1| 2010 Lanzarote: Vögel auf Lava - Biologie
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Kranich - eine Art, die ihr Zugverhalten<br />
in den letzten Jahren<br />
bemerkenswert schnell umstellen<br />
konnte.<br />
Foto: H. Jaschhof.<br />
pertemperatur und Hormone, werden<br />
so gesteuert, dass der Vogel mit Beginn<br />
seiner Aktivitätszeit „durchstarten“<br />
kann. Unter natürlichen Bedingungen<br />
bestimmen die innere, circadiane<br />
Uhr und die äußere Uhr, die<br />
durch die Umwelt vorgegeben ist, gemeinsam<br />
die Aktivitätszeit der <strong>Vögel</strong>.<br />
Die circadiane Uhr ist der „Wecker“,<br />
der den nahenden Tag ankündigt. Die<br />
äußere Uhr stellt diesen Wecker genau<br />
ein und passt die Aktivitätszeit<br />
ggf. an die jeweiligen Tagesbedingungen<br />
an. Dabei fällt dem Sonnenstand<br />
die Rolle des „Zeit gebers“ zu,<br />
der die Uhr stellt, während andere<br />
Faktoren wie Temperatur und Wetter<br />
mitbestimmen, wie sich ein Vogel um<br />
eine bestimmte Uhrzeit verhält. So<br />
lässt sich verstehen, wie es den <strong>Vögel</strong>n<br />
gelingt, einerseits <strong>auf</strong> den Tag<br />
vorbereitet zu sein, aber andererseits<br />
ihren Tagesabl<strong>auf</strong> an die aktuellen<br />
Bedingungen anzupassen, denen sie<br />
an einem bestimmten Tag und Ort<br />
ausgesetzt sind.<br />
» „Lerchen und Eulen“:<br />
Vielfalt der Uhren<br />
Die erwähnte, klassische Vogeluhr<br />
zeigt an, dass sich die Vogelarten<br />
deutlich in ihren Zeitmustern unterscheiden.<br />
Diese Unterschiede basieren<br />
<strong>auf</strong> ererbten, arttypischen Programmen,<br />
die steuern, wie ein Vogel<br />
<strong>auf</strong> Lichtintensität und andere Umweltfaktoren<br />
reagiert. Beispielsweise<br />
pendelt sich die Kombination von<br />
Wecker und Photometer so ein, dass<br />
ein Rotkehlchen bereits bei der ersten<br />
Dämmerung, ein Buchfink aber erst<br />
bei relativ hellem Licht zu singen<br />
beginnt. Auch viele andere Eigenschaften<br />
von Vogelarten haben sich<br />
in engem Zusammenhang mit einem<br />
bestimmten tageszeitlichen Verhalten<br />
entwickelt. Arten, die bereits nachts<br />
und in der frühen Dämmerung aktiv<br />
sind, haben z. B. in der Regel einen<br />
größeren Augendurchmesser als rein<br />
tagaktive Arten. Aber selbst innerhalb<br />
von Arten gibt es deutliche Unterschiede<br />
zwischen Individuen, die<br />
ausgesprochene „Früh<strong>auf</strong>steher“ sind,<br />
und anderen, die eher spät <strong>auf</strong>stehen.<br />
Dies gilt nicht nur für <strong>Vögel</strong>, sondern<br />
auch für uns Menschen. In Selbstversuchen<br />
und später in gezielten<br />
Experimenten, in denen freiwillige<br />
Probanden in einem unterirdischen<br />
Bunker ohne zeitliche Informationen<br />
auskommen mussten, zeigte sich,<br />
dass beim Menschen der Tagesabl<strong>auf</strong><br />
ebenso von einer Kombination aus<br />
innerer und äußerer Uhr bestimmt<br />
wird. Auch beim Menschen gibt es<br />
deutliche Unterschiede zwischen<br />
„Früh<strong>auf</strong>stehern“ und „Spät<strong>auf</strong>stehern“<br />
(besser: Morgentypen und<br />
Abendtypen). Und wiederum sind<br />
es <strong>Vögel</strong>, die als Symbole für diese<br />
Typen namengebend verwendet werden:<br />
„Lerchen“ für die Morgentypen<br />
und „Eulen“ für die Abendtypen.<br />
» Jahresuhren: Die Rückkehr<br />
der Zugvögel<br />
Das jahreszeitliche Verhalten der <strong>Vögel</strong><br />
hat für Menschen ganz besondere<br />
Bedeutung. Schon aus ägyptischen<br />
Dokumenten, aus der Bibel und aus<br />
griechischen Schriften sind Beobachtungen<br />
über die Ankunft von<br />
Kranichen und Gänsen erhalten.<br />
Mündliche Überlieferungen über Ankunft<br />
und Abzug der Zugvögel, über<br />
Brutaktivitäten und über Beginn und<br />
Ende der Gesangsperiode sind in<br />
Form von Bauernregeln und Mythen<br />
aus vielen Kulturen bekannt. Wie bei<br />
der Tagesuhr unterscheiden sich die<br />
Zeitpläne je nach Lokalität. Für einen<br />
vorgegebenen Ort jedoch lässt sich<br />
saisonales Verhalten wie eingangs<br />
erwähnt ähnlich wie bei der Vogeluhr<br />
arttypisch als „Vogelkalender“<br />
darstellen: Auch bei der Jahresuhr<br />
gibt es Vogelarten, die notorisch früh<br />
oder aber spät im Jahr ankommen,<br />
brüten, mausern oder abziehen. Am<br />
deutlichsten lässt sich dieses Spektrum<br />
für die erste Ankunft im Frühjahr<br />
zeigen.<br />
Lange schon haben Vogelinteressierte<br />
überlegt, woher die <strong>Vögel</strong> ihr<br />
präzises Wissen über die Jahreszeiten<br />
gewinnen. Vogelliebhabern, die Zugvögel<br />
in menschlicher Obhut hielten,<br />
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Die freil<strong>auf</strong>ende circadiane Uhr einer Kohlmeise. Die Aktivität<br />
der Kohlmeise ist als blauer Balken über eine Zeit von<br />
21 Tagen in Zeilen dargestellt. An den ersten beiden Tagen<br />
richtet sich die Meise nach Lichtzeiten (oberer Balken),<br />
dann wird der Raum teils abgedunkelt. Die Meise folgt nun<br />
ihrer inneren Uhr und wird jeden Tag etwas früher aktiv<br />
(die Daten sind für bessere Sichtbarkeit zweimal nebeneinander<br />
gesetzt).<br />
Der Falke 57, <strong>2010</strong> 11