30 Wirtschaft, Wissenschaft und Ethik 3 Religion, Wirt- schaft, Wirt ...

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Frühjahr Spring 2013 Herausgeber Editor Karl Farmer, Graz Harald Jung, Liebenzell nr. 1 Herausgeberbeirat Editorial Board Wolfgang Harbrecht, Nürnberg Reinhard Haupt, Jena Heinzpeter Hempelmann, Marburg Stephan Holthaus, Gießen Werner Lachmann, Nürnberg Gerald Mann, München Christian Müller, Münster Spiridon Paraskewopoulos, Leipzig Siegfried Scharrer, Nürnberg Hermann Sautter, Göttingen Kevin Schmiesing, Grand Rapids 3 Religion, Wirtschaft, Wirtschaftsethik Ein Überblick von Werner Lachmann 48 Die Ethik der Staatsverschuldung Eine Analyse aus Sicht der katholischen Soziallehre von Daniel Koch 30 Wirtschaft, Wissenschaft und Ethik Der Mensch als sinnorientierter „homo teleologicus“ und Öko nomik als „Handlungswissenschaft“ von Harald Jung 73 What Is „Acting Ethically“ in the Crisis? A Bonhoefferian Cristian Discipleship Perspective von Walton Padelford ISBN 4-192405-015003-06

Frühjahr Spring 2013<br />

Herausgeber Editor<br />

Karl Farmer, Graz<br />

Harald Jung, Liebenzell<br />

nr. 1<br />

Herausgeberbeirat Editorial Board<br />

Wolfgang Harbrecht, Nürnberg<br />

Reinhard Haupt, Jena<br />

Heinzpeter Hempelmann, Marburg<br />

Stephan Holthaus, Gießen<br />

Werner Lachmann, Nürnberg<br />

Gerald Mann, München<br />

Christian Müller, Münster<br />

Spiridon Paraskewopoulos, Leipzig<br />

Siegfried Scharrer, Nürnberg<br />

Hermann Sautter, Göttingen<br />

Kevin Schmiesing, Grand Rapids<br />

3 <strong>Religion</strong>, <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>,<br />

<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik<br />

Ein Überblick<br />

von Werner Lachmann<br />

48 Die <strong>Ethik</strong> der<br />

Staatsverschuldung<br />

Eine Analyse aus Sicht der katholischen<br />

Soziallehre<br />

von Daniel Koch<br />

<strong>30</strong> <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>,<br />

<strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Der Mensch als sinnorientierter<br />

„homo teleologicus“ <strong>und</strong> Öko nomik<br />

als „Handlungswissen<strong>schaft</strong>“<br />

von Harald Jung<br />

73 What Is<br />

„Acting Ethically“<br />

in the Crisis?<br />

A Bonhoefferian Cristian<br />

Discipleship Perspective<br />

von Walton Padelford<br />

ISBN 4-192405-015003-06


Impressum Imprint<br />

Frühjahr Spring 2013<br />

Herausgeber Editor<br />

Karl Farmer, Graz<br />

Harald Jung, Liebenzell<br />

Herausgeberbeirat Editorial Board<br />

Wolfgang Harbrecht, Nürnberg<br />

Reinhard Haupt, Jena<br />

Heinzpeter Hempelmann, Marburg<br />

Stephan Holthaus, Gießen<br />

Werner Lachmann, Nürnberg<br />

Gerald Mann, München<br />

Christian Müller, Münster<br />

Spiridon Paraskewopoulos, Leipzig<br />

Siegfried Scharrer, Nürnberg<br />

Hermann Sautter, Göttingen<br />

Kevin Schmiesing, Grand Rapids<br />

Redaktion Editorial Team<br />

Dr. Harald Jung<br />

harald.jung@wirt<strong>schaft</strong><strong>und</strong>ethik.de<br />

Dr. Karl Farmer<br />

karl.farmer@wirt<strong>schaft</strong><strong>und</strong>ethik.de<br />

Hannes Müller (wiss. Mitarbeiter)<br />

hannes.mueller@wirt<strong>schaft</strong><strong>und</strong>ethik.de<br />

Gesell<strong>schaft</strong> zur Förderung von<br />

<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>swissen<strong>schaft</strong>en <strong>und</strong><br />

<strong>Ethik</strong> e.V. (GWE)<br />

Wacholderweg 6<br />

91154 Roth-Bernlohe<br />

Tel 09172 / 2450<br />

Fax 09172 / 2523<br />

E-Mail: info@wirt<strong>schaft</strong><strong>und</strong>ethik.de<br />

ISBN 4-192405-015003-06


Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Journal of Markets and Ethics<br />

<strong>Religion</strong>, <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik<br />

<strong>Religion</strong>, <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik<br />

Ein Überblick<br />

– von Werner Lachmann<br />

26 Seiten<br />

Sprache: deutsch<br />

Keywords: Ökonomik,<br />

<strong>Religion</strong>, <strong>Ethik</strong>, Theologie,<br />

biblische <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik,<br />

Economics, ethics, religion,<br />

theology, biblical economic<br />

ethics<br />

Zusammen fassung<br />

Aus der modernen Ökonomik wurde die <strong>Religion</strong> verbannt. Ökonomik<br />

wird wertfrei betrieben <strong>und</strong> somit a-religiös <strong>und</strong> a-philosophisch. Gehört<br />

zur Analyse des wirt<strong>schaft</strong>lichen Handels nicht doch die Beachtung des<br />

Lebenssinns? Der Zusammenhang zwischen <strong>Religion</strong> <strong>und</strong> Ökonomik wird<br />

in fünf Bereichen analysiert. Zuerst wird nach den ökonomischen Konsequenzen<br />

religiöser Vorstellungen gefragt. Anschließend wird die theologische<br />

Kritik an der <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong> dargestellt. Der dritte Teil befasst sich mit<br />

den Konsequenzen der wirt<strong>schaft</strong>lichen Entwicklung auf die Praxis der<br />

<strong>Religion</strong>sausübung, dem eine ökonomische Analyse religiösen Verhaltens<br />

<strong>und</strong> religiöser Phänomene folgt. Sodann erfolgt ein Versuch einer<br />

biblischen <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik in Anlehnung an Stamp (1939). Zum Schluss<br />

wird eine Verzahnung von Ökonomik <strong>und</strong> Theologie anhand theologischer<br />

Aussagen unternommen.<br />

Abstract<br />

During the last centuries economics developed as a value-free science.<br />

Religious ideals have no place in economic analysis. Recently, some<br />

economists started to rediscover the importance of morality for economic<br />

development. This paper provides a short summary on the relationship<br />

between economics and religion. The first part delineates the economic<br />

consequences of religious ideals. Then the theological critique of economic<br />

behaviour will be discussed. The third part analyses the impacts<br />

of economic development and bigger wealth on the intensity of religious<br />

practices and beliefs. The increasing interest in an economic analysis<br />

of religious behaviour will be dealt with afterwards. Drawing on Stamp’s<br />

(1939) research during the 19<strong>30</strong>s a biblical view on economics is developed.<br />

At the end, economics and theology are linked together by following<br />

some theological doctrines.<br />

3


Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Journal of Markets and Ethics<br />

<strong>Religion</strong>, <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik<br />

1. Einleitung<br />

Wenn ich als Nicht-Historiker richtig informiert bin, ist das menschliche<br />

Handeln – auch das wirt<strong>schaft</strong>liche Handeln - lange Zeit religiös geprägt<br />

gewesen. Oft wurden Erfolg oder Misserfolg auf Segen oder Strafe der Götter<br />

zurückgeführt. Auf der Dioritstele des Codex Hammurapi (18 Jh. v. Chr.) bezeichnet<br />

sich Hammurapi als König der Gerechtigkeit <strong>und</strong> ist darauf mit dem<br />

Sonnengott Schamasch dargestellt, von dem er die Insignien erhält. Die Zehn<br />

Gebote im AT empfängt Mose von Jhwh auf dem Berge Horeb <strong>und</strong> die Gesetzgebung<br />

der Thora enthält – wie der Codex Hammurapi – viele soziale Regelungen.<br />

Die sozialen Schutzmaßnahmen werden oft religiös begründet. Cicero führt<br />

den Erfolg Roms auf die religiöse Haltung der Römer zurück. Dass die römische<br />

pietas, religio <strong>und</strong> sapientia das numen der Götter beachtete, wurde als entscheidend<br />

für den Aufstieg Roms <strong>und</strong> die römische Entwicklung angesehen.[1]<br />

Die moderne Ökonomik hat – teils zu Recht – die <strong>Religion</strong> verbannt.<br />

Nach der Aufklärung begann ein Säkularisierungsprozess – verb<strong>und</strong>en mit den<br />

phantastischen Fortschritten in den Naturwissen<strong>schaft</strong>en – der in der Ökonomik<br />

einen Hang zu naturwissen<strong>schaft</strong>lichen Methoden hervorrief, so dass die<br />

Nationalökonomik a-religiös <strong>und</strong> a-philosophisch wurde. Als Studenten wurde<br />

uns gelehrt, dass die Ökonomik in ihrer Methode „wertfrei“ betrieben werden<br />

müsse. In Prüfungsaufgaben hatten wir wertfreie von werthaltigen Aussagen<br />

zu unterscheiden. Religiöse Begründungen für ökonomisches Verhalten waren<br />

„out“. Müsste nicht für die Analyse des wirt<strong>schaft</strong>sethischen Handelns wieder<br />

das mögliche Menschenbild berücksichtigt werden? Gehören Lebenssinn <strong>und</strong><br />

wirt<strong>schaft</strong>liches Handeln nicht irgendwie zusammen? Der homo oeconomicus<br />

reicht zur Bestimmung des Lebenssinns nicht aus. Woher bekommt der Mensch<br />

– außerhalb seiner Nutzenmaximierung – die Kraft zu ethischem Handeln,<br />

wenn Dilemmata-Situationen <strong>und</strong> existentielle Schwierigkeiten auftauchen?<br />

Zumindest die katholische Soziallehre hatte den Nutzenmaximierungsansatz<br />

4<br />

[1] So erklärt Cicero dass sowohl Konsul Publius Clodius als auch Konsul Lucius<br />

Iulius während des ersten Punischen Krieges dem römischen Volke durch verlorene<br />

Schlachten Schaden zugeführt habe, weil sie den Rat der Priester verachteten<br />

<strong>und</strong> die Warnungen der Götter ignorierten. „Quorum exitio intellegi<br />

potest eorum imperiis rem publicam amplificatam, qui religionibus paruissent.<br />

Et si conferre volumus nostra cum externis, ceteris rebus aut pares aut etiam<br />

inferiores reperiemur, religione, id est cultu deorum, multo superiores.“ (Cicereo:<br />

De natura deorum 2,8b) = Aus dem Untergang dieser Männer kann man<br />

schließen, dass der Staat dann mächtiger wurde, wenn seine Befehlshaber<br />

den religiösen Normen gehorcht hatten. Und wenn wir unsere Verhältnisse einmal<br />

mit denen ausländischer Völker vergleichen, werden wir feststellen, dass<br />

wir ihnen auf anderen Gebieten entweder gleich oder sogar unterlegen sind,<br />

sie aber hinsichtlich der <strong>Religion</strong>, d.h. der Götterverehrung, bei weitem übertreffen.


Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Journal of Markets and Ethics<br />

<strong>Religion</strong>, <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik<br />

lange Zeit sogar abgelehnt – während die angelsächsisch geprägten Kirchen diesen<br />

Ansatz leichter vereinnahmen konnten.[2]<br />

Kurz eine Bemerkung zur Definition der Begriffe aus dem Titel. Ich folge<br />

der bekannten Definition von Lionel Charles Robbins: Ökonomik ist „that science<br />

that studies the relationship between ends and means that have alternative<br />

uses”.[3] Viele Ökonomen würden der knapp gehalten Definition von Cezanne<br />

zustimmen: “Die <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>swissen<strong>schaft</strong> ist die Lehre vom Umgang mit der<br />

Knappheit (sic!).“[4] Ihre Überwindung ist das Ziel menschlichen wirt<strong>schaft</strong>lichen<br />

Handelns. Schwieriger wäre eine Definition des Begriffes der <strong>Religion</strong>.<br />

Eine solche will ich vermeiden, indem ich mich auf das westliche Christentum<br />

beschränke, das über mehr als ein Jahrtausend die westeuropäische Kultur prägte.<br />

Ökonomische Vorstellungen von Orthodoxie <strong>und</strong> dem Islam werde ich demzufolge<br />

nicht behandeln.<br />

Der „mainstream“ ignoriert religiöse Aspekte in der Ökonomik[5] <strong>und</strong><br />

in der <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik. Jedoch hat es in den letzten <strong>30</strong> Jahren eine Renaissance<br />

in der Beschäftigung mit religiösen Fragen in der Ökonomik gegeben. So erschienen<br />

Lehrbücher mit dem Titel „Christian Economics“ (North 1974 oder<br />

Hay 1989) <strong>und</strong> in Großbritannien <strong>und</strong> in den USA wurden jeweils eine eigene<br />

„Association of Christian Economists“ gegründet. Im Jahre 2003 publizierte<br />

Paul Oslington zwei Sammelbände zum Thema „Economics and <strong>Religion</strong>“. Die<br />

Duke History Konferenz befasste sich 2007 ebenfalls mit dem Thema „Religiöser<br />

Glaube <strong>und</strong> Politische Ökonomik“, deren Beiträge in 2008 als Supplement<br />

der Fachzeitschrift „History of Political Economy“ veröffentlicht wurden.[6]<br />

Die Beziehungen zwischen <strong>Religion</strong>, <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong> <strong>und</strong> <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik<br />

will ich in fünffacher Weise erörtern, wobei die ersten vier Beziehungen nur<br />

übersichtsartig (mehr als ein Survey) abgehandelt werden:<br />

· Die ökonomischen Konsequenzen der <strong>Religion</strong><br />

· Die theologische Kritik an der <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong><br />

· Die Konsequenzen der wirt<strong>schaft</strong>lichen Entwicklung auf die<br />

<strong>Religion</strong><br />

[2] Vide Bateman/Banzhaf (2008) , Almodovar/Teixeira (2008) sowie Harper/<br />

Gregg (2008).<br />

[3] Lionel Charles Robbins: An Essay on the Nature and Significance of Economic<br />

Science, London 1932.<br />

[4] Wolfgang Cezanne: Allgemeine Volkswirt<strong>schaft</strong>slehre, München/Wien 2005 6<br />

(Oldenbourg), S. 2.<br />

[5] Interessanterweise wurde die „American Economic Association“ von Christen<br />

gegründet.<br />

5<br />

[6] Das Journal of Institutional and Theoretical Economics (JITE) – die früher Zeitschrift<br />

für die gesamte Staatswissen<strong>schaft</strong> hat ihre März-Ausgabe von 1997<br />

dem Thema „The New Institutional Economics – <strong>Religion</strong> and Economics“ gewidmet.


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Journal of Markets and Ethics<br />

<strong>Religion</strong>, <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik<br />

· Die ökonomische Analyse religiöser Phänomene<br />

· Biblische Ökonomik <strong>und</strong> <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik<br />

2. Ökonomische Konsequenzen von <strong>Religion</strong><br />

Die Untersuchung ökonomischer Konsequenzen religiöser Vorstellungen<br />

hat durch Max Weber[7] einen Impetus erhalten. Tawney, Thompson,<br />

Troeltsch <strong>und</strong> Turner[8] haben in ihren Untersuchungen die Webersche These<br />

modifiziert. Tawneys Interesse galt insbesondere dem Zusammenhang von sozialem<br />

Wandel, religiöser Moral <strong>und</strong> ökonomischer Praxis in England zwischen<br />

1540 <strong>und</strong> 1640 (Tawney-Jahrh<strong>und</strong>ert). Ihn interessierten besonders die Wechselwirkungen<br />

zwischen moralisch-religiösen, ökonomischen <strong>und</strong> sozialen Kräften<br />

innerhalb der kapitalistischen Wettbewerbsordnung. So stellt er der Weberschen<br />

monokausalen Erklärung für den Aufstieg des Kapitalismus einen multikausalen<br />

Ansatz gegenüber. Er kritisiert die Überschätzung des Einflusses des Calvinismus<br />

bei Weber <strong>und</strong> spricht sich gegen den Kapitalismus als „way of life“ aus, da<br />

er den moralischen Voraussetzungen des christlichen Glaubens widerspreche. In<br />

seinem Werk „The Acquisitive Society“ legt er dar, dass die Erwerbsgesell<strong>schaft</strong><br />

Arm <strong>und</strong> Reich korrumpiere.<br />

Thompson untersucht die Bedeutung des Methodismus in der englischen<br />

Arbeiterklasse <strong>und</strong> bei der Entstehung der englischen Gewerk<strong>schaft</strong>en.<br />

Troeltsch weitete die Untersuchungen Max Webers aus <strong>und</strong> untersuchte die<br />

Kulturbedeutung des christlichen Glaubens. Turner erweitert die Analyse Webers<br />

auf Entwicklungsländer <strong>und</strong> zeigt, wie christlicher Glaube das Ethos der<br />

Afrikaner in Richtung höherer wirt<strong>schaft</strong>licher Entwicklung beeinflusste. Zu<br />

ähnlichen Ergebnissen kommt Rennstich, der die ökonomischen Konsequenzen<br />

missionarischer Tätigkeiten in der Dritten Welt untersucht. Auch ökonometrische<br />

Studien[9] geben Anhaltspunkte für die Bedeutung des christlichen Glaubens<br />

für die wirt<strong>schaft</strong>liche Entwicklung. Während Liberale in Kontinentaleuropa<br />

<strong>Religion</strong> als Privatangelegenheit ansehen, stellt sie in amerikanisch-britischer<br />

Tradition (Benestad 2004) einen wichtigen Faktor für die kulturelle <strong>und</strong> wirt<strong>schaft</strong>liche<br />

Entwicklung eines Landes dar.<br />

In einem Überblicksaufsatz hat Karl Farmer (2009) auf die unterschiedlichen<br />

Kapitalkonzepte in den Sozialwissen<strong>schaft</strong>en hingewiesen. Eine Sonder-<br />

[7] Die These Max Webers setze ich als bekannt voraus <strong>und</strong> erläutere sie deshalb<br />

nicht!<br />

[8] Siehe Tawney (1926), Thompson (1981/1963), Troeltsch (1977/1922) <strong>und</strong><br />

Turner (1980).<br />

6<br />

[9] Vgl. hierzu Gier (1997), Glahe (1989), Noland (2005) sowie Barro/McCeary<br />

(2002, 2003).


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<strong>Religion</strong>, <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik<br />

form des Sozialkapitals ist das „spirituelle Kapital“ oder das geistliche Kapital.<br />

Geistliches Kapital versteht er als „intensiv gepflegte Beziehung zu Jesus Christus<br />

allein <strong>und</strong> in Gemein<strong>schaft</strong>“ (S. 15). In seinem Beitrag werden die gesell<strong>schaft</strong>lichen<br />

Auswirkungen des geistlichen Kapitals aufgezeigt. Es wirkt nachhaltig positiv<br />

auf die Ges<strong>und</strong>heit, Innovationen, das moralische Verhalten auf dem Markt<br />

<strong>und</strong> für die Übernahme ehrenamtlicher Tätigkeiten.<br />

Der ökonomische Erfolg hängt ebenfalls von Institutionen ab, die wiederum<br />

von den kulturellen Vorstellungen in der Gesell<strong>schaft</strong> bestimmt werden[10].<br />

So schrieb Boulding (1968, S. 234): „An exchange system, for instance, cannot<br />

flourish in the absence of a minimum of simple honesty because an exchange<br />

system is an exchange of promises and honesty is the fulfilment of promises.”<br />

Naturwissen<strong>schaft</strong>en geben dem Menschen Macht über die Natur, Sozialwissen<strong>schaft</strong>en<br />

Macht über Menschen. Für Boulding wäre es ein Alptraum, wenn der<br />

Mensch unbegrenzte Macht bekäme, er hält daher Tugenden für unerlässlich bei<br />

der wirt<strong>schaft</strong>liche Entwicklung.<br />

4. Theologische Kritik an der <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong><br />

Philosophen <strong>und</strong> Theologen standen der marktwirt<strong>schaft</strong>lichen Ordnung<br />

meist kritisch gegenüber. Aristoteles bejahte die Haushaltskunst (oikonomikh/)<br />

– lehnte aber die Beschaffungskunst (kthtikh/) mit dem Ziel der<br />

Geldvermehrung (Bereicherungskunst: crhmatstikh/) energisch ab. Schon die<br />

Propheten des AT verurteilten die Einflussreichen wegen der Unterdrückung<br />

der Armen. Amos <strong>und</strong> Hosea waren wohl die ersten Gerichtspropheten, die die<br />

Unterdrückung der Armen <strong>und</strong> die Hemmungslosigkeit der Wohlhabenden<br />

drastisch kritisierten. Alle Israeliten hätten den gleichen Grad an Würde – denn<br />

alle waren von Gott erschaffen. Die unsoziale Haltung der Reichen führte zur<br />

Zerstörung Israels <strong>und</strong> zur „babylonischen Gefangen<strong>schaft</strong>“.<br />

Die politische <strong>und</strong> ökonomische Katastrophe Israels wurde von diesen<br />

Propheten nämlich als Folge Ihrer Untreue Gottes Geboten gegenüber <strong>und</strong> der<br />

Ungerechtigkeit den Mitmenschen gegenüber begründet. So schreibt der Prophet<br />

Micha (6,8): „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut sei <strong>und</strong> was Gott von dir<br />

fordert: Rechtssatzungen mischpot einhalten, Wohlwollen häsäd lieben <strong>und</strong> demütig<br />

mit Gott wandeln.“ Die hebräischen Ausdrücke mischpot <strong>und</strong> häsäd sind<br />

schwer zu übersetzen. Ersterer bezeichnet gesetzliche Regelungen <strong>und</strong> häsäd<br />

könnte man auch mit Solidarität übersetzen. Die Anrede „Mensch“ (Adam) deutet<br />

an, dass alle Menschen gemeint sind. Mischpot meint alle Regelungen <strong>und</strong><br />

Vereinbarungen, die das friedliche Miteinander der Menschen fördern <strong>und</strong> sichern.[11]<br />

Dieses Recht tun bedeutet aber auch, sich für die Unterdrückten (Wit-<br />

[10] Siehe auch Lachmann (2010).<br />

7<br />

[11] Siehe Wolff (1982), S. 153 ff.


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wen <strong>und</strong> Waisen) einzusetzen. Häsäd meint eine herzliche Liebe in Verb<strong>und</strong>enheit,<br />

was einmal der eigentliche Inhalt des Begriffs Solidarität[12] war. Das Verhalten<br />

des Einzelnen soll – einschließlich guter Institutionen – dazu beitragen,<br />

dass ein friedliches Miteinander in Wohlstand aller Bürger möglich ist – wobei<br />

Gott der Volksgemein<strong>schaft</strong> den Schutz der Armen befiehlt.<br />

Paulus schrieb ebenfalls, dass alle Menschen würdemäßig vor Gott<br />

gleich seien. „Da gibt es nun nicht mehr Juden <strong>und</strong> Griechen, nicht mehr Knechte<br />

(Sklaven) <strong>und</strong> Freie, nicht mehr Mann <strong>und</strong> Weib: nein, ihr seid allesamt Einer<br />

(eine Einheit) in Christus Jesus.“ (Gal. 3,28) Auch die frühe Kirche war gegenüber<br />

der <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong> skeptisch eingestellt. Die frühen Theologen bezogen sich auf die<br />

Geschichte vom „reichen Jüngling“ (Mat. 19,16-<strong>30</strong>). In dem Zusammenhang benutzt<br />

Jesus das Wortbild, dass es leichter für ein Kamel sei durch ein Nadelöhr<br />

zu gehen, als dass ein Reicher in das Himmelreich käme. Oder in Matthäus 6,24<br />

sagt Jesus: „Niemand kann (gleichzeitig) zwei (sich widerstreitenden) Herren<br />

dienen; denn entweder wird er den einen hassen <strong>und</strong> den anderen lieben, oder<br />

er wird dem einen ergeben sein <strong>und</strong> den anderen missachten: ihr könnt nicht<br />

(gleichzeitig) Gott <strong>und</strong> dem Mammon dienen.“<br />

Diese Worte wurden so verstanden als seien sie gegen Handel <strong>und</strong> <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong><br />

gerichtet. So heißt es in den Dekreten des Gratian „Nullus christianus<br />

debet esse mercator, aut si voluerit esse projiciatur de ecclesia Dei.“ (Decr. Grat. I<br />

D.88c.11)[13] Spätere Theologen haben diese Aussage geglättet. Schon der Weisheitslehrer<br />

beobachtete (Sir. 27,1): „Des Geldes wegen haben schon viele gesündigt;<br />

wer es anzuhäufen sucht, schaut nicht genau hin. Zwischen zwei Steine lässt<br />

sich ein Pflock stecken. So drängt sich zwischen Kauf <strong>und</strong> Verkauf die Sünde.“<br />

Im Raum der Kirche stand man dem „Kapitalismus“, wie die marktwirt<strong>schaft</strong>liche<br />

Ordnung meist bezeichnet wurde, sehr kritisch gegenüber. Man verwarf das<br />

Leistungsprinzip <strong>und</strong> hielt die Wettbewerbsgesell<strong>schaft</strong> für unchristlich (Gollwitzer).<br />

Wettbewerb wirkt lebenszerstörend. Die vermeintliche Zielkongruenz<br />

zwischen Sozialismus <strong>und</strong> Christentum führte zur Annäherung von Theologen<br />

<strong>und</strong> sozialistisch geprägten Intellektuellen <strong>und</strong> verstärkte die Ablehnung der<br />

marktwirt<strong>schaft</strong>lichen Ordnung.<br />

Ein besonderer Kritikpunkt lag im Wucher oder bei der Zinsnahme.<br />

Schon die Kirchenväter haben die Zinsnahme kritisiert. Das Zinsverbot im AT<br />

bezog sich jedoch nur auf Kredite an den in Not geratenen Landsmann. Von<br />

Ausländern durfte ein Zins genommen werden. Das Zinsnehmen war damals<br />

eine gängige Praxis. In Jesu Gleichnis von den Talenten wurde der Knecht, der<br />

sein Talent vergraben hatte, bestraft, da er mit seinen Pf<strong>und</strong>en nicht gewuchert<br />

hatte, <strong>und</strong> es wurde ihm gesagt, dass er es hätte den Wechslern geben können,<br />

dann hätte sein Herr zumindest den Zins erhalten. Jesus hat anscheinend das<br />

Zinsnehmen als selbstverständlich genommen. Erst im 5. Jht. wird das Zinsver-<br />

[12] Zur Abgrenzung von Solidarität <strong>und</strong> Subsidiarität siehe Lachmann (2010a) <strong>und</strong><br />

die dort genannte Literatur.<br />

8<br />

[13] „Kein Christ darf Kaufmann sein, will er es dennoch sein, muss er aus der Kirche<br />

ausgeschlossen werden.“


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bot, das seit dem Konzil von Nicaea (325) nur für Kleriker galt, auf alle Laien ausgedehnt.<br />

Scaperlanda (1993) zeigt, dass das päpstliche Lehramt (z.B. in Laborem<br />

Exercens) bewusst die neoklassische Theorie kritisiert. McKee (1993) urteilt:<br />

„Public choice is the antithesis of Christian social principles“. (S.62) Selbst Ludwig<br />

von Mises meinte schon, dass Christentum <strong>und</strong> Kapitalismus nicht koexistieren<br />

könnten. „A living Christianity cannot, it seems, exist side by side with<br />

Capitalism. … Christianity must either overcome Capitalism or go <strong>und</strong>er.”[14]<br />

Allerdings gibt es auch Gegenstimmen. Novak (1982) kritisiert, dass die Nähe der<br />

Christenheit zum Sozialismus die wirt<strong>schaft</strong>liche Entwicklung gehemmt habe.<br />

Insbesondere aus der katholischen Kirche wurde der Individualismus<br />

der modernen Ökonomik kritisiert. Dadurch würde das Gemeinsame gefährdet.<br />

Nach den evangelischen Theologen Jürgen Moltmann <strong>und</strong> Wolfhart Pannenberg<br />

spielt die soziale Trinität theologisch eine wichtige Rolle. Da Gott drei Personen<br />

ist, die ohne Egoismus <strong>und</strong> Wettbewerb miteinander kommunizieren, sollten<br />

auch die Menschen nach diesem Vorbild leben. Der ökonomische Mensch sei<br />

aber nur an seiner Nutzenmaximierung interessiert. Der reale Mensch hat jedoch<br />

noch andere Zielsetzungen. Er sollte aus Nächstenliebe wirt<strong>schaft</strong>lich handeln<br />

<strong>und</strong> die Armen unterstützen.[15] Gefordert werden verbesserte kommunitäre<br />

Beziehungen der Menschen.<br />

Einige Theologen lehnen den marktwirt<strong>schaft</strong>lichen Tausch mit seinem<br />

Geschacher vollständig ab.[16] Menschen sollten sich gegenseitig beschenken.<br />

Dies würde die Motivation erhöhen. Dagegen sprechen sich wiederum andere<br />

konservative Theologen aus, da Geschenke zu Gegengeschenken Anlass geben.<br />

Das Schenken sollte aber bedingungslos sein (unconditional giving). Es wird in<br />

diesem Zusammenhang von einer „economy of grace“ (mit unconditional giving<br />

<strong>und</strong> non-competition) gesprochen. Wiederum andere möchten zu den oikos-<br />

Strukturen (Klein <strong>und</strong> Mittelbetriebe) der Antike zurück. Hierbei wird jedoch<br />

übersehen, dass die Menschen vor 2000 Jahren in einer statischen Welt lebten.<br />

Die Welt ist heute offen <strong>und</strong> sehr dynamisch – <strong>und</strong> dies verlangt eine andere<br />

ökonomische Analyse. Man muss bei der Interpretation von Bibelversen immer<br />

auch die bestehende Umwelt berücksichtigen. (Stamp 1939)<br />

Heftige Kritik an einer marktwirt<strong>schaft</strong>lichen Ordnung folgt zudem aus<br />

der ungleichen Einkommensverteilung. Jeder Mensch sollte den gleichen Nutzen<br />

aus der Arbeitsteilung ziehen können. Das Privileg des Kapitals gegenüber<br />

der Arbeit wird bemängelt, da die Arbeiter nur ihre Arbeitskraft als Vermögen<br />

hätten. Von einer Ökonomie der Ausbeutung (economics of exploitation) müsse<br />

es zu einer Ökonomik der Haushalter<strong>schaft</strong> (economics of stewardship) kommen.<br />

Meist beschäftigt sich die theologische Kritik (zu Recht!) mit der Verteilung<br />

der Güter – aber (bedauerlicherweise) zu wenig mit der Produktion der Güter!<br />

[14] Das Zitat von Ludwig von Mises stammt aus Glahe/Vorhies (1989), S. 20.<br />

[15] Siehe dazu die Kritik in Lachmann (1987).<br />

9<br />

[16] Siehe dazu Lunn (2011).


