Wertmanagement im Marktwert-Buchwert-Portfolio - Lehrstuhl für ...
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<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong><br />
<strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> –<br />
ein partialanalytischer Ansatz<br />
12-02<br />
Martin Weiss<br />
Harald Hungenberg<br />
Christopher Krauss<br />
Autoren<br />
Dr. Martin Weiss,<br />
Wissenschaftlicher Assistent am <strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> Unternehmensführung an der Friedrich-<br />
Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.<br />
Prof. Dr. Harald Hungenberg,<br />
Inhaber des <strong>Lehrstuhl</strong>s <strong>für</strong> Unternehmensführung an der Friedrich-Alexander-Universität<br />
Erlangen-Nürnberg und Gastprofessor an der ENPC in Paris. Wissenschaftlicher Leiter<br />
des Instituts <strong>für</strong> Unternehmungsplanung.<br />
Dipl. Wirt. Ing. Christopher Krauss,<br />
Berater bei McKinsey & Comp., Inc., München.
Inhaltsverzeichnis<br />
Zusammenfassung ................................................................................................................ 2<br />
1. Einleitung und Problemstellung ................................................................................ 3<br />
2. Theoretische Fundierung ........................................................................................... 7<br />
2.1 Entwicklung eines einfachen Bewertungsmodells ..................................................... 7<br />
2.2 Festlegung der Definitionsmenge der Werttreiber .................................................. 12<br />
2.3 Diskussion und Rechtfertigung der Bewertungslogik ............................................ 13<br />
2.4 Vom Geschäftsfeldwert zum Unternehmenswert .................................................. 14<br />
3. Sensitivitätsanalyse des Geschäftsfeldwerts .............................................................. 15<br />
3.1 Vorstellung des Elastizitätskonzepts .................................................................. 15<br />
3.2 Analytische Ermittlung der partiellen Elastizitäten des Geschäftsfeldwerts .......... 16<br />
3.2.1. Partielle Kapitalelastizität ................................................................... 16<br />
3.2.2. Partielle Renditeelastizität ................................................................... 16<br />
3.2.3. Partielle Kapitalkostenelastizität ......................................................... 17<br />
3.2.4. Partielle Wachstumselastizität ............................................................. 18<br />
3.3 Bildung einer generischen Rangordnung der Werttreiber ....................................... 19<br />
4. Vorstellung des <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong>s als integriertes <strong>Wertmanagement</strong>-<br />
Instrument ............................................................................................................. 23<br />
4.1 Herleitung der Grundform des <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong>s ............................ 23<br />
4.2 Nutzung des <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong>s <strong>im</strong> Rahmen der <strong>Portfolio</strong>definition . 26<br />
4.3 Nutzung des <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong>s <strong>im</strong> Rahmen der Koordination ........ 32<br />
5. Diskussion des <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong>s ...................................................... 36<br />
5.1 L<strong>im</strong>itationen des <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong>s ................................................ 36<br />
5.2 Auflösung der Defizite A, B und C ................................................................... 38<br />
5.3 Implikationen <strong>für</strong> Forschung und Praxis ............................................................ 39<br />
Literaturverzeichnis ........................................................................................................... 41<br />
Zusammenfassung<br />
Seit dem Aufstieg des Shareholder Value Gedankens wurden zahlreiche wertorientierte<br />
<strong>Portfolio</strong>s entwickelt. Treibende Kraft war vornehmlich die Unternehmenspraxis, weniger die<br />
Wissenschaft. Im Ergebnis liegen anwendungsorientierte Konzepte mit starkem Wertbezug<br />
vor, die allerdings konkrete Defizite mit sich bringen. Im vorliegenden Beitrag wird ein auf<br />
der Bewertungslehre basierendes integriertes <strong>Portfolio</strong>konzept entwickelt, das diese Mängel<br />
adressiert. Im sogenannten <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> wird der Geschäftsfeldwert<br />
ganzheitlich abgebildet. Die Rasterung erlaubt sowohl eine wertorientierte Kategorisierung der<br />
Geschäftsfelder als auch Vergleichsmöglichkeiten mit konzernweiten Benchmarks.<br />
Ausgewählte dynamische <strong>Portfolio</strong>elemente werden partialanalytisch hergeleitet und liefern<br />
Entscheidungsunterstützung <strong>im</strong> Hinblick darauf, welche Werttreiber verbessert werden<br />
sollten, sodass sich Geschäftsfeld- und Unternehmenswert bestmöglich entwickeln. Das<br />
<strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> unterstützt erstmals theoretisch fundiert die Konzernzentrale<br />
bei den zentralen Aufgabenbereichen des <strong>Wertmanagement</strong>s. Die Tragweite und Anwendung<br />
dieses innovativen Konzepts werden anhand von Beispielen illustriert.
