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Pathobiologie/Pathobiochemie Teil 1 - Alex Eberle

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<strong>Pathobiologie</strong>/<strong>Pathobiochemie</strong> <strong>Teil</strong> 1<br />

Lektion 1 24.02.10 Einführung und Grundlagen<br />

Lektion 2 3.03.10 Hautkrankheiten<br />

Lektion 3 10.03.10 Endokrinopathien, Gewichtsregulation<br />

Fettstoffwechsel-Störungen<br />

Lektion 4 17.03.10 Darm- und Leberkrankheiten<br />

Lektion 5 24.03.10 Erkrankungen von Skelett und Muskulatur<br />

Rheumatische Erkrankungen<br />

<br />

Lektion 6 31.03.10 Pathophysiologie des Blutzellsystems<br />

Lektion 7 14.04.10 Herz-Kreislaufkrankheiten<br />

1<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 1


Stoff aus dem Lehrbuch zu Lektion 6<br />

G. Thews, E. Mutschler, P. Vaupel<br />

Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie des Menschen (6. Auflage)<br />

Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart, 2007.<br />

Kapitel 6 und 7: Seiten 129-190.<br />

2<br />

A.V. Hoffbrand, ..., D. Hoelzer<br />

Grundkurs Hämatologie<br />

(2. Auflage, 2003)<br />

Blackwell Verlag, Berlin · Wien<br />

M. Michl<br />

Hämatologie<br />

(1. Auflage, 2005)<br />

Urban & Fischer bei Elsevier<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 2


Inhalt der Vorlesung<br />

<strong>Teil</strong> 1: Grundlagen des Blutzellsytems<br />

Blut und Hämatopoese<br />

Erythrozyten<br />

Leukozyten und immunkompetente Zellen<br />

Lymphozyten<br />

Lymphatische Organe<br />

Thrombozyten, Hämostase und Fibrinolyse<br />

<strong>Teil</strong> 2: Krankheiten des Blutzellsystems<br />

Anämien<br />

Leukämien<br />

Lymphome und Myelom<br />

Myeloproliferative Erkrankungen<br />

Störungen der Hämostase<br />

3<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 3


Grundlagen des Blutzellsystems<br />

(<strong>Teil</strong> 1)<br />

Blut und Hämatopoese<br />

Blutzusammensetzung<br />

Blutbildung (Hämatopoese)<br />

Stammzellen, hämatopoetische Wachstumsfaktoren<br />

Erythrozyten<br />

Erythropoese<br />

Erythropoetin, Hämoglobin<br />

Leukozyten<br />

Einteilung der Leukozyten<br />

Myelopoese<br />

Granulozyten und Monozyten<br />

Lymphopoese: Entwicklung der B- und T-Lymphozyten<br />

Lymphatisches System<br />

Primäre lymphatische Organe (Knochenmark, Thymus)<br />

Sekundäre lymphatische Organe (Lymphknoten, Tonsillen, Milz)<br />

Thrombozyten<br />

Thrombopoese<br />

Morphologie und Funktion der Thrombozyten<br />

Hämostase und Fibrinolyse<br />

4<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 4


(*)<br />

Blutzusammensetzung<br />

Das normale Blutvolumen beträgt beim Erwachsenen ca. 70 ml/kg oder 4−6 l, die 6−8% seines<br />

Körpergewichts ausmachen. Das Blut besteht aus Plasma und suspendierten zellulären Bestandteilen<br />

(Erythrozyten, Leukozyten, Thrombozyten).<br />

Das Plasmavolumen wird reguliert durch Baro- (Renin-Angiotensin-System), Volumen- (ANP = atriales<br />

natriuretisches Peptid) und Osmorezeptoren (ADH = antidiuretisches Peptid). Plasma enthält neben<br />

vielen hundert Molekülarten das für die Gerinnung notwendige Fibrinogen. Als Serum bezeichnet man<br />

von Fibrin befreites Plasma.<br />

5<br />

Den Anteil der zellulären Elemente am gesamten Blutvolumen bezeichnet man als Hämatokriten. Da<br />

die Erythrozyten beim Gesunden 96% des zellulären Volumenanteils ausmachen, ermöglicht der<br />

Hämatokrit v.a. einen Rückschluss auf den Erythrozytenanteil im Blut. Der Hämatokrit wird durch<br />

Zellproliferation, Zelldifferenzierung und Zellabbau fein reguliert. Er beträgt bei Frauen 36−45% und bei<br />

Männern 42−50%.<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 5


6<br />

*<br />

Blutbildung (Hämatopoese)<br />

In den ersten Schwangerschaftswochen ist der Dottersack Hauptort<br />

der Hämatopoese. Von der 6. Woche bis zum 6.−7. Fetalmonat<br />

übernehmen hauptsächlich Leber und Milz die Blutbildung und<br />

setzen diese bis etwa 2 Wochen nach der Geburt fort. Vom 6.−7.<br />

Fetalmonat an ist das Knochenmark das wichtigste Blutbildungsorgan.<br />

Die Hämatopoese beginnt mit einer allgemeinen, pluripotenten<br />

Stammzelle, aus der alle einzelnen Zelllinien des myeloischen und<br />

lymphatischen Systems hervorgehen. Der Phänotyp der menschlichen<br />

Stammzelle ist nicht im Detail bekannt. Immunologische<br />

Untersuchungen zeigen jedoch die Oberflächenmarker CD34 + und<br />

CD38 - . Das Erscheinungsbild der Stammzelle entspricht dem eines<br />

kleinen bis mittelgrossen Lymphozyten.<br />

Die Zelldifferenzierung von der Stammzelle zu den erythropoetischen,<br />

granulopoetischen und lymphopoetischen Linien vollzieht<br />

sich über die Zwischenstufe festgelegter hämatopoetischer<br />

Vorläuferzellen, die in ihrem Entwicklungspotential eingeschränkt<br />

sind.<br />

Die früheste nachweisbare gemischt myeloische Vorläuferzelle,<br />

aus der Granulozyten, Erythrozyten, Monozyten und Megakaryozyten<br />

hervorgehen, wird als CFU (colony-forming units in agar<br />

culture medium)-GEMM bezeichnet. Daraus entwickeln sich die<br />

Vorläufer der einzelnen Zelltypen (z.B. BFU-E: burst-forming uniterythroid;<br />

CFU-GM, colony forming unit granulocyte-macrophage).<br />

Die Stammzelle hat die Fähigkeit zur Selbsterneuerung. Die Vorläuferzellen<br />

reagieren auf hämatopoetische Wachstumsfaktoren.<br />

Aus hämatopoetischen Stammzellen gehen auch Osteoklasten,<br />

natürliche Killerzellen und dendritische Zellen hervor.<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 6


(*)<br />

Stammzellen und Knochenmarkstroma<br />

Das Knochenmark bildet ein günstiges Umfeld für das Wachstum und die Entwicklung von Stammzellen. Es<br />

setzt sich aus Stromazellen und einem mikrovaskulären Netzwerk zusammen. Zu den Stromazellen gehören<br />

Fettzellen, Fibroblasten, Retikulumzellen, Endothelzellen und Makrophagen. Sie sezernieren Moleküle wie<br />

Kollagen, Glykoproteine (Fibronektin und Thrombospondin) und Glykosaminoglykane (Hyaluronsäure und<br />

Chondroitin-Derivate), um die extrazelluläre Matrix zu formieren. Stromazellen sezernieren ausserdem<br />

mehrere Wachstumsfaktoren, die für das Überleben der Stammzellen notwendig sind.<br />

