />

1) Flod 939 p. 3I; iliclier 1. 64; Ull. u. 16. vom Juni (Mai) ans<br />

Anse im Lyonnais nach <strong>de</strong>r Unterwerfung <strong>de</strong>r Aquitanier, da die LTrk. Montoben<br />

im neu erworbenen Gebiete betrifft. H. d. Lang. V. n. 57-63; Gailia<br />

Christ. VI, col. 433, 1085. Die Urkun<strong>de</strong>n mit Datierung nach Karls Tod<br />

gehen nur vom 1. - 3. Jahre; Baluze Capit. II, app. 1535; s. ob. p. 30, 68.<br />

KaIc.kstein p. 186 lässt <strong>Rudolf</strong> erst 933 nach Aquitanien ziehen. H. (l. Lang,<br />

111, 110 if; Leibniz, II, 418 ii.<br />

2) Gesta comit. Barcinon. Bi1. IX, 69. Im Jahre 911 hatte Graf Wifreil<br />

<strong>von</strong> Barcelona über sein Münzrecht nur unter Vorbehalt nachträglicher königlicher<br />

Bestätigung verfügt, 934 gab sein Bru<strong>de</strong>r, Graf Suniar <strong>von</strong> Urgel. einen<br />

Teil seines Anspruchs aus eigner Machtvollkommenheit <strong>de</strong>m Bistum Girona.<br />

s. Marca Hispanica col. 385, 838, 846.


81<br />

festhielt, vor allem aber weil gar kein zuverlässiges Zeugnis vorhan<strong>de</strong>n<br />

ist, dass er es überhaupt seit 927 o<strong>de</strong>r 928 besass. Dass<br />

hingegen Raimund in <strong>de</strong>r Fol ge es inne hatte, zeigen die Urkun<strong>de</strong>n;<br />

ZD<br />

es liegt <strong>de</strong>mnach die Vermutung nahe, dass ihm <strong>de</strong>r König bei<br />

seiner Huldi gung ell <strong>de</strong>n Herzogstitel zugestand; eine Doppelver-<br />

leihung an Raimund und Ermen gaud zusammen (nach Art ihres<br />

gemeinsamen Principats in Gothien) ist unwahrscheinlich, da Ermengaud<br />

nie <strong>de</strong>n Herzogstitel führt 1).<br />

<strong>Rudolf</strong> Herr <strong>de</strong>s Reiches.<br />

In Franeieit hatte hugo auch miaeli <strong>de</strong>s Königs Entfernung<br />

<strong>de</strong>n Krieg weiter geführt; mehrere Bischöfe halfen ihm bei <strong>de</strong>r<br />

Bezwingung <strong>von</strong> Amiens, <strong>von</strong> wo man sich nach Empfang <strong>von</strong><br />

Geiseln gegen S. Quentin wandte, <strong>de</strong>n alten Hauptsitz <strong>de</strong>s Grafen<br />

in seinem Stammlan<strong>de</strong> Vermandois, welchen man zwei Monate<br />

unilagerte, ehe die Uurgmannen kapitulierten.<br />

Der ehemalige Bischof Bovo <strong>von</strong> (Jhdlons hatte sich während<br />

seiner Haft die Geneigtheit seines Hüters Hugo erworben und<br />

<strong>de</strong>ssen Fürsprache ihm die königliche Gna<strong>de</strong> und damit sein<br />

Bistum wie<strong>de</strong>rverschafft, in <strong>de</strong>ssen Besitz ihn nun Raubzüge <strong>de</strong>s<br />

Gegenbischofs Milo gefähr<strong>de</strong>ten; Artold trat aber iii die Fussstapfen<br />

seiner Vorgänger und exkommunizierte auf einer Syno<strong>de</strong> mit seinen<br />

Suliraganen <strong>de</strong>n Ruhestöror 2'•<br />

lleriberts Missgeschick führte Herzog Gisilhert leicht wie<strong>de</strong>r<br />

mit <strong>de</strong>m früheren Genossen Hugo zusammen, die Lothringer belagerten<br />

1'ronne, da aber wie<strong>de</strong>rholte Sturmangriffe nur mit Verlusten<br />

en<strong>de</strong>ten, gab <strong>de</strong>r Herzog nach einer durch Hugo vermittelten<br />

Zusammenkunft mit <strong>Rudolf</strong> die schwierige, wenig Gewinn vorsprechen<strong>de</strong><br />

Unterneinnung auf und zog heim. Der König, <strong>de</strong>r in<br />

diesen Kämpfen eine eifrige Thätigkeit entfaltete, kam gegen En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s Jahres nochmals selbst herbei und ein weiterer Platz im<br />

Vermandois ‚ Hain, musste <strong>von</strong> ihm und Hugo belagert Geiseln<br />

stellen. Die Lage <strong>de</strong>s Rebellen verdüsterte sich mehr Ufld mehr;<br />

1) Urkundliche Belege für Ebolus und Raimund s. ob. p. 61 Anm., für<br />

Ermengaud Catel, h. d. conit. d. Tolose p. 84, 85 (II. d. Lang. V. n. 59<br />

ach 11. d. Lang. 111, 111 erhielt Raimund Velai und Auverguc, Eriiiengand<br />

G * vaudart ‚ die letztere Verleihung nehmen auch an Kalckstein p. 186.<br />

Gfrörer, Gregor, IV, 17.<br />

2) I'lod. 932 p. 380; vgl. auch Kalckst&iii p. 486.


Von stärkeren Festungen blieben ihm in seinem nördlichen Gebiete<br />

unbestritten nur noch Pronne und Chateau -Thierry, <strong>de</strong>nn auch<br />

Arras, zwar nicht ihm selbst, aber seinem Genossen Adaleim gehörig,<br />

war an Graf Arnulf <strong>von</strong> Flan<strong>de</strong>rn verloren gegangen, <strong>de</strong>r<br />

sich wohl Jenes Tod in Noyon zu nutze machte, und in Laoii<br />

schob man etwaigen Versuchen T-Eeriberts zur Wie<strong>de</strong>rgewinnung<br />

einen Riegel vor, in<strong>de</strong>m man bei Gozberts Tod <strong>de</strong>n Ingram zum<br />

Bischof machte, <strong>de</strong>r als Dekan <strong>de</strong>s königlich gewor<strong>de</strong>nen S. Mcdardusklosters<br />

sich wohl als königstreu gezeigt hatte 1).<br />

Seine hoffnungslose Lage liess T-[eribert, trotz<strong>de</strong>m ilun 931<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche König nicht beigestan<strong>de</strong>n hatte, <strong>de</strong>nnoch bei diesem<br />

die letzte Hilfe suchen, aber das ganze Jahr verging unter wechselvollen<br />

Kämpfen, ohne dass <strong>de</strong>utscher Beistand ihn geschützt, da<br />

Heinrich durch <strong>de</strong>n Ungarnkrieg und dann mit Ordnung innerer<br />

Verhältnisse beschäftigt war,<br />

Gleich <strong>de</strong>r Jahresanfang brachte einen neuen Schlag ‚ wenn<br />

auch nur moralischer Art. Die Erhebung Hugos, Herihert Sohnes,<br />

hatte seiner Zeit Johanns X. Genehmigung erhalten; sein Nachfolger<br />

Artold strebte alsbald sich gleichfalls eine <strong>de</strong>rartige Sanktion<br />

seiner immerhin etwas be<strong>de</strong>nklichen Wür<strong>de</strong> zu erwirken. Beim<br />

Eintreffen <strong>de</strong>r Beimser Gesandten Giso und Amairich war Johann XI,<br />

in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n seines Bru<strong>de</strong>rs Alberich; aber seine geistlichen<br />

Funktionen durfte er unter Aufsicht <strong>de</strong>s Herrn <strong>von</strong> Rom weiter<br />

verrichten und so erhielt <strong>de</strong>nn Artold anstandslos mit <strong>de</strong>m erzbischöflichen<br />

Pallium seine Bestätigung!).<br />

Nach <strong>de</strong>m Zuge gegen Hain war <strong>de</strong>r König nach Burgund<br />

zurückgekehrt, da in <strong>de</strong>r Provence die Dinge einen <strong>de</strong>n westfränkischen<br />

Interessen ungünstigen Verlauf zu nehmen drohten.<br />

König Hugo <strong>von</strong> Italien war in einer staatsrechtlich unklaren<br />

Stellung Inhaber <strong>de</strong>r Macht im grössten Teile <strong>de</strong>s Reiches Provence<br />

geblieben; einen offiziellen Herrscher gab es nicht, da er<br />

selbst nicht burgundischer König war. Sein Nebenbuhler um die<br />

Lombar<strong>de</strong>nkrone, <strong>Rudolf</strong> 11, <strong>von</strong> Hochburgund, plante um ‚jene<br />

1) Flod. 032 p. 380, 381. Leibniz II, 420. Ann. Elnonens. min. SS.<br />

N 719, Blandiniens. ib. 24 Cliroii. Tornae.ense Bu1. VIII, 25.<br />

2) Floi.1. 989, 033 p. 381, H. R. TV, 24 p. 580; Lintprand Antap. III,<br />

45 88. III, 313; Widuk. 1, 39 88. III, 435, Waitz 1. c. p. 151 (149). --<br />

Das bei Flod. 938 in <strong>de</strong>n Kämpfen zwischen Ilischof iiicl,ar <strong>von</strong> Lüttich und<br />

Graf Bernhard genannte Harceias ist nicht Ilarcis, wie Kalekstein p. 188 Anm.<br />

1 itieint, son<strong>de</strong>rii Arches, das jetzige Charleville an <strong>de</strong>r Maas, welchen Namen<br />

es 1806 nach seinem Besitzer Karl <strong>von</strong> Gonzaga erhielt, vgl. Longnon 1. c.<br />

fase, XI. . 79.


83<br />

Zeit einen neuen Zug zur Rückeroberung Italiens; da entschloss<br />

sich Hugo durch Verzic.htleistung auf seine anfechtbaren Machtbefugnisse<br />

in Burgund sich <strong>de</strong>n Besitz <strong>de</strong>s italienischen Reiches<br />

zu sichern: er überliess <strong>de</strong>m Hochburgun<strong>de</strong>r seine Ansprüche mit<br />

Vorbehalt einiger Besitzungen, wofür dieser die seinen auf Italien<br />

hingab. Die Ausführung dieser Bestimmungen musste aber <strong>de</strong>r<br />

Ausübung westfränkischer Hoheitsrechte in <strong>de</strong>m verwaisten Lan<strong>de</strong><br />

ein ernsteres Hin<strong>de</strong>rnis bieten als bisher die Macht <strong>de</strong>s fern in<br />

Italien stark in Anspruch genommenen Hugo; die Behauptung <strong>von</strong><br />

Vienne selbst musste fraglich wer<strong>de</strong>n. <strong>Rudolf</strong> rückte <strong>de</strong>shalb<br />

wie<strong>de</strong>r die Rhone herab und ergrift <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Stadt Besitz; es<br />

scheint also, als sei sie nun durch eine königliche Besatzung<br />

ge<strong>de</strong>ckt wor<strong>de</strong>n, während bei <strong>de</strong>m ersten Erscheinen <strong>de</strong>s Königs<br />

<strong>de</strong>in Fürsten KarlKonstantin <strong>de</strong>r Schutz <strong>de</strong>r Stadt überlassen<br />

wor<strong>de</strong>n war. Auch einige Urkun<strong>de</strong>n Rudolls <strong>de</strong>uten auf <strong>de</strong>n Besitz<br />

hin, welche <strong>de</strong>m Titel rex Francorum jetzt zufügen Aquitanorum<br />

et Burgundionum, was nicht auf sein Herzogtum gehen kann -<br />

dies hat nie für ein Königreich im Königstitel gegolten son<strong>de</strong>rn<br />

auf das Reich Provence, <strong>de</strong>ssen Hauptstadt er besass, <strong>de</strong>nn das<br />

war Vienne unter Boso und Ludwig gewesen').<br />

1) Flod. 933 p. 381; Liutpr. III, 47, SS. III, 314; UR. 20, 22. Gingins<br />

1. c. VIII. 84, IX, 166; Hüffer p. 16; Pflinmler, Kaiser Otto d. Ui'.<br />

(Leipzig 1876) p. 110; Leibniz II, 438 (zu 935). Der Bec. <strong>de</strong> eliart. <strong>de</strong> Cluny<br />

hat zwei Urk.. 1, n. 437 vom Mai, ii. 439 v. Okt. a. 11 regnante Radulfo rege<br />

Viennense. Ihre Zugehörigkeit ist zweifelhaft, <strong>de</strong>r Herausgeber Bruel will sie<br />

(Bibi. d. l'c. 4. eh, 40 (1880) p• 339) <strong>Rudolf</strong> Il. zuweisen, Sie gehören Liner<br />

Gruppe <strong>von</strong> Urkun<strong>de</strong>n an, die die Familie einer Bie]iil<strong>de</strong> in Vienne o<strong>de</strong>r im<br />

Viennois betreffin und in Vicime selbst <strong>von</strong> <strong>de</strong>mselben Schreiber (resp. seinem<br />

Beauftragten) ausgestellt sind: n. 338 aus <strong>de</strong>m 28. J. K. Ludwigs (928, ii.<br />

417, 439 aus <strong>de</strong>m 2. J. <strong>Rudolf</strong>s, 476 aus einem Interregnum, 670 W! (tome<br />

ir, addit. p. 7513,aus <strong>de</strong>in J. Kg. Konrads v. Burgund, 686. 687 aus <strong>de</strong>in<br />

. J. Konrads; dass letzterer Vieniie besass, ist sicher, für seinen Vater ist<br />

dagegen kein Beweis zu erbringen, wohl aber wissen wir es für 931 ii. 933<br />

voi) ]tud. v. Frkr., und hören nicht, dass es zu seiner Zeit dciii Westreiche<br />

wie<strong>de</strong>r verloren ging, während in <strong>de</strong>n Zeiten <strong>de</strong>r Bedrängnis Ludwigs IV.<br />

dies leicht eintreten konnte, wie in andcreii Lan<strong>de</strong>steilen, vgl. Ilaedicke s. 1.<br />

roy. d. Bourg. et Prov. p. 25 fr, Hiiffi.r p. 20. Dass später die transjuranischeit<br />

Könige als Herrn <strong>von</strong> Vienne dcii Titel rei Viennerisis führten (vgl. Cart. <strong>de</strong><br />

l'abb. 4. S. Aiidri-le-Bas <strong>de</strong> Vienne ii. 98, 102, 113, 116, 120. 122), erlaubt<br />

noch nicht, <strong>de</strong>n <strong>Rudolf</strong>, <strong>de</strong>r schon früher <strong>de</strong>n Titel hat, für <strong>de</strong>n transjuranisclien<br />

zu erklären, son<strong>de</strong>rn besagt nur, dass er gleichfalls . Herr <strong>von</strong> Vienne war; iii<br />

Lokalurkun<strong>de</strong>n wie in diesen hier kanin <strong>de</strong>r Titel mit voller Berechtigung auch<br />

6*


84<br />

Unmittelbar darauf eilte <strong>de</strong>r rastlose König nach Nor<strong>de</strong>n<br />

zurück und das letzte Gebiet <strong>de</strong>s eigentlichen <strong>Frankreich</strong> (abgesehen<br />

<strong>von</strong> <strong>de</strong>m gera<strong>de</strong> in Empörung begriffeneii Verrnandois:, die<br />

Normandie, gab endlich auch nach : <strong>de</strong>r junge Herzog o<strong>de</strong>r richtiger<br />

Markgraf Wilhelm wur<strong>de</strong> Vasall <strong>Rudolf</strong>s und sein Gebiet dafür<br />

durch Hinzurerleihung <strong>von</strong> Teilen <strong>de</strong>r bretonischen Nordküste erweitert.<br />

Diese Ecke <strong>de</strong>s Reichs war <strong>von</strong> inneren Feh<strong>de</strong>n auch<br />

nicht frei geblieben; 931 war am S. Michaelstage ein grosser<br />

J3retonenaufstand ausgebrochen, um durch normannischen Massenmord<br />

das Land zu erlösen '). l)em kurzen Aufflackern Auffiackern folgte aber<br />

bald um so tieferes Erliegen unter <strong>de</strong>n rachsüchtigen Siegern,<br />

in<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Häuptling Ingo, wohl <strong>de</strong>r Nachfolger Raginolds, <strong>de</strong>r<br />

unsern Blicken seit <strong>de</strong>r Verwüstun g Fleiuvs entschwin<strong>de</strong>t, mit<br />

seinen Loire-Normannen die Bretagne schrecklich heimsuchte und<br />

behauptete. Auch die Seine - Normannen scheinen nach Rollos<br />

Tod durch <strong>de</strong>n Aufstand mit berührt wor<strong>de</strong>n zu sein, wenigstens<br />

hören wir <strong>von</strong> gegenseitigen Kriegszügen <strong>de</strong>r Bretonen und<br />

Wilhelms, welcher schliesslich die Oberhand behielt, wodurch<br />

aber keineswegs eine <strong>de</strong>finitive und vollständige Unterwerfung <strong>de</strong>r<br />

Bretagne erzielt war, <strong>de</strong>nn selbst <strong>von</strong> <strong>de</strong>n erlangten bretonischen<br />

Gebieten ging eiii Teil hei <strong>de</strong>m siegreichen Aufstand <strong>de</strong>s Grafen<br />

Alan Barbatorta unter angelsächsischer Hilfe wie<strong>de</strong>r verloren.<br />

innere Unruhen fehlten nicht, da die neuen feudalen Herrschaftsbegriffe<br />

noch nicht voll zum Durchbruch gekommen waren und<br />

die Umwandlung <strong>de</strong>r alten Häuptlingswür<strong>de</strong> in ein strafferes Lehnsfürstentum<br />

und das Eindringen <strong>de</strong>s Frankentums manchen Wi<strong>de</strong>rspruch<br />

fand; die Aufständischen wur<strong>de</strong>n jedoch <strong>von</strong> Wilhelm besiegt<br />

2). Gera<strong>de</strong> die noch vorhandne Unsicherheit seiner Herr<strong>de</strong>m<br />

Westfranken als ilirent Künig gegeben wer<strong>de</strong>n - ein ganz analoger Fall<br />

ist <strong>de</strong>r Titel rex Aqnitanoruiii für <strong>Rudolf</strong> in Urkun<strong>de</strong>n <strong>von</strong> Briou<strong>de</strong> ohne <strong>de</strong>n<br />

Zusatz Francorum; Cart, <strong>de</strong> Briou<strong>de</strong> n. 155, 63, 137, 232: man kennte hierin<br />

einen Ausdruck <strong>de</strong>s in allen Gebieten thatsächlich vorhandnen Partikularismus<br />

sehen. Ich nehme daher jene bei<strong>de</strong>n TJrk. <strong>de</strong>s Ilec. d. Cluny als auf westfr2ukische<br />

Oberhoheit bezüglich in Anspruch, wie solche sich mit Flol. vereinigen<br />

lässt.<br />

1) Ein Vorläufer <strong>de</strong>r zwei berühmteren Normannenmor<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Mittelalters,<br />

<strong>de</strong>r S. hlricciusnacht, 13. Nov. 1002 in England, und <strong>de</strong>r sidiischen Vesper,<br />

30. März 1282.<br />

2) Flod. 931, 933 p. 380, 381 ; Gedicht auf Herzog Wilhelms Tod, Bibl.<br />

d. l'c. 3. eh. 31. 1870) p. 394, 399; Duclo, ei, Lair p. 76. 174, Or<strong>de</strong>ric., Vital<br />

Duehesne, Norm. i» 368 571 1 619. In obigen Grundzügen wird man <strong>de</strong>n


S 15<br />

schaft wird <strong>de</strong>n Markgrafen um so leichter geneigt gemacht haben,<br />

sieh wenigstens die formale Berechtigung durch königliche Belehnung<br />

zu verschaffen.<br />

Mit einem ansehnlichen Heere legte sich <strong>de</strong>r König darauf<br />

vor Chateau-Thierry, <strong>de</strong>ssen Schloss sich über <strong>de</strong>r im Marnethal<br />

liegen<strong>de</strong>n Vorstadt auf einer Anhöhe erhob. Die Königin begleitete<br />

ihren Gemahl, welchem beson<strong>de</strong>r3 geistliche Herren Heerfolge<br />

leisteten, so dass die Metropoliten <strong>von</strong> Tours und Reims die Anwesenheit<br />

mehrerer ihrer Suifragane und einiger burgundischer<br />

Bischöfe zur Abhaltung einer Syno<strong>de</strong> benutzten während <strong>de</strong>r Belagerung,<br />

welche sechs Wochen beanspruchte; auch dann fiel die<br />

feste Burg nicht durch Gewalt, son<strong>de</strong>rn durch Parteiwechsel <strong>de</strong>s<br />

Befehlshabers Walo, <strong>de</strong>n man für die <strong>de</strong>r Königin geleistete Vasallität<br />

im Besitz liess 1<br />

Ham, das im Vollabre <strong>de</strong>m König sich unterworfen hatte,<br />

war wie<strong>de</strong>r offen zu 1-leribert zurückgetreten, <strong>de</strong>r seinem Sohn<br />

0(10 <strong>de</strong>n Befehl daselbst übertrug; die Gebiete voii Soissons<br />

und Noyon hatten auch bald unter seinen Streifereien zu lei<strong>de</strong>n.<br />

Nur vorübergehend glückte ein Handstreich <strong>de</strong>s Grafen auf<br />

S. Quentin, wo die Abgeneigtheit <strong>de</strong>r Einwohner, für <strong>de</strong>n neuen<br />

normannischen historikern entschie<strong>de</strong>n folgen dürfen; auch beim Antritt <strong>von</strong><br />

Wilhelms Sohn Richard wie<strong>de</strong>rholten sich die Aufstän<strong>de</strong>. Das Chron. Turon.<br />

Bq. IX, 51 gicht nicht (wie Kalckstein p 188 Anm. 2 sagt) 931 als To<strong>de</strong>sjahr<br />

Rollos. son<strong>de</strong>rn setzt dies in Heinrichs viertes Jahr, d. lt. nach seiner<br />

Z5]iliing 923/24, da 925 mit <strong>de</strong>m sechsten Jahre i<strong>de</strong>ntiti(iert wird. Erst das<br />

daraus excerpierte Chron. Turon. abbrev. Salmon. Chrori. dc Touraine, Tours<br />

1854) setzt Inkarnationsjahre hinzu, berechnet sie aber nach <strong>de</strong>n Angaben<br />

<strong>de</strong>r Vorlage und setzt <strong>de</strong>ingemäss auch Rollos Tod schon zu 923. Chron.<br />

Nanntet. Bq. Viii. 276; A<strong>de</strong>tnar in, 27. SS. IV, 127. De1ping II, 149 ff.<br />

schil<strong>de</strong>rt Wilhelm „Langschwert" (Longa-Spata) allzu sehr nach Dudos<br />

niönchisehier Auffassung; wir müssen auch hei diesem in Rechnung ziehen,<br />

was Maurenbrecher, <strong>de</strong> histor. X. saec. scriptoribus für die geistliche Geschichtsschreibung<br />

<strong>de</strong>s Mittelalters bemerkt p. 7, 8, 91. Licquet 1, 106 ff.;<br />

tmürer, Gregor VII, 111, 172 11; Lair, 1. c. p. 79 Ir; Dümmler, Forsch. z. d.<br />

(1. VI, 377; Büdinger, Sybels Hist. Zeitsehr. Bd. 3 p. 359; <strong>von</strong> Amira, ib.<br />

Bd. 39 (N. F. 3) p. 261 Ii (über <strong>de</strong>n markgriUlichen Charakter <strong>de</strong>r Normandie<br />

für diese Zeiten p. 262).<br />

1) Flod. 933 p. 381, H. II. IV, 24 p. 580. Poquet, lt. d. Chat.-Thierry,<br />

1 p. 42, 43 gicht einige weitere Details aber ohne Bezeichnung ihrer Entlehnung,<br />

und lasst schliesslich nach Weggang <strong>de</strong>s Königs die Belagerung <strong>von</strong><br />

Emma geleitet wer<strong>de</strong>n, wozu jene Huldigung an sie keinen Annahmegrund<br />

bietet.


