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1| 2010 Lanzarote: Vögel auf Lava - Biologie

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Standpunkte<br />

Vogeljagd im Mittelmeerraum<br />

Lange Zeit war Italien eines der Schwerpunktländer für illegalen<br />

Vogelfang im Mittelmeergebiet. So wurden beispielsweise im südlichen<br />

Italien alljährlich Greifvögel in großer Zahl geschossen.<br />

Auch wenn es in Italien noch immer Probleme mit illegalem Vogelfang<br />

gibt – die Situation hat sich deutlich verbessert. Christoph<br />

Hein von migration unlimited hat uns erzählt, wie es dazu kam.<br />

DER FALKE: Was ist migration-unlimited ?<br />

Christoph Hein: Hinter dem Namen migration-unlimited<br />

verbirgt sich eine Bundesarbeitsgruppe unter dem Dach des<br />

Naturschutzbund Deutschland (NABU). Ihr Ziel ist es, lokalen<br />

Partnerorganisationen oder Gruppen im Mittelmeerraum<br />

bei Vorhaben zum Schutz von Zugvögeln gegen illegalen<br />

Fang oder illegale Bejagung zur Seite zu stehen. Im<br />

Vordergrund steht dabei keine reine Finanzhilfe, sondern<br />

eine zumeist lange Jahre andauernde enge Kooperation bei<br />

direkten Aktionen gegen Wilderei, aber auch der Umweltbildung,<br />

der Schulung von Lehrern vor Ort, der Einflussnahme<br />

gegenüber Politik und Behörden im jeweiligen Land,<br />

der Ausweisung und Begründung von Schutzgebieten. migration-unlimited<br />

hat immer eine lokale Partnerorganisation,<br />

die das Projekt federführend betreut.<br />

Seit wann arbeitet migration-unlimited in Süditalien?<br />

Unsere Projektpartnerschaft mit Ornithologen an der<br />

Straße von Messina geht <strong>auf</strong> das Jahr 1986 und ein erstes<br />

Treffen im Zuge einer Konferenz zum Greifvogelschutz<br />

in Kalabrien zurück. Das erste internationale Camp zum<br />

Schutz ziehender Greifvögel und Störche in Messina (Sizilien)<br />

fand unter Leitung von Anna Giordano im Frühjahr<br />

1987 statt. In den dar<strong>auf</strong>folgenden Jahren haben schätzungsweise<br />

600 überwiegend jugendliche Naturschützer<br />

aus ganz Europa und einige aus Übersee mit uns für den<br />

Stopp des illegalen Abschusses von Zugvögeln in Süditalien<br />

gestritten.<br />

Wie hat sich der illegale Abschuss von <strong>Vögel</strong>n in Süditalien<br />

in den vergangenen Jahren verändert?<br />

unsere lokalen Partner kaum ständig überall präsent sein<br />

können. Die Forstpolizei, aber auch andere Polizeieinheiten<br />

arbeiten fast ausnahmslos zu unserer Zufriedenheit,<br />

eigenständig und daran interssiert, den guten Status<br />

quo zu erhalten.<br />

Was sind die Ursachen hierfür?<br />

Die Ursachen für den Rückgang sind vielschichtig. An<br />

erster Stelle ist die lange Jahre <strong>auf</strong>rechterhaltene konsequente<br />

Verfolgung durch die Polizeisondereinheiten zu<br />

nennen, die allerdings auch erst Dank unseres Drucks und<br />

der aktiven logistischen Hilfe erfolgreich gegen Wilderer<br />

vorgehen konnten. Nicht zu vernachlässigen ist auch der<br />

Generationenwechsel. Die Jäger, die der Greifvogeljagd aus<br />

alter Tradition nachgegangen sind, sind – wie wir Aktive<br />

– mittlerweile gut 20 Jahre älter geworden und riskieren<br />

für das Hobby nicht mehr, von der Polizei und den Gerichten<br />

verfolgt zu werden; die junge Generation hat überwiegend<br />

andere Interessen und wird auch von den Vätern<br />

nicht mehr so häufig wie früher zur Jagd mitgenommen.<br />

Die Jungen erkennen, dass die Traditionen, die die Jagd<br />

einst begründet haben, in der modernen Zeit keinen Platz<br />

mehr haben. Das allgemeine Umweltbewusstsein ist Dank<br />

der Medien und der Arbeit der Umweltschutzverbände gestiegen.<br />

Zu guter Letzt – und dieser Punkt ist, denke ich,<br />

nicht zu unterschätzen – ist die langjährige enge Freundschaft<br />

zwischen den Projektbeteiligten Motor und Quelle<br />

der Kraft gewesen, einen anfänglich aussichtlos erscheinenden<br />

Kampf gegen alle Widerstände und Rückschläge<br />

zu führen.<br />

Welche Projekte bearbeitet migration-unlimited aktuell?<br />

In den ersten Jahren unserer Camps wurden wir täglich<br />

mit Abschüssen bedrohter oder gefährdeter Greifvögel direkt<br />

vor unseren Augen konfrontiert. Tage mit bis zu 1000<br />

Schuss im direkten Umfeld und Dutzende toter oder angeschossener<br />

Tiere waren die Regel. Geschätzt starben etwa<br />

5000 bis 6000 Wespenbussarde jedes Frühjahr während des<br />

Vogelzuges. Aggressionen oder Anfeindungen gegen die<br />

Campteilnehmer durch Jäger waren keine Seltenheit, die<br />

zuständigen Behörden waren anfangs vollkommen inaktiv.<br />

Heute ist die Zahl der illegal während des Frühjahrszuges<br />

geschossenen <strong>Vögel</strong> <strong>auf</strong> wahrscheinlich kaum noch<br />

ein Dutzend gesunken. Betrachtet man die Größe des<br />

Einzugsgebietes, ist das ein sensationeller Rückgang, da<br />

Seitdem sich die Lage an der Straße von Messina so entspannt<br />

hat, haben wir eine neue Projektpartnerschaft mit<br />

einer kleinen Naturschutzorganisation im Norden der Insel<br />

Zypern <strong>auf</strong>leben lassen. Hier stellen sich wenige Aktive<br />

gegen etwa 20 000 registrierte Jäger und Hunderte Vogelfänger,<br />

die mit Netzen und Leimruten in erster Linie Singvögel<br />

während der Zugzeiten fangen. Schätzungen gehen<br />

von bis zu zehn Millionen <strong>Vögel</strong>n aus, die dort alljährlich<br />

ihr Leben lassen müssen. Mit einer anderen Partnergruppe<br />

südlich von Istanbul bemühen wir uns, Probleme für ziehende<br />

Störche zu lösen, die durch nicht ausreichend isolierte<br />

Mittelspannungsleitungen dort ebenfalls während<br />

der Zugzeiten schmerzliche Verluste erleiden.<br />

36 Der Falke 57, <strong>2010</strong>

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