7<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 7


(*)<br />

Hämatopoetische Wachstumsfaktoren<br />

Die hämatopoetischen Wachstumsfaktoren sind Glykoprotein-Hormone, die Proliferation und<br />

Differenzierung der hämatopoetischen Vorläuferzellen und die Funktion der reifen Blutzellen regulieren. Die<br />

biologischen Effekte der Wachstumsfaktoren werden durch spezifische Rezeptoren auf den Zielzellen<br />

vermittelt. T-Lymphozyten, Monozyten/Makrophagen und Stromazellen sind die Hauptquellen der<br />

Wachstumsfaktoren. Ausnahmen: Erythropoetin (wird zu 90% in der Niere gebildet) und Thrombopoetin<br />

(wird vor allem in der Leber gebildet).<br />

Wachstumsfaktoren (Beispiele)<br />

SCF: Stem Cell Factor<br />

TPO: Thrombopoetin<br />

EPO: Erythropoetin<br />

GM-CSF: Granulocyte-Macrophage Colony<br />

Stimulating Factor<br />

G-CSF: Granulocyte Colony Stimulating Factor<br />

M-CSF: Monocyte Colony Stimulating Factor<br />

IL-3, IL-5: Interleukin-3, -5<br />

8<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 8


(*)<br />

Funktionen der Wachstumsfaktoren<br />

Stimulation der Proliferation früher<br />

Knochenmarkzellen<br />

Steuerung der Differenzierung zu<br />

einzelnen Zelltypen<br />

Stimulation der Zellreifung<br />

Hemmung der Apoptose<br />

Beeinflussung der Funktion reifer,<br />

sich nicht teilender Zellen<br />

9<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 9


(*)<br />

Erythropoese<br />

Die Erythropoese verläuft von der<br />

Stammzelle über die Vorläuferzellen<br />

CFU-GEMM, BFU-E und die erythropoetischen<br />

CFU-E bis hin zu der<br />

ersten, im Knochenmark erkennbaren,<br />

erythroiden Vorläuferzelle, dem<br />

Pronormoblasten. Aus dem Pronormoblasten<br />

entsteht über mehrere <strong>Teil</strong>ungsschritte<br />

eine Reihe von immer<br />

kleineren Normoblasten. Diese enthalten<br />

im Zytoplasma eine zunehmende<br />

Menge Hämoglobin. Fortschreitender<br />

Verlust der RNA und des Proteinsyntheseapparats.<br />

Auf der letzten Entwicklungsstufe im Knochenmark stossen<br />

die Normoblasten ihre Kerne aus. Die entstehenden<br />

Retikulozyten enthalten nur noch rRNA, können aber noch<br />

Hämoglobin synthetisieren und reifen in der Milz zum<br />

Erythrozyten aus. Dabei geht die RNA vollständig verloren.<br />

10<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 10


(*)<br />

Erythropoetin<br />

Die Erythropoese wird durch das Hormon<br />

Erythropoetin reguliert. Es handelt sich um<br />

ein glykosyliertes Polypeptid aus 165<br />

Aminosäuregruppen.<br />

Synthese: 90% in der Niere und 10% in der<br />

Leber.<br />

Die Erythropoetinbildung wird durch die O 2<br />

-<br />

Spannung im Nierengewebe stimuliert. Die<br />

Erythropoetinbildung steigt bei Anämien an,<br />

wenn das Hämoglobin nicht zur normalen<br />

Abgabe von O 2<br />

in der Lage ist. Weitere<br />

Ursachen: niedriger O 2<br />

-Gehalt der Luft oder<br />

beeinträchtigte O 2<br />

-Versorgung der Niere.<br />

Erythropoetin stimuliert die Erythropoese, indem es die<br />

Zahl der Vorläuferzellen erhöht. Späte Stadien der BFU-E<br />

und CFU-E werden zur Proliferation, Differenzierung und<br />

Hämoglobinbildung angeregt.<br />

Eine bessere O 2<br />

-Versorgung des Gewebes reduziert die<br />

Erythropoetin-Stimulation.<br />

11<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 11


Rekapitulation<br />

Hämoglobin<br />

Das Hämoglobinmolekül besteht aus vier Globinketten<br />

mit jeweils einer eigenen Häm-Gruppe, die eine<br />

Sauerstoffbindungsstelle besitzt. Während das Häm-<br />

Molekül konstant bleibt, variieren die Globinketten in<br />

Länge und Aminosäuresequenz.<br />

Man unterscheidet mehrere Hämoglobintypen:<br />

HbA 1<br />

(α 2<br />

β 2<br />

, 96−98%), HbA 2<br />

(α 2<br />

δ 2<br />

, 1−4%), HbF (α 2<br />

γ 2<br />

,<br />


Rekapitulation<br />

Bildung des Hämoglobins<br />

Das Hämoglobin wird in den Mitochondrien<br />

der roten Vorläuferzellen<br />

gebildet.<br />

Nach der Bindung von Transferrin an<br />

einen Oberflächenrezeptor der Zelle<br />

wird der Rezeptor-Transferrin-Eisen-<br />

Komplex internalisiert. In der Zelle löst<br />

sich das zweiwertige Eisen von<br />

diesem Komplex ab und bildet mit<br />

dem Protoporphyrin das Häm-<br />

Molekül. Jede Häm-Gruppe bindet<br />

sich an eine Globinkette, die an den<br />

Ribosomen synthetisiert wurde. Lagern<br />

sich vier Häm-Globin-Ketten<br />

zusammen, so entsteht das Tetramer<br />

Hämoglobin.<br />

13<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 13


*<br />

Einteilung der Leukozyten<br />

Die Leukozyten werden in zwei grosse Gruppen<br />

eingeteilt:<br />

die Phagozyten und die Lymphozyten.<br />

a. b. c.<br />

Zu den Phagozyten gehören die neutrophilen (a),<br />

eosinophilen (b) und basophilen (c) Granulozyten,<br />

die Monozyten (d) und Makrophagen (e) und die<br />

dendritischen Zellen (f).<br />

d.<br />

Die Lymphozyten (g), ihre Vorstufen und die<br />

Plasmazellen (h), die aus den B-Zellen hervorgehen<br />

und Antikörper sekretieren, bilden<br />

zusammen die Gruppe der Immunzellen.<br />

g.<br />

e.<br />

14<br />

h.<br />

f.<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 14


(*)<br />

Leukopoese - Myelopoese<br />

CFU-GM<br />

15<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 15


*<br />

Granulozyten und Monozyten<br />

Granulozyten<br />

Nach ihrer Freisetzung aus dem Knochenmark<br />

zirkulieren die Granulozyten 6−8 Stunden in der<br />

Blutbahn, bevor sie ins Gewebe übertreten, um ihre<br />

Funktion der Phagozytose zu erfüllen. Im Blutkreislauf<br />

verteilen sich die Granulozyten etwa zu gleichen <strong>Teil</strong>en<br />

auf einen zirkulierenden und einen randständigen Pool,<br />

der nicht im Blutbild erfasst wird. Granulozyten halten<br />

sich etwa 4−5 Tage im Gewebe auf, bevor sie im<br />

Rahmen einer Abwehrreaktion oder infolge ihrer<br />

Alterung abgebaut werden.<br />

Monozyten<br />

Nach einer kurzen Verweildauer im Knochenmark<br />

zirkulieren die Monozyten 20−40 Stunden in der<br />

Blutbahn, bevor sie in das Gewebe übertreten und<br />

ausreifen. In verschiedenen Geweben erfüllen die<br />

Makrophagen verschiedene Funktionen.<br />

16<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 16


Lymphopoese - Entwicklung der B-Lymphozyten<br />

Die unterschiedlichen Differenzierungsstadien<br />

werden<br />

durch eine unterschiedliche<br />

Expression von Antigenen<br />

charakterisiert.<br />

17<br />

Aus der pluripotenten Stammzelle entwickelt sich die lymphatische Vorläuferzelle (CFU-L), aus der sich<br />

