Organisation im Wandel - Universität St.Gallen

ORGANISATION ALS ORDNUNGSSCHAFFENDES ELEMENT 266
zueinander und zur Gesamtorganisation in ihrer Struktur selbstähnlich aufgebaut sein
sollten, ist die Logik eines fraktalen Unternehmens. 704 Fraktale (lat.: „fractus“:
gebrochen) bezeichnen einen selbstähnlichen, rekursiven Strukturaufbau, der für das
Ganze (die Organisation) gleich ist wie für seine Teile (Organisationsbereiche,
Abteilungen, etc.). 705 Die Kombination sich wiederholender Strukturmuster ermöglicht
es, komplexe Lösungen durch das Anwenden von Selbstorganisation, -optimierung,
Zielorientierung und Dynamik sicherzustellen. 706 Dabei ist zu berücksichtigen, dass
sich die Gleichheit nur auf die Struktur, nicht jedoch auf den Inhalt der Fraktale
bezieht. Für Organisationen heisst dies, dass der strukturelle Rahmen für das Bilden
von Bereichen, Abteilungen, Gruppen, etc. gleich bleibt, es aber innerhalb dieses
strukturellen Rahmens zu inhaltlichen Adaptionen für das Erfüllen des Organisationszwecks
(aufgrund unterschiedlicher Geschäftstätigkeiten) kommen kann.
Grundsätzlich besteht ein Fraktal (bspw. in Form einer Abteilung) aus einer Gruppe
von Beschäftigten, die eine Aufgabe innerhalb einer internen oder externen Lieferanten-Abnehmer
Kette erfüllen. Das Konzept einer fraktalen Organisation ist somit ein
integrierender Ansatz, der neben den Dimensionen Technik und Organisation (Sachorientierung)
besonders die Dimension Mensch (Personenorientierung) als Potenzial
berücksichtigt. 707 Dem Mitarbeiter werden Gestaltungs- und Umsetzungsspielräume
eingeräumt, die sich gleichermassen auf einzelne Arbeitsplätze als auch auf die
Strukturen innerhalb der Fraktale und auf die Beziehungen zwischen den Fraktalen
beziehen. Die Koordination benötigter Ressourcen wird dabei den Fraktalen unterstützend
zur Verfügung gestellt. Nach KÄMPF zeichnen sich fraktale Netzwerkorganisationen
durch folgende Merkmale aus: 708
1. Selbstähnlichkeit: Diese beschreibt die strukturelle Eigenschaft der organisatorischen
Gestaltung, die Art und Weise der Leistungserstellung, das Formulieren
und Verfolgen von Zielen.
704 Warnecke, H.-J. (Fraktale Unternehmen, 1992/1993) wandte erstmals die Strukturlogik eines Fraktals
Anfang der 1990er Jahre auf produzierende Industriebetriebe an, um die durch vertikal, hierarchische
Strukturen verursachten Informations- und Zeitverluste zu minimieren. Im Vordergrund steht die Ablöse
vertikaler Hierarchieebenen durch eine verstärkte Kommunikation autonomer Einheiten auf der horizontalen
Leistungsebene.
705 Namensgeber und Begründer der fraktalen Geometrie als ein Teilgebiet der Mathematik ist BENOÎT
MANDELBROT, [vgl. Mandelbrot, B.B. (Fractal Geometry, 1977/1983). Fraktale lassen sich sowohl bei
natürlichen Formen als auch bei Materie finden. Um das Prinzip von Fraktalen zu verstehen, wird auf fraktale
Strukturen in der Natur verwiesen wie bspw. Schneeflocken, Farne, Kohlgemüse, etc.
706 Vgl. Warnecke, H.-J. (Fraktale Unternehmen, 1992/1993), S. 9 und S. 153.
707 Kämpf, R. (Fraktale Organisation, 2007), S. 120.
708 Vgl. Ebd., S. 119.