80<br />

Inhaber Hugo zu kämpfen, ihm am dritten Tage die Erstürmung<br />

erleichterte, da die hugonische Mannschaft allein zu schwach war;<br />

er gewährte ihr gegen Ablegimg eines eidlichen Versprechens wahrscheinlich<br />

ihrer ferneren Neutralität ungehin<strong>de</strong>rten We ggang und<br />

überliess die Bewachung einer Abteilung <strong>de</strong>r Seinigen. Er scheint<br />

aber im Vertrauen auf die ihm nicht ungünstige Stimmung <strong>de</strong>r<br />

Bürgerschaft sich mit einer gelingen Zahl begnügt zu haben, wodurch<br />

es Hugo, <strong>de</strong>r sofort heranzog, möglich wur<strong>de</strong>, S. Quentin<br />

zum zweiten Male zu nehmen und die frühere Lauheit <strong>de</strong>r Bürger<br />

gegen seine Interessen hart zu bestrafen ; ein <strong>von</strong> Heribert zurückgelassner<br />

Kleriker Treduin wur<strong>de</strong> nebst einigen An<strong>de</strong>rn gehängt,<br />

während Andre mit Verstümmelung büssten. Auf <strong>de</strong>m Abzug <strong>von</strong><br />

S. Quentin ergab sich an Hugo, <strong>de</strong>n Erzbischof Artold begleitete,<br />

die Burg Roye in Vermandois ‚ während Heribert, <strong>de</strong>r trotz <strong>de</strong>r<br />

Ueberlegenheit seiner Gegner eine ausseror<strong>de</strong>ntliche Ausdauer und<br />

Gewandtheit in <strong>de</strong>r Benützung aller günstigen Umstän<strong>de</strong> an <strong>de</strong>n<br />

Tag legt, sein Chateau-Thierry durch Zurück gewinnung einiger<br />

seiner früheren Krieger, <strong>de</strong>nen Walo die Bewachung übertragen,<br />

wie<strong>de</strong>r an sich brachte, es jedoch nur mit einer Besatzung versah,<br />

ohne sich selbst darin einzuschliessen ').<br />

Hugo hatte kaum diese Kun<strong>de</strong> erfahren, als er noch im<br />

Winter sich zur Belagerung anschickte; <strong>de</strong>r König, <strong>de</strong>r En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

Jahres selbst in Francien gewesen war 2), erschien im Anfang <strong>de</strong>s<br />

neuen Jahres wie<strong>de</strong>r im Fel<strong>de</strong> und umschloss mit Hugo Chateau-<br />

Thierry; doch diese zweite Belagerung kostete noch mehr Mühe<br />

als die vorige und auch jetzt war die Festung mit stürmen<strong>de</strong>r<br />

Hand nicht zu nehmen. Der <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Königin belehnte Walo befand<br />

sich bei <strong>de</strong>n Belagerern und ihm mit seinen Leuten gelang<br />

im vierten Monat <strong>de</strong>r Belagerung mit Hilfe ihrer genauen Lokalkenntnis<br />

die Einnahme <strong>de</strong>r unteren befestigten Vorstadt an <strong>de</strong>r<br />

Marne durch nächtliche Ersteigung: die Burg auf <strong>de</strong>r Uferhöhe<br />

setzte die Verteidigung fort, bis wie<strong>de</strong>rholte Angriffe die Eingeschlossnen<br />

zur Unterwerfung willig machten; sie blieb in <strong>de</strong>n<br />

Hän<strong>de</strong>n ihrer Verteidiger ‚ die aber durch Geiselstellung ihre<br />

friedliche Haltung verbürgten ). In<strong>de</strong>ssen glaubte sich Heribert<br />

1) Flod. 933 p. 381, 382. Roc lp. Somme, arr. Montdidier.<br />

2) Vorausgesetzt, dass die Urk. aus Attignv vom 13. Deecinber echt<br />

ist, s. UR. 20.<br />

3) Flod. 934 p. 382. Für <strong>de</strong>n 5. März ist <strong>Rudolf</strong>s Anwesenheit bezeugt<br />

durch UR, 21. Poquet bringt eine Ansicht <strong>von</strong> Chateau-'I'hierrv zwar aus<br />

späterer Zeit, die aber doch die Lage <strong>von</strong> Burg und Unterstadt veranschaulicht.


im Drange <strong>de</strong>r Not nicht an diese Verpflichtung seiner Leute<br />

bin<strong>de</strong>n zu müssen und setzte sich unter Preisgebung <strong>de</strong>r Geiseln<br />

<strong>von</strong> neuem im Orte fest, so dass für die Gegner eine dritte Belagerung<br />

nötig gewor<strong>de</strong>n wäre, wenn nicht das Eingreifen Heinrichs<br />

die Besitzfrage vorläufig geregelt hätte. Die Siege über<br />

Ungarn, Siaven und Dänen erlaubten <strong>de</strong>m <strong>de</strong>utschen König jetzt,<br />

<strong>de</strong>m Ansinnen Heriberts zu entsprechen und wenn auch nicht persönlich<br />

zu Hilfe zu kommen, so doch Gisilbert und Graf Eberhard<br />

mit mehreren lothringischen Bischöfen nach Francien zu schicken,<br />

<strong>de</strong>neti es gelang, ihrem Schützling einen Waffenstillstand bis zum<br />

1, Oktober zu verschaffen; aber nur gegen Ueberlassung <strong>de</strong>r vielumstrittnen<br />

Marncfestung gestand <strong>de</strong>r König ihm für die Dauer<br />

<strong>de</strong>r Ruhe <strong>de</strong>n ungefähr<strong>de</strong>ten Besitz <strong>von</strong> Pronne und Ram zu,<br />

also trotz ausländischer Vermittlung ein recht ungünstiger Ausgang<br />

für <strong>de</strong>n Grafen, <strong>de</strong>r die eine Burg ohne weiteres ausliefern<br />

musste und <strong>de</strong>in nicht einmal <strong>de</strong>r Besitz jener bei<strong>de</strong>n auf die<br />

Dauer fest garantiert wur<strong>de</strong> .<br />

Seine Aussichten besserten sich aber etwas, da er <strong>de</strong>n Grafen<br />

Arnulf <strong>von</strong> Flan<strong>de</strong>rn durch die Vermählung mit seiner Tochter<br />

A<strong>de</strong>la, mit <strong>de</strong>r jener seit längerer Zeit verlobt war, in sein Interesse<br />

zog. Bei <strong>de</strong>r starken Macht <strong>de</strong>s Viamlän<strong>de</strong>rs, <strong>de</strong>r im<br />

vorigen Jahre durch <strong>de</strong>n Tod seines Bru<strong>de</strong>rs Adalulf Herr <strong>von</strong><br />

Boulogne und Thörouanne und Abt <strong>von</strong> S. Bertin gewor<strong>de</strong>n und<br />

ihm als Inhaber eines beträchtlichen Gebiets <strong>von</strong> Nor<strong>de</strong>n her<br />

gefährlich wer<strong>de</strong>n konnte, wie die Einnahme <strong>von</strong> Arras (932)<br />

lehrte, musste ihm an guten nachbarlichen Beziehungen zu diesem..<br />

viel liegen 2)<br />

1) Flod L c. y,r1jZ Heinr. p. 165. Leibnitz A. i. II, 433. Eberhard<br />

hielt unul bisher für <strong>de</strong>n bekannten Bru<strong>de</strong>r Xönig Konrads, doch in <strong>de</strong>r 3.<br />

Aufl. p. 90, 164, 223 tritt Waitz für Eberhard, Grafen an <strong>de</strong>r Yssel, ein.<br />

9) Find. 1. c. ; Fulcuin, g. a. Sith. c. 103, 105 SS, XIII, 627 Adaluif<br />

tut 933 id. nov. in Sithiu an einer Krankheit; nach einer an<strong>de</strong>rn Nachricht<br />

starb er durch einen Unfall auf <strong>de</strong>r Jagd mit Hinterlassung nur eines unehelichen<br />

Sohnes lialdzu, weshalb sein Besitz an <strong>de</strong>n Bru<strong>de</strong>r fiel, vgl. die Notiz<br />

<strong>de</strong> Arnulfo comite SS. IX 304; writger, Geneal. Arnulti, ib. 303; Ann. Elnon.<br />

min. SS. V. 19; Blandiniens. ib. 94; Brief Ethelwcrds 53. X, 459 Anm.<br />

Unter Adaluif setzle sich (nach Job. Lcmig, Ipe.r. Chron. S. Bertini SS. XXV,<br />

771 1 in <strong>de</strong>in S. Bertirt gehcrigeii Guimmes trotz <strong>de</strong>r Gegenwehr <strong>de</strong>r Klosterleute<br />

ein Sifrid mit seinem Normaniienliaufen fest und behauptete es mit Hilfe<br />

Arnulfs, <strong>de</strong>n er zum Lehnsherrn annahm; Kakkstein p 174 zu 926; ganz abweichend<br />

ist <strong>de</strong>r ausführlichere Bericht, aus dciii erst Johann seine Nachricht


Die gegönnte Frist benützte Heribert unter an<strong>de</strong>rem zur<br />

Verproviantierung <strong>von</strong> Pronne, in<strong>de</strong>m er zugleich an seinen abgefallenen<br />

Vasallen und Buges Anhängern in Verniandois Rache<br />

nahm, <strong>de</strong>nn ihrer Ernten bemächtigte er sich. Die Lothringer<br />

hatten sich inzwischen auch zur Unterstützung ihres Freun<strong>de</strong>s gerüstet<br />

ihr Herzog führte sie im Spätherbst nach Francien, um<br />

zunächst S. Quentin <strong>de</strong>n Fein<strong>de</strong>n zu entreissen, Hugo wandte<br />

jedoch kluger Weise die Gefahr ah, in<strong>de</strong>m er Gisilbert durch Gesandte<br />

zum Abschluss eines neuen Waffenstillstan<strong>de</strong>s bis zum<br />

1. Mai 935 und zur Umkehr bewog. Heribert blieb also bis auf<br />

weiteres auf <strong>de</strong>n geringen Best seiner Besitzungen beschränkt 1)<br />

Ein schwerer Verlust war es für <strong>Rudolf</strong>, dass gegen En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s Jahres seine Gemahlin Emma starb. Mag auch die Mönchslegen<strong>de</strong><br />

an ihr einiges auszusetzen gehabt, mag sie auch, <strong>de</strong>in<br />

Zeitgeist entsprechend, sich einige Gewaltthäti gkeiten haben zu<br />

schul<strong>de</strong>n kommen lassen, - ihrem Gemahl hatte sie in seinen<br />

schweren Kämpfen wacker zur Seite gestan<strong>de</strong>n und auch <strong>de</strong>r<br />

Achtung ihrer ITnterthanen scheint sie sich erfreut zu haben;<br />

ihre einflussreiche StellungZD beweisen die königlichen Urkiin<strong>de</strong>n,<br />

<strong>de</strong>nn lieber als die Fürsprache eines An<strong>de</strong>rn suchten Bittsteller<br />

die ihrige zu gewinnen 2).<br />

im Frühjahr 935 unternahm <strong>de</strong>r König einen kleinen Streifzug<br />

gegen eine Schaar Aquitanier, die Viriliacuin, eine Burg <strong>de</strong>s<br />

Grafen Gauzfred <strong>von</strong> Nevers, eingenommen, und verschaffte dieselbe<br />

seinem Getreuen wie<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>ssen er sich nach Francien zurückgekehrt<br />

als Gesandten zu Heinrich bediente-); in Laon erwartete<br />

kürzend und abän<strong>de</strong>rnd herübemahm, in Lambert. Ar<strong>de</strong>nsis bist. comit. Ard.<br />

et Ghisn. c. 7-10, wo das Ereignis zu 928 gesetzt wird SS. XXIV, 56<br />

ff.: eine dritte abweichen<strong>de</strong> Erzählung scheint <strong>de</strong>r Stelle bei Leibniz II, 397<br />

zu 929 zu Grun<strong>de</strong> zu liegen.<br />

1) Flod, 934 p. 382; Waitz p. 168 (164).<br />

2) Flod. 1. c.; Gesta. poiit. Autiss,. Bibi. bist. <strong>de</strong> 1'Yonne 1, 378 Append.<br />

Mir. S. Germ. Autiss., ib. II, 198: Rod. Glab. 1, 9 85. VII, 53: UB. 2, 17,<br />

18, 19, Fürbitten für sie sind angeordnet IJI. 1, 2, 8, 13, 14, 22, 26, Feier<br />

ihres To<strong>de</strong>stages 28,<br />

3) Gauzfred o<strong>de</strong>r Gozl'ril erscheint in einer Urk. für <strong>de</strong>n Bischof <strong>von</strong><br />

Nevers, weshalb Kalckstein p. 190 vermutet, er sei Graf <strong>von</strong> Nevers; er fin<strong>de</strong>t<br />

sich jedoch auch in einer Urk. für das Senonais, CII. 15 'a. 93. Dass wir es<br />

aber in <strong>de</strong>r That mit <strong>de</strong>m Grafen <strong>von</strong> Nevers zu thun haien, wird gewiss<br />

durch seine und seiner Gemahlin Ava Urk. im liec. d. Chtnv 1, ii. 146 und<br />

449. Vgl. auch ob, p. 61, Anm. Viriliac'uni ist vielleieht i<strong>de</strong>ntisch mit


89<br />

PT <strong>de</strong>it Ausgang <strong>de</strong>r Sendung. wo während seines Verweilens ein<br />

Streit zwischen Königs- und Bischofsmannen die Ruhe störte, ohne<br />

aber weitere Folgen nach sich zu ziehen.<br />

Ein 1-Toltag versammelte die Grossen in Soissons um <strong>de</strong>n<br />

Herrscher; hier empfin g er eine Gegenbotschaft Heiiirichs, <strong>de</strong>r<br />

sich in <strong>de</strong>n ersten Monaten in Westfalen und <strong>de</strong>n Bheinlan<strong>de</strong>n<br />

aufhielt und jetzt nach Lothringen kam, und verabre<strong>de</strong>te mit ihm<br />

eine persönliche Zusammenkunft. welche im Juni stattfand. Als<br />

Ort scheint wie<strong>de</strong>r die bekannte Grenzgegend am ('hiersflnsse gewählt<br />

wor<strong>de</strong>n zu sein, da wir Heinrich am 8. Juni hier fin<strong>de</strong>n<br />

ausser <strong>de</strong>n ost- und weslfr(inkischen Königen mit ihrem Gefolge war<br />

auch <strong>de</strong>r bur(rundische König <strong>Rudolf</strong> II. zugegen. Man bemühte<br />

sieh, alle Streitfragen beizule gen 1-Teribert kehrte zum Gehorsam<br />

gegen seinon Lehnslierrii zurück, <strong>de</strong>r ihm mehrere seiner an Hugo<br />

verlornen Besitzungen wie<strong>de</strong>r zusprach und diese bei<strong>de</strong>n Gegner<br />

versöhnte; Graf Boso hingegen trat wie<strong>de</strong>r in sein Abhängigkeitsverhältnis<br />

zum Ostreiche zurück und auch ihm wur<strong>de</strong>n seine<br />

meisten Guter restituiert. Ob auch eine ähnliche Regelung <strong>de</strong>r<br />

burgundischen Verhältnisse eintrat, ist unbekannt, jedoch nicht<br />

unwahrscheinlich 1)<br />

Zu rechter Zeit fand dieser Abschluss <strong>de</strong>r herihertischen<br />

Rebellion statt, um <strong>de</strong>m König zu erlauben, sich sogleich nach<br />

Burgund gegen einen Ungarneinfall zu wen<strong>de</strong>n; die räuberischen<br />

Schaaren hatten schon manches Unheil im Sü<strong>de</strong>n angerichtet, Ebbo,<br />

Graf <strong>von</strong> l)ols, blieb in einem Gefechte und zahlreiche Klöster,<br />

darunter B'ze, gingen in Feuer auf; <strong>de</strong>n Kampf mit <strong>de</strong>m tapfern<br />

Fürsten wagten die Ungarn aber nicht, son<strong>de</strong>rn ent%ichen bei<br />

seinem Anzug nach Italien:).<br />

Viriacum, Viry, l)ict, topogr. du <strong>de</strong>p. <strong>de</strong> la Nivre p. 198, die Lage dieser<br />

Vicarie im Ni yernais links <strong>de</strong>r Loire passt zu <strong>de</strong>n aquitanisclien Hän<strong>de</strong>ln.<br />

1) Flod, 935 1• :182. 383, Widuk. 1, 39 SS. 111, 435 (ihm gilt <strong>Rudolf</strong><br />

vom späteren karolingerfreundliihen Standpunkt Ottos 1. aus als Usurpator,<br />

cniitra ins fasque onine rex constitutus); M. (4. DD. 1, 73, n. 40: Stumpf n.<br />

44.-17. Waitz p. 170 (166 3); Leibniz II, 438. l3osos Rückkehr zu Heinrich<br />

ist <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utliche Beweis. dass Heinrichs Rechte auf Lothringen anerkannt<br />

wur<strong>de</strong>n, <strong>von</strong> <strong>Rudolf</strong> also ofticiell darauf verzichtet war, s. ob. zu 9:11. •• Die<br />

<strong>von</strong> (iingins 1. c. VIII, 86. IX, 173, Kalckstein p. 191 angerLuIIInnImc Überlassung<br />

<strong>von</strong> Vienne an <strong>Rudolf</strong> 11. ist wenig glaubhaft vgl. Haelicke p. 20,<br />

Hilffer p. 20 1 Xalckstein selbst p. 236.<br />

2) Flod. 1. e. Ann. Mett. brevies. (zu 934( SS. ITT, 155: Chron, Vezeliac<br />

Bq. IX, 90, Chr. Dolense. ih.; Aun. Beenenses 88. 11, 249 zu 933 woraul<br />

auch Waitz p. 154 (151) die Stelle bezieht, da er diese Schaar für die dritte


90<br />

Sein Erscheinen diente auch zugleich <strong>de</strong>m Zwecke, einen<br />

rebellischen Grafen Boso, <strong>de</strong>r mit seinen Genossen l)ijon eingenommen<br />

hatte und behauptete, zu strafen').<br />

Die Frie<strong>de</strong>nsbedingungen zwischen Hugo und Heribert waren<br />

aber nicht leicht durchzuführen, da Ersterer die Auslieferung S.<br />

Quentins verweigerte, sei es verleitet durch Unbestimmtheit in<br />

<strong>de</strong>n Verabredungen o<strong>de</strong>r bereuend, sich zum Verzieht auf das erst<br />

nach wie<strong>de</strong>rholtem Ringen Erlangte verstan<strong>de</strong>n zu haben; unter<br />

<strong>de</strong>m Vorwand <strong>de</strong>r Vermittlung begleiteten mehrere lothringische<br />

und sächsische Grafen Heribert gegen ihn, das mitgenommene<br />

starke Heer stand freilich im Wi<strong>de</strong>rspruch mit diesen angeblichen,<br />

friedlichen Absichten, und als Hugo bei seinem Entschluss verharrte,<br />

trug 1-leribert kein Be<strong>de</strong>nken, sich sein wirkliches o<strong>de</strong>r geglaubtes<br />

Recht mit Waffengewalt zu erzwingen. S. Quentin musste<br />

sich er( reben, wur<strong>de</strong> aber, da Vermandois einen abormaligeii Verlust<br />

fürchten mochte, nicht besetzt gehalten, son<strong>de</strong>rn geschleift.<br />

So hoch stieg <strong>de</strong>n Unternehmern <strong>de</strong>s Zuges infolge dieses ersten<br />

Erfolges <strong>de</strong>r Uebermut, dass man sieh selbst an Laon wagen<br />

wollte, doch da schritt <strong>Rudolf</strong> ein und <strong>de</strong>r Freundschaftsvertrag<br />

mit <strong>de</strong>m Ostreiche bewährte sich jetzt, <strong>de</strong>nn man leistete seinem<br />

Gebote Folge und zog heim 2),<br />

Das Königshaus wur<strong>de</strong> um jene Zeit wie<strong>de</strong>r <strong>von</strong> einem To<strong>de</strong>sfall<br />

betroffen, <strong>de</strong>r aber <strong>Rudolf</strong> <strong>von</strong> mancher Unannehmlichkeit und<br />

Sorge befreite. Sein unruhiger, hän<strong>de</strong>lsüchtiger Bru<strong>de</strong>r Boso, <strong>von</strong><br />

<strong>de</strong>ssen wil<strong>de</strong>m Trotze die Mönche seiner Nachbarschaft schlimme<br />

Geschichten zu erzählen wussten und <strong>de</strong>r mit seinen Lehnsherren<br />

Heinrich und Gisilbert oft zerfallen, auch bald mit <strong>de</strong>in bald mit<br />

jenem französischen Herrn verfein<strong>de</strong>t war, war im Juni wie<strong>de</strong>r<br />

Heinrichs Vasall gewor<strong>de</strong>n und nahm dann an <strong>de</strong>m Feldzuge <strong>de</strong>r<br />

Lothringer gegen Hugo teil; am 13. September soll er nach einer<br />

Urkun<strong>de</strong> mit seinem Bru<strong>de</strong>r in Attigny zusammengeweson sein<br />

<strong>de</strong>r 933 hei Flod. berührten erklärt : in<strong>de</strong>ssen erscheint es sehr befremdliehi,<br />

dass dort gera<strong>de</strong> die nach <strong>Frankreich</strong> selbst gekommene Abteilung nicht erwähnt<br />

sein sollte und FIod. hat nicht zu 933. son<strong>de</strong>rn nur zu 935 einen Ungarneinfall<br />

und zwar beson<strong>de</strong>rs nach Burgund. Leibniz, 1. c. p. 439 lässt die<br />

Ungarn vor <strong>Rudolf</strong> 11. fliehen, nach }'lud. ist aber nur R. v, <strong>Frankreich</strong> zu<br />

verstehen, p. 440 bezieht er Ebbos Tod auf <strong>de</strong>n Normanneneinfall.<br />

1) Bosonen ausser <strong>Rudolf</strong>s Bru<strong>de</strong>r) fin<strong>de</strong>n sich mehrfach in Burgund,<br />

so Graf Boso <strong>von</strong> I'rovence. <strong>de</strong>ssen Nachfolger und Schwiegersohn Graf B054<br />

II, ein andrer Boso, Sohn Ailalelms: vgl. Rec. (l. Cluny 1, ii. 726; Gingiiis<br />

IX, 171, tabl. 1V.<br />

2) Flod. 935 p. 383; Arbuis 1, M.


ald darauf aber starb er wahrend <strong>de</strong>r Unternehmung gegen S.<br />

[uciitinund fand sein Grab bei Reims in S. Remv, <strong>de</strong>ssen Gunst<br />

r sich durch die Schenkung <strong>de</strong>s Gutes Dornremy erworben<br />

hatte 1).<br />

Ein Einfall <strong>de</strong>r Loirctruppe drohte neues Unheil, doch gelang<br />

?s <strong>de</strong>n da<strong>von</strong> betroffenen Bewohnern <strong>von</strong> Berry und Touraiiie selbst,<br />

]er Normannen Herr zu wer<strong>de</strong>n und sie zu vernichten. Im<br />

ihrigen Lan<strong>de</strong> herrschte endlich, abgesehen <strong>von</strong> kleinen Räubereien,<br />

gegen die eine reimser Syno<strong>de</strong> unter Artolds Vorsitz in Fismes<br />

.3eschlüsse erliess 2), Ruhe, die grossen Provinzialkriege <strong>de</strong>r<br />

:nächtigen Vasallen, die das Hauptunglück <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s bil<strong>de</strong>ten,<br />

;chienen endlich gestillt zu sein <strong>de</strong>s Königs Amt war es nun,<br />

len Frie<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n er durch sein zwölfjähriges Bemühen <strong>de</strong>m Reiche<br />

gegeben, zu wahren, und dass <strong>Rudolf</strong> gewillt war, sich <strong>de</strong>r fried-<br />

Hehen Verwaltung <strong>de</strong>s unter seinem Scepter vereinten Reiches zu<br />

widmen, dass er darauf rechnete, seine IJnterthancn hinfort durch<br />

Treue, nicht durch Waffengewalt im Gehorsam zu erhalten, lehrt<br />

die Urkun<strong>de</strong> aus Attigny vom 13. September 935, worin er die<br />

köni gliche Burg Uxellodunum in Quercy, da jetzt das ganze Reich<br />

ihm gehorche und auch <strong>de</strong>r Sü<strong>de</strong>n freiwillig seiner Herrschaft sieh<br />

beuge, an (las Kloster Tulle schenkt unter <strong>de</strong>r Bedingung. dass<br />

i<strong>de</strong> gesehleift wer<strong>de</strong>, um nicht zum Rückhalt für feindliche UnteriLehinungen<br />

zu dienen-").<br />

1) Flod. 1. c.; UR. 22: Varin, Areh. Idgisi. d. Reims II, 1 p. 169 Anm.,<br />

Nit, <strong>de</strong> benefact. S. Rernigii. Die interessanteste Angabe Ober ihn ist die<br />

bekannte Stelle 41er Mir, S. Gorgonii <strong>de</strong>s Job. v. Gorze (od. wie Schnitze im<br />

N. A. IX, 504 will, <strong>von</strong> einem an<strong>de</strong>rn Zeitgenossen) c. 12. SS. IV, 242 und<br />

danach in <strong>de</strong>r Vita Job. Gors. <strong>de</strong>s Joh. <strong>von</strong> S. Arnulf, c. 104-109 ib. p.<br />

367, 368, die Bosos Übermut gegen König Heinrich, herzog Gisilbert und<br />

i;ischof Adalbero in so bezeichnen<strong>de</strong>r Weise zum Ausdruck bringt; <strong>de</strong>nn<br />

<strong>von</strong> <strong>de</strong>n Gedanken, die er hier so herausfor<strong>de</strong>rnd <strong>de</strong>m Abgesandten <strong>de</strong>s geschädigten<br />

Klosters Gorze entgegenschleu<strong>de</strong>rt, legen seine Handlungen mehr als<br />

genug Zeugnis ab. - Domrerny (in <strong>de</strong>r Gegend <strong>de</strong>r Bosonischen Besitzungen<br />

gicht es mehrere, Dict. topogr. d. dp. d. 1. Meuse) ist D.-la-Pucclle an 11cr<br />

Maas, d1). Vosges arr. Neuf'chateau, das durch seine Johanna zu hohen Ehren<br />

kirn vgl. Sickel, Sybels Hist, Zeitschr. IV, 293).<br />

2) l"lod. 935 p. 383, H. U. IV, 25 p. 580. Fismes an <strong>de</strong>r Vesle, dip.<br />

Marne arr. Reims. Leibniz II, 440 und GfP;rer, Gregor, IV, 41 lassen gegen<br />

(Lese Nortriannen Ebbo <strong>von</strong> Dols fallen gegen die Angabe <strong>de</strong>s Chron. Dolense,<br />

s. oben.<br />

3) UR. 22.