B- und T-Zellen differenzieren können. Die B-Zellen entwickeln sich über Pro-B-, Prä-B-, unreife B-Zellen<br />

schliesslich zu reifen B-Zellen. Die reifen B-Zellen können nach Aktivierung in eine Plasmazelle oder eine<br />

Gedächtniszelle differenzieren.<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 17


Lymphopoese - Entwicklung der T-Lymphozyten<br />

Aus der pluripotenten hämatopoetischen Vorläuferzelle<br />

entsteht eine lymphatische Vorläuferzelle (CFU-L). Daraus<br />

entwickeln sich B- und T-Zellen. Die frühesten T-Vorläuferzellen<br />

des Knochenmarks gelangen zum überwiegenden<br />

<strong>Teil</strong> in den Thymus und dort aus der Subkapsulärregion<br />

über die Rinde ins Mark.<br />

Die Zellen differenzieren und werden dabei einer positiven<br />

und negativen Selektion unterworfen. Es entstehen Zellen,<br />

die entweder den αβ- oder den γδ-T-Zell-Rezeptor aufweisen.<br />

Ein kleiner <strong>Teil</strong> der T-Zellen differenziert extrathymisch.<br />

Ob diese Lymphozyten ebenfalls einer Selektion<br />

unterliegen, ist noch nicht bekannt.<br />

In den peripheren lymphatischen Organen und im Blut<br />

finden sich fast ausschliesslich reife T-Zellen, die einen T-<br />

Helfer- oder T-Suppressor- bzw. zytotoxischen Phänotyp<br />

aufweisen (CD4 oder CD8).<br />

18<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 18


*<br />

Lymphatisches System<br />

Das spezifische Immunsystem ist v.a. in den primären (rot) und<br />

sekundären lymphatischen Organen (blau) lokalisiert.<br />

Besiedlungswege der primären und sekundären<br />

lymphatischen Organe durch<br />

lymphatische Vorläuferzellen.<br />

19<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 19


Primäre lymphatische Organe<br />

In den primären lymphatischen Organen (Knochenmark und Thymus) reifen die Progenitorzellen, die im<br />

Knochenmark aus Stammzellen entstanden sind, und werden unter dem Einfluss lokaler Faktoren zu<br />

immunkompetenten Zellen geprägt. Durch die Prägung erhalten sie die Fähigkeit, auf Antigene zu reagieren.<br />

Die T-Lymphozyten werden im Thymus, die B-Lymphozyten im Knochenmark geprägt.<br />

Organisation des Thymus<br />

Schematische Darstellung der lymphoiden Zellen,<br />

des Stromas und der Gefässe des Thymus<br />

(rechts) und die Migration der lymphoiden Zellen<br />

während ihrer Reifung (links)<br />

(A) Blutbarriere im Bereich des Kortex<br />

20<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 20


Sekundäre lymphatische Organe<br />

Von den primären lymphatischen Organen<br />

wandern die geprägten, naiven Vorläuferzellen<br />

in die sekundären lymphatischen Organe<br />

(Lymphknoten, Tonsillen, Milz) und in<br />

das lymphatische Gewebe der Schleimhäute<br />

im Respirations-, Gastrointestinal- und Urogenitaltrakt<br />

(MALT).<br />

Dort treten sie mit Antigenen in Kontakt,<br />

worauf sie proliferieren und sich zu den<br />

endgültigen Effektorzellen differenzieren.<br />

Querschnitt durch einen Lymphknoten<br />

Die Effektorzellen werden ins Blut ausgeschwemmt<br />

und rezirkulieren dann weiterhin<br />

permanent zwischen Blut und sekundären<br />

lymphatischen Organen.<br />

21<br />

Feinbau der Milz<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 21


*<br />

Thrombopoese<br />

Die Thrombozyten werden im<br />

Knochenmark durch Fragmentierung<br />

des Zytoplasmas der Megakaryozyten<br />

gebildet. Die Vorläuferzelle<br />

der Megakaryozyten<br />

(Megakaryoblast) entwickelt sich<br />

durch einen Differenzierungsprozess<br />

aus der hämatopoetischen<br />

Stammzelle.<br />

Unter stetiger Vergrösserung seines<br />

Zytoplasmavolumens reift<br />

der Megakaryoblast durch einen<br />

endomitotischen Prozess mit<br />

mehreren synchronen Kernverdoppelungsschritten<br />

zum Megakaryozyten<br />

heran.<br />

Thrombopoetin ist der wichtigste Wachstumsfaktor der Thrombopoese. Er wird in Leber und Niere gebildet<br />

und bindet an Thrombopoetin-Rezeptoren auf den Thrombozyten.<br />

22<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 22


(*)<br />

Morphologie und Funktion der Thrombozyten<br />

a.<br />

Darstellung der Ultrastruktur der Thrombozyten<br />

b.<br />

23<br />

Megakaryozyten<br />

a. Unreife Form mit basophilem<br />

Zytoplasma<br />

b. Reife Form mit vielen<br />

Kernteilen und ausgeprägter<br />

Granulation im Zytoplasma<br />

Thrombogenese<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 23


(*)<br />

Hämostase und Fibrinolyse<br />

Bei einer Gefässverletzung mit Zerstörung des<br />

Endothels und Freilegung subendothelialer Kollagenfasern<br />

wird das Hämostasesystem aktiviert.<br />

Primäre Hämostase<br />

Vasokonstriktion → Adhäsion der Thrombozyten an<br />

subendotheliale Strukturen direkt oder indirekt über<br />

von-Willebrand-Faktor → Aktivierung der Thrombozyten<br />

durch Adhäsion: Degranulation, Rekrutierung und<br />

Aktivierung weiterer Thrombozyten → Aggregation<br />

der Thrombozyten über Fibrinogen-Rezeptoren mit<br />

Fibrinogen als Bindeglied → weisser Thrombus (noch<br />

instabil).<br />

Sekundäre Hämostase<br />

Plasmatische Gerinnungskaskade - intrinsisch (Endothelverletzung):<br />

Faktor XII → XI → IX → VIII, extrinsisch<br />

(Hauptweg in vivo): Kontakt mit membranständigem<br />

Gewebefaktor → Faktor VII. Gemeinsame<br />

Endstrecke: Prothrombin → Thrombin → Fibrinogen<br />

→ Fibrinmonomer → Fibrinpolymer + Faktor XIIIa →<br />

roter Thrombus (stabil).<br />

24<br />

Fibrinolyse<br />

Intrinsisch (Endothelverletzung): Faktor XIIa, extrinsisch<br />

(Gewebeaktivatoren): t-PA, u-PA; gemeinsame<br />

Endstrecke: Plasminogen → Plasmin → Faktor V,<br />

VIII, Fibrinogen, Fibrin → (Fibrin-)Spaltprodukte.<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 24


