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Organisation im Wandel - Universität St.Gallen

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EINLEITUNG 49<br />

Heuristiken können allgemein als sog. Sparsamkeits- oder Faustregeln verstanden<br />

werden. Sie grenzen sich von Algorithmen i.V. analytischer Vorgehensweisen wie<br />

folgt ab:<br />

„An algorithm is a technique, or a mechanism, which prescribes how to reach a fully specified<br />

goal. […] An heuristic specifies a method of behaving which will tend towards a goal which<br />

cannot be precisely specified because we know what it is but not where it is. […] Heuristics<br />

prescribe general rules for reaching general goals, then, and do not typically prescribe an exact<br />

route to a located goal as does an algorithm.“ 94<br />

Heuristiken ermöglichen trotz unvollständiger Repräsentation und Information eine<br />

effiziente Zielverfolgung, indem sie Handlungsempfehlungen geben. Sie sind Wegleitungen,<br />

um eigene Lösungen zu finden. 95 Dies funktioniert, da eine Heuristik nicht<br />

einfach ein Mittel ist, um ein vorgegebenes Ziel zu erreichen, sondern das Ziel in der<br />

Heuristik bereits selbst enthalten ist. 96 Heuristiken sind nicht logisch, sondern ökologisch;<br />

nicht gut oder schlecht, rational oder irrational, sondern sowohl <strong>im</strong> menschlichen<br />

Organismus als auch in der Umwelt verankert. Dies zeigt sich dadurch, dass sie<br />

Regeln sind, die erstens den (kognitiven) Prozess und nicht nur das Ergebnis einer<br />

Problemlösung beschreiben, zweitens <strong>im</strong> Verhältnis zu evolvierten oder erlernten<br />

Fähigkeiten eines Organismus einfach sind und somit Urteile schnell, sparsam und<br />

transparent treffen und drittens intelligent genug sind, um auf ökologisch-rationale Art<br />

und Weise Umweltstrukturen zu nutzen. 97<br />

KUHL zeigt in seinen <strong>St</strong>udien, dass das Anwenden von Heuristiken durch kognitive<br />

Motivationszustände beeinflusst wird. 98 Bezogen auf menschliche Entscheidungsfindungen<br />

entwickelt er ein metakognitives Modell der Handlungskontrolle, das sich<br />

aus den drei Ebenen metakognitiv, kognitiv und handlungsbezogen zusammensetzt.<br />

Während die metakognitive Ebene grundsätzlich selbst auf Basis von Heuristiken<br />

arbeitet, indem je nach Tendenz zur Lage- oder Handlungsorientierung nach den<br />

Prinzipien „Analysiere die Lage!“ oder „Ändere etwas!“ Informationen selektiert<br />

94<br />

95<br />

96<br />

97<br />

98<br />

Vgl. Beer, S. (Brain, 1972/1995), S. 52. Vgl. hierzu auch die Beschreibung von Gigerenzer, G., Todd, P. M.,<br />

& ABC Research Group (Heuristics, 1999), S. 26: „(…) a heuristic came to mean a useful shortcut, an<br />

approx<strong>im</strong>ation, or a rule of thumb for guiding search, such as a strategy that a chess master uses to reduce the<br />

enormous space of possible moves at each point in a game.“<br />

Frei, F. et al. (<strong>Organisation</strong>, 1992/1996), S. 145.<br />

Gigerenzer, G. et al. (Kognitive Heuristiken, 2006), S. 335.<br />

Ebd., S. 332f. Aus Letzterem resultiert zugleich auch ihre Begrenzung, da sich Heuristiken nur <strong>im</strong> Rahmen<br />

spezifischer Umwelten und der in ihr vorkommenden <strong>St</strong>rukturgegebenheiten anwenden lassen.<br />

Vgl. Kuhl, J. (Handlungskontrolle, 1983), S. 251ff., Kap. 9. Lage- und handlungsorientierte Personen<br />

unterscheiden sich in vier Aspekten: „Bedarf nach Planung und Analyse sowie Umgang mit Unsicherheiten“,<br />

„Bedarf dauerhafter Abwägeprozesse“, „starker emotionaler Fokus“ und „Angst vor Misserfolgen“.

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