Organisation im Wandel - Universität St.Gallen

ORGANISATION ALS ORDNUNGSSCHAFFENDES ELEMENT 208
Menschen zu typologisieren, 538 wird schnell erkannt, dass durch die Produktivitätssteigerung
Anforderungen an die Leistungserbringung von Organisationen entstanden
sind, die nicht durch eine „Führung durch Vorlagen“ zu bewältigen ist. Die Frage, wie
Wissen für den Erhalt von Flexibilität und den Umgang mit dynamischen Situationen
genutzt werden kann, rückt ins Zentrum. Zu dieser Zeit ist bereits der Grossteil der
Führung nicht mehr Aufgabe des Eigentümers, sondern wird durch eigens dafür
eingestellte Manager erledigt.
Zusammenfassend blicken wir historisch auf eine rund 100-jährige Organisationsgeschichte
zurück, in der sich unterschiedliche Vertreter mit unterschiedlichen
Theorien zur Organisation von Organisationen auseinandersetzten. KIESER erwähnt,
dass der Stellenwert der Organisationstheorie v.a. darin liegt, den Zweck, das Entstehen,
das Bestehen, den Wandel und die Funktionsweise von Organisationen zu
verstehen. 539 Während sich dabei Organisationstheorien gegenseitig ausschliessen
können, sind diese v.a. als „Scheinwerfer“ zu verstehen: Jede Theorie macht Partialanalysen,
die i.V. des Systemdenkens jeweils einen eigenen Beitrag zum Verständnis
von Organisationen als Ganzheiten liefern.
„Die Unternehmung ist eine Organisation, in welcher Herrschaft ausgeübt wird (Bürokratieansatz),
in welcher Aufgaben zu erfüllen sind (tayloristischer und strukturtechnischer Ansatz), in
welcher Menschen zusammenleben (Human-Relations Ansatz), die als offenes System unter bestimmten
Kontextbedingungen agiert (situativer Ansatz), in welcher von Individuen mit unterschiedlichen
Interessen (mehr oder weniger rational) Entscheidungen getroffen werden (entscheidungstheoretischer
Ansatz), in welcher Verfügungsrechte geregelt sind (Property-Rights Ansatz),
die ein alternatives institutionelles Arrangement zum Markt darstellt (Transkationskosten
Ansatz), in welcher divergierende Interessen aufeinander stossen (Principal-Agent Ansatz), welche
einem Organismus mit bestimmten genetischen Informationen gleicht (evolutionstheoretischer
Ansatz), welche einem Volksstamm mit einer bestimmten Kultur gleicht (interpretativer Ansatz), in
der auf unterschiedliche Art und Weise Ordnung entsteht (Systemtheorie/Selbstorganisation).“ 540
538
Stellvertretend wird auf den Human Relations-Ansatz von McGREGOR verwiesen, der für die Führung von
Menschen zwei verschiedene Menschenbilder resp. Theorien unterscheidet. Während sich Theorie X auf die
traditionelle Sicht einer hierarchischen, von Kontrolle gekennzeichneten Führung konzentriert und davon
ausgeht, dass „The average human being has an inherent dislike of work and will avoid it if he can.“, betont
Theorie Y die Integration individueller und organisatorischer Ziele: „(…) point up the fact that the limits on
human collaboration in the organizational setting are not limits of human nature but of management’s
ingenuity in discovering how to realize the potential represented by its human resources.“, [vgl. McGregor,
D. (Human Side, 1960), S. 33ff. und S. 45ff.].
539 Kieser, A. et al. (Organisation, 1977/2010), S. 29.
540 Vgl. Bea, F.X. et al. (Organisation, 1999/2006), S. 245f. (besser dargestellt in der 2. Auflage, S. 199f.)