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Die Kirche „zur hl. Staude“ bei Weiden - Familienforschung-kunz ...

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<strong>Die</strong> <strong>Kirche</strong> <strong>„zur</strong> <strong>hl</strong>. <strong>Staude“</strong> <strong>bei</strong> <strong>Weiden</strong><br />

nach Archivalien des Staatsarchivs Amberg und der Registratur der Stadtpfarrei<br />

St. Joseph in <strong>Weiden</strong>.<br />

von Studienprofessor Josef Bauer, Amberg<br />

in Heimatblätter für den oberen Naabgau, 5. Jahrgang, 1927<br />

Südlich der Stadt <strong>Weiden</strong>, auf der Anhöhe über dem Postkeller, wird ein Waldteil<br />

„Hl. <strong>Staude“</strong> genannt. Dort soll, wie das Volk erzä<strong>hl</strong>t, in alten Zeiten ein<br />

Kirc<strong>hl</strong>ein gestanden sein. Es soll nicht bloß dort gestanden sein, es ist dort<br />

gestanden; das beweisen dem aufmerksamen Wanderer die noch deutlich<br />

sichtbaren Grundmauern desselben und za<strong>hl</strong>reiche Urkunden berichten uns<br />

von der eigenartigen Geschichte dieses Gotteshauses.<br />

Woher der Name „Hl. <strong>Staude“</strong>? Als die Jesuiten 1630 daran gingen, das abgebrochene<br />

Kirc<strong>hl</strong>ein wieder aufzubauen, erzä<strong>hl</strong>te ihnen der Pfleger von „Neustädtl“,<br />

was das Volk zu wissen glaubt: Ein reicher Bürger von <strong>Weiden</strong>, der<br />

seit Jahren krank darnieder lag, habe zwei Ochsen anspannen und „frei gehen<br />

lassen“; diese hätten ihren Weg zur Anhöhe hinauf genommen, dort seien sie<br />

still gestanden.<br />

An dieser Stelle habe der Bürger die <strong>Kirche</strong> erbauen lassen und habe daraufhin<br />

die Gesundheit erlangt. Glaubwürdiger nannte der Pfleger folgende Darstellung:<br />

Ein Leuchtenberger Landgraf sei von <strong>Weiden</strong> nach Hause gefahren; als<br />

seine „Gutschenpferde“ ins „Laufen“ kamen, habe er ein Gelübde gemacht,<br />

dort wo sie stillstünden, eine <strong>Kirche</strong> zu erbauen.<br />

Nur schade, dass eben die <strong>Kirche</strong> nicht von einem Leuchtenberger erbaut<br />

wurde! Tatsache ist, dass das Gotteshaus gleich <strong>bei</strong> seiner Erbauung <strong>„zur</strong> <strong>hl</strong>.<br />

<strong>Staude“</strong>, ja „Hl. <strong>Staude“</strong> selbst benannt wurde; der Name war also bereits da<br />

vor Erbauung der <strong>Kirche</strong>.<br />

Es mag <strong>bei</strong> dieser Staude früher irgendein religiöses Denkmal, z.B. ein Kreuz<br />

gestanden sein, das das Volk gerne besuchte und mit dem es auffallende Gebetserhörungen<br />

verband, wie das auch später im 17. Jahrhundert der Fall war.<br />

Das war wo<strong>hl</strong> der Grund für die Bezeichnung „Hl. <strong>Staude“</strong> und auch der Grund<br />

für die Erbauung der <strong>Kirche</strong>.<br />

An der nördlichen Außenseite von St. Martin in Amberg ist ein gut gear<strong>bei</strong>teter<br />

Denkstein aus rotem Marmor eingelassen mit der Umschrift: Anno Dni 1473<br />

starb der Erberg man Hanns Klopfer Bürger zu Amberg, am Sonntag Jubilate.<br />

Dem Gott genadig sei! Amen.<br />

<strong>Die</strong>ser Hans Klopfer, wo<strong>hl</strong> ein gebürtiger <strong>Weiden</strong>er (ein Verwandter von ihm,<br />