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 3<br />
1. Einleitung und Problemstellung<br />
Die von Alfred Rappaport 1 eingeleitete Diskussion über die Max<strong>im</strong>ierung des<br />
Shareholder Values hat einerseits zu umfassendem gesellschaftspolitischem<br />
Interesse 2 geführt, andererseits auch den Aufstieg der wertorientierten<br />
Unternehmensführung eingeläutet 3 . Diese Management-Disziplin gliedert sich<br />
in zwei zentrale Teilbereiche: Wertorientierung auf Unternehmensebene und<br />
Wertorientierung auf Geschäftsfeldebene. Auf Unternehmensebene kann die<br />
Konzernzentrale dabei einerseits über die <strong>Portfolio</strong>definition, andererseits über<br />
die horizontale oder vertikale Koordination der Geschäftsfelder Wert schaffen<br />
(vgl. Hungenberg 1993, S. 66 ff.). Im Hinblick auf die <strong>Portfolio</strong>definition liegt<br />
ihre Zielsetzung darin (a) nur in solche Geschäftsfelder zu investieren, die den<br />
Wert des Unternehmens steigern und (b) die Ressourcenallokation so zu<br />
gestalten, dass sie in Summe zu einer opt<strong>im</strong>alen Entwicklung des<br />
Unternehmenswerts führt. 4 Unter die Koordinationsaufgabe der Zentrale fällt<br />
in diesem Beitrag insbesondere die Steuerung der einzelnen Geschäftsfelder<br />
über konkrete finanzielle Zielvorgaben, damit sich deren Wert wiederum<br />
opt<strong>im</strong>al <strong>für</strong> das Gesamtunternehmen entwickelt. 5 Folgt man dieser Logik, dann<br />
bedeutet Wertorientierung auf Geschäftsfeldebene, die auf ein Gesamtopt<strong>im</strong>um<br />
ausgerichteten Zielvorgaben des Konzerns so gut wie möglich umzusetzen. 6<br />
Ein Meilenstein zur Unterstützung der Tätigkeiten der Konzernzentrale wurde<br />
mit der Entwicklung der sogenannten Matrizentechnik in den sechziger Jahren<br />
begangen. Prominentester Vertreter ist das Marktanteils-<br />
/Marktwachstumsportfolio der Boston Consulting Group (BCG), das die<br />
Unternehmenssituation anhand der D<strong>im</strong>ensionen Marktwachstum und relativer<br />
1 Vgl. <strong>für</strong> eine umfassende Diskussion des Shareholder Value Konzepts Rappaport<br />
1998.<br />
2 Vgl. bspw. Kürsten 1999, S. 360.<br />
3 Im Zuge dessen sind auch in vorliegender Zeitschrift verschiedene Beiträge<br />
entstanden, die praxisorientierte <strong>Wertmanagement</strong>-Konzepte entwickeln und<br />
diskutieren. Vgl. bspw. Strack/Villis 2000 sowie Krammer et al. 2001.<br />
4 Vgl. Günther 2004, S. 342 ff.; Welge/Al-Laham 2004, S. 348 ff.<br />
5 Nach Goold et al. kann die Konzernzentrale bei den Koordinationsaufgaben<br />
einem von drei generischen Managementstilen mit unterschiedlicher<br />
Einflussnahme folgen: „Strategic Planning“, „Financial Control“ oder „Strategic<br />
Control“. Im vorliegenden Beitrag verfolgt die Konzernzentrale am ehesten die<br />
Stilrichtung „Financial Control“. Dabei werden strategische Entscheidungen<br />
delegiert und die Geschäftsfelder über finanzielle Zielvorgaben gesteuert, vgl.<br />
Goold et al. 1993, S. 49 ff.<br />
6 Man könnte erwarten, dass eine Ausrichtung der Geschäftsbereiche eines<br />
Konzerns auf Wertmax<strong>im</strong>ierung auch in jedem Fall zu einem Gesamtopt<strong>im</strong>um<br />
führt. Dies wurde jedoch von Albach widerlegt. Vorliegende Arbeit geht daher<br />
davon aus, dass die Zentrale den Geschäftsbereichen auf das Gesamtopt<strong>im</strong>um<br />
ausgerichtete Zielvorgaben setzt. Vgl. Albach 2001, S. 655 ff.
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 4<br />
Marktanteil abbildet. 7 Seitdem folgten zahlreiche Adaptionen und<br />
Weiterentwicklungen, darunter bspw. das Marktattraktivitäts-<br />
/Geschäftsfeldstärkenportfolio 8 von McKinsey. Obwohl zum Teil heftig<br />
kritisiert, bestechen diese Darstellungen durch ihre Eingängigkeit und<br />
Anschaulichkeit, sodass sie als Kommunikations- und Managementinstrumente<br />
breite Anwendung gefunden haben.<br />
Daher ist es nicht verwunderlich, dass <strong>im</strong> Gleichklang mit der Shareholder<br />
Value Diskussion auch zahlreiche Ansätze zur wertorientierten<br />
<strong>Portfolio</strong>planung entstanden sind. Diese folgen derselben Grundlogik wie ihre<br />
Vorgänger und ermöglichen ebenfalls auf grafisch ansprechende Weise die<br />
Klassifizierung von Geschäftsfeldern anhand ausgewählter wertrelevanter<br />
D<strong>im</strong>ensionen. Typischerweise wird ein solches <strong>Portfolio</strong> in Analogie zur BCG-<br />
Matrix durch zwei Achsen aufgespannt. Diese repräsentieren Kennzahlen, die<br />
der herrschenden Meinung zufolge bedeutenden Einfluss auf den<br />
Geschäftsfeldwert haben. Gängig sind Kombinationen aus Wachstums- und<br />
Profitabilitätskennzahlen; einzelne Geschäftsfelder werden als Kreise<br />
angetragen, deren Fläche der Höhe des investierten Kapitals entspricht. Je nach<br />
Position <strong>im</strong> <strong>Portfolio</strong> lassen sich Normstrategien ableiten, die i.d.R. auf eine<br />
Max<strong>im</strong>ierung des Gesamtunternehmenswerts abzielen. Es gibt einige<br />
bedeutende Vertreter dieser Kategorie:<br />
Zunächst wäre die Marakon <strong>Portfolio</strong> Profitability Matrix der gleichnamigen<br />
Unternehmensberatung zu nennen (vgl. bspw. Hax/Majluf 1988, S. 249 ff.).<br />
Auf der Ordinate wird der Spread zwischen Eigenkapitalrendite (ROE) und<br />
Eigenkapitalkosten angetragen, auf der Abszisse der Quotient aus<br />
Geschäftsfeldwachstum und Marktwachstum. Die Rasterung erfolgt durch eine<br />
horizontale Linie bei y=0 und eine vertikale Linie bei x=1. Weiterhin wird <strong>für</strong><br />
jedes Geschäftsfeld das Verhältnis aus Geschäftsfeldwachstum und ROE<br />
ermittelt und damit die Fähigkeit, positive Cash Flows erzeugen zu können.<br />
Damit lassen sich Geschäftsfelder danach unterscheiden ob sie (a) Werte<br />
schaffen oder vernichten (b) Cash generieren oder benötigen und (c)<br />
Marktanteile gewinnen oder verlieren. Ein weiterer Vertreter ist das<br />
Wertbeitragsportfolio von BCG (vgl. Lewis 1994, S. 78 ff.). In dieser Matrix<br />