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<strong>Religion</strong>, <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik<br />

Allerdings ist es in den letzten Jahren zu einem Umdenken in den offiziellen Verlautbarungen<br />

der EKD gekommen[17]<br />

In der Kritik muss zwischen Theorie <strong>und</strong> Praxis unterschieden werden.<br />

Fehlerhafte Entwicklungen der ökonomischen Realität werden von den Kritikern<br />

oft leichtfertig der Marktwirt<strong>schaft</strong> angelastet – wie die Finanz- <strong>und</strong> <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>skrise.<br />

In Wirklichkeit beruht die negative reale Entwicklung häufig auf<br />

staatlichem Versagen. Schon Stamp beobachtete „Much of the world’s present<br />

distress is due to the fact that economics has ‚never been tried’.“ (Stamp, 1926, S.<br />

83) Neoklassisch scheint heutzutage alles zu sein, was die Politiker nicht mögen.<br />

Neoklassik ist der Sündenbock. Ökonomische Gesetzmäßigkeiten werden weitgehend<br />

ignoriert.[18] „The fact, if you live in an economic world, you must pay<br />

attention to its laws as you live in a physical world and expect physical limitations.”<br />

(Stamp, 1926, S. 85)<br />

5. Konsequenzen der wirt<strong>schaft</strong>lichen Entwicklungauf<br />

die <strong>Religion</strong><br />

Zwei Jahrtausende Kirchengeschichte zeigen einen Wechsel zwischen<br />

Zeiten tiefer Religiosität <strong>und</strong> solcher, in denen das religiöse Leben liberal <strong>und</strong><br />

oft oberflächlich war. Gesell<strong>schaft</strong>liche <strong>und</strong> wirt<strong>schaft</strong>liche Krisen führten häufig<br />

zu einem stärkeren Fragen nach dem Lebenssinn. In Zeiten von Frieden <strong>und</strong><br />

hoher Wohlfahrt werden Menschen abgelenkt – bedenken ihren Tod nicht.<br />

Das ökonomische Leben findet aber nicht in einem moralischen Vakuum<br />

statt. Ein erfolgreicher Wettbewerbsprozess benötigt eine Minimalmoral<br />

der Handelnden, hängt also von Voraussetzungen ab, die er selbst nicht schaffen<br />

kann (Röpke, 1958/1979). Die unbeabsichtigten Konsequenzen des Glaubens<br />

führen zu ökonomischem Wohlstand, der jedoch wiederum den Glauben gefährdet.<br />

Der Wohlstand zerstört die christliche Basis, von der er abhängig ist.<br />

Schon Wesley sah den Methodismus durch Wohlstand gefährdet. Methodisten<br />

werden verdienen so viel sie können, sparen soviel sie können, im Endeffekt<br />

reich werden. Dieser Reichtum gefährde das Überleben des Methodismus.[19]<br />

[17] Erste Ansätze zur wirt<strong>schaft</strong>lichen Offenheit finden sich schon in der EKD-<br />

Denkschrift: „Gemeinwohl <strong>und</strong> Eigennutz“ aus dem Jahre 1991. <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sfre<strong>und</strong>licher<br />

sind dann die Aussagen in der EKD-Denkschrift „<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>liches<br />

Handeln aus evangelischer Perspektive“ (2008).<br />

[18] Ich meine, es war Röpke, der einmal sagte: Politiker würden Gewitter per Gesetz<br />

abschaffen – wenn man die Nutzlosigkeit hier nicht sofort beobachten<br />

könnte.<br />

10<br />

[19] So schreibt er in einem Brief, den Max Weber zitiert: Ich fürchte: Wo immer der<br />

Reichtum sich vermehrt hat, da hat der Gehalt an <strong>Religion</strong> in gleichem Maße


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Dieses Problem der Gefährdung des Glaubens durch Wohlstand ist<br />

schon alt. Schon Mose sagt zu den Israeliten als Warnung vor dem Eintritt ins<br />

gelobte Land (5. Mose 8, 10ff): „Wenn du gegessen hast <strong>und</strong> satt bist, sollst du den<br />

Herrn, deinen Gott, loben für das gute Land, das er dir gegeben hat. So hüte dich<br />

nun davor, den Herrn, deinen Gott, zu vergessen, sodass du seine Gebote <strong>und</strong><br />

seine Gesetze <strong>und</strong> Rechte, die ich dir heute gebiete, nicht hältst. Wenn du nun<br />

gegessen hast <strong>und</strong> satt bist <strong>und</strong> schöne Häuser erbaust <strong>und</strong> darin wohnst <strong>und</strong><br />

deine Rinder <strong>und</strong> Schafe <strong>und</strong> Silber <strong>und</strong> Gold <strong>und</strong> alles, was du hast, sich mehrt,<br />

dann hüte dich, dass dein Herz sich nicht überhebt <strong>und</strong> du den Herrn, deinen<br />

Gott, vergisst, der dich aus Ägyptenland geführt hat, aus der Knecht<strong>schaft</strong> ….“<br />

Einen weiteren ethischen Konflikt zeigt Matthews (1981) auf: „A conflict<br />

is therefore implicit between a person’s economic role and his non-economic<br />

role. In the office, he is expected to behave with cold (albeit honest) disregard for<br />

the interest of others; in his private life, he is expected to inhabit a world where<br />

selfishness is a term of reproach. The need to slip from the one role to the other<br />

is likely to create tensions and may not be easy to perform” (p. 299) Dieser moralische<br />

Doppelstandard kann dazu führen, dass die Geschäftsmoral die persönliche<br />

Moral korrumpiert <strong>und</strong> religiöse Überzeugungen untergräbt.<br />

Ein wohl funktionierender Wettbewerbsmechanismus – so schon Adam<br />

Smith – schütze aber die Moral im Marktgeschehen. Ein Geschäftsmann, der<br />

betrügt, verliert seine K<strong>und</strong>en. Daher hat er ein ökonomisches Interesse zur Ehrlichkeit<br />

<strong>und</strong> Moral. Dies gilt jedoch nur – so schon Smith – wenn es zu häufigen<br />

Marktkontakten kommt. Betrug muss klar <strong>und</strong> schnell erkennbar sein. Bei geringen<br />

ökonomischen Kontakten (Hauskauf, Versicherungsabschluss) wird Betrug<br />

daher leichter auftreten.<br />

11<br />

abgenommen. Daher sehe ich nicht, wie es nach der Natur der Dinge, möglich<br />

sein soll, dass irgendeine Wiedererweckung echter Religiosität lange Dauer<br />

haben kann. Denn <strong>Religion</strong> muss notwendig sowohl Arbeitsamkeit (industry)<br />

als auch Sparsamkeit (frugality) erzeugen, <strong>und</strong> diese können nichts anderes<br />

als Reichtum hervorbringen. Aber wenn Reichtum zunimmt, so nehmen Stolz,<br />

Leiden<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> Weltliebe in allen ihren Formen zu. Wie soll es also möglich<br />

sein, dass der Methodismus, das heißt, eine <strong>Religion</strong> des Herzens, mag sie<br />

jetzt auch wie ein grünender Baum blühen, in diesem Zustand verharrt? Die<br />

Methodisten werden überall fleißig <strong>und</strong> sparsam; folglich vermehrt sich ihr Güterbesitz.<br />

Daher wachsen sie entsprechend an Stolz, Leiden<strong>schaft</strong>, an fleischlichen<br />

<strong>und</strong> weltlichen Gelüsten <strong>und</strong> Lebenshochmut. So bleibt zwar die Form<br />

der <strong>Religion</strong>, der Geist aber verschwindet allmählich…“ (Weber 1979, p. 182f.).


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6. Ökonomische Analyse religiöser Phänomene<br />

Beckers ökonomischer „Imperialismus“ machte auch vor religiösen Phänomenen<br />

nicht halt.[20] Aber lange vor ihm hat Adam Smith in seinem 5. Buch<br />

der „Wealth of Nations“ schon kirchliches Verhalten aus der Sicht des „public<br />

finance“ ökonomisch analysiert. So fragt er, ob die optimale Versorgung mit religiösen<br />

Dienstleistungen besser in einer Wettbewerbssituation oder durch eine<br />

Staatskirche gewährleistet sei. Sein Ziel – selbst bei religiösen Märkten – war<br />

die Sicherung der „Konsumentensouveränität“. Die nachgefragten religiösen<br />

Dienstleistungen seien jedoch nicht homogen.[21] Die Nachfrager nach religiösen<br />

Dienstleistungen sollten daher auf dem religiösen Markt eine größere Rolle<br />

spielen. Daher ist ein monopolistisches Angebot abzulehnen. Unterschiedliche<br />

Nachfrage verlangt auch unterschiedliche Angebote, d.h. Wettbewerb zwischen<br />

den Kirchen unterstützt die Konsumentensouveränität.<br />

Einfache Bürger mit niedrigem Einkommen hätten - so Smith - eine<br />

striktere Moral <strong>und</strong> einen höheren ethischen Standard. Die Wohlhabenden<br />

(„people of fashion“) sind gebildeter, haben ein höheres Vermögen <strong>und</strong> präferieren<br />

eine liberale Moral. „The vices of levity are always ruinous to the common<br />

people, and a single week’s thoughtlessness and dissipation is often sufficient<br />

to <strong>und</strong>o a poor workman forever, and to drive him through despair upon committing<br />

the most enormous crimes.” [22] Die Klügeren der Armen verabscheuen<br />

daher das Verhalten, das sich die Reichen leisten können.<br />

Etablierte Kirchen möchten die Konsumentensouveränität unterdrücken.[23]<br />

Dieses Verhalten bedroht die individuelle Freiheit. „Established religions<br />

typically become bureaucratic, therefore losing touch with the common<br />

people and creating disharmony among them.” (Ekelung et al. S. 653) Adam<br />

Smith sprach sich daher für das Schweizer <strong>und</strong> Schottische Presbyterianische<br />

Kirchenmodell aus, da deren Hierarchie von unten nach oben gehe – wodurch<br />

die individuellen Wünsche der Gemeinden – im Gegensatz zur Anglikanischen<br />

Kirche – geschützt <strong>und</strong> beachtet würden. „The equality which the Presbyterian<br />

form of church government established among the clergy, consists, first, in the<br />

[20] Gary S. Becker hat die mikroökonomische Analyse auf sozialwissen<strong>schaft</strong>liche<br />

Phänomene ausgedehnt. Erste Ansätze finden sich in seinem „Human<br />

Capital“ von 1964. So konnte er theoretische Aussagen zum optimalen Zähneputzen<br />

oder zur optimalen Kriminalität machen. Grenznutzen <strong>und</strong> Grenzkosten<br />

der jeweiligen Aktivitäten mussten im Optimum gleich sein. Da dieser mikroökonomische<br />

Ansatz auf andere Gebiete übernommen wurden, sprach<br />

man von einem Imperialismus dieses ökonomischen Ansatzes.<br />

[21] Siehe Ekelunf, Hébert,Tollison (2005). Auch A. Smith (1976), S. 812-814.<br />

[22] Siehe A. Smith 1876, V,I,g,10; S. 794.<br />

12<br />

[23] Siehe Anderson (1988), Hill (2001), Ekel<strong>und</strong> et al. (2005),Hull/Bold<br />

(1989,1995), Lipford et al. (1993).


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equality of authority or ecclesiastical jurisdiction; and secondly, in the equality<br />

of benefice!”[24]<br />

Nach A. Smith kann die Konsumentensouveränität durch wettbewerblich<br />

organisierte religiöse Märkte erreicht werden oder mit Quasi-Monopolen,<br />

wenn die interne Organisation Freiraum für die Freiheit der Konsumenten zulässt.<br />

Daher lobt er die presbyterianischen Geistlichen, deren interne Organisationsstrukturen<br />

Freiheit, Gleichheit <strong>und</strong> individuelle Rechte sichern. Dies lässt<br />

sich als „competition within the Coasian firm“ verstehen, während der Wettbewerb<br />

verschiedener Kirchen untereinander dagegen als „competition outside<br />

the Coasian firm“ bezeichnet wird.[25]<br />

Die ökonomische Theorie stellt sich als fruchtbares Mittel heraus, religiöses<br />

Verhalten zu verstehen. Religiöse Überzeugungen der Bürger können die<br />

Transaktionskosten senken. Eigentumsrechte <strong>und</strong> anderes erwünschtes Verhalten<br />

können über geringe Innovationskosten gesichert werden (z.B. über Drohungen<br />

mit Höllenstrafen).<br />

Schon Mitte der Achtziger Jahre des 20. Jahrh<strong>und</strong>ert wurde religiöses<br />

Verhalten ökonomische analysiert. Azzi/Ehrenberg (1975) untersuchten die Allokation<br />

der Zeit von Haushalten <strong>und</strong> dem Kirchenbesuch. Reiche Bürger haben<br />

hohe Alternativkosten der Zeit <strong>und</strong> suchen Gemeinden mit geringem eigenem<br />

zeitlichem Aufwand. Gut ausgebildete Pfarrer <strong>und</strong> gut bezahltes professionell<br />

ausgebildetes Personal führen durch die Gottesdienste. Arme Bürger jedoch, deren<br />

Alternativkosten der Zeit gering sind, ziehen Gemeinden vor, in denen sie<br />

vieles selber tun können. Sie haben keine Mittel für gut ausgebildetes Personal.<br />

Daher müssen sie sich selber stark im Gottesdienst engagieren. Gottesdienst<br />

dauern länger <strong>und</strong> es wird erwartet, dass die Gemeindeglieder daran teilnehmen.<br />

Iannacone (1992) modelliert <strong>Religion</strong> als ein „Klubgut“, das positiven<br />

Nutzen bei „participatory crowding“ hervorruft. Der Kollektivgutcharakter der<br />

<strong>Religion</strong> führt aber zu „Trittbrettfahrerverhalten“, das nicht so leicht vermieden<br />

werden kann. Eine religiöse Firma kann im Wettbewerb nur dann überleben,<br />

wenn sie religiöse Dienste anbietet, die zumindest so attraktiv sind wie die der<br />

Konkurrenten. Religiöses Verhalten ist nachfrageorientiert <strong>und</strong> wird als Marktphänomen<br />

verstanden. Die Freude an der Teilnahme an Gottesdiensten hängt<br />

nicht nur vom eigenen Input ab, sondern auch von dem der anderen. Wegen des<br />

Trittbrettfahrerproblems verlangen solche Gruppierungen ein Opfer. Mitglieder<br />

müssen wählen – entweder voller Einsatz oder keine Teilnahme. Daher sind<br />

kleine Gruppen (Sekten) strikter <strong>und</strong> überzeugender als liberale Großkirchen.<br />

Der Gottesdienstbesuch ist höher, sie opfern größere Summen <strong>und</strong> unter ihren<br />

Mitgliedern kommt es zur Bildung von Fre<strong>und</strong><strong>schaft</strong>en. Diese Gruppierungen<br />

sind kleiner als liberale Kirchen mit einer großen Mitgliederzahl, aber sie müssen<br />

das Verhalten ihrer Mitglieder irgendwie überwachen.<br />

[24] Siehe A. Smith 1976, V.I.g.37, S. 809.<br />

13<br />

[25] Siehe Ekel<strong>und</strong>/Hébert/Tollison 2005 S. 654.


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7. Biblische <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik<br />

Der analytische Ort der <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik liegt in den Institutionen, also<br />

im Markt (Homann). Muss nicht auch das Subjekt der <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik stärker<br />

analysiert werden? Hierbei müsste der Mensch im Mittelpunkt stehen, es<br />

müsste nicht nur nach Lebenssinn sondern auch nach der Kraft zum ethischen<br />

Handeln in der <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong> gefragt werden. Damit stellt sich die Frage nach dem<br />

Sollen <strong>und</strong> dem Sein des Handelns, aber auch nach der ethischen Qualität der<br />

Handelnden. In der ökonomischen Theorie – wie in den modernen ökonomischen<br />

wirt<strong>schaft</strong>sethischen Ansätzen - wird der Mensch als „gut“ dargestellt.<br />

Er verfolgt zwar sein Eigeninteresse. Aber er ist kein Betrüger.[26] Sollte ethische<br />

Erziehung nicht erst den Menschen zum ethischen Handeln befähigen?<br />

Ethische Vorstellungen sind jedoch kulturell <strong>und</strong> religiös bestimmt. Nicht nur<br />

die türkische Regierung – so ging es kürzlich durch die Presse – will die Jugend<br />

zu besseren Menschen erziehen, sondern in Preußen wurde im vorletzten Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

ebenfalls ein Erziehungsprogramm der Untertanen (zum Teil über den<br />

Wehrdienst) begonnen. Auch Teile der Kirche (Pietismus) setzten sich für eine<br />

religiöse Bildung der Benachteiligten ein[27] (August Hermann Francke, Graf<br />

Nicolaus Ludwig von Zinzendorf, Johann Hinrich Wichern, Johann Friedrich<br />

Oberlin).<br />

Betrachtet man die Skandale in der <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong> <strong>und</strong> Politik (dies war<br />

wohl in der Vergangenheit nicht viel besser), dann wird die Notwendigkeit einer<br />

Verbreitung ethischen Gedankengutes in der Gesell<strong>schaft</strong> deutlich. <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik<br />

darf dabei nicht ein Lippenbekenntnis bleiben – abgedruckt in Hochglanzbroschüren<br />

– um eventuelle Regresse zu vermeiden, sondern muss verinnerlicht<br />

werden. Die von den Kirchen geforderten Tugenden würden bei ihrer<br />

Einhaltung Überwachungskosten sparen <strong>und</strong> damit die Produktivität der Gesell<strong>schaft</strong><br />

erhöhen. Eine mikroökonomische Verankerung der Analyse von Tugenden<br />

im wirt<strong>schaft</strong>lichen Handeln wäre gefordert.<br />

Die Schriften des AT <strong>und</strong> NT geben Informationen über ökonomisches<br />

Verhalten, z. B. sozialpolitische Hinweise (Schutz der Armen, Schutz der Fremden)<br />

oder auch Schutz des Eigentums. Sie schweigen aber hinsichtlich der Möglichkeit<br />

einer christlichen <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sordnung. Im ersten Buch Mose (Genesis)<br />

wird die Geschichte von Joseph, dem Lieblingssohn Jakobs, erzählt. Er wurde<br />

„Vizekönig“ in Ägypten. Aufgr<strong>und</strong> seiner Vorratshaltungspolitik (nach einem<br />

Traum von sieben fetten Kühen <strong>und</strong> Ähren <strong>und</strong> anschließend sieben mageren<br />

des Pharao, die er als sieben Boomjahre mit anschließenden sieben Hungerjahren<br />

interpretierte) mussten die Ägypter alles Land an den Pharao verkaufen. Es<br />

[26] Allerdings gibt es eine umfangreiche Literatur zur Korruption – auch ökonomische<br />

Analysen. Siehe hierzu Bardhan (1997), Lachmann (2007) sowie Sturminger<br />

(1982). Dort weitere Literaturhinweise.<br />

14<br />

[27] Siehe Faix (1997), Lachmann (2009)


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gibt keine kritischen Bemerkungen bezüglich dieser Zentralverwaltungswirt<strong>schaft</strong><br />

<strong>und</strong> Konzentration der Macht in der Hand des Pharao.<br />

Die jeweils herrschende <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sordnung wird seltsamerweise nicht<br />

kritisiert. Es scheint sich in der damaligen Zeit um eine Gesell<strong>schaft</strong> mit marktwirt<strong>schaft</strong>lichem<br />

Tausch gehandelt zu haben. Abraham konnte frei von einem<br />

Hethiter ein Gr<strong>und</strong>stück erwerben. Regeln zum Schutz gegen Verarmung galten<br />

jedoch. So mussten alle sieben Jahre Schulden erlassen werden <strong>und</strong> alle 50<br />

Jahre wurde die ursprüngliche Vermögensverteilung (Landverteilung) wieder<br />

hergestellt. Äcker wurden nicht endgültig verkauft sondern eigentlich nur die<br />

Ernten bis zum nächsten Jobeljahr[28]. Die Landwirte durften keine Nachlese<br />

halten; sie hatten Ähren für die Armen liegen zu lassen.[29] Gott scheint kein<br />

Profitmaximierer zu sein.<br />

Hilfe für die Armen <strong>und</strong> Freiheit scheinen biblische Prinzipien zu sein,<br />

die sich in der Theorie der Sozialen Marktwirt<strong>schaft</strong> wiederfinden. Die Propheten<br />

attackieren die Führer Israels wegen der herrschen Ungerechtigkeit, die Unterdrückung<br />

der Armen. Das Gottesverhältnis ist ein persönliches. Der biblische<br />

Bericht schildert eine kleine Gruppe, in der Gruppensolidarität wichtig war. Als<br />

diese Gruppe zu einer Nation heranwuchs, wurden Gesetze zur Lösung gesell<strong>schaft</strong>licher<br />

<strong>und</strong> ökonomischer Probleme benötigt. Aus biblischen Aussagen zu<br />

Kleingruppen können keine ethischen Forderungen für Nationen gezogen werden.<br />

Geänderte Verhältnisse erfordern andere Regelungen. (Gordon 1987)<br />

Wie die Ordoliberalen einen starken Mittelstand forderten, so scheint<br />

auch die Bibel dem Mittelstand nicht abgeneigt zu sein.[<strong>30</strong>] Die <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sord-<br />

[28] Im Pentateuch (die 5 Bücher Mose) wird zwischen dem Sabbat- oder Erlassjahr<br />

unterschieden <strong>und</strong> dem Jobeljahr (Luther: Halljahr) - vom Hebräischen<br />

jobela. Alle sieben Jahre gab es einen Schuldenerlass (nicht für Fremdlinge!);<br />

auch der Acker blieb brach liegen. (Dtn 15,1-3; Ex 23,11; Lev 25). Jedes fünfzigste<br />

Jahr wurden am Großen Versöhnungstag die Freiheit für das ganze<br />

Land <strong>und</strong> seine Bewohner ausgerufen (Lev 27,34; Hes 46,17). So wurden alle<br />

verschenkten <strong>und</strong> verkauften Gr<strong>und</strong>stücke wieder an den ursprünglichen Eigentümer<br />

(Familie) zurückgegeben. Ausführliche Informationen finden sich in:<br />

Innocenzo Cardellini: Erlaßjahr/Jobeljahr, RGG 4 Band 2, Tübingen (Mohr)<br />

1999, Sp. 1423f. oder „Sabbatjahr <strong>und</strong> Jobeljahr“ in: Das große Bibellexikon,<br />

Band 3 Wuppertal <strong>und</strong> Gießen (Brockhaus <strong>und</strong> Brunnen) 1989, S. 1313 f.<br />

[29] So heißt es im 3. Mosebuch „Wenn du dein Land aberntest, sollst du nicht<br />

alles bis an die Ecken des Feldes abschneiden, auch nicht Nachlese halten.<br />

Auch sollst du in deinem Weinberg nicht Nachlese halten noch die abgefallenen<br />

Beeren auflesen, sondern dem Armen <strong>und</strong> Fremdling sollst du es lassen;<br />

ich bin der Herr, dein Gott. (Lev. 19,9f.) „Du sollst deinen Nächsten nicht bedrücken<br />

noch berauben. Es soll des Tagelöhners Lohn nicht bei dir bleiben bis<br />

zum Morgen.“ (Lev. 19,13).<br />

15<br />

[<strong>30</strong>] Nach dem berühmten Satz, den die Friedensbewegung als Slogan hatte „Sie<br />

werden ihre Schwerter zu Pflugscharen <strong>und</strong> ihre Spieße zu Sicheln machen.


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nung wird vielmehr als eine Sache der Klugheit angesehen – nicht der Dogmatik.<br />

Bestimmte Restriktionen (auf Mikroebene!) sind einzuhalten. Um ein Bild<br />

zu gebrauchen: Gott hat Grenzen gesetzt - wie ein Fahrwasser für ein Schiff.<br />

Innerhalb der Bojen ist der Kapitän frei, seine Route zu wählen. Eine christliche<br />

makroökonomische Sicht scheint es nicht zu geben. Es gibt daher christliche<br />

Positionen, die den Kapitalismus rigoros verteidigen <strong>und</strong> ebenso vehement<br />

ablehnen[31]; es gibt Positionen christlicher Sozialisten, die von anderen verdammt<br />

werden; es gibt christliche Vertreter von „gemischten <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sordnungen“,<br />

die von einigen belächelt, von anderen unterstützt werden.[32] Schon<br />

Stamp kritisierte „there are h<strong>und</strong>reds of people of finest possible spirit and interest,<br />

genuine warm-hearted enthusiasts who cherish the most hopeless fallacies<br />

and wrong ideas on economic subjects, and are just as a hindrance to real<br />

progress.” (Stamp 1926, S. 19) Ökonomische <strong>und</strong> wirt<strong>schaft</strong>sethische Probleme<br />

können – auch von Christen <strong>und</strong> Philosophen – nur dann gelöst werden, wenn<br />

die Fakten ebenfalls berücksichtigt werden.[33]<br />

Die religiösen Aspekte betreffen nicht nur die Verteilung von Einkommen<br />

<strong>und</strong> Vermögen. Gott, der Schöpfer, hat die Welt nach bestimmten Prinzipien<br />

geschaffen. Gott ist rational <strong>und</strong> deshalb kann der Mensch den ökonomischen<br />

Mechanismus studieren. Sachliche ökonomische Lösungen können daher<br />

biblisch nicht falsch sein. Christliche <strong>Ethik</strong> kann wohl nur auf das persönliche<br />

Verhalten beschränkt werden – von Unternehmern <strong>und</strong> Arbeitnehmern oder<br />

von Abhängigen <strong>und</strong> Unabhängigen. „Everyone can introduce Christian ethics<br />

into his personal relationships with others, but it is another thing to prescribe<br />

the system by which others must live, which shall ‚work’ society. … You can decide<br />

to borrow capital and give more than the return required by economic forces.<br />

But you cannot frame on these principles a system on which others can be<br />

forced to act, or which will not be brought to the gro<strong>und</strong> by a minority who are<br />

not ready to carry it out on these principles.” (Stamp 1926, S. 56) Es kommt also<br />

Es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, <strong>und</strong> sie werden hinfort<br />

nicht mehr lernen, Krieg zu führen.“ (Micha 4,3) heißt es im nächsten Vers:<br />

„Ein jeder wird unter seinem Weinstock <strong>und</strong> Feigenbaum wohnen <strong>und</strong> niemand<br />

wird sie schrecken.“ Ähnlich steht es auch in Sach. 3,10: „Zu derselben<br />

Zeit, spricht der Her Zebaoth, wird einer den anderen einladen unter den Weinstock<br />

<strong>und</strong> unter den Feigenbaum.“ Nochmals findet sich diese Aussage in 1.<br />

Kön. 5,5. Land war in der damaligen Zeit der einzige produktive Faktor.<br />

[31] Eine interessante Gegenüberstellung christlicher Positionen finde sich in<br />

Clouse (1988). Siehe auch Lachmann (2009 b).<br />

[32] Vgl. Chening 1989a: „Capitalism has been rigorously defended and also questioned;<br />

Christian socialism has been championed and scoffed at; a mixed<br />

economy (capitalism/egalitarianism) has been both ridiculed and supported<br />

wherever it has existed; ….”.<br />

16<br />

[33] Comte meinte einst: „It is for the heart to suggest our problems, and it is for the<br />

intellect to solve them.“ (Das Zitat stammt aus Stamp 1926, S. 54)


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<strong>Religion</strong>, <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik<br />

auf das individuelle Verhalten an, auf rechte Haushalter<strong>schaft</strong>, die aber auch<br />

Rechen<strong>schaft</strong>spflicht beinhaltet.<br />

In theologischen Publikationen wird auf die besondere Art der Motivation<br />

verwiesen. Die Kritik bleibt nicht an der Ungerechtigkeit <strong>und</strong> der ungleichen<br />

Einkommensverteilung hängen. So schreibt Grudem, dass die Ökonomik<br />

nicht nur eine weltliche Angelegenheit sei: „Rather, biblical teachings related to<br />

economics always include attitudes of mind and motivation that have a ‚heavenly’<br />

or ‘spiritual’ perspective and consciously take into account the individual’s<br />

relationship with God. For example, it is not enough ‘to work heartily’. Paul says<br />

Christians are to ‘work heartily, as serving the Lord and not men’ (Col. 3:23) and<br />

to do their jobs ‘knowing that whatever good any one does, he will receive the<br />

same again from the Lord, whether he is a slave or free’ (Eph 6:8)”[34]<br />

<strong>Ethik</strong> darf dennoch nicht im Privaten stehen bleiben. Christliche <strong>Ethik</strong><br />

erfordert die Lösung von gesell<strong>schaft</strong>lichen Problemen gemäß den Fakten. Die<br />

Beschäftigung mit dem Verteilungsproblem reicht nicht auch. „If plenty is not<br />

produced, plenty cannot be consumed, whatever the religion, or no religion, existing.”<br />

(Stamp 1926, S. 62)<br />

Buchanan betont in seinem Ansatz den erwarteten Nutzen vom Handel.<br />

Institutionen müssen so gestaltet sein, dass bei freiwilliger Kooperation alle<br />

Partner besser dran sind. Der Wettbewerbsprozess – nach idealen Bedingungen<br />

– führt zu diesem Ergebnis. Der Tausch ist freiwillig; Menschen tauschen nur,<br />

wenn sie sich davon einen Vorteil versprechen. Dies widerspricht biblischen<br />

Vorstellungen nicht. Es ist eine Sache der Klugheit, solche Institutionen zu finden,<br />

die den Nutzen der Menschen hoch ansiedelt. Die Einhaltung religiöser<br />

Überzeugungen kann Transaktionskosten senken <strong>und</strong> das „pacta sunt servanda“<br />

sichern. Eine Politik, die ökonomische Gesetzmäßigkeiten missachtet, wird<br />

langfristig nicht erfolgreich sein. Fortschritt <strong>und</strong> Wohlstand für so viele Bürger<br />

wie möglich widerspricht biblischem wirt<strong>schaft</strong>sethischem Denken nicht.<br />

8. Schlussbemerkungen<br />

Ökonomik <strong>und</strong> religiöse <strong>Ethik</strong> sind miteinander verzahnt. Religiöses<br />

Verhalten, Kirchen <strong>und</strong> ihre Glaubensaussagen können mit Hilfe des mikroökonomischen<br />

Ansatzes analysiert werden. Dies ist sicherlich interessant – trifft<br />

aber nicht den Kern religiöser Aussagen. Aber es ist hilfreich, auch in der religiösen<br />

Sphäre die Bedeutung <strong>und</strong> die Notwendigkeit von Anreizen zu berücksichtigen.<br />

Selbst Gott verspricht, diejenigen zu segnen, die seine Gebote <strong>und</strong><br />

Vorschriften einhalten. Gott arbeitet also ebenso mit Anreizen <strong>und</strong> Strafen.<br />

Die Bedeutung der <strong>Religion</strong> für die ökonomische Entwicklung wurde<br />

ebenso diskutiert. Die <strong>Religion</strong> ist aber nicht die einzige Variable, die für die<br />

17<br />

[34] Grudem (1989) S. 29.


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ökonomische Entwicklung wichtig ist. Jedoch ist das Verhalten von Christen oft<br />

anders als das der Nichtchristen. Zuverlässigkeit reduziert bekanntlich Transaktions-<br />

<strong>und</strong> Überwachungskosten, die eingesparten Ressourcen können produktiven<br />

Zwecken zugeführt werden.<br />

Die wirt<strong>schaft</strong>liche Entwicklung hat ebenso Auswirkungen auf das religiöse<br />

Verhalten. In Krisenzeiten ist das Interesse an <strong>Religion</strong> höher als in Zeiten<br />

des wirt<strong>schaft</strong>lichen Überflusses. Wohlstand kann somit die religiöse Basis für<br />

diesen Wohlstand schwächen. Oftmals finden Erweckungen (Revivals) religiöser<br />

Gedanken statt, die dann – unbeabsichtigt – auch die ökonomische Entwicklung<br />

stabilisiert haben.<br />

Jedoch finden sich in der Bibel keine klaren Aussagen hinsichtlich der<br />

anzustrebenden <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sordnung. Es lassen sich jedoch Hinweise finden,<br />

dass eine freiheitliche (marktwirt<strong>schaft</strong>liche) Ordnung biblischem Denken eher<br />

entspricht als eine sozialistische <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sordnung.[35] Christen haben in allen<br />

möglichen politischen Systemen überlebt. In Diktaturen konnten sie hohe<br />

Staatsbeamte sein (Joseph in Ägypten oder Daniel bei den Babyloniern). Es gibt<br />

keine Verpflichtung, die ökonomischen Verhältnisse in Palästina vor 2000 oder<br />

<strong>30</strong>00 Jahren als Maßstab für biblisches <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>en zu nehmen. Christen müssen<br />

weder Sozialisten, Liberale noch Konservative sein!<br />

Jedoch betont die Bibel den Gedanken der Haushalter<strong>schaft</strong> (stewardship).<br />

Das persönliche Verhalten des einzelnen Menschen ist für die biblische<br />

<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik wichtig. Die Tugenden sollten für Herrscher <strong>und</strong> Beherrschte<br />

gelten <strong>und</strong> gleich sein. Jeder Mensch muss seine Position treu ausüben, so<br />

dass die Gesell<strong>schaft</strong> optimal funktioniert. Jedes ökonomische <strong>und</strong> politische<br />

System muss auf Gerechtigkeit gebaut sein[36], sonst gleicht der Staat – nach<br />

Aurelius Augustinus – einer Räuberbande. Es wird sich kaum eine christliche<br />

<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sordnung aus der Bibel herausschälen lassen, allerdings christliche,<br />

wirt<strong>schaft</strong>sethische Vorstellungen, die stark auf Tugenden basieren.<br />

Zum Abschluss möchte ich kurz einige interessante theologische Gedanken<br />

des amerikanischen katholischen Theologen Michael Novak aus seinem<br />

Werk The Spirit of Democratic Capitalism anfügen. In diesem Buch wendet er<br />

sich gegen den Slogan „Socialism ist the practice of Christianity“. In Kapitel 20<br />

erwähnt er sechs theologische Argumente, die seiner Meinung nach eine marktwirt<strong>schaft</strong>liche<br />

Wettbewerbsordnung unterstützen.[37]<br />

[35] Vor 50 <strong>und</strong> mehr Jahren gab es einflussreiche Theologen (z.B. Paul Tillich),<br />

die den Sozialismus vorzogen. Der Sozialismus sei die Praxis der biblischen<br />

ökonomischen Theorie. (Gollwitzer 1974)<br />

[36] Remota itaque iustitia quid sunt regna nisi magna latrocinia? Quia et latrocinia<br />

quid sunt nisi parva regna? (Was sind schließlich Reiche ohne Gerechtigkeit<br />

anders als große Räuberbanden, da doch Räuberbanden auch nichts anderes<br />

sind als kleine Reiche?) Siehe Augustin (1979) IV,4 (S. 222).<br />

18<br />

[37] Novak (1982) S. 338-358. Dieses Kapitel 20 ist auch in Oslington II (2003) S.<br />

214-240 wiederabgedruckt..


Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Journal of Markets and Ethics<br />

<strong>Religion</strong>, <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik<br />

Trinität: Der Gott der Christen ist Plural. Der mit Gott übersetzte Begriff<br />

älohim bedeutet „Götter“. Novak nennt dies “Pluralism-in-unity”. Diesen<br />

Gedanken überträgt er auf das Sozialsystem. Gott sei kein einzelnes solidarisches<br />

Individuum sondern eine Gemein<strong>schaft</strong> (God is not one solidary individual,<br />

but he is a kind of community.) Daraus schließt er, dass die Gesell<strong>schaft</strong><br />

eine Gemein<strong>schaft</strong> bilden soll, in der der Einzelne sich nicht verloren fühlt. Die<br />

Lösung für eine menschliche Gesell<strong>schaft</strong>, in der der Einzelne als Individuum<br />

nicht zerstört wird, sei die marktwirt<strong>schaft</strong>liche Ordnung.<br />

Inkarnation: Gott kam in diese Welt in einer unterentwickelten Region<br />

zu einer bestimmten Zeit. Gott überwältigte nicht die Geschichte sondern respektierte<br />

deren Beschränkung.[38] Inkarnation sei eine Doktrin der Hoffnung<br />

<strong>und</strong> nicht von Utopia. Daraus schließt Novak, dass eine <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sordnung<br />

realistisch (funktional) sein solle, um erfolgreich zu sein. Reformen seien nur erfolgreich,<br />

wenn sie nicht auf Utopia sondern auf Realität beruhen. So haben die<br />

Gründungsväter in den USA Institutionen für Sünder geschaffen. Eine Gesell<strong>schaft</strong>,<br />

die auf Liebe <strong>und</strong> Gerechtigkeit fußt, ist jenseits dieser Welt angesiedelt.<br />

(Novak, 1982, S. 343/222 f.)<br />

Wettbewerb: Die Ökonomie benötige kühne Führer, die bei der Lösung<br />

ökonomischer Probleme miteinander konkurrieren. „The will-to-power must<br />

be made creative, not destroyed.“ (ibid 344/223). Christentum bedeute keine<br />

Gleichmacherei. Die Bibel betone die Wichtigkeit von Entscheidungen. „Competition<br />

is the natural play of the free people.“ (ibid 374/226). Ohne Wettbewerb<br />

könne der Mensch seine Gaben kaum entfalten.<br />

Erbsünde: Oft würde behauptet, dass der Mensch durch böse Strukturen<br />

böse würde. Der Mensch ist offen für gute <strong>und</strong> böse Einflüsse. Die Wurzeln<br />

zum Ungerechten liegen im Menschen – nicht in dem System. Einige Systeme<br />

seien besser geeignet, dem Bösen zu widerstehen. Jede erfolgreiche <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik<br />

müsse deshalb mit einer Theorie der Sünde beginnen. „For every system<br />

is designed against something, as well as in favour of something. Every system<br />

nourishes, every system inhibits.” (ibid 350/229) Die Marktwirt<strong>schaft</strong> sei die beste<br />

<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sordnung für Sünder.<br />

Gewaltenteilung: Novak zitiert ein Wort Jesu aus Matt 22,21: „Gebt dem<br />

Kaiser, was des Kaisers ist <strong>und</strong> Gott, was Gottes ist.“ Er schließt daraus, dass politische<br />

<strong>und</strong> ökonomische Systeme nicht christliche Systeme sein können. Ökonomische<br />

Freiheit bedeute, dass allen Menschen erlaubt sei, nach ihren Werten<br />

<strong>und</strong> Prioritäten zu leben. Kein noch so intelligenter menschlicher Ordnungsentwurf<br />

könne eine Ökonomie nach christlichen Prinzipien konzipieren. Dieses<br />

zu versuchen würde die Ökonomie schwächen <strong>und</strong> die Reputation des Christentums<br />

zerstören. Der calvinistische Gottesstaat in Genf sei ein abschreckendes<br />

Beispiel.<br />

19<br />

[38] „God did not overpower history but respected its constraint“ (Novak, 1982, S.<br />

340/219).