Krankheiten des Blutzellsystems (<strong>Teil</strong> 2)<br />

Anämien<br />

Klassifikation der Anämien<br />

Eisenmangelanämie<br />

Makrozytäre Anämie<br />

Hämolytische Anämie<br />

Thalassämie<br />

Sichelzellanämie<br />

Anämie bei chronischer Erkrankung<br />

Aplastische Anämie (AA)<br />

Leukämien<br />

Akute myeloische Leukämie (AML)<br />

Akute lymphoblastische Anämie (ALL)<br />

Chronische myeloische Leukämie (CML)<br />

Chronische lymphatische Leukämie (CLL)<br />

Myelodysplastische Syndrome (MDS)<br />

Myeloproliferative Erkrankungen<br />

Polycythaemia vera (PV)<br />

Essentielle Thrombozythämie (ET)<br />

Osteomyelofibrose (OMF)<br />

Störungen der Hämostase<br />

Hämorrhagische Diathesen<br />

Thrombozytopenie<br />

Koagulopathien<br />

Hämophilie<br />

von Willebrand-Syndrom (vWS)<br />

Vasopathien<br />

Thrombophile Diathesen<br />

Lymphome und Myelom<br />

Hodgkin-Lymphom<br />

Non-Hodgkin-Lymphome (NHL)<br />

Multiples Myelom<br />

25<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 25


Anämien<br />

Anämien<br />

Klassifikation der Anämien<br />

Eisenmangelanämie<br />

Makrozytäre Anämie<br />

Hämolytische Anämie<br />

Thalassämie<br />

Sichelzellanämie<br />

Anämie bei chronischer Erkrankung<br />

Aplastische Anämie (AA)<br />

Leukämien<br />

Akute myeloische Leukämie (AML)<br />

Akute lymphoblastische Anämie (ALL)<br />

Chronische myeloische Leukämie (CML)<br />

Chronische lymphatische Leukämie (CLL)<br />

Myelodysplastische Syndrome (MDS)<br />

Myeloproliferative Erkrankungen<br />

Polycythaemia vera (PV)<br />

Essentielle Thrombozythämie (ET)<br />

Osteomyelofibrose (OMF)<br />

Störungen der Hämostase<br />

Hämorrhagische Diathesen<br />

Thrombozytopenie<br />

Koagulopathien<br />

Hämophilie<br />

von Willebrand-Syndrom (vWS)<br />

Vasopathien<br />

Thrombophile Diathesen<br />

Lymphome und Myelom<br />

Hodgkin-Lymphom<br />

Non-Hodgkin-Lymphome (NHL)<br />

Multiples Myelom<br />

26<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 26


Erythrozytenmorphologie<br />

Pathologische Erythrozytenmorphologie und Vorkommen<br />

27<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 27


(*)<br />

Klassifikation der Anämien<br />

Eine Anämie ist definiert als eine Verminderung der Hämoglobinkonzentration und des Hämatokriten unter<br />

den Referenzbereich. 80% aller Anämien werden durch Eisenmangel oder chronische Erkrankungen<br />

verursacht. Die Einteilung erfolgt nach der Erythrozytenmorphologie in hypochrome/mikrozytäre (a),<br />

normochrome/normozytäre (b) und hyperchrome/makrozytäre (c) Anämien.<br />

MCH: mittleres korpuskuläres Hämoglobin<br />

MCV: mittleres Erythrozyten-Einzelvolumen<br />

MCHC: mittlere korpusk. Hämoglobin-Konz.<br />

a. b. c.<br />

28<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 28


(*)<br />

Eisenmangelanämie<br />

Ursachen eines Eisenmangels<br />

Die Eisenmangelanämie ist definiert als Anämie bei vermindertem<br />

Gesamteisenbestand im Körper. Sie ist mit 60%<br />

die häufigste aller Anämien.<br />

Eine erniedrigte Hb-Konzentration zusammen mit einer erniedrigten<br />

Ferritin-Konzentration (>12 µ g/l) sichert die Diagnose.<br />

Die Erythrozytenindizes MCH, MCV und MCHC sind<br />

erniedrigt und zeigen den Grad der Hypochromie und<br />

Mikrozytose an. Die Erythrozyten im Blutausstrich sind blass,<br />

klein und ringförmig.<br />

29<br />

Blasse Konjunktiven<br />

Hohlnägel<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 29


(*)<br />

Makrozytäre Anämie<br />

Unter dem Begriff werden alle Anämien mit erhöhtem Erythrozytenvolumen (MCV) zusammengefasst.<br />

Unterschieden werden megaloblastäre und nichtmegaloblastäre Anämien. Megaloblastäre Anämien sind<br />

durch aussergewöhnlich grosse Erythrozyten gekennzeichnet. Ursache ist eine gestörte DNA-Synthese<br />

infolge von Vitamin-B 12<br />

- oder Folsäuremangel. Bei den nichtmegaloblastären Anämien ist die DNA-Synthese<br />

normal und die Makrozytose nicht so stark ausgeprägt.<br />

Schmerzhafte Glossitis<br />

30<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 30


Hämolytische Anämie<br />

Der Begriff umfasst eine Gruppe von Anämien verschiedener<br />

Genese, die durch verkürzte Erythrozytenüberlebensdauer<br />

charakterisiert sind. Eine kompensierte<br />

Hämolyse liegt vor, wenn bei festgestellten<br />

Hämolysezeichen aufgrund einer kompensatorisch<br />

gesteigerten Erythropoese keine Anämie besteht.<br />

Kann das Ausmass der Hämolyse nicht kompensiert<br />

werden, spricht man von einer hämolytischen Anämie.<br />

b.<br />

Die Einteilung erfolgt nach der Entstehung (hereditär/<br />

erworben), nach der Art der Erythrozytenschädigung<br />

(korpuskulär/extrakorpuskulär) und nach dem Ort des<br />

Erythrozytenabbaus (intravasal/ extravasal).<br />

a.<br />

a. Hereditäre, korpuskuläre Anämien<br />

b. Erworbene, extrakorpuskuläre Anämien<br />

31<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 31


(*)<br />

Thalassämie<br />

Die Thalassämie ist eine quantitative Hämoglobinopathie, die in der Regel rezessiv vererbt wird und zur<br />

hypochromen mikrozytären Anämie führt. Infolge verschiedener Mutationen der Globingene werden zu<br />

wenige Hämoglobinketten gebildet. Die genaue Zuordnung richtet sich nach der Art der fehlenden<br />

Globinkette und der Anzahl der betroffenen Allelle.<br />

a.<br />

b.<br />

a. α-Thalassämie. Hydrops fetalis, die Folge der<br />

Deletion aller 4 α-Globingene. Das wichtigste<br />

vorhandene Hämoglobin ist das Bart-Hämoglobin.<br />

b. β-Thalassämia major. Aufgetriebener Schädel<br />

mit vorspringenden Stirn- und Parietalknochen. Der<br />

Oberkiefer ist vergrössert. Die Knochendeformitäten<br />

sind auf eine Erweiterung der<br />

Knochenmarksräume zurückzuführen.<br />

32<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 32


(*)<br />

Sichelzellanämie<br />

33<br />

Die Sichelzellanämie ist die häufigste<br />

Hämoglobinopathie (höchste Prävalenz in<br />

Afrika und unter der schwarzen Bevölkerung<br />

Amerikas).<br />

Sie beruht auf einer vererbten qualitativen<br />

Hämoglobinveränderung, bei der aufgrund<br />

einer Punktmutation im β-Globin-Lokus auf<br />

Chr. 11 im Protein Glutamin durch Valin ersetzt<br />

und damit das sog. Hämoglobin S<br />

(HbS) gebildet wird.<br />

Der Erbgang bzgl. des klinischen Bildes ist<br />

autosomal-rezessiv, bzgl. des Nachweises<br />

des Sichelzellenhämoglobins autosomalkodominant.<br />

Bei herabgesetzter Sauerstoffspannung<br />

kommt es bei homozygoten<br />

Anlageträgern zur Polymerisation von HbS,<br />

wobei die Erythrozyten eine starre Sichelform<br />

(Sichelzellen) annehmen.<br />

Durch Präzipitation der HbS-Moleküle verliert<br />

der Erythrozyt seine Struktur und Verformbarkeit<br />

in den Kapillaren. Es kommt<br />

zur Behinderung der Mikrozirkulation mit<br />

Mikroinfarkten und Organschädigung.<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 33