wird der Spread aus Cash Flow Return on Investment (CFROI) und<br />
Kapitalkostensatz über dem Geschäftsfeldwachstum angetragen. Anhand dieser<br />
Darstellung wird verdeutlicht, ob mit über- oder unterdurchschnittlichem<br />
Wachstum Werte geschaffen oder vernichtet werden. Eine Weiterentwicklung<br />
7 Vgl. Hambrick et al. 1982 sowie MacMillan et al. 1982 <strong>für</strong> eine wissenschaftliche<br />
Diskussion und empirische Untersuchung der BCG-Matrix.<br />
8 Vgl. bspw. Hax/Majluf 1983, S. 54 ff.
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 5<br />
unter Verwendung des Economic Value Added (EVA) 9 findet sich bei dem<br />
Return on Capital Employed-/Delta EVA-<strong>Portfolio</strong> von Hungenberg (vgl.<br />
Hungenberg 2011, S. 473 ff.). Hier entspricht die Hochwertachse dem Spread<br />
zwischen Kapitalrendite und Kapitalkostensatz, die Rechtswertachse der<br />
absoluten Differenz der EVAs zweier Perioden. Geschäftsfelder können<br />
somit danach gegliedert werden, ob sie mit zunehmender oder abnehmender<br />
Tendenz Werte schaffen oder vernichten. Daneben existieren noch zahlreiche<br />
andere Konzepte, die sich hauptsächlich hinsichtlich der verwendeten<br />
Wertgrößen unterscheiden, sonst aber vergleichbare Implikationen wie die<br />
bisher angesprochenen Matrizen nahelegen. 10<br />
Auffällig bei den vorgestellten <strong>Wertmanagement</strong>-Konzepten ist die Dominanz<br />
der Beratungsgesellschaften <strong>im</strong> Vergleich zur Forschung. Der Wertbeitrag der<br />
Wissenschaft liegt, wie etwa bei Günther, eher in der Zusammenstellung und<br />
kritischen Würdigung bestehender Konzepte (vgl. Günther 1997, S. 341 ff.). Es<br />
gibt jedoch kaum bedeutende Fachartikel, die <strong>Wertmanagement</strong>-<strong>Portfolio</strong>s mit<br />
starker theoretischer Fundierung herleiten. Diese Forschungslücke erscheint<br />
umso bedeutender, zumal die bisher diskutierten Darstellungsvarianten (<strong>im</strong><br />
Folgenden als „klassische wertorientierte <strong>Portfolio</strong>s“ bezeichnet) zwar<br />
zweifelsohne einen starken Wertbezug aufweisen, jedoch auch zahlreiche<br />
Defizite mit sich bringen. Diese werden <strong>im</strong> Folgenden kurz erörtert:<br />
(A) Kein ganzheitlicher Wertbezug: Die Achsen der beschriebenen<br />
<strong>Portfolio</strong>s stehen zwar in starkem Bezug zum Geschäftsfeldwert, beschreiben<br />
diesen jedoch nicht vollständig. Damit ist gemeint, dass <strong>für</strong> die klassischen<br />
wertorientierten <strong>Portfolio</strong>s keine eingängige mathematische Verknüpfung der<br />
<strong>Portfolio</strong>daten existiert, die in einer vollständigen Abschätzung des<br />
Geschäftsfeldwerts oder eines geeigneten Proxies (bspw. Multiple) resultieren<br />
würde. Es ist daher fraglich, ob opt<strong>im</strong>ales <strong>Wertmanagement</strong> in einem <strong>Portfolio</strong><br />
möglich ist, das nicht alle wertrelevanten Faktoren in adäquater Form<br />
berücksichtigt. Wesentlich zielführender wäre daher ein konsequent aus der<br />
Bewertungstheorie abgeleitetes <strong>Portfolio</strong>, das den Geschäftsfeldwert möglichst<br />
ganzheitlich und intuitiv eingängig widerspiegelt.<br />
9 Das EVA-Konzept ist ein eingetragenes Warenzeichen der Stern Stewart & Co.<br />
Unternehmensberatungsgesellschaft. Der EVA in seiner einfachsten Form<br />
berechnet sich als Differenz zwischen NOPAT und Kapitalkosten und stellt<br />
damit ein Maß <strong>für</strong> die Wertschaffung in einer Periode dar. Vgl. Stewart 1991, S.<br />
136 ff.<br />
10 Dazu zählen etwa eine unternehmenswertorientierte Modifikation des<br />
Ronagraphen, die Value Curve der Strategic Planning Associates sowie die<br />
Matrixdarstellung des Index of Value Creation Potential nach Rappaport. Vgl.<br />
Günther 1997, S. 356 ff.