Hans Klopfer, stiftete 1501 für die <strong>Weiden</strong>er Pfarrkirche eine feierliche Donnerstagsprozession),<br />

übergab am Samstag vor Quasi modo geniti (Weißer<br />

Sonntag) 1470 seine <strong>Kirche</strong>, die Hl. Staude genannt, <strong>bei</strong> der Stadt <strong>Weiden</strong> gelegen,<br />

ohne allen Vorbehalt dem weisen und ehrsamen Bürgermeister und Rat


zu <strong>Weiden</strong>, die allwegen zwei Pfleger oder Zechmeier setzen mögen, so die<br />

<strong>Kirche</strong> baulich unterhalten, und soll alljährlich <strong>bei</strong>m Patrozinium oder Kirchweih<br />

des Stifters und seiner Familie gedacht werden.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Kirche</strong> gehörte, wie damals auch Tröglersricht, zur Pfarrei Schirmitz. Der<br />

dortige Pfarrer hielt <strong>bei</strong> der Hl. Staude Gottesdienst an Kirchweih (Weißer<br />

Sonntag), am Feste der Hl. Johannes und Paulus, des Hl. Laurentius, des Hl.<br />

Wolfgang, des Hl. Bernhard und an Fastnacht.<br />

Für den Gottesdienst erhielt er zwei Groschen; hielt er auch Predigt, dann wurden<br />

ihm drei Groschen gegeben.<br />

Freitag nach Apollonia 1517 sc<strong>hl</strong>oss der Bürgermeister der Stadt mit Michael<br />

Brunner, Pfarrer von Schirmitz, einen Vertrag wegen der Wochenmesse <strong>bei</strong> der<br />

Hl. Staude, der ein ehrbarer Rat vorstehe, die aber der Pfarrei Schirmitz inkorporiert<br />

sein: die Wochenmesse solle in der Fastenzeit am Donnerstag, sonst<br />

aber am Samstag abwechselnd vom Schirmitzer Pfarrer und einem vom Rat<br />

bestellten Kaplan gelesen werden.<br />

Als 1536 <strong>bei</strong>m großen Brande auch <strong>Weiden</strong>s Pfarrkirche ausgebrannt war,<br />

nahm der Rat die Altäre aus unserem Kirc<strong>hl</strong>ein und versetzte sie nach Sankt<br />

Michel; und als zwei Jahre später in der Stadt der formelle Übertritt zur neuen<br />

Lehre erfolgte, musste das Kirc<strong>hl</strong>ein auch Kelch, Messgewänder, Glocken usw.<br />

hergeben. (Das Glöcklein auf dem unteren Stadttor soll, wie aus dem 18. Jahrhundert<br />

berichtet wird, dereinst droben <strong>bei</strong> der Hl. Staude zum Gebet eingeladen<br />

haben).<br />

<strong>Die</strong> jährlichen Zinsgelder, 4 Pfund, überwies der Rat dem Hospital; 5 Gulden<br />

Zins welche die Stadt selbst schuldete, kamen seit dem großen Brand einfach<br />

in Wegfall.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Weiden</strong>er erklärten kein Interesse mehr an der <strong>Kirche</strong> droben zu haben, sie<br />

hätten deren in der Stadt selbst genug. So hätte um das Gotteshaus sich niemand<br />

mehr gekümmert, wäre es nicht auf leuchtenbergischem Grund gestanden;<br />

die Landgrafschaft blieb ja dem alten Glauben treu.<br />

Im Jahre 1543 berichteten der Landrichter Martin Wolf von Redwitz und der<br />

Landschreiber Hieronymus Heuring nach Neumarkt an die Regierung: sonst<br />

vergangener Jahre, da es noch gebräuc<strong>hl</strong>icher war als jetzt, solche Kapelle und<br />

römische Gnade zu besuchen, habe der Pfarrer von Schirmitz <strong>bei</strong> der Hl. Staude<br />

Kirchweih gesungen; seit einigen Jahren sei das nicht mehr geschehen.<br />

Nun habe am Freitag vor dem Weißen Sonntag Landgraf Georg durch seinen<br />

Richter zu Luhe der Stadt <strong>Weiden</strong> mitteilen lassen, er werde am kommenden<br />