(*)<br />

Sichelzellanämie<br />

Verminderte NO-Bioaktivität<br />

(Kato et al., Blood Rev 21:37-47, 2007)<br />

34<br />

Gefässinfarkt (Switzer, Lancet Neurol 5:501-512, 2006)<br />

Ulcus am Knöchel<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 34


Anämie bei chronischer Erkrankung<br />

Bei chronisch entzündlichen, infektiösen oder neoplastischen Erkrankungen, die länger als 4 Wochen<br />

anhalten, entwickeln viele Patienten eine normochrome, normozytäre Anämie. Es entsteht vorwiegend eine<br />

milde und nicht progrediente Anämie mit einem Hämoglobinwert meist >9 g/dl, wobei das Ausmass der<br />

Anämie durchaus mit der Dauer und Schwere der Grunderkrankung korreliert.<br />

Infektionen, Malignome oder entzündliche Systemerkrankungen führen durch die Freisetzung von Zytokinen<br />

nicht nur zu einer lokalen, sondern auch zu einer systemischen entzündlichen Reaktion. Von Bedeutung sind<br />

IL-1, IL-6 und TNF, die zu Allgemeinsymptomen wie Fieber und Gewichtsverlust führen.<br />

Eine Anämie entsteht durch unterdrückte Erythropoese durch Eisenmobilisierungsstörung oder durch frühzeitigen<br />

Erythrozytenabbau.<br />

35<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 35


Aplastische Anämie<br />

Die aplastische Anämie ist definiert als Panzytopenie<br />

(Verminderung von Erythrozyten, Leukozyten und<br />

Thrombozyten) bei Aplasie oder Hypoplasie des Knochenmarks.<br />

Die Erythro-, Granulo- und Thrombozytopenie<br />

können in verschiedenen Kombinationen auftreten.<br />

Unter dem Begriff aplastische Anämie wird eine<br />

Gruppe pathogenetisch uneinheitlicher Knochenmarkinsuffizienzen<br />

zusammengefasst.<br />

Die Einteilung erfolgt nach dem Schweregrad.<br />

Primäre Formen<br />

Fanconi-Anämie (autosomal-rezessiv vererbt)<br />

Idiopathische Formen (Autoimmunmechanismus)<br />

Sekundäre Formen<br />

Erworbene Knochenmarkschädigungen<br />

(durch ionisierende Strahlen, Chemikalien,<br />

Medikamente oder Infektionen)<br />

Hochgradig hypozelluläres Knochenmark<br />

Völliger Schwund der paratrabekulären myeloischen<br />

Vorstufen (Doppelpfeile).<br />

Einzelne kleine Erythropoeseinseln (Pfeile).<br />

36<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 36


Leukämien<br />

Anämien<br />

Klassifikation der Anämien<br />

Eisenmangelanämie<br />

Makrozytäre Anämie<br />

Hämolytische Anämie<br />

Thalassämie<br />

Sichelzellanämie<br />

Anämie bei chronischer Erkrankung<br />

Aplastische Anämie (AA)<br />

Leukämien<br />

Akute myeloische Leukämie (AML)<br />

Akute lymphoblastische Anämie (ALL)<br />

Chronische myeloische Leukämie (CML)<br />

Chronische lymphatische Leukämie (CLL)<br />

Myelodysplastische Syndrome (MDS)<br />

Myeloproliferative Erkrankungen<br />

Polycythaemia vera (PV)<br />

Essentielle Thrombozythämie (ET)<br />

Osteomyelofibrose (OMF)<br />

Störungen der Hämostase<br />

Hämorrhagische Diathesen<br />

Thrombozytopenie<br />

Koagulopathien<br />

Hämophilie<br />

von Willebrand-Syndrom (vWS)<br />

Vasopathien<br />

Thrombophile Diathesen<br />

Lymphome und Myelom<br />

Hodgkin-Lymphom<br />

Non-Hodgkin-Lymphome (NHL)<br />

Multiples Myelom<br />

37<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 37


(*)<br />

Akute myeloische Leukämie<br />

Die AML entsteht meist infolge einer erworbenen nummerischen oder strukturellen Chromosomenanomalie<br />

(60%) einer hämatopoetischen Stammzelle. Dies führt zu einer veränderten Funktion von Schlüsselgenen,<br />

die Zellwachstum und -reifung steuern.<br />

Meist handelt es sich um eine Translokation, die zur Bildung von Hybridgenen mit konsekutiver<br />

neoplastischer Transformation der frühen myeloischen Vorläuferzelle führt. Es kommt zum ungehemmten<br />

Wachstum dieser Zelllinie. Da diese Zellen ihre Fähigkeit verloren haben, das Stadium der Blasten zu<br />

verlassen, entstehen maligne Zellklone, die die übrige Hämatopoese verdrängen. Die Folge sind Anämie,<br />

Granulozytopenie und Thrombozytopenie.<br />

38<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 38


(*)<br />

Akute lymphatische Leukämie<br />

Die ALL ist eine maligne klonale Neoplasie der frühen lymphatischen Vorläuferzelle. Der Nachweis von<br />

mehr als 20% Blasten im Knochenmark ist beweisend. Die ALL ist die häufigste Leukämieform bei Kindern,<br />

wohingegen sie bei den Erwachsenen nur etwa 20% aller Leukämien ausmacht.<br />

Die ALL entsteht durch eine Transformation einer lymphatischen Vorläuferzelle in einer ihrer frühen Entwicklungsstufen<br />

(Lymphoblasten). Sie verliert daraufhin ihre Fähigkeit zur weiteren Differenzierung und<br />

Apoptose. Dies führt zur klonalen Expansion dieser einen malignen Stammzelllinie, wodurch Wachstum und<br />

Proliferation der anderen im Knochenmark heranreifenden Zellen behindert werden.<br />

Die am häufigsten nachgewiesene Chromosomenanomalie ist das sog. Philadelphia-Chromosom (siehe<br />

CML).<br />

39<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 39


*<br />

Chronische myeloische Leukämie<br />

Die CML ist eine klonale myeloproliferative Erkrankung, die durch eine erworbene<br />

genetische Veränderung der hämatopoetischen Stammzelle entsteht.<br />

Die veränderte Stammzelle behält ihre Fähigkeit zur Differenzierung bei.<br />

Typisch ist eine exzessive Synthese von funktionstüchtigen, reifen neutrophilen<br />

Granulozyten und deren Vorstufen (Abbildung links).<br />

Die Erkrankung wird in drei Phasen eingeteilt: die relativ asymptomatisch<br />

verlaufende chronische Phase, die bedrohliche akzelerierte Phase und die<br />

meist zum Tode führende Blastenkrise.<br />

Zytogenetisch findet sich bei über 95% der<br />

Patienten das sog. Philadelphia-Chromosom,<br />

das charakteristische bcr-abl-Fusionsgen.<br />

Diese reziproke Translokation zwischen<br />

den langen Armen der Chr. 9 und 22 ist<br />

durch den Einbau des c-abl-Onkogens von<br />

Chr. 9 in die bcr-Region des Chr. 22 charakterisiert<br />

(Abbildung rechts).<br />

Hierdurch wird die Synthese spezifischer<br />

Phosphoproteine bewirkt, die ihrerseits Onkoproteinrezeptoren<br />

und Wachstumsfaktoren<br />

aktivieren und damit zur neoplastischen<br />

Proliferation führen.<br />

40<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 40


(*)<br />

Chronische lymphatische Leukämie<br />

Die chronische lymphatische Leukämie (CLL) entsteht infolge klonaler Expansion von malignen B-Lymphozyten<br />