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 6<br />
(B) Undifferenzierte Wachstumsgrößen: In den klassischen wertorientierten<br />
<strong>Portfolio</strong>s wird das Geschäftsfeldwachstum stets als aggregierte Größe<br />
betrachtet. Es erfolgt keine Unterscheidung zwischen thesaurierungsbedingtem<br />
Wachstum, das aus dem eigenen Cash Flow des Geschäftsfelds finanziert wird,<br />
und externem Wachstum, das durch die Aufnahme von zusätzlichem Kapital<br />
zustande kommt. Dies stellt jedoch einen bedeutenden Unterschied dar. Im<br />
Hinblick auf das Lebenszykluskonzept kann davon ausgegangen werden, dass<br />
bspw. junge Geschäftsfelder ihr Wachstum nahezu ausschließlich extern<br />
finanzieren müssen, wohingegen etablierte Geschäftsfelder <strong>im</strong> Idealfall ihr<br />
Wachstum durch Thesaurierung stemmen und daneben noch positive<br />
Zahlungsmittelüberschüsse erzielen können.<br />
(C) Statische Betrachtungsweise: Je nach Position <strong>im</strong> <strong>Portfolio</strong> werden <strong>für</strong><br />
die Geschäftsfelder unterschiedliche Normstrategien empfohlen, die auf eine<br />
Steigerung des Gesamtunternehmenswerts abzielen. Diese Normstrategien<br />
können durch die Zentrale i.d.R. auf zwei Arten realisiert werden. Erstens<br />
können die Geschäftsfelder durch Veränderungen der Achsen-Werttreiber in<br />
der Matrix verschoben werden. Hierbei wird in den klassischen <strong>Portfolio</strong>s<br />
allerdings nicht klar, welche Werthebel angepasst werden sollten, um opt<strong>im</strong>ale<br />
Bewertungsverbesserungen zu induzieren. Dies ist jedoch wesentlich, um die<br />
Zentrale bei der Festlegung von Zielsetzungen <strong>für</strong> die Geschäftsbereichsleiter<br />
unterstützen zu können. Zweitens entscheidet die Zentrale über die<br />
Ressourcenverteilungen. Die bisherigen Darstellungen beantworten<br />
diesbezüglich nicht die Frage, welches verbleibende Investitionspotenzial die<br />
einzelnen Geschäftsfelder aufweisen und wie hoch das investierte Kapital<br />
tatsächlich verzinst wird. Die genannten Punkte sind jedoch von zentraler<br />
Bedeutung, um strategische Fehlsteuerungen bei der Ressourcenallokation<br />
vermeiden zu können.<br />
Trotz obiger Kritikpunkte sind <strong>Portfolio</strong>darstellungen in der<br />
Unternehmenspraxis bedeutend sowie weit verbreitet. Deshalb soll <strong>im</strong><br />
Folgenden versucht werden, deren wissenschaftliche Fundierung zu verbessern<br />
und mit dem sogenannten <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> (MB-<strong>Portfolio</strong>) ein<br />
neues Konzept zu entwickeln, das den drei zentralen Defiziten begegnet. Dazu<br />
wird in Kapitel 2 ein einfaches Bewertungsmodell aufgestellt, das als<br />
Ausgangsbasis <strong>für</strong> die <strong>Portfolio</strong>entwicklung fungiert. Damit werden relevante<br />
Werttreiber identifiziert und es wird ein Verständnis da<strong>für</strong> geschaffen, welche<br />
Größen in einem ganzheitlichen Ansatz abgebildet werden müssten. Erklärtes<br />
Ziel ist es, durch den starken Bezug auf die Bewertungslehre Defizit A<br />
beizukommen. Im Rahmen dessen soll das Bewertungsmodell ferner so<br />
konzeptioniert werden, dass zwischen den wesentlichen Wachstumsgrößen<br />
differenziert werden kann. Damit wird auch Defizit B in Angriff genommen. In<br />
Kapitel 3 wird eine Sensitivitätsanalyse des Geschäftsfeldwerts mit Hilfe<br />
partieller Elastizitäten durchgeführt. Damit können eindeutige Aussagen
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 7<br />
getroffen werden, welche Werttreiber unter welchen Umständen den<br />
Geschäftsfeldwert am positivsten beeinflussen. Diese Analyse ist die Grundlage<br />
<strong>für</strong> die Dynamisierung des <strong>Portfolio</strong>s, um Defizit C aufzulösen. In Kapitel 4<br />
erfolgt schließlich die Ableitung des eigentlichen <strong>Portfolio</strong>s unter<br />
Berücksichtigung der bisherigen Erkenntnisse. Es werden spezifische <strong>Portfolio</strong>-<br />
Varianten zur Unterstützung der Konzernzentrale bei den Aufgaben<br />
„<strong>Portfolio</strong>definition“ und „Koordination“ entwickelt. Kapitel 5 schließt diesen<br />
Beitrag mit einer Diskussion des MB-<strong>Portfolio</strong>s ab.<br />
2. Theoretische Fundierung<br />
2.1 Entwicklung eines einfachen Bewertungsmodells<br />
Zielsetzung des folgenden Abschnitts ist die Entwicklung eines<br />
Bewertungsmodells, das als Ausgangsbasis <strong>für</strong> die Herleitung des MB-<br />
<strong>Portfolio</strong>s fungiert. Dieses Modell soll den Geschäftsfeldwert mit Hilfe weniger<br />
Werttreiber möglichst ganzheitlich und exakt abbilden. Eine solche<br />
Komplexitätsreduktion vereinfacht die mathematische Handhabung und macht<br />
die Visualisierung als <strong>Portfolio</strong> überhaupt erst einmal möglich. Sehr<br />
pragmatisch aufgebaut ist bspw. der von Marakon Associates verwendete<br />
<strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-Ansatz. 11 Dieser fußt auf dem Gordon-Growth-Modell 12<br />
und wird als Ausgangsbasis zahlreicher wertorientierter <strong>Portfolio</strong>darstellungen<br />
verwendet. Da<strong>für</strong> ist er als typischer Equity-Ansatz jedoch weniger gut<br />
geeignet, weil den zu bewertenden Geschäftsfeldern häufig keine exakte<br />
Kapitalstruktur zugewiesen werden kann. 13 In diesem Fall sind<br />
gesamtkapitalorientierte Kennzahlen grundsätzlich leichter zu berechnen als<br />
eigenkapitalorientierte, weil erstere über das in ein Geschäftsfeld investierte<br />
Vermögen ermittelt werden können, wohingegen das Eigenkapital je<br />
Geschäftsfeld häufig nicht best<strong>im</strong>mbar ist. Daher soll <strong>im</strong> Folgenden in<br />
Anlehnung an das <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-Modell eine gesamtkapitalorientierte<br />
Alternative entwickelt werden. Selbst dann ist die Schätzung von<br />
Zielkapitalstrukturen zwar teilweise noch erforderlich (bspw. bei der Ermittlung<br />
des gewogenen Kapitalkostensatzes), überwiegend kann jedoch mit<br />
gesamtkapitalorientierten Kennzahlen gearbeitet werden. Die folgende<br />
Herleitung stützt sich in Teilen auf Werttreibermodelle von Koller et al. (vgl.<br />
11 Vgl. <strong>für</strong> eine detaillierte Erläuterung Hax/Majluf 1988, S. 227 ff.<br />
12 Vgl. <strong>für</strong> eine Darstellung des Gordon-Modells Gordon/Shapiro 1956, S. 102 ff.<br />
sowie Gordon 1962, S. 37 ff.<br />
13 Vgl. Günther 1997, S. 232 <strong>für</strong> Kritikpunkte am Equity-Spread-Ansatz. Er<br />
empfiehlt auch konkret, die Marakon-Matrix besser auf einem<br />
Gesamtkapitalansatz aufzubauen, vgl. Günther 1997, S. 354 f.