9 1<br />

Doch es sollte ihm nicht beschie<strong>de</strong>n sein diesen schöneren<br />

Teil seiner Herrscheraufgabe zu erfüllen.<br />

Bald darauf erkrankte er und lag <strong>de</strong>n ganzen Herbst schwer<br />

darnie<strong>de</strong>r; zum letzten Male in sein Herzogtum, das ja sein<br />

Lieblingsaufenthalt war, zurückgekehrt weilte er am 13. Decemher<br />

in Auxerre, <strong>de</strong>ssen Bischof Wido vor seiner Ernennung ihm und<br />

seiner Gemahlin persönlich nahegestan<strong>de</strong>n hatte h, und scheint die<br />

Stadt auch nicht wie<strong>de</strong>r verlassen zu haben, <strong>de</strong>nn am 14. Januar<br />

936 erlag er hier seinen Lei<strong>de</strong>n 2), Ein Brand <strong>de</strong>r Kirche<br />

S. Coluinba in Sens, die er zur Aufnahme seines Körpers bestimmt,<br />

hin<strong>de</strong>rte die sofortige Beisetzung; dieselbe erfolgte am 11. Juli<br />

in jener Kirche, wo auch Herzog Richard seine letzte Ruhestätte<br />

gefun<strong>de</strong>n: in <strong>de</strong>r Crypta S. Svmphoriani rechts vom Altar lag <strong>de</strong>r<br />

Vater, mitten im Chor <strong>de</strong>r Basilica S. Coluinbae <strong>de</strong>r Sohn unter<br />

einem Grabmal <strong>von</strong> dunklem Marmor \. S. Columha erfreute sieh<br />

auch seiner letzten Gunst, ihr vermachte er einen Teil seines<br />

Privatgutes, die goldne mit funkeln<strong>de</strong>n E<strong>de</strong>lsteinen geschmückte<br />

Krone und das wertvolle Gerät seiner Kapelle, die sich durch<br />

ihren Altarschmuck, Kelche, Reliquienbehillter und Bücher auszeichnete;<br />

lange verwahrte man hier mit treuem An<strong>de</strong>nken an<br />

<strong>de</strong>n frommen Herrscher seine Spen<strong>de</strong>n, die Krone bis zum Jahre<br />

1147, wo Abt Theobald sie mit auf <strong>de</strong>n zweiten Kreuzzug nahm<br />

und sie, da er im Orient starb, nicht an ihre Stätte zurückkam 4)•<br />

Alle Quellen stimmen darin überein, (lass <strong>Rudolf</strong> keine<br />

Kin<strong>de</strong>r hinterliess, in einigen fin<strong>de</strong>t sich aber die Notiz, dass ein<br />

1) Gunstbeweise für ihn UR. 28, ferner hatte <strong>Rudolf</strong> nach Lebeuf 1,<br />

223 dcii Arm <strong>de</strong>s Märtyrers S. Cyr, eine Reliquie <strong>de</strong>r Kathedrale <strong>von</strong> Auxerre,<br />

in Gold fassen lassen.<br />

2) Flod. 936 p. 383, H. E. IV, 26 p. 580 7 Ann, S. Col, Sen. SS. 1,<br />

105, Adon. Contin. alt. SS. II 326, Neerolog. Äutissiod. bei Lebeuf Mm,<br />

cone. l'hist, d' Auxerre II, 274; hingegen 18. Kai. Febr. - 15. Januar: Bist.<br />

Franc. Sen. SS. IX, 366, Chron. S. Pet. Viv. Sen. Bq. IX, 34, Nec,rol. cathed,<br />

Niverii. b. Lebeuf 11, 48. Für <strong>de</strong>n 14Jan. Kalcketein p. 192, H. d. Lang.<br />

111 116, Mourin p. 168, u. a., für <strong>de</strong>n 15: BÖhmer Reg. Karo]. p. 189, Gfrörer<br />

lii, 140, Leibniz 11, 455. Martin iT 516 1 Chevalier, Rpert. <strong>de</strong>s sources Just.<br />

du moven-äge I. col. 1979. u. a., Arbuis 1, 116 Anm. verwechselt die Daten.<br />

Rieher 1, 65 To<strong>de</strong>sursache cacocexia, humoris superfluitas; Lebeuf II, 48 verwechselt<br />

wahrscheinlich seine Krankheit mit <strong>de</strong>r Ludwigs IV.<br />

3) 5, Anm. 2, ferner Append. Mir. S. Germ. Autiss. Bibl. hist. <strong>de</strong><br />

YVonne 11, 198. tJber die Beisetzung s. Notiz im Psalter <strong>de</strong>r Königin Emma<br />

<strong>de</strong>positio Rodulti inchiti regis V. idus iulii, Mabilloui <strong>de</strong> re dipl. 1. II c. 26<br />

22 p. 200. Sein Alter ist nicht überliefert, vgl. aber ob. p. 21.<br />

4) Cont. Adon. alt. SS. 11, 326. Ann. S. Col. Sen. 1148 SS. 1. 107,


Sohn Ludwig vor ihm gestorben sei, doch nieht erst Alberich <strong>von</strong><br />

Troisfontaines 1) (saec. XIII. med.) berichtet es, son<strong>de</strong>rn schon<br />

200 Jahre früher das Chronicon S. Benigni Divionensis. Meist<br />

hat man ohne weiteres die Stelle auf <strong>de</strong>n transjuranischen <strong>Rudolf</strong><br />

bezogen - ohne rechten Grund. Zwar ist es in <strong>de</strong>r That auffällig,<br />

dass keine andre Quelle etwas <strong>von</strong> <strong>de</strong>m Kin<strong>de</strong> erwähnt, aber das<br />

Schweigen kann nicht als Gegengrund betrachtet wer<strong>de</strong>n, da ja<br />

gar nicht gesagt ist, wie früh schon <strong>de</strong>r Knabe gestorben und da<br />

in ganz gleichem Gra<strong>de</strong> das Nichterwähntsein für einen angeblichen<br />

Sohn <strong>Rudolf</strong>s 11. gilt. Ein starkes Gewicht für die Vaterschaft<br />

<strong>de</strong>s Frankenkönigs bil<strong>de</strong>t die Urkun<strong>de</strong> seiner Mutter A<strong>de</strong>lheid vom<br />

14. Juni 929 2); dort sind die üblichen Fürbitten angeordnet für<br />

Richard (ihren Gemahl), für Königin Willa (Gemahlin ihres Bru<strong>de</strong>rs<br />

<strong>Rudolf</strong>s 1.), pro domno R du 1 f f 1 o in e o (<strong>Rudolf</strong> <strong>von</strong> <strong>Frankreich</strong>)<br />

et item R o du 1 f rege n e p0 t e ni e 0 (ihr Neffe <strong>Rudolf</strong> II.),<br />

pro aliis quoque filiis meis Hugo (11. <strong>de</strong>r Schwarze), Boso<br />

(<strong>de</strong>r lothringische Boso) et L udo w i c o n e po t e etc. Nepos steht<br />

hier in <strong>de</strong>m häufigen Doppelgebrauch <strong>von</strong> Neffe und Enkel, doch<br />

als <strong>Rudolf</strong>s 11. Sohn wäre Ludwig we<strong>de</strong>r Neffe noch Enkel, son<strong>de</strong>rn<br />

Grossneffe und könnte doch nicht ebenso wie sein Vater bezeichnet<br />

sein, <strong>de</strong>r hier richtig nepos heisst; sofort gelöst ist aber alle<br />

Schwierigkeit, wenn wir die Stelle einfach und ungesucht mit<br />

Enkel übersetzen und auf <strong>de</strong>n Sohn eines ihrer Söhne beziehen<br />

und zwar - zufolge jener Angabe - für <strong>de</strong>n <strong>Rudolf</strong>s. Es soll<br />

diese Annahme nicht als sicher hingestellt wer<strong>de</strong>n, doch erscheint<br />

sie wahrscheinlicher, zum min<strong>de</strong>sten ebenso wahrscheinlich als<br />

die andre Hypothese. Ob dieser Ludwig noch 929 lebte, geht<br />

aus <strong>de</strong>r Urkun<strong>de</strong> nicht hervor, da sie Fürbitten für Gestorhne und<br />

noch Leben<strong>de</strong> enthält3).<br />

1) Kalekstein p. 193.<br />

2) Bq. IX, 693 Bruel, Rer. ii. chart. d. Cluny I. n. 379 p. 358 1l. Bibl.<br />

<strong>de</strong> Fee. d. eh., 41. (1880 p. 25.<br />

3) Cliron. 8. Ben. Div. Bq. VIII 243, hugo Flavin, Chron. SS. VIII,<br />

359, Alberic. Cliriti, SS. XXIII, 757. Kalekstein p. 193 spricht <strong>Rudolf</strong> <strong>de</strong>n<br />

Sohn ab; inkonsequent ist Leibniz: Orig. (iuclf. II 38 nennt er L. <strong>de</strong>n<br />

Sohn <strong>de</strong>s Frankenkönigs, 39 hingegen folgt er <strong>de</strong>r verwirrteii Darstellung<br />

Albrichs, <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong> <strong>Rudolf</strong>e verwechselt und nennt L. als Soliti JuduIfs II.<br />

aus <strong>de</strong>ssen angeblicher erster Ehe mit Emma. Sein Herausgeber Scheid hat<br />

aber in <strong>de</strong>r Anm. dies richtig gestellt und auch er entschei<strong>de</strong>t sich, sogar ohne<br />

die [rk. <strong>de</strong>r A<strong>de</strong>lheid herbeizuziehen, für ltud. v. <strong>Frankreich</strong>: in <strong>de</strong>n Ann.<br />

imp. II, 455 (u. 404) hat auch Leibniz diese Ansicht. Guihlon <strong>de</strong> Monthion,<br />

llaoitl ou ltodolphe p. 93 ist aut Kaiser Ludwig verfallen ‚ <strong>de</strong>r aber mi fit-


94<br />

nass <strong>Rudolf</strong> unter <strong>de</strong>n obwalten<strong>de</strong>n Verhältnissen keine Verfügung<br />

über die Krone traf, kann ihm nicht zum Vorwurf gemacht<br />

wer<strong>de</strong>n, da er dazu kein Hecht besass, und ebenso wenig ist es<br />

ein Beweis für geringe Autorität, dass zufällig sechs Tage vor<br />

seinem To<strong>de</strong> die Kirche S. Columba zu Sens durch einen Haufen<br />

verbrecherischer Gesellen angezün<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n war -- die Verhütung<br />

je<strong>de</strong>s Verbrechens ist noch keinem Sterblichen geglückt i).<br />

Sein Tod erledigte <strong>de</strong>n Thron, die Lage war verwickelter<br />

als bei seiner Wahl, obwohl es damals drei Kandidaten gab,<br />

während jetzt nur zwei <strong>de</strong>r Grossen ernstlich in Betracht kommen<br />

konnten: Herihert und Hugo. Aber 923 stan<strong>de</strong>n die Drei in<br />

guten Beziehungen zu einan<strong>de</strong>r, während jetzt die Bei<strong>de</strong>n verfein<strong>de</strong>t<br />

waren. Je<strong>de</strong>m war ein mächtiger Anhang im Reiche selbst<br />

o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Nachbarreiche zur Seite, die Erhebung <strong>de</strong>s Eineii hätte<br />

nur ein Parteikönigtum geschaffen, <strong>de</strong>in die An<strong>de</strong>rn in schroffer<br />

Opposition gegenüber stehen mussten, da Je<strong>de</strong>r zu fürchten hatte,<br />

sein früherer Privatfeind wür<strong>de</strong>, einmal im Besitz <strong>de</strong>r Krone, <strong>de</strong>n<br />

Machtzuwachs zur Unterdrückung <strong>de</strong>s Gegners benützen, und V011<br />

Sü<strong>de</strong>n liess sich die Erneuerung <strong>de</strong>s Verfahrens gegen <strong>Rudolf</strong> voraussehen.<br />

Zugleich mag sich wie<strong>de</strong>r hier und da eine gewisse<br />

Anhänglichkeit an die Karolinger geregt, die Geneigtheit zu <strong>de</strong>ren<br />

jetzt ermöglichter Restauration sich geltend gemacht haben. Dieser<br />

Stimmung und <strong>de</strong>n Schwierigkeiten gegen seine eigne Erhebung<br />

trug Hugo Rechnung und beför<strong>de</strong>rte die Restauration wohl in <strong>de</strong>r<br />

Hoffnung, durch vorläufige Unterstützung <strong>de</strong>s Königtums sieh<br />

<strong>de</strong>ssen Freundschaft zu erwerben und wie sein Haus bisher nieist<br />

im Gegensatze gegen die Karolinger emporgekommen war, einmal<br />

auf an<strong>de</strong>rm Wege unter <strong>de</strong>m Deckmantel <strong>de</strong>r Königstreue dasselbe<br />

Ziel weiter zu verfolgen,<br />

Auch <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Dynasten erschien dies als das zweckmässigste,<br />

da es keinen <strong>de</strong>r Genossen begünstigte und das Königtum<br />

nicht in die Hand eines mächtigen Herrn legte, <strong>de</strong>r wie<br />

<strong>Rudolf</strong> versuchen konnte, sich auch wirklich als ihr Oberherr zu<br />

erweisen, son<strong>de</strong>rn in die eines Jünglings, <strong>de</strong>ssen reale Macht nicht<br />

gefährlich wer<strong>de</strong>n und <strong>von</strong> <strong>de</strong>ssen Unerfahrenheit man möglichst<br />

grossen Vorteil zu ziehen hoffen konnte,<br />

Am Hofe seines Oheims Aethelstan, <strong>de</strong>s Königs <strong>de</strong>r Angelsachsen,<br />

lebte mit seiner Mutter Eadgifu <strong>de</strong>r Sohn Karls, <strong>de</strong>r im<br />

gen<strong>de</strong>n au q(lrÜcklieli als imperator erwähnt ist, und nicht so ohne je<strong>de</strong> Ehrenbeeieliriung<br />

genannt wer<strong>de</strong>n konnte, da selbst die <strong>Konig</strong>e ihren Titel erhalten.<br />

1 Flod. 1. c. Ann. S. Co]. Sen. SS. 1. 105, Richer 1, 65. LOns 1. e.<br />

p. 14; Xalckstein p. 193.


95<br />

i(. Jahre stehen<strong>de</strong> Ludwig; ihm beschloss man die Herrschaft<br />

zurückzugeben.<br />

Im Auftrag <strong>de</strong>r Grossen ging Erzbischof Wilhelm <strong>von</strong> Sens<br />

mit Gesandten nach England, doch erst nach Empfang feierlichen<br />

Eidschwures gaben Aethelstan und seine Schwester ihre Einwilligung<br />

und entsandten <strong>de</strong>n jungen Fürsten mit stattlicheni Gefolge<br />

in sein Reich. Bei Boulogne bereiteten ihm seine neuen<br />

Vasallen beim Verlassen <strong>de</strong>s Schiffes einen festlichen Empfang<br />

und leisteten gleich an <strong>de</strong>r Küste <strong>de</strong>ii Treueid. Darauf zog man<br />

nach Laon zur Salbung und Krönung, die am 19. Juni 936 <strong>de</strong>r<br />

Erzbischof <strong>von</strong> Reims vornahm').<br />

In <strong>de</strong>r Zwischenzeit vorn Januar bis Juni datierte man <strong>von</strong><br />

Rud6lfs Tod ab, selbst die Reichsteile, die lange seiner Herrschaft<br />

wi<strong>de</strong>rstrebt hatten, trugen jetzt kein Be<strong>de</strong>nken, seinen Namen in<br />

<strong>de</strong>n Urkun<strong>de</strong>n fortzuführen, ja es berühmt meelit son<strong>de</strong>rbar, dass<br />

gera<strong>de</strong> sie sich nun gar nicht <strong>von</strong> ihm trennen zu können<br />

schienen: <strong>de</strong>nn selbst nach Ludwigs Erhebung ignorierte man vielfach<br />

diesen Spross <strong>de</strong>s angeblich so treu verehrten Herrschergeschlechts<br />

und bediente sich ungescheut <strong>de</strong>s Namens <strong>de</strong>s anfangs<br />

so sehr als Thronräuber verlisterten <strong>Rudolf</strong>, um so die Fiktion<br />

eines günstigen Interregnums aufrecht zu erhalten 2).<br />

1) Flocl. 936 p. 383, H. R. IV, 26, 35 p. 580, 586, Richer 11, 1— 4,<br />

Folciin, g. a. Sith. c. 102 SS. XIII, 626, Ami. S. Col, Sen. SS. 1, 105, Bist,<br />

Franc. Sen. SS. IX, 3(j6, Ainioin Mir. S. Beii. Bq. IX, 140, Boduif. Glab. 1<br />

3 SS. VII, 53, IjutIn, Lair p. 193; vgl. Kalckstein p. 194 II.<br />

2) Marca Hispunica, append. col. 847 ii. 72 betreffs Roussillon); Baluze,<br />

histcr. Tutel. app. col. 349, 355, 356 Tul1e); Bibi. <strong>de</strong> löc, d. chart. V, 4<br />

(-- 24) p. 170 (Ro(Icz) II. d. Lang. V. n. 64 (Carcassonne, ii. 65 (EIne), 68<br />

(Beziers). 71 iVabres, sogar <strong>de</strong>r I)eeemher 937 noch als Interregnum im II.<br />

Jahre nach Bud, Tod) ; Baluze, Ca1iit. II app. 1535 (EIne, Arles [Arulo, l'vrönes<br />

trienta]es] auch Voni Dec. 9:17); Cart. <strong>de</strong> Biaulieu n. 178 Beaulieu);<br />

Cart. dc S. Cyprien ii. 375, 381, 414 (Poitiers) Perard, Rec. d. pi'ces s.<br />

lii. d. Bourgogne p. 161 (1)ijon, aus 5437) ilec. d. eh . (l. Cluny lii. 445, 447,<br />

448, (Cluny), ib. ii. 446 (Nevers). Vgl. II. d. Lang. III, 116; Bruel, Bibi. da<br />

1'&. d. ehart. XLI. 30. (Zu oben p. 69 Anm. 1. Anerkennung Ludwigs seit<br />

929 vgl. auch noch Bruel 1. c. p. 31. liee. (l. Cluny 1, 513.)


EI<br />

Seh Iussbetraehttiiig.<br />

Werfen wir noch einen Rückblick auf die Perio<strong>de</strong> französischer<br />

Geschichte, die vor unsern Augen vorühergegangen ist!<br />

Wohin wir uns auch wen<strong>de</strong>n, nirgends zeigt sich während<br />

dieser langen Kämpfe <strong>de</strong>m Auge ein Ruhepunkt, ' beständi g wogt<br />

das Treiben <strong>de</strong>r Grossen glihrend auf und ab ‚ nicht einmal ausgesprochene<br />

Gegensätze treffen wir an. die eine feste Parteibildung<br />

schüfen, son<strong>de</strong>rn haltlos schwanken die Einzelinteressen <strong>von</strong> einer<br />

Seite zur an<strong>de</strong>rn, so dass es selbst <strong>de</strong>m Königtum, das doch <strong>de</strong>r<br />

feste, alle Zeit unrerrfickbare Angelpunkt <strong>de</strong>s Staatslebens sein<br />

soll, fast zur Unmöglichkeit wird. Seine Stellung zu wahren ‚ da<br />

es seiner Natur nach in einer Lehnsmonarchie eben wesentlich<br />

auf die Mitwirkung <strong>de</strong>r grossen Vasallen an gewiesen ist.<br />

Das <strong>de</strong>utsche Königtum befand sich <strong>de</strong>m westfränkischen<br />

gegenüber in einer viel günstigeren Lage, <strong>de</strong>nn Deutschland war<br />

in <strong>de</strong>r Entwicklung <strong>de</strong>r Lehnsverhältiiisse hinter <strong>Frankreich</strong> zurück<br />

in Deutschland kamen neben <strong>de</strong>in <strong>de</strong>ni Köni ge als massgeben<strong>de</strong> staatliche<br />

Faktoren ausser einigen Kirchenfürsten noch die grossen<br />

Herzoge in Betracht, die Untergewalten in <strong>de</strong>n Herzogtümern<br />

hatten nicht <strong>de</strong>n Grad <strong>von</strong> Selbständi gkeit erlangt, wie im Nachbarreiclie,<br />

wo neben <strong>de</strong>n Herzogen eine grosse Anzahl andrer<br />

Machthaber stand, die jenen nur nominell o<strong>de</strong>r zum Teil auch<br />

gar nicht unterthan waren, son<strong>de</strong>rn direkt <strong>de</strong>m König unterstan<strong>de</strong>n.<br />

Auch äussere Schwierigkeiten türmten sich in noch bedrohlicherer<br />

Höhe auf als rechts <strong>de</strong>s Rheins; dort waren die<br />

Ungarn die Geisel <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s, hier gesellten sich zu diesen noch<br />

die Normannen und Saracenen.<br />

Im Ostreiche boten die Kämpfe gegen die heidnischen<br />

Slaven unruhigen Gemütern nicht bloss Gelegenheit, ihre Lust<br />

an Krieg und Raub zu befriedi gen, son<strong>de</strong>rn vor allem auch <strong>de</strong>m<br />

Königt u m zugle ich die Möglichkeit, mit <strong>de</strong>n neuen Län<strong>de</strong>reien<br />

die Getreuen zu belohnen und dadurch in rllrelie zu erhalten, auch<br />

das Krongut selbst war noch sehr ansehnlich, während im Westreiche<br />

bei<strong>de</strong> Mittel ganz o<strong>de</strong>r fast ganz fehlten, da das Krongut<br />

seit <strong>de</strong>n Bürgerkriegen <strong>de</strong>s neunten Jahrhun<strong>de</strong>rts sehr zusam-


ft7<br />

mengeschmolzen war' ' ) und an<strong>de</strong>res Gut nicht verliehen wer<strong>de</strong>n<br />

konnte, ohne seinenInhaber zu berauben und zum Fein<strong>de</strong> zu<br />

machen. Obwohl nicht zum alten Herrscherhause gehörig hat<br />

<strong>Rudolf</strong> als König sich doch mit <strong>de</strong>mselben solidarisch gefühlt und<br />

<strong>de</strong>n ihm zugefailnen Rest <strong>de</strong>s Kronguts nicht an seine Anhänger<br />

verschleu<strong>de</strong>rt 2), son<strong>de</strong>rn mit einigen Ausnahmen, wo er gebieterisehen<br />

Verhältnissen nachgeben musste, sich bemüht, es zusammenzuhalten<br />

und, sobald sich eine Gelegenheit bot, wie im zweiten<br />

herihertischen Aufstand, Entäussertes zurückerlan gt. Wenn er sich<br />

auch in sofern günstiger gestellt sah als die letzten Karolinger,<br />

dass er über ein eignes Gebiet als Herzog waltete, so genügt diese<br />

Aeusserlichkeit allein noch nicht, um seine Erfolge zu erklären<br />

<strong>de</strong>nn auch dieser Besitz stand ihm nicht zur unbeschränkten Verfügung,<br />

da er immerhin mit seinen herzoglichen Vasallen rechnen<br />

musste, und die Unruhen 931 und .935 zeigen, dass selbst hier<br />

Versuche gegen sein straffes Regiment gemacht wur<strong>de</strong>n. Hierin<br />

war <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche König nicht min<strong>de</strong>r im Vorteil vor ihm: er<br />

konnte über sein Sachsen freier gebieten als es je ein westfränkischer<br />

Herzog über sein Land gekonnt hat (selbst die feste herrschaft<br />

<strong>de</strong>r I{obertiner nicht ausgenommen), da gera<strong>de</strong> in Sachsen<br />

das Feudalsystem noch weniger ausgebil<strong>de</strong>t war als im übrigen.<br />

Deutschland; auch bil<strong>de</strong>te Sachsen ein gewichtigeres Glied im östlichen<br />

Reichsverban<strong>de</strong> als Burgund im westlichen.<br />

Den westfränkischen Königen hat es in <strong>de</strong>r allgemeinen<br />

Auffassung oft gescha<strong>de</strong>t, dass sie die Sachsenherrscher zu Zeitgenossen<br />

hatten - je mehr Lieht auf <strong>de</strong>r einen Seite, um so<br />

tieferer Schatten auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren. Das treffliche, kraftvolle<br />

Königtum Jener liess, beson<strong>de</strong>rs seit <strong>de</strong>r Glanz <strong>de</strong>r Kaiserkrone<br />

sie umstrahlt, das oft schwer bedrängte Karolingertum, das freilich<br />

in ganz andre Notlage zum grossen Teil durch die Schuld seiner<br />

Vorfahren sich gedrängt sah, in umso kläglicherer Gestalt erscheinen.<br />

In einigen Perio<strong>de</strong>n, wie unter Karl III. und Ludwig IV.,<br />

war ja auch thatsächlich die Lage zu Zeiten recht hoffnungslos,<br />

aber auch das zehnte Jahrhun<strong>de</strong>rt ist für das französische Königtum<br />

nicht eine Bahn, auf <strong>de</strong>r es ununterbrochen nur bergab <strong>de</strong>m<br />