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Journal of Markets and Ethics<br />

<strong>Religion</strong>, <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik<br />

Liebe: Liebe durchzieht das Wesen des Christentums. Der Schöpfergott<br />

wird Liebe (Caritas – aga/ph)[39] genannt. Liebe bedeutet, das Gute für den anderen<br />

als anderen zu wollen! Der Geliebte ist dabei eine autonome Person. Liebe<br />

respektiere die Interessen des anderen. Ohne Freiheit (Liberalismus) gebe<br />

es keine wirkliche Gemein<strong>schaft</strong>. Wiederum sei die Marktwirt<strong>schaft</strong> in Gleichklang<br />

mit den christlichen Idealen von Liebe <strong>und</strong> Freiheit. „Respecting liberty,<br />

the Creator even allowed sin.“ (ibid 356/235) meint Novak. Das ordnungspolitische<br />

<strong>und</strong> wirt<strong>schaft</strong>sethische Problem liege darin, eine Ordnung zu entwerfen,<br />

die sowohl einen Freiraum für die menschliche Kreativität entfaltet <strong>und</strong><br />

gleichzeitig die Realität der Sündhaftigkeit des Menschen berücksichtige. Eine<br />

marktwirt<strong>schaft</strong>liche Ordnung im Sinne des demokratischen Kapitalismus bedeute<br />

Pluralismus <strong>und</strong> häufig Ungleichgewichte, aber sie diene den Bürgern am<br />

besten – ohne biblische Prinzipien zu verletzen.<br />

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Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Journal of Markets and Ethics<br />

<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Ökonomik als „Handlungswissen<strong>schaft</strong>“ <strong>und</strong> der Mensch<br />

als sinnorientierter „homo teleologicus“<br />

– von Harald Jung<br />

17 Seiten<br />

Sprache: deutsch<br />

Keywords: <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>swissen<strong>schaft</strong>,<br />

<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik,<br />

Menschenbild, <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong>stheorie,<br />

Weber,<br />

Werturteilsstreit, Popper,<br />

Wertfreiheit, Economics,<br />

Economic ethics, View of<br />

man, Methodology, Popper,<br />

Weber, Value freedom<br />

Zusammen fassung<br />

Der Beitrag fragt nach dem Verhältnis von <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>swissen<strong>schaft</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Ethik</strong> als wissen<strong>schaft</strong>liche Disziplinen. Er geht dabei dem Verhältnis<br />

ihrer „Zuständigkeiten“ nach, <strong>und</strong> setzt sich kritisch mit Tendenzen der<br />

Verselbständigung ökonomischen Denkens auseinander, die ethische<br />

Fragestellungen wegen ihrer Positionalität ausschließen oder in anscheinend<br />

wertfreie ökonomische Theorien „auflösen“ wollen. Der Autor<br />

nimmt Bezug auf Beiträge Webers <strong>und</strong> Poppers, <strong>und</strong> auf jüngere Versuche,<br />

ökonomisches Denken gegen originär ethische Argumentationen<br />

abzugrenzen. Dagegen wird auf die Dimension der Sinnbezogenheit<br />

menschlicher Existenz <strong>und</strong> menschlichen Handelns verwiesen, das eine<br />

„Abschirmung“ gegen die Frage wertender Orientierung <strong>und</strong> ihrer Begründungen<br />

unmöglich, <strong>und</strong> solche Versuche ideologieanfällig macht.<br />

Dagegen plädiert der Beitrag für eine Rückgewinnung <strong>und</strong> neue Wertschätzung<br />

der argumentativen Einbeziehung der ethischen Dimension in<br />

den ökonomischen Diskurs. Die Bezogenheit von <strong>Ethik</strong> <strong>und</strong> Ökonomie ist<br />

weder ein spätes „Luxusproblem“, noch ist es eine lästige Erb<strong>schaft</strong> aus<br />

Zeiten eines „vorwissen<strong>schaft</strong>lichen Denkens“.<br />

<strong>30</strong><br />

Abstract<br />

The present article views the correlation between economic studies and<br />

ethics as academic disciplines. In this regard, it looks into the relationship<br />

between its competences, and critically deals with the increasing<br />

tendencies of „autonomous“ economic thinking which excludes ethical<br />

questions due to its “Positionalität” (positionality), and rather tried<br />

to create seemingly value-free economic theories. The author refers to<br />

works by Weber and Popper, and to later efforts of strictly separating<br />

economic thinking from explicitly ethical argumentation or presenting a<br />

„non-positional“ economic „ethics- theory“ claiming to avoid philosophical<br />

perspectivity. In contrast, the author points to the ineluctable dimension<br />

in regards to „meaning“ behind human existence and human actions<br />

which makes the „shield“ against the question of value-based orientation<br />

and its argumentation impossible, and made any such efforts of guarding<br />

against discussion prone to ideologies. In this regard, the article advocates<br />

a recovery and new appreciation of the argumentative inclusion of<br />

the ethical dimension in the economic discourse.


Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Journal of Markets and Ethics<br />

<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

1. Die Frage – ein einleitender Überblick<br />

In den folgenden Überlegungen soll der Frage nach den Aufgaben <strong>und</strong><br />

Zuständigkeitsbereichen von <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>swissen<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong> nachgegangen<br />

werden, <strong>und</strong> nach dem sinnvollen Zusammenhang beider Disziplinen in ihrem<br />

nicht unkomplizierten Verhältnis gefragt werden. Ein wesentlicher Punkt<br />

scheint hierbei, dass es die <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>swissen<strong>schaft</strong>en mit dem zielorientierten<br />

Handeln von Personen zu tun haben, bei denen von der gr<strong>und</strong>sätzlichen Sinnorientierung<br />

ihres Handelns in ihrem Selbstverständnis nicht abgesehen werden<br />

kann. Weil Menschen ihr Handeln auch in ökonomischen Zusammenhängen<br />

eingebettet in eine wert- <strong>und</strong> sinnbezogene Gesamtperspektive ihrer Existenz<br />

verstehen, lässt sich die Reflexion auf ihre ethische Dimension nicht ausklammern,<br />

auch wenn das im Interesse eines Verständnisses von <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>swissen<strong>schaft</strong><br />

als empirischer, an einem häufig positivistisch verstandenen <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong>sideal<br />

ausgerichteter Disziplin entgegenläuft. Der Beitrag verfolgt deshalb<br />

die Hintergründe einer Rede von „Wertfreiheit“ in der Ökonomie, das Verhältnis<br />

zu einem <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong>sverständnis in der Linie des Kritischen Rationalismus<br />

<strong>und</strong> die Versuche einer Auflösung herkömmlicher <strong>Ethik</strong> in ökonomische Analysen.<br />

Dabei wird sich zeigen, dass die Berufungen auf Weber <strong>und</strong> insbesondere<br />

auf Popper den Zielrichtungen ihrer Argumentation aus Sicht des Verfassers in<br />

wesentlichen Punkten nicht gerecht wird. Er plädiert dagegen in diesem Beitrag<br />

in der Aufnahme des Selbstverständnisses des Menschen als einem sinnbezogenen<br />

„homo teleologicus“ für die bewusste Anerkennung der Dimension ethischer<br />

Reflexion in der Ökonomie auf einem sachgemäßen Niveau reflektierter,<br />

rationaler <strong>und</strong> nachvollziehbarer Argumentation, die freilich ihre notwendige<br />

Positionalität nicht wird auflösen können, <strong>und</strong> sich im akademischen Diskurs<br />

auch unter Hinweis auf ihren ideologiekritischen Beitrag bewusst dazu bekennen<br />

kann. Die auch ethische Dimension ökonomischen Denkens sollte nicht<br />

mehr oder weniger unausgesprochen an deren Rand verortet, sondern als ein<br />

wichtiger <strong>und</strong> legitimer Bestandteil anerkannt <strong>und</strong> offensiv verhandelt werden,<br />

auch <strong>und</strong> gerade wenn damit die Aufgabe eines nur vermeintlich „positionslosen“<br />

Standorts verb<strong>und</strong>en ist.<br />

2. <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>swissen<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> ethische Reflexion<br />

31<br />

Nicht nur die Fragen der gelebten Moral <strong>und</strong> des wirt<strong>schaft</strong>lichen Handelns,<br />

auch die jeweiligen theoretischen <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong>s- <strong>und</strong> Reflektionsbereiche<br />

der <strong>Ethik</strong> <strong>und</strong> der Ökonomik stehen wohl schon „von Alters her“ in einem<br />

oft spannungsreichen <strong>und</strong> zugleich engen Beziehungsgefüge zu einander.<br />

Dabei ist der gern angeführte Hinweis, dass die systematische <strong>und</strong> wissen<strong>schaft</strong>liche<br />

Untersuchung des Ökonomischen schon in ihrer Vorgeschichte<br />

seit Aristoteles ebenso wie in ihrer „klassischen Phase“ seit Adam Smith im Feld


Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Journal of Markets and Ethics<br />

<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

der Moralphilosophie behandelt worden ist, gar nicht so überraschend, wie es<br />

die manchmal etwas kokettierende Bezugnahme vermuten ließe.<br />

Denn schließlich beschäftigt sich das ethische Nachdenken umfassend<br />

mit der Frage menschlichen Handelns <strong>und</strong> seiner Orientierung (Schleiermacher<br />

etwa hat den gesamten Wissensbereich des Menschen grob in die Bereiche der<br />

äußeren Welt-Erfahrungen <strong>und</strong> des menschlichen Handelns unter den Überschriften<br />

„Physik“ <strong>und</strong> „<strong>Ethik</strong>“ eingeteilt[1]) , wovon das ökonomische Handeln<br />

in aller Regel ja ein nicht unwichtiger Bestandteil ist.<br />

Dass trotzdem die Frage der Zuordnung auch der theoretischen Sphären<br />

des ökonomischen <strong>und</strong> des ethischen Denkens ein durchaus kompliziertes <strong>und</strong><br />

vielfach strittiges Feld ist, <strong>und</strong> nicht nur Konflikterfahrungen auf der praktischalltäglichen<br />

Handlungsebene, hat vielfältige Gründe. Naheliegend ist zunächst<br />

einmal die Wahrnehmung einer gewissen „Konkurrenz“ zwischen zwei verschiedenen<br />

normativen Handlungsorientierungen, der ökonomischen Zweckrationalität<br />

selbst <strong>und</strong> einer allgemeineren, ethischen Zielbestimmung, die offenbar<br />

leicht in Konflikt zueinander geraten können.<br />

So liegt der Gedanke nahe, dass sie nur nebeneinander bestehen können,<br />

wenn sie entweder verschiedene, voneinander deutlich abgegrenzte Zuständigkeitsbereiche<br />

betreffen, so dass im Feld des <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>ens die speziellere „ökonomische<br />

Norm“ greift, oder sich beispielsweise die ethische Orientierung selbst<br />

(so die noch weitergehende Position) im Rahmen einer ökonomischen Theorie<br />

reformulieren oder zumindest in sie übersetzen ließe.<br />

Ein berühmt gewordenes Beispiel für die erste Position ist etwa das bekannte<br />

Diktum Milton Friedmans, Unternehmen hätten allein die Verpflichtung,<br />

Gewinne zu erzielen <strong>und</strong> zu vergrößern[2]. Das ist der besondere Aufgabenbereich<br />

des <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>ens <strong>und</strong> seine spezifische normative Orientierung, die<br />

sozusagen in ihrer „eigenen Provinz der Ökonomie“ ihr Recht behauptet.<br />

Auch das zweite Unternehmen hat insbesondere seit der Formulierung<br />

des Utilitarismus durch J. Bentham breite Resonanz gef<strong>und</strong>en, für die etwa sowohl<br />

in der ökonomischen wie ethischen Theoriegeschichte große Namen wie<br />

etwa John Stuart Mill stehen[3], als ein <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong>ler, der in bemerkenswerter<br />

Weise zu den wichtigen Stationen der Theoriegeschichte sowohl in der Ökonomie<br />

wie der philosophischen <strong>Ethik</strong> zählt. Gerade dieses Projekt einer eng mit der<br />

Entwicklung der ökonomischen Theorie verb<strong>und</strong>enen Formulierung einer operationalen<br />

<strong>und</strong> in ökonomischen Abwägungsfiguren argumentierenden <strong>Ethik</strong><br />

hat bis heute sowohl in der akademischen <strong>Ethik</strong> wie im Feld der breiten Öffentlichkeit<br />

<strong>und</strong> der gelebten Praxis erheblichen Einfluss <strong>und</strong> recht hohe Akzeptanz<br />

gewonnen.<br />

In enger Bezugnahme zur ökonomischen Spieltheorie hat etwa John C.<br />

Harsanyi dieser Sicht seit den 1970er Jahren einen sehr einflussreichen Ausdruck<br />

[1] Zu Schleiermacher vgl. Nowak, K. (2001).<br />

[2] Vgl. Friedman, M. (1962) <strong>und</strong> Friedman, M. (1970).<br />

32<br />

[3] Vgl. hierzu besonders Mill, J.S. (2008;1863).


Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Journal of Markets and Ethics<br />

<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

verliehen, <strong>und</strong> die ökonomische Analyse menschlichen Verhaltens als gr<strong>und</strong>legendes<br />

<strong>und</strong> allgemeines Modell für soziale Interaktion <strong>und</strong> auch den Bereich der<br />

ethischen Reflektion vertreten.[4] Eine so vorgenommene Verortung auch der<br />

systematischen Reflexion ethische Orientierung als Unterbereich innerhalb der<br />

im wesentlichen auf ökonomischer Gr<strong>und</strong>lage argumentierenden spieltheoretischen<br />

Analyse sozialer Kooperation <strong>und</strong> ihrer möglichen Konfliktfelder bietet<br />

eine aus Sicht der <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>s- <strong>und</strong> Sozialwissen<strong>schaft</strong>en attraktive Lösung des<br />

möglichen „Konkurrenzverhältnisses“ an.<br />

Für einen anderer Versuch in diese Richtung steht auch die in Deutschland<br />

überraschenderweise zunächst von der Katholischen Universität Eichstätt<br />

ausgegangene wirt<strong>schaft</strong>sethische Schule Karl Homanns, die eine Überführung<br />

einer bisherigen sogenannten ethischen „Heuristik“ in eine ökonomische Theorie<br />

des Moralischen verfolgt, <strong>und</strong> insofern gelegentlich von Seiten seiner Schüler<br />

treffender <strong>und</strong> deutlicher als eine „ökonomische <strong>Ethik</strong>“ statt als <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik<br />

bezeichnet wird.[5]<br />

3. „Wertfreiheit“ als Postulat<br />

Ein besonders wichtiger Gr<strong>und</strong> für das spannungsreiche Verhältnis von<br />

<strong>Ethik</strong> <strong>und</strong> <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>swissen<strong>schaft</strong> dürfte aber – nicht nur im deutschen<br />

Sprachraum – die als Werturteilsstreit in die Geschichte der Sozialwissen<strong>schaft</strong>en<br />

eingegangene Auseinandersetzung im „Verein für Socialpolitik“ zu Beginn<br />

[4] Vgl. besonders: Harsanyi (1977): Rational Behavior and Bargaining Equilibrium<br />

in Games and Social Situations, Cambridge u.a. <strong>und</strong> ders. (1976): Essays<br />

on Ethics, Social Behavior, and Scientific Explanation Dordrecht.<br />

[5] Vgl. Suchanek, A. (2007); zu einer kritischen Würdigung hierzu auch Jung, H.<br />

(2009), v.a. S. 80-96. In aller Kürze sei hier nur darauf hingewiesen, dass eine<br />

solche „ökonomische <strong>Ethik</strong>“ eben weniger eine ethisch reflektierende Orientierung<br />

für den Bereich der <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong> als die Nutzbarmachung ökonomischer<br />

Ansätze für Fragen der <strong>Ethik</strong> ist, die dann natürlich auch wieder für wirt<strong>schaft</strong>sethische<br />

Fragen in Anschlag gebracht werden kann.<br />

33<br />

Die damit verschiedentlich verb<strong>und</strong>ene programmatische Vorstellung, es<br />

könnte mit dieser doppelten Wendung gelingen, gewissermaßen aus einer<br />

noch nicht normativ-ethischen Perspektive heraus aus der Ökonomie selbst<br />

eine ihr eigene, „selbsttragende“ <strong>Ethik</strong> zu entwickeln, die sich über diesen Umweg<br />

dann wieder auf die Ökonomie anwenden ließe, <strong>und</strong> so, ohne aus dem<br />

eigentlich ökonomischen Bereich herauszuragen, in gleichsam „Münchhausenscher<br />

Manier“ eine rein aus dem Sachbereich der <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong> gewonnene<br />

<strong>Ethik</strong> ohne Werturteilsproblematik „hervorzaubern“, kann jedenfalls nicht überzeugen.


Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Journal of Markets and Ethics<br />

<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts (mit ihrem Höhepunkt um 1909) <strong>und</strong> der einflussreiche<br />

Beitrag Max Webers zu dieser Debatte sein.<br />

Welche bleibende Ausstrahlung diese für das Selbstverständnis der<br />

<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>s- <strong>und</strong> Sozialwissen<strong>schaft</strong>en „klassisch“ gewordene Auseinandersetzung<br />

bis in die Gegenwart auch in der weltweiten, heute zumeist englischsprachigen<br />

Diskussion unabhängig von ihrem zunächst einmal recht spezifisch<br />

„deutschen Kontext“ hat, zeigt sich z.B. eindrucksvoll darin, dass auch James M.<br />

Buchanan <strong>und</strong> Gordon Tullock in ihrem gr<strong>und</strong>legenden Werk „The Calculus of<br />

Consent – Logical Fo<strong>und</strong>ations of Constitutional Democracy“ ausdrücklich den<br />

Weber’schen Terminus „wertfrei“ auf deutsch in ihrer englischen Ausgabe als<br />

Anspruch für ihre Argumentation anführen![6]<br />

Nicht ohne eine Max Weber gelegentlich eigene Schärfe verfolgt er in<br />

diesem wissen<strong>schaft</strong>lichen Disput sein Anliegen einer klaren <strong>und</strong> strikten Trennung<br />

von „Kanzel“ <strong>und</strong> „Katheder“ <strong>und</strong> wendet sich energisch gegen „die einzige<br />

ganz <strong>und</strong> gar unerträgliche“ „P r o fe s s o r e n -P r o p h e t i e “[7], wie er sie bei seinen<br />

Gegnern ausmacht.<br />

Die Position, gegen die er sich wendet, ist bekanntlich die der sich stark<br />

ethisch motiviert verstehenden <strong>und</strong> auf gesell<strong>schaft</strong>lichen Ausgleich bedachten<br />

älteren deutschen Nationalökonomie, auf die die sozialpolitische Tradition im<br />

Deutschland des späten 19. Jahrh<strong>und</strong>erts zurückgeht <strong>und</strong> für die besonders Namen<br />

wie Adolph Wagner <strong>und</strong> Gustav (von) Schmoller[8] stehen.<br />

Weber gesteht dabei die Verflechtungen von Werturteilen <strong>und</strong> wirt<strong>schaft</strong>s-<br />

<strong>und</strong> sozialwissen<strong>schaft</strong>licher Arbeit durchaus zu, zeichnet aber doch das<br />

Idealbild einer ausschließlich deskriptiv-analytischen, rein einer instrumentellen<br />

Rationalität verpflichteten <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>s- <strong>und</strong> Sozialwissen<strong>schaft</strong>, die von der<br />

nach Weber rein persönlich <strong>und</strong> politisch zu verstehenden Aufgabe der Wertung<br />

<strong>und</strong> Zielbestimmung streng freizuhalten sei.<br />

Dabei schlägt immer wieder <strong>und</strong> unüberhörbar Webers – selbst wohl<br />

wieder als persönlich <strong>und</strong> philosophisch-ethisch zu charakterisierende – stark<br />

dezisionistisch gefärbte Auffassung von „Werturteilen“ durch, die, einem rationalen<br />

Diskursen kaum zugänglich, für ihn einem Kampf der „Dämonen“ gleichen.[9]<br />

[6] Vgl. Buchanan, J.M., Tullock, G. (1962), 7.<br />

[7] Weber, M. (1988; 1922),S.492. Hervorhebung im Original.<br />

[8] Zu Gustav v. Schmoller vergl. etwa Priddat, B. (1995).<br />

34<br />

[9] Diese Position, die sich auch seinem berühmten Vortrag zu Politik als Beruf<br />

eindrücklich wiederfindet, kann er sehr leiden<strong>schaft</strong>lich <strong>und</strong> anschaulich schildern,<br />

wenn er z.B. schreibt: „Für die Propaganda seiner praktischen Ideale<br />

stehen dem Professor, ebenso wie jedermann sonst, andere Gelegenheiten zu<br />

Gebote, <strong>und</strong> wenn nicht, so kann er sie sich in geeigneter Form leicht schaffen,<br />

wie bei jedem ehrlichen Versuch dazu die Erfahrung beweist. […]. In der Presse,<br />

in in Versammlungen, Vereinen, Essays, in jeder jedem anderen Staatsbürger<br />

ebenfalls zugänglichen Form mag (<strong>und</strong>: soll) er tun, was sein Gott


Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Journal of Markets and Ethics<br />

<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Die, übersieht man Webers Hang zu karikierenden Übertreibungen <strong>und</strong><br />

zur polemischen Attacke, recht differenzierte Position, die er insbesondere in den<br />

beiden wichtigen <strong>und</strong> klassisch gewordenen Aufsätzen: „Die ‚Objektivität’ sozialwissen<strong>schaft</strong>licher<br />

<strong>und</strong> sozialpolitischer Erkenntnis“[10] von 1904 <strong>und</strong> „Der Sinn<br />

der ‚Wertfreiheit’ der soziologischen <strong>und</strong> ökonomischen <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong>en“[11] von<br />

1917 darlegt, ist im Selbstverständnis der <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>swissen<strong>schaft</strong>en als ein „Postulat<br />

der Werturteilsfreiheit“ aufgenommen worden <strong>und</strong> gilt nach wie vor vielfach<br />

als Ausweis der <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong>lichkeit. Demnach, so ließe sich die populäre<br />

Version skizzieren, enthält sich das wirt<strong>schaft</strong>swissen<strong>schaft</strong>liche Arbeiten strikt<br />

aller wertenden Aussagen <strong>und</strong> bewegt sich allein auf einer „neutralen“, „wertfreien“<br />

Ebene von Zweckrationalitäten. Wertende, ethisch begründete Aussagen<br />

sind dagegen Gegenstand einer privaten, nichtwissen<strong>schaft</strong>lichen Ebene,<br />

die sich einem rationalen Diskurs im angenommenen Regelfall entzieht. Fragen<br />

der <strong>Ethik</strong> kommen als Gegenstand einer in diesem Sinne wissen<strong>schaft</strong>lichen Betrachtung<br />

im Rahmen der <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>swissen<strong>schaft</strong>en zwar sehr wohl noch in<br />

den Blick, wofür gerade Webers Lebenswerk ja ein herausragendes Beispiel ist.<br />

Aber eben dann als ein deskriptiv darzulegendes kulturelles oder soziologisches<br />

Phänomen, das in seiner Rückwirkung auf andere Bereiche des sozialen Lebens<br />

<strong>und</strong> besonders der wirt<strong>schaft</strong>lichen Entwicklung analysiert werden kann.<br />

Es ist insofern eine durchaus wissen<strong>schaft</strong>liche Fragestellung, wie sich<br />

vorfindliche ethische Überzeugungen auswirken oder auch, welche Folgen ihre<br />

zu beobachtende Erosion oder Veränderung erwarten lassen. Unter dieser Perspektive<br />

hat Weber selbst ja die <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik oder vielleicht treffender das<br />

<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethos sowohl des Christentums in seiner reformatorischen Ausprägung<br />

als auch später die Weltreligionen einer ausführlichen Untersuchung unterzogen.<br />

Die Frage ihrer Geltungsansprüche <strong>und</strong> inhaltlichen Berechtigung<br />

entzieht sich aber aus der von Weber vertretenen Position dem rationalen Diskurs<br />

<strong>und</strong> ist eine persönliche Geschmacksfrage, die gerade nicht zu diskutieren<br />

ihm hier als ein Ausdruck wissen<strong>schaft</strong>licher Professionalität gelten kann.<br />

Das spiegelt sich ähnlich z.B. auch in dem emphatisch vorgetragenen<br />

<strong>und</strong> programmatischen Anspruch wieder, wie ihn etwa der <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>s-Nobelpreisträger<br />

James M. Buchanan zu Beginn seines ausgesprochen wirt<strong>schaft</strong>spolitisch<br />

orientierend gedachten <strong>und</strong> gr<strong>und</strong>legenden Werkes „The Limits of<br />

Liberty“[12] erhebt. Hier betont er nämlich nachdrücklich, keineswegs etwas wie<br />

oder Dämon ihn heißt.“ Der Student solle von seinem Lehrer im Hörsaal lernen,<br />

das Bedürfnis zu unterdrücken,“ seine persönlichen Geschmacks- <strong>und</strong><br />

sonstigen Empfindungen ungebeten zur Schau zu stellen.“ So Weber, M.<br />

(1988; 1922) S.493 (Hervorhebungen: H. Jung).<br />

[10] Weber, M. (1988; 1922),S.146-214. (Erstmalig erschienen 1904).<br />

[11] Weber, M. (1988; 1922),S. 489-540. (Erstmalig erschienen 1917).<br />

35<br />

[12] Buchanan, J. M. (1975).


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<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

seine „own private preferences“ zum Ausdruck bringen zu wollen[13], sondern<br />

sich ganz einer von jeder ethisch-normativen Betrachtung absehenden Untersuchung<br />

zu widmen. Umso mehr überrascht das dezidiert normative Ergebnis, zu<br />

dem Buchanan in seiner vermeintlich so werturteilsfreien Darstellung schließlich<br />

gelangt <strong>und</strong> auf die seine programmatischer Entwurf zielt.[14]<br />

So wird an diesem prominenten Beispiel exemplarisch deutlich, wie schmal<br />

der in der Nachfolge Webers anvisierte Grat einer akademischen „Epoché“<br />

im Blick auf Werturteile in Wirklichkeit ist – <strong>und</strong> es kann dabei tatsächlich schon<br />

fraglich erscheinen, inwieweit Weber ihn in seiner Voraussetzung einer von ihm<br />

vertretenen, ausgesprochen „dezisionistisch-irrationalen“ Auffassung normativer<br />

Orientierungen[15] nicht bereits längst verlassen hat.[16] Es erscheint deshalb<br />

[13] Buchanan, J. M. (1975), S.1. Zu Buchanans <strong>und</strong> Tullocks früherer Bezugnahme<br />

gerade auf den von Weber geprägten Wertfreiheitsanspruch <strong>und</strong> dem auch<br />

terminologischen Anschluss an Weber vgl. wie schon oben Buchanan, J.M.,<br />

Tullock, G. (1962).<br />

[14] Vgl. insbesondere Buchanan, J. M. (1975), S. 166-180.<br />

[15] Hiermit soll, entgegen einem möglichen sprachlichen Missverständnis, nicht<br />

behauptet werden, Webers Position zu dieser Frage sei – gar in einer abwertenden<br />

Bedeutung – als „irrational“ zu qualifizieren, im Sinn eines „unvernünftigen“,<br />

nicht zu vertretenden Standpunktes. Gemeint ist allein die Beschreibung<br />

von Webers Sicht ethischer Orientierung als einem Bereich<br />

nicht-rationalen Entscheidens oder „Entschieden-Seins“, etwa im Sinne der<br />

prägnanten Formel: „<strong>Ethik</strong> lehrt man nicht, <strong>Ethik</strong> hat man“.<br />

Nun ist diese Sicht ethischer Orientierung als einer Sphäre, in der es nicht um abwägbare<br />

<strong>und</strong> jedenfalls in wichtigen Teilen vernünftig austragbare Argumente<br />

geht, sondern um letztlich jeder Argumentation vorausliegende Haltungen, die<br />

in nicht-rationalen Bereichen der Persönlichkeit wurzeln, ihrerseits Ausdruck<br />

einer ethischen Position <strong>und</strong> Theorie. Sie kann im Rahmen eines ethischen<br />

Diskurses durchaus vertreten werden, sie ist aber keine selbstverständliche<br />

<strong>und</strong> allgemein geteilte Auffassung, die deshalb im Ergebnis für die Erörterung<br />

<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>s- <strong>und</strong> Sozialwissen<strong>schaft</strong>licher Fragen als Ausgangspunkt vorausgesetzt<br />

werden könnte. Wenn sie also offenbar im Hintergr<strong>und</strong> von Webers<br />

Position als sein Verständnis ethischer Phänomene liegt, ist das selbst eine in<br />

seinem Sinne werthaltige Positionierung, die als Gr<strong>und</strong>lage seiner Forderung<br />

in seine Argumentation mit eingeht.<br />

36<br />

[16] Erst kürzlich hat Christian Müller in einem anregenden Beitrag sehr zu Recht<br />

darauf hingewiesen, dass die in den <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>swissen<strong>schaft</strong>en gängige Sichtweise,<br />

die einzig wissen<strong>schaft</strong>lich legitime Position liege in einem ethischen<br />

Subjektivismus, der davon ausgeht, dass Wertaussagen notwendig nur den<br />

Status subjektiver Geschmacksaussagen haben können (wie ihn, wie wir gesehen<br />

haben, hier auch Max Weber unterstellt), sich jedenfalls nicht auf die<br />

wissen<strong>schaft</strong>stheoretische Position von Poppers kritischem Rationalismus be-


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<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

angeraten, wie es auf andere Weise die berechtigte Zielrichtung des Weber’schen<br />

Vorstoßes vielleicht auch angemessen aufnimmt, die Fragen der normativen<br />

Orientierung gerade nicht aus dem wissen<strong>schaft</strong>lichen Diskurs zu verbannen<br />

<strong>und</strong> so Gefahr zu laufen, sie unkenntlich zu machen <strong>und</strong> der kritischen <strong>und</strong> rationalen<br />

Auseinandersetzung zu entziehen, sondern sie vielmehr zu benennen<br />

<strong>und</strong> als unhintergehbaren Teil unseres Denkens deutlich zu markieren. <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong>lichkeit<br />

<strong>und</strong> Redlichkeit im akademischen Diskurs zeigt sich dann nicht<br />

im Ideal einer anscheinend verfolgten Werturteilsfreiheit, sondern darin, dass<br />

normative Orientierungen <strong>und</strong> Entscheidungen deutlich gemacht <strong>und</strong> dadurch<br />

diskutierbar <strong>und</strong> der argumentativen Auseinandersetzung zugänglich gemacht<br />

werden[17].<br />

Das scheint mir auch mit Webers Anliegen verträglich, dessen Kritik an<br />

unter der Hand <strong>und</strong> mit akademischer Autorität eingeführten Wertungen ja gut<br />

nachvollziehbar ist. Hier scheint allerdings eine Rezeption, die die Formulierung<br />

einer „Wertfreiheitsforderung“ in Richtung einer zunehmenden Annäherung<br />

der Ökonomie an ein positivistisch verstandenes Modell von <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong> unter<br />

Ausklammerung ethisch wertender Fragen versteht, über den sinnvollen Kern<br />

der ursprünglichen Intention hinausgegangen zu sein. Versucht man in dieser<br />

Weise das berechtigte ideologiekritische Anliegen in der Linie Webers aufzunehmen<br />

<strong>und</strong> die Problematik einer nur scheinbaren „Wertfreiheit“ zu vermeiden,<br />

kann auch eine wirt<strong>schaft</strong>sethische Reflexion auf akademischem Niveau<br />

<strong>und</strong> mit „offenem Visier“ wieder einen angemessenen Raum in der ökonomischen<br />

Diskussion gewinnen, wie er auch der wirt<strong>schaft</strong>swissen<strong>schaft</strong>lichen Bildung<br />

<strong>und</strong> Ausbildung nur gut tun kann.<br />

4. Geltung <strong>und</strong> Subjektivität<br />

Das oben Gesagte wird im Weiteren noch näher auszuführen <strong>und</strong> zu<br />

klären sein. Das gilt besonders für die positive ideologiekritische Bedeutung einer<br />

expliziten Berücksichtigung auch normative Orientierungen betreffender<br />

Fragen <strong>und</strong> die damit offenk<strong>und</strong>ig werdende Positionalität wirt<strong>schaft</strong>s- <strong>und</strong> sozialwissen<strong>schaft</strong>lichen<br />

Arbeitens.<br />

So gehört etwa eine gr<strong>und</strong>sätzliche Skepsis gegen die Wahrheitsfähigkeit<br />

von Wertfragen <strong>und</strong> die Möglichkeit einer nicht nur durch subjektive Vorlieben<br />

konstituierten Werteordnung zu den gängigen <strong>und</strong> oft unausgesprochenen<br />

Selbstverständlichkeiten der „ökonomischen Zunft“. Damit ist nicht etwa allein<br />

rufen kann, auch wenn man in der ökonomischen Theorie nicht selten der<br />

Einstellung begegnet, sie könne gr<strong>und</strong>sätzlich vorausgesetzt <strong>und</strong> eingefordert<br />

werden. Vgl. Müller, C. (2011), 16f. Hierauf wird weiter unten noch einzugehen<br />

sein (siehe 4.).<br />

37<br />

[17] Vgl. hierzu ausführlicher auch Jung, H. (2009).