Sonntag dort die Kirchweih feiern und den Kirchweihschutz verkünden lassen.<br />

Auf Veranlassung der <strong>bei</strong>den kurpfälzischen Beamten und des Rates versammelten<br />

sich in der Nacht zum Weißen Sonntag etliche 300 Mann aus Stadt und<br />

Land, um, wenn nötig, dem Vorhaben des Landgrafen mit bewaffneter Hand<br />

entgegen zu treten. Zur <strong>Kirche</strong> selbst begaben sich zunächst nur einige Mann<br />

mit einem Vertreter des Landrichters, der den zum Kirchweihschutz gekom-


menen leuchtenbergischen „Landknecht“ aufforderte, abzuziehen, was dieser<br />

auch unter Protest tat, ebenso der Schirmitzer Pfarrer.<br />

<strong>Die</strong>s war der Anfang eines Rechtstreites, der sich nun durch Jahrhunderte hinzog;<br />

die <strong>Weiden</strong>er behaupteten: die <strong>Kirche</strong> stehe auf ihrem Grund und Boden<br />

und unterstehe ihrer Gerichtsbarkeit, während Leuchtenberg daran festhielt,<br />

dass die <strong>Kirche</strong> sc<strong>hl</strong>ießlich zum Burggeding der Stadt <strong>Weiden</strong> gehöre, dagegen<br />

auf leuchtembergischen Territorium sich befinde und der höheren Gerichtsbarkeit<br />

Leuchtenbergs unterstehe; dieses habe deshalb auch das Recht, das exercitium<br />

religionis zu bestimmen. Damit war Leuchtenberg zweifellos im Recht.<br />

In dem zwischen dem pfälzischen Kurfürsten Friedrich und dem Landgrafen<br />

Georg abgesc<strong>hl</strong>ossenen „Heidelberger Vertrag“ (1546) findet sich „die Irrung<br />

zwischen Parkstein und Leuchtenberg betr.“ folgende Stelle: „<strong>Die</strong> Grenze solle<br />

sein „oben im Grunde im Albersbach neben dem alten Steinbruch und von<br />

dannen auf der rechten Hand zu dem Holz unter Treklerricht hin auf die <strong>hl</strong>.<br />

Stauden zu und von dannen ungefähr 10 Schritt unter der <strong>hl</strong>. Stauden den Weg<br />

neben dem Spitalholz hinab bis an die Wasserrumpfen hinaus bis an die Naab.<br />

Und was also in solchem Bezirk auf der rechten Hand gegen die Stadt <strong>Weiden</strong><br />

gelegen, soll ohne Mittel gegen das Amt Parkstein mit der Obrigkeit zugehörig,<br />

und das andere Teil obgenannten Bezirkes, auf der linken Hand gelegen, mit<br />

der höheren Obrigkeit und Wildbann Leuchtenberg gehörig sein, doch soll<br />

solche Vereinigung denen von <strong>Weiden</strong> und ihrem von alters hergebrachten<br />

Burggeding unvergriffentlich sein“.<br />

In der Folgezeit ging wiederum der Pfarrer von Schirmitz jeden „Weißen Sonntag“<br />

zur Hl. Staude, um Kirchweih zu feiern und Leuchtenberger Amtleute verkündeten<br />

da<strong>bei</strong> den „Kirchweihschutz“. So geschah es ein paar Jahrzehnte<br />

hindurch, bis zum Jahre 1588.<br />

Am 12. April dieses Jahres berichtete der Rat der Stadt an die Regierung in<br />

Amberg: der Landgraf Georg Ludwig beabsichtige, nicht bloß die Kirchweih<br />

wieder zu feiern, sondern auch das auf ihrem Grund befindliche Kirc<strong>hl</strong>ein, so<br />

dem Einsturz nahe sei, zu restaurieren und daneben einen Forsthof zu erbauen;<br />

sie hätten es leider übersehen, das exercitium religionis dort zu behaupten.<br />