Untergange zueilt, son<strong>de</strong>rn auch hier zeigen sich Zeiten, wenn<br />

nicht <strong>de</strong>s Aufschwungs und <strong>de</strong>r Neugeburt, so doch sicherlich<br />

mannhaften Beharrens und kräftigen Zurückdrängens <strong>de</strong>r das<br />

Königtum als Repräsentanten <strong>de</strong>r Staatseinheit bedrohen<strong>de</strong>n<br />

U Vgl. Warnkönig und stein, frz. St.- und R.-gesch. III, 37 ll • ; für<br />

1)eutchIand s. Wait',., Verftsgesc1i. VIII, 239.<br />

2) Wie ohne jedwe<strong>de</strong> Begründung Ufrürer (iregor, III, 140 meint.<br />

7


LS<br />

elemente, und als eine solche Zeit stellt sich <strong>Rudolf</strong>s Regierung<br />

entschie<strong>de</strong>n dar.<br />

Seine persönlichen Eigenschaften lassen uns in ihm eine<br />

königliche Erscheinung erblicken, wie sie das zehnte Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

verlangte. Wie<strong>de</strong>rholt hören wir <strong>von</strong> Beweisen seiner frommen<br />

Gesinnung, seiner Freigebigkeit und Mil<strong>de</strong> gegen die Kirche, die<br />

ihm die Herzen <strong>de</strong>r Welt- und Klostergeistlichkeit gewann, aber<br />

seine kirchliche Gesinnung gab ihn nicht als Schwächlin g in die<br />

Leitung eines übermächtigen Klerus, wur<strong>de</strong> nie zur Frömmelei<br />

<strong>de</strong>nn es paarte sich damit die andre Haupteigenschaft, die ihn<br />

<strong>de</strong>m weltlichen Teil seiner Cuterthanen als <strong>de</strong>n rechten Mann erscheinen<br />

liess, seine Tapferkeit und Kriegstüchtigkeit; reichlich<br />

hat er diese in <strong>de</strong>n vielen Kriegen zu bewähren Gelegenheit gehabt;<br />

selbst mit <strong>de</strong>r ei gnen Person trat er ein und wie Kriegerblut<br />

ist auch Königsblut im Kampfe gegen die Reichsfein<strong>de</strong> geflossen.<br />

Der mittelalterliche König war aber nicht nur ein gnädiger<br />

Herr gegen die Kirche, nicht nur <strong>de</strong>r Heerführer seines Reiches,<br />

er war auch <strong>de</strong>r höchste Schirmer <strong>de</strong>s Rechtes und <strong>de</strong>r Ordnung;<br />

<strong>Rudolf</strong> erfüllte auch hierin die Pflichten seiner Stellung und<br />

ahinte <strong>de</strong>m Beispiele seines Vaters Richard nach, so dass auch<br />

sein Gerechtigkeitssinn durch verschie<strong>de</strong>ne Erzählungen gefeiert<br />

wur<strong>de</strong> 2)<br />

Wenn wir sein ganzes Auftreten während <strong>de</strong>r zwölf Jahre<br />

betrachten, können wir nicht umhin ihm Anerkennung zu zollen.<br />

Seine Regierung war ein fast unausgesetztes Ankämpfen gegen die<br />

oben skizzierten Schwierigkeiten, die bald vereinzelt, bald auch<br />

vereint gleichzeitig auf ihn eindrangen; wacker hielt er aber<br />

Stand; musste er ein Stück zurückweichen, so war es für ihn nur<br />

ein zeitweiliger Zustand und Schritt für Schritt drang er wie<strong>de</strong>r<br />

vor; seine Ausdauer, seine Entschlossenheit verbun<strong>de</strong>n mit kluger<br />

iMiissigung und zugleich sein verständiges Eingehen auf die Grundfor<strong>de</strong>rungen<br />

seiner Zeit brachten ihn schliesslich doch an das<br />

1) Wie bei jenem Ludwig, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Fromme heisst, <strong>de</strong>n aber C. <strong>von</strong><br />

Noor<strong>de</strong>n scharf, doch treffend <strong>de</strong>n Frömmler nannte.<br />

2) Zu <strong>de</strong>n Fällen, die im Laufe <strong>de</strong>r Darstellung berührt wor<strong>de</strong>n sind,<br />

mag nueh auf zwei hingewiesen sein, die oben nicht einzureiben waren, auf<br />

die ilofge.richtsurkun<strong>de</strong> in Dijon für S. Benignus im Chroii. S.. Ben. Bq. VIII,<br />

245, Analeeta Divionerisia p. 125, und beson<strong>de</strong>rs auf die Bestrafung <strong>de</strong>s<br />

Räubers, <strong>de</strong>r Die (Up. Yonne arr. Tonnerre), ein Gut Fleurvs, an sich gerissen<br />

hatte und seine Wi<strong>de</strong>rsetzlichkeit mit tlern To<strong>de</strong> büsste <strong>de</strong>r Kanig selbst soll<br />

an <strong>de</strong>r Aufgreifung <strong>de</strong>s Thäters und seiner Ban<strong>de</strong> teilgeiioiiiitien und uni eigen-<br />

Itindig nie<strong>de</strong>rgestossen haben, wie man später in Fleury sich erzählte, Aimoin,<br />

Mir. S. Ben. Bq. IX, 15.


99<br />

Ziel: er starb als anerkannter Herrscher seines Reiches, <strong>de</strong>m er<br />

auch gute Beziehu gell zu <strong>de</strong>n Nachbarreichen hinterliess 1)•<br />

Das Bild Ru( 1fs in <strong>de</strong>r historischen Ueberhieferung ist <strong>de</strong>nn<br />

auch (abgesehen natürlich <strong>von</strong> einigen prinzipiell gehässigen<br />

Stimmen <strong>de</strong>s Sü<strong>de</strong> is, <strong>de</strong>nen er <strong>de</strong>r unrechtmässige Herr war und<br />

blieb) ein äusserst günstiges, wie es keinem an<strong>de</strong>rn Westfrankenkönig<br />

<strong>de</strong>r letzten (arolingerzeit zu Teil gewor<strong>de</strong>n ist, selbst mit<br />

überschwenglichem Lob gehen einzelne Autoren sehr freigebig<br />

um'); doch o]in Berücksichtigung dieser dankbaren Uebertreibungen,<br />

unter Erwä gung auch <strong>de</strong>s Un günstigen, das sich in<br />

<strong>Rudolf</strong>s Gescliicht zeigt, bietet doch die wahre Erscheinung, wie<br />

sie aus <strong>de</strong>n glaub' ürdigsten Zeugnissen sich ergieht, genug <strong>de</strong>s<br />

Lobenswerten, un die vorausgehen<strong>de</strong> Beurteilung zu rechtierigen<br />

Man kann <strong>Rudolf</strong> wohl in Vergleich stellen mit Konrad und<br />

Heinrich, ohne Gefahr zu laufen, dass <strong>de</strong>rselbe für ihn ungünstig<br />

ausfällt. Wie die Konrads, war seine Zeit <strong>von</strong> inneren Kämpfen<br />

erfüllt., die auch ihn noch in kräftigem Alter aufrieben, aber sein<br />

Hingen war glücklicher als das <strong>de</strong>s Franken, nicht so glücklich<br />

als das <strong>de</strong>s Sachsen; was jenem nie zu Teil ward, was diesem<br />

seine Tüchtigkeit und sein Glück gleich im Anfang seiner Herrschaft<br />

bescheerten ‚ die unbestrittne Oberhoheit - sie war ihm<br />

1) Unberechtigt ist 'Waitz p. 173 (l69) geneigt in <strong>de</strong>r Zusamuierikurift.<br />

am Chiers 935 einen iiltnlichen Vorgang zu sehen wie <strong>de</strong>n zu Worms, wo<br />

Arnulf 895 als Schiedsrichter über <strong>de</strong>n Gegenkönigen Udo und Karl stand,<br />

wie er auch schon zuvor als Oberherr l,s Kin<strong>de</strong>s Ludwig im heidi l'rovenee<br />

aufgetreten war; doch dort lud <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche Herrscher die Frankenfürsten<br />

zur Entscheidung vor sich in sein Reicht, hier verabre<strong>de</strong>ten zwei Könige eine<br />

Zusammenkunft und kamen als Gleichgestellte einan<strong>de</strong>r entgegen; dass <strong>Rudolf</strong><br />

Herr im eignen Hause blieb, lehrt die <strong>de</strong>utsche Vermittlung für Fleribert, <strong>de</strong>m<br />

die <strong>von</strong> Heinrich beauftraAen <strong>de</strong>utschen Grossen <strong>von</strong> <strong>Rudolf</strong> nur unter Ullgütustigen<br />

Bedingungen einen \Vahlenstillstand verschaffen konnten. Richtiger<br />

lasst Waitz selbst, Verfassgesch. V, 93 das Verhältnis auf.<br />

2) Richer (1, 47) hebt auch Ru,lilfs gute wissenschaftliche Bildung hiervor;<br />

Aiunoin mit seinen Ableitungen). ltod. Glab., Ann. S. Cl. Set,., Hist.<br />

Franc. Sen. (und die verwandten Quellen), Hist. reg. Franc.. bcniL&rs Lii,.<br />

<strong>de</strong> div. cas. coen. Derre.iisis und Append. Mir. 5. Gern,. Autiss. 1.<br />

3) Es möge hier auch Leibnizs Urteil Platz fin<strong>de</strong>n, das er A. i. 11,<br />

455 abgiebt: lindolfus .......x neu asPernaildus, si causa perin<strong>de</strong> ac furtitudine<br />

valuisset. Diu cum fortuna et adversis honiinuiii aninnis colluctatus,<br />

tan<strong>de</strong>m vicit Galhiainque in obsequio habuit, seil fructus laborum non dcgustavit.<br />

7*


1 CIO<br />

erst in seinem letzten Jahre beschie<strong>de</strong>n, und während <strong>de</strong>r Sachse<br />

dann seine Kraft <strong>de</strong>r innern Regieiungsthätigkeit in erhöhtem<br />

Masse zuwen<strong>de</strong>n und sein Reich auch innerlich gefestigt und beruhigt<br />

seinem Sohne übergeben konnte, war die Frist, die <strong>de</strong>m<br />

Burgun<strong>de</strong>r blieb, zu kurz, um mit gleicher Thätigkeit auch im<br />

Westreiche durchdringen zu können. Bei seinem To<strong>de</strong> führte kein<br />

gleich trefflicher Sohn wie Otto seine Aufgabe erfolgreich weiter:<br />

die Thronfolge eines zwar gut beanlagten ‚ aber lei<strong>de</strong>nschaftlichen<br />

Jünglings, <strong>de</strong>r statt <strong>de</strong>n Wie<strong>de</strong>rausbau <strong>de</strong>r Fundamente fortzusetzen,<br />

auf <strong>de</strong>in unsichern Bo<strong>de</strong>n sieh ein Herrschaftsgebäu<strong>de</strong> im<br />

alten Glanze errichten wollte, stürzte das Reich bald <strong>von</strong> neuem<br />

in ein Wirrsal <strong>von</strong> Kämpfen, die das Eingreifen <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen<br />

Königs veranlassten und ihn eine indirekte Herrschaft wenigstens<br />

für eilige Zeit auch jenseits <strong>de</strong>r Maas üben liessen.<br />

/


1 () 1<br />

IV. Die Urkun<strong>de</strong>n Rudolis.<br />

Die Urkun<strong>de</strong>n eines Herrschers ohne handschriftliche Grundlagen<br />

behan<strong>de</strong>ln zu wollen, dürfte umsomehr als Vermessenheit<br />

er3ehcinen. als es sieh um eine spätkarolingische Perio<strong>de</strong> han<strong>de</strong>lt,<br />

bei welcher das vorliegen<strong>de</strong> Material sich in <strong>de</strong>r schlechtesten<br />

Verfassung befin<strong>de</strong>t und Vorarbeiten noch völlig fehlen 1).<br />

Doch wird hier auch dieser Anspruch nicht erhoben, das<br />

Gebotene soll nur das Erreichbare zusammenstellen um damit,<br />

da die Neuausgabe <strong>de</strong>r Karolingerregesten diesem Gebiete ihre<br />

eingehen<strong>de</strong> Sorgfalt noch nicht hat ange<strong>de</strong>ihen lassen können 2),<br />

wenigstens eine Ergänzung <strong>de</strong>s ganz ungenü gen<strong>de</strong>n Abschnittes<br />

bei Böhmer und zugleich <strong>de</strong>r vorausgehen<strong>de</strong>n Geschichte <strong>Rudolf</strong>s<br />

zu bieten. Das geringe Material macht eine umfassen<strong>de</strong>., zu festen<br />

1-Zügeln gelan gen<strong>de</strong> Beleuchtung sehr schwierig: Böhmer gicht nur<br />

17 Urkun<strong>de</strong>n,' Bouquet 21; daran reihen sich noch 2 andre, also<br />

auf nur 23 Diplomen müssten wir das Urkun<strong>de</strong>nwesen aufbauen;<br />

ferner haben wir noch Kenntnis <strong>von</strong> einigen verlornen Urkun<strong>de</strong>n,<br />

<strong>von</strong> <strong>de</strong>nen aber nur eine Art Regest o<strong>de</strong>r die blosse Erwähnung<br />

<strong>de</strong>r Verleihung erhalten ist.<br />

<strong>Rudolf</strong>s Kanzlei lehnte sich an das Vorbild <strong>de</strong>r karolingischen<br />

Kanzlei an. An <strong>de</strong>r Spitze stand ein Bischof als Erzkanzler,<br />

welcher Titel jedoch nur zweimal erscheint, II. 13, 14, da sein<br />

Inhaber meist nur als episcopus o<strong>de</strong>r praesul o<strong>de</strong>r pontifex be-<br />

1) Das einzige sind die ganz dürftigen, Zinn Teil mit Irrtümern durchinengten<br />

Notizen bei Maijillon <strong>de</strong> rc dipl. fil cd. Paris 1709) p. 120 (fehlerhafte<br />

Xanzleiaugabe), Bq. IX, 561, DucarLge., Glossarium (ed. in 4)11, 0 s.<br />

v. cancellarius (die gleichen Fehler), Natalis <strong>de</strong> Wailly, E1mcnts <strong>de</strong> ia10-<br />

graphie (Paris 1838) 1, 226 (wie<strong>de</strong>rholt die Angaben <strong>de</strong>r vorigen) und 358;<br />

für die eigentliche Urkun<strong>de</strong>nlehre sind nur die zerstreuten Notizen in Stumpfs<br />

Reichskanzlern Bd. I. (Innsbruck 1865) zu nennen.<br />

2) Nach ilein Titel scheint überhaupt die Arbeit zuniichst ihren Abschluss<br />

mit 918 liuilcn zu sollen.


11 ^-)<br />

zeichnet wird 1 [iiter Karl hatte nach Heriveus <strong>von</strong> Reims<br />

Rotgar <strong>von</strong> Trier die Wür<strong>de</strong> innegehabt, da er aber nicht zu<br />

Robert übertrat verlieh <strong>de</strong>r Gegenkönig das Amt an Bischof<br />

Abbo <strong>von</strong> Soissons. <strong>de</strong>n bei Roberts To<strong>de</strong> sein Nachfolger <strong>Rudolf</strong><br />

beibehielt. Abho stand itt engen Beziehungen zu Ileribert und<br />

war zugleich geistlicher Bisturnsverweser voll doch beim<br />

Aufstand 927 blieb er seinem König treu und behielt die Erzkanzierwür<strong>de</strong><br />

; die letzte seiner Urkun<strong>de</strong>n, n. 14, ist vom 7. Oktober<br />

9J 1. Ein Grund seines Rücktrittes ist unbekannt; die <strong>von</strong><br />

Kalckstein ange<strong>de</strong>utete Vermutung ist nicht stichhaltig, <strong>de</strong>nn<br />

Abhos freundliches Verhältnis zu Hugo war seit 928 gelöst, da<br />

Heribert ilun wegen seiner Treue für <strong>Rudolf</strong> die Verweserschaft<br />

entzog und <strong>de</strong>in Odairich voll übertrug.<br />

Ihm folgte Ansegis <strong>von</strong> Troyes, <strong>de</strong>r bis zu Tiulolfs Tod<br />

fungierte und selbst in Ludwigs erstem Jahr im Amte blieb.<br />

Mehrere Urkun<strong>de</strong>n entbehren <strong>de</strong>r Recognitionszeile in <strong>de</strong>n vorhan<strong>de</strong>nen<br />

Drucken gänzlich, n. 3, 5, 10, 19. in 9 ist sie unvollständig;<br />

eine Urkun<strong>de</strong> nennt <strong>de</strong>n Erzkanzler Ansegis selbst als<br />

Recognoscenten. n. 21, die im Feldlager vor Chateau-Thierry verlieben<br />

wur<strong>de</strong>, während sonst die eigentlichen Kanzleigeschäfte <strong>de</strong>n<br />

Unterbeamten überlassen blieben.<br />

Dieselben, stets Geistliche, treten auf als notarius in 1, 2,<br />

4, 6, 7, 11, 13, 14, cancellarius 1) 12. 15, 23. ohne Amtsbezeichnung<br />

‚ i(i. 17. 18, als sacerdos 20, 22.<br />

Unter Abbo fin<strong>de</strong>n wir <strong>de</strong>n Notar Ragenard liaynard) bis<br />

zum 30. Mai 925; aus <strong>de</strong>m Juli 925 giebt es eine Urkun<strong>de</strong> eines<br />

1) Auch in <strong>de</strong>n Frk-. Karls d. E. begegnet oft nur die Bezeichnung als<br />

Bischof o<strong>de</strong>r Erzbischof, beson<strong>de</strong>rs in <strong>de</strong>r zweiten Hälfte seiner Regierung ist<br />

hingegen meist :unminus cancellarius beigefügt, bisweilen archieancellarius,<br />

vereinzelt camwellarius daneben für dieselbe Person, z. B. Bq. IX, 489 uni-1<br />

492, 469 uimcl 475 u. a. nie (wenigstens in <strong>de</strong>n Urk. b. DI.) treffen wir dcii<br />

Titel Erzkaplan während <strong>de</strong>s ganzen letzten Jahrhun<strong>de</strong>rts <strong>de</strong>r wcstfraijl


103<br />

Anselin (8): seit 927, wahrscheinlich seit September ist Heribert<br />

als Notar und Kanzler belegt bis zum 7. Oktober 931, <strong>de</strong>n unter<br />

Ansegis <strong>de</strong>r Kanzler Hugo ablöst am 28. December 931 ; dann<br />

erscheinen Rotmund (Rosmund, Beadmund) vom 20. Mai ‚ bez.<br />

19. Juni, bis 1. Juli 932, <strong>de</strong>r Priester Gotefied am 13. 1)ecemher<br />

933 und 13. September 935, und nochmals Hugo 12. December<br />

935 1).<br />

Ueher die sonstigen Verhältnisse <strong>de</strong>s Kanzleipersonals mangeln<br />

Nachrichten, doch lassen sich zwei Fälle ermitteln, welche zeigen,<br />

dass auch hier ein Gebrauch bestand, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Kanzlei<br />

sehr ausgebreitet war: durch Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r königlichen Kapelle,<br />

die mit <strong>de</strong>r Kanzlei versclimohen war, die Bischofsst1ile zu besetzen<br />

2) Ein Rotmund wur<strong>de</strong> 935 <strong>von</strong> <strong>Rudolf</strong> in seinem Lan<strong>de</strong>sbistum<br />

Antun als Bischof eingesetzt, in welchem wir unzweifelhaft<br />

<strong>de</strong>n oben erwähnten Botmiiiid zu sehen haben 3; ein andrer Geistlieber,<br />

Wido, tritt in dcii vorliegen<strong>de</strong>n Urkun<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>ren Reihe ja<br />

grosse Locken bietet, nicht auf, die Gesta pontificum Autissindorensium<br />

berichten aber, nach seinem frühen Eintritt in <strong>de</strong>n<br />

geistlichen Stand zur Zeit Bischof Herifrids sei er in Auxerre<br />

wissenschaftlich herangebil<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n, als Mann aber später in<br />

<strong>de</strong>n speziellen Dienst König <strong>Rudolf</strong>s getreten und habe am Hofe<br />

verweilt, er sei <strong>de</strong>mnach Mitglied <strong>de</strong>r königlichen Kapelle gewor<strong>de</strong>n;<br />

im Jahre 933 verlieh <strong>de</strong>r König auf Verwendung seiner<br />

Gemahlin ihm das Bistum Auxerre 1): also gera<strong>de</strong> zwei Sitze in<br />

seinem eigenen Herzogtum sehen wir ihn mit ihm persönlich<br />

nahestehen<strong>de</strong>n Männern besetzen.<br />

1) Kakkstein p. 223 vermutet, Hugo sei <strong>de</strong>r Bei mser Erzbistumspriite•n<strong>de</strong>mit,da<br />

. bei<strong>de</strong> Urk. aus Auxerre stammen, <strong>de</strong>ssen Bischof Wido sein Lehrer<br />

war;<br />

es ist aber abgesehen <strong>von</strong> seiner Jugend - er war II bei.. 15 Jahre<br />

alt - wenig wahrscheinlich, dass er, <strong>de</strong>r Sohn <strong>de</strong>s aufstätidiselien Heribert,<br />

in so nahen Beziehungen zum König gestan<strong>de</strong>n haben solle, um Mitglied <strong>de</strong>r<br />

Kanzlei zu sein,<br />

2) Vgl. Stumpf, Beichslsanzler 1 p. 10. II p. 8, 48 7 75, 09 u. a., M.<br />

Dl). 1. p. 1, 37, 82 fl., 3iilhlbacher 1. c. p 352, 353, 360.<br />

3) Hugo Flavin. Uhron. SS. VIII, 350, Series abb. Flavin. ib. 503; dass<br />

er vor seiner Erhebung Weitgeistlieher und nicht Klosterbru<strong>de</strong>r war, zeigt<br />

seine Amtsführung.<br />

4) Flod. 933 p 181 (lesta pont. Autiss. Bibi. hist. <strong>de</strong> l'Yonne 1, 378;<br />

Hist. litir. d. 1. Fr. VI, 288. Er war wie Sn1f <strong>von</strong> Reims ii. a. Bischöfe)<br />

aus <strong>de</strong>r Schule <strong>de</strong>s Eeniigius <strong>von</strong> Auxerr' lirv nr'umIIL'en. uni .elbst Lehrer<br />

il's 1lino <strong>von</strong> Bsirns. vgl. F].-,(l. ii. l . \!II .ol. I'i'zAi'e<br />

101, e K1,ii.d''r 1


104<br />

Hinsichtlich <strong>de</strong>s Textes sind wir ausschliesslich auf die zum<br />

grossen Teil recht mangelhaften Drucke angew iesen; auch eine<br />

Vergleichung <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Drucke ist meist ohne Erfol g, da<br />

die Texte zum guten Teile einem Vorgänger entlehnt sind, ohne<br />

dass man es für nötig erachtet hätte, die eventuell noch vorhan<strong>de</strong>nen<br />

Originale o<strong>de</strong>r Kopien einzusehen; die Texte lei<strong>de</strong>n<br />

daher fast sämtlich mehr o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>r an Ungenauigkeit.<br />

In französischen Urkun<strong>de</strong>neditionen hat man z. B. das<br />

Chrisrnon nie bezeichnet; auch in keinem <strong>de</strong>r Drucke rudolfinischer<br />

Urkun<strong>de</strong>n ist es erwähnt, aber selbstverständlich wird es nicht<br />

fehlen, und die bei<strong>de</strong>n veröffentlichten Facsimilia haben es in <strong>de</strong>r<br />

That, <strong>von</strong> einem an<strong>de</strong>rn Originale sagt es Sic.kel 1)<br />

Fast alle Drucke gewähren hingegen die verbale Jnvocation:<br />

in nomjne sanctae et indivicinac trinitat.is ‚ die Grimaldische<br />

Formel, nur n. 22 hat im Druck gar keine und n. 3 die folgen<strong>de</strong>:<br />

In nomine I)ei et salvatoris nostri Jesu Christi, was Bouquet als<br />

fehlerhaft bezei(hnet; allerdings ist diese Ausdrucksweise ungewöhnlich,<br />

doch ist dadurch die Echtheit <strong>de</strong>r Urkun<strong>de</strong> nicht gefähr<strong>de</strong>t,<br />

da innere Grün<strong>de</strong> sie nicht anfechten, sie durch n. 2 und<br />

4 ge<strong>de</strong>ckt wird und schon <strong>von</strong> Lothar eine Bestätigungsurkun<strong>de</strong><br />

vorhan<strong>de</strong>n ist 2)<br />

Der königliche Titel schwankt sehr stark ): ohne Reichsbezeichnung<br />

fin<strong>de</strong>n sich 10 Fälle, die aber unter sich weit auseinan<strong>de</strong>rgehen<br />

; es steht It. gratia Dci rex in ‚ 12, 23, misericordia<br />

1)ei r. 1, 4, divina ordinante provi<strong>de</strong>ntia r. 3. superna regente<br />

pietate r. 6, eius<strong>de</strong>m Dci ornnipotentis gratia et iiiiseric. r. 2, div.<br />

propitiante clernentia pius augustus atque invietissimus r. 17, gratia<br />

Dci pacificus augustus et invictus r. 10; das Frankenreich wird<br />

erwähnt: div. eiern. Francoruin r. 5, div, propitiante <strong>de</strong>m. Fr. r.<br />

7, 15, 16, 1, 19. ipsius (Dci) prop. eiern. r. Fr. 11, dir. prop.<br />

<strong>de</strong>m. r. Fr. et vir illustris 21, div. ordin. provid. r. Fr. 9, ornnilotentis<br />

Dci iniseric. r. Fr. 13, 14; in zwei Diplomen aber fin<strong>de</strong>t<br />

1) Siekel. Acta reg. et iml)crator. Karolin. (Wien, 1867) 1, 211 Anm.<br />

2, 295 Anm. 2 Facs. v. UILO bei Mabullon <strong>de</strong> re dipl. p. 417, tab. XXXVI,<br />

v. fl .. 17 bei Silvestre, l'akiograpliie universelle Bd. III, Abt. Chartes royales<br />

Xilne si'ele fl. 2, wo in ihrn die Anfangsbuchstaben <strong>de</strong>s Namens Christi enthalten<br />

sind.<br />

2) Bq, IX, 562, 618; die Invucation J. n. 1). e. s. im. J. C. ist die in<br />

<strong>de</strong>n Diplomen Xtiimig Lothars 11. übliche und gera<strong>de</strong> in iler Übergangsperio<strong>de</strong><br />

nach 1cr gut karoliiigisc1 Zeit fin<strong>de</strong>t sich wie<strong>de</strong>rholt ein o1ches Zurücklt<br />

II auf frühire Fu rmeln, v gl. Stumpf 1 78; Millilbachmer 1, c p. 404 lT.<br />

3). Vgl. Stttiii1;f 1.