(95%) und T-Lymphozyten (5%). Die Tumorzellen erscheinen morphologisch reif, befinden sich<br />

aber in einem frühen Entwicklungsstadium. Es kommt zur konsekutiven Vermehrung dieser immuninkompetenten<br />

B-Lymphozyten in Blut, Milz, Lymphknoten und Knochenmark.<br />

Die CLL entsteht als einzige Leukämie nicht im Knochenmark, deshalb wird sie als niedrigmalignes Non-<br />

Hodgkin-Lymphom (NHL) klassifiziert. Man könnte auch sagen, dass die CLL ein leukämisch verlaufendes<br />

B-Zell-Lymphom von niedrigem Malignitätsgrad ist, das in das Knochenmark metastasiert. Die<br />

neoplastischen Lymphozyten haben eine deutlich verlängerte Überlebenszeit.<br />

(a) Diffuses Lymphozyteninfiltrat, unterbrochen durch helle Herde, die reich an<br />

Prolymphozyten und Paraimmunoblasten sind. (b) Ausschnitt aus einem Pseudofollikel<br />

mit Promyelozyten und Paraimmunoblasten.<br />

41<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 41


Myelodysplastisches Syndrom<br />

Myelodysplastische Syndrome sind erworbene maligne Erkrankungen der hämatopoetischen Stammzelle.<br />

Daraus folgen Reifungsstörungen (quantitative und qualitative Veränderungen) aller nachfolgender Zellreihen.<br />

Charakteristischerweise finden sich ein<br />

zellreiches, dysplastisches Knochenmark<br />

mit oft erhöhtem Blastenanteil<br />

(Vorläuferzellen vermehrt) und im peripheren<br />

Blut eine Panzytopenie mit<br />

typischen Veränderungen der Zellmorphologie<br />

(Dysplasie).<br />

Da bei den MDS die Tendenz zum<br />

Übergang in eine AML besteht (25%),<br />

spricht man auch von “Präleukämie”.<br />

Die myelodysplastischen Syndrome<br />

werden in fünf Untergruppen klassifiziert.<br />

Sie werden nach folgenden<br />

Merkmalen unterteilt: Anteil der Blasten<br />

in Blut und Knochenmark, Vorliegen von<br />

Ringsideroblasten im Knochenmark<br />

(>15%), Anteil der Monozyten im peripheren<br />

Blut.<br />

42<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 42


Lymphome und Myelom<br />

Anämien<br />

Klassifikation der Anämien<br />

Eisenmangelanämie<br />

Makrozytäre Anämie<br />

Hämolytische Anämie<br />

Thalassämie<br />

Sichelzellanämie<br />

Anämie bei chronischer Erkrankung<br />

Aplastische Anämie (AA)<br />

Leukämien<br />

Akute myeloische Leukämie (AML)<br />

Akute lymphoblastische Anämie (ALL)<br />

Chronische myeloische Leukämie (CML)<br />

Chronische lymphatische Leukämie (CLL)<br />

Myelodysplastische Syndrome (MDS)<br />

Myeloproliferative Erkrankungen<br />

Polycythaemia vera (PV)<br />

Essentielle Thrombozythämie (ET)<br />

Osteomyelofibrose (OMF)<br />

Störungen der Hämostase<br />

Hämorrhagische Diathesen<br />

Thrombozytopenie<br />

Koagulopathien<br />

Hämophilie<br />

von Willebrand-Syndrom (vWS)<br />

Vasopathien<br />

Thrombophile Diathesen<br />

Lymphome und Myelom<br />

Hodgkin-Lymphom<br />

Non-Hodgkin-Lymphome (NHL)<br />

Multiples Myelom<br />

43<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 43


(*)<br />

Hodgkin-Lymphom<br />

Das Hodgkin-Lymphom (Lymphogranulomatose, Morbus Hodgkin) ist eine maligne Erkrankung des lymphatischen<br />

Systems, die mit einer sehr ausgeprägten immunologischen Reaktion einhergeht. Die Erkrankung<br />

geht von den B-Lymphozyten aus und entsteht in den Lymphknoten. Sie ist somit ein monoklonales B-Zell-<br />

Lymphom. Im Frühstadium handelt es sich um eine lokalisierte Lymphknotenerkrankung und im fortgeschrittenen<br />

Stadium um eine Systemerkrankung mit hämatologischer Streuung und Manifestation in extralymphatischen<br />

Geweben.<br />

Typisch ist der Nachweis von malignen Riesenzellen, den<br />

einkernigen Hodgkin- und der mehrkernigen Sternberg-<br />

Reed (RS)-Zellen.<br />

44<br />

Bei den RS-Zellen handelt es sich um die neoplastische<br />

Population, während die ebenfalls auftretenden entzündlichen<br />

Zellen reaktiv entstehen.<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 44


(*)<br />

Non-Hodgkin-Lymphome<br />

Non-Hodgkin-Lymphome entwickeln sich zu etwa 80-85% aus dem B-Zell-, zu 15-20% aus dem T-Zell-<br />

System. Zwei Drittel dieser Lymphome zeigen primär eine nodale Manifestation mit teilweise<br />

sekundärer extranodaler Besiedlung, ein Drittel tritt primär extranodal auf. Extranodale Lymphome<br />

manifestieren sich überwiegend in der Haut und im Gastrointestinaltrakt. Nodale Lymphome besiedeln<br />

sekundär v.a. die Milz, die Leber, das Knochenmark und den Gastrointestinaltrakt. Insbesondere<br />

nodale Lymphome können ein leukämisches Blutbild zeigen.<br />

Die Non-Hodgkin-Lymphome entsprechen<br />

arretierten Differenzierungsstufen<br />

der jeweiligen normalen<br />

Ausgangszellpopulation.<br />

Lymphome der unreifen T- und B-<br />

Vorläuferzellen werden von reifzelligen<br />

oder sog. peripheren B-<br />

und T-Zell-Lymphomen unterschieden.<br />

Die Benennung folgt<br />

dem jeweils vorherrschenden zytologisch<br />

erkennbaren Zelltyp.<br />

45<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 45


Multiples Myelom (Plasmozytom)<br />

Das multiple Myelom ist eine neoplastische Proliferation von Plasmazellen im Knochenmark. Charakteristische<br />

Merkmale sind lytische Knochendefekte, die Ansammlung von Plasmazellen im Knochenmark und<br />

der Nachweis von monoklonalem Protein in Serum und Urin.<br />

Die malignen langlebigen Plasmazellen synthetisieren nichtfunktionsfähige, monoklonale Immunglobuline<br />

(monoklonales Paraprotein) und Zytokine, die das Überleben und Wachstum der malignen Zellen begünstigen.<br />

Das Paraprotein kann allen Immunglobulinklassen angehören. Auf der Oberfläche der malignen<br />

Plasmazellen wird das gleiche Paraprotein exprimiert, das auch im Serum vorhanden ist.<br />

Von einem Plasmozytom spricht man, wenn maligne Zellklone solitär, z.B. im Knochen oder extramedullär im<br />

HNO-Bereich, auftreten.<br />

a b c<br />

Knochenmarkpunktate: (a) Weitplasmatische Elemente mit grossem unreifen Zellkern (Verlust der typischen<br />

grobscholligen Chromatinstruktur normaler Plasmazellen), deutliche Nukleolen. (b) IgG-Plasmozytom,<br />

entdifferenzierte Plasmazellen. (c) Plasmozytomzellen mit ausgeprägter Russell-Körper-Bildung.<br />