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<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

die skeptische Vorsicht gegenüber dem jeweiligen bestimmten Inhalt <strong>und</strong> für<br />

ihn möglicherweise erhobener „objektiver Erkenntnisansprüche“ im Blick auf<br />

„Gerechtigkeit“, „Gemeinwohl“ oder „gerechtfertigte Ansprüche“ gemeint.<br />

Die Pointe liegt nicht in der sicher zu recht anzumahnenden Irrtumsfähigkeit<br />

<strong>und</strong> Irrtumsanfälligkeit solcher Positionen, sondern in einer positiv<br />

behaupteten gr<strong>und</strong>sätzlichen Gegenstandslosigkeit oder doch zumindest der<br />

Überzeugung, dass sie der akademisch-wissen<strong>schaft</strong>lichen Seriosität gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

abträglich sind.<br />

Diese Haltung, die sich in einem Vorbehalt gegen den eigentlich wissen<strong>schaft</strong>lichen<br />

Status einer ausdrücklichen Einbeziehung wirt<strong>schaft</strong>sethischer<br />

Perspektiven in ihrem normativen Geltungsanspruch niederschlägt, scheint von<br />

mindestens zwei wichtigen Ausgangspunkten her gestützt zu werden. Da ist<br />

zum einen die Fortführung der oben skizzierten Weber’schen Linie im Selbstverständnis<br />

der ökonomischen Disziplinen als „social science“ (1), als empirischer<br />

Sozialwissen<strong>schaft</strong>en, die sich im Rückbezug auf die wissen<strong>schaft</strong>stheoretischen<br />

Positionierungen des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts von jedem Verdacht einer „nichtwissen<strong>schaft</strong>lichen<br />

Metaphysik“ streng abzugrenzen bestrebt sind. Hierauf wird im<br />

Blick auf den kritischen Rationalismus Poppers noch knapp einzugehen sein.<br />

Zum anderen korrespondiert (jedenfalls auf einer psychologischen Ebene) die<br />

Skepsis gegen die Rede von argumentativ zu vertretenden normativen Geltungsansprüchen<br />

mit einem der methodisch gr<strong>und</strong>legenden Punkte der modernen<br />

Ökonomie, nämlich einer subjektiven Werttheorie (2) im Blick auf Güter, Preise<br />

<strong>und</strong> Werte im ökonomischen Sinn.<br />

Hier ist es dem ökonomisch ausgebildeten <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong>ler natürlich<br />

ganz selbstverständlich <strong>und</strong> gr<strong>und</strong>legend, dass der ökonomische Wert eines Gutes<br />

gerade nicht eine Frage des „Erkennens“ ist, sondern sich erst aus der subjektiven<br />

Wertschätzung der verschiedenen <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>ssubjekte ergibt. Es gehört<br />

gewissermaßen zum Gr<strong>und</strong>inventar <strong>und</strong> geradezu zum Selbstverständnis der<br />

Ökonomie, dass es den Wert eines Gutes nicht etwa als eine Eigen<strong>schaft</strong> einfach<br />

„gibt“, sondern dass er Ausdruck einer Beziehung, Ergebnis subjektiver Wertschätzungen<br />

in Relation zu in jeweiligen Produktionsbedingungen begründeter<br />

relativer Knappheit ist.<br />

Ein Haus, eine Pizza oder, wie derzeit lebhaft diskutiert, die Rede eines<br />

ehemaligen Finanzministers „hat“ eben nicht einfach einen bestimmten objektiven<br />

Wert, sondern gewinnt <strong>und</strong> ändert ihn in Abhängigkeit davon, wer sie zu<br />

welchen Preisen gerade nachfragen will, <strong>und</strong> welche Alternativen sich ihm bieten.<br />

Was aber in der ureigensten Domäne der Ökonomen im Blick auf den Wert<br />

von Gütern gilt <strong>und</strong> so selbstverständlich das Denken prägt[18], das kann sich<br />

nahe liegender weise auch in einer gewissen Zurückhaltung auswirken gegen-<br />

38<br />

[18] Es handelt sich neben einem gr<strong>und</strong>legenden ökonomischen Konzept zudem<br />

um eine auch sehr geläufige gerade marktwirt<strong>schaft</strong>liche Alltagserfahrung<br />

<strong>und</strong> steht von daher in einem gewissen Bezug zum Titel dieser Zeitschrift – sie<br />

liegt dabei, wie noch deutlich werden wird, sachlich aber auf einer anderen<br />

Ebene.


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<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

über der Behauptung einer nicht-relativistischen Geltung strittiger, aber sinnvoll<br />

diskutierbarer normativer Ansprüche im Bereich der <strong>Ethik</strong>. Diese weniger<br />

systematisch stringente als eher assoziative, wenn man so will, „emotionale<br />

Wahlverwandt<strong>schaft</strong>“ ökonomisch geschulten Denkens zur theoretischen Position<br />

eines ethischen Relativismus wird man also als eine gewisse „Hypothek“ zunächst<br />

einmal realistisch wahrnehmen müssen, auch wenn ihr selbst noch kein<br />

argumentatives Gewicht zukommt.<br />

Anders verhält es sich mit der komplizierten Frage eines kritisch-rationalistisch<br />

geprägten Verständnisses von Sozialwissen<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> ihrem Verhältnis<br />

zu einer akademisch-rationalen Diskussion über den Geltungsanspruch normativer<br />

Orientierungen <strong>und</strong> die Frage der Abgrenzung von „metaphysischen“<br />

Aussagen als Nicht-(Erfahrungs-)<strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong>[19], auf die hier in der notwendigen<br />

Knappheit einzugehen ist.<br />

5. Wahrheitsanspruch, „Metaphysik“ <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

– ein wissen<strong>schaft</strong>stheoretischer Exkurs zur<br />

Reichweite experimentell kontrollierter Erfahrungswissen<strong>schaft</strong><br />

In Auseinandersetzung mit seiner frühen Begegnung mit dem logischen<br />

Empirismus des „Wiener Kreises“ als noch junger Psychologe <strong>und</strong> Pädagoge<br />

hat sich Karl Popper in der Entwicklung seines Kritischen Rationalismus<br />

um eine tragfähige Abgrenzung von wissen<strong>schaft</strong>lichen <strong>und</strong> „metaphysischen“<br />

Aussagen bemüht. Seine Position lässt sich bekanntlich im Kern darin zusammenfassen,<br />

dass (erfahrungs-)wissen<strong>schaft</strong>liche Aussagen zwar nicht im Sinne<br />

des Neo-Positivismus logisch aus der Erfahrung abgeleitet werden können, aber<br />

doch insofern auf die empirische Erfahrung bezogen sind, dass sie prinzipiell an<br />

ihr scheitern können müssen. D.h., eine wissen<strong>schaft</strong>liche These muss so an der<br />

Erfahrung geprüft werden können, dass sie durch ein sie falsifizierendes Gegenbeispiel<br />

prinzipiell widerlegt werden könnte <strong>und</strong> sich nicht dagegen „immuni-<br />

39<br />

[19] Schon hier sei (mit der ergänzenden Klammer) darauf hingewiesen, dass es<br />

dem durchaus sinnvollen Programm der Formulierung von Kriterien zur Abgrenzung<br />

eines scharf umrissenen Typs ausdrücklich erfahrungs-wissen<strong>schaft</strong>licher<br />

Aussagen <strong>und</strong> Vorgehensweisen nicht gerecht wird, wenn daraus<br />

(ausdrücklich oder auch eher unmerklich) nicht selten eine Unterscheidungslinie<br />

zwischen wissen<strong>schaft</strong>lichen <strong>und</strong> nicht-wissen<strong>schaft</strong>lichen Aussagen wird.<br />

Dass Popper selbst diese Verschiebung von der Abgrenzung erfahrungswissen<strong>schaft</strong>licher<br />

Sätze hin zum „Legitimitätskriterium“ ernsthaft zu diskutierender<br />

wissen<strong>schaft</strong>licher Beiträge gerade nicht verfolgt, stellt meines Erachtens<br />

gerade einen bedeutsamen Vorzug gegenüber neopositivistischen Positionen<br />

(oder auch ihren weniger ausdrücklichen, populären Fassungen) dar.


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<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

sieren“ darf. Andere Aussagen, wie etwa die für die Theologie wesentliche Ausgangsüberzeugung<br />

der „Existenz Gottes“[20] oder sicher auch Aussagen wie eine<br />

normative Geltung von „Menschenwürde“, wären dagegen Nicht-(Erfahrungs-)<br />

<strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong>, d.h. „Metaphysik“. <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong>lich in einem erfahrungswissen<strong>schaft</strong>lichen<br />

Sinn ließe sich zwar etwa untersuchen, in welchen Rechtsordnungen<br />

der Begriff der Menschenwürde verankert ist, oder welche Zustimmung er<br />

in der Bevölkerung erfährt. Eine wirklich ethische Frage, wie die nach ihrer normativen<br />

Berechtigung dagegen, fällt in den Bereich der Metaphysik[21]. Popper<br />

hat hierbei anfangs mit dem auch im „Wiener Kreis“ verwendeten Begriff der<br />

[20] Das gilt meines Erachtens auch ungeachtet von subjektiv unzweifelhaften religiösen<br />

Erfahrungen <strong>und</strong> der Glaubwürdigkeit ihres Berichtes – <strong>und</strong> zwar<br />

nicht nur deshalb, weil sie natürlich immer schon Interpretationen von Erfahrung<br />

sind, was sie ja gr<strong>und</strong>sätzlich auch mit anderen Erfahrungen teilen, aus<br />

denen wir auf ihr zugr<strong>und</strong>e liegende Ursachen rückschließen. Vielmehr gilt jedenfalls<br />

im Bereich des christlichen Glaubens, schon aus inneren, theologischen<br />

Gründen des Glaubens, dass auch reale Erfahrungen Gottes gerade<br />

nicht „experimentell kontrollierbar“ sind <strong>und</strong> sein können, weil sie selbst<br />

Ausdruck einer göttlichen Selbstoffenbarung sind, über die wir gerade nicht<br />

verfügen. Gott lässt sich aus theologischer Sicht nicht deshalb nicht im Experiment<br />

„vorführen“, weil seine Existenz fraglich ist – sondern weil er Gott ist!<br />

„Gott“ im Sinne eines unserer Erkenntnisbemühung gewissermaßen von uns<br />

aus „zur Verfügung stehenden Gegenstands“ „feststellen“ zu wollen, verfehlt<br />

aus der Perspektive christlichen Glaubens <strong>und</strong> christlicher Theologie wesentlich<br />

den Charakter Gottes <strong>und</strong> unserer Position im gegenüber zu Ihm. Wo wir<br />

tatsächliche Gottesbegegnung <strong>und</strong> angemessene religiöse Erfahrung machen,<br />

hat sie deshalb immer den Charakter eines Geschenkes, in dem Gott<br />

das frei handelnde Subjekt in dieser Begegnung bleibt. Dem Menschen von<br />

sich aus verfügbare Zugänge können zwar als Hinweise auf Gottes Wirklichkeit<br />

wertvoll sein, können uns aber, so m.E. ein angemessenes christliches<br />

Glaubensverständnis, immer nur bereit <strong>und</strong> „empfänglich“ machen für eine eigentliche<br />

Begegnung. Gottes Wirklichkeit entzieht sich unserem eigenmächtigen,<br />

verfügenden Zugriff, weil damit gerade keine Erkenntnis wirklich Gottes<br />

gemeint sein kann.<br />

40<br />

[21] Sie ist in der Folge dann eine Frage, die politisch zu entscheiden ist. Hier begegnet<br />

erneut eine dezisionistische Sicht ethischer Wertungen, die eine gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

„Irrationalität“ ethischer Entscheidungen nahe legt. Andererseits ist<br />

mit der praktischen Konsequenz einer politischen Entscheidung noch keineswegs<br />

notwendig etwas darüber ausgesagt, ob ihr eine Wirklichkeit gegenübersteht,<br />

auf die sie bezogen ist <strong>und</strong> der sie mehr oder weniger entsprechen oder<br />

die sie auch verfehlen kann. Zur gr<strong>und</strong>legenden Frage einer „Wertbezogenheit“<br />

politisch-rechtlicher Fragen gerade im Zusammenhang der b<strong>und</strong>esdeutschen<br />

Nachkriegsverfassung <strong>und</strong> ihres Bekenntnisses zu einer ihr vor- <strong>und</strong><br />

aufgegebenen Menschenwürde vergleiche klassisch Gustav Radbruchs<br />

Rechtsphilosophie (Radbruch (1999)).


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<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

„Metaphysik“ wohl auch eine negative Bewertung verb<strong>und</strong>en, ohne jedoch dessen<br />

ausdrückliche Qualifizierung „metaphysischer Sätze“ als „sinnlos“ einfach<br />

zu übernehmen.[22] In einer populären Rezeption Poppers im <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong>sbetrieb<br />

schlägt sich diese abwertende Konnotation von metaphysischen Aussagen<br />

weiterhin nachhaltig nieder, im Blick auf das Programm Poppers <strong>und</strong> seine inhaltliche<br />

Argumentation wird hier aber eine differenziertere Betrachtung angezeigt<br />

sein.[23]<br />

Hierfür spricht zunächst schon Poppers eigenes späteres Bekenntnis als<br />

metaphysischer Realist <strong>und</strong> zur positiven Bedeutung einer Reihe von in seinem<br />

Sinne „metaphysischen“ Aussagen.[24] Inhaltlich ist zudem anzuführen, dass<br />

sich Poppers Perspektive genau genommen auf die Abgrenzung einer spezifischen<br />

„empirischen <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong>“ konzentriert, die sich auf eine methodisch kontrollierte,<br />

empirische Überprüfbarkeit stützt, <strong>und</strong> nicht den Anspruch erhebt,<br />

das Ganze der Wirklichkeit <strong>und</strong> der sinnvollen <strong>und</strong> notwendigen Erkenntnisbemühungen<br />

um sie abzudecken.<br />

Das ergibt sich schon deshalb, weil sie selbst von im Sinne Poppers nicht<br />

erfahrungswissen<strong>schaft</strong>lichen sondern „metaphysischen“ Voraussetzungen abhängt,<br />

wie der Existenz von Gesetzen <strong>und</strong> von Kausalität[25], oder auch – von<br />

entscheidender Bedeutung für den Bereich der Statistik, der wiederum gerade<br />

für die empirische Testung von Hypothesen eine wesentliche Rolle zukommt –<br />

der Existenz von Zufall[26]. Das bedeutet aber, dass es zum einen zwar bei einer<br />

terminologischen Unterscheidung zwischen empirisch-experimenteller Erfahrungswissen<strong>schaft</strong>,<br />

für die Poppers Kriterium in Anschlag zu bringen ist, <strong>und</strong><br />

anderen, „metaphysischen“ Aussagen bleibt, zum anderen aber auch innerhalb<br />

dessen, was unter Poppers Metaphysikbegriff fällt, eine „gute“ <strong>und</strong> sinnvolle, ja<br />

notwendige „Metaphysik“ gibt, deren Aussagen nicht in den Bereich empirisch-<br />

[22] Vgl. hierzu ausführlicher Gröbel-Steinbach (2002).<br />

[23] Vgl. hierzu kürzlich Christian Müllers Beitrag: Müller, C. (2011), sowie jüngst<br />

auch den Beitrag von Heinzpeter Hempelmann in der Festschrift zu Hans Alberts<br />

90. Geburtstag: Hempelmann (2012).<br />

[24] Vgl. hierzu Gröbl-Steinbach (2002), 221ff. Bei Popper ist besonders zu verweisen<br />

auf seine „Vermutungen <strong>und</strong> Widerlegungen“, Popper, K. (2009).<br />

[25] Gemeint ist mit diesem Argument nicht allein der Umstand, dass die Gesetze<br />

selbst natürlich nicht zu „beobachten“ sind, sondern aus Beobachtungen erschlossen<br />

werden müssen, was selbst ja noch der Testung durch experimentell<br />

kontrollierte Erfahrung zugänglich ist, sondern die gr<strong>und</strong>sätzlich für jedes<br />

Programm einer solchen Testung notwendig vorausgesetzte gesetzmäßige<br />

Verfasstheit der erfahrbaren Wirklichkeit überhaupt. Hierin erweist sich Poppers<br />

Ansatz eben als ein kritischer Rationalismus.<br />

41<br />

[26] Für diesen interessanten Hinweis auf die Statistik möchte ich an dieser Stelle<br />

Christian Müller, wie überhaupt für den anregenden Austausch zu dieser Frage,<br />

herzlich danken.


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<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

erfahrungswissen<strong>schaft</strong>licher Forschung gehören, <strong>und</strong> dementsprechend auch<br />

nicht dem Kriterium empirischer Überprüfbarkeit unterliegen, deshalb aber<br />

doch sinnvoll kritisch diskutierbar <strong>und</strong> einer rationalen Kritik zu unterziehen<br />

sind. Man mag sie in größerer Nähe zum deutschen Sprachgebrauch als nichtexperimentelle<br />

<strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong> oder dem kritischen Diskurs zugängliche andere<br />

akademische Disziplinen bezeichnen (in der lateinisch-angelsächsischen Tradition<br />

„Arts“), sie sind jedenfalls nicht als irrationales „bloßes Meinen“ oder als<br />

„metaphysisch“ in der vor Popper vorkommenden Bedeutung nicht-sinnvoller,<br />

inhaltsloser Scheinaussagen zu disqualifizieren.<br />

Umgekehrt beinhaltet die überzeugende Selbstbegrenzung solcher Disziplinen,<br />

die als erfahrungswissen<strong>schaft</strong>liche Forschung die empirische Kontrollierbarkeit<br />

zum Kriterium haben, gerade die Angewiesenheit auf einen ergänzenden<br />

<strong>und</strong> selbst womöglich nicht blanker Irrationalität preiszugebenden<br />

Bereich sinnvoller Reflexion, wenn eben nicht in Überschreitung der eigenen<br />

Möglichkeiten die Nichtexistenz der hier in den Blick genommenen Wirklichkeit<br />

behauptet werden soll.<br />

Wird diese im Ansatz Poppers enthaltene Begrenzung mitbedacht, die<br />

beinhaltet, dass die Existenz normativer Geltung von ethischen Orientierungen<br />

(nicht nur ihre soziologische Wirksamkeit) oder die Existenz Gottes als personaler<br />

Wirklichkeit (<strong>und</strong> nicht nur ihr Niederschlag in kulturwissen<strong>schaft</strong>lich-soziologisch<br />

beschreibbarer religiöser Praxis, die auf eine solche Wirklichkeit hin<br />

ausgerichtet ist, <strong>und</strong> nicht vorschnell als reine Illusion qualifiziert werden soll)<br />

vom Standpunkt der Erfahrungswissen<strong>schaft</strong> nicht erfasst, aber deshalb auch<br />

nicht seriös bestritten werden kann[27], dann kann das kritische Moment stets<br />

nur vorläufiger, der argumentativen Kritik immer zugänglich zu haltender Erkenntnis-<br />

<strong>und</strong> Verstehensbemühung auch hier konstruktiv aufgenommen <strong>und</strong><br />

fruchtbar gemacht werden[28].<br />

Die Einsicht, dass Fragen wie die Existenz eines personalen Gottes oder<br />

auch der normativen Geltung ethischer Verpflichtungen nicht über eine experimentelle<br />

Prüfung entschieden werden können, heißt gerade nicht, dass die<br />

Bestreitung ihrer Existenz auf dem Boden erfahrungswissen<strong>schaft</strong>licher Sätze<br />

möglich oder für eine wissen<strong>schaft</strong>liche seriöse Arbeit geradezu vorausgesetzt<br />

werden könnte. Es bedeutet vielmehr, dass die jeweils bestehenden Positionen<br />

zur Kenntnis genommen <strong>und</strong>, soweit sie in einer kritisch reflektierenden Weise<br />

vorgetragen <strong>und</strong> einem rationalen Diskurs über ihre Kohärenz, ihren Beitrag<br />

zum Verstehen <strong>und</strong> ihre Erklärungskraft zugänglich gemacht werden, dort in<br />

das wissen<strong>schaft</strong>liche Gespräch einbezogen werden sollten, wo sie sachlich von<br />

Belang sind.<br />

[27] In diesem Sinn auch C. Müller (2011).<br />

42<br />

[28] In diese Richtung zielt auch das Eintreten Heinzpeter Hempelmanns für einen<br />

positiven Beitrag des Kritischen Rationalismus für notwendige Selbstklärungen<br />

in der Theologie <strong>und</strong> seine Warnung vor Tendenzen zu Selbstimmunisierungen<br />

in Teilen der theologischen Diskussion: Hempelmann (2012), 298ff.


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<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Das versteht sich in der alltäglichen akademischen Praxis leider nicht<br />

von selbst, wie z.B. das von Chr. Müller charakteristisch angeführte Zitat von N.<br />

Tomes, die moderne <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>swissen<strong>schaft</strong> sei von „Gr<strong>und</strong> auf atheistisch“,<br />

anschaulich belegt. Denn gerade die auf der erfahrungswissen<strong>schaft</strong>lichen Ebene<br />

gr<strong>und</strong>lose <strong>und</strong> trotzdem in ihrer Begründungslosigkeit „beherrschende“ <strong>und</strong><br />

anscheinend selbstverständliche Voraussetzung einer atheistischen Ausgangsposition<br />

bedeutet da, wo sie nicht zum Thema <strong>und</strong> damit kritisierbar wird, eben<br />

die <strong>und</strong>iskutierte Dogmatisierung eines Vorurteils, wie sie verständlicherweise<br />

als ideologisierende „Professoren-Prophetie“ Max Webers Missfallen hervorgerufen<br />

hat.<br />

In dieser Linie wäre es auch ein – wenn auch prominentes – Missverständnis,<br />

von Poppers <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong>skriterium in einer Weise Gebrauch zu machen,<br />

die ein vermeintlich wissen<strong>schaft</strong>liches von einem „nicht-wissen<strong>schaft</strong>lichen“<br />

Verständnis etwa von <strong>Ethik</strong> so unterscheiden wollte, dass die wissen<strong>schaft</strong>liche<br />

Fassung die Existenz normativer Geltungen bestritten <strong>und</strong> als Illusion oder als<br />

„verkleidete“ willkürlich-beliebige Geschmacksurteile behauptet wird. Anstelle<br />

derartiger Positionen, die aus dem Bereich philosophischer oder theologischer<br />

<strong>Ethik</strong> stammen, wäre dann eine andere, weniger voraussetzungsreich erscheinende<br />

Normativität zu präsentieren, die vermeintlich aus einer „nicht-normativen“<br />

Sphäre allgemein abgeleitet werden könnte, sozusagen aus ihr „emergiert“.<br />

In dem Anspruch, eine allgemeingültige „Legitimität“ auf diesem Weg des<br />

Ausschlusses „ethischer Restriktionen“ als „ethischem Vorurteil“ zu begründen,<br />

liegt, ungeachtet einer konstruktiven Interpretation im Sinne einer unterstützenden<br />

„strategischen“ Argumentation, beispielhaft auch die Problematik in der<br />

Begründung „legitimen“ Staatshandelns bei einem ökonomischen Denker vom<br />

Format <strong>und</strong> der Wirksamkeit James Buchanans deutlich, dessen berühmter Entwurf<br />

in „The Limits of Liberty“[29] auf der Voraussetzung aufbaut, für den akademischen<br />

Diskurs die Möglichkeit geltender ethischer Ansprüche abzuweisen<br />

<strong>und</strong> stattdessen auf strategischen Überlegungen neu zu begründen.[<strong>30</strong>]<br />

Dabei wird unbewusst eine diskutierbare philosophisch-ethische Position<br />

in der Gestalt einer „nicht-ethischen“, nur anscheinend voraussetzungsärmeren<br />

„innerökonomischen“ Begründung von Legitimität vorgestellt. Das macht<br />

auf der anderen Seite unbeabsichtigt deutlich, wie wenig wir in einer so sehr auf<br />

das menschliche Handeln abstellenden Disziplin wie der Ökonomie auch der<br />

nicht allein erfahrungswissen<strong>schaft</strong>lich erfassbaren Frage normativer Orientierung<br />

entgehen können.<br />

[29] Buchanan (1975).<br />

43<br />

[<strong>30</strong>] Zu einer kritischen Würdigung vgl. ausführlicher auch Jung (2009).


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Journal of Markets and Ethics<br />

<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

6. Zur Sinndimension von Handlungsorientierungen<br />

<strong>und</strong> der notwendigen Verschränkung von<br />

<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>swissen<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Wenn wir uns wissen<strong>schaft</strong>lich mit der Ökonomie beschäftigen, dann<br />

haben wir es nicht mit einem a-personalen Naturgeschehen zu tun, sondern<br />

immer auch mit handelnden Menschen in einem kulturell gestalteten Lebensbereich.<br />

Gerade darin, dass das ökonomische Handeln von Menschen auch die<br />

personale Dimension menschlichen Handelns immer mit betrifft, liegt wohl<br />

der Gr<strong>und</strong> dafür, dass sich der Gegenstand der <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>swissen<strong>schaft</strong>en dem<br />

befriedigenden Zugriff einer reinen empirischen Erfahrungswissen<strong>schaft</strong> nach<br />

dem leitenden Paradigma der so erfolgreichen Physik allein entzieht[31]. Vielmehr<br />

betrifft der Bereich des Handelns immer zugleich auch die Fragen menschlichen<br />

Selbstverständnisses als Person, über die sich durchaus auch im Sinne<br />

Poppers sinnvoll <strong>und</strong> rational kontrolliert sprechen <strong>und</strong> argumentieren lässt.<br />

Es liegt m. E. im Interesse eines rationaler Kritik zugänglichen Fortschreitens<br />

menschlichen Erkenntnisbemühens, also gewissermaßen des Programms „kritisch-rationalen<br />

Forschens“, wenn die in den Sozialwissen<strong>schaft</strong>en notwendig<br />

mitbetroffene Dimension des Verständnisses von Menschen als handelnder Personen<br />

nicht als ein ganz unbegreiflich-irrationaler Bereich reiner individueller<br />

Geschmacks- <strong>und</strong> Selbstwahl mystifiziert wird. Ebenso wenig lässt er sich aber<br />

auf ein rein erfahrungswissen<strong>schaft</strong>liches Feld reduzieren, ohne für das Fachpublikum<br />

mehr oder weniger naheliegenden ethischen Missverständnissen zu erliegen,<br />

wie einem unhinterfragt als vorgeblich „selbstverständlich“ vertretenen<br />

ethischen Subjektivismus <strong>und</strong> Skeptizismus oder dem Bemühen um eine ersatzweise<br />

vermeintlich „rein-ökonomische“ Rekonstruktion von „Legitimität“ (s.o.).<br />

Menschliches Handeln ist in einem gr<strong>und</strong>legenden <strong>und</strong> bedeutsamen<br />

Sinne „zielstrebig“, hierauf hat Eilert Herms im Blick auf die <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik<br />

in Aktualisierung Schleiermachers <strong>und</strong> der aristotelischen ethischen Tradition<br />

sehr treffend bereits 1990 in einem sehr klar <strong>und</strong> überzeugend argumentierenden<br />

(wenn auch sprachlich manchmal etwas anspruchsvollen) Aufsatz zur Unternehmensethik<br />

hingewiesen[32]. Das heißt, es ist getragen davon, Ziele zu verfolgen,<br />

die ihrerseits als sinnvoll gelten müssen, um das Handeln als sinnvolles<br />

menschliches Handeln zu ermöglichen. So müssen damit letztlich alle Handlungsintentionen<br />

eingebettet sein in einen Bezug auf letzte Ziele hin, über deren<br />

Rang wir uns sicher täuschen können, von deren Wert <strong>und</strong> Gültigkeit aber alles<br />

menschliche Handeln <strong>und</strong> Wählen abhängt.<br />

[31] Wir schließen hier gewissermaßen locker an klassische Feststellungen dieser<br />

Einsicht z.B. bei Kant oder Fichte an, die freilich unter dem Eindruck eines sehr<br />

erfolgreichen <strong>und</strong> unsere Lebenswelt weit durchziehenden „szientistischen“<br />

<strong>und</strong> technischen Paradigmas nicht immer so präsent ist, wie sie es eigentlich<br />

könnte <strong>und</strong> sollte.<br />

44<br />

[32] Vgl. Herms (1990), 69ff. <strong>und</strong> ähnlich auch Herms (1991).


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<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Wir folgen in unserem Handeln unhintergehbar einem mehr oder weniger<br />

ausdrücklich bewussten Ethos, das uns leitet.<br />

Das gilt selbst noch für den Grenzfall eines ganz unbeschränkten individuellen<br />

Hedonismus, der auch im konkreten Handeln einer theoretisch für<br />

wahr gehaltenen, gültigen Wertorientierung folgt <strong>und</strong> Ausdruck gibt, nämlich<br />

dem individuellen Lustgewinn (in Varianten einer kurz- oder längerfristigeren<br />

Perspektive) als höchstem oder allein gültigem letzten Handlungsziel <strong>und</strong> Wert.<br />

Wenn wir uns selbst über dieses Ethos bewusst werden <strong>und</strong> Rechen<strong>schaft</strong> ablegen,<br />

wenn wir uns also in ethischer Reflexion unseren handlungsleitenden Haltungen<br />

<strong>und</strong> Überzeugungen zuwenden, scheint es mir unvermeidlich, dass wir<br />

zwar einerseits zugestehen, dass wir uns über die gültigen, „richtigen“ Handlungsziele<br />

irren können[33], aber das beinhaltet gerade, dass wir sie eben nicht als<br />

rein beliebige Setzungen verstehen. Wir halten, wo immer wir uns inhaltlich verorten<br />

mögen, jedenfalls dann, wenn wir uns als handelnde Personen verstehen<br />

wollen, den Inhalt ethischer Aussagen <strong>und</strong> Argumentationen über die Orientierung<br />

unseres Handelns <strong>und</strong> Entscheidens eben nicht für eine Art „inhaltsloser<br />

Poesie“. Ja selbst wenn wir, was mir mit Ernst argumentativ nicht leicht zu vertreten<br />

scheint, von unserem Selbstverständnis als handelnde Personen abrücken<br />

wollten, müssten wir doch zumindest für diese „metaphysische“ Aussage eine<br />

(anfechtbare) Wahrheit behaupten <strong>und</strong> uns argumentativ mit anderen Positionen<br />

auseinandersetzen.<br />

Damit betreten wir, wenn wir über zielgerichtetes menschliches Handeln<br />

- auch in all seinen unbewussten Bedingtheiten - reden, notwendig eben<br />

auch das Feld theologischer <strong>und</strong> philosophischer <strong>Ethik</strong>. Und die sollte ihrerseits<br />

im Bereich ökonomischen Handelns <strong>und</strong> der zugehörigen Institutionen zugleich<br />

natürlich auch ökonomisch sachk<strong>und</strong>ig sein.<br />

Hier liegt meines Erachtens der nicht hintergehbare sachliche Gr<strong>und</strong><br />

für die notwendige „Verschränkung“ von Ökonomischem <strong>und</strong> Ethischem, die<br />

uns nicht nur im praktischen ökonomischen Handeln, in dem wir zugleich als<br />

Personen eben wirklich „handeln“, vor nicht immer einfache <strong>und</strong> oft unübersichtliche<br />

Herausforderungen stellt. Der gleiche in der Sache liegende Gr<strong>und</strong> führt<br />

uns auch in unserem Erkenntnisbemühen vor die in gleicher Weise nicht triviale<br />

aber notwendige Aufgabe, dieser Verschränkung von ethischer <strong>und</strong> ökonomischer<br />

Perspektive auf unser Handeln gerecht zu werden.<br />

Das komplizierte Verhältnis <strong>und</strong> die wechselseitige Bezogenheit von<br />

<strong>Ethik</strong> <strong>und</strong> Ökonomie ist wirklich weder ein spätes „Luxusproblem“, noch ist es<br />

eine lästige Erb<strong>schaft</strong> aus Zeiten eines „vorwissen<strong>schaft</strong>lichen Denkens“, wie es<br />

als etwas herablassender Verdacht gerade theologisch orientierter <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sethik<br />

gelegentlich entgegengebracht werden kann. Seine Aufgabenstellung<br />

liegt in der Sache wirt<strong>schaft</strong>lichen „miteinander Handelns“ (in der vielsagenden<br />

doppelten Verwendung von „Handeln“) unvermeidlich begründet, <strong>und</strong> keine<br />

der beiden Aspekte, weder der ökonomischer Zusammenhänge, noch der des<br />

ethisch-personalen Handlungscharakters unseres Tuns bis hinauf in komplexe<br />

45<br />

[33] Wie in jedem anderen Erkenntnisbemühen gr<strong>und</strong>sätzlich ja auch!