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 8<br />
Koller et al. 2005, S. 61 ff., S. 693 ff.). Zu Beginn sollen einige Begrifflichkeiten<br />
näher definiert werden:<br />
Der <strong>Buchwert</strong> des investierten Kapitals entspricht dem <strong>Buchwert</strong><br />
des kumulierten Bestands an Eigen- und verzinslichem Fremdkapital,<br />
den die Anleger bis zum Ende der Periode t ins Kerngeschäft investiert<br />
haben.<br />
Die Kapitalrendite ist definiert als die Rendite, die das Geschäftsfeld<br />
während der Periode t auf den <strong>Buchwert</strong> des zu Periodenbeginn ins<br />
Kerngeschäft investierten Kapitals erzielt. Die zugehörige und auch<br />
hierzulande gängige angelsächsische Bezeichnung dieser Renditegröße<br />
lautet Return on Invested Capital (ROIC).<br />
Der NOPAT der Periode t (Net Operating Profit After Tax) ergibt sich<br />
als Produkt aus dem investierten Kapital zum Ende der Periode t-1<br />
und der Kapitalrendite.<br />
· (1)<br />
<br />
Der gewogene Kapitalkostensatz k, auch WACC 14 genannt, spiegelt<br />
die gewichteten Renditeforderungen der Eigen- und Fremdkapitalgeber<br />
wider. Im Rahmen dieser Arbeit wird der Eigenkapitalkostensatz<br />
entsprechend dem Capital Asset Pricing Model 15 ermittelt. Den<br />
WACC erhält man dann als einen mit <strong>Marktwert</strong>en gewichteten<br />
Durchschnitt aus Eigen- und Fremdkapitalkostensatz unter<br />
Berücksichtigung des Tax Shields. Im Rahmen dessen ist es<br />
erforderlich <strong>für</strong> das betrachtete Geschäftsfeld eine Zielkapitalstruktur<br />
zu unterstellen. Formal gilt:<br />
· · <br />
<br />
·1·<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
(2)<br />
<br />
Dabei bezeichnet den Zinssatz <strong>für</strong> risikofreie Anlagen, die<br />
erwartete Rendite des Marktportfolios, die Renditeforderung der<br />
Fremdkapitalgeber, einen einfachen Unternehmenssteuersatz und <br />
das Maß <strong>für</strong> das systematische Risiko. steht <strong>für</strong> den <strong>Marktwert</strong> des<br />
<br />
Eigenkapitals, <strong>für</strong> den <strong>Marktwert</strong> des Fremdkapitals und <strong>für</strong><br />
die Summe der beiden letzteren, also den <strong>Marktwert</strong> des<br />
Gesamtkapitals.<br />
Der Wachstumsfaktor g gibt die Rate an, mit der das investierte Kapital<br />
und der Free Cash Flow von Periode zu Periode thesaurierungsbedingt<br />
wachsen (internes Wachstum). Kapitalerhöhungen seitens der<br />
Investoren (externes Wachstum) werden durch g nicht reflektiert.<br />
14 WACC steht <strong>für</strong> Weighted Average Cost of Capital.<br />
15 Vgl. <strong>für</strong> die Herleitung Sharpe 1964, S. 425 ff., Lintner 1965, S. 13 ff., Mossin<br />
1966, S. 768 ff.