46<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 46


Myeloproliferative Erkrankungen<br />

Anämien<br />

Klassifikation der Anämien<br />

Eisenmangelanämie<br />

Makrozytäre Anämie<br />

Hämolytische Anämie<br />

Thalassämie<br />

Sichelzellanämie<br />

Anämie bei chronischer Erkrankung<br />

Aplastische Anämie (AA)<br />

Leukämien<br />

Akute myeloische Leukämie (AML)<br />

Akute lymphoblastische Anämie (ALL)<br />

Chronische myeloische Leukämie (CML)<br />

Chronische lymphatische Leukämie (CLL)<br />

Myelodysplastische Syndrome (MDS)<br />

Myeloproliferative Erkrankungen<br />

Polycythaemia vera (PV)<br />

Essentielle Thrombozythämie (ET)<br />

Osteomyelofibrose (OMF)<br />

Störungen der Hämostase<br />

Hämorrhagische Diathesen<br />

Thrombozytopenie<br />

Koagulopathien<br />

Hämophilie<br />

von Willebrand-Syndrom (vWS)<br />

Vasopathien<br />

Thrombophile Diathesen<br />

Lymphome und Myelom<br />

Hodgkin-Lymphom<br />

Non-Hodgkin-Lymphome (NHL)<br />

Multiples Myelom<br />

47<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 47


(*)<br />

Myeloproliferative Erkrankungen<br />

Der Begriff „myeloproliferative Erkrankungen“ beschreibt eine Gruppe von Krankheiten, die sich aus Knochenmarkstammzellen<br />

entwickeln und durch klonale Proliferation einer oder mehrerer hämatopoetischer<br />

Zellreihen im Knochenmark und in vielen Fällen in der Leber und Milz charakterisiert sind.<br />

In diese Klassifikation sind vier<br />

Erkrankungen einzuordnen:<br />

Polycythaemia rubra vera<br />

Essentielle Thrombozythämie<br />

Myelofibrose<br />

Chronische myeloische Leukämie<br />

48<br />

Schematische Darstellung der Zusammenhänge zwischen den verschiedenen myeloproliferativen<br />

Krankheiten. Sie können alle durch somatische Mutationen in der pluripotenten Stammzelle und den<br />

Vorläuferzellen entstehen. Es gibt zahlreiche Zwischenformen mit Merkmalen zweier Krankheitsbilder.<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 48


Polycythaemia (rubra) vera<br />

Bei der Polycythaemia rubra vera wird die Zunahme der Erythrozytenmasse durch eine klonale maligne<br />

Erkrankung einer Knochenmarkstammzelle verursacht. Obwohl die Erhöhung der Erythrozytenzahl das<br />

diagnostische Kriterium ist, liegt bei vielen Patienten auch eine Überproduktion von Granulozyten und<br />

Thrombozyten vor. Die Erkrankung ist mit einer Reihe chromosomaler Veränderungen assoziiert. Deletionen<br />

des Chromosoms 20q gehören zu den häufigsten.<br />

a. Peripherer Blutausstrich<br />

Aniso-, Mikro- und Poikilozytose. Die stab- und segmentkernigen<br />

neutrophilen Granulozyten mit massiv positiver<br />

Reaktion der alkalischen Leukozytenphosphatase.<br />

b. Knochenmarkhistologie<br />

Das Fettmark ist völlig reduziert. Erythropoese, Granulopoese<br />

und Megakaryopoese sind gesteigert.<br />

49<br />

Massive Splenomegalie<br />

Milz eines Patienten mit einem Gewicht von<br />

3020 g, verursacht durch massive extramedulläre<br />

Hämatopoese. a. b.<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 49


Essentielle Thrombozythämie<br />

Die essentielle Thrombozythämie ist die häufigste<br />

chronisch-myeloproliferative Erkrankung. Bei ihr<br />

überwiegt die gesteigerte Megakaryopoese. Die<br />

Ätiologie ist unbekannt.<br />

Die gesteigerte Megakaryopoese bringt grosse<br />

Megakaryozyten mit sich und geht meist mit einer<br />

Überproduktion funktionsgestörter Thrombozyten<br />

einher.<br />

Klinisch kommt es einerseits vermehrt zu thromboembolischen<br />

Ereignissen, da die Thrombozyten<br />

eine erhöhte Spontanaggregation zeigen,<br />

andererseits zu einer hämorrhagischen Diathese<br />

mit Blutungsneigung aufgrund der Thrombopathie.<br />

Des Weiteren kann eine mässige (Hepato-)<br />

Splenomegalie auftreten.<br />

Leitsymptome sind Durchblutungsstörungen in<br />

Form von arteriellen und venösen Thrombosen.<br />

Knochenmarkhistologie bei essentieller Thrombozytopenie<br />

mit Ansammlung von Megakaryozyten (Pfeile).<br />

Das Fettmark ist weitgehend erhalten. Erythro- und<br />

Granulopoese präsentieren sich überwiegend unverändert.<br />

50<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 50


Osteomyelofibrose<br />

Die Osteomyelofibrose (idiopathische Myelofibrose)<br />

ist charakterisiert durch eine zunehmende Fibrosierung<br />

des Knochenmarks, die später in eine Sklerosierung<br />

übergehen kann. Es resultiert eine Knochenmarkinsuffizienz,<br />

die schliesslich zur extramedullären<br />

Blutbildung mit Splenomegalie und Hepatomegalie<br />

führt.<br />

Man geht davon aus, dass atypische Megakaryozyten<br />

Zytokine (TGF-β, PDGF, IL-6) sezernieren und<br />

somit die Fibroblasten des Markraums stimulieren.<br />

Zusätzlich induzieren zirkulierende Immunkomplexe<br />

eine chronische Entzündungsreaktion.<br />

Im peripheren Blutausstrich imponiert ein leukoerythroblastisches<br />

Blutbild (Vorstufen: Myeloblasten,<br />

Lymphoblasten, Normoblasten). Ferner sind auch<br />

Dakryozyten (Tränentropfenzellen: Erythrozyten mit<br />

Fortsatz an einem Pol) typisch.<br />

Knochenmarkhistologie bei Osteomyelofibrose.<br />

Vollständige Verdrängung des blutbildenden Knochenmarks<br />

durch Markfibrose im späten, fibroosteosklerotischen<br />

Stadium.<br />

51<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 51


Störungen der Hämostase<br />

Anämien<br />

Klassifikation der Anämien<br />

Eisenmangelanämie<br />

Makrozytäre Anämie<br />

Hämolytische Anämie<br />

Thalassämie<br />

Sichelzellanämie<br />

Anämie bei chronischer Erkrankung<br />

Aplastische Anämie (AA)<br />

Leukämien<br />

Akute myeloische Leukämie (AML)<br />

Akute lymphoblastische Anämie (ALL)<br />

Chronische myeloische Leukämie (CML)<br />

Chronische lymphatische Leukämie (CLL)<br />

Myelodysplastische Syndrome (MDS)<br />

Myeloproliferative Erkrankungen<br />

Polycythaemia vera (PV)<br />

Essentielle Thrombozythämie (ET)<br />

Osteomyelofibrose (OMF)<br />

Störungen der Hämostase<br />

Hämorrhagische Diathesen<br />

Thrombozytopenie<br />

Koagulopathien<br />

Hämophilie<br />

von Willebrand-Syndrom (vWS)<br />

Vasopathien<br />

Thrombophile Diathesen<br />

Lymphome und Myelom<br />

Hodgkin-Lymphom<br />

Non-Hodgkin-Lymphome (NHL)<br />

Multiples Myelom<br />

52<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 52


Hämorrhagischen Diathesen<br />

Gerinnungsstörungen mit erhöhter Blutungsbereitschaft können folgende Ursachen haben:<br />