Ihnen stehe das Einkommen der <strong>Kirche</strong> zu, also auch die Bestellung des Gottesdienstes.<br />

Ihre Vorfahren hätten nicht bloß die <strong>Kirche</strong> erweitert, sondern dort<br />

auch einmal einen Priester, Bruder Georg genannt, unterhalten, den letzten<br />

papistischen Priester zur Hl. Staude. Also dahin ziele die neulich vorgenommeine<br />

Grenzsteinsetzung ab, <strong>bei</strong> der die leuchtenbergische Grenze 10 Schritte<br />

über die Hl. Staude hinausging.<br />

Dem Protest folgte die Tat. Am Weißen Sonntag, 24. April, zogen 55 bewaffnete<br />

Bürger zur Hl. Staude und verwehrten den Eintritt in die <strong>Kirche</strong>. Der leuchtenbergische<br />

Gerichtsschreiber konnte nur Protest erheben und musste dann mit<br />

dem Pfarrer von Schirmitz unverrichteter Dinge abziehen.<br />

<strong>Die</strong>smal ließ sich der Landgraf diese Behandlung nicht so ruhig gefallen. Am<br />

folgenden Sonntag, 1. Mai, erschien er selbst an Ort und Stelle und ließ die


Feier nachholen. <strong>Die</strong> <strong>Weiden</strong>er berichteten, er sei gekommen mit etlichen 500<br />

Mann, darunter drei Trommlern und drei Pfeifern.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Weiden</strong>er erwiderten prompt: acht Tage später verließen sie morgens drei<br />

Uhr, 220 bewaffnete Mann stark in aller Stille die Stadt und begaben sich zur Hl.<br />

Staude. <strong>Die</strong> stark versc<strong>hl</strong>ossene Türe rannten sie mit einem Stück Holz ein und<br />

stießen die Fensterläden samt den Eisenstäben ein. Sc<strong>hl</strong>ießlich nahmen sie<br />

das Holz und die Werkzeuge der leuchtenbergischen Zimmerleute mit sich.<br />

Und nun gab es Proteste und Gegenproteste ohne Za<strong>hl</strong>!<br />

Eine klägliche, unentschiedene Rolle spielte in der Affäre der kurfürstliche Vitzthum<br />

(vicedominus oder Statthalter) zu Amberg, Graf Joachim von Ortenburg.<br />

Als die Landgräfin Mechtild ihn aufforderte, die Rädelsführer des Landfriedensbruches,<br />

darunter den Stadtschreiber und den Stadthauptmann, zur Verantwortung<br />

an die landgräfliche Regierung in Pfreimd zu schicken, erklärte er, das<br />

Unternehmen sei ohne sein Vorwissen geschehen, trotzdem er ausdrücklich<br />

seine Erlaubnis dazu gegeben hatte.<br />

Nach <strong>Weiden</strong> aber schrieb er, die Betreffenden nicht nach Pfreimd zu schicken.<br />

Der Rat möge in seiner Entschuldigung den Umstand, dass die Kapelle auf<br />

leuchtenbergischem Territorium stehe, ganz übergehen und sich lediglich als<br />

in der Defensive begriffen hinstellen.<br />

Im folgenden Jahre, 1589, beauftragte der Vitzthum Joachim von Ortenburg<br />

den Landschreiber Konrad Pü<strong>hl</strong>er zu <strong>Weiden</strong>, dem Rate dahin zu wirken, dass<br />

die Kapelle eingerissen und das Steinmaterial für den Bau der Friedrichsburg<br />

in Vohenstrauß verwendet werde; allein der Rat sprach sich für eine gemeinschaftliche<br />

Kommission zur Beilegung des Streites aus.<br />

Das nämliche Ansinnen stellte der Vitzthum im folgenden Jahre, 1590, damit<br />

man endlich „dieser Freterei möge erübrigt sein“. Der Landrichter von Parkstein,<br />

Abraham v. Brand, schrieb indessen an den Mitbesitzer des Gemeinschaftsamtes<br />

Parkstein-<strong>Weiden</strong>, den Pfalzgrafen Friedrich aus der Neuburger<br />