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Journal of Markets and Ethics<br />

<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

institutionelle Ebenen, ist ohne Schaden für die Sache <strong>und</strong> für ihr Verstehen<br />

auszublenden. Die Aufgabe, dieser Fragestellung seriös <strong>und</strong> verantwortet nachzugehen,<br />

ist so alt <strong>und</strong> so unvermeidlich wie das <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>en selbst, <strong>und</strong> sie ist<br />

der „Mühe der Edlen“ wert.<br />

Literaturhinweise<br />

Buchanan, J. M. (1975): The Limits of Liberty. Between Anarchy and Leviathan,<br />

Chicago 1975.<br />

Buchanan, J.M., Tullock, G. (1962): The Calculus of Consent – Logical Fo<strong>und</strong>ations<br />

of Constitutional Democracy. Ann Arbor 1962.<br />

Brunner, E. (1963): Wahrheit als Begegnung, 2. Aufl., Zürich 1963.<br />

Fichte, J.G. (1997): Die Bestimmung des Menschen, Stuttgart 1997.<br />

Friedman, M. (1962): The Social Responsibility of Business, in: ders.: Capitalism<br />

and Freedom, Chicago 1962.<br />

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in: The New York Times Magazine, 13. Sept. 1970,S. 122-126.<br />

Gröbl-Steinbach, E. (2002): Popper <strong>und</strong> die Metaphysik; in: Kiesewetter, H., Zenz,<br />

H. (Hg.): Karl Poppers Beiträge zur <strong>Ethik</strong>, Tübingen 2002.<br />

Harsanyi, J. C. (1976): Essays on Ethics, Social Behavior, and Scientific<br />

Explanation, Dordrecht 1976.<br />

Harsanyi, J. C. (1977): Rational Behavior and Bargaining Equilibrium in Games<br />

and Social Situations, Cambridge u.a.<br />

Hempelmann, H. (2012): „Gemeinsam der Wahrheit etwas näher kommen“! Zur<br />

Bedeutung des Kritischen Rationalismus für Theologie <strong>und</strong> Glaube, in: Der<br />

Kritische Rationalismus als Denkmethode <strong>und</strong> Lebensweise. Festschrift für<br />

Hans Albert, hg. Von G. Franco, Klagenfurt u. Wien 2012, 289-323.<br />

Herms, E. (1991): Gesell<strong>schaft</strong> gestalten. Tübingen 1991.<br />

Herms, E. (1990): Der religiöse Sinn der Moral. Unzeitgemäße Betrachtungen<br />

zu den Gr<strong>und</strong>lagen einer <strong>Ethik</strong> der Unternehmensführung; in: Steinmann, H.,<br />

Löhr, A., (Hg.): Unternehmensethik, Stuttgart 1990.<br />

Honecker, M. (2010): Evangelische <strong>Ethik</strong> als <strong>Ethik</strong> der Unterscheidung. EThD Bd.<br />

20, Berlin 2010.<br />

Jung, H. (2009): Soziale Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> weltliche Ordnung. EThD Bd. 21,<br />

Berlin 2009.<br />

Kiesewetter, H., Zenz, H. (Hg.) (2002): Karl Poppers Beiträge zur <strong>Ethik</strong>, Tübingen<br />

2002.<br />

Mill, J. S. (2008; 1863): Utilitarianism / Utilitarismus, Stuttgart 2008.<br />

Müller, C. (2011): Eine „metaphysikfreie“ Moral. Der ethische Subjektivismus in<br />

den <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>swissen<strong>schaft</strong>en aus kritisch-rationaler Sicht [1] <strong>und</strong> [2]; in:<br />

<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong> 2011, 1 <strong>und</strong> 2011, 2.<br />

Nowak, K. (2001): Schleiermacher. Leben, Werk <strong>und</strong> Wirkung, Göttingen 2001.<br />

46


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Journal of Markets and Ethics<br />

<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>, <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Priddat, B. (1995): Die andere Ökonomie. Über G. v. Schmollers Versuch einer<br />

„ethisch-historischen“ Ökonomie im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert, Marburg 1995.<br />

Popper, K. (2009): Vermutungen <strong>und</strong> Widerlegungen. Das Wachstum wissen<strong>schaft</strong>licher<br />

Erkenntnis, 2. Aufl., hg. Von Herbert Keuth, Tübingen 2009.<br />

Radbruch, G. (1999): Rechtsphilosophie, Heidelberg 1999.<br />

Schachtschneider, K. A. (2011): Eine „metaphysikfreie“ Moral? Eine Erwiderung<br />

auf Christian Müller; in: <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong> 2011, 2.<br />

Suchanek, A. (2007): Ökonomische <strong>Ethik</strong>, 2. Aufl., Tübingen 2007.<br />

Tomes, N. (1985): <strong>Religion</strong> and the Earnings Function. American Economic<br />

Review – Papers and Proceedings, Bd. 75, S. 245–250.<br />

Weber, M. (1988;1922): Gesammelte Aufsätze zur <strong>Wissen<strong>schaft</strong></strong>slehre, 7.Auflage,<br />

Tübingen 1988.<br />

47


Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

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Die <strong>Ethik</strong> der Staatsverschuldung<br />

Die <strong>Ethik</strong> der Staatsverschuldung<br />

Eine Analyse auf Basis der katholischen Soziallehre<br />

– von Daniel Koch<br />

24 Seiten<br />

Sprache: deutsch<br />

Keywords: Staatsverschuldung,<br />

katholische<br />

Soziallehre, Budgetregel,<br />

<strong>Ethik</strong>, normative Ökonomik,<br />

Public debt, catholic<br />

social teaching, budget rule,<br />

ethics, normative economics<br />

Zusammen fassung<br />

Die Frage nach einem ethisch richtigen Umgang mit Staatsverschuldung<br />

steht im Mittelpunkt dieses Aufsatzes. Dafür werden die Aussagen der<br />

katholischen Soziallehre für die Ökonomie operationalisiert, indem ein<br />

Kriterienkatalog erarbeitet wird, mit welchem verschiedene Regelungen<br />

evaluiert werden können. Es wird diskutiert, warum es auch für Ökonomen<br />

sinnvoll sein kann, normative Aspekte in ihre Überlegungen mit<br />

einzubeziehen, warum sich die katholischen Soziallehre auch heute als<br />

Referenztheorie eignet, <strong>und</strong> in welchem Verhältnis normative <strong>und</strong> ökonomische<br />

Anforderungen an eine »gute« Fiskalpolitik zueinander stehen.<br />

Die Arbeit kommt zu dem Ergebnis, dass eine Zielkongruenz von normativen<br />

<strong>und</strong> ökonomischen Anforderungen an die Fiskalpolitik besteht.<br />

Es wird gezeigt, dass die Begrenzung von Staatsverschuldung nicht nur<br />

ökonomisch, sondern auch ethisch geboten ist. Die ökonomische Theorie<br />

<strong>und</strong> die katholische Soziallehre kommen zu nahezu deckungsgleichen<br />

Forderungen im Bezug auf die Staatsverschuldung.<br />

Abstract<br />

How should public debt be handled from an ethical point of view? While<br />

the economic discussion usually concentrates on efficiency this paper<br />

argues that it can be valuable for economists to consider also the normative<br />

side of the question. The article shows that the catholic social<br />

teaching provides a valuable framework for analysing these questions<br />

and transforms its abstracts teachings into a concrete matrix of criteria.<br />

These criteria can be used to evaluate different institutional settings and<br />

budget rules form an ethical point of view. Finally, the paper discusses<br />

the correlation of economic and ethic criteria to a ‚good’ fiscal policy. It<br />

concludes that both aim in the same direction. Catholic social thought<br />

and the conventional economic view likewise call for a restriction of public<br />

debt.<br />

48


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Die <strong>Ethik</strong> der Staatsverschuldung<br />

1 Einleitung<br />

Die meisten ökonomischen Arbeiten zur Staatsverschuldung beschäftigen<br />

sich naturgemäß mit Effizienzfragen. Welche Auswirkungen hat sie <strong>und</strong> wie<br />

sollte sie eingesetzt, bzw. begrenzt werden, damit sie eine wohlfahrtssteigernde<br />

Wirkung entfaltet? Diese Fragen werden dann mit der gebotenen wissen<strong>schaft</strong>lichen<br />

Gründlichkeit erörtert <strong>und</strong> untersucht.<br />

Außerdem enthält ein signifikanter Anteil dieser Arbeiten die ethischnormative<br />

Aussage, dass Staatsverschuldung irgendwie ungerecht <strong>und</strong> moralisch<br />

fragwürdig sei. Diese Aussage hingegen wird als allgemein anerkannte<br />

Selbstverständlichkeit dargestellt <strong>und</strong> weder begründet noch belegt. Es finden<br />

sich auch kaum Arbeiten, die sich die Mühe machen, diese pauschale Aussage zu<br />

f<strong>und</strong>ieren.<br />

Aber entweder ist dieser Bezug auf die Moral unerheblich, dann sollte<br />

man ihn unterlassen, oder er ist relevant, dann sollte man ihn angemessen untermauern.<br />

Damit stellen sich drei Fragen:<br />

1. Warum sollten Ökonomen auch moralische Aspekte in ihre<br />

Überlegungen mit einbeziehen?<br />

2. Welche Anforderungen stellt die <strong>Ethik</strong> an den Umgang mit<br />

Staatsverschuldung <strong>und</strong> welche Kriterien können zur Überprüfung derselben<br />

herangezogen werden?<br />

3. In welchem Verhältnis stehen normative <strong>und</strong> ökonomische Anforderungen<br />

an eine »gute« Fiskalpolitik zueinander?<br />

Vorliegende Arbeit möchte mögliche Antworten auf diese Fragen vorstellen.[1]<br />

Nach einer kursorischen Bearbeitung der ersten Frage, liegt der<br />

Schwerpunkt dieser Arbeit auf Frage 2. Für deren Beantwortung bedarf es einer<br />

normativen »Referenztheorie«, welche ethische Leitlinien vorgibt, die dann<br />

auf die spezielle Fragestellung übersetzt werden. Dafür wird hier die katholische<br />

Soziallehre herangezogen. Sie wird in Kapitel 3 vorgestellt, anschließend in einen<br />

konkreten Kriterienkatalog übersetzt, welcher dann auf die Thematik der<br />

Staatsverschuldung angewandt wird. Anschließend wird die 3. Frage untersucht,<br />

indem die zuvor erarbeiteten Kriterien mit den Forderungen der ökonomischen<br />

Theorie abgeglichen werden.<br />

2 Zur Nützlichkeit einer normativen Analyse<br />

Immer wieder finden sich unf<strong>und</strong>ierte ethische Aussagen in den Einleitungen<br />

volkswirt<strong>schaft</strong>licher Texte zur Staatsverschuldung. So betonen<br />

Schlesinger et al. (1993), dass die Schulden aus Sicht der Generationengerech-<br />

49<br />

[1] Diese Arbeit basiert auf einem Teil der Dissertation des Autors, Koch (2012).


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Die <strong>Ethik</strong> der Staatsverschuldung<br />

50<br />

tigkeit zu hoch sind (S. 217-231) <strong>und</strong> für Schemmel/Borell (1992) ist es unbestritten,<br />

dass spätere Generationen durch sie benachteiligt werden (S. 143-153). Für<br />

den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirt<strong>schaft</strong>lichen Entwicklung<br />

(2007) ist es offensichtlich, dass sich alle einig sein müssten, dass künftige Generationen<br />

nicht ausgebeutet werden dürften (S. 31). Dabei wird mehr oder weniger<br />

direkt auf eine moralische Verpflichtung Bezug genommen, aus welcher<br />

dann die Notwendigkeit einer Begrenzung der öffentlichen Schuld abgeleitet<br />

wird. Besonders die »Generationengerechtigkeit« wird immer wieder als Bezugspunkt<br />

genommen um wie selbstverständlich eine Begrenzung von Staatsverschuldung<br />

damit zu begründen.<br />

So häufig diese Verweise auf die normative Dimension der Staatsverschuldung<br />

sind, so rar sind die Arbeiten, die sich gründlich mit der Frage beschäftigen,<br />

wie sie denn anhand normativer Kriterien zu bewerten wäre. Eine<br />

so gewichtige Annahme sollte aber nicht einfach vorausgesetzt werden. Wenn<br />

– was offensichtlich der Fall ist – normative Aspekte eine zentrale Rolle in vielen<br />

Argumentationen einnehmen, dann verdient diese Frage auch eine ausführlichere<br />

Untersuchung.<br />

Die Meinung, dass ethische Aussagen einen berechtigten Platz in ökonomischen<br />

Arbeiten haben, folgt der Argumentation Herbert Gierschs, der die<br />

normative Ökonomik, die „auf das <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sleben angewandte <strong>Ethik</strong>“ (Giersch,<br />

1961, S. 26), ausdrücklich als Teil der <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>stheorie betrachtet. Sie folgt auf<br />

die positive Analyse der Ursache-Wirkungs-Beziehung <strong>und</strong> ermöglicht mit dieser<br />

zusammen die abschließende „Kunstlehre“, also die Lehre von der Verringerung<br />

der Differenz zwischen Sein <strong>und</strong> Sollen. Auch für Walter Eucken galt: „Die<br />

<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>spolitik aber soll die freie natürliche gottgewollte Ordnung verwirklichen.“<br />

(Eucken, 1990, S. 176.) Die normative Argumentation hat also einen festen<br />

Platz, in der volkswirt<strong>schaft</strong>lichen Untersuchung.<br />

Sie befördert auch den Dialog über die Fachgrenzen hinaus. Immer wieder<br />

wird beklagt, dass »die Politik« oder »die Öffentlichkeit« zu wenig Verständnis<br />

für ökonomische Vorschläge <strong>und</strong> Argumente hat. Immer wieder muss die<br />

Ökonomie die Erfahrung machen, dass sie keine Akzeptanz für ihre Positionen<br />

findet <strong>und</strong> diese daher nicht durchgesetzt werden können. Je mehr Auswirkungen<br />

auf Politik <strong>und</strong> öffentliches Leben eine Thematik hat, umso wichtiger ist die<br />

Legitimität, die dieser Position beigemessen wird. Nach Max Weber beruht Herr<strong>schaft</strong><br />

auf der Bereit<strong>schaft</strong> der Beherrschten zum Gehorsam (Weber, 1972 Kapitel<br />

I, insbes. S. 16-20). Legitimität ist also die Gr<strong>und</strong>voraussetzung für das Funktionieren<br />

einer staatlichen Ordnung. Da das derzeitige deutsche System als eine<br />

Form legaler Herr<strong>schaft</strong> bezeichnet werden kann, lässt sich also festhalten, dass<br />

die Akzeptanz, die Legitimität der rechtlichen Gr<strong>und</strong>lagen unserer Gesell<strong>schaft</strong><br />

für deren Funktionieren <strong>und</strong> Bestehen von entscheidender Bedeutung ist (Imbusch,<br />

2002). Auch Buchanan/Wagner (1977) betonen, dass eine Regel nur erfolgversprechend<br />

ist, wenn sie die Werte einer Gesell<strong>schaft</strong> widerspiegeln <strong>und</strong> dass<br />

sie nur eingehalten werden wird, wenn sie nicht nur juristisch, sondern auch<br />

moralisch bindend ist (vgl. Kapitel 12).<br />

Bei einer Frage, die nicht nur rein technischer oder innerökonomischer<br />

Natur ist, gerade bei einer Frage wie der Begrenzung von Staatsverschuldung, die


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Die <strong>Ethik</strong> der Staatsverschuldung<br />

aufgr<strong>und</strong> ihrer großen Auswirkungen so hohe Aufmerksamkeit genießt, ist es<br />

entscheidend, auch die öffentliche Akzeptanz <strong>und</strong> Legitimität zu erringen. Besonders<br />

in Zeiten einer Finanz- <strong>und</strong> <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>skrise, in der von einigen Seiten<br />

die Aussagekraft volkswirt<strong>schaft</strong>licher Modelle <strong>und</strong> manche Gr<strong>und</strong>annahmen<br />

der modernen Ökonomie hinterfragt werden, kann es wertvoll sein, die volkswirt<strong>schaft</strong>liche<br />

Argumentation in einen größeren Kontext einzubinden <strong>und</strong> um<br />

Erkenntnisse anderer Fachrichtungen zu erweitern. Es ist daher wichtig, die wissen<strong>schaft</strong>lichen<br />

Vorschläge zur Begrenzung von Staatsverschuldung eben nicht<br />

nur ökonomisch zu begründen, sondern auch die für viele Menschen wichtige<br />

normative Dimension mit einzubeziehen.<br />

Diese normative Betrachtung bringt also zwei Vorteile mit sich:<br />

1. Sie prüft, ob eine Argumentation, die ohnehin in der Volkswirt<strong>schaft</strong>slehre<br />

ständig verwendet wird, überhaupt zulässig <strong>und</strong> sachlich f<strong>und</strong>iert<br />

ist. Sie zeigt, in welchem Spannungsfeld Effizienz <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong> in diesem Themenbereich<br />

stehen.<br />

2. Wenn es ihr gelingt, eine Synthese aus wirt<strong>schaft</strong>lichen <strong>und</strong><br />

moralischen Forderungen zu schaffen, erhöht sie die Legitimität <strong>und</strong> damit die<br />

Durchsetzbarkeit der Vorschläge, indem sie diese auf ein breiteres F<strong>und</strong>ament<br />

stellt.<br />

3 Die katholische Soziallehre<br />

3.1 Absicht, Charakter <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>lagen<br />

51<br />

Ziel der katholischen Soziallehre ist es, eine gute Gesell<strong>schaft</strong>sordnung<br />

zu prägen <strong>und</strong> allen Menschen ein gelingendes Leben zu ermöglichen. Dabei<br />

richtet sie sich an die gesamte Gesell<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> möchte über die Grenzen der<br />

religiösen Gemein<strong>schaft</strong> hinauswirken (Marx/Wulsdorf , 2002, S. 106).<br />

Um diese universelle Anwendbarkeit zu erreichen, argumentiert die katholische<br />

Soziallehre streng philosophisch <strong>und</strong> nicht theologisch. Sie greift dafür<br />

in erster Linie auf die Naturrechtstheorie zurück (Lutz/Nell-Breuning, 1967). Unter<br />

Naturrecht wird im Allgemeinen eine Art ewiges Urrecht verstanden, das ein<br />

verbindliches System rechtlicher Normen bildet <strong>und</strong> welches vor <strong>und</strong> über allem<br />

positiven Recht angesiedelt ist. Es definiert bestimmte Regeln, welche unabhängig<br />

von geschichtlichem <strong>und</strong> kulturellem Kontext gültig sind, eine für alle Menschen<br />

bindende Wirkung haben <strong>und</strong> als Leitlinien für das positive Recht, also die<br />

vom Gesetzgeber erlassenen Gesetze, dienen. Diese Normen gelten in der Regel<br />

als über die Zeit hinweg unveränderlich <strong>und</strong> vom Menschen nicht beeinflussbar.<br />

Zwar gibt es unterschiedliche Auffassungen im Detail, was Naturrecht bedeutet,<br />

doch hat es in fast allen Ansätzen die gleiche Wirkung. Es sucht die Antwort<br />

auf die Frage, wie die menschliche Daseinsordnung gestaltet sein sollte. Daraus<br />

ergibt sich die Wirkung des Naturrechts: Es wirkt als Begrenzung <strong>und</strong> Begründung<br />

allen positiven Rechts. Es normiert <strong>und</strong> lenkt die Gesetzgebung, so dass


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Die <strong>Ethik</strong> der Staatsverschuldung<br />

52<br />

die Gesetze gerecht gestaltet werden. So legitimiert <strong>und</strong> rechtfertigt das Naturrecht<br />

die Gesetze, wenn sie in seinem Rahmen bleiben, andererseits prüft <strong>und</strong><br />

kritisiert es aber auch jene Gesetze, die ihm zuwiderlaufen. Diese abstrakt klingenden<br />

Gedanken haben tatsächlich im Laufe der Geschichte eine enorme Wirkung<br />

entfaltet, auch wenn sie nicht zu allen Zeiten gleichermaßen anerkannt<br />

waren. So bildet das Naturrecht eine bedeutsame Argumentationsgr<strong>und</strong>lage für<br />

manche Rechtsgebiete wie die Menschenrechte oder das Völkerrecht <strong>und</strong> einen<br />

Hauptgegenstand der Moral- <strong>und</strong> Rechtsphilosophie. Auch bedeutsame Handlungen,<br />

wie Revolutionen oder der Widerstand gegen die NS-Diktatur wurden<br />

immer wieder hiermit begründet. Für Deutschland wurde seine Wirksamkeit<br />

im Zusammenhang mit der Diskussion um die Radbruch’sche Formel durch<br />

das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht ausdrücklich anerkannt (vgl. Galling, 1960; Wolf,<br />

1964; Baumgartner, 1979; Päpstliche Kommission «Iustitia et Pax», 1981; Forschner,<br />

2003).<br />

Somit lässt sich zusammenfassend festhalten, dass die Existenz <strong>und</strong><br />

Wirksamkeit des Naturrechts heutzutage in unserem Kulturkreis anerkannt ist<br />

<strong>und</strong> dass es trotz der verschiedenen Ansätze einen Konsens über Wirkung <strong>und</strong><br />

Gr<strong>und</strong>aussagen des Naturrechts gibt. Damit bietet das Naturrecht ein brauchbares<br />

F<strong>und</strong>ament <strong>und</strong> eine verwertbare Argumentationsgr<strong>und</strong>lage für eine<br />

gesamtgesell<strong>schaft</strong>lich konsensfähige Soziallehre. Damit ist die philosophisch<br />

argumentierende <strong>und</strong> naturrechtlich f<strong>und</strong>ierte katholische Soziallehre gesamtgesell<strong>schaft</strong>lich<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich konsensfähig <strong>und</strong> kann als Bezugspunkt einer<br />

wissen<strong>schaft</strong>lichen <strong>und</strong> nicht-religiösen Arbeit dienen.<br />

Ein zweiter Gr<strong>und</strong>pfeiler der katholischen Soziallehre, neben der Naturrechtstheorie,<br />

ist das christliche Menschenbild (Lutz/Nell-Breuning, 1967;<br />

Marx/Wulsdorf, 2002). Die Frage nach der Beschaffenheit einer guten Gesell<strong>schaft</strong>sordnung<br />

hängt entscheidend von der zugr<strong>und</strong>eliegenden Anthropologie<br />

ab, also der Frage, was der Mensch eigentlich ist. Die christliche Anthropologie<br />

entwickelt ein Gesamtbild, welches die Konstanten, die sich über alle Lebensbereiche<br />

hinweg erstrecken, abbildet. Auch versucht sie das Spannungsverhältnis<br />

von Individuum <strong>und</strong> Gesell<strong>schaft</strong> aufzulösen. Denn während der Liberalismus<br />

sich auf den Menschen als Individuum konzentriert <strong>und</strong> der Kommunismus/<br />

Kommunitarismus eher auf die Masse abstellt <strong>und</strong> die Rolle des Individuums<br />

als Teil des Kollektivs betont, propagiert die katholische Soziallehre ein eigenes<br />

Bild zwischen diesen beiden Extremen. Entsprechende Folgen hat dies jeweils<br />

für die Vorstellung von dem Aufbau einer guten Gesell<strong>schaft</strong>, der Rolle des Staates<br />

<strong>und</strong> der Aufgabe der Menschen.<br />

Die theologische Anthropologie entwickelt ein gleichermaßen ganzheitliches<br />

Menschenbild, wie die philosophischen Anthropologien Max Schelers,<br />

Arnold Gehlens <strong>und</strong> Helmuth Plessners (vgl. Marx/Wulsdorf, 2002, S. 61ff.).<br />

Allerdings erweitert sie das Menschenbild um eine Dimension <strong>und</strong> bezieht auch<br />

Gott <strong>und</strong> seine Beziehung zum Menschen mit ein. Ein zentrales Element ist<br />

die gr<strong>und</strong>sätzliche Gleichheit aller (siehe z.B. Die Bibel, 1984, Jakobus 2,1). Da<br />

der Wert des Menschen aus seiner Gottebenbildlichkeit herrührt <strong>und</strong> da jeder<br />

Mensch gleichermaßen auf Gott ausgerichtet ist <strong>und</strong> gleichermaßen direkt vor<br />

ihm steht, sind alle Menschen gleichwertig.


Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Journal of Markets and Ethics<br />

Die <strong>Ethik</strong> der Staatsverschuldung<br />

Dies hat Konsequenzen für die katholische Soziallehre. Zum einen geht<br />

daraus hervor, dass die Kirche sich um Fragen der sozialen Ordnung zu kümmern<br />

hat, <strong>und</strong> zum anderen zeigt es, wie diese auszusehen hat. Da der einzelne<br />

Mensch im Mittelpunkt steht <strong>und</strong> der Maßstab für alles ist, muss stets der<br />

Gr<strong>und</strong>satz der Personalität gewahrt sein. Da der Mensch aber auf die Gemein<strong>schaft</strong><br />

mit anderen ausgerichtet ist <strong>und</strong> in der Gesell<strong>schaft</strong> seine Erfüllung findet,<br />

muss auch das Gemeinwohl Ziel aller Handlungen sein. Da jeder Mensch<br />

von Gott gleich geschaffen <strong>und</strong> vor ihm gleich wertvoll ist, muss die Norm der<br />

Gerechtigkeit erfüllt sein. Und da der Mensch frei ist, darf auch der Gr<strong>und</strong>satz<br />

der Freiheit nicht verletzt werden (siehe z.B. Heiliger Stuhl, 1961, Ziffer 219; 1965,<br />

Ziffer 41; 1967, Ziffer 15; 1991, Ziffer 5).<br />

Die Naturrechtslehre <strong>und</strong> das christliche Menschenbild bilden also F<strong>und</strong>ament<br />

<strong>und</strong> Rahmen der katholischen Soziallehre, indem sie gegenüber der Kirche<br />

<strong>und</strong> der Gesell<strong>schaft</strong> begründen, warum es eine christliche Soziallehre geben<br />

soll, ihr eine Argumentationsgr<strong>und</strong>lage schaffen <strong>und</strong> ihre inhaltliche Zielrichtung<br />

vorgeben.<br />

Daraus ergeben sich zwei Oberziele der katholischen Soziallehre, die<br />

sich wie ein roter Faden durch alle Überlegungen hindurch ziehen:<br />

- Die Sicherung des individuellen Wohlergehens<br />

- Die Errichtung einer guten Gesell<strong>schaft</strong>sordnung<br />

3.2 Aussagen<br />

53<br />

Um die genannten Ziele zu erreichen, müssen aus Sicht der katholischen<br />

Soziallehre drei Gr<strong>und</strong>normen verwirklicht werden:<br />

- Freiheit<br />

- Gerechtigkeit<br />

- Gemeinwohl<br />

Ohne Freiheit kann sich das Individuum nicht entfalten, nicht zu seiner<br />

Bestimmung gelangen, kann es also keine gute Gesell<strong>schaft</strong>sordnung geben.<br />

Folglich muss sie die Gr<strong>und</strong>lage aller Ordnungen <strong>und</strong> Institutionen bilden. Freiheit<br />

ist ein elementarer Bestandteil des menschlichen Person-Seins, ihre Verwirklichung<br />

somit eines der obersten Ziele einer guten Gesell<strong>schaft</strong>spolitik (vgl.<br />

Lutz/Nell-Breuning, 1967; Clark, 2001). Sie wird in der katholischen Soziallehre<br />

nicht im utilitaristischen Sinne verstanden, wonach man völlig frei ist in seinen<br />

Entscheidungen, sondern als Mittel zur Selbstentfaltung. Dabei wird unterschieden<br />

in innere Freiheit, i.e. die Fähigkeit mit Hilfe der Vernunft eigene<br />

Entscheidungen zu treffen (Willensfreiheit), <strong>und</strong> äußere Freiheit, i.e. die Abwesenheit<br />

von äußerem Zwang (Handlungsfreiheit) (vgl. Becker, 2002).<br />

Gerechtigkeit wird im aquin’schen Sinne verstanden als der Wille, jedem<br />

sein Recht zuzuteilen (Aquin, 1985, 3. Band S. 254). Entsprechend muss Gleiches<br />

gleich <strong>und</strong> Ungleiches ungleich behandelt werden. Gerechtigkeit ist entweder<br />

eine persönliche Eigen<strong>schaft</strong> (subjektive oder personale Gerechtigkeit), wenn


Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Journal of Markets and Ethics<br />

Die <strong>Ethik</strong> der Staatsverschuldung<br />

54<br />

z.B. ein Richter gerecht ist oder – was hier im Vordergr<strong>und</strong> steht – ein Zustand,<br />

wenn etwa eine gesell<strong>schaft</strong>liche Ordnung gerecht ist (objektive Gerechtigkeit).<br />

In der katholischen Soziallehre versteht man unter Gerechtigkeit, dass die Institutionen<br />

allen Gliedern der Gesell<strong>schaft</strong> gleichermaßen verpflichtet sind <strong>und</strong><br />

dass sie den Menschen die bestmöglichen Rahmenbedingungen bieten, damit<br />

jeder sich angemessen entfalten kann. Heute rückt in der katholischen Soziallehre<br />

immer mehr die »Beteiligungsgerechtigkeit« in den Vordergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> löst<br />

damit die Verteilungsgerechtigkeit als bestimmendes Kriterium ab. Sie mahnt<br />

die Herstellung von Chancengleichheit an <strong>und</strong> betrachtet insbesondere Bildung<br />

als Schlüssel zum Erfolg (vgl. Heiliger Stuhl, 1961, Ziffer 82f.; Lutz/Nell-Breuning,<br />

1967; Becker, 2002; Deutsche Bischofskonferenz, 2003).<br />

Der Aspekt des Gemeinwohls korreliert in der katholischen Soziallehre<br />

eng mit dem der Gerechtigkeit. Gemeinwohl heißt, dass es den Menschen ermöglicht<br />

werden soll, sich zu entfalten <strong>und</strong> ihre Persönlichkeit zu entwickeln.<br />

Diese Betonung des individuellen Wohls ist bedeutsam, da in vielen Argumentationsmustern<br />

gerade das Gemeinwohl als Begründung für die Vernachlässigung<br />

individueller Bedürfnisse herhalten muss. Es ist mehr als die Summe der<br />

Einzelwohle. Es besteht einerseits aus einer guten Verfassung der Gemein<strong>schaft</strong><br />

als Instrumentalwert, andererseits aus dem persönlichen Wohlergehen der Glieder<br />

der Gemein<strong>schaft</strong>, als Zielwert (vgl. Heiliger Stuhl, 1965, Ziffer 26; Nell-Breuning,<br />

1980, S. 40ff.; Clark, 2001, S. 24ff.; Coughlin, 2001, S. 293; Nothelle-Wildfeuer,<br />

2009).<br />

Aus diesen drei Normen leiten sich die Prinzipien ab, das sind die konkreten<br />

Forderungen der katholischen Soziallehre, die als Maßstab an das Handeln<br />

des Staates, an die Struktur der Institutionen, an den Aufbau der Gesell<strong>schaft</strong><br />

angelegt werden sollen. Die Einhaltung dieser Prinzipien führt zur Verwirklichung<br />

der Normen. Sie sind alle miteinander verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> führen jeweils zur<br />

Erfüllung des anderen.<br />

- Personalität<br />

- Solidarität<br />

- Subsidiarität<br />

- Nachhaltigkeit<br />

Das Personalitätsprinzip besagt, dass die menschliche Person unter allen<br />

Umständen Gegenstand <strong>und</strong> Ziel aller gesell<strong>schaft</strong>lichen Einrichtungen sein<br />

muss. Alles – Staat, Gesetze, Institutionen, <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sordnung – muss dazu dienen,<br />

dass der Mensch sich entfalten <strong>und</strong> zu seiner Bestimmung gelangen kann,<br />

muss auf den Menschen hin ausgerichtet sein <strong>und</strong> seine Würde <strong>und</strong> seine Individualität<br />

respektieren. Politik muss immer den Menschen dienen <strong>und</strong> auf sie<br />

ausgerichtet sein. Das Ziel der menschlichen Gemein<strong>schaft</strong>, des Staates, muss<br />

immer das Wohl der Personen sein. Das Personalitätsprinzip betont die Bedeutung<br />

einer guten Balance zwischen den beiden Polen des Individualismus <strong>und</strong><br />

des Kollektivismus. Die Spannung aus Individual- <strong>und</strong> Sozialnatur des Menschen,<br />

beides konstituierende Komponenten des Personenbegriffs, gilt es durch<br />

eine ausgewogene Berücksichtigung beider Elemente fruchtbar zu machen. Beide<br />

Pole sind wichtig <strong>und</strong> unabdingbar, aber beide führen in ihrer Extremform zu<br />

einem Scheitern der Gesell<strong>schaft</strong>. Das Personalitätsverständnis der katholischen


Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Journal of Markets and Ethics<br />

Die <strong>Ethik</strong> der Staatsverschuldung<br />

55<br />

Soziallehre fordert eine Ausrichtung der Politik am Individuum, aber gleichermaßen<br />

ein Über-Sich-Hinausgehen des Einzelnen im Dienste der Gesell<strong>schaft</strong>,<br />

eine Wahrung der Eigenständigkeit der Person, in welcher diese sich dann kraftvoll<br />

in die Gemein<strong>schaft</strong> einbringen kann, wodurch sie wiederum zu ihrer vollen<br />

Entfaltung gelangen kann (vgl. Klüber, 1960; Heiliger Stuhl, 1965, Ziffer 25; SchSolidarität<br />

beruht auf einem allgemeinen Zusammengehörigkeitsgefühl aller Glieder<br />

der Gesell<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> besteht in dem Streben nach einem Wohlergehen aller.<br />

Solidarität bedeutet, dass die einzelnen Glieder einer Gesell<strong>schaft</strong> füreinander<br />

<strong>und</strong> für das Ganze einstehen, dass besondere Rücksicht auf die schwachen Glieder<br />

der Gesell<strong>schaft</strong> genommen <strong>und</strong> dass Menschen in Not geholfen wird. Das<br />

Solidaritätsprinzip beschreibt eine wechselseitige Anerkennung des Anderen<br />

als Person, woraus sich der Rechtsanspruch auf Entfaltung ergibt, woraus sich<br />

wiederum die Pflicht zur sozialen Kooperation <strong>und</strong> zu wechselseitiger Unterstützung<br />

ergibt. Es ist Ausdruck des Bewusstseins für das Aufeinanderangewiesensein<br />

der Glieder einer Gesell<strong>schaft</strong>, welches zu einem Füreinandereinstehen<br />

führt. Dabei ist auch zu betonen, dass Solidarität nicht einseitig, als reine Hilfe<br />

für einen selbst, verstanden werden darf. Vielmehr ist jeder Einzelne jederzeit<br />

verpflichtet, sich für das Wohl des Nächsten <strong>und</strong> der Gemein<strong>schaft</strong> einzusetzen.<br />

Solidarität definiert nicht nur einen Anspruch, sondern beinhaltet auch eine<br />

Verpflichtung jedes Einzelnen. Gleichzeitig betont die katholische Soziallehre<br />

aber auch, dass Solidarität nicht nur eine individuelle Verpflichtung ist, sondern<br />

dass gerade auch der Staat solidarisch handeln <strong>und</strong> für die schwachen Glieder<br />

der Gesell<strong>schaft</strong> eintreten muss. Solidarität muss daher auch institutionell verankert<br />

werden, um einen Staat zu legitimieren (vgl. z.B. Lutz/Nell-Breuning, 1967;<br />

Heiliger Stuhl, 1991, Ziffer 15; Herrera, 2004).<br />

Während das Solidaritätsprinzip das Verbindende <strong>und</strong> Gemeinsame einer<br />

Gesell<strong>schaft</strong> betont, geht es beim Subsidiaritätsprinzip um eine funktionelle<br />

Strukturierung der Gesell<strong>schaft</strong>. Allgemein ausgedrückt besagt es, dass Aufgaben<br />

auf einer möglichst niedrigen Ebene angesiedelt sein sollten, so lange diese dazu<br />

sinnvoll in der Lage ist. Was die Familie leisten kann, soll der Staat nicht an sich<br />

ziehen. Was in der Kommune geregelt werden kann, sollte nicht zentralisiert<br />

werden. Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass das Subsidiaritätsprinzip aus<br />

zwei Komponenten besteht: Die positive, unterstützende Komponente, sowie<br />

die negative, abgrenzende. Erstere besagt, dass die oberen Ebenen den unteren<br />

hilfreich beistehen sollen, so dass sie befähigt werden, ihre Aufgaben zu erfüllen.<br />

Letztere weist die obere Instanz in ihre Schranken <strong>und</strong> verteidigt das Recht der<br />

kleinen Einheit auf Unversehrtheit <strong>und</strong> Entfaltungsfreiheit. Das Subsidiaritätsprinzip<br />

verpflichtet den Staat ebenso zur Aktivität wie zur Selbstbeschränkung.<br />

Kurz gefasst lässt es sich also auf die Formel »Unterstützung <strong>und</strong> Abgrenzung«<br />

reduzieren. Damit ist das Subsidiaritätsprinzip kein reines Abwehrprinzip, das<br />

lediglich den Staat auf Distanz halten soll. Vielmehr hat es einen positiven Gehalt<br />

<strong>und</strong> zielt auf die Selbstverwirklichung der Menschen, eine effiziente Verteilung<br />

der Kompetenzen <strong>und</strong> eine Maximierung des Gemeinwohls (vgl. Heiliger<br />

Stuhl, 1931, Ziffer 79; Nell-Breuning, 1990, S. 94; Schilling, 1995).<br />

Das Nachhaltigkeitsprinzip ist eines der jüngsten Elemente der katholischen<br />

Soziallehre <strong>und</strong> wurde auch nicht von ihr entwickelt, sondern erst später


Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Journal of Markets and Ethics<br />

Die <strong>Ethik</strong> der Staatsverschuldung<br />

inkorporiert. Die Relevanz des Nachhaltigkeitsprinzips für die katholische Soziallehre<br />

ergibt sich aus einem umfassenden Verständnis der bisherigen Gr<strong>und</strong>normen<br />

<strong>und</strong> Prinzipien. Will eine Gesell<strong>schaft</strong> sich auch mit späteren Generationen<br />

solidarisch zeigen, ist eine Politik nicht nur am Gemeinwohl der heutigen,<br />

sondern auch der späteren Generationen interessiert, <strong>und</strong> soll Gerechtigkeit<br />

nicht nur zwischen den heute lebenden Individuen herrschen, sondern auch<br />

zwischen den heutigen <strong>und</strong> den zukünftigen, so ist es unerlässlich, auch deren<br />

Interessen in das eigene Kalkül einzubinden. Daher sollen die Bedürfnisse der<br />

Gegenwart so befriedigt werden, dass die Möglichkeit zukünftiger Generationen,<br />

ihre Bedürfnisse zu befriedigen, nicht aufs Spiel gesetzt wird. Heute wird<br />

also von dem Nachhaltigkeitsprinzip nicht nur eine saubere Umwelt eingefordert,<br />

sondern genauso ein stabiles Rentensystem <strong>und</strong> ein ausgeglichener Haushalt,<br />

ein <strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>swachstum, das die natürlichen Ressourcen schont <strong>und</strong> die<br />

unterentwickelten Länder mit einbezieht, eine zukunftsgerichtete Bildungspolitik,<br />

frühzeitige Entschärfung von Konflikten, u.v.m. Kurzum, ein Handeln, das<br />

in all seinen Facetten die Belange der künftigen Generationen, bzw. das langfristige<br />

Ergebnis mit einbezieht (vgl. Heiliger Stuhl, 1965; World Commission on<br />

Environment Development, 1987; Reis, 2003; Wulsdorf , 2005).<br />

Neben den genannten Punkten beschäftigt sich die katholische Soziallehre<br />

mit den verschiedensten Themen von den Menschenrechten <strong>und</strong> der<br />

<strong>Religion</strong>sfreiheit, über Ehe, Abtreibung <strong>und</strong> Todesstrafe, bis hin zu verschiedenen<br />

Regierungsformen, Gewerk<strong>schaft</strong>en, Lohnfindung <strong>und</strong> freiem Handel. Es<br />

finden sich neben den bisher erläuterten Prinzipien eine ganze Reihe weiterer,<br />

z.T. sehr konkreter Forderungen. Diese sind jedoch für die Evaluierung von politischen<br />

Maßnahmen von untergeordnetem Interesse, können unter die bislang<br />

genannten Prinzipien subsumiert werden oder leiten sich von diesen ab, auch<br />

wenn sie gelegentlich einzeln aufgeführt werden. Es scheint daher legitim, sich<br />

in der Darstellung der katholischen Soziallehre in dieser Arbeit auf die genannten<br />

Kernpunkte zu konzentrieren (vgl. Nguyen Kardinal Van Thuan, 2000; Marx/<br />

Wulsdorf, 2002; Herrera, 2004).<br />

Das Gesamtbild lässt sich folgendermaßen grafisch darstellen:<br />

56<br />

Abbildung 1: Aufbau der katholischen Soziallehre; Quelle: eigene Erstellung.


Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Journal of Markets and Ethics<br />

Die <strong>Ethik</strong> der Staatsverschuldung<br />

Hier sei noch einmal daran erinnert, dass es sich hier um eine mögliche,<br />

aber nicht die allgemeinverbindliche Darstellung der katholischen Soziallehre<br />

handelt. Da es kein einzelnes zusammenfassendes Lehrdokument zu der<br />

katholischen Soziallehre gibt, gibt es auch keine einheitliche Auflistung oder<br />

schematische Darstellung ihrer Aussagen von Seiten der Kirche. Vielmehr muss<br />

man sich diese aus den verschiedenen Texten herauslesen <strong>und</strong> zusammenfassen.<br />

Dies lässt gewisse Freiheiten zu, so dass es unterschiedliche Akzente <strong>und</strong><br />

Interpretationen gibt. Auch gibt es keine direkten Aussagen der katholischen<br />

Soziallehre zur Staatsverschuldung. Es bedarf also einer eigenen Übertragung<br />

der allgemeinen Aussagen auf dieses spezielle Thema.<br />

4 Kriterien an die (Fiskal-)Politik<br />

Welche Schlussfolgerungen lassen sich nun aus dem bislang geschilderten<br />

für die ethische Beurteilung der Staatsverschuldung ziehen? Wie lassen sich<br />

diese allgemeinen Aussagen der katholischen Soziallehre für die Evaluierung<br />

der Staatsverschuldung operationalisieren?<br />

Dafür gilt es, konkrete Kriterien abzuleiten <strong>und</strong> einen Kriterienkatalog<br />

aufzustellen, anhand dessen sich verschiedene institutionelle Arrangements abprüfen<br />

lassen. Dabei sei jedoch daran erinnert, dass die katholische Soziallehre<br />

nur eine allgemeine Richtschnur darstellt. Sie liefert keinen konkreten Handlungskatalog.<br />

Die Übertragung derselbigen in verschiedene Kontexte <strong>und</strong> die<br />

Ausarbeitung praktischer Handlungsanweisungen überlässt sie explizit dem<br />

Sachverstand der jeweiligen Fachwissen<strong>schaft</strong>en. Wer also das Unterfangen angeht,<br />

konkrete Implikationen <strong>und</strong> Bewertungskriterien aus den Prinzipien der<br />

katholischen Soziallehre abzuleiten, wird nicht umhinkommen eigene Schritte<br />

zu wagen <strong>und</strong> eigene Sichtweisen <strong>und</strong> Interpretationen anzubieten. Naturgemäß<br />

eröffnet dies stets den Raum für Diskussionen über eventuelle Unvollständigkeiten,<br />

Missinterpretationen oder Fehlgewichtungen.<br />

4.3 Methodisches Vorgehen<br />

57<br />

Die katholische Soziallehre formuliert vier Gr<strong>und</strong>prinzipien (Personalität,<br />

Solidarität, Subsidiarität <strong>und</strong> Nachhaltigkeit), Gr<strong>und</strong>regeln, die Aufbau <strong>und</strong><br />

Organisation der Gesell<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> alle ihrer Bereiche prägen sollen. Die Einhaltung<br />

dieser Regeln führt zur Erreichung der drei Unterziele (Freiheit, Gerechtigkeit<br />

<strong>und</strong> Gemeinwohl), wodurch wiederum die beiden Oberziele (individuelles<br />

Wohlergehen <strong>und</strong> gute Gesell<strong>schaft</strong>sordnung) verwirklicht werden. Da<br />

die Prinzipien im Hinblick auf die Unterziele formuliert wurden, lässt sich eine<br />

Matrix aufspannen, in welcher die Spalten für jeweils ein Gr<strong>und</strong>prinzip <strong>und</strong> die<br />

Zeilen für jeweils ein Ziel stehen. Jedes Ziel ist gleichsam eine Kriteriendimen-


Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Journal of Markets and Ethics<br />

Die <strong>Ethik</strong> der Staatsverschuldung<br />

sion für die Verwirklichung eines Prinzips. In den daraus entstehenden Feldern<br />

soll dann festgehalten werden, welches Kriterium eine Maßnahme zu erfüllen<br />

hat, damit sie unter Berücksichtigung des jeweiligen Prinzips auf die Erreichung<br />

eines bestimmten Ziels hinwirkt. So lässt sich jedes Prinzip in verschiedene Kategorien<br />

aufspalten, von denen sich jede auf ein bestimmtes Ziel bezieht. Dadurch<br />

werden die recht allgemeinen Prinzipien greifbar gemacht <strong>und</strong> auf handfeste<br />

Fragestellungen herunter gebrochen. Wenn also Prinzip A in Spalte A steht<br />

<strong>und</strong> Ziel 1 in Zeile 1, so steht in Feld A1 die Forderung, die Prinzip A aufstellt,<br />

um zur Erreichung von Ziel 1 beizutragen. Oder andersherum gelesen erweitert<br />

Ziel 1 das Prinzip A um eine bestimmte Dimension, fügt ihm sozusagen weitere<br />

Aspekte hinzu. So entsteht eine Matrix der Bewertungskriterien, welche auf beliebige<br />

Politikfelder angewandt werden kann.<br />

Tabelle 1: Erstellung der Kriterienmatrix; Quelle: eigene Erstellung<br />

Prinzip A oder Prinzip A<br />

Kriterium A1<br />

Kriterium A1<br />

Welcher Umstand<br />

Welche Aspekte ergeben<br />

Ziel 1 muss erfüllt sein, damit<br />

A zur Erreichung<br />

von 1 beiträgt?<br />

Ziel 1<br />

sich aus der Be-<br />

rücksichtigung von 1<br />

für A?<br />

Naturgemäß setzen verschiedene Prinzipien verschiedene Schwerpunkte,<br />

so dass es zu einer unterschiedlichen Zahl an Kriterien pro Ziel kommen<br />

kann. Auch gibt es Überschneidungen, sowohl zwischen den verschiedenen Feldern<br />

eines Ziels, als auch zwischen denen eines Prinzips. Es kann daher an einigen<br />

Stellen durchaus strittig sein, welchem Feld ein bestimmtes Kriterium am<br />

sinnvollsten zugeordnet werden sollte. Auch kann es zu leichten Red<strong>und</strong>anzen<br />

bei der Überprüfung der Kriterien kommen.<br />

Um die aufgespannte Matrix zu füllen <strong>und</strong> die Kriterien zu formulieren,<br />

müssen alle Kernforderungen der Prinzipien <strong>und</strong> alle Charakteristika der<br />

Ziele gesammelt <strong>und</strong> zueinander in Bezug gesetzt werden, so dass die einzelnen<br />

Ansätze der Prinzipien den verschiedenen Zielen zugeordnet <strong>und</strong> wenige griffige<br />

Kriterien aus der Fülle der Aspekte herausdestilliert werden können. Diese<br />

Kriterien müssen dann auf die Staatsverschuldungsproblematik zugeschnitten<br />

werden.<br />

Kommen wir zu den Kriterien. Dafür wird jedes der vier Prinzipien mit<br />

jedem der drei Ziele in Beziehung gesetzt. Zuerst wird ein allgemeines Bewertungskriterium<br />

abgeleitet, wie es auch auf andere Politikfelder angewandt werden<br />

könnte. Anschließend wird dieses auf die Staatsverschuldungsthematik<br />

übertragen.<br />

58


Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Journal of Markets and Ethics<br />

Die <strong>Ethik</strong> der Staatsverschuldung<br />

4.4 Kriterien zum Personalitätsprinzip<br />

59<br />

Das Personalitätsprinzip fordert ein Ausgerichtetsein der Politik auf die<br />

Person. Sie soll sich am Wohl des Individuums orientieren, ihm die Entfaltung<br />

seines Personseins in Individualität <strong>und</strong> Sozialität ermöglichen. „Die Wirkungen<br />

allen politischen Handelns [...] sind daran zu messen, inwieweit sie letztlich der<br />

Wohlfahrt <strong>und</strong> den Entfaltungsmöglichkeiten der Menschen zugute kommen.“<br />

(Deutsche Bischofskonferenz, 2003, S. 18.)<br />

Personalität <strong>und</strong> Freiheit<br />

Das Personalitätsprinzip führt zur Verwirklichung von persönlicher<br />

Freiheit <strong>und</strong> ermöglicht die Entfaltung der Persönlichkeit, wenn das Kriterium<br />

der Entfaltungsfreiheit erfüllt ist. Es gilt, diese zu fördern oder möglichst wenig<br />

einzuschränken. Denn ein Individuum, das sich nicht in seiner Persönlichkeit<br />

entwickeln kann, ist aus Sicht der katholischen Soziallehre nicht wirklich frei.<br />

Dies kann ganz gr<strong>und</strong>sätzlich die Wahrung der Menschenrechte bedeuten oder<br />

in der Sozialpolitik die Auszahlung einer Sozialhilfe in Höhe des soziokulturellen<br />

Existenzminimums. Als direkte Verbindung zur Staatsverschuldung könnte<br />

man sehen, dass sie es der gegenwärtigen Generation ermöglicht, sich besser zu<br />

entfalten. Durch Staatsverschuldung verbessert sie die eigene Situation. Da dies<br />

jedoch zu Lasten der folgenden Generationen geht, verletzt sie deren Personalität,<br />

so dass dieses Argument nicht aufgenommen wird. Vielmehr gibt es eine<br />

direkte negative Verbindung von Staatsverschuldung <strong>und</strong> Entfaltungsfreiheit.<br />

Durch die negativen Wachstumswirkungen <strong>und</strong> anderen nachteiligen Auswirkungen<br />

engt Staatsverschuldung die Entfaltungsfreiheit der Zukunft ein.<br />

Daneben gibt es einen indirekten Zusammenhang. Steuern engen die<br />

Entfaltungsfreiheit der Individuen ein. Sie greifen in das persönliche Einkommen<br />

ein <strong>und</strong> reduzieren die Handlungsmöglichkeiten des Individuums. Natürlich<br />

spricht sich die katholische Soziallehre nicht gr<strong>und</strong>sätzlich gegen Steuern<br />

aus. Sie sind notwendig, um ein funktionierendes Gemeinwesen zu erhalten.<br />

Doch soll sich der Staat mäßigen <strong>und</strong> nur gerechte <strong>und</strong> angemessene Steuern<br />

erheben, um dem Wohlergehen der Gesell<strong>schaft</strong> nicht zu schaden (Heiliger Stuhl,<br />

1891, Ziffer 32). Die Steuerlast sollte auch durch einen Bezug zu der zahlenden<br />

Person legitimiert sein. Dies kann ein direkter Nutzen oder die Erfüllung einer<br />

Solidaritätspflicht sein. Staatsverschuldung reduziert zwar in der Gegenwart die<br />

Steuerlast, erhöht diese aber in der Zukunft. Wenn nun zukünftige Steuerzahler<br />

für gegenwärtige Leistungen zahlen müssen, so läuft dies dem Personalitätskriterium<br />

zuwider. Ihre Entfaltungsfreiheit wird eingeengt, ohne dass dem ein<br />

Nutzen oder die Erfüllung einer Pflicht gegenübersteht. Die Lastenverschiebung<br />

durch Staatsverschuldung, d.h. die Erhöhung zukünftiger Steuern für Konsumausgaben<br />

verbietet sich also. Sie ist nur gerechtfertigt, wenn dem ein entsprechender<br />

Nutzen gegenübersteht oder eine gerechtfertigte Solidaritätsleistung.<br />

Ersteres kann durch eine Goldene Regel der Staatsverschuldung erreicht werden,<br />

mit der das »pay as you use«-Prinzip verwirklicht wird. Diese besagt, dass nur in<br />

dem Umfang Schulden aufgenommen werden dürfen, in dem Vermögenswerte<br />

geschaffen werden. Jeder Schuld muss ein Wert gegenüberstehen. So trägt sie


Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Journal of Markets and Ethics<br />

Die <strong>Ethik</strong> der Staatsverschuldung<br />

60<br />

auch den Entfaltungsrechten der gegenwärtigen Generation Rechnung. Auch<br />

sie darf nicht überfordert werden mit der Verpflichtung, alle Lasten für langfristige<br />

Investitionen alleine zu schultern. Für Letzteres muss man sich fragen,<br />

welche intergenerativen Solidaritätspflichten es gibt. Da Eltern <strong>und</strong> Kinder im<br />

Sinne der katholischen Soziallehre füreinander einstehen sollen, kann man<br />

auch eine intergenerative Solidaritätspflicht ableiten, eine gemeinsame Verantwortung<br />

<strong>und</strong> eine gegenseitige Unterstützung in Notsituationen. Damit lässt es<br />

sich aus Sicht des Personalitätsprinzips rechtfertigen, die Lasten für Katastrophen<br />

<strong>und</strong> außerordentliche Ereignisse durch Staatsverschuldung zu verteilen,<br />

wenn sie die Belastungsgrenze einer einzelnen Generation übersteigen. Immerhin<br />

dient die Abwendung einer Katastrophe auch der Erhaltung der Freiheit der<br />

zukünftigen Generationen. Kurzfristige Staatsverschuldung, z.B. für automatische<br />

Stabilisatoren oder Steuerglättung, ist ebenfalls gerechtfertigt, solange die<br />

Kredite tatsächlich auch zeitnah zurückgezahlt werden.<br />

Konkret lässt sich also festhalten: Die Lastenverschiebung durch Staatsverschuldung<br />

ist nur im Zuge einer Goldenen Regel <strong>und</strong> bei Notsituationen<br />

gerechtfertigt. Die Finanzierung von Konsum (inkl. Abschreibungen), d.h. die<br />

Anhäufung ungedeckter Staatsverschuldung, verletzt das Personalitätsprinzip.<br />

Das Kriterium der Entfaltungsfreiheit lässt sich also im Bezug auf die Staatsverschuldung<br />

wie folgt formulieren: Keine Steuern ohne Gegenleistung. Staatsverschuldung<br />

nur kurzfristig oder nur im Rahmen der Goldenen Regel oder bei<br />

Katastrophen.<br />

Personalität <strong>und</strong> Gerechtigkeit<br />

Die Frage der Gerechtigkeit spielt bei Staatsverschuldung eine große<br />

Rolle, allerdings weniger im Bezug auf die Personalität. Allgemein lässt sich<br />

feststellen, dass die Dimension der Gerechtigkeit berücksichtigt wird, wenn das<br />

Kriterium Beteiligungsgerechtigkeit umgesetzt wird, da diese im Zentrum des<br />

Gerechtigkeitsverständnisses der katholischen Soziallehre steht. Sie strebt die<br />

Schaffung von Chancengleichheit an, so dass jeder die Möglichkeit hat, sich gemäß<br />

seiner Begabungen zu entfalten. Es ist z.B. im Bereich der Bildungs- <strong>und</strong><br />

Sozialpolitik von besonderer Bedeutung. Ferner ist das Kriterium Individualität<br />

zu berücksichtigen. D.h., dass nicht alle Fälle über einen Kamm geschoren werden,<br />

sondern dass es Möglichkeiten gibt, die jeweilige Situation zu berücksichtigen.<br />

Denn nur dann ist die Definition von Gerechtigkeit (Jedem das ihm Zustehende<br />

zuteilen, Gleiches gleich <strong>und</strong> Ungleiches ungleich behandeln) erfüllt.<br />

Das Kriterium der Individualität kann jedoch nicht auf die Staatsverschuldung<br />

bezogen werden, es entfällt bei dieser Untersuchung. Ein Staatshaushalt<br />

<strong>und</strong> seine Finanzierung können <strong>und</strong> müssen nicht auf die jeweilige Situation<br />

der Bürger abstellen, genauso wenig wie z.B. die Frage der Rückzahlungen.<br />

Dies ist eine Frage des Steuersystems. Insofern gibt es einen gewissen Bezug,<br />

als sich bei der Bedienung von Schulden die Lastenverteilung innerhalb einer<br />

Generation an individuellen Kriterien, wie dem Einkommen, orientieren muss.<br />

Aber das ist, wie gesagt, keine Frage dieser Arbeit.<br />

Bei dem Kriterium der Beteiligungsgerechtigkeit kommen die höhere<br />

Steuerbelastung <strong>und</strong> die negativen Auswirkungen der Staatsverschuldung zum<br />

Tragen. Aufgr<strong>und</strong> des niedrigeren Wachstums <strong>und</strong> der höheren Steuerlast, welche<br />

die verschiedenen Generationen zu tragen haben, führt Staatsver-


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Journal of Markets and Ethics<br />

Die <strong>Ethik</strong> der Staatsverschuldung<br />

schuldung zu einer Reduktion der intergenerativen Chancengleichheit. Wenn<br />

frühere Generationen eine hohe Staatsverschuldung angehäuft haben, dann<br />

steigt die Belastung für spätere Generationen, so dass diesen weniger Spielräume,<br />

z.B. für Forschung <strong>und</strong> Bildung bleibt. Somit reduzieren sich ihre Chancen,<br />

das eigene Wohlergehen zu mehren. Dieser Eingriff verletzt die Personalität<br />

<strong>und</strong> widerspricht der Gerechtigkeit. Gr<strong>und</strong>sätzlich darf die gegenwärtige Politik<br />

nicht die Entfaltungschancen späterer Generationen mindern. Es scheint daher<br />

angebracht, das Kriterium der Beteiligungsgerechtigkeit inhaltlich etwas zu dehnen<br />

<strong>und</strong> die Chancengleichheit auf die Handlungsfreiräume einer Generation<br />

zu beziehen.<br />

Personalität <strong>und</strong> Gemeinwohl<br />

Die Gemeinwohlorientierung verlangt, dass das Kriterium Einzelwohl eingehalten<br />

wird. Denn Gemeinwohl setzt sich zusammen aus den verschiedenen<br />

Einzelwohlen <strong>und</strong> darf nicht auf deren Kosten gehen. Daher muss eine Maßnahme<br />

auch das Wohl der tatsächlich Betroffenen fördern <strong>und</strong> darf nicht nur<br />

der Gesell<strong>schaft</strong> Vorteile bringen. Z.B. könnte Euthanasie mit dem Verweis auf<br />

Vorteile für die Gesell<strong>schaft</strong>, wie z.B. Kostenersparnis, begründet werden. Dem<br />

steht dieses Kriterium, wie auch dasjenige der Entfaltungsfreiheit entgegen. Der<br />

Einzelne darf nicht verrechnet werden. Eine gute Politik muss auch die Wirkung<br />

auf den Einzelnen im Auge haben. Allgemein könnte man sagen, dass die negativen<br />

Auswirkungen der Staatsverschuldung dem Einzelwohl widersprechen.<br />

Konkret kann man hier auf die intergenerative Verteilungswirkung der Staatsverschuldung<br />

abstellen. Wenn einzelne Bevölkerungsgruppen schlechter gestellt<br />

werden, so kann das Einzelwohl-Kriterium dadurch verletzt werden.[2] Doch<br />

muss dieses Kriterium in Relation zum Solidaritätsprinzip gesehen werden, da<br />

es auch gewünschte Umverteilung gibt. Progressive Steuern zum Beispiel stellen<br />

bewusst eine bestimmte Gruppe schlechter. Allerdings lässt sich dies u.U. rechtfertigen,<br />

indem man auf die Vorteile verweist, die auch den belasteten Gruppen<br />

daraus entwachsen. Sie könnten z.B. ein eigenes Interesse an Dingen wie gesell<strong>schaft</strong>licher<br />

Stabilität haben <strong>und</strong> daher bereit sein zu zahlen. Bei den negativen<br />

Auswirkungen von zu hoher Staatsverschuldung <strong>und</strong> der durch sie verursachten<br />

intragenerativen Umverteilung fällt es schwer, solch eine Rechtfertigung zu<br />

finden. Das Einzelwohl-Kriterium kann also auf die Verschuldungspolitik übertragen<br />

werden, indem man daraus die Forderung ableitet, keine unerwünschte<br />

Umverteilung oder Effizienzverluste auszulösen.<br />

61<br />

[2] Hier lässt sich eine Parallele zum ökonomischen Pareto-Prinzip ziehen.


Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

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Die <strong>Ethik</strong> der Staatsverschuldung<br />

4.5 Kriterien zum Solidaritätsprinzip<br />

62<br />

Das Solidaritätsprinzip setzt im Sinne des »Verstricktseins der Glieder«<br />

auf eine gemeinsame Verantwortung aller Gesell<strong>schaft</strong>sglieder für die Erreichung<br />

der Ziele <strong>und</strong> die Verwirklichung einer guten Gesell<strong>schaft</strong>sordnung.<br />

Solidarität <strong>und</strong> Freiheit<br />

Um die Freiheit zu wahren, muss die Solidarität das Kriterium der Entscheidungsfreiheit<br />

achten. Es soll solidarische Hilfe gewährt werden, aber diese<br />

darf nicht zu einer Bevorm<strong>und</strong>ung der Empfänger führen. Es muss ihnen erlaubt<br />

sein, ihre persönlichen Präferenzen zu verwirklichen. Demnach darf Solidarität<br />

nicht zu einer Bevorm<strong>und</strong>ung einzelner Personen oder in unserem Fall,<br />

einzelner Generationen führen. Die Handlungsfreiheit <strong>und</strong> die Möglichkeit,<br />

selber über die Verwendung von Mitteln zu entscheiden, darf nicht durch frühere<br />

Schulden eingeschränkt werden (vgl. z.B. Deutsche Bischofskonferenz, 2009,<br />

S. 34). Hier sind gewisse Überschneidungen zu den Personalitätskriterien der<br />

Entfaltungsfreiheit <strong>und</strong> Beteiligungsgerechtigkeit erkennbar. Allerdings wird<br />

durch dieses Kriterium die Staatsverschuldung noch stärker eingedämmt: es<br />

hinterfragt die Legitimität der Goldenen Regel, welche ja spätere Generationen<br />

verpflichtet, sich an den Kosten früherer Entscheidungen zu beteiligen. Gäbe<br />

es nur diese Regel, müsste man die Goldene Regel verbieten. Im Kontext der<br />

anderen Kriterien <strong>und</strong> angesichts des Interesses späterer Generationen an dem<br />

Vorhandensein bestimmter Infrastruktur, lässt sich die Goldene Regel dennoch<br />

nicht ganz verwerfen. Allerdings werden ihr enge Grenzen gesetzt. Es sollte ihr<br />

ein enger Investitionsbegriff zugr<strong>und</strong>e liegen. Entscheidungsfreiheit heißt aber<br />

auch, dass jede Generation für sich selbst möglichst frei die angemessenen Mittel<br />

wählen darf. Solange also keine Abwälzung auf die Zukunft vorgenommen<br />

wird, kann das Verschuldungsinstrumentarium z.B. für Steuerglättung genutzt<br />

werden.<br />

Solidarität <strong>und</strong> Gerechtigkeit<br />

Die Dimension der Gerechtigkeit steht bei dem Solidaritätsprinzip besonders<br />

im Mittelpunkt. Hier ergeben sich zwei zu erfüllende Kriterien: Verteilungsgerechtigkeit<br />

bringt zum Ausdruck, dass die Solidarität zu einer gerechten<br />

Versorgung aller mit den notwendigen Gütern führt. Jeder erhält das was ihm<br />

zusteht. Dies ist natürlich eine dehnbare Definition, da das Verständnis darüber,<br />

was jedem zusteht, zwischen den Gesell<strong>schaft</strong>en <strong>und</strong> Individuen variiert. Letztlich<br />

muss diese Frage immer von der Politik geklärt werden. Auf jeden Fall aber<br />

muss das Existenzminimum gesichert sein, <strong>und</strong> die solidarische Unterstützung<br />

muss ausreichen, um das Kriterium der Entfaltungsfreiheit zu erfüllen. Damit<br />

Solidarität gerecht ausgestaltet ist, muss nicht nur jeder seinen Anteil erhalten,<br />

sondern es müssen auch alle dazu beitragen, diese Hilfeleistung zu erbringen.<br />

Dies kommt im Kriterium Universalität zum Ausdruck. Es darf nicht sein, dass<br />

sich manche Gruppen aus der Verantwortung stehlen. Die Lasten der solidarischen<br />

Hilfe müssen gleichmäßig über die Gesell<strong>schaft</strong> verteilt werden.<br />

Im Hinblick auf die Staatsverschuldung geht es um eine angemessene<br />

Verteilung des Nutzens <strong>und</strong> der Lasten. Das Kriterium der Universalität ist


Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

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Die <strong>Ethik</strong> der Staatsverschuldung<br />

63<br />

einfach auf die Staatsverschuldung zu übertragen. Wenn es eine Notsituation<br />

gibt, welche eine Unterstützung durch andere erfordert, so sollen auch alle an<br />

der Aufbringung der notwendigen Ressourcen beteiligt werden. Somit lässt sich<br />

die Verteilung der Lasten für die Bewältigung besonderer Ereignisse über mehrere<br />

Generationen mit Hilfe der Staatsverschuldung rechtfertigen. Allerdings<br />

umfasst die Universalität auch die Ausgangsgeneration. Das häufig zu beobachtende<br />

Vorgehen, dass sämtliche Lasten über die Verschuldung in die Zukunft<br />

verschoben werden, ist unter den Maßgaben der katholischen Soziallehre nicht<br />

zu rechtfertigen (Deutsche Bischofskonferenz, 2009, S. 35). Um die Ausgangsgeneration<br />

an den Lasten der jeweiligen Krise zu beteiligen, wäre es denkbar, eine<br />

zeitnah einsetzende Pflicht zur Aufnahme der Rückzahlung festzuschreiben.<br />

Das zweite Kriterium im Spannungsfeld von Solidarität <strong>und</strong> Gerechtigkeit<br />

ist die Verteilungsgerechtigkeit. Im Bezug auf andere Politikfelder ist die<br />

Bedeutung offensichtlich. Im Bezug auf die Staatsverschuldung ist wieder etwas<br />

Übertragungsarbeit notwendig. Hier geht es in erster Linie um die Verbindungen<br />

zwischen verschiedenen Generationen. Eine gezielte Umverteilung von<br />

reicheren zu ärmeren Generationen ist kaum möglich, da die vergangenen Generationen<br />

nicht mehr beeinflusst werden können <strong>und</strong> über die Lage der zukünftigen<br />

Unklarheit herrscht. Im Falle der Staatsverschuldung ist das Gerechtigkeitsgebot<br />

weniger eine Aufforderung zur Umverteilung, als vielmehr eine<br />

Sperre gegen ungerechtfertigte Umverteilung. Gerechtigkeit, definiert als »jedem<br />

das Seine zukommen lassen«, heißt auch, dass niemandem weggenommen<br />

werden darf, was ihm zusteht. Damit ist eine konsumorientierte Umverteilung<br />

zwischen den Generationen ausgeschlossen. Solidarität zwischen den Generationen<br />

heißt, wie bei der Universalität gezeigt wurde, Beteiligung an den Kosten<br />

von Katastrophen, andererseits aber auch, dass die zukünftigen Generationen<br />

nicht von der Gegenwart ausgebeutet werden. Aus der Verteilungsgerechtigkeit<br />

wird daher eine Lastengerechtigkeit. Es dürfen nur Lasten weitergegeben werden,<br />

denen ein entsprechender Nutzen gegenübersteht. Auch dieses Kriterium<br />

lässt Staatsverschuldung also höchstens im Rahmen einer Goldenen Regel oder<br />

für Katastrophen zu. In diesem Kontext ist auch die Frage der Abschreibungen<br />

von Investitionen anzusiedeln. Sollten kreditfinanzierte Investitionen erlaubt<br />

sein, so müssen diese angemessen abgeschrieben werden, so dass die Schulden<br />

entsprechend der Nutzung getilgt werden. Kosten für kurzfristige Maßnahmen,<br />

wie Steuer- oder Konjunkturglättung sind zeitnah, d.h. innerhalb eines Konjunkturzyklus<br />

aufzubringen. Kreditfinanzierte Konsumausgaben sind auf jeden<br />

Fall abzulehnen.<br />

Solidarität <strong>und</strong> Gemeinwohl<br />

Auch aus dem Ziel Gemeinwohl ergeben sich zwei Forderungen. Zum<br />

einen muss die Solidarität auf Gegenseitigkeit beruhen. Auch die Empfänger der<br />

Hilfe haben eine Bringschuld, welche von der Politik aktiv eingefordert werden<br />

muss. Sie sollen sich so gut als möglich an der Gesell<strong>schaft</strong> revanchieren,<br />

also eine Gegenleistung erbringen, oder versuchen, sich so bald wie möglich aus<br />

der Hilfsbedürftigkeit befreien. Zum anderen soll die Politik auch dem Gesell<strong>schaft</strong>swohl<br />

dienen. Ein Negativbeispiel war das regelmäßige Ansteigen der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen<br />

vor Wahlen. Sie waren solidarisch finanziert <strong>und</strong><br />

sollten zugunsten der Empfänger wirken. Aber letztendlich halfen sie nichts, da


Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Journal of Markets and Ethics<br />

Die <strong>Ethik</strong> der Staatsverschuldung<br />

es nur wahlkampfgetriebene Strohfeuer waren. Eine solche Politik kann nicht<br />

mit dem Solidaritätsprinzip gerechtfertigt werden, da es ihr an Solidarität mit<br />

den Beitragszahlern ermangelt. Eine Nichtberücksichtigung dieser Kriterien<br />

würde zu einer einseitigen Interpretation von Solidarität zu Lasten der Leistenden<br />

führen. Sie würde der Balance aus Individualität <strong>und</strong> Sozialität, Einzelwohl<br />