• Thrombozytopenien<br />

• Thrombozytopathien (Thrombozytenfunktionsstörungen)<br />

• Koagulopathien (Gerinnungsstörungen)<br />

• Vasopathien (Gefässerkrankungen)<br />

53<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 53


(*)<br />

Thrombozytopenie<br />

Als Thrombozytopenie wird eine Verminderung der<br />

Thrombozytenzahl unter 150’000/µl bezeichnet. In<br />

Abhängigkeit vom Schweregrad geht sie mit einer<br />

erhöhten Blutungsneigung einher. Typisch für<br />

Thrombozytopenien ist der spontane Blutaustritt aus<br />

den kleinen Gefässen (Petechien).<br />

Ursachen der Thrombozytopenie<br />

Der häufigste Grund für eine Thrombozytopenie ist bei<br />

gleichzeitig auftretenden anderen Blutbildveränderungen<br />

eine insuffiziente Thrombopoese, bei isoliertem<br />

Auftreten die idiopathische thrombozytopenische Purpura.<br />

54<br />

Verteilung der Thrombozyten zwischen Blutkreislauf und<br />

Milz bei normal grosser Milz und bei Hypersplenismus.<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 54


(*)<br />

Koagulopathien<br />

Koagulopathien beschreiben eine heterogene Gruppe von plasmatischen Gerinnungsstörungen, bei denen ein<br />

oder mehrere Gerinnungsfaktoren nicht vorhanden, vermindert oder qualitativ defekt sind. Es resultiert eine<br />

gestörte plasmatische Gerinnungskaskade mit Blutungsneigung.<br />

Abhängig vom Ausmass der Aktivitätsminderung der betroffenen<br />

Faktoren besteht eine unterschiedlich starke Blutungsneigung, die<br />

sich in Form von Hämatomen, Schleimhautblutungen, gastrointestinale<br />

Blutungen, Hämaturie und selten intrazerebrale Blutungen<br />

äussert.<br />

Man unterscheidet hereditäre und erworbene Koagulopathien.<br />

55<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 55


(*)<br />

Hämophilie<br />

Die Hämophilie (Bluterkrankheit) resultiert aus einem Mangel (seltener aus einem Defekt) eines<br />

Gerinnungsfaktors. Bei der Hämophilie ist die primäre Hämostase intakt, die sekundäre Hämostase defekt.<br />

Nach dem fehlenden Faktor unterteilt man die Hämophilie in zwei Formen:<br />

Hämophilie A (Mangel oder Defekt des Faktors VIII)<br />

Hämophilie B (Mangel oder Defekt des Faktors XI)<br />

Die Gene für die Faktoren VIII und XI liegen am distalen Ende des langen Arms des X-Chromosoms. Eine<br />

Vielzahl möglicher Mutationen, Deletionen oder Inversionen führen zu einer fehlenden oder verminderten<br />

Synthese von Faktor VIII bzw. XI oder zur Synthese eines defekten Faktors VIII oder XI. Folglich ist der<br />

intrinsische Weg der Gerinnungsaktivierung unterbrochen.<br />

Bei der Gefässläsion ist die Thrombin- und Fibrinbildung vermindert und der “weisse Thrombus”, welcher bei<br />

der primären Hämostase entstanden ist, kann nicht stabilisiert werden. Die Gefässläsion wird wieder undicht<br />

oder der Thrombus löst sich wieder komplett von der Gefässwand ab.<br />

Die klinische Symptomatik wird in drei Schweregrade eingeteilt.<br />

56<br />

Einblutung in das Kniegelenk<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 56


(*)<br />

von-Willebrand-Syndrom<br />

Die von-Willebrand-Krankheit umfasst eine Gruppe von hämorrhagischen Diathesen, deren Ursache bei einem<br />

quantitativen oder qualitativen Defekt des von-Willebrand-Faktors (vWF) liegt. Es liegen entweder ein<br />

erniedrigter Spiegel oder eine gestörte Funktion des vWFs vor. Klinisch kommt es zu Nasen- und Zahnfleischblutungen,<br />

Hauthämatomen, Hämaturie, Darmschleimhautblutungen, verstärkte Regelblutungen.<br />

Der vWF wird in den Megakaryozyten und Endothelzellen produziert<br />

und lagert sich zu multimeren Glykoproteinen zusammen. Er vermittelt<br />

bei Gefässverletzung die Thrombozytenadhäsion an die subendothelialen<br />

Strukturen und die Thrombozytenaggregation. Zudem ist er das<br />

Trägermolekül für den labilen Faktor VIII, wobei er diesen vor einem<br />

frühzeitigen Abbau schützt.<br />

57<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 57


(*)<br />

Vasopathien<br />

Unter Vasopathien versteht man gefässbedingte Blutungsneigungen.<br />

58<br />

Die durch Gefässerkrankungen bedingte Blutungsneigung findet man bei einer heterogenen Gruppe von<br />

Krankheiten, die durch Hämatombildung und spontane Blutungen aus kleinen Gefässen charakterisiert sind.<br />

Ursachen sind entweder Anomalien der Gefässe selbst oder des perivaskulären Bindegewebes.<br />

Blutungen, die allein infolge von Gefässdefekten auftreten, sind meist nicht schwerwiegend. Sie sind<br />

überwiegend in der Haut lokalisiert und manifestieren sich als Petechien oder Ekchymosen. Bei einigen<br />

Erkrankungen findet man auch Schleimhautblutungen.<br />

Gefässdefekte können erblich oder erworben sein.<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 58


(*)<br />

Thrombophile Diathesen<br />

Unter dem Oberbegriff thrombophile Diathesen (Thrombophilie)<br />

werden alle Gerinnungsstörungen zusammengefasst, die<br />

mit einer erhöhten Thrombosebereitschaft und der Ausbildung<br />

venöser und / oder arterieller Thrombosen einhergehen (ausgeschlossen<br />

sind Gerinnungsstörungen durch Gefässverletzungen).<br />

Pathophysiologie der APC-Resistenz<br />

Der Pathomechanismus der Thrombophilie beruht immer auf<br />

einer gestörten Regulation der plasmatischen Gerinnung (Gerinnungsfaktoren<br />

↑, Inhibitoren ↓), der Thrombozyten (essentielle<br />

Thrombozytämie) oder der verminderten Aktivität des Fibrinolysesystems.<br />

Darüberhinaus führen exogene Faktoren wie die Einnahme von<br />

Kontrazeptiva, Rauchen, Traumen, Operationen und Tumoren zu<br />

passageren Störungen des Gerinnungssystems.<br />

Man unterscheidet hereditäre von erworbene Thrombophilien.<br />

Die hereditäre APC (Aktiviertes-Protein-C)-Resistenz ist mit<br />

einer Prävalenz von 3-7% die mit Abstand häufigste angeborene<br />

Thrombophilie. Sie ist Folge einer vererbten Punktmutation im<br />

Gen, das für das aktivierte Faktor-Va-Molekül kodiert (Faktor-V-<br />

Leiden-Mutation). Der aktivierte Faktor Va kann nicht mehr durch<br />

das veränderte aktivierte Protein C inaktiviert werden, und es<br />

kommt zur gesteigerten Koagulation (Abbildung).<br />

59<br />

Hautnekrose bei APC-Resistenz<br />

31/03/10 <strong>Pathobiologie</strong> - FS 2010 - Lektion 6 59

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