Linie, er sei gegen eine solche Gewalttat, da nach neulich gezogener Markung<br />

dies gegen den Land- und Religionsfrieden wäre.<br />

Pfalzgraf Friedrich verzichtete auch bereitwillig wegen der weiten Entfernung<br />

von Vohenstrauß auf die Steine, die <strong>bei</strong>m Abbruch der Kapelle ihm zur Verfügung<br />

gestellt worden wären.<br />

Am Weißen Sonntag dieses Jahres begaben sich mit Einwilligung der Amberger<br />

Regierung der Landrichter v. Brand, der Landschreiber Pü<strong>hl</strong>er, etliche<br />

Mitglieder des Rates und 20 Hackenschützen zum Kirc<strong>hl</strong>ein der „<strong>hl</strong>. <strong>Staude“</strong>,<br />

und als sich dort ebenfalls der Pfarrer von Schirmitz und der leuchtenbergische<br />

Amtmann Peter von Strasser mit 5 Wildschützen einfanden, wurde von<br />

<strong>bei</strong>den Seiten heftig Protest erhoben und es wäre fest zu tätlichen Feindseligkeiten<br />

gekommen.<br />

Aus späterer Zeit wird uns berichtet, das Gemäuer der <strong>Kirche</strong> sei noch einige<br />

Zeit gestanden; weil sich aber dort gerne Gesindel aufhielt, sei es dann nieder-


gelegt worden; die Steine wurden zum Bau von Häusern und Städeln verwendet.<br />

<strong>Die</strong> so genannte Gegenreformation war gekommen, Jesuiten bemühten sich,<br />

die <strong>Weiden</strong>er für den alten Glauben zurück zu gewinnen; sie waren es auch, die<br />

an eine Auferstehung, einen Wiederaufbau des Kirc<strong>hl</strong>eins oben dachten.<br />

Über ihre diesbezüglichen Bemühungen orientiert uns u.a. ein interessantes<br />

Dokument im Staatsarchiv Amberg: „Extrakt aus einem alten, eingebundenen<br />

Register, so 1630 von dem zu <strong>Weiden</strong> gewesenen P. Superior de Soc. Jesu<br />

wegen des Kirc<strong>hl</strong>eins zur Hl. Staude gehalten worden“. Es enthält auch einen<br />

Situationsplan, eine Zeichnung der vorgefundenen Grundmauer des alten<br />

Kirc<strong>hl</strong>eins du ein Bild, wie man sich die neue <strong>Kirche</strong> dachte.<br />

Neben dem Kirc<strong>hl</strong>ein sehen wir den übermauerten Brunnen, der vielleicht auch<br />

eine Rolle gespielt hat <strong>bei</strong> der Entstehung des Namens „Hl. <strong>Staude“</strong>. (Vergl.<br />

Heilingbrünnl <strong>bei</strong> Muglhof!)<br />

Aus diesem Dokument erfahren wir auch, dass das alte Kirc<strong>hl</strong>ein dem <strong>hl</strong>. Wolfgang<br />

und der <strong>hl</strong>. Helena geweiht war. Zu den Vorar<strong>bei</strong>ten der Wiederherstellung<br />

der <strong>Kirche</strong> bedienten sich die Jesuiten der Alumnen, also der internen<br />

Schüler der von ihnen geleiteten Lateinschule.<br />

Am 4. April 1630 „verehrten“ diese zum ersten Mal den Ort mit Gesang und<br />

Gebet; sie fanden ihn „mit Rasen, Stauden und jungen Bäumchen überwachsen“;<br />

das alles wurde entfernt und die Grundmauer freigelegt. Da<strong>bei</strong> ergab sich<br />

als Gesamtlänge 33, als vordere Breite 11, als hintere Breite 14 Schritte; der<br />

Absc<strong>hl</strong>uss der <strong>Kirche</strong> nach Westen war nämlich breiter, eine Art Querschiff,<br />

offenbar die oben erwähnte, vom Rate vorgenommene Erweiterung der <strong>Kirche</strong>.<br />