L 4<br />

1 0F<br />

sich die vollständigste Titulatur 1) gratia Dei Fr. et Aquitanorum<br />

at([ue Burgundionitm r. pius iuvictus ac seinper augustus 20, inclitus<br />

fügt noch hinzu 22, vgl. jedoch über 20 und 22 die Aninerkungen.<br />

In <strong>de</strong>r königlichen Unterschriftszeile ist die Benennung zwar<br />

auch verschie<strong>de</strong>n, aber es überwiegt doch Signum Rodulfi regis<br />

gloriosissimi (17 mal), bisweilen mit beigesetztein domni, daneben<br />

erscheint S. II. r. gioriosi in 3, 6, serenissimi 11, gloriosissimi<br />

atque praecellentissirni 12, ohne ehren<strong>de</strong>s Epitheton 10, ohne Signuin<br />

überhaupt 8; in <strong>de</strong>r Datierung entspricht <strong>de</strong>m S. R. r. gloriosissimi<br />

ein regnante II. r. gloriosissimo in 7, 18, 19, 21, 22. 231<br />

ein r. R. r. giorioso in 1, 2, 4, 17, 20, (leni S. R. r. gioriosi ein<br />

i. 11. r, gloriosissirno in 3, 6 ; serenissimus in <strong>de</strong>r Datierung<br />

bieten 13, 14, keinen Zusatz 10, 15, 16, gar keine Angabe 5, 9.<br />

Ankündigung <strong>de</strong>r königlichen Unterschriften haben alle ausser 3,<br />

10, 12, 17, 20 (die sie aber <strong>de</strong>nnoch bringen) mlii 8.<br />

Bei Ankündigung <strong>de</strong>r Sigillation ge<strong>de</strong>nken die meisten <strong>de</strong>s<br />

anulus, hingegen <strong>de</strong>r bulla 13), 14211- ohne nähere Bestimmung<br />

sind ii, 12, 17, ohne je<strong>de</strong> Erwähnung <strong>de</strong>s königlichen Siegels)<br />

8; 10 mel<strong>de</strong>t, dass die Urkun<strong>de</strong> <strong>von</strong> dcii Primates mit untersiegelt<br />

sei, 8 und 22 haben Signa andrer Personen 4)<br />

Nachbildungen <strong>de</strong>s königlichen Mouogramrns, die bei einigen<br />

Variationen <strong>de</strong>nselben tiritndcharakter tragen, fin<strong>de</strong>n sich mehrfach<br />

5); auch das epigiaphische Monogramm (auf Münzen) entspricht<br />

<strong>de</strong>m palaeo graphischen ).<br />

1) Vgl. stumpf 1, 88.<br />

2) Stumpf 1, 95.<br />

3) Guillott <strong>de</strong> Mont1ton p. 103 giebt : lluudul1ilius gratia l)ei Fraucuirlun<br />

ccx als Siegellegen<strong>de</strong> um Budolfs Bild auf einem Diplom in dcii Archiven<br />

<strong>von</strong> S. Denis, ohne weitere Bezeichnung <strong>de</strong>sselben; <strong>de</strong>r Schriftcharacter soll<br />

angeblich <strong>de</strong>r Zeit entsprechen und das Bild einen Mann <strong>von</strong> über 50 Jahren<br />

darstellen, vgl. jedoch über ksiiigliche Siegel Stumpf 1, 106 ff. beson<strong>de</strong>rs lii.<br />

Die Beschreibung eines an<strong>de</strong>rn Siegels (v. UR. 17) s. bei Leibniz, Orig.<br />

GuelC. II, 161.<br />

4) Vgl. Ficker Beiträge zur Urkun<strong>de</strong>nlehre (Innsbruck 1877, 78) 1, 227<br />

II. 131: Sickel Acta Kar. 1, 203, Beitr. IV. W. S. B. 47 p. 578; Stumpf 1, 119.<br />

5) Mabillon u. Sjlve.stre facs. 1. c. Beslv. hist. <strong>de</strong>s corntes <strong>de</strong> Poictol]<br />

p 239, l)ucaiige, Glossarium Bd. IV (cd. in 4) Mono-r. Pl. II. n. 65-67,<br />

Guihlon Pl. 1 zu p. 69, Leibniz, Orig. Gucif. II, 161. Stumpf 1. c. 1 p. 101.<br />

6; I)ueange, Glos. IV s. v. moneta p. 751, pI. III. ii. 14, 15. - Es<br />

mag bei dieser Uelegen}Leit noch auf andre Beschreibungen <strong>von</strong> Münzen Budolis<br />

verwiesen wer<strong>de</strong>n. Bibi. bist. da I'Yonne II, 253 mit <strong>de</strong>r Prägstätte<br />

Sens, die bei l)ucange haben Paris und Orlaiis, ferner s. zu UR. 3.


106<br />

Die Datierung erfolgt nur UR. 5 nicht nach <strong>de</strong>m aunus regni,<br />

meist ist letzterer begleitet <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Indiction, welche nur in 5,<br />

8, 13, 14, 16, 21 fehlt; vereinzelt tritt das Incarnationsjahr auf<br />

3, 5, 10, 22, je<strong>de</strong>r Zeitangabe ermangelt 9. Doch trotz <strong>de</strong>s Vorhan<strong>de</strong>nseins<br />

<strong>von</strong> meist zwei Daten ist die Chronologie ungemein<br />

schwierig und in mehreren Fällen ist ohne Korrektur einer o<strong>de</strong>r<br />

selbst bei<strong>de</strong>r Zahlen die Einreihung ganz unmöglich.<br />

Der Epochentag <strong>Rudolf</strong>s ist <strong>de</strong>r 13. Juli, sein erstes .Jahr<br />

läuft <strong>de</strong>mgeniäss vom 13. Juli 923 bis 12. Juli 924; für einige<br />

Diplome hat mau, um <strong>de</strong>r heillosen Verwirrung zu entgehen, angenommen<br />

1), man habe bisweilen das volle Jahr 923 als annus<br />

1 zu setzen, doch auch dies ist nur ein ungenü gen<strong>de</strong>r en Notbehelf.<br />

Schwieriger steht es noch mit <strong>de</strong>r Frage, welche Indiction gewählt<br />

ist; für <strong>de</strong>n ersten Teil <strong>de</strong>s Jahres bis September ist es ja gleichgiltig<br />

bei <strong>de</strong>r Zählung, da sie hier sich <strong>de</strong>cken, an<strong>de</strong>rs aber bei<br />

<strong>de</strong>n letzten Monaten und gera<strong>de</strong> für diese ist das Material ') zur<br />

Entscheidung nicht ausreichend.. Es lässt sich daher nur sagen,<br />

dass mit <strong>de</strong>r ln(lictio roniana, die <strong>de</strong>n Kalen<strong>de</strong>rjahren entspricht,<br />

in einigen Fällen eine Lösung möglich gemacht ist, dass bei <strong>de</strong>n<br />

Septemberindictioneu diese Möglichkeit, die wi<strong>de</strong>rsprechen<strong>de</strong>n Daten<br />

in Einklang zu bringen, sich etwas erhöht; überhaupt herrschten<br />

hierbei in <strong>de</strong>r späteren Karolingerzeit keine festen Regeln ).<br />

Das Formelwesen in <strong>Rudolf</strong>s Urkun<strong>de</strong>n ist schwer festzustellen;<br />

<strong>von</strong> <strong>de</strong>n alten Formeln. wie sie uns Roziöre 4) bietet,<br />

kommt, soviel ich habe ermitteln können, nur eine völlig in Be-<br />

1) Bq. IX, 5431 als Bestätigung dürfen hier loch unmöglich Privaturkun<strong>de</strong>n<br />

herangezogen wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>ren Anfangsterniiue sehr schwankend sind, s.<br />

oben; vgl. auch Sickel, Bcitr. L W. S. B. 36 p. 348.<br />

2) Aus <strong>de</strong>n Monaten September bis December giebt es 43 (vielleicht<br />

7, ii. II) Urkun<strong>de</strong>n, da<strong>von</strong> 5 mit annus regni und inihetic, doch sind in sämtlichen<br />

die bei<strong>de</strong>n Zahlen unter einan<strong>de</strong>r unvereinbar.<br />

3) Mühlbacher 1. c. p. 368 weist für Karl (<strong>de</strong>n Dicken) 1)icke.n) nach, dass unter<br />

ihm wechselnd selbst bei einem Kanzler, ja selbst in eiiieni Monat verschie<strong>de</strong>ne<br />

Tndictionon Anwendung fan<strong>de</strong>n. - Welchen Daten man d(ii Vorzug geben<br />

soll, ist chie schwer allgemein zu beantworten<strong>de</strong> Frage, z. B. Beitr. 1. W. S.<br />

B. 36 p. 344 betrachtet Sickel f. Lud. (1. D.) die lud. als ausschlaggebend.<br />

lleitr. VIII. ib. 101 p. 137 (f. Otto 1.) <strong>de</strong>n annus regni ; s, auch Stumpf II<br />

p. XII. In <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Regeslen ist meist letzterem gefolgt, da mehrfach<br />

äussere Umstän<strong>de</strong> (zeitlich gleichstehen<strong>de</strong> Urk., Itinerar u. a.) dafür sprechen,<br />

z. B. UR. 3, 10, 12, 17-20.<br />

4) Recucil gtnral <strong>de</strong>s formules usittes (]ans l'empire <strong>de</strong>s Fruncs du<br />

au Xe sic1e, 3 B<strong>de</strong>., Paris 1859, 1871.


1 f 7<br />

tracht in <strong>de</strong>n Urkun<strong>de</strong>n für S. Martin <strong>von</strong> Tours und Marmoutier,<br />

doch ist auch hier wohl nicht Zurückgehen auf eine Formelsamm<br />

lung, son<strong>de</strong>rn Vermittlung durch Urkun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Vorgänger anzunehmen.<br />

die fast alle nach <strong>de</strong>r gleichen Formel stilisiert sind 1);<br />

in <strong>de</strong>n übrigen Urkun<strong>de</strong>n ist das Formular nur in einigen Fällen<br />

<strong>de</strong>in früherer Urkun<strong>de</strong>n entsprechend, in <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>rn hingegen sind<br />

nur einzelne Stücke bald <strong>de</strong>r, bald jener Formel entnommen und<br />

daraus ist eine ei gne Formel kompiliert; um hierüber zu sicheren<br />

Resultaten zu gelangen, müsste die Betrachtung sämtliche Urkun<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>r letzten westfränkischen Karolinger umfassen ‚ eine<br />

Spezialarbeit, die hier nicht geboten wer<strong>de</strong>n kann; manche Bemerkungen<br />

und Hinweise sind <strong>de</strong>n einzelnen Urkun<strong>de</strong>n beigegeben<br />

wor<strong>de</strong>n.<br />

Wie sich aus <strong>de</strong>n im folgen<strong>de</strong>n beigefügten Anmerkungen<br />

er(riebt, sind es nur wenige Urkun<strong>de</strong>n, hei <strong>de</strong>nen nichts o<strong>de</strong>r doch<br />

nur etwas kaum ins Gewicht fallen<strong>de</strong>s auszusetzen ist, sehr viele<br />

bieten Vorkommnisse, auf welche hin man früher das Diplom ohne<br />

weiteres für gefälscht erklärt hätte. Fickers grundlegen<strong>de</strong> Untersuchungen<br />

zeigen in<strong>de</strong>ssen, wie vorsichtig und massvoll man bei<br />

solchen Urteilen seiii muss, <strong>de</strong>nn für eine sehr grosse Menge <strong>von</strong><br />

Verdachtsmomenten hat er Originale als unanfechtbare Entlastungszeugen<br />

vorgeführt und gera<strong>de</strong> die Über gan gsperio<strong>de</strong> <strong>de</strong>r 1)iplomatik<br />

‚ wie Stumpf die Karohirigerzeit nach Karl <strong>de</strong>m Dicken bezeichnet,<br />

ist beson<strong>de</strong>rs reich an Abweichungen, da in ihr manches<br />

noch einmal auftaucht, was lange abgekommen war, manches schon<br />

vereinzelt eindringt, was erst später zu allgemeinerer Annahme<br />

gelangte und sich mehrfach eine Beeinflussung <strong>de</strong>r Königsdiplome<br />

durch Privaturkun<strong>de</strong>n geltend macht2).<br />

1) Rozire 1, 32 ii. 24.<br />

2 In dcii 1legestLn ist B. = Böhmer Begesta Carolorum, Brq.<br />

Bri 1uigny Table ehron1ogii <strong>de</strong>s diplomes, chartes . . conc. ä l'hist. <strong>de</strong><br />

Fran ce (Paris 1769) 1 mit Sitciiiiurnmer, Bq. ohne Bandzahl Bouquet IX,<br />

St. Stumpf Heichskanzler 1. Ficker = Beitr. z. Urkun<strong>de</strong>nlehre, IJKdE.<br />

lTrk. Karls III <strong>de</strong>s Einfältigen. BetrefFs <strong>de</strong>r äussern Einrichtung schien es<br />

zwee1,im5ssig, <strong>de</strong>m Beispiel Bresslaus in seiner ‚Kanzlei Kaiser Konrads 11."<br />

folgend die Anmerkungen unmittelbar <strong>de</strong>m Ilegest anzuschliessen. Reiehsversainiiilunigcii<br />

‚ Frie<strong>de</strong>nsschlüsse, Gesandtschaften u. (Irgl. (wie bei l3Olimer-<br />

Mülnlbaclier) waren nicht aufzunehmen, da sie schon oben in <strong>de</strong>r Geschichte<br />

ilu<strong>de</strong>hfs ihren Platz gefun<strong>de</strong>n haben.


1 ()S<br />

lt e g es t e Ii.<br />

1. Autun 924 Februar 2i.<br />

II. restituiert auf Bitte <strong>de</strong>s l3iscli. Ansegis (v. Troves) und<br />

seines Getreuen Adso <strong>de</strong>in Kloster S. Sviuphorian in <strong>de</strong>r Vorstadt<br />

<strong>von</strong> Autun unter Propst Herniold eine Kirche in Aiciacu,n und<br />

bestdtigt die an<strong>de</strong>ren Besitzungen . . . apud Augustodunuin civitatem<br />

. . Rayllardus not. adv. Ahbonis ep. dictavit, prid. kai.<br />

mart, md. XII, a. 1,<br />

B. 1980 zum 28. Febr.. <strong>de</strong>sgl. Kalekstcin p. 165, Arno. 2: 991 ist aber<br />

Schaltjahr Bri. 1, 385: Bq. 562 'n. d. Chartul. <strong>de</strong>s Klosters: Thirnx, conites<br />

dAutun p. 1 18 : Kai. mau : Gailia Christiamia 2 IV, 372. Formular s, UKdE.<br />

f Antun 11. 486, ilOdos B1. 456, ULud. cl. St. Ilq. 415.<br />

2, Chlon 924 April 0.<br />

lt bestätigt <strong>de</strong>m Abt Eimo v. 5. Martin in <strong>de</strong>r Vorstadt<br />

<strong>von</strong> Autun auf Bitte seiner Gemahlin die Schenkungen früherer<br />

Könige in seinem Reiche und in Provence. genehmigt eine Sehenhing<br />

seiner Gemahlin und einen Tausch seines Getreuen Berengar,<br />

regelt die Abtwahl und Stellun g <strong>de</strong>s Klosters . . . Bagenard not.<br />

adv. Abbonis ep. recogn. et subscr. Vl[I. id. apr. md. XII. a. 1.,<br />

Cabillono civitate.<br />

B. 1981 ; Br1. 385; Mahillon <strong>de</strong> re dipl. 564 (n. Abschrift v. D Auzut<br />

aus cl. Orig.) B1. 563; Gall. Christ. IV, instr. 71. Ilimlliot <strong>de</strong>n Herr<br />

Wre<strong>de</strong> in Gottimigen einzusehen die Güte hatte) bist. <strong>de</strong>, 5. Martin d'Autun 1<br />

164, 11, 24, mit <strong>de</strong>r Subser: Ragn. not. Lauduiecusis episeopus rec. et<br />

Dat. 1111 id. apr.... . Cabilne . . . Vgl. ob. p. 41. Formular Anklänge<br />

an UKIE. f. 8. M. v. Autun Bq, 485.<br />

3. Chi1on 924 April 8.<br />

R. giebt Bisch. A<strong>de</strong>laid <strong>von</strong> Puv-on-Veiai unter Zustimmung<br />

<strong>de</strong>s Grafen Wilhelm (v. Velay,‚ Hz. v. Aiiuitanien) <strong>de</strong>n Flerkeim<br />

l-'uy (buigum), Grafschaftsrechte (-Markt, Zoll, Müiize , Gerichtsbarkeit)<br />

und stellt <strong>de</strong>n Besitz <strong>de</strong>r Muttergotteskirche unter Immunititt.<br />

Vl. id. apr. md. X. a. 1.. a. I)UCCCXXIII (corr. liii.' Cabiliono<br />

civit.<br />

11. 1982; Bri,1. 385 Gall. Christ. II, 221 - Bj. 564, II. cl. Lang. II<br />

pr. vol. 61 erwähnt Vorhan<strong>de</strong>nsein inelirrer Kopien v gl. oben p. 41. ferner<br />

II. cl. Lang. 111, 97; bestätigt nut Erwclluriurtg Fhiduifs durch Kg. Lothar Bq


618, B. 9030• md. X nach UR. 2 und 4 corrig. md. XII. Münzen aus 1cr<br />

biscliütlichen Pritgstätte mit <strong>Rudolf</strong>s Namen, s. Hut. <strong>de</strong> Lang. VII, 387.<br />

4. Chflon 924 April 9.<br />

II, bestätigt <strong>de</strong>m Abt }Teriveus vom Kloster S. Maria und<br />

Ph ilibert in Abtei S. Valeriani im Castrum Trenorcium CI'ouriius)<br />

die früher erhaitrien Besitzungen, freie Abtwahl und die sonstigen<br />

Hehte. Bageriard not. adv. Abbonis ep. recog. et subscr. V. id<br />

apr. md. XTT. a. 1. Cabillorio civit.<br />

B. 1983; Brq. 386; Bq. 565 nach Chifflet bist. dc lalpb. dc Tournns<br />

p. 275 wie<strong>de</strong>rholt mit einigen Erweiterungen ohne Nennung uudolfs <strong>von</strong><br />

Ludwig IV, B. 2006 Bq. 593, v, Lothar 13. 2032 Bq. 620, während UR. auf<br />

1JKdE. Bq. 323 zurückgeht. Formular Anlehnung an das <strong>von</strong> UR. I.<br />

5. Laon 924.<br />

R. giebt auf Bitte seines Pfalzgrafen Theobald (v. Blois) <strong>de</strong>n<br />

Möiichen <strong>von</strong> S. Lomer im Schlosse Blois zu passen<strong>de</strong>rein Aufenthalt<br />

die Kirche S. Lubin daselbst mit Zubehör und Gerechtsainen<br />

Lugduni, a. verbi DCCCCXX[V.<br />

Briq. 386; B1. 566 nach Gall. (lrist. VIII instr. 112 vgl. Kalcksteirs<br />

p. 11i6; Mm. d. 1. Soe. archolog. <strong>de</strong> 1'Orhannais 11(1853) p. 384. Nach<br />

liivotion, Titel, Arenga nennt sich <strong>de</strong>r König nochmals mit Namen un<strong>de</strong> ego<br />

Hailulihus rex und bedient sich stets ausser in <strong>de</strong>r Corrohoration und Ankündigung<br />

<strong>von</strong> Sign um und Siegel <strong>de</strong>s Singulars; liecognition und reguläre<br />

l)alirung fehlen; die Urk. ist, wenn echt, je<strong>de</strong>nfalls sehr stark ver<strong>de</strong>rbt; St.<br />

1. 81, 88 betrachtet an und für sich ego als Zeichen <strong>de</strong>r Unechtheit. Unter<br />

Lugdunum ist ohne Zweifel Laon zu verstehen, für Laulunum fin<strong>de</strong>t sich in<br />

jenel Zeit auch Lugd., z. B. Polcuin, g. abb. Sith. 102, SS. XIII, 626. Die<br />

Corriboration ist wie bei U1i, 7.<br />

G. Laon 925 April 6.<br />

R. verleiht auf Bitte Rotgers, <strong>de</strong>s Grafen (v. Laon) und Abtes<br />

(v. Elno ‚ S. Anand), <strong>de</strong>m Kloster Elno Mansen in Vidiniuni im<br />

Austrobaimt an <strong>de</strong>r Schei<strong>de</strong> u. a. und bestätigt die Schenkungen<br />

seiner Vorgänger . . . . Ragenard not, adv. Ahbonis ep. rec. et<br />

subscr . . . . . VIlf id. apr. md. XIII. a. 11. Lauduno castro.<br />

B. 1984; Brnq. 387; MarLene, Coll. ampliss. 1 col. 279 Bq. 566, ex<br />

chartario Eliioncnsi Mabillon, Ann. Bened. III, 383; Kaickatein p. 174, s. ob.<br />

p. 49. Urk. ist im allgemeinen ordnungslniissig son<strong>de</strong>rbar aber ist die Corroboration<br />

in 4 metrisch nicht ganz reinen Hexametern nirgends saust fin<strong>de</strong> ich<br />

ein Analugun <strong>von</strong> diplomatischer Poesie, auch hat lagenard sich diese Extravagalis<br />

nur hier gestattet; in v. 3 schlägt Nut. du, Wailly 1. c. 1, 338 patet<br />

statt paret vor, welches aber metrisch falsch und durch <strong>de</strong>n Sinn nicht erfor<strong>de</strong>rt<br />

ist. Das Siegel wird als Portraitsicgel angemel<strong>de</strong>t, die Wahrheit ist<br />

nicht zu ermitteln, St. 1, 111 meint allerdings, auch <strong>von</strong> <strong>de</strong>n späteren Karoliuigerui<br />

<strong>de</strong>s 1.0. Jahrh. habe nur Lothar kein Geinunensiegel gebraucht. Im<br />

Coiutext geringe Anklän ge an UKdE. 1. Elno Bq. 502 (?).<br />

7. Arciacum an <strong>de</strong>r Saöne 925 Mai 30.<br />

R. bestätigt auf Bitte <strong>de</strong>s Bisc.li. Gauzselin <strong>von</strong> Langres und<br />

seines getreuen Grafen Manasse (<strong>von</strong> Dijon-Vergy) <strong>de</strong>m Kloster S.