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 9<br />
1 ; 1 (3)<br />
<br />
Die Nettoinvestitionen I sind definiert als die thesaurierungsbedingte<br />
Veränderung des investierten Kapitals.<br />
· ∆ (4)<br />
<br />
Die Reinvestitionsrate p ist definiert als der prozentuale Anteil des<br />
NOPAT, der Jahr <strong>für</strong> Jahr ins Kerngeschäft reinvestiert wird. Damit<br />
gilt folgende Identität <strong>im</strong> Hinblick auf die Nettoinvestitionen:<br />
· · · (5)<br />
Die Nettoinvestitionen definieren sich also einerseits wie angesprochen<br />
über die Veränderung des investierten Kapitals, andererseits über die<br />
anteilige Thesaurierung des NOPAT. Letztere ermöglicht erst das<br />
Wachstum des investierten Kapitals. Löst man nach p auf, so folgt <strong>für</strong><br />
die Höhe der Reinvestitionsrate:<br />
<br />
<br />
(6)<br />
<br />
Den Free Cash Flow erhält man als Differenz aus NOPAT und<br />
Nettoinvestitionen:<br />
· <br />
· · <br />
· (7)<br />
Der Geschäftsfeldwert lässt sich nun als Barwert der mit den gewogenen<br />
Kapitalkostensätzen diskontierten, zukünftig erwarteten Free Cash Flows<br />
ableiten. Dazu wird zunächst davon ausgegangen, dass <strong>für</strong> jede Periode <strong>für</strong> alle<br />
genannten Kennzahlen periodenaktuelle Werte in einer idealen Planung<br />
vorliegen. Damit ergibt sich der Geschäftsfeldwert dann zu:<br />
<br />
<br />
1 <br />
1 1 ...<br />
<br />
1 1 …1 (8)<br />
Die Free Cash Flows können mit Hilfe von Formel (7) auch anders dargestellt<br />
werden.<br />
<br />
... 1 1 …1 <br />
1 <br />
1 1 …1 <br />
(9)<br />
Im Folgenden wird Ausdruck (9) mithilfe einer neuartigen Bewertungsmethode<br />
verdichtet. Zielsetzung ist es dabei eine Komplexitätsreduktion zu erwirken und<br />
parallel Ergebnisgleichheit mit Ausdruck (8), der Detailbewertung, zu wahren.<br />
Die Vorteilhaftigkeit dieses Verfahrens wird dann am Ende dieses Abschnitts<br />
kurz <strong>im</strong> Kontext erörtert. Zunächst wird da<strong>für</strong> angenommen, dass mit einer
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 10<br />
vorliegenden Idealplanung der exakte Geschäftsfeldwert <br />
<br />
ermittelt werden<br />
kann. Anschließend werden die Werttreiber , und von<br />
periodenaktuellen Werten in repräsentative Ewigkeitswerte überführt. Damit<br />
wird die angesprochene Komplexitätsreduktion erwirkt. Allerdings besteht kein<br />
einfach zu formulierender mathematischer Zusammenhang zwischen den<br />
Ausprägungen der Werttreiber in den einzelnen Perioden und ihren<br />
Repräsentativwerten. Ein s<strong>im</strong>pler Durchschnitt kann nicht gebildet werden,<br />
weil es aufgrund des Zeitwerts des Geldes einen Unterschied macht, ob bspw.<br />
hohe Renditen früher oder später erwirtschaftet werden, oder ob das<br />
Unternehmen früher oder später stark wächst. Deswegen wird hier eine<br />
exaktere Lösung angestrebt. Dabei wird wie beschrieben von einer idealen<br />
Planung ausgegangen. Die folgenden Schritte können aber <strong>für</strong> alle beliebigen<br />
(realen) Planwerte durchgeführt werden. Als erstes sollen nun die<br />
periodenspezifischen Kapitalkostensätze durch den Ewigkeitswert ersetzt<br />
werden:<br />
<br />
... 1 1 …1 <br />
(10)<br />
1 <br />
1 <br />
Substituiert man 1 durch und multipliziert aus, dann erhält man ein<br />
lösbares Polynom n-ter Ordnung. Setzt man <strong>für</strong> sämtliche Werttreiber ( , ,<br />
) ihre Istwerte ein, so kann mithilfe eines geeigneten Computerprogramms<br />
die Lösungsmenge ermittelt werden. Schließt man negative Ergebnisse <strong>für</strong> den<br />
Kapitalkostensatz aus, kann der Manager aus einer Teilmenge an möglichen<br />
positiven Lösungen <strong>für</strong> wählen. Es sollte diejenige selektiert werden, die dem<br />
Geschäftsverständnis am ehesten entspricht. 16<br />
In einem nächsten Schritt werden nun die periodenspezifischen<br />
Wachstumsraten in einem Repräsentativwert verdichtet. Dazu kehrt man<br />
zunächst zur klassischen Darstellung der Free Cash Flows zurück und drückt<br />
sie mit Hilfe der periodenspezifischen Wachstumsraten in Abhängigkeit des<br />
nachhaltigen Free Cash Flows der Periode t=1 aus.<br />
<br />
<br />
1 ... 1 1 …1 <br />
1 (11)<br />
Ersetzt man die periodenaktuellen Wachstumsraten durch den Ewigkeitswert<br />
, entsteht ein lösbares Polynom (n-1)-ter Ordnung:<br />
16 In der Praxis besteht aus Vereinfachungsgründen alternativ auch die Möglichkeit,<br />
statt der komplexen Polynomlösung direkt einen repräsentativen WACC zu<br />
wählen, der auf Abschätzungen des Managements basiert. Diese Vorgehensweise<br />
ist zwar deutlich einfacher und schneller, in der Theorie allerdings auch nicht so<br />
exakt wie die hier vorgestellte.