Auch der Standort der ehemaligen drei Altäre wurde festgestellt.<br />

Schon wurde die <strong>hl</strong>. Stätte wieder volkstümlich; an der Stelle des Hochaltars<br />

war ein Kreuz errichtet, die Bilder der <strong>bei</strong>den <strong>Kirche</strong>npatrone Wolfgang und<br />

Helena waren angebracht.<br />

Im Juni 1631 nahm sich „die deutsche Schulmeisterin“ in gefährlicher Krankheit<br />

vor, dreimal zur Hl. Staude zu wallen; sie wurde daraufhin „merklich besser“.<br />

Des Herrn Stadtschreibers Söhnchen wurde gefährlich krank; der Vater<br />

gelobte einen Reichstaler, die Mutter ein Altartuch zur Hl. Staude zu geben; das<br />

Söhnchen wurde wieder gesund.<br />

Am 10. Juni wurde ein Kreuzgang zur Hl. Staude veranstaltet mit massenhafter<br />

Beteiligung aus allen umliegenden Pfarreien; Predigt und Amt hielt der Rektor<br />

der Lateinschule, P. Johannes Balsterer, der überhaupt die Seele des ganzen<br />

Unternehmens gewesen zu sein scheint.<br />

Nachdem man bereits vorher an der Ausbesserung und Abänderung der<br />

Grundmauer gear<strong>bei</strong>tet hatte, fand am 10. September dieses Jahres (1631) die<br />

feierliche Grundsteinlegung zu einer neuen <strong>Kirche</strong> statt. An ihr beteiligte sich<br />

die gesamte Schuljugend und viel erwachsenes Volk; P. Balsterer hielt die<br />

Festpredigt und nahm die Zeremonien vor; den Grundstein selbst legte der


leuchtenbergische Kanzler Dr. Ludwig Federl von Pfreimd. Doch sollte die<br />

Freude nicht lange währen!<br />

Als vier Tage später, am Feste Kreuz Erhöhung, der Jesuitenobere P. Christoph<br />

Engelberger vor za<strong>hl</strong>reichem Volk <strong>bei</strong> der Hl. Staude Predigt heilt, protestierte<br />

der <strong>Weiden</strong>er Stadtschreiber gegen die von einem leuchtenbergischen<br />

Beamten vorgenommene Grundsteinlegung als eine Rechtsverletzung und ließ<br />

den Grundstein wieder ausheben. Also der alte Rechtsstreit!<br />

Unter solchen Umständen konnte an einen Wiederaufbau nicht gedacht werden,<br />

umso weniger, als auch die Kriegswirren und Drangsale der kommenden<br />

Jahre dem Unternehmen keineswegs günstig waren. Doch floss weiterhin<br />

reic<strong>hl</strong>iches Opfer und die Wallfahrten dauerten fort. Wir haben uns unter der Hl.<br />

Staude jener Jahre etwas Ähnliches wie das heutige „Bild“ <strong>bei</strong> Neustadt vorzustellen.<br />

Im Jahre 1723 regte das Landgericht Leuchtenberg <strong>bei</strong>m Kurfürsten von Bayern<br />

die Wiedererbauung der <strong>Kirche</strong> an; es ließ einen Plan anfertigen, der im<br />

Staatsarchiv Amberg noch vorhanden ist; es sollte ein Zentralbau werden; das<br />

Geld sollten einstweilen teilweise die leuchtenbergischen Pfarreien vorschießen;<br />

das Holz sollte die Schirmitzer <strong>Kirche</strong>nverwaltung zur Verfügung stellen.<br />

Doch es blieb <strong>bei</strong>m Plan.<br />

Im Jahre 1792 ließ der <strong>Weiden</strong>er Bürgermeister Josef Ignatz Moritz von dem<br />

Sulzbacher Künstler Johann Christoph Karl, aus dessen Atelier auch das<br />

Hochaltarbild in der Michaelpfarrkirche hervorging, ein anmutiges Muttergottesbild<br />

malen, das er innerhalb der in den Fundamenten noch gut bemerkbaren<br />

Mauern der Kapelle <strong>bei</strong> der Hl. Staude an einer Säule anbringen ließ.<br />