110<br />

Benignus in <strong>de</strong>r Vorstadt. <strong>von</strong> Dijon die Gaben früherer 1ürsten<br />

und Bischöfe, dazu die villa Saeiacum. Teile <strong>de</strong>s Marktrechts und<br />

einige andre Besitzungen. Rainard [not.1 adv. Abbonis pontificis<br />

rec. et subser. . . . Arciaco villa supra fluvium Ararim. TU. kai.<br />

jun., iiid. Xlii., a. IV.<br />

Brq. 388 zu 926; l'erard, Rec. <strong>de</strong> pi'ccs s. ihist. <strong>de</strong> Ilnirgogne p.<br />

162 zu 925 Bq. 569 zu 926; I)uchesnc H. il. 1. ni. d. Vergy pr. p<br />

395. III. kai. jul. md . III. Ausführliches Regest ins Chrnn. S. Ben, U. VIIL<br />

243, u. Analeeta Divionensia (Dijon 1875) p. 124; Chron . Alherici 55. XXIII.<br />

758: Kalckstein p. 172 Anm. 1; Gui]lo,i p. 79, 80 bemüht sich vergeblich,<br />

Areiaeum o<strong>de</strong>r Artiacum (so. und nicht Aritacuns hai Perar(11 aufzufin<strong>de</strong>n, lautlich<br />

entspräche ein Arcey, wie ein solches am I)ouhs, ckp. Doubs arr. Baume,<br />

vorkommt; auf <strong>de</strong>n Spezialkarten bei Joanne fin<strong>de</strong> i(-li jedoch nur ein etwas<br />

anlauten<strong>de</strong>s Are, d&p. Haute-Sane, arr. Grav, auf <strong>de</strong>in rechten Ufer unweit<br />

<strong>de</strong>r Einmündung <strong>de</strong>s ruisseau <strong>de</strong>s Eeoulcttes. Nachm WailIv 1. c.. soll Urk. auch<br />

Incarnationsjahr haben. Anmius IV, giebt 927, od. V. Auf, 923 gerechnet 926,<br />

imid. XIII. = 925; schon das Chron. S. Bei). (Mitte 11, Jahrh.( setzte die<br />

1-rk. zu 925, ihm folge ich ; dasselbe hat auch noch nicht die Zusätze einer<br />

Kopie. die nach Bq. einige Rechte hinzu giebt. Formular zum 'feil wie UR.<br />

18, 19.<br />

S. Antun 925 Juli.<br />

R gicht <strong>de</strong>n Kanonikern <strong>von</strong> S. Symphorian zu Antun, die<br />

ihn bei Gelegenheit seines Kirchgaugs angingen, die Lehn seines<br />

verstorbnen Getreuen Ado durch Nie<strong>de</strong>rlegung eines Messers auf<br />

<strong>de</strong>m Altar, und gestattet auf Bitte schier Mutter A<strong>de</strong>lheid und<br />

seines Vasallen Unizo die Verleihung <strong>de</strong>rselben als Prekarie an<br />

seinen Getreuen Al<strong>de</strong>rich .... . in atrio S. Symphoriani, Herrnold.<br />

praepos. firinavit. S. Adheleidis, S. Gilberti coni. S. Ragenaidi<br />

(Vicegf. v. Auxerre) S. Roberti. S. Manassis (Gisleh. Bru<strong>de</strong>r)<br />

Ego Anselinus rogatus sc.ripsi et datavi in mense julio die mercurii,<br />

a. ITT. regn, Red. glor. rege.<br />

B. 1985, Br 1. 387; Bq. 569 mm. Thiroux, Ii. d. comt. d'Autun, p. 119;<br />

vgl. Kalckstein p. 172, Anm. 2 (unrichtig Dienstag). Vieles auffällige : es<br />

fehlen Arenga, Ankündigung <strong>de</strong>r Unterschrift und <strong>de</strong>r Siegelung, [ntersehrift<br />

selbst, ob auch das Siegel, ist nicht angegeben; statt <strong>de</strong>ssen Iimm<strong>de</strong>n sich 10<br />

Zeugenmiterschriften, <strong>von</strong> <strong>de</strong>nen die uns bekannten zeitlich und örtlich allerdings<br />

wohl passen, und wenn auch dieser Vorgang iii Köni gsurkun<strong>de</strong>n sehr<br />

selten ist, da sie zur Unscheltbarkeit <strong>de</strong>ssen nicht bedürfen, so spricht er doch<br />

noch nicht für die Unechtheit, da unterschreiben<strong>de</strong> Geistliche und signierenh'<br />

Laien auch scimirim in (leim älteren K;inigsurkun<strong>de</strong>n als Beurkundmmngszeugen vorkoinimmeu,<br />

vgl. Fieker 1, 227 ff. § 131), 131. Actum mit Ausstellungsort und<br />

Ap]recation sind <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Datierung getrennt, letztre steht,statt am Schluss,<br />

seliomm vor <strong>de</strong>n Zeugen. Die Form <strong>de</strong>r Verleihung durch Uebergabe eines<br />

Gegenstan<strong>de</strong>s, die bei Privaten gewöhnliche ‚ ist, obschon selten in Königsurkun<strong>de</strong>n<br />

erwähnt, doch auch nach 1'icker 1, 116 § 75 bei diesemm meist allzunehmen,<br />

Nur Invoeation und Titel sind kanzleimimssig, sonst trägt die ganze<br />

Urkun<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Stempel <strong>von</strong> Privaturkun<strong>de</strong>n so ausser <strong>de</strong>n Zeuen die Strafbestimmt)-<br />

bei Verletzung <strong>de</strong>r Prckarie und beson<strong>de</strong>rs die Subscription : ego<br />

Ammeelimmus r o g a tu s ....und die ungenaue Zeitangabe ‚‚an einem Mittwoch<br />

im Juli", die in l'rivaturkuriilen <strong>de</strong>r Zeit unendlich lmiiulig ist, da dieselben


111<br />

selten <strong>de</strong>n Wochentag, stets <strong>de</strong>n geiaiien Monatstag geben. Wir haben also<br />

wohl keine Urkun<strong>de</strong> <strong>de</strong>r ku'iniglichen Kanzlei vor uns, son<strong>de</strong>rn eine <strong>von</strong> <strong>de</strong>m<br />

Empfänger selbst vorbereitete (s. Fick-er 1, 287 if § 164), welcher <strong>de</strong>r König<br />

nur seine Sanktion erteilte, die hier vielleicht nur durch Siegelung erfolgte, da<br />

seine Unterschrift in <strong>de</strong>r Abschrift mit angegeben wor<strong>de</strong>n wäre, während<br />

Siegel. selbst wo sie vorhan<strong>de</strong>n waren ‚ <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Kopisten oft nicht mit erwähnt<br />

wur<strong>de</strong>n dassSiegel bisweilen beigefügt wur<strong>de</strong>n ohne vorherige Ankündienng<br />

ist durch Sieke] 1. 191 nachgewiesen. Für <strong>de</strong>n Charakter einer<br />

Irivaauch<br />

rkun<strong>de</strong> spricht am' die Trennung <strong>von</strong> Actum und Datum durch die<br />

Zeugen, die in jenen nach I'ic.ker II, 94') § 133 seit <strong>de</strong>m 8. Jahrhun<strong>de</strong>rt üblich<br />

war und wofür sich noch in, 10. Jahrh. zahlreiche Beispiele fin<strong>de</strong>n, z. B. Baluze,<br />

hist. g&n. d. 1. ni. d'Auvcrgne II p. 6, Cartui. <strong>de</strong> S. Pöre <strong>de</strong> Chartres<br />

p. 8, Rec. d. chart. 1. Clunv 1. n. 271, 450 u. a. - Anselin erscheint auch<br />

nur in dieser einen Urkun<strong>de</strong>.<br />

9. [925].<br />

R. reorganisiert auf Bitte Bisch. Adalelms <strong>von</strong> Laon das<br />

heruntergekommene Kanonikerstift S. Vincentius in monte Lauduno<br />

und bestimmt <strong>de</strong>ssen Rechte genau. Recognition, Datum, Ort<br />

fehlen,<br />

Brq. 387; Mabillon <strong>de</strong> re dipl. 565 ii. d. Orig. mi Archiv v. S. Vincent<br />

= Bq. 568; zum Teil fa'si;n Mabill. 1. e. p. 417 Pl. XXXVI; <strong>de</strong>r Schluss ist<br />

lückenhaft, ob unlesbar o<strong>de</strong>r nicht ausgefüllt, ist nicht klar gesagt (wohl das<br />

letztere), <strong>de</strong>r Ort <strong>de</strong>s verlornen Siegels hingegen angegeben auffällig im Facs.<br />

ist für eine Reinschrift das an unpassen<strong>de</strong>m Platze stehen<strong>de</strong> gar nicht zum<br />

Text gehörige generalitatis, das auch durchstrichen ist: die Schrift erscheint<br />

<strong>de</strong>r Probe iiaeh allerdings zeitgemäss ob auch kanzleimässig?). Die Verlaihungazeit<br />

ist ganz unsicher, es ist <strong>de</strong>shalb die bisherige Ansetzung beibehalten<br />

wor<strong>de</strong>n Ada]ehn starb 930, s. Ebd. ib. p. 379. Eine Bestätigung<br />

giebt es voll Lothar 975 Bj. 639. B. '2051,<br />

10. Briare 927 September 9,<br />

R. bestätigt <strong>de</strong>in <strong>von</strong> Wilhelm <strong>de</strong>m Aelteren (W. 1. <strong>de</strong>m<br />

Frommen v. Aquitanien) gestifteten Kloster Cluny seine Privilegien<br />

(Exernton <strong>von</strong> aller weltlichen Obrigkeit, Marktzollhefreiung. freie<br />

Vvra\\\ nach Odos Tod) und seine Besitzungen (Blanuscuni u. a.),<br />

e Urkun<strong>de</strong> <strong>von</strong> seinen Primates signieren . . . . Brio<strong>de</strong>ro<br />

villa md. Xl.. V. id. sept., inc. DCCCCXXVII, r.<br />

Zuerst ediert 1876 <strong>von</strong> Bruel ‚ Eec. d. chart. <strong>de</strong> Chntv 1, 281 n. 285.<br />

aus Cart. (' 46 (Bibl. d. 1. ville <strong>de</strong> Cluuy, n. 1, saec. XII. in.), die crw(ihLIte<br />

Stiftungsurk. Wilhelms ib. n. 119. Datierung ist bis auf' md. XI korrekt, doch<br />

auch hier di; Besserung sehr leicht, da wir XV zu lesen leihen mit römischem<br />

1iiictjonsiiiodus. liecognitionszeile fehlt. Briare an <strong>de</strong>r Loire, ef. Cartul. <strong>de</strong><br />

l'Vonne II p XXVIII, u. Mm. d, 1. Soc. arc1oo1. <strong>de</strong> lOrleannais IV (1858)<br />

p. 158; ein andres llnio(Irum bei Lotignon, ttu<strong>de</strong> s. les pan d. 1. (Jaule, Bibl.<br />

<strong>de</strong> l'c. d. haut. dlud. fase. XI p. 77) heute Briöres, d1 . Arlennes, arr. Vonziers,<br />

kann seiner Lage nach nicht in Betracht kommen : s. b. p. 61. 1"i'-<br />

mular (Titel, Arcnga, Promulgation) s. UR. 17.<br />

11. 927.<br />

R. gewährt auf Bitte seines Getreuen Ebbo <strong>de</strong>in Kloster J)41s<br />

Immunität und bestätigt seine Besitzungen (ad Roccam, Kapellen


pp-<br />

112<br />

in villa u. castro Dolis u. a.) Herbert not. adv. Abbonis ep.<br />

recoge.... . md. XV., a. V.<br />

B. 1986, Brq. 390; Bes]y, hit, d. comt. d. Poictou pr. p. 239 (e<br />

tabulario Do]ensi, m. Facs, <strong>de</strong>s Monogr.) Bq. 570; Ort und genaue Zeit<br />

fehlt, doch gebart Urk. nach a. V. erst <strong>de</strong>r zweiten Hälfte <strong>de</strong>s Jahres und<br />

zwar (s. oben p. 61) wohl <strong>de</strong>in Herbst an. Ebbo stiftete I)ds 917, fiel 935;<br />

])o1s ‚ Dolis=Bourgdien tu; littire gegenüber Ohateauroux ‚ Castrurn loi1ulhi,<br />

<strong>de</strong>in Sitz <strong>de</strong>r Herren aus ]hbos Geschlecht, nach<strong>de</strong>m ihr Stammschloss Ddois<br />

an das Kloster gekommen war,<br />

12. Autun 930 März 23.<br />

R. wird bei einem seiner gewöhnlichen Kirchgänge in <strong>de</strong>r<br />

Fastenzeit zu Autuit im Kloster S. Maria und S. Andochius <strong>von</strong><br />

<strong>de</strong>n Nonnen und Bischof Heriveus (v. Autun) um Erneuerung ihrer<br />

Urkun<strong>de</strong>n ersucht; er bestätigt ihnen ihre Besitzungen .... .pud<br />

urbem Aeduam, Heribert regalis cancellarius adv. Abbonis ep. SCripsi.<br />

X. kai. apr. md . 1. a. VII.<br />

B. 1987, ]Iriq. 390; Bq. 573 n, Lahbe ‚ epit. regalis p. 576). lud. 1.<br />

928, a. VII, 92930, Bq. behält md. 1., än<strong>de</strong>rt Vif. in V. od. VI; Tliiroux, Ii.<br />

ii. conit. d'Autun p. 121: a. IV; Munier, Mim. et recherch. s. 1. ville d'Autun<br />

(vgl. Guillon p. 73 Anm.) auch a, IV. Es scheint mir zulässiger, <strong>de</strong>in a, r. zu<br />

folgen und hei <strong>de</strong>r md. zu ergänzen III; <strong>de</strong>nn infolge Verblassens <strong>de</strong>r Tinte<br />

o<strong>de</strong>r Abspringens <strong>de</strong>r Buchstaben ist es wahrscheinlicher, dass <strong>de</strong>r Abschreiber<br />

nur noch die 1 wahrnahm, als dass er für eine V eine VII erblickt haben<br />

sollte (d. v. Lang Sendschreiben au Bühmer. Nürnberg 1833, p, V). Ich setze<br />

das Diplom daher zu 930, nicht, wie bisher allgemein an genommen, zu 998.<br />

Die Lesart a. IV, bez. 1111 scheint zu a. VII zu passen als leichte Aen<strong>de</strong>rung,<br />

doch ist damit die Indiction ganz unvereinbar, 927 hat mtl. XV.<br />

13. Tour s 931 März 24.<br />

R. bestätigt auf Bitte <strong>de</strong>s vir venerabilis noster quoque satis<br />

superque fidolis Hugo, Abt und Rector S. Martins und seiner Besitzungen.<br />

<strong>de</strong>n Kanonikern die Immunität und alle Besitzungen in<br />

Austria, Neustria, Burgundia, Aquitania und an<strong>de</strong>ren Reichsteilen<br />

in Anbetracht <strong>de</strong>r erprobten Treue Hugos. Die Immunität gilt<br />

<strong>de</strong>m vom Abt Robert, späterem König, gegen die Norinammnen erbauten<br />

Castrum, Münzrecht u. a. wer<strong>de</strong>n bestätigt, die Besitzungen<br />

ausführlich aufgezählt, Strafandrohung GOO Solidi. Heribert not.<br />

adv. Abbonis praesulis neenon archic.ancellarii rer., IX, kai. apr.<br />

a. V.I II, Turonis in ipso S. Martini castro.<br />

B. 1988, Brq. 393; Bq. 573, nach sr:;rterie. 'I'lis. ;tnccd. l cd. 63, ex<br />

archivo 8. Martini: Labbe alliance ehirnol. Ir, 596; Mahille ‚ Paiiearte neire<br />

n. 6 (in<strong>de</strong>x n. 136; ; Kalckstein p. 183 gicht 4. März ‚ doch halten alle Texte<br />

24., nur Lahbe hat XI. kai. api. 22. Mäiz. FIHl. 931 p.379. St. 1, 495<br />

Anm. 153 über bulla. Dieselbe Formel liegt zu (run<strong>de</strong> in<strong>de</strong>n lJrk. Lud. d.<br />

Stanimlers Bq. 406, Karls d. Dicken Ib 1. 349. Xarlii;aiins B 1. 497, [KdE. Bq.<br />

498, 542, beson<strong>de</strong>rs 509 Titcl archicaucellariusi : tue angewandte Formel ist<br />

die bei Rozire 1, 32 n. 24.


118<br />

14. Compiögne 931 Oktober 7.<br />

R. stellt auf Bitte <strong>de</strong>s vir vener. n. sat. sup. fid. Hugo<br />

inclitus abba utriusque monasterii b. Martini au regni nostri marchio<br />

in Anbetracht <strong>von</strong> <strong>de</strong>ssen Treue das Kloster Marmoutier unter<br />

seinen Schutz und Immunität, bestätigt Rechte und Besitzungen,<br />

bestimmt, Marmouticr solle stets <strong>de</strong>mselben Abt unterstehen wie<br />

.S. Martin, ordnet Fürbitten für König Odo, König Robert u. a.<br />

an; Strafandrohung 30 Pfund Gold. Heribert not. adv. Abbonis<br />

praes. neenon archicanc. rec., iion. oct. a. X. Compendio palatio<br />

in ipsa S. Cornelii basilica.<br />

Brät. 389; Bq .571 (ex chart. Majoris Monast. S. MarL Turoti.) bezeichnet<br />

es irrig als Urk. 1. bei<strong>de</strong> KlOster S. Martins. Nach a. X geliort das Diplom<br />

zu 932, Bq. bemerkt dagegen mit Recht, dass da Ansegis, nicht Abbo ‚ im<br />

Amte war, liest V, was an und für sich zulässig ist, und giebt daher 7. Oct.<br />

927; doch dagegen sprechen sachliche Be<strong>de</strong>nken: damals war hugo durchaus<br />

nicht so vertraut mit <strong>de</strong>m Kunig, son<strong>de</strong>rn neigte wenn auch nicht offen abgefallen,<br />

sehr zur Seite <strong>de</strong>s Rebellen Heribert, zweitens verbietet die [rk.<br />

selbst jene. Annahme, <strong>de</strong>nn sie sagt: Hugo habc<br />

für Marmoutier eine Urkun<strong>de</strong><br />

erbeten sic.ut antea aliud monast. sive basilicant cius<strong>de</strong>m sancti confessoris, in<br />

qus ipse dornirus noster Martirins corpore quieseere vi<strong>de</strong>tur, cum suis omnibus<br />

rebus llostrae <strong>de</strong>fensiuiii comniiserat, also das bestimmte Zeugnis, dass vorher<br />

S. Martin bereits eine Urk. Rud. erhielt; eine frühere vor 927) haben wir<br />

nicht., wohl aber stimmt die Bezeiclimntng dieser erwähnten Urk. ganz mit 13,<br />

auch ist das Formular <strong>von</strong> 14 und 13 das gleiche., es wird somit fast zur<br />

wisslreit, dass die in 14 genannte frühere Urkun<strong>de</strong> unsere 13 ist, 14 also erst<br />

nach ihr, nach <strong>de</strong>m März 931, gegeben sein kann; wir wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>mnach a.<br />

IX zu lesen haben, wodurch sie in <strong>de</strong>n Oktober 931 komnmnt ‚ wohin sie vortrefflieb<br />

passt, <strong>de</strong>nn zu jener Zeit war hugo im besten Einvernehmen mit <strong>de</strong>in<br />

König gegen Heribert, und ]<strong>Rudolf</strong> thatsächlich im Herbst, in Francien (vgl.<br />

ob. p• 75 Anm. 4;, während 927 er im herbst nach Burgund ging (Flod. 927,<br />

UR. 10, ob. p ui; und wir einen nochniahigen Abstecher imachm Compigmie annehmen<br />

müssten, uni die Urkun<strong>de</strong> überhaupt einreihen zu können. Nach<br />

Flol. 1. c. scheint zwar in dieseni Jahr ein Aufenthalt in Connipiögne (gleichzeitig<br />

mit <strong>de</strong>r Syno<strong>de</strong> <strong>von</strong> Trisly,nach F'lod. Zeitangaben irrt Spätsommer)<br />

vielleicht annehmbar zu sein ; doch da lleribert sich zu erscheinen weigerte<br />

und <strong>de</strong>shalb die ganze Zusammenkunft nicht zu Stan<strong>de</strong> karo, ist sehr fraglich,<br />

ob auch <strong>de</strong>r Köni g überhaupt darin no(Ii hing(-gangen ist: diese geringe Müglichkeit<br />

kann also obige <strong>de</strong>n [rk. selbst critnwnrrrene Grün<strong>de</strong> nicht entkräften.<br />

1. Auxerre 931 l)ecember 2S.<br />

R. giebt auf Bitte <strong>de</strong>s Bischofs Ansegis (s'. Troyes) und Graf<br />

Oauxfrcds :v. Nevers) seinem Getreuen A<strong>de</strong>lard, <strong>de</strong>ssen Gemahlin<br />

Pleetrudis und Ne1fln Geilo die abbatiola S. Pauli im Senonais<br />

nebst einigen Län<strong>de</strong>reien im Gdtinais zu Lehen. Hugo cancell.<br />

adv. Ansusi ep. rec. V. kai. januar. md . VI., a. Viii. Autissiodoro.<br />

11. 1993, Brq. 396; Perard, Rer. <strong>de</strong> Bourg. p. 163 - Bq .579 zu 933.<br />

A. VIII ist 1930, md. VI (rom.) 933. 1ü1. korrigiert daher VIII zu XI, was<br />

wohl kaum mu1ghic.hI ist: dic Kanzlei bietet keinen Anhalt, da die Reeognoscentemn<br />

unter Ansegis neben einan<strong>de</strong>r fungieren, nicht periodisch wie unter<br />

Abt es scheint daher eher zu lesen a. VII] 1 irmd. IV o<strong>de</strong>r 1111 und ergiebt<br />

sich liecennber 931, wo die Urk. sieh gut eintügt, <strong>de</strong>nn En<strong>de</strong> 931 ging B. nach


114<br />

Burgund. Das Fonnular ist fast ganz das <strong>von</strong> 23, die <strong>von</strong> <strong>de</strong>mselben Recognosccnten<br />

stammt; Anklänge an UKdE. Bq. 500, 540, UOdos B(l. 146.<br />

16. Anse 932 Juni 19.<br />

R. bestätigt auf Bitte <strong>de</strong>s sehr getreuen Vasallen )almacius<br />

<strong>de</strong>m Kloster S. Johannis Baptistac in Montolieu (Castrum Mailasti)<br />

seine Besitzungen in <strong>de</strong>n Gauen <strong>von</strong> Carcassonne, Razs, Narboiine.<br />

Rosmundus adv. Ansigisi ep. rec. Ansavilla Xlii. kai. jun. a. IX.<br />

Ii. 1989; 25. Mai 932; Brq. 394; Bq. 576 n. einem apographum, nicht<br />

autogr. wie B. meint, <strong>de</strong>r damaligen konigi. Bibi. zu Paris) H. d. Lang. V<br />

n. 56; Baluze Cap. II, l57, ex archivo Montis ()livi; Mansi XVIII col. I0 l5<br />

zu 30. Mai 931 III. Kai. jun. Mahul Cartul. et archives <strong>de</strong> Carcassonne<br />

I 76 Doppeldatum: Datum III. Kai. jun. a. IX. r. R. r. Actuni Ansavilla<br />

XIII. Kai. jun. a. IX r. ii.. r.: woher er dies hat . er nicht, citiert iiui<br />

die Drucke bei Baiuze, H. d. Lang. und Bouges, h. d. Carcassonne p. 518 pr.<br />

n. XVII; er scheint es bloss aus <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n differieren<strong>de</strong>n Angaben kombiniert<br />

zu haben, auch wäre ja das zweifache r. R. r. ganz abnorm. Ueberliefert<br />

ist junii, in<strong>de</strong>ssen die folgen<strong>de</strong> Urkun<strong>de</strong> vom 21. ‚Juni ist gleichfalls aus Anse<br />

a. d. Saönc iiii L<strong>von</strong>nais und es ist doch sehr befremdlich, dass <strong>Rudolf</strong> zur<br />

Zeit <strong>de</strong>s bedrohlichen heribertischen Aufstan<strong>de</strong>s sich in diesem kleinen Orte<br />

im äussersten Winkel <strong>de</strong>s Südostens über einen Monat aufgehalten haben<br />

sollte, die Urkun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n daher, wie schon Bq. vermutete. zeitlich näher<br />

zu einan<strong>de</strong>r gehören und statt junii wird zu lesen sein juhii wodurch aus <strong>de</strong>m<br />

20, Mai <strong>de</strong>r 19. Juni wird. 931 nahm man meist an weil man auch die folgen<strong>de</strong>n<br />

IJrk. <strong>de</strong>s 9. Jahres <strong>de</strong>r md. III. wegen zu 931 versetzen wollte ; doch<br />

das ist sachlich für ii. 16 nicht möglich, da erst 932 die Unterwerfung auch<br />

jener Gebiete erfolgte, in <strong>de</strong>nen Montolieu liegt. Im Formular starke Berührungen<br />

nun (Titel, Proinulgatio, Narratio Corrohoratio) mit UR. 18, bei<strong>de</strong> <strong>von</strong><br />

Rotid ausgestellt.<br />

17. Anse 932 Juni 21.<br />

R. schenkt an Cluny auf Bitte seiner Gemahlin Emma und<br />

einiger Getreuer im Mäconnais Chevignes (Cliivineas, <strong>de</strong>n dritten<br />

Teil <strong>de</strong>r piscina Osa, und bestätigt die Schenkungen Andrer, darunter<br />

Bischof Bernos <strong>von</strong> Mäcon. Readmund adv. Ansusi ep.<br />

recogn. . . . Ansa villa, XI. kai. jul. md . III. a. IX.<br />

Ii. 1990 zu 932; Bröq. 394; Bq. 570 (ex chartul. Cluniac., Orig. Guelf,<br />

II, 161 ; Marrier et DUUhCSnC, Biblioth. Cluniae. (Paris 1614) col. 410; Bruel,<br />

Rec, d. chart. d. Cluny n. 396, zu 931, nach Orig.. Bibl. nat., coll. <strong>de</strong> Bourgogne<br />

or. 13, und nach drei Cliartularen <strong>de</strong>s XII. ii. XIII. Jahrh. u. einer jüngern<br />

Kopie. Ein Facs. <strong>de</strong>s Orig. <strong>de</strong>r Pariser Bibl. gicht Silvestre, Pateogr. univers.<br />

111 (Chartes royales, Xme sicic. ii. 2 lei<strong>de</strong>r nur vni palaeographischen und<br />

nicht historischen Standpunkt; vom Protokoll giebt er nur <strong>de</strong>n Titel und die<br />

Signumszeile mit <strong>de</strong>m Monogr. ‚ nicht einmal. ob das Siegel vorhan<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r<br />

seine Stelle noch sichtlich, hat er erwähnt, lud. III. ist 930, a. IX. 932; die,<br />

welche es zu 931 geben, lassen <strong>de</strong>n a. r. <strong>von</strong> Anfang 921 gerechnet sein, wofür<br />

aber <strong>de</strong>r Beweis fehlt und wobei die lud. immer noch geän<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n müsste;<br />

es scheint einfacher das Regierungsjahr als das zuverlässigere festzuhalten und<br />

die lud, in V. zu än<strong>de</strong>rn, so dass nur eine Korrektur nötig ist. Gehören 17<br />

und 16 (wie höchst wahrscheinlich ist. <strong>de</strong>mselben Aufenthalt in Anse an, so<br />

ist schon dadurch 931 für 17 (und 18, 19) ausgeschlossen; son<strong>de</strong>rbar ist nur,<br />

dass wie 17 auch iM, 19 <strong>de</strong>nselben Fehler tragen, wir also dieselbe Korrektur<br />

vornehmen müssen. Ceber <strong>de</strong>n Titel St. 1. 88.