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 11<br />
<br />
<br />
1 ... 1 <br />
(12)<br />
1 <br />
Die Lösungsmenge kann analog zu oben numerisch ermittelt werden. Auch <strong>im</strong><br />
Falle der Wachstumsrate sollen negative Werte und damit eine Schrumpfung<br />
des Geschäftsfelds ausgeschlossen werden. Für die positiven Lösungen soll<br />
weiterhin gelten, dass die ewige Wachstumsrate kleiner sein muss als der ewige<br />
WACC. Andernfalls würde das Geschäftsfeld dauerhaft schneller wachsen als<br />
durch den Zeiteffekt Werte erodiert werden. Die Folge wäre ein unendlich<br />
hoher Geschäftsfeldwert. Aus der verbleibenden Teilmenge wird wiederum<br />
diejenige Lösung gewählt, die das zugrunde liegende Geschäft am besten<br />
beschreibt. 17<br />
Im letzten Schritt verbleibt noch die Überführung der periodenaktuellen<br />
Kapitalrendite in den Ewigkeitswert . Dazu werden die periodenaktuellen<br />
Kapitalrenditen durch eine Ewigkeitsrendite ersetzt.<br />
<br />
1 <br />
(13)<br />
1 <br />
1 <br />
Zumal , und bekannt sind und nur in linearer Form vorkommt,<br />
besitzt obige Gleichung eine eindeutige Lösung <strong>für</strong> die Kapitalrendite. Diese<br />
sollte <strong>im</strong> Hinblick auf das unterliegende Geschäftsfeld auf Plausibilität geprüft<br />
werden. Insbesondere sollte sie größer als die ewige Wachstumsrate sein. Nur<br />
in diesem Fall generiert das Geschäftsfeld auf permanenter Basis positive Freie<br />
Cash Flows und kommt daher <strong>für</strong> eine Investition überhaupt in Frage. Mit der<br />
Konstanzannahme <strong>für</strong> Kapitalrendite, WACC und Wachstumsrate sind die<br />
Voraussetzungen <strong>für</strong> eine weitere Vereinfachung des Geschäftsfeldwerts<br />
gegeben. Geht man davon aus, dass die Anzahl der Planperioden n sehr groß<br />
ist, kann Formel (13) mit Hilfe des Barwertfaktors einer geometrisch<br />
wachsenden nachschüssigen Rente zusammengefasst werden. Damit ergibt sich<br />
<strong>für</strong> den Geschäftsfeldwert folgender finaler Ausdruck:<br />
·<br />
<br />
(14)<br />
In Summe wurde mit Ausdruck (14) eine einfache Darstellung entwickelt, die<br />
den Geschäftsfeldwert anhand weniger Werttreiber ganzheitlich abbildet. Dies<br />
stellt eine gute Ausgangsbasis dar, um Defizit A beizukommen. Selbige<br />
Werttreiberformel kann bspw. auch bei Koller et al. gefunden werden (vgl.<br />
Koller et al. 2005, S. 694 ff.). Zentraler Unterschied ist jedoch, dass Koller et al.<br />
17 Analog zur vorangehenden Endnote kann auch <strong>für</strong> die Wachstumsrate eine<br />
Abschätzung seitens des Managements getroffen werden, um die komplexe<br />
Polynomlösung zu vermeiden.
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 12<br />
davon ausgehen, dass sich das Bewertungsobjekt tatsächlich in einem „steady<br />
state“ befindet. Unter dieser Voraussetzung können die Ewigkeitswerttreiber<br />
somit einfach aus adjustierten Vergangenheitswerten ermittelt und<br />
fortgeschrieben werden. Insbesondere bei jungen oder dynamischen<br />
Geschäftsfeldern ist der Geschäftsverlauf in der Zukunft jedoch variabel (kein<br />
„steady state“), sodass bei der Methode nach Koller et al. von einer exakten<br />
Ermittlung des Geschäftsfeldwerts keine Rede mehr sein kann. Deshalb sind <strong>im</strong><br />
vorliegenden Beitrag die Ewigkeitswerttreiber als Ergebnis eines aufwändigen<br />
Verdichtungsprozesses von spezifischen, variablen Geschäftsverläufen ermittelt<br />
worden. Aufgrund der gewählten Konzeption liefert der verkürzte Ausdruck<br />
(14) <strong>für</strong> jedes Geschäftsfeld exakt die gleichen Ergebnisse wie der ausführliche<br />
Diskontierungsprozess aus Formel (8). Der Informationsverlust bezieht sich<br />
also nur auf die Verdichtung der periodenaktuellen Werte auf<br />
Ewigkeitswerttreiber, die Geschäftsfeldwerte als Endergebnis bleiben gleich.<br />
Damit sind alle möglichen Geschäftsfelder exakt bewertbar, nicht nur<br />
diejenigen, die sich ohnehin aufgrund ihres Reifegrades in einem „steady state“<br />
befinden.<br />
2.2 Festlegung der Definitionsmenge der Werttreiber<br />
Wie in Ausdruck (14) unmittelbar ersichtlich, hängt der Geschäftsfeldwert vom<br />
<strong>Buchwert</strong> des investierten Kapitals, von der Kapitalrendite, von der<br />
Wachstumsrate sowie dem gewogenen Kapitalkostensatz ab. Für diese vier<br />
Ewigkeitswerttreiber sollen die sich aus der Herleitung <strong>im</strong>plizit ergebenden<br />
Definitionsbereiche noch einmal zusammengefasst werden:<br />
(1a) Gewichteter Kapitalkostensatz k g; ∞. Der WACC darf Werte<br />
zwischen g und unendlich annehmen. Wäre der Kapitalkostensatz<br />
kleiner als die Wachstumsrate, so würde dies <strong>im</strong> Bewertungsmodell<br />
zu negativen und damit nicht sinnvollen Geschäftsfeldwerten führen.<br />
Im Bewertungsmodell ist k <strong>für</strong> alle Perioden konstant.<br />
(1b) Kapitalrendite r g; ∞. Die Kapitalrendite darf Werte zwischen g<br />
und unendlich annehmen. Eine Kapitalrendite kleiner als die<br />
Wachstumsrate würde zu negativen Free Cash Flows und damit zu<br />
negativen Geschäftsfeldwerten führen. Ursächlich liegt dies darin<br />
begründet, dass die Innenfinanzierung der erforderlichen<br />
Wachstumsinvestitionen dann nicht mehr aus dem eigenen Cash<br />
Flow erbracht werden könnte – dieser wäre aufgrund der niedrigen<br />
Kapitalrendite zu gering. Auf dauerhafter Basis ist eine solche<br />
Annahme ergo ökonomisch nicht sinnvoll, weil rationale Investoren<br />