An dieser Säule befestigten Schirmitzer Bauern eigenmächtig eine Opferbüchse<br />

und verwendeten in aller Gemütsruhe das Sammelgeld für ihre Pfarrkirche.<br />

Um das Bild gegen die Unbilden der Witterung zu schützen, wollte Bürgemeister<br />

Moritz für dasselbe eine hölzerne Überdachung herstellen lassen. Damit<br />

war aber der Landgerichtsschreiber des Amtes Leuchtenberg, Schrott, keineswegs<br />

einverstanden und ließ kurzerhand das zu obigen Zwecke gefällte Holz<br />

abführen.<br />

Nun ließ Moritz 1795 die Säule in einiger Entfernung auf zum Landgericht Parkstein<br />

gehörigen Boden versetzen, während die Schirmitzer, um Rache zu üben,<br />

an der bisherigen Stelle selbst ein Marienbildnis anbrachten.<br />

Aber auch auf der neuen Stätte blieb das Moritz`sche Muttergottesbild nicht<br />

lange unbehelligt: ein solches äußeres Zeichen der Frömmigkeit war den Freigeistern<br />

der Aufklärungsperiode ein Gegenstand ihrer Verfolgungswut, und so<br />

traf denn auch am 12. Juni 1802 von Sulzbach her der strenge Befe<strong>hl</strong> ein, das<br />

Moritz`sche Bild ebenso wie jenes der Schirmitzer „so ganz in der Stille“ (1) zu<br />

entfernen und ersteres in die St. Sebastiankirche zu verbringen.<br />

Moritz aber stellte das Bild in der Wieskapelle auf und bald verrichteten die<br />

Gläubigen in großer Menge vor demselben ihre Andacht.


Das kurfürstliche Pflegamt <strong>Weiden</strong> aber befa<strong>hl</strong> am 30. August, das Bild sofort<br />

nach St. Sebastian zu verbringen, die Votivtafeln aber gänzlich zu beseitigen,<br />

damit „das Geläufe dahin einmal ein Ende nehme!“ Der Befe<strong>hl</strong> wurde alsbald<br />

ausgeführt.<br />

In St. Sebastian hängt heute noch das schöne Bild mit klassizistischen Rahmen.<br />

Wie wäre es, wenn Wo<strong>hl</strong>täter es ermöglichen würden, dass droben an der<br />

Stätte, die einst Zeugin so vieler Streitigkeiten war, das Zeichen des Friedens,<br />

ein würdiges <strong>hl</strong>. Kreuz, die Erinnerung an das Kirc<strong>hl</strong>ein und seine wechselreiche<br />

Geschichte festhalten würde?<br />

Ergänzung von 1979:<br />

Nach dem 2. Weltkrieg erbaute Herr F. X. Hammer, Seilermeister aus <strong>Weiden</strong>,<br />

eine Kapelle auf dem Platz der alten <strong>Kirche</strong> und nannte sei „Zur Heiligen<br />

Stauden“.<br />

Der Plan wurde 1946 von Herrn Gustav Menger, Architekt, gefertigt. Nach der<br />

Fertigstellung wurde der Bau 1952 der katholischen Pfarrei Sankt Josef in<br />

<strong>Weiden</strong> übergeben.<br />

<strong>Die</strong> Kapelle bewahrt die Erinnerung an eine der frühesten, bereits seit dem<br />

Anfang des 15. Jahrhunderts fassbaren Wallfahrten. Sie bezeugt damit eine<br />

Überlieferung, die nun schon mehr als ein halbes Jahrtausend überdauert.<br />

Quelle: <strong>Die</strong> Heilige Staude von Annemarie Krauß, <strong>Weiden</strong>, in Oberpfälzer<br />

Heimat, 23. Band, 1979, ab Seite 128.<br />

Abschrift: Alfred Kunz, <strong>Weiden</strong><br />

Foto der Kapelle auf der nächsten Seite:


Hl. Staude im Winterwald, Foto von Ursula Hofmann:

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