113<br />

18. Boiacum 932 Juli 1.<br />

R. giebt auf Bitte seiner Gemahlin Emma und seines Bru<strong>de</strong>rs<br />

Ugo an Clun y die villa Solustriacus (Solutrd, dp. Saöne-et-Loire,<br />

arr. M;'kon, W. v. M<strong>de</strong>on) ‚ bestätigt seine und Andrer frühere<br />

Schenkungen, verleiht zum Fischteich Osa noch drei leibeigene<br />

Fischer mit ihren Familien hinzu. . Rotmundus adv. Ansigisi<br />

recogn. . . . Boiaco villa . . . kai. jul. md . III a. Vilil.<br />

Zuerst ediert voll Eec. d. eh. d. Uluny 1 n. 398 nach Cart. 0 48<br />

und Bibi. nat., Coll. Morean, cop. toni. IV 1. 95, zu 931, betr. <strong>de</strong>s 'Jahres s.<br />

zu n. 17; d er Ort JJoiacum ist nach Cuillon p. 80 nicht zu ermitteln, auch<br />

bei Joanne fin<strong>de</strong>t sielt kein Boyö o<strong>de</strong>r Boiay o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>rgl., nur ein Boyer, rechts<br />

nahe <strong>de</strong>r Saö jje. dp. Saöne-et-Loire, arr. Chälon. Formular s. UH. 16.<br />

? 19. Boiacum 932 Juli 1.<br />

R. schenkt auf Bitte seiner Gemahlin Emma und seines<br />

Bru<strong>de</strong>rs Ugo an Cluny Besitz in Solustriacus, Vergasona, Cavanicas<br />

und bestätigt andre Güter . . . . Boiaco villa, kai. jul. md . 111<br />

a. VIIH.<br />

B. 1991 zu 932, J3rtq. 394, lJq. 577 ex schedis nies. bibl. S. Gerni.<br />

Prat., Orig. Gueh'. II, 162, Tiruel 1. c. n. 397 aus Cart. C. 47. - Vergisson,<br />

Chevignes ‚ Collonges (Coloniae), in <strong>de</strong>r Nähe voll s. 18. Urk. 18, 19<br />

sind sich sehr ähnlich, <strong>de</strong>cken sich grösstenteils im Wortlaut. Verbriefungeii<br />

<strong>de</strong>r gleichen Handlung vom gleichen 'Inge, <strong>de</strong>ren Text im allgemeinen übereinstimmt,<br />

in manchen Einzelheiten aber doch abweicht, sind nach 1"icker 11,<br />

439 471, noch nicht Zeichentier Unechtheit <strong>de</strong>r einen <strong>von</strong> ihnen. Abweichungen<br />

sind wohl durch geän<strong>de</strong>rte Neizauefertigung unter Wie<strong>de</strong>rholung <strong>de</strong>s ersten<br />

Protokolls zu erklären, vgl. il ). 1, 295 Ii ,. § 166. Als einfach voll an<strong>de</strong>rn<br />

abgeschrieben ist keine <strong>de</strong>r IJrk. zu betrachten, da sie sachliche Unterschie<strong>de</strong><br />

zeigen, vgl. 18: villa .....ilustriaeus in comitatu Matiscnense, 19: mansos<br />

vestitos in Matisccnsi ‚ 3 maneos in Salustria, et 3 in \'ergasona et unum<br />

absumn in Cavanicas; 18: tres piacatores . . . . llaimioardumn, 19: servientes tres<br />

.andalfredus ; 18: tertia pars <strong>de</strong> piscina que dicitur Osa, 19: piscina<br />

quae nuncupatur Osa. Es ist hiernach nicht zu entschei<strong>de</strong>n, wciclieui man<br />

<strong>de</strong>n Vorrang lassen soll: je<strong>de</strong>s gicht Details die <strong>de</strong>in fehlen, die aber<br />

noch sonst bestätigt sind, wie Clievignes und die tertia pars <strong>de</strong> (isa durch<br />

ii. 17. Auch könnte für die Selbständigkeit bei<strong>de</strong>r sprechen, dass Cart. C, in<br />

<strong>de</strong>m sie erhalten sind, sie hinter einan<strong>de</strong>r giebt, was doch kaum geschehen<br />

wäre, hätte man sie für gleich o<strong>de</strong>r das eine Exemplar nur für ein Excerpt<br />

<strong>de</strong>s an<strong>de</strong>rn gehalten, was ja <strong>de</strong>r Inhalt gar nicht zuliess. son<strong>de</strong>rn man hielt<br />

sie schon im Anfang <strong>de</strong>s 12. Jahrh. für zwei verschie<strong>de</strong>ne Diplontte. - Bruel<br />

hält 18 für eine Ergänzung voll - Lambert <strong>de</strong> Barive, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r zweiten<br />

Hälfte <strong>de</strong>s vorigen Jahrhun<strong>de</strong>rts im Auftrag tier Regiernng Abstiiriften <strong>von</strong><br />

Cluniaeenser Urkun<strong>de</strong>n anfertigte (jetzt in Coll. Mt,reau ‚ IlibI, mit.) giebt bei<br />

18 an, dass das Siegel nicht mehr vorhan<strong>de</strong>n sei, wonach es scheint, mis hätte<br />

ihm nicht (o<strong>de</strong>r nicht nur) (las .Chartular,‚ son<strong>de</strong>rn noch das echte o<strong>de</strong>r ein<br />

geglaubtes Original vorgelegen. - Ueberhaupt ist die Ueberlieferung <strong>de</strong>r Urk,<br />

lInd. f. Cluny sehr mangelhaft, vgl. unten n. 25, 26.<br />

20. Attigny 933 December 13.<br />

R. hat früher das Kloster Tulle <strong>de</strong>m Kloster S, Sann in<br />

Poitiers unterstellt und <strong>de</strong>m Abt Aimo zur Reform gegeben; da<br />

8


11<br />

dies sich nicht bewährt hat, än<strong>de</strong>rt er seine Bestimmung, stellt<br />

Julie selbständig her, gewährt nach Odos und seines Unterabtes<br />

Adacins Tod freie Ahtwahl, und Unverletzlichkeit <strong>de</strong>s Besitzes,<br />

sichert ihm nach A<strong>de</strong>inars (<strong>von</strong> Turenne) Tod <strong>de</strong>n Rückfall aller<br />

seiner Güter und eigne Wahl eines Vogtes. Gotefredus sacerdos<br />

adv. Ansigisi ep. rec. et subscr . . . Anatiaco id. dcc. md. iii a. XI.<br />

B. 1992, Briiq. 396; B. 578, nach 3labillon Ann Beii. III, 404; Baluze,<br />

hist. 'lutelensis, app. col. 325; Justel ‚ hist. gn. d. 1. in. 3. Turcune (Paris<br />

1645) pr. p. 16. id. sept. und a, inc. 945, wogegen S. Amable, hist. <strong>de</strong> S.<br />

Martial 935 haben soll, lud, III. stimmt nicht zu a. XI, doch ist die Eintracht<br />

<strong>de</strong>r Daten itut <strong>de</strong>r leichten Aen<strong>de</strong>rung md. VI hergestellt. Be<strong>de</strong>nklich<br />

ist aber <strong>de</strong>r Titel, s. ob. p. 105; seniper augustus fin<strong>de</strong>t sich zwar schonin<br />

einer l;rk. Kaiser Nai-13 <strong>de</strong>s Dicken, vgl. Siekel 1, 263 § 85, ob aber auch für<br />

K(inige? Im Anfang oliri c ilt <strong>de</strong>r König im Singular, dann richtig mi Plural.<br />

Verstärkt wird das Misstrauen, da <strong>von</strong> <strong>de</strong>mselben liecognoseenten nich eine<br />

Urk. vorliegt, wie<strong>de</strong>r aus Attiguy und für Tufle, die dieselben Titel führt, aber<br />

dazu noch <strong>de</strong>r Invocation ermangelL mit <strong>de</strong>r Areiiga beginnt, dann erst <strong>de</strong>n<br />

prunkvollen Titel und gleich darauf' die Narratio folgen lässt,, und schliesslich<br />

hinter <strong>de</strong>m kotuglic.hen Monogramm noch die Signa seiner bei<strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>r<br />

bringt.. Anatiacum ist doch wohl als Attign y zu Ibseen ‚ an ein Anaziacuin,<br />

das in Privaturkun<strong>de</strong>n <strong>von</strong> Clunv (z. B. 1 n. 192) als Ausste]luugsort vorkommt,<br />

wird wohl <strong>de</strong>r verwandten zweiten [rk. wegen nicht zu <strong>de</strong>nken sein.<br />

Einen charakteristischen Zug fin<strong>de</strong>n wir noch in bei<strong>de</strong>n: ein gewisses Zurschautragen<br />

<strong>von</strong> elcfirsaiiikcit in 20 lässt Gotefred <strong>de</strong>n König 'Seine Sinnesän<strong>de</strong>rung<br />

dadurch entschuldigen, (lass man lese, die vortrefflichsten Kaiser<br />

hätten nötigenfalls ihre Dekrete geän<strong>de</strong>rt, und in 22 wird bei Uxellodunnm<br />

erwähnt, es sei einst durch die Belagerung seitens <strong>de</strong>r Römer bekannt gewor<strong>de</strong>n,<br />

mit Bezug auf Caesars beil. (ball. VIII, 39, 40 tI'. Sind die Urkun<strong>de</strong>n<br />

echt, so kann dies als Zeugnis für lii gelehrte Bildung <strong>de</strong>s Kanzleipersonals<br />

gelten doch wenn auch ohne die erfor<strong>de</strong>rlichen Grundlagen hier die Frage<br />

<strong>de</strong>r Echtheit nicht entschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n kann, so ist doch festzuhalten, dass<br />

bei<strong>de</strong> sehr verdächtig erscheinen, diiss 22 in seiner äusseren Ueberlieferung<br />

sicher ver<strong>de</strong>rbt ist; allerdings fin<strong>de</strong>t sieh in UR. [II. 17 (orig.) auch einiges, was<br />

in 20, 22 verdächtig erscheint. Titel und Arenga sind ähnlich, <strong>de</strong>r Singular,<br />

dann <strong>de</strong>r Plural für <strong>de</strong>n König ist gleichfalls vorhan<strong>de</strong>n. - Vgl. auch n. 27.<br />

21. Chateau -Thie rry 934 März .<br />

lt. verleiht auf Bitte <strong>de</strong>r Aebtissin Berta vom Kloster S. Maria<br />

in Soissons <strong>de</strong>n dortigen Kanonikern <strong>von</strong> S. Peter und Maria, die<br />

durch Feuersbrunst obdachlos waren, einige Gebäu<strong>de</strong> als Mod mit<br />

freiem Verfügungsrecht. Ansusus episeopus recogiiovit . . ‚ (..astello<br />

Theo<strong>de</strong>rici 111 non. mart. a. XI.<br />

B. 1994, Brii.. 396: llii. 579 nach Mabillon <strong>de</strong> re dipl. n. 113 p. 566<br />

(ex chartario Suessioncnsi). Im Litel Zusatz vir illustris, die angebliche merowingische<br />

Königsbezeiehnung, die aber durch J. Havet ., Bibl. 3. l'c. 3. chart.<br />

(1885) 46 p. 138 ff. als eilt Irrtum erwiesen ist; erst Pippin und seine S(iltrie<br />

gebrauchten sie, unter Karl verschwand sie jedoch bald, vgl. Sickel 1, 241,<br />

244, 254, 259, St. 1, 83; unter <strong>de</strong>n späteren Herrschern taucht sie wie<strong>de</strong>r auf,<br />

so hier, ferner bei Karl d. Einf. Bq. 513, 514, 516, 517, s. auch Sickel, Kaiserurk.<br />

in Abbildungen, Text (zu Lief. Vif tab. 28) 1>' 203. Amit Schlusse fin<strong>de</strong>t<br />

sich hinter <strong>de</strong>r Ankündigung <strong>de</strong>s Ringsit'gels noch eine \'erfluehung <strong>de</strong>s [eber-


117<br />

treters <strong>de</strong>r Urk. : Malillon hält es für einen Zusatz <strong>de</strong>s Bischofs <strong>von</strong> Soissons,<br />

auf <strong>de</strong>n er auch die in <strong>de</strong>r Urk. erwähnte apostolische Verleihung bezieht,<br />

Ist es nicht erst ein spätrer Zusatz, so wäre darin wohl ein Zusammenhang<br />

mit <strong>de</strong>n 1"orine.n hisehi(itlichier Urkun<strong>de</strong>n zu erblicken, wie ihn Ficker II, 108<br />

§ 252 für Königsurkun<strong>de</strong>i' nachweist, vgl. auchSichel Beitr. IV. W. S. 11. 47<br />

p. 579, auch S. Maria v. Suissons war ein privilegit'rtes Kloster, Sickell. c. p. 576.<br />

22. Attigny 935 September 13.<br />

R. verleiht <strong>de</strong>m <strong>von</strong> Graf A<strong>de</strong>mar beschenkten Kloster Tulle<br />

die Burg Ijxellodumim im Quercv, die zum Schutz gegen Normanneneinfälle<br />

iii Perigorci und Lirnousin <strong>von</strong> seinen Vorgängern auf <strong>de</strong>r<br />

Stätte <strong>de</strong>s alten berühmten Uxellodunum erbaut wor<strong>de</strong>n ist, da<br />

Gothen und Aquitanier freiwillig seine Herrschaft anerkennen, und<br />

die Burgleute die Nachbarschaft schädigen ; um sie nicht in Zukunft<br />

zum Stützpunkt für Aufständische wer<strong>de</strong>n zu lassen, soll sie<br />

zerstört wer<strong>de</strong>n. S. Bosonis. S. Hugonis. Gotfredus säe. adr.<br />

Ausegisi ei) . rec. et subscr.... . apud Attiniacum, id, sept. md.<br />

VIII inc. DCCCCXXXV, r. VIII!.<br />

B. 1995, Brq. 398; Bq. 580; Justel 1. c. p. 16, 17. Vgl. UR. 20. Als<br />

a. r. ist XIII zu lesen. um TJebereiitstiminung zu erzielen. Kalckstcin P' 192<br />

bezeichnet A<strong>de</strong>rnar als lntervenienteii, er ist alter nur als Schenker <strong>von</strong> Gütern<br />

in <strong>de</strong>r Nähe <strong>von</strong> lJxcii. genannt. Aufflillig ist, dass A<strong>de</strong>mar als Graf erscheint,<br />

da wir ihn sonst nur als Vicegraf kennen, vgl. Cart. <strong>de</strong> Beaulieu und beson<strong>de</strong>rs<br />

Bal.uze, bist. Tutel., app., wo er zahlreich als Geber o<strong>de</strong>r Zeuge auftritt o<strong>de</strong>r<br />

sonst erwähnt wird, aber bei Baluze und seit<strong>de</strong>m allgemein unrichtig Vic. v.<br />

Sealae, Echelles, heisst, s. l,asteyrie, Bibl. d. l'c. d. 1. tt. 18 p. 65. Uxelladunum<br />

‚ das mit leni alten gallischen Uxell. i<strong>de</strong>ntiliciert wird, lag auf <strong>de</strong>m<br />

Puc d'Issolu tOr ältliche lautliche Vorgänge vgl. Longnon, Bibl. <strong>de</strong> löc. <strong>de</strong>s<br />

buntes itud. fasc. NI p. 51]; dass wirklich dies <strong>von</strong> <strong>de</strong>n vielen in Betracht<br />

gezognen hier gemeint ist, zeigt die Benennung in <strong>de</strong>r Urk, : po(Iiuti puy)<br />

lTxehlod., ferner die Nähe <strong>de</strong>r a<strong>de</strong>marischen Besitzungen Veiracum (u. a.), <strong>de</strong>s<br />

heutigen Vayrac o<strong>de</strong>r Veyrac, nördlich v. il. Dordogne, Up. Lot, arr. aourdon.<br />

23. Auxerre 935 Decemher 12.<br />

R. überträgt auf Bitte Graf Gozfreds (<strong>von</strong> Nevers) <strong>de</strong>ni Bischof<br />

'I'edalgrin <strong>von</strong> Nevers einige Leben <strong>de</strong>s Grafen (Biliaciim ii.<br />

a. im Autunais, Brienn(iiiis villa [Brinon] im Nivernais) gegen<br />

Zinszahlung. Hugo cancell. adv. Ansusi ep. rec. et subser.<br />

Autissiodori II. id, dcc. md. VI., a. r. XIII.<br />

B. 1996, Brq. 398: Bq. 581 (ex chart. Nivern.); Gall. Christ. 111 1 , 796.<br />

S. auch Lebeuf, 1. c. II, 46. IJeber Gozfred s. oben zu 935. md. Vi passt<br />

nicht, muss VIII otler IX sein. U11, 15 und 23 gehären eng zusammen: in<br />

bei<strong>de</strong>n erscheint Gauzfred, bei<strong>de</strong> sind aus Auxerre und <strong>von</strong> <strong>de</strong>mselben Hugo<br />

verfasst, lei<strong>de</strong>n liegt die gleiche Formel zu Grun<strong>de</strong>; die Empfänger sind jedoch<br />

verschie<strong>de</strong>n und ebenso die Quellen <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n Texte, das Chart. Nivern.,<br />

<strong>de</strong>m G:tgnii'r's Abschriften entnahm, ist aus <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> Nil. saec. s. Deisle.<br />

Cata]. <strong>de</strong>s Actes dc Phil. Aug.(Paris 1856) p. 548.<br />

Verlorne o<strong>de</strong>r bisher unbekannt gebliebne Urkun<strong>de</strong>n.<br />

24. Für S. Nazarius <strong>von</strong> Autun.<br />

Urk. Ludwig TV, aus Auxerre 25, August 936: universa


strumenta . . <strong>de</strong> villis in<strong>de</strong> abstractis quas prae<strong>de</strong>cessores nostri,<br />

Rodulfus vi<strong>de</strong>lieet et ceteri, restituerunt, h. e. Torcoiium, Susiacum,<br />

Laisiacum . . . etc.<br />

Ni. 584 da Diplom Ludwi gs ist sicher, Mabillon hat es im Original<br />

gesehen, cf. <strong>de</strong> re dipl. p. 417 z71». XXXVI, n. 2. Die Zeit <strong>von</strong> l]R. ist<br />

unbestimmbar.<br />

25. Für Cluny vor 931.<br />

Urk. P. Johanns XT. f. Cluny vom März 931 bestäti gt die<br />

Besitzungen und Rechte <strong>de</strong>s Klosters, darunter: monetam propriam<br />

sic.ut fihius noster .Rodulfus rex francorum concessit, ita liaheatis.<br />

Jaff Reg. Pont. 2 n. 358 .1. Marrier, Bibl. (luuiac. p. 1 Migni 13,-1,<br />

1055; Bruel, Eec. d. eh. d. ClunI' 1 Facs. tab. 111. nach (art, (J 11 (diese<br />

Partie <strong>von</strong> C aus saec. Xl, ex.) Die nicht erhaltne [11. mit ler Verleihung<br />

<strong>de</strong>s Münzrechts muss somit, vor 931 fallen.<br />

26. Für Cluny vor 933.<br />

ITrk. <strong>de</strong>r (iorigregation <strong>von</strong> Cluny aus <strong>de</strong>m 10. Jahre lud.<br />

9321933 . ....capellam in quadam villa que Solustriacus nuneupatur,<br />

quam domnus quoque Rodulfus rex pro salute anirne sue<br />

ac dilecte corliugis et pro animabus omnium parentum suorum vel<br />

cunetorum Christi fi<strong>de</strong>liuiui remedio consentiente seil. fratre suo<br />

Hugone pacifico principe et A)berico inc.Iito comite Deo et sanctis<br />

apostolis Petro et Paulo in hoc cenobio iam duilum contulerat.<br />

I-lriiel 1. e. n. 408 p. 394. Von <strong>de</strong>n vorhmarLänen tR. f. Cluny erwähnen<br />

Soluträ 18 und 19, wo Emma und Hugo Petenten sind. Alberich aber, <strong>de</strong>r<br />

Uraf <strong>von</strong> Mäcon, (cl. (2art. <strong>de</strong> S. Vincent <strong>de</strong> Mäcon n. 38. 111, 404, 496 u. a.)<br />

fin<strong>de</strong>t sich in keiner, <strong>de</strong>sgl. nirgends die Fürbitte für das Seelenheil <strong>de</strong>r parentes;<br />

die Ausdrucksweise <strong>de</strong>r Urk. ist aber <strong>de</strong>rarti g , dass ihr unbedingt eine<br />

bezügliche UB. vorgelegen haben muss; es ist <strong>de</strong>mnach noch ‚'mi' Urkun<strong>de</strong><br />

betr. So1utr anzunehmen mcgliclti'rweise war sie das ursprünglihic Diplom:<br />

auf das auch 18 uni! 19 zurückgehen, das also uns nur in diesen l Teilen<br />

überliefert wäre 18, 19, 26.) so dass sich die Zahl <strong>von</strong> insgesamt anscheinend<br />

6 Diplomen Ruil. L Cluny auf 4 reduciert, doch ist die Annahme eines solchen<br />

Diploms als Quelle für die zwei an<strong>de</strong>rn und für diese Notiz sehr unsicher.<br />

Zu <strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen UR. L Cluny crähiiit,'ni Besitzbestätigungen vgl.<br />

folgen<strong>de</strong> vorausgehen<strong>de</strong> l'rivaturk.: itec, il. Clnny 1 n. 283, 322, 373, 378,<br />

385, 387.<br />

27. Für Tulle vor 933.<br />

UI. 20 für Tulle: Precibus autem iflustris viri A<strong>de</strong>niari,<br />

qui locum ipsuin catenus tenuerat, suggerente etiam Ebalo comite<br />

cuiciam religiosissimo abbati nornine Aimoni locum eun<strong>de</strong>m ad<br />

restaniandum regulare propositum commendaveram atque coenobio<br />

S. Savini subiectum feceram.<br />

Ein genaues Regest <strong>de</strong>r früheren Urkun<strong>de</strong>, die er jetzt zurücknimmt,<br />

sogar mit Angabe dci' damaligen Tntervenienten, vor 933 gehürig. Nach llaluze.<br />

bist. Tutel. p. 25 und 72 wäre schon 925 auf Aiuio in Tulle O<strong>de</strong> durch Verleihung<br />

Budolfs gefolgt, bevor er (927) in Clunv Abt ward wonach (.1. 27


119<br />

vor 925 anzusetzen wäre - sachlich nicht unm(;glich, <strong>de</strong>iiii gera<strong>de</strong> für Tulle<br />

ist 923 als Anfangstermin ticr Anerkennung <strong>Rudolf</strong>s nachweislich. Betr. <strong>de</strong>r<br />

Zuverlässigkeit v. n. 90 s. oben.<br />

2. Für Auxerre 933-934.<br />

Gesta pontif. Autissiodor. c. 4. Bischof Wido . . . villam<br />

Crevennam S. Stephano sublatam cum suis appendicus per preceptum<br />

rega'e regis coniventia loco restituit pristino, bestimmt<br />

eine Hälfte zur Feier <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>stages <strong>de</strong>s Königs, die andre <strong>de</strong>s<br />

<strong>de</strong>r Königin, und zum Seelenheil <strong>de</strong>s Bischofs. Piscatores tainen<br />

in servit.io maneant episcopi per iussionern prepositi canonicorum.<br />

Gest. pont. Aut. e. 41 u. 45, Bibl. hist. <strong>de</strong> 1Yonne 1 p. 362 378, 379.<br />

Genaues Regest, als Bittsteller wird bei seinen Beziehungen zum Herrscherpaare<br />

Wido selbst zu <strong>de</strong>nken sein verliehen zwischen <strong>de</strong>nt 23. Mai 933 (am<br />

Himmelfahrtstag erfolgte seine Inthronisation in Auxerre nach <strong>de</strong>r an) 19. Mai<br />

in Sens stattgeliabten Ordination durch seinen Metropoliten) und Emmas Tod,<br />

die noch als lebend zu <strong>de</strong>nken ist, da sonst (wie z. B. Bit. 535, 545) ihr 't(I<strong>de</strong>stag<br />

schon angegeben wäre. I)a in Aux. ihr '['otlestag gefeiert wer<strong>de</strong>n sollte<br />

ist hier sicher das Datum <strong>de</strong>sselben aufgezeichnet wor<strong>de</strong>n, (las Necrol. Autise.<br />

Lebeuf, Mcm. conc. l'hist. dAuxerre II, app. p. 246 ff, hat es aber nicht.<br />

vgl. auch ib. II, 48.<br />

29, Für Fleury.<br />

Vita S. Odonis 1. 111 e. 8: Tfleurv war nach <strong>de</strong>n Normanneneinfüllen<br />

in grossem Verfall. Per i]lud tempus vir Elisiardus, qul<br />

tune erat comes illustris ‚ mine vero in monastico <strong>de</strong>git habitu,<br />

atuliens imifamiam horum monachtorum praedictamn ahbatiant a<br />

Rcdulfo rege petiit et aceepit, acccptaiiique patri nostro tradidit.<br />

Mahullon ‚ Acta S. 0. B. saec•. V p. 1 82); auch hier scheint nach Art<br />

<strong>de</strong>r üblichen Verleihung <strong>von</strong> Abteien (cl'. z. II. auch n. 15) urkundliche Ausfcrtigunr<br />

anzunehmen. Aus <strong>de</strong>r Begünstigung durch <strong>de</strong>n König. <strong>de</strong>r auch<br />

durch die Gestattung <strong>de</strong>r Uebertragung all das Aufblühen Fleur ys ermOglichte,<br />

ist auch die <strong>Rudolf</strong> geneigte. Stimmung <strong>de</strong>r floriacenser Ieberlieferung<br />

mit herzuleiten.<br />

Zur Vervollständigung <strong>de</strong>s Hegistrums, soweit es sich herstellen<br />

liess, seien noch erwähnt:<br />

Schreiben <strong>Rudolf</strong>s an Reims. September 1931.<br />

Flod. ad 931-. Rodulfus rex litteras Remis misit ad cherurn<br />

et populum pro agenda elect.ione praesulis; ad quae mi respon<strong>de</strong>nt,<br />

se id agere non posse, saivo suo electo et electione nianente quam<br />

fecerant.<br />

Flod. als Reimser Camioniens ‚ wird selbst direkt da<strong>von</strong> Kun<strong>de</strong> erlangt<br />

haben ‚ da es an ihn ja mit gerichtet war, beson<strong>de</strong>rs in <strong>de</strong>r Antwort scheint<br />

er (salva . . etc.) die Wendungen <strong>de</strong>r lleimnser selbst wie<strong>de</strong>rzugeben. SS.<br />

[II. 380.<br />

Schreiben P, Job anns X an <strong>Rudolf</strong> 927-9.<br />

Johann verwen<strong>de</strong>t sich für Cluny, zu <strong>de</strong>ssen Ungunsten Abt<br />

Wido <strong>von</strong> Gigny das Testament Be.rnos <strong>von</strong> Cluny verletzt hat.