kein Projekt mit permanent negativen Rückflüssen finanzieren<br />
würden. Im Bewertungsmodell ist r <strong>für</strong> alle Perioden konstant.<br />
(1c) Wachstumsrate g 0; min k; r. Die Wachstumsrate muss kleiner<br />
sein als der gewichtete Kapitalkostensatz und kleiner sein als die
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 13<br />
Kapitalrendite. Negativwachstum wird definitorisch ausgeschlossen.<br />
Im Bewertungsmodell ist g <strong>für</strong> alle Perioden konstant.<br />
(1d) <strong>Buchwert</strong> des investierten Kapitals IC 0; ∞. Der <strong>Buchwert</strong> des<br />
investierten Kapitals ist stets größer als null und nach oben<br />
unbeschränkt.<br />
2.3 Diskussion und Rechtfertigung der Bewertungslogik<br />
Im Folgenden soll das Zusammenspiel der vier Werttreiber genauer erläutert<br />
werden, um ein tiefergreifendes Verständnis <strong>für</strong> die Bewertungslogik zu<br />
generieren. Prinzipiell wurde <strong>im</strong> Verlauf des Bewertungsprozesses das<br />
Bewertungsobjekt mit seinen periodenaktuellen Werttreibern (kein „steady<br />
state“) in ein Parallelgeschäftsfeld mit konstanten Werttreibern („steady state“)<br />
überführt. Da<strong>für</strong> lassen sich dann modellhaft folgende Aussagen treffen: Zu<br />
Beginn des Lebenszyklus bei t=0 werden dem Geschäftsfeld von der<br />
Konzernzentrale finanzielle Mittel in Höhe von zur Verfügung gestellt. Mit<br />
dieser Anfangsinvestition wird in jeder Periode t das betriebliche Ergebnis<br />
( ) erzielt, das sich aus dem Produkt aus investiertem Kapital und<br />
Kapitalrendite berechnet. Gleichzeitig wird von diesem operativen Ergebnis ein<br />
Teil ins Geschäftsfeld reinvestiert, der sich über das Produkt aus<br />
Wachstumsrate und investiertem Kapital bemisst. Dadurch wächst das<br />
investierte Kapital von Periode zu Periode mit der Rate . Die Kapitalstruktur<br />
bleibt dabei stets erhalten, d.h. der Eigenkapitalbestand wächst durch<br />
Thesaurierung genau so schnell wie der Fremdkapitalbestand durch<br />
Neuverschuldung, also ebenfalls mit der Rate . Die Differenz aus ,<br />
also · und Nettoinvestitionen, also · ergibt hier den Free Cash<br />
Flow. Dieser wird zur Befriedigung der Ansprüche der Eigen- und<br />
Fremdkapitalgeber an die Zentrale weitergeleitet und konsequent in voller<br />
Höhe ausgeschüttet. Im Gegenzug wird dem Geschäftsfeld <strong>für</strong><br />
außerplanmäßige Erweiterungsinvestitionen die Möglichkeit eingeräumt, neues<br />
Kapital unter Beibehaltung der Kapitalstruktur aufzunehmen. Dadurch wird<br />
dann die Kapitalbasis über das reguläre Wachstum hinaus gesteigert. Es<br />
bestehen also zwei Möglichkeiten <strong>für</strong> das Wachstum. Einerseits wird reguläres<br />
Wachstum durch Thesaurierung auf nachhaltige Art und Weise innenfinanziert<br />
(internes Wachstum). Kommen jedoch neue Wachstumsprojekte hinzu, die<br />
eine weitere Erhöhung des investierten Kapitals erfordern, kann letzteres über<br />
die Konzernzentrale am Kapitalmarkt aufgestockt werden (externes<br />
Wachstum). Damit wird die Anforderung aus Defizit B erfüllt,<br />
Wachstumsgrößen differenzierter abzubilden. Fraglich bleibt, inwieweit sich in<br />
diesem „steady state“ nun die Ewigkeitswerte noch ändern können. Sollte sich<br />
<strong>im</strong> Geschäftsverlauf bspw. anbahnen, dass positive oder negative<br />
Abweichungen vom Idealplan, der Grundlage der Bewertung war, auftreten,<br />
dann muss eine Neubewertung gemäß Abschnitt 2.1 durchgeführt werden. Im
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 14<br />
Ergebnis werden die neuen, veränderten Ewigkeitswerttreiber ermittelt, die<br />
dann die Planänderung einzelner periodenspezifischer Werttreiber wieder auf<br />
sich vereinen.<br />
Sicherlich könnte man kritisieren, dass eine solch vereinfachte Darstellung als<br />
Parallelgeschäftsfeld <strong>im</strong> „steady state“ sehr realitätsfern ist – das eigentliche<br />
Geschäftsfeld operiert schließlich mit periodenaktuellen Werten. Diese<br />
Bewertungslogik schafft jedoch einen Brückenschlag aus S<strong>im</strong>plizität und<br />
hinreichender Abbildungsgenauigkeit. Sicherlich hätten auch komplexere<br />
Modelle mit zusätzlichen Werttreibern und einer besseren Beschreibung ihrer<br />
zeitlichen Entwicklung Anwendung finden können. Damit hätte man die<br />
Abbildungsgenauigkeit gesteigert und könnte den Geschäftsfeldwert<br />
differenzierter anhand mehrerer Werttreiber analysieren. Gleichzeitig hätte man<br />
jedoch erheblich an S<strong>im</strong>plizität eingebüßt und eine <strong>Portfolio</strong>darstellung, die auf<br />
wenige D<strong>im</strong>ensionen angewiesen ist, damit stark erschwert oder gar unmöglich<br />
gemacht.<br />
2.4 Vom Geschäftsfeldwert zum Unternehmenswert<br />
Es wird davon ausgegangen, dass der Unternehmenswert gleich der Summe der<br />
Geschäftsfeldwerte ist. Daraus folgt unmittelbar, dass der Wert der Zentrale als<br />
null angenommen wird. Dies ist theoretisch aber nur dann richtig, wenn<br />
1. Der Beziehungswert zwischen den einzelnen Geschäftsbereichen und/oder<br />
2. Der Beziehungswert der einzelnen Geschäftsbereiche zur Zentrale<br />
gleich null ist (vgl. Albach 2001, S. 655). Albach hat gezeigt, dass dies i.d.R.<br />
nicht der Fall ist. Es soll jedoch aus Gründen der Vereinfachung angenommen<br />
werden, dass kein „conglomerate discount/premium“ vorliegt und der Wert der<br />
Zentrale gleich null ist. Geht man nun davon aus, dass ein Unternehmen aus<br />
einer Anzahl an