<strong>und</strong> Gesell<strong>schaft</strong>swohl, welche immanenter Bestandteil der Definition von Gemeinwohl<br />

ist, nicht gerecht.<br />

Das Kriterium der Gegenseitigkeit dürfte auf der intergenerativen Ebene<br />

schwer zu operationalisieren sein <strong>und</strong> hat daher nur eine untergeordnete Relevanz<br />

für Staatsverschuldungsfragen. Natürlich könnte man Fragen nach der<br />

Nützlichkeit der durch Verschuldung finanzierten Ausgaben hier subsumieren,<br />

doch passen diese besser zum folgenden Kriterium. Dieses Kriterium entfällt daher<br />

hier.<br />

Die Forderung nach der Berücksichtigung des Gesell<strong>schaft</strong>swohls klingt<br />

in diesem Zusammenhang fast wie ein Pleonasmus. Natürlich wird erwartet,<br />

dass alle politischen Maßnahmen diesem Ziel folgen. Dennoch schadet es nicht,<br />

dieses Kriterium expressis verbis aufzuführen. Es fordert, dass nur für solche<br />

Maßnahmen Schulden aufgenommen werden, die auch tatsächlich das Gemeinwohl<br />

aller Betroffenen erhöhen. Auch muss der Nutzen der jeweiligen Maßnahme<br />

höher sein als die Nachteile aus der Verschuldung. Hier sind die empirischen<br />

Erkenntnisse zur Wirksamkeit kreditfinanzierter Ausgaben zu berücksichtigen.<br />

Bedenkt man die negativen Erfahrungen mit der diskretionären Fiskalpolitik, so<br />

könnte man sie unter der Maßgabe dieses Kriteriums verwerfen.<br />

4.6 Kriterien zum Subsidiaritätsprinzip<br />

Das Subsidiaritätsprinzip zielt auf eine optimale Verteilung der Kompetenzen<br />

<strong>und</strong> Aufgaben zwischen den Ebenen. Mit seinen beiden Elementen der<br />

Abgrenzung <strong>und</strong> der Unterstützung fordert es eine Ansiedlung der Verantwortung<br />

möglichst weit unten, betont aber gleichzeitig die Hilfspflicht der höheren<br />

Ebenen. Es ist ein Organisationsprinzip, das Gesell<strong>schaft</strong>saufbau <strong>und</strong> Kompetenzverteilung<br />

im Blick hat. Somit ist es für Fragen der Staatsverschuldung von<br />

untergeordneter Bedeutung, weshalb hier auf eine detaillierte Diskussion verzichtet<br />

wird. Diese findet sich in Koch (2012).<br />

4.7 Kriterien zum Nachhaltigkeitsprinzip<br />

64<br />

Nachhaltige Politik behält den langfristigen Nutzen <strong>und</strong> Erfolg einer<br />

Maßnahme im Auge. Sie achtet darauf, dass dieser wirksam <strong>und</strong> sinnvoll ist <strong>und</strong><br />

behält die Interessen der späteren Generationen oder allgemeiner, der zukünf-


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Die <strong>Ethik</strong> der Staatsverschuldung<br />

tigen Akteure, im Auge. Das Prinzip der Nachhaltigkeit mit seiner Frage nach<br />

der langfristigen Wirkung <strong>und</strong> Vorteilhaftigkeit ist zweifelsohne zentral für die<br />

Betrachtung der Staatsverschuldung.<br />

Nachhaltigkeit <strong>und</strong> Freiheit<br />

Um die zukünftige Freiheit zu wahren, erfüllt gute Politik das Kriterium<br />

der Handlungsfreiheit <strong>und</strong> erhält künftigen Generationen die Spielräume,<br />

um angemessen auf die Herausforderungen ihrer Zeit reagieren zu können.<br />

Dies gilt im Allgemeinen, wie auch für die Staatsverschuldung. Die gegenwärtige<br />

Politik hat stets dafür Sorge zu tragen, dass die Folgen ihrer Politik nicht<br />

die Handlungsspielräume der Zukunft beschränken. Betrachtet man den Anstieg<br />

der Zinslastquote in den letzten Jahrzehnten, so sieht man, dass dem keine<br />

Rechnung getragen wurde.<br />

Nachhaltigkeit <strong>und</strong> GerechtigkeitNachhaltige Politik bürdet der Zukunft<br />

auch keine Lasten auf, die zu tragen Verantwortung der gegenwärtigen<br />

Akteure wäre. Folglich achtet sie darauf, dass die gegenwärtige Politik keine<br />

langfristig negativen Auswirkungen hat. Mit diesem Kriterium der Intertemporalen<br />

Gerechtigkeit wird das Ziel der Gerechtigkeit unterstützt. Betrachtet<br />

man die zahlreichen negativen wirt<strong>schaft</strong>lichen <strong>und</strong> politischen Folgen der<br />

Staatsverschuldung, so dürfte hier das deutlichste Argument gegen eine unbeschränkte<br />

Anhäufung von Krediten vorliegen. Von den Wachstumsverlusten<br />

über die Ausbeutung späterer Generationen bis hin zu den Inflationsängsten<br />

entfaltet Staatsverschuldung ein ganzes Portfolio negativer Auswirkungen (vgl.<br />

z.B. Elmendorf/Mankiw, 1999; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirt<strong>schaft</strong>lichen<br />

Entwicklung, 2007; Berthold/Koch, 2010). Staatsverschuldung<br />

muss daher aus Sicht der katholischen Soziallehre beschränkt <strong>und</strong> eng reglementiert<br />

werden. Da, wo der Nutzen klar überwiegt, ist sie zulässig, alle anderen<br />

Fälle sind zu unterbinden.<br />

Nachhaltigkeit <strong>und</strong> Gemeinwohl<br />

Damit diese Beschränkung einen Sinn macht, fordert das Kriterium<br />

der Effektivität, dass die Regelungen so ausgestaltet werden, dass das Politikziel<br />

auch tatsächlich erreicht wird. Getroffene Maßnahmen müssen langfristig<br />

wirksam <strong>und</strong> sinnvoll sein; d.h. das Politikziel muss durch sie auch tatsächlich<br />

erreicht werden. Außerdem darf sie nicht nur auf kurzfristige Vorteile bedacht<br />

sein, sondern muss auf eine langfristig positive Wirkung für die Gesell<strong>schaft</strong><br />

setzen. Eine Regelung wie der frühere Artikel 115 GG, der keine faktische Wirkung<br />

entfaltet (vgl. Nebel, 2005), ist nicht Sinn der Sache. Eine Begrenzungsregel<br />

für die Staatsverschuldung muss daher den polit-ökonomischen Gegebenheiten<br />

Rechnung tragen <strong>und</strong> die implizite Staatsverschuldung mit berücksichtigen.<br />

Zu guter Letzt lässt sich noch das Kriterium der Langfristigkeit ableiten.<br />

Wenn untersucht wird, ob eine Maßnahme nutzenstiftend ist, z.B. Konjunkturpakete,<br />

so ist zwischen den kurz- <strong>und</strong> langfristigen Folgen zu unterscheiden.<br />

Wenn diese auseinanderfallen, sind die langfristigen für die Gesamtbewertung<br />

entscheidend.<br />

65


Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

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Die <strong>Ethik</strong> der Staatsverschuldung<br />

4.8 Kriterienmatrix zur Evaluation der Verschuldungspolitik<br />

Diese Kriterien für eine aus Sicht der katholischen Soziallehre guten Verschuldungspolitik<br />

lassen sich in einer Kriterienmatrix zusammenfassen:[3]<br />

Tabelle 2: Normative Bewertungskriterien Staatsverschuldung;<br />

Quelle: eigene Erstellung.<br />

66<br />

[3] Zur Diskussion einer eventuellen anderen Interpretation der katholischen Soziallehre,<br />

vgl. Koch (2012).


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Journal of Markets and Ethics<br />

Die <strong>Ethik</strong> der Staatsverschuldung<br />

4.9 Gesamtaussage<br />

Anhand dieser Matrix lassen sich verschiedene institutionelle Arrangements<br />

zur Staatsverschuldung evaluieren. Es lässt sich überprüfen, inwieweit<br />

ein bestimmter Umgang mit Staatsverschuldung ethisch zulässig ist oder eben<br />

nicht.<br />

Insgesamt offenbart diese detaillierte Analyse eine kritische Sichtweise<br />

der katholischen Soziallehre auf die Staatsverschuldung. Sie wird nur in sehr engen<br />

Grenzen gutgeheißen. Der Gedanke, dass keine Lastenverschiebung auf die<br />

Zukunft erfolgen sollte, zieht sich wie ein roter Faden durch die Analyse. Diese<br />

gründliche Untersuchung auf Basis einer konsensfähigen <strong>und</strong> detailliert ausgearbeiteten<br />

ethischen Lehre untermauert die landläufige Beurteilung der Staatsverschuldung.<br />

Es bestätigt sich die gängige Einschätzung, dass Staatsverschuldung<br />

ungerecht <strong>und</strong> moralisch fragwürdig sei. Sie ist zulässig als Instrument zur<br />

Bewältigung außergewöhnlicher Krisen, im Rahmen einer strikten Goldenen<br />

Regel oder wenn es keine langfristigen Auswirkungen gibt, denkbar wäre z.B.<br />

ein kurzfristiger Schwankungspuffer. Konsumptive Verschuldung, ständig steigende<br />

Schuldenberge, nicht durch Gegenwerte gedeckte Kredite hingegen sind<br />

aus ethischer Sicht abzulehnen.<br />

5 Das Verhältnis ethischer <strong>und</strong> ökonomischer Aussagen<br />

zur Staatsverschuldung<br />

67<br />

In vielen Bereichen wird ein Widerspruch zwischen Moral <strong>und</strong> Ökonomie,<br />

zwischen <strong>Ethik</strong> <strong>und</strong> Effizienz beklagt. Wie gestaltet sich das Verhältnis der<br />

beiden Pole im Bezug auf die Staatsverschuldung?<br />

Für die Antwort bedarf es einer kurzen Übersicht über die Theorie der<br />

Staatsverschuldung (vgl. dazu z.B. Elmendorf/Mankiw, 1999; Sachverständigenrat<br />

zur Begutachtung der gesamtwirt<strong>schaft</strong>lichen Entwicklung, 2007; Berthold/Koch,<br />

2010). Es besteht heute weitgehender Konsens über die mehrheitlich negativen<br />

Auswirkungen überbordender Staatsverschuldung, obgleich sie in engen Grenzen<br />

ein wertvolles Instrument sein kann. Ihr Wert ist unbestritten bei der Bewältigung<br />

besonderer Krisen oder wenn sie nur kurzfristig eingesetzt wird, wie<br />

für die Finanzierung automatischer Stabilisatoren <strong>und</strong> zur Steuerglättung. Im<br />

Rahmen einer eng definierten Goldenen Regel kann auch eine längerfristige<br />

Verschuldung zur Finanzierung von Investitionen hilfreich sein. Allerdings nur,<br />

wenn sich diese Regel auf die Nettoinvestitionen bezieht, also wenn Abschreibungen<br />

berücksichtigt werden <strong>und</strong> jeder Verbindlichkeit ein entsprechender<br />

Wert gegenüber steht. Staatsverschuldung führt zu einer unerwünschten inter<strong>und</strong><br />

intragenerativen Umverteilung, senkt den Wohlstand zukünftiger Generationen,<br />

verschiebt Lasten in die Zukunft <strong>und</strong> induziert politische Probleme.<br />

Koch (2012) entwickelt eine ökonomische Kriterienmatrix, welche erstmals<br />

den aktuellen Stand der Forschung zur Theorie der Staatsverschuldung,


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Die <strong>Ethik</strong> der Staatsverschuldung<br />

aber auch zur politischen Ökonomie der Staatsverschuldung <strong>und</strong> zur impliziten<br />

Verschuldung vereint, zentrale Thesen zusammenfasst <strong>und</strong> diese operationalisiert.<br />

Tabelle 3: Ökonomische Bewertungskriterien Staatsverschuldung; Quelle: Koch (2011)<br />

68<br />

Das hohe Maß an Übereinstimmung zwischen ethischen <strong>und</strong> ökonomischen<br />

Anforderungen an einen guten Umgang mit Staatsverschuldung sticht<br />

deutlich ins Auge. Dies beginnt bereits bei den Zielen, die von beiden Bereichen<br />

vorgegeben werden. Das Ziel, Lastenüberwälzung zu vermeiden, dient der Gerechtigkeit<br />

zwischen den Generationen, sichert die Freiheit kommender Generationen<br />

<strong>und</strong> steigert langfristig das Gemeinwohl. Das Flexibilitätsziel soll die<br />

(Handlungs-) Freiheit der gegenwärtigen Generation sichern, wirt<strong>schaft</strong>liche<br />

Nachteile verhindern <strong>und</strong> somit das Gemeinwohl steigern. Die Möglichkeit, die<br />

Kosten großer Krisen zu verteilen dient der Gerechtigkeit zwischen den Generationen.<br />

Ökonomische <strong>und</strong> normative Ziele sind also offenk<strong>und</strong>ig synchron.<br />

Wenn man die einen erreicht, erfüllt man auch die anderen. Dies gilt auch umgekehrt:<br />

Eine Regelung, die Gerechtigkeit, Freiheit <strong>und</strong> Gemeinwohl verwirklicht,<br />

wird auch die beiden ökonomischen Ziele erreichen. Es lässt sich somit<br />

eine Zielkongruenz konstatieren.<br />

Ähnlich sieht es auch bei den konkreten Forderungen aus. Stellt man<br />

alle Kriterien gegenüber, so fällt auf, dass es zwar keine 1:1 Deckungsgleichheit<br />

der Kriterien gibt, dafür aber zahlreiche Überschneidungen. Z.B. wird das Kriterium<br />

der Beteiligungsgerechtigkeit erfüllt, indem alle Verschuldungsarten<br />

berücksichtigt werden, die Entstehung ungedeckter Verschuldung verhindert<br />

wird <strong>und</strong> neu aufgenommene Schulden zurückgeführt werden. Umgekehrt<br />

ausgedrückt dient das Kriterium „Alle Verschuldungsarten“ dazu, Beteiligungs-


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Die <strong>Ethik</strong> der Staatsverschuldung<br />

gerechtigkeit, Entscheidungs- <strong>und</strong> Handlungsfreiheit herzustellen. Die Gegenüberstellung<br />

zeigt, dass die ökonomischen Kriterien viel konkreter sind. Es lässt<br />

sich schwer sagen, »die Herstellung von Beteiligungsgerechtigkeit verwirklicht<br />

das Kriterium, alle Verschuldungsarten abzudecken.« Dieses Ergebnis war jedoch<br />

zu erwarten. Immerhin will die katholische Soziallehre keine konkreten<br />

Maßnahmen vorschreiben. Sie will vielmehr Richtschnur sein, anhand derer verschiedene<br />

Fachdisziplinen konkrete Maßnahmenbündel erarbeiten können. Genau<br />

diese Aufgabe erfüllt sie hier auch.<br />

Drei Beobachtungen stechen ins Auge:<br />

1. Alle Kriterien der einen Seite werden auch durch Kriterien der<br />

anderen Seite abgedeckt.<br />

2. Ein Großteil der normativen Kriterien wird durch die ersten vier<br />

ökonomischen Kriterien abgedeckt, während die letzten sechs ökonomischen<br />

nur mit zwei normativen Kriterien korrelieren.<br />

3. Das Kriterium „Keine ungedeckte Verschuldung“ scheint aus<br />

normativer Sicht von besonderer Bedeutung zu sein.<br />

Zu 1. Jedes ökonomische Kriterium hat korrelierende normative Kriterien<br />

<strong>und</strong> umgekehrt. Lediglich die beiden normativen Kriterien „Gesell<strong>schaft</strong>swohl“<br />

<strong>und</strong> „Organisationsfreiheit“ werden nicht direkt widergespiegelt. Auch<br />

diese beiden werden jedoch implizit berücksichtigt. Wenn die Staatsverschuldung<br />

tatsächlich wirksam begrenzt wird, dann wird damit automatisch die Organisationsfreiheit<br />

geschützt <strong>und</strong> das Gesell<strong>schaft</strong>swohl gefördert. Lediglich ein<br />

Aspekt des Gesell<strong>schaft</strong>swohl-Kriteriums lässt sich nicht direkt operationalisieren,<br />

nämlich die Forderung, dass der Nutzen einer konkreten Maßnahme die<br />

Kosten der dafür aufgenommenen Verschuldung übersteigt. Indirekt wird jedoch<br />

auch dieser Punkt teilweise durch das Verbot ungedeckter Verschuldung<br />

<strong>und</strong> die Rückzahlungspflicht abgedeckt. Die beiden Bewertungsmatrizen sind<br />

also deckungsgleich. Die normativen Forderungen sind ökonomisch sinnvoll<br />

<strong>und</strong> die ökonomischen Forderungen sind legitim <strong>und</strong> verwirklichen die normativen<br />

Ziele.<br />

Zu 2. Die ersten vier ökonomischen Kriterien beschäftigen sich mit der<br />

inhaltlichen Beschaffenheit einer Budgetregel. Die letzten sechs hingegen zielen<br />

auf die Wirksamkeit <strong>und</strong> Durchsetzbarkeit ab. Betrachtet man die Beziehung zu<br />

den normativen Kriterien, sticht ins Auge, dass sich die ersten 11 normativen Kriterien<br />

alle auf die ersten vier ökonomischen Kriterien beziehen. Auf die letzten<br />

sechs ökonomischen Kriterien beziehen sich nur die letzten zwei normativen<br />

Kriterien. Dies unterstreicht wieder den Umstand, dass die katholische Soziallehre<br />

nur Ziele <strong>und</strong> inhaltliche Kriterien definiert. Sie fragt nicht nach dem Weg<br />

zu deren Erreichung, sondern fordert die Fachdisziplinen dazu auf, diesen zu<br />

erarbeiten. Ein konkretes ökonomisches Modell hingegen muss auch die Durchsetzbarkeit<br />

im Auge haben.<br />

Zu 3. Das ökonomische Kriterium „Keine ungedeckte Verschuldung“<br />

korreliert mit acht normativen Kriterien <strong>und</strong> damit mit so vielen wie kein anderes.<br />

Dies zeigt, wie zentral dieser Punkt ist <strong>und</strong> welche erheblichen normativen<br />

69<br />

Auswirkungen es hat, wenn Lasten an die Zukunft verschoben werden.


Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

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Die <strong>Ethik</strong> der Staatsverschuldung<br />

6. Fazit<br />

Diese Arbeit wirft einen Blick über den Tellerrand der Volkswirt<strong>schaft</strong>slehre<br />

hinaus <strong>und</strong> fragt nach der Legitimität <strong>und</strong> der ethischen Beurteilung der<br />

Staatsverschuldung. Dies geht von der Erkenntnis aus, dass ein gesell<strong>schaft</strong>lich<br />

so weitreichendes politisches Arrangement wie der Umgang mit Staatsverschuldung<br />

auch das normative Empfinden der Bürger widerspiegeln muss. Dass die<br />

gesell<strong>schaft</strong>liche Akzeptanz <strong>und</strong> Durchsetzbarkeit einer Regel von einer Legitimität<br />

abhängt, die auf Effizienz <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong> gleichermaßen fußt. Unbewusst<br />

wird diese Auffassung in weiten Teilen der Ökonomie geteilt, was sich daran<br />

zeigt, dass viele Arbeiten zur Staatsschuldbegrenzung auf Gerechtigkeitsaspekte<br />

<strong>und</strong> moralische Verpflichtungen Bezug nehmen. Sie kranken jedoch daran, dass<br />

ihre Annahme der ethischen Fragwürdigkeit von Staatsverschuldung unbegründet<br />

bleibt. Dadurch stehen sie auf wackeligen Füßen. Diese Lücke wird hier geschlossen.<br />

Eine Analyse auf Basis der katholischen Soziallehre belegt die Zielkongruenz<br />

von normativen <strong>und</strong> ökonomischen Anforderungen an die Fiskalpolitik.<br />

Es wird gezeigt, dass die Begrenzung von Staatsverschuldung nicht nur ökonomisch,<br />

sondern auch ethisch geboten ist. Die ökonomische Theorie <strong>und</strong> die<br />

katholische Soziallehre kommen zu deckungsgleichen Forderungen im Bezug<br />

auf die Staatsverschuldung. Ökonomische <strong>und</strong> normative Forderungen an die<br />

Staatsverschuldung sind synchron. Ein wirksames Begrenzungsregime, wie es<br />

sich aus der Theorie der Staatsverschuldung als sinnvoll ableiten lässt, erfüllt<br />

auch die Forderungen der katholischen Soziallehre. Umgekehrt wird eine Begrenzungsregel,<br />

die der katholischen Soziallehre widerspricht, auch ökonomisch<br />

nachteilig sein.<br />

Es ist moralisch wie ökonomisch gleichermaßen wünschenswert, dass<br />

Staatsverschuldung nur in engen Grenzen zugelassen wird. Sie kann kurzfristig<br />

genutzt werden oder in besonderen Krisensituationen ggf. auch im Rahmen einer<br />

Goldenen Regel. Langfristiger konsumptiver <strong>und</strong> nicht durch Gegenwerte<br />

gedeckte Verschuldung hingegen ist ein Riegel vorzuschieben. Für eine wirksame<br />

Begrenzung von Staatsverschuldung einzutreten ist das Gebot der ökonomischen<br />

Vernunft, wie auch ethische Verpflichtung.<br />

Koch (2012) greift diese Erkenntnis auf <strong>und</strong> übersetzt sie in einen konkreten<br />

Vorschlag, wie eine Regel zum Umgang mit Staatsverschuldung ausgestaltet<br />

werden könnte, so dass – auch unter Berücksichtigung politischer Realitäten –<br />

ein ebenso effizienter wie ethische richtiger Umgang mit derselben gewährleistet<br />

werden kann.<br />

70


Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Journal of Markets and Ethics<br />

Die <strong>Ethik</strong> der Staatsverschuldung<br />

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Journal of Markets and Ethics<br />

Titel des Artikels Titel des Artikels Titel des<br />

Artikels Titel des Artikels<br />

What Is “Acting Ethically” in the Crisis?<br />

A Bonhoefferian Christian Discipleship Perspective.<br />

– von Walton Padelford<br />

15 Seiten<br />

Sprache: englisch<br />

Keywords: Ethics, personal<br />

integrity, ethical conflict,<br />

Bonhoeffer, <strong>Ethik</strong>, persönliche<br />

Integrität, ethischer<br />

Konflikt, Bonhoeffer<br />

Abstract<br />

Dietrich Bonhoeffer, famous 20th century theologian and conspirator<br />

against the Hitler regime is an outstanding example of ethical courage.<br />

In his early theological work Bonhoeffer taught that Christians may not<br />

use weapons against each other because that would be using weapons<br />

against Christ himself. Pacifism was his means of resisting the Nazi regime.<br />

After several years, through the offices of his brother-in-law, Hans<br />

von Dohnanyi, Bonhoeffer took a position with the Abwehr, the military<br />

counter-intelligence service. It was here that he entered into a conspiracy<br />

against Hitler. Bonhoeffer’s adult life was formed by a pressure-filled<br />

crisis. It is from the decisions of his life and his teaching in his books<br />

including Ethics that some moral compass may be fo<strong>und</strong> which can help<br />

the worker, manager or executive to live with integrity in various deteriorating<br />

ethical situations.<br />

Zusammen fassung<br />

Dietrich Bonhoeffer, ein berühmter Theologe des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>und</strong> im<br />

Widerstand gegen das Hitlerregime, ist ein herausragendes Beispiel ethischer<br />

Courage. In seinem frühen Werk lehrte Bonhoeffer, dass Christen<br />

Waffen nicht gegeneinander einsetzen sollten, weil das wie die Waffen<br />

auf Christus selbst zu richten zu sehen ist. Pazifismus war der Weg, dem<br />

Naziregime Widerstand zu leisten. Nach einigen Jahren schloss sich<br />

Bonhoeffer über seinen Schwager Hans von Dohnanyi der Abwehr, dem<br />

militärischen Spionageabwehrdienst an <strong>und</strong> schloss sich damit der Verschwörung<br />

gegen Hitler an. Bonhoeffers Leben war durch eine schwer<br />

belastende Krise geprägt. Seine Entscheidungen in dieser Krise <strong>und</strong> die<br />

Lehre in seinen Schriften (die <strong>Ethik</strong> eingeschlossen) können als Kompass<br />

dienen, der den Arbeitnehmern, den Managern oder den Beamten hilft<br />

ein integres Leben in verschiedenen sich verschlechternden ethischen<br />

Situationen zu leben.<br />

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What Is “Acting Ethically” in the Crisis?<br />

Mohandas Gandhi scorned “dreaming of systems so perfect that no one<br />

will need to be good.”[1] Likewise one cannot create ethical systems that are unexceptionable<br />

or that provide clear answers to all ethical cases. However, many<br />

ethical cases are clear. The appropriate action calls for courage on the part of<br />

the worker, the laborer, the executive. An outstanding case of ethical courage in<br />

action is presented through the life of Dietrich Bonhoeffer, famous 20 th century<br />

theologian and conspirator against the Hitler regime. The crisis in view in this<br />

paper was the horrific political crisis during the 19<strong>30</strong>’s and 1940’s in Germany.<br />

Following Bonhoeffer’s lead in his book, Ethics, I would like to show that as a<br />

Christian businessperson, my goal should be that God will be known to be reality<br />

in me and through me. This, then, becomes the first principle of all business<br />

ethical reflection. For those unfamiliar with the life story of Dietrich Bonhoeffer,<br />

I present a brief historical sketch before continuing with the argument of the<br />

paper. This brief sketch mentions Bonhoeffer’s journey from pacifist to conspirator<br />

against Hitler as an illustration of his ethical position that our relationship<br />

with God provides our ethical compass rather than strict adherence to an ethical<br />

law.<br />

Brief History<br />

Dietrich Bonhoeffer was the sixth child born to Dr. Karl Bonhoeffer and<br />

Paula von Hase. Dietrich was brought up in one of the elite families in Germany—patriotic,<br />

not extravagantly nationalistic, responsible, humanistic, and university-oriented.<br />

He completed his doctoral dissertation, Sanctorum Communio,<br />

in 1927 at the incredibly young age of twenty one, and by 19<strong>30</strong> he was a lecturer<br />

at the University of Berlin. During a year of post-doctoral study at Union Theological<br />

Seminary in New York, Dietrich became friends with Paul Lassere, a<br />

French Protestant, and committed pacifist. Through this friendship Bonhoeffer<br />

embraced pacifism as he read it in the Sermon on the Mount. This was his first<br />

great theological theme. In writing to his brothers he said: “I think I know that<br />

I would really become clear and honest with myself if I really began to take the<br />

Sermon on the Mount seriously... There are things which it is worth supporting<br />

without compromise. And it seems to me that these include peace and social<br />

justice, or in fact Christ.”[2]<br />

On February 1, 1933, two days after Hitler’s accession to power on January<br />

<strong>30</strong>, the young lecturer gave a radio broadcast entitled, “The Leader and the<br />

Individual in the Younger Generation.” The invitation was probably worked out<br />

through the university. The lecture was cut off and not allowed to be completed.<br />

[1] E.F. Schumacher, Small Is Beautiful (New York: Harper & Row, 1973) 24.<br />

74<br />

[2] Renate Wind, Dietrich Bonhoeffer: A Spoke in the Wheel (Grand Rapids, MI:<br />

Wm. B. Eerdmans Publishing Co., 1998) 53-54.


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What Is “Acting Ethically” in the Crisis?<br />

It is amazing how early Bonhoeffer saw the way things were going with the Fuhrer,<br />

particularly as much of the Protestant church was falling in line behind Hitler.<br />

Already in existence was a Protestant group which called itself “The German<br />

Christians.” Its aim was to combine Christianity with National Socialism. Hitler<br />

reciprocated this good feeling by ordering whole SA units to attend church.<br />

However, shortly thereafter, the party’s true colors showed. “By 1934 party leaders<br />

were discouraging church membership in the SA;…”[3] This began the crisis<br />

for Dietrich Bonhoeffer—the church struggle, or kirchenkampf. The proximate<br />

cause of this struggle was the attempt to mingle Nazi ideology with Christian<br />

theology, thus corrupting it. This struggle further manifested itself in the passage<br />

of the Aryan clause which prohibited anyone of Jewish descent from serving<br />

in the German civil service. This affected the churches because ministers were<br />

on the payroll of the state and hence members of the German civil service. This<br />

clause, if adopted by the church, would make it impossible for Christians of Jewish<br />

backgro<strong>und</strong> to train for the Christian ministry. The Aryan clause was adopted<br />

by the national church in 1933. At this point two thousand pastors signed a resolution<br />

to reverse the Aryan clause; among them was Pastor Martin Niemöller, a<br />

former U-boat commander in World War I. Pastor Niemöller fo<strong>und</strong>ed the Pastor’s<br />

Emergency League to protest inclusion of the Aryan paragraph in the order<br />

of the national church. This was a step toward the formation of the Confessing<br />

Church. On September 12, 1933, Pastor Niemöller called on German pastors to<br />

commit to the following four points: “(1) To a new allegiance to the Scriptures<br />

and confessions, (2) to resist infringement of these, (3) to give financial help to<br />

those affected by the law or by violence, and (4) to reject the Aryan clause.”[4]<br />

By the end of 1933 the Pastors’ Emergency League had six thousand members.<br />

In 1934 these opposition churches adopted the Barmen Declaration which had<br />

been written by Karl Barth. They thus became known as the Confessing Church.<br />

In August, 1934, Dietrich had taken part in the ecumenical youth conference at<br />

Fanö, Denmark. It was here that he preached his famous peace sermon using as<br />

his text Psalm 85:8, “Let me hear what God the Lord will speak, for he will speak<br />

peace to his people, to his saints;...”<br />

How does peace come about? Through a system of political treaties?<br />

Through the investment of international capital in different countries?<br />

Or through universal peaceful rearmament in order to guarantee peace?<br />

Through none of these, for the sole reason that in all of them peace is<br />

confused with safety. There is no way to peace along the way of safety….<br />

Once again how will peace come? Who will call us to peace so that the<br />

world will hear, will have to hear?... Only the one great ecumenical council<br />

of the holy church of Christ over all the world can speak out so that<br />

the world, though it gnash its teeth, will have to hear, so that the peoples<br />

will rejoice because the church of Christ in the name of Christ has taken<br />

[3] Dietrich Bonhoeffer, London, 1933-1935, DBWE Vol. 13 (Minneapolis: Fortress<br />

Press, 2007) 44.<br />

75<br />

[4] Bonhoeffer, London <strong>30</strong>9.


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What Is “Acting Ethically” in the Crisis?<br />

the weapons from the hands of their sons, forbidden war, proclaimed<br />

the peace of Christ against the raging world.”[5]<br />

Bonhoeffer preached that Christians may not use weapons against<br />

each other because that would be using weapons against Christ himself. He, no<br />

doubt, saw the clouds of war gathering.Preaching peace was also connected with<br />

the freedom to proclaim the gospel and confess the faith in Germany, for he also<br />

foresaw the terrible persecution time coming <strong>und</strong>er Hitler. In other words, pacifism<br />

was a means of beginning to resist the Nazi regime. The continued story of<br />

Bonhoeffer’s life is fantastically interesting. It includes several years as professor<br />

and mentor at illegal seminaries of the Confessing Church, a brief stint in America<br />

to avoid the Hitler draft after which time he returned to Germany to suffer<br />

with his people. As the grip of the state became stronger, many citizens fo<strong>und</strong> it<br />

safer not to know many things that were going on in the Third Reich. Bonhoeffer<br />

desired to be politically informed. He felt it was part of his responsibility for<br />

the future of the Church and Germany. He began a friendship with Hans von<br />

Dohnanyi, who frequented the Bonhoeffer’s house in Berlin. Von Dohnanyi was<br />

a brilliant jurist, never part of any National Socialist organizations, and eventual<br />

private secretary to Admiral Wilhelm Canaris, who was head of Germany’s<br />

counter-intelligence service, the Abwehr. It was as a member of this group that<br />

von Dohnanyi became an integral part of conspiracy plots to overthrow Hitler.<br />

Bonhoeffer was privy to their discussions. One evening von Dohnanyi asked him<br />

to comment on Matthew 26:52 “all who take the sword will perish by the sword.”<br />

Dietrich replied that this was true for the circle of conspirators as well, but that<br />

the times called for men to take up that responsibility.[6] Thus Dietrich obtained<br />

employment in the Abwehr and entered a conspiracy to assassinate Hitler.<br />

Bonhoeffer’s move from pacifism to conspirator was not as puzzling as it<br />

seems at first glance. He was zealous for the truth of the gospel and the freedom<br />

to preach the gospel. In light of those overarching goals, Bonhoeffer’s actions<br />

were responses to the situation at hand and a response to the will of God. In a<br />

more basic way the question is “What does it mean to be a disciple of Christ?” To<br />

this question, Bonhoeffer’s life gives us an unusual picture. Certainly the unique<br />

people that he knew gave him entrance into the conspiracy against Hitler. Most<br />

Christians in Germany were not in that position.<br />

Emmi Bonhoeffer (the wife of Klaus, Dietrich’s brother) related her question<br />

to Dietrich and his response, “How is that with you Christians? You will not<br />

kill, but that another one does it; you agree, and you are glad about it—how is<br />

that?” Dietrich replied, “One shouldn’t be glad about it, but I <strong>und</strong>erstand what<br />

you mean. It is out of the question for a Christian to ask someone else to do the<br />

dirty work so that he can keep his own hands clean. If one sees that something<br />

needs to be done, then one must be prepared to do it whether one is a Christian<br />

[5] Eberhard Bethge, Renate Bethge, and Christian Gremmels, Dietrich Bonhoeffer:<br />

A Life in Pictures (London: SCM Press, 1986) 133.<br />

76<br />

[6] Eberhard Bethge, Dietrich Bonhoeffer: A Biography (Minneapolis, MN: Fortress<br />

Press, 2000) 625.