120<br />

Jath 2 n. 3578; Bq. 217 ohne Daten, iloeh zwisduiii <strong>de</strong>m 13. Januar<br />

927 (Ilernos Tod) uni Juni 928 (Johanns Sturz) litzüg1ich 21 . Januar 928<br />

(Widos Zustimmung; vgl. Bq. 718, Mabill .Ann. Ben, III, 393.<br />

Eine Originalurkun<strong>de</strong> <strong>Rudolf</strong>s auf <strong>de</strong>r Pariser Bibliothek aus<br />

<strong>de</strong>m Jahre 9() erw5hnt Sickel (1, 295 Anm. 2), <strong>de</strong>ren Ulirismon-<br />

Verzierungen in tironischen Noten das Wort amen enthalten; er<br />

spricht <strong>von</strong> <strong>Rudolf</strong> L meint aber doch wohl <strong>Rudolf</strong> <strong>von</strong> <strong>Frankreich</strong>,<br />

da Jener (R. v. Hochburgund) bereits 912 starb; oh das betreffen<strong>de</strong><br />

Diplom eines <strong>de</strong>r oben erwähn ten o<strong>de</strong>r ein noch ungedrucltes<br />

ist, vermag ich nicht anzugehen.


121<br />

Ueberblick über die Quelleii.<br />

Ueber die Grundlagen <strong>de</strong>r Darstellung mögen noch einige<br />

Bemerkungen hier einen Platz fin<strong>de</strong>n, durch welche nicht beabsichtigt<br />

wird, neue Beitrüge zur Quellenkun<strong>de</strong> zu geben, son<strong>de</strong>rn<br />

in <strong>de</strong>nen nur die Gewährsmänner, soweit sie für die behan<strong>de</strong>lten<br />

Jahre in Betracht kommen, skizziert wer<strong>de</strong>n sollen.<br />

Den Kern bil<strong>de</strong>n die Angaben <strong>de</strong>s Zeitgenossen Fiodoard<br />

in seinen bei<strong>de</strong>n zum Teil neben einan<strong>de</strong>r herlaufen<strong>de</strong>n Werken,<br />

<strong>de</strong>n Annalen und <strong>de</strong>m vierten Buch <strong>de</strong>r ileimser Kirchengeschichte,<br />

<strong>von</strong> welchen sich letztere für einen Teil unsrer Perio<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>r<br />

in zwei parallele Ströme schei<strong>de</strong>t, in die eigentlichen darstellen<strong>de</strong>n<br />

Abschnitte TV. 18 ff) und in <strong>de</strong>n wörtlich aufgenommenen<br />

Bericht <strong>de</strong>s Erzbischofs Artold (1V. 35), <strong>de</strong>r 948 auf <strong>de</strong>r Syno<strong>de</strong><br />

<strong>von</strong> ingellteim zum Vortrag kam. Ueber die wechselseitigen Beziehungen<br />

<strong>de</strong>r Annalen und <strong>de</strong>r Beimser Geschichte ist an<strong>de</strong>rweit<br />

eingehend gehan<strong>de</strong>lt wor<strong>de</strong>n 1 die weit ergiebigere Fundgrube<br />

sind die Annalen, die in manchen Punkten allerdings durch die<br />

Geschichte <strong>de</strong>s Erzbistums nicht unwesentlich ergänzt wer<strong>de</strong>n.<br />

Ohne Flodoard wür<strong>de</strong>n sich nur einige, recht dürftige Brocken<br />

zur Geschichte dieser Jahre beibringen lassen, eine Geschichte<br />

<strong>de</strong>r Zeit selbst aber wäre unmöglich da er nicht nur die einzige<br />

be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>re, völlig zeitgenössische Quelle für diesen Zeitraum<br />

ist, son<strong>de</strong>rn zugleich eine solche wie <strong>de</strong>ren die historische Literatur<br />

jener ‚Jahrhun<strong>de</strong>rte nur wenig aufzuweisen hat. Vom liistoriographischen<br />

Gesichtspunkt ans muss man an<strong>de</strong>ren Werken <strong>de</strong>n<br />

Vorrang lassen, dagegen mit in erster Linie ist <strong>de</strong>r Ileimser<br />

Canonicus zu nennen, wenn wir ihn lediglich als historische<br />

Quelle beurteilen, wenn wir nicht auf die äussere Form unser<br />

Augenmerk richten, son<strong>de</strong>rn auf das Gebotene selbst. Flodoard<br />

ist weit entfernt, <strong>de</strong>n höheren Anfor<strong>de</strong>rungen, wie sie unsre Zeit<br />

an <strong>de</strong>n Historiker und beson<strong>de</strong>rs an <strong>de</strong>n Geschic.hts s ehre i h er<br />

stellt, zu entsprechen, entschädigt aber für diesen Mangel durch<br />

die ausseror<strong>de</strong>ntliche Fülle wertvollsten Materials ‚ das er uns in<br />

trocknem Ausdruck bietet, ohne Raisonnement, schlicht eine Angabe<br />

an die andre reihend, aber dabei zuverlässig, soviel wir<br />

1) Vgl. Wattenbach, Geshichtsque11en (5. Aufl. 885) I 379; Einleit.<br />

d. Ausg. in <strong>de</strong>r M. '; Monod, Revue eritiquc 1873 11, 263.


1.2<br />

nur Gelegenheit haben nachzuprüfen, Man hat auch ihm eine<br />

gewisse Parteilichkeit gegen Deutschland Schuld geben wollen 1),<br />

wohl mit Unrecht; für die hier behan<strong>de</strong>lte Perio<strong>de</strong> ist <strong>de</strong>r einzige<br />

Scheingrund <strong>de</strong>r an und für sich ja etwas son<strong>de</strong>rbare Umstand,<br />

dass Heinrich meist ohne nähere Bezeichnung, ein paar Mal als<br />

princeps Transrhenensis o<strong>de</strong>r Germaniac und nur einmal als König<br />

bezeichnet wird; was Flodoard dazu bestimmte, ist nicht zu ergrün<strong>de</strong>n,<br />

in <strong>de</strong>r Meldung <strong>de</strong>r Thatsachen selbst lässt sich keine<br />

Parteilichkeit ermitteln: er verschweigt o<strong>de</strong>r verdunkelt nicht <strong>de</strong>n<br />

Verlust Lothringens an Deutschland, lässt wie<strong>de</strong>rholt in <strong>de</strong>r Folge<br />

Heinrich als legitimen Herrn dieses Reiches erkennen und gicht<br />

über Heinrichs grossen Ungarnsieg genauen Bericht.<br />

Am <strong>de</strong>utlichsten aber treten seine Vorzüge hervor, wenn wir<br />

unsern vergleichen<strong>de</strong>n Blick <strong>de</strong>r zweiten Hauptquelle für die französisclie<br />

Geschichte <strong>de</strong>s 10. Jahrhun<strong>de</strong>rts. Richer, zuwen<strong>de</strong>n. ilicher<br />

ist in allem <strong>de</strong>r volle Gegensatz zu Flodoard. Dieser giebt einfach<br />

die Thatsachen, jener will ein historisches Kunstwerk schaffen,<br />

ohne dazu die Befähigung zu haben, die Trockenheit giebt er auf<br />

und gewährt dafür <strong>de</strong>r hohlen Phrase freien Spielraum, die kunstlose,<br />

aber wahrheitsgetreue Aneinan<strong>de</strong>rreihung ersetzt er durch<br />

einen Scheinpragmatismus; um seinem Bestreben Genüge leisten<br />

zu können, stellt er die Ereignisse so um, schiebt sie so in und<br />

durch einan<strong>de</strong>r, dass bisweilen ein freilich auch nur sehr oberflächlich<br />

abgerun<strong>de</strong>tes Bild entsteht, in <strong>de</strong>m es schwer ist, die wahre<br />

Gestalt <strong>de</strong>r Dinge wie<strong>de</strong>r zu erkennen ‚ ja er scheut sich sogar<br />

nicht vor offenbarsten Fälschungen, sofern sie seinem franzCisischen<br />

Standpunkt zur Stütze dienen können o<strong>de</strong>r sollen. Das bekannteste<br />

Beispiel ist ja sein Bericht <strong>von</strong> <strong>de</strong>n lothringischen Vorgängen <strong>de</strong>r<br />

Jahre 916 bis 921. eine Frage, die aber nicht in unser Gebiet<br />

ftUlt, es genü ge daher, auf sie hingewiesen zu haben 2). Für<br />

die zweite Hälfte <strong>de</strong>s Jahrhun<strong>de</strong>rts hat Richer trotz seiner ten<strong>de</strong>nziösen<br />

Haltung beim Fehlen eines sonstigen Führers gewiss<br />

seinen grossen Wert )‚ auch für Ludwig IV. mag er, obwohl<br />

wir da noch Fiodoard neben ihm haben, benutzbar sein ‚ da<br />

1) Wittieh, Herz. Lothringen p, 104 An h m. 4, Forsi. z. d. U eseli. III,<br />

139. - Nicht min<strong>de</strong>r ist die Zeit Ottos 1. durchaus objektiv dargestellt und<br />

beson<strong>de</strong>rs seit <strong>de</strong>r Unterstützung, die König Ludwig und Erzbischof Artold zu<br />

Teil wur<strong>de</strong>, ist Flod. eher das Gegenteil als <strong>de</strong>utschfeindlich.<br />

2) Vgl. Borgnet 1, c. p. 54 9.. Reimann <strong>de</strong> Richeri vita 12 if., Maurenbrecher<br />

p. 70 ff., Waitz, Heinrich 1.Aufl. p. 198, 3. Aufl. 25 ff., 46, 50, Pertz,<br />

Ein]. z. llicherausg. (8) P. VII if., Wittich, Forsch. z. (1. Cr. III, 108 f.<br />

3) Monod tritt in seiner neuen Abhandlun g zu Gunsten Richers als<br />

quelle für diese Zeiten ein, Revue. histor, XXVIII (1885), 248 if,


123<br />

ihm sein Vater <strong>Rudolf</strong> manchen Aufschluss gegeben haben kann<br />

- für die Zeit König Itudolfs jedoch ist ihm kein Wert zu<br />

zuerkennen 1). Flodoard gicht uns die Mittel zur schärfsten<br />

Kontrole an die Hand, er ist die Grundlage für Bicher, welcher<br />

dieser aber lei<strong>de</strong>r sehr schlecht gefolgt ist, <strong>de</strong>nn aller Orten ent<strong>de</strong>cken<br />

wir willkürliche, unzulässige Abweichungen, Auslassungen,<br />

Ausschniückungen und Erdichtungen, wo<strong>von</strong> nur einiges hier kurz<br />

zusammengestellt sei: das völlige Totschwei gen <strong>de</strong>r in Lothringen<br />

zu Gunsten Deutschlands eingetretenen Verän<strong>de</strong>rung während <strong>de</strong>r<br />

ganzen Regierung <strong>Rudolf</strong>s 2'l, die Darstellung <strong>de</strong>r Normannenkriege<br />

<strong>von</strong> 925, 926 (1, 48-51), die Verhältnisse im Erzbistum Reims<br />

925-928 (1, 55), die Kämpfe in Noyon 932 (1. 63) 1 die Abfertigung<br />

<strong>de</strong>r Jahre 933936 (1. 65), die Personalnotizen über Karl<br />

Konstantin (II, 98), die Ziffern <strong>de</strong>r Gefalhuen in (1011 rers(hIjedI-en<br />

Schlachten, die zahlreichen. <strong>de</strong>taillierten und scheinbar sachverständigen<br />

Angabenüber Verwundungen und Krankheiten, u. a. in.<br />

Fiodoard und ili(:,her sind die einzigen Autoren <strong>de</strong>s 10. Jahrhun<strong>de</strong>rts,<br />

die das ganze Reich berücksichtigt haben o<strong>de</strong>r dies<br />

wenigstens im Sinne hatten ; frem<strong>de</strong> Schriftsteller dieser Zeit bieten<br />

über <strong>Frankreich</strong> nur ganz geringe Ausbeute wie <strong>de</strong>r Continuator<br />

Reginonis ‚ Widukind und Liutprand. Mehr verdanken wir hingegen<br />

partikularen Geschichtsschreibern, die sich eine Provinz,<br />

ein Bistum, ein Kloster, ein Geschlecht als Mittelpunkt wühlten;<br />

unter ihnen mögen die unbekannten, aber zeitgenössischen Verfasser<br />

dci' Bischofsgeschichten <strong>von</strong> Auxerre 3), Folkuins Geschichte.<br />

1) Abgesehen <strong>von</strong> einigen wenigen Stücken, in <strong>de</strong>nen wir ihm nicht<br />

tilgen müssen, aber vielleicht folgen dürfen, wie die Schenkung <strong>von</strong> Ponthion<br />

(E. 55), iniiglicherweise auch das Sträuben <strong>Rudolf</strong>s bei seiner Wahl (1 47).<br />

l'erts 1. e. . VIII nennt noch einiges andre, worin ich ihm aber nicht zustiiiinieii<br />

kann z.B. in <strong>de</strong>n Hagauoanekdoten (1, 15), <strong>de</strong>in Streit um Noyon<br />

(1. 63, wo nur Flod. ausgemalt, nichts positives neues beigebracht ist ausser<br />

dciii Namen <strong>de</strong>r Grafschaft Adalclms).<br />

2) Richer versucht sogar, die alte Sachlage als weiterbestehend darzustellen,<br />

in<strong>de</strong>m er <strong>de</strong>m Aufgebot <strong>Rudolf</strong>s auf (lern Zuge 930 ausser<br />

dcii Nordfranzosen (Celten) auch Lothringer (multi Belgarum nach seinem<br />

Sprachgebrauclu folgen lässt 1, 57.<br />

3, Die Gesta pont. Autissiod, (Bibl. hist. <strong>de</strong> l'Yonne 1.) sind bis zu<br />

Bischof Wala <strong>von</strong> bekannten Verfassern (En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 9. Jahrh.), <strong>von</strong> da an sind<br />

diese unbekannt, ihre Nachrichten sind aber sehr gut, so dass sie min<strong>de</strong>stens<br />

vortreffliche Grundlagen gehabt haben müssen, wahrscheinlich waren es aber<br />

selbst Zeitgenossen; gera<strong>de</strong> die Notizen für die erste Hälfte <strong>de</strong>s 10. Jahrh.<br />

lassen sich mehrfach nachprüfen, mit Wal<strong>de</strong>rieh (-- 933) scheint ein Fortsetzer<br />

bgesehlosscn zu haben, da hier, wie wir es bei solchem Fall iti mittelalteriiche


124<br />

<strong>von</strong> S. Bertin, 'Witgers Genealogie <strong>de</strong>r flandrischen Grafen, 1)udos<br />

ormanneiigeschiehte hervorgehoben wer<strong>de</strong>n, letzterer freilich ist<br />

das, was Bicher für <strong>Frankreich</strong> im Gegensatz zu Deutschland ist,<br />

in noch gesteigertem Gra<strong>de</strong> für die Normandie im Gegensatz<br />

zum an<strong>de</strong>rn <strong>Frankreich</strong> und <strong>de</strong>n übrigen Staaten und daher nur<br />

dann mit verwendbar (wenigstens für unsre Jahre), wenn seine<br />

Berichte noch durch andre zuverlässige gestützt wer<strong>de</strong>n 1)•<br />

Manches Gute fin<strong>de</strong>n wir in <strong>de</strong>n zahlreichen Annalen und<br />

Chroniken zerstreut, die zum Teil direkte gleichzeitige Aufzeiclinungen,<br />

zum Teil aus früheren Werken kompiliert sind die Lückenhaftigkeit<br />

dieser Quellen ‚ die oft nur für ein einziges Faktum<br />

heranzuziehen sind, gestattet jedoch nicht, je<strong>de</strong>r in diesem Ieberblicke<br />

näher zu ge<strong>de</strong>nken 21.<br />

Soweit es überhaupt für das 10. Jahrhun<strong>de</strong>rt möglich ist,<br />

ist die Darstellung auf Urkun<strong>de</strong>n basiert, beson<strong>de</strong>rs, da Königsurkun<strong>de</strong>n<br />

sj-iärlieh sind, für Verhältnisse in einzelnen Reichsteilen<br />

auf die ziemlich zahlreichen Privaturkun<strong>de</strong>n.<br />

Werken häufig fin<strong>de</strong>n ‚ eine chronologische Zusammenfassung <strong>de</strong>s seit Bischof<br />

l'alladius (7. Jahrh.) bis zum 12. Jahre Widos verflossenen Zeitraums gegeben<br />

ist im .lahre 945 wur<strong>de</strong> also dieser Abschnitt been<strong>de</strong>t. Auch die folgen<strong>de</strong><br />

Biographie Widos zeigt die gleichen Vorzüge; ihr Anfang ist Voll übrigen<br />

abweichend und verrät <strong>de</strong>utlich die Benutzung <strong>von</strong> Urkun<strong>de</strong>n: Guido sola<br />

Dci clementia operante Autissiodorensis episeopus etc. Ferner s. ob. UR. 28.<br />

die Restitution <strong>von</strong> Cravan, Ge.sta p 379, wird durch die Urk. Karls 111. für<br />

llcrifrid <strong>von</strong> Auxerre Bq. IX 487 sicher gesfellt, vgl. auch 1. c. p• 362; audi sonsl.<br />

sind Urkun<strong>de</strong>n im Excerpt mitgeteilt. Auf einen Zeitgenossen, <strong>de</strong>r an seinem<br />

Bischof lebhaften Anteil nimmt, weist, ferner folgen<strong>de</strong>r Passus hin p. 379: scd<br />

quod ibi operatus est (Wido), ne forte oblivjoni tradatur et cupiditate suecessoriim<br />

ac ministrorum ab eeclesiae (lorninin subtrahatur. huic OpUSCUIO ratuin<br />

duximus inserendum, scie]ltes quia facientis non <strong>de</strong>erit praemium, und schliesslieb<br />

haben wir auch aus <strong>de</strong>m 11. Jahrh. die ausdrückliche Nachricht, es sei<br />

ein scli3ies Herkommen <strong>de</strong>r Kirche <strong>von</strong> Auxerre, gleich beim To<strong>de</strong> je<strong>de</strong>s<br />

Bischofs die Hauptilaten über seinen Episkopat aufzuzeichnen, 1. c. 397.<br />

l} Vgl. Üb. Dwlo ausser <strong>de</strong>n Aufsätzen voll und J)Ümmler auch<br />

Lair in <strong>de</strong>r ausführlichen F3n1. zur 1)ndoausg., welcher aber in <strong>de</strong>m Bestreben<br />

voll Erzählung inüglichst viel zu retten, zu weit geht.<br />

2) Es ist hier zu verweisen auf Wattcubach ‚ auf die Vorre<strong>de</strong>n zu hat<br />

verschie<strong>de</strong>nen Quellen (vornehmlich für die in <strong>de</strong>n M. G. erschienenen, ferner<br />

im Bouquet und in <strong>de</strong>n zahlreichen provinzialen Quellenpublikationen) und neuerdings<br />

beson<strong>de</strong>rs auf <strong>de</strong>n erwähnten Aufsatz Moiiods in <strong>de</strong>r Revue histor. XXVIII.


1 ii h a 1 t<br />

1. Einleitung.<br />

<strong>Frankreich</strong> unter Karl 111. bis zur Wahl <strong>Rudolf</strong>s.<br />

Karl III. <strong>de</strong>r Einfältige Empörungen I Gegenkönig Robert 5, Wahl<br />

<strong>Rudolf</strong>s 17.<br />

<strong>Rudolf</strong> vor seiner Wahl 20.<br />

II. Das Gegenkönigtum <strong>Rudolf</strong>s.<br />

<strong>Rudolf</strong>s Anfänge.<br />

Anerkennung o<strong>de</strong>r Verwerfung 25, Karls GcIaugcnnaliiiie 32, <strong>Rudolf</strong><br />

in <strong>de</strong>r Normandie und in Lothringen 36, Unterwerfung Wilhelm, voll<br />

Aquitanien 39, Verhältnisse in Lothringen, <strong>Rudolf</strong>e Krankheit, Frie<strong>de</strong><br />

mit dcii Normannen 42.<br />

Wachsen<strong>de</strong> Schwierigkeiten <strong>de</strong>r neuen Herrschaft.<br />

Normannenkämpfe in Burgund 44, im Nor<strong>de</strong>n 49, Verlust Lothringens<br />

5 ' Verhältnisse in Reims 53 Normaunenkrieg in Artois, [ngarneinfälle,<br />

Abfall Wilhelms <strong>von</strong> Aquitanien 55.<br />

Heriberts erster Aufstand.<br />

Veranlassung, offner Aufstand, Beziehungen Ilcril *,,rts zu Dciitschlaiid SS,<br />

Wie<strong>de</strong>reinsetzung König Karl s 61 End" <strong>de</strong>r Etnrung, Karl's Ausgang,<br />

Zustän<strong>de</strong> im Reich Provenec 66.<br />

III. Das Königtum <strong>Rudolf</strong>s.<br />

Fortschritte <strong>de</strong>s Königs.<br />

Zwistigkeiten llcribcrts, Hugos und Bosos, Normannensie,. <strong>Rudolf</strong>s<br />

in Limonsin 70, Gewinnung voii Vienne, Unruhen in Franc.ien und Burgund,<br />

Heribcrts zweiter Aufstand 73, Zug <strong>de</strong>s Königs gegen Ileliris,<br />

Beziehungen zu König Heinrich, Einnahme <strong>von</strong> Reims und Laoui 76.<br />

Huldigung <strong>de</strong>r Herren <strong>de</strong>s Languedoc und Vaskoniens 80.


1 2(<br />

Iudolf Herr <strong>de</strong>s Reiches.<br />

Nie<strong>de</strong>rwerfung Heriberts durch <strong>Rudolf</strong> iiiid Hugo 81 Sicherung voll<br />

Vienne. Huldigung <strong>de</strong>s Normannen Wilhelm 83, <strong>de</strong>utsche Vermittlung<br />

für Heribert, Tod <strong>de</strong>r Ktiig in Etui i ia, Frie<strong>de</strong> nach Innen und Aiisen<br />

87, König <strong>Rudolf</strong>s Tod 91 Iut3rreg1)urn, Wahl Ludwigs IV. 94.<br />

Schlussbetrachtung 96.<br />

1V. Die Urkun<strong>de</strong>n Rndolfs.<br />

Allgemeines 101.<br />

Regesten 108.<br />

I T eberhljck über die Quellen 121,<br />

Inhaltsverzeichnis 125.<br />

Berichtigung.<br />

P. 61 1. am 9. September weilte er.<br />

Monogr. <strong>Rudolf</strong>s auch face. in Rec. <strong>de</strong> chart. <strong>de</strong> Cliiny 1 pi. 1, Siegel ib. 1)1. II.


(<br />

(h,tv IItLIpzIg.

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