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What Is “Acting Ethically” in the Crisis?<br />

or not. If one sees the task as necessary according to one’s own conscience. If I<br />

see that a madman is driving a car into a group of innocent bystanders, then I<br />

can’t as a Christian simply wait for the catastrophe and comfort the wo<strong>und</strong>ed<br />

and bury the dead. I must try to wrest the steering wheel out of the hands of the<br />

madman.”<br />

Emmi Bonhoeffer analyzed this moment: “That’s the way he came into<br />

the conspiracy. It’s not a break in his life that he was first a pacifist and first a<br />

pious child, and then a helpful young man and later on suddenly he became a<br />

politician. It’s a quite clear line, going through; but the situations changed and<br />

the tasks changed.”[7] This is the clear line in Bonhoeffer’s ethical journey. He<br />

did not adhere to an ethical position of strict pacifism. His changed stance was a<br />

result of new circumstances and the actions that God required of him as a result<br />

of Bonhoeffer’s continuing discipleship relationship.<br />

The rest of Bonhoeffer’s life was occupied in travel for the Abwehr, meeting<br />

with foreign church leaders for purposes of passing along information about<br />

the resistance in Germany, and writing his unfinished work, Ethics. He was eventually<br />

arrested and spent two years in prison before he was executed on April 9,<br />

1945, aro<strong>und</strong> one month before the end of the war in Europe.<br />

From Bonhoeffer’s Writings to Business Ethics<br />

Bonhoeffer’s adult life was formed by a pressure-filled crisis, and his action<br />

and response to that crisis. It is from the picture of his life and his teaching<br />

in his book Ethics and other works that some moral compass may be fo<strong>und</strong><br />

which can help the worker, manager or executive to live with integrity in various<br />

deteriorating ethical situations. To better <strong>und</strong>erstand this, it is well to comprehend<br />

Bonhoeffer’s view of ethics in general by looking at his book, Ethics which<br />

was written in moments of quiet meditation at the Franciscan monastery of Ettal<br />

in Bavaria. It was also written in moments of hurry during travels, and it was<br />

written in prison. It is really a long series of meditations rather than a carefully<br />

finished product. It is a fragment. However, this fragment along with Letters and<br />

Papers from Prison, is largely responsible for his growing reputation.<br />

In Ethics, Bonhoeffer provides us with a new perspective. He makes us<br />

think. He brings something unique to the discussion of ethics as a Christian. In<br />

the darkening situation in Germany that Bonhoeffer faced after his return from<br />

America in 1939 he said, “To want to be only a Christian, a timeless disciple—that<br />

now became a costly privilege. To become engaged for his times, where he stood,<br />

was far more open to misinterpretation, less glorious, more confined. Yet this<br />

77<br />

[7] Dietrich Bonhoeffer: Memories and Perspectives, Trinity Films, 1983.


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What Is “Acting Ethically” in the Crisis?<br />

alone was what it now meant to be a Christian.”[8] Bonhoeffer was writing and<br />

living Ethics simultaneously in a crucible of violence, intrigue, cynicism, deceit,<br />

and horror. In Ethics, Bonhoeffer leaves us the writings of one who was trying to<br />

live as a true disciple of Christ in the Third Reich. The theme of business ethics<br />

will be discussed from Bonhoeffer’s perspective in his book Ethics.<br />

In Ethics, Bonhoeffer begins before the Fall with man’s uninterrupted<br />

relationship with God. In that situation man knew only good. No confusion or<br />

hesitancy of decision-making was present. Sin then enters the world, and our<br />

knowledge of good and evil begins. Therefore, “…in the possibility of the knowledge<br />

of good and evil Christian ethics discerns a falling away from the origin.”[9]<br />

Ethics is an attempt to think through our new relationship with God and with<br />

other human beings after the Fall. It is not a prideful study, but one <strong>und</strong>ertaken<br />

with humility given our experiential knowledge of evil and the struggle we encounter<br />

in “doing justice, loving mercy, and walking humbly with God.” Humility<br />

is the order of the day since even the voice of our conscience is problematic.<br />

Before the Fall there was no conscience. Conscience came into existence with<br />

the Fall and is therefore part of the Fall. Conscience deals with the permitted<br />

and the forbidden. It does not embrace the whole of life like the Word or the<br />

Commandment of God, and it is concerned basically with man’s relation with<br />

himself—to his better self. Although conscience can provide an important warning<br />

about various actions, we need to be careful. When conscience pretends to<br />

be the voice of God, it may, in fact, be the voice of the devil.[10]<br />

Cases and Character<br />

There seems to be in the presentation of university business ethics the<br />

interminable discussion of cases and the correct ethical resolution of these cases.<br />

This is standard pedagogy. It is probably beneficial to the students to read some<br />

cases that have subtle ethical decision-making involved or blatant wrongs which<br />

were unopposed by the whole organization. The cases of blatant wrong raise<br />

questions of will and courage, as in, “Why didn’t someone do the right thing?”<br />

Courage, from the derivation of its name, has something to do with the heart. If<br />

students’ hearts are strengthened for doing good, casework can be appropriately<br />

applauded. The standard of good in many of these cases is evident. There is usually<br />

no big mystery as to the right course of action.<br />

[8] Eberhard Bethge, Dietrich Bonhoeffer: A Biography, (Minneapolis, MN: Fortress<br />

Press, 2000) 678.<br />

[9] Dietrich Bonhoeffer, Ethics, (New York: Touchstone, 1995) 21.<br />

78<br />

[10] Dietrich Bonhoeffer, London, 1933-1935, DBWE Vol. 13 (Minneapolis: Fortress<br />

Press, 2007) 315.


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What Is “Acting Ethically” in the Crisis?<br />

The ethical imperative here is straightforward. One should do good and<br />

avoid evil. Who could object? Perhaps more subtly, we might say, one should be<br />

good by doing good. In other words, the results of these discussions are that one<br />

should be good and do good. However, here Bonhoeffer states that we are back<br />

in the old self-centered ethic.<br />

If the ethical problem presents itself essentially in the form of enquiries<br />

about one’s own being good and doing good, this means that it has<br />

already been decided that it is the self and the world which are the ultimate<br />

reality. The aim of all ethical reflection is, then, that I myself shall<br />

be good and that the world shall become good through my action. But<br />

the problem of ethics at once assumes a new aspect if it becomes apparent<br />

that these realities, myself and the world, themselves lie imbedded<br />

in a quite different ultimate reality, namely, the reality of God, the Creator,<br />

Reconciler and Redeemer. What is of ultimate importance is now<br />

no longer that I should become good, or that the condition of the world<br />

would be made better by my action, but that the reality of God should<br />

show itself everywhere to be the ultimate reality. Where there is faith<br />

in God as the ultimate reality, all concern with ethics will have as its<br />

starting-point that God shows Himself to be good, even if this involves<br />

the risk that I myself and the world are not good but thoroughly bad.[11]<br />

Business ethics in dealing with commercial activity in all its forms admits<br />

that we have fallen away from our original relationship with God and that<br />

we are in an intense relationship with the world, i.e. the fallen world. Therefore,<br />

any attempt to impose millennium-like notions upon the world of business must<br />

be rejected at the outset. The world of business is apart from God in the sense<br />

that we are apart from God since the Fall. It is from this sober assessment of humankind’s<br />

condition that the discussion of ethics proceeds. “Man’s life is now<br />

disunion with God, with men, with things, and with himself.”[12] A burgeoning<br />

economy does not indicate peace with God, unity with other men, nor internal<br />

or external peace. Business ethics is par excellence a discussion of life in this<br />

world. Bonhoeffer’s emphasis on the “this-worldliness” of Christianity should<br />

fit in well with our journey through this most worldly of endeavors—business.<br />

“One must live through the tension between being a Christian and being in the<br />

world if one is to avoid the mere spouting of empty religious phrases.”[13]<br />

The Fall brings us back to a view of the disunion that exists between human<br />

beings in all our social relationships. There is a certain lack of love in our<br />

actions, or might we say an excess of self-love? Self-love is love, but it is love gone<br />

wrong. It is love that has fallen away from the origin, which is, the perfect love<br />

of God. Perhaps the enlightened self-interest assumption of economics models<br />

[11] Bonhoeffer, London 186-187.<br />

[12] Bonhoeffer, Ethics, p. 24.<br />

79<br />

[13] Georg Huntemann, Dietrich Bonhoeffer: An Evangelical Reassessment (Grand<br />

Rapids, MI: Baker Books, 1993) 73.


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Journal of Markets and Ethics<br />

What Is “Acting Ethically” in the Crisis?<br />

is not enlightened enough. “It is self-satisfied…a love that is really hatred of God<br />

and my brother and sister, because they could only disturb me within the tight<br />

little circle I have drawn aro<strong>und</strong> myself. It has all the same power, the same passion,<br />

the same exclusiveness of real love—here or there. What is totally different<br />

is its goal—myself, rather than God and my neighbor.”[14]<br />

Obligation and Liberation<br />

Bonhoeffer was looking for concreteness in his discussion of the commandment<br />

of God.<br />

In other words, how can God instruct mankind if His speech is not<br />

clear? “God’s commandment, revealed in Jesus Christ, is always concrete speech<br />

to somebody…. It is always an address, a claim, and it is so comprehensive and at<br />

the same time so definite that it leaves no freedom for interpretation or application,<br />

but only the freedom to obey or to disobey.”[15] There are parts of Scripture<br />

in which the words of God are clear, for instance, in the Ten Commandments.<br />

Other parts of Scripture are not so clear. The commandment of God not only<br />

forbids; it obligates. It not only restricts, it sets us free to live as authentic human<br />

beings. However, there is another dynamic element involved in the commandment<br />

of God. Bonhoeffer speaks of the mandate of labor that God has given to<br />

all of humanity. This mandate places us in the modern world of business with<br />

Divine approval. We can move away from the life of doubting our vocation in<br />

business to a joyful certainty of living within the will of God.<br />

How is this possible? “If anyone is not willing to work, let him not<br />

eat.”[16] “Let the thief no longer steal, but rather let him labor, doing honest<br />

work with his own hands, so that he may have something to share with anyone<br />

in need.”[17] This is clear biblical instruction. These commands are not only<br />

negative, as if our work life were a feverish attempt not to break the eighth commandment;<br />

“Thou shalt not steal”. These commands are positive in that they<br />

encourage us to live joyfully within the will of God, in this case the world of work<br />

and business. Business ethics here cooperates with other areas of life. This commandment<br />

gives fullness and wholeness to life. The complete expression of the<br />

commandment of God is revealed in Jesus Christ. “The commandment of God<br />

becomes the element in which one lives without always being conscious of it,<br />

and, thus it implies freedom of movement and of action, freedom from the fear<br />

[14] Bonhoeffer, London 382.<br />

[15] Bonhoeffer, Ethics 275.<br />

[16] 2 Thessalonians 3:10.<br />

80<br />

[17] Ephesians 4:28.


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What Is “Acting Ethically” in the Crisis?<br />

of decision, freedom from fear to act, it implies certainty, quietude, confidence,<br />

balance and peace.”[18]<br />

The purpose of God’s commandment is liberty. It is permission. Since<br />

we are discussing business here, we have a development of the commandment<br />

of God concerning business. Beginning with the creation accounts to “dress<br />

and keep the garden,” the Ten Commandments of Exodus confront us with<br />

“Thou shalt not steal,” and “Thou shalt not covet.” The commandment continues<br />

through the Sermon on the Mount; “Give to those who ask you;” and the<br />

Pauline admonition “let him labor with his own hands.” God is placing us within<br />

this world of work. King Solomon would counsel us that for some it is possible<br />

to take joy in work. This also is a gift from God. This whole development leads<br />

us to the mandate of labor. It is possible to take joy in our work, in our business<br />

endeavors because we are operating within the will of God. This gives to us a<br />

certain surety and confidence in our work. There is a cooperation with God in<br />

what we are doing. Business ethics as such ceases to scrutinize every moment of<br />

the work day. It ceases to ask, “Are you making the best and highest use of your<br />

time in this activity?” The commandment of God in terms of labor allows a certain<br />

natural rhythm of the work day from clock-in, to the morning coffee break,<br />

to hard and frenetic activity, to lunch, to meetings, to the drive home. “The selftormenting<br />

and hopeless question regarding the purity of one’s motives, the suspicious<br />

observation of oneself, the glaring and fatiguing light of incessant consciousness,<br />

all these have nothing to do with the commandment of God, who<br />

grants liberty to live and to act.”[19] Therefore, God desires freedom of action in<br />

the workday within the limits of His will.<br />

The reality of God is the living reality. The revelation of God is the historical<br />

revelation of Jesus Christ, and the Holy Spirit brings this reality to us every<br />

day. Since God is good, the reality of living in Christ will place us in “the good”.<br />

Good, here, is not a standard or a system, but a person. Rather than opposing my<br />

life to a standard of good, it is Christ Himself who is my life. What message or<br />

purpose Christ may wish to reveal in my life may not be clear to me, but I can<br />

have peace and contentment today knowing that Christ is my life. Therefore, the<br />

business life is also a context in which to live the Christ-life.<br />

Bonhoeffer has been referred to as both a representative of Decalogue<br />

ethics and as a “Christ mystic.” Decalogue ethics refers to the emphasis on the<br />

clear speech of God as revealed in the Ten Commandments for example. Christmysticism<br />

refers to Bonhoeffer’s emphasis on the life of freedom in cooperation<br />

with the Holy Spirit. “Christ-mysticism means that the Christian takes part in<br />

the life and death and resurrection of Christ….Christ-mysticism does not, therefore,<br />

mean to discover a Christ in the depth of one’s soul. It means participation<br />

in the reality of the Christ who encounters me and takes me in tow, incorporat-<br />

[18] Bonhoeffer, Ethics 276.<br />

81<br />

[19] Bonhoeffer, Ethics 279.


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What Is “Acting Ethically” in the Crisis?<br />

ing me into his reality.”[20] Christ-mysticism does not fly off into total subjectivism.<br />

There is a place in our discipleship for the clear speech of God, or a place for<br />

the concrete commandment, and so Ethics teaches. Our discipleship in business,<br />

then, includes the clear speech of God in the vagaries of the moment in which<br />

things may not be clear. We are learning Christ mystically through this process.<br />

There are clear words of God for us as Bonhoeffer illustrates in The Cost<br />

of Discipleship. In the chapter on revenge, Bonhoeffer states, “By willing endurance<br />

we cause suffering to pass. Evil becomes a spent force when we put up no<br />

resistance. By refusing to pay back the enemy in his own coin, and by preferring<br />

to suffer without resistance, the Christian exhibits the sinfulness of contumely<br />

and insult.”[21] This is a comment on Matthew 5:39, “Do not resist the one who<br />

is evil. But if anyone slaps you on the right cheek, turn to him the other also.”<br />

We might differ from Bonhoeffer’s application of this passage, or possibly his<br />

exposition of its meaning. However, if we agree, then this teaching of Christ becomes<br />

applicable to our journey in business. For example, the CEO of a corporation<br />

who is also a disciple of Christ finds his business decisions informed by this<br />

teaching of Christ as well as other teaching.<br />

I am not free to repay the evil doer in his own coin. In not resisting evil<br />

against me, I am exposing it. I am exhibiting it for what it is, and I am pulling<br />

its sting. This teaching is clear enough although difficult to do. However, there<br />

is another side of the coin which is the deliberate resisting of evil. The possible<br />

methods of resistance would be in view here also. The company employee might<br />

humbly discuss with his superior some subtle racial discrimination that exists in<br />

the firm. The disciple might call attention to a relaxing of accounting standards.<br />

This is the disciple’s journey—to perform these right actions at the appropriate<br />

times. Even clear teaching cannot provide the exact formula by which to gauge<br />

all of our actions.<br />

Personal Formation as Business Ethics<br />

It is life in the workplace that provides the opportunity for the Christian<br />

to be conformed into the image of Christ. Since much of my time is spent in the<br />

business organization, the formation of Christ in me must take place through<br />

my participation in business. Here, my action in business reveals and forms my<br />

ethics and becomes part of my formation for Christ or against Him. This may<br />

so<strong>und</strong> like the wrong way to discuss ethics. In this case we are emphasizing human<br />

action forming ethics. However, the disciple in business has no all-encompassing<br />

standard to impose on her fellow-workers. She may not have an all-en-<br />

[20] Georg Huntemann, Dietrich Bonhoeffer: An Evangelical Reassessment (Grand<br />

Rapids, Michigan: Baker Book House, 1993) 114-115.<br />

82<br />

[21] Bonhoeffer, Discipleship 142.


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What Is “Acting Ethically” in the Crisis?<br />

compassing standard to impose upon herself. “…Christ’s disciples have no rights<br />

of their own or standards of right and wrong which they could enforce with<br />

other people; they have received nothing but Christ’s fellowship. Therefore the<br />

disciple is not to sit in judgment over his fellow-man because he would wrongly<br />

usurp the jurisdiction.”[22] My “judgment” extends only as far as my authority<br />

in the business. I may be entrusted to make decisions of various types with respect<br />

to matériel or my fellow workers. Any spoken or insinuated “judgment” of<br />

persons beyond my authority is office gossip, rumor, officiousness, slander, or<br />

character assassination.<br />

Formation takes us into the mystery of Christ and the mystery of other<br />

people. There is more involved in this formation than business calculations of<br />

less and more. Formation as business ethics takes me into the secret springs of<br />

human action. The disciples in business thusly formed will “…not hold themselves<br />

aloof from the processes of life as spectators, critics and judges; [but will]<br />

share in life not out of motive of ‘shall’ and ‘should,’ but from the full ab<strong>und</strong>ance<br />

of vital motives, from the natural and the organic, and from free acceptance and<br />

will, not in humourless hostility towards every vital force and towards every<br />

weakness and disorder.”[23] Simply to operate on the level of profit calculation is<br />

to miss the path of discipleship and the meaning of my actions.<br />

However, to live without mystery means not to know anything about<br />

the secrets of our own lives or those of other people, or of the world’s<br />

secrets. It means passing by that which is hidden within ourselves, other<br />

people, and the world, staying on the surface, taking the world seriously<br />

only to the extent to which it can be calculated and exploited, never<br />

looking for what is behind the world of calculation and of gain.[24]<br />

Business Ethics as Formation<br />

Bonhoeffer is not an idealist. He is interested in discussing the concrete<br />

ethical action. So, in that tradition, business ethics seeks to help the follower of<br />

Christ in the day-to-day life in business. For Bonhoeffer the Christian <strong>und</strong>erstanding<br />

of the person at the most basic level is always the person in a social<br />

and ethical encounter with the other person; this is the Christian basic-relation<br />

of I and You, self and other. It presupposes the theological axiom that the human<br />

person always exists in relation to an Other, namely God, and that human<br />

[22] Bonhoeffer, Discipleship 185.<br />

[23] Bonhoeffer, Ethics 265.<br />

83<br />

[24] Bonhoeffer, London 360.


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What Is “Acting Ethically” in the Crisis?<br />

relations are in some way analogies of this f<strong>und</strong>amental relation.[25] Since human<br />

beings are created in the image of God, all the people with whom I come<br />

into contact have a claim upon me. They may be part of the body of Christ, or<br />

they may be “enemies” for whom I must show love according to the teaching of<br />

Christ.<br />

The claim of the ‘other’ upon me is a claim to treat that person with dignity,<br />

honesty, love and fair dealing and to treat the other as a bearer of the image<br />

of God and a brother of Christ. The claim of the other rests in God and God’s<br />

work. My development also depends upon all these “others” with whom I interact.<br />

The individual, then, exists in relation to an ‘other.’[26]<br />

Life in the business world develops character--for better or for worse.<br />

There is no exercising or controlling my will without the give and take of daily<br />

life. When we encounter other people, we encounter human beings with ideas,<br />

wills and abilities. In business competition or cooperation, we are placed in social<br />

situations in which we must make decisions and act. Our motives may be<br />

clear or not. All of this social ‘dialectic’ forms character. Through this interaction<br />

the business and the business person will be formed and shaped. Good businesses<br />

use ideas to improve performance. Indeed, our job may be to provide new<br />

ideas for experimentation and implementation in the business enterprise. However,<br />

Christ has another purpose for us in the business context. “It is not Christian<br />

men who shape the world with their ideas, but it is Christ who shapes men<br />

in conformity with Himself.”[27]<br />

The road of ethical decision-making and wisdom in business is our road<br />

of discipleship. Our lack of clarity in ethical decisions should not make us despair<br />

or cause us to seek escape from the arena of business action. “The real man<br />

is at liberty to be his Creator’s creature. To be conformed with the Incarnate is<br />

to have the right to be the man one really is. Now there is no more pretence, no<br />

more hypocrisy or self-violence, no more compulsion to be something other,<br />

better and more ideal than what one is. God loves the real man. God became a<br />

real man.”[28] It is for this reason that we can be real men and women, and act<br />

with confidence. In speaking of business ethics as formation, we are asking the<br />

question, “How does Jesus Christ take form in our world?” Business provides the<br />

context for most of us. Business ethics as decision and action gets beyond theorizing<br />

and speculation. We will be formed as a result of our decisions and actions.<br />

Happily for us, there is a concrete place upon which we can stand which is the<br />

fo<strong>und</strong>ation of Christ Himself.<br />

[25] Dietrich Bonhoeffer, Sanctorum Communio, DBWE Vol. 1 (Minneapolis, MN:<br />

Fortress Press, 1998) 50.<br />

[26] Bonhoeffer, Sanctorum Communio 51.<br />

[27] Bonhoeffer, Ethics 82.<br />

84<br />

[28] Bonhoeffer, Ethics 82.


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What Is “Acting Ethically” in the Crisis?<br />

The Example of a Life<br />

Bonhoeffer was not a businessperson. His character was formed through<br />

study, contemplation, action, reaction, dialogue, teaching, travel and suffering.<br />

Bonhoeffer saw his life as following a straight course from theologian to conspirator.<br />

While in Tegel prison in 1944 he wrote the following to Eberhard Bethge,<br />

his close friend.<br />

I heard someone say yesterday that the last years had been completely<br />

wasted as far as he was concerned. I’m very glad that I have never yet had<br />

that feeling, even for a moment. Nor have I ever regretted my decision in<br />

the summer of 1939, for I’m firmly convinced—however strange it may<br />

seem—that my life has followed a straight and unbroken course, at any<br />

rate in its outward conduct. It has been an uninterrupted enrichment of<br />

experience, for which I can only be thankful.[29]<br />

Was Bonhoeffer’s increasing involvement in the conspiracy a result<br />

of the National Socialist atrocities against the Jews, or a defense of the gospel<br />

through the Confessing Church? The answer is both, yet his defense of the gospel<br />

began to take place outside of Confessing Church circles also. His radicalization<br />

increased as his disappointment with the Confessing Church increased. The<br />

incessant wrangling over the oath of allegiance to Hitler and the silence after the<br />

Kristallnacht (the night of broken glass) pogrom of November 9, 1938 caused Dietrich<br />

to distance himself from the Church.<br />

Bonhoeffer’s involvement in the conspiracy occurred at an unusual and<br />

horrific time in history. This would not be “normal” ethical action, therefore, we<br />

move into a discussion of the “borderline case” or the “bo<strong>und</strong>ary situation.” In<br />

Ethics Bonhoeffer discussed the borderline case as the last resort in which the<br />

stakes are very high and normal reasoning has run out of alternatives. This case,<br />

says Bonhoeffer, moves into the area of the irrational, and for that reason the<br />

borderline case cannot be made into a rule, a norm, or a technique.[<strong>30</strong>]<br />

Borderline cases in business ethics call for courageous action—possibly<br />

highly courageous action—say, in the case when one’s life may be in danger. One<br />

hero in the recent sad litany of business ethics failures is Harry Markopolos, an<br />

independent financial fraud investigator. From May 2000 until April 2008 he<br />

submitted warning reports to the Securities and Exchange Commission that<br />

Bernard Madoff was running a gigantic Ponzi scheme. The SEC turned a deaf<br />

ear, but Mr. Markopolos persisted in his investigation even though he was in fear<br />

for his life. This would be Bonhoeffer’s borderline case. Hazarding one’s life cannot<br />

be made into a rule, but a person might do it to demonstrate the reality of<br />

God living through himself.<br />

[29] Dietrich Bonhoeffer, Letters and Papers from Prison (New York: Simon &<br />

Schuster, 1997) 272.<br />

85<br />

[<strong>30</strong>] Dietrich Bonhoeffer, Ethics DBWE Vol. 6 (Minneapolis: Fortress Press, 2005)<br />

273.


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What Is “Acting Ethically” in the Crisis?<br />

Joachim von Soosten in the editor’s afterword to the German edition of<br />

Sanctorum Communio uses the phrase “vicarious representative action” to describe<br />

Bonhoeffer’s journey toward the resistance against Hitler. “The church<br />

exists for others,” and “The man for others,” were typical phrases of Bonhoeffer’s<br />

theology. The disciple of Christ acts as a representative for Christ in action toward<br />

others. In prison this line of thought became more identified with a radical<br />

theology of the cross, i.e. vicariously representing Christ’s suffering on the<br />

cross. As Dietrich stated, “It is the most radical expression of the idea that God’s<br />

truth, although already real, can and even must become true only in the reality<br />

of the world through the witness of persons who in vicarious representative action<br />

mutually stand-up-for-each-other. Only thus can this truth be expressed<br />

‘nonreligiously.’”[31] Bonhoeffer’s famous “non-religious interpretation” of Christianity<br />

centers aro<strong>und</strong> Christology—the study of Christ, “the man for others.”<br />

This is essentially living out the Christ life, and this was Bonhoeffer’s ethical action<br />

in the crisis. Perhaps this “nonreligious” living of Christian faith can result<br />

in courage to do the right thing in all our business endeavors.<br />

Applying Bonhoeffer’s life and work to the study of business ethics specifically,<br />

breaks some new gro<strong>und</strong> in Bonhoeffer studies. A recently published<br />

book on this topic which may be consulted is Bonhoeffer and Business Ethics[32].<br />

Bonhoeffer’s Ethics has been used as a springboard for other works on ethics<br />

by other thinkers. Shortly after Bonhoeffer’s death, John A. T. Robinson wrote<br />

Honest to God,[33] and Joseph Fletcher wrote Situation Ethics,[34] both claiming<br />

Bonhoeffer’s work as an inspiration. Situation ethics is associated with the position<br />

that the person should simply act according to the demands of the moment<br />

or the situation without regarding principle or prior commitment. Bonhoeffer’s<br />

was a more nuanced position particularly with his emphasis on the Sermon on<br />

the Mount and on “Decalogue ethics”[35] while maintaining freedom and autonomy<br />

of action for the believer.[36]<br />

Many other works have continued Bonhoeffer’s influence on ethics. Particularly<br />

to be noted here is the webpage of the International Bonhoeffer Society<br />

[31] Dietrich Bonhoeffer, Sanctorum Communio DBWE Vol. 1 (Minneapolis: Fortress<br />

Press, 1998) <strong>30</strong>4.<br />

[32] Walton Padelford, Bonhoeffer and Business Ethics (BorderStone Press, Mountain<br />

Home, AR, 2011).<br />

[33] John A.T. Robinson, Honest to God (The Westminster Press: Philadelphia,<br />

1963) 105-121.<br />

[34] Joseph Fletcher, Situation Ethics (The Westminster Press: Philadelphia, 1966)<br />

55.<br />

[35] Dietrich Bonhoeffer, Conspiracy and Imprisonment: 1940 – 1945, DBWE 16<br />

(Minneapolis, MN: Fortress Press, 2006) 662-663.<br />

86<br />

[36] Sabine Dramm, Dietrich Bonhoeffer, an Introduction to His Thought , tr. By<br />

Thomas Rice (Peabody, MA: Hendrickson Publishers, Inc., 2007) 101.


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Journal of Markets and Ethics<br />

What Is “Acting Ethically” in the Crisis?<br />

which can be accessed at http://dietrichbonhoeffer.org/ . On this webpage is fo<strong>und</strong><br />

a scholarship icon which will allow the reader to access the truly huge scholarly<br />

output that continues to grow as a result of Bonhoeffer’s life and work. Listed<br />

in the bibliography in numerical order is the entire corpus of Bonhoeffer’s work<br />

published by Fortress Press. This is the definitive edition of Bonhoeffer’s work<br />

translated into English <strong>und</strong>er the auspices of the International Bonhoeffer Society.<br />

The English translation is done from the German edition known as Dietrich<br />

Bonhoeffer Werke. There are also some other editions of Bonhoeffer’s works that<br />

are listed as well.<br />

Bibliography<br />

Bethge, Eberhard, Dietrich Bonhoeffer: A Biography. Edited by Victoria J. Barnett.<br />

Translated By Eric Mosbacher, Peter and Betty Ross, Frank Clarke, and William<br />

Glen-Doepel <strong>und</strong>er Editorship of Edwin Robertson. Minneapolis: Fortress Press,<br />

2000.<br />

Bethge, Eberhard, Renate Bethge, and Christian Gremmels, Dietrich Bonhoeffer:<br />

A Life in Pictures. Translated by John Bowden. London: SCM Press, 1986.<br />

DBWE stands for Dietrich Bonhoeffer Works, English edition, translated from<br />

Dietrich Bonhoeffer Werke the definitive edition of Bonhoeffer’s writings published<br />

in Germany by Chr. Kaiser Verlag and edited by Eberhard Bethge. The<br />

translation project of these works into English is occurring <strong>und</strong>er the auspices<br />

of the International Bonhoeffer Society. Wayne Whitson Floyd Jr., General<br />

Editor. Minneapolis: Fortress Press, 1996-.<br />

Bonhoeffer, Dietrich. Sanctorum Communio. DBWE Vol. 1. Edited by Clifford<br />

Green. Translated by Reinhard Krauss and Nancy Lukens. Minneapolis: Fortress<br />

Press, 1998.<br />

_____. Act and Being. DBWE Vol. 2. Edited by Wayned Whitson Floyd, Jr. Translated<br />

by H. Martin Rumscheidt. Minneapolis: Fortress Press, 1996.<br />

_____.Creation and Fall. DBWE Vol. 3. Edited by John W. de Gruchy. Translated<br />

by Douglas Stephen Bax. Minneapolis: Fortress Press, 2004.<br />

_____. Discipleship. DBWE Vol. 4. Edited by Geffrey B. Kelly and John D. Godsey.<br />

Translated by Barbara Green and Reinhard Krauss. Minneapolis: Fortress Press,<br />

2003.<br />

_____. Life Together: Prayerbook of the Bible, An Introduction to the Psalms. DBWE<br />

Vol. 5. Edited by Geffrey B. Kelly. Translated by Daniel W. Bloesch and James H.<br />

Burtness. Minneapolis: Fortress Press, 2005.<br />

_____. Ethics. DBWE Vol. 6. Edited by Clifford J. Green. Translated by Reinhard<br />

Krauss, Charles C. West, and Douglas W. Stott. Minneapolis: Fortress Press, 2005.<br />

_____. Fiction from Tegel Prison. DBWE Vol. 7. Edited by Clifford J. Green. Translated<br />

by Nancy Lukens. Minneapolis: Fortress Press, 2000.<br />

87


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Journal of Markets and Ethics<br />

What Is “Acting Ethically” in the Crisis?<br />

_____. Letters and Papers from Prison. DBWE Vol. 8. Edited by John W. de Gruchy.<br />

Translated by Isabel Best, Lisa E. Dahill, Reinhard Krauss, and Nancy Lukens.<br />

Minneapolis: Fortress Press, 2010.<br />

_____. The Young Bonhoeffer, 1918-1927. DBWE Vol. 9. Edited by Paul Duane Matheny,<br />

Clifford J. Green and Marshall D. Johnson. Translated by Mary C. Nebelsick<br />

and Douglas W. Stott. Minneapolis: Fortress Press, 2003.<br />

_____. Barcelona, Berlin, New York, 1928-1931. DBWE Vol. 10. Edited by Clifford J.<br />

Green. Translated by Douglas W. Stott. Minneapolis: Fortress Press, 2008.<br />

_____. Ecumenical, Academic and Pastoral Work: 1931-1932. DBWE Vol. 11. Edited<br />

by Victoria Barnett, Mark Brocker, and Michael Lukens. Translated by Isabel<br />

Best, Nicholas Humphrey, Marion Pauck, Anne Schmidt-Lange, and Douglas<br />

Scott. Minneapolis: Fortress Press, 2012.<br />

_____. Berlin: 1932-1933. DBWE Vol. 12. Edited by Larry L. Rasmussen. Translated<br />

by Isabel Best and David Higgins. Minneapolis: Fortress Press, 2009.<br />

_____. London, 1933-1935. DBWE Vol. 13. Edited by Keith Clements. Translated by<br />

Isabel Best. Minneapolis: Fortress Press, 2007.<br />

_____. Theological Education at Finkenwalde: 1935-1937. DBWE Vol. 14. Minneapolis:<br />

Fortress Press, Pending.<br />

_____. Theological Education Undergro<strong>und</strong>: 1937-1940. DBWE Vol. 15. Edited by<br />

Victoria Barnett. Minneapolis: Fortress Press, 2012.<br />

_____. Conspiracy and Imprisonment, 1940-1945. DBWE Vol. 16. Edited by Mark<br />

S. Brocker. Translated by Lisa E. Dahill, supplementary material by Douglas W.<br />

Stott. Minneapolis:Fortress Press, 2006.<br />

_____. The Cost of Discipleship. Translated by R.H. Fuller. New York: Simon &<br />

Schuster, 1995.<br />

_____. Ethics. Translated by Neville Horton Smith. New York: Simon & Schuster,<br />

1995.<br />

_____. Letters and Papers from Prison. Translated by Reginald Fuller and Frank<br />

Clark. N. York: Simon & Schuster, 1997.<br />

Dietrich Bonhoeffer: Memories and Perspectives, Trinity Films, 1983.<br />

Dramm, Sabine. Dietrich Bonhoeffer, An Introduction to His Thought. Translated<br />

by Thomas Rice. Peabody, MA: Hendrickson Publishers Inc., 2007.<br />

Fletcher, Joseph. Situation Ethics. Philadelphia: The Westminster Press, 1966.<br />

Huntemann, Georg. Dietrich Bonhoeffer: An Evangelical Reassessment. Translated<br />

by Todd Huizinga. Grand Rapids, MI: Baker Book House, 1996.<br />

Padelford, Walton. Bonhoeffer and Business Ethics. Mountain Home, AR: Borderstone<br />

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Robinson, John A.T. Honest to God. Philadelphia: The Westminster Press, 1963.<br />

Schumacher, E.F. Small Is Beautiful. New York: Harper & Row, 1973.<br />

Wind, Renate, Dietrich Bonhoeffer; A spoke in the Wheel. Grand Rapids, Michigan:<br />

Wm. B. Eerdmans, 1998.<br />

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Zeitschrift für Marktwirt<strong>schaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />

Journal of Markets and Ethics<br />

<strong><strong>Wirt</strong><strong>schaft</strong></strong>sfachtagung der GWE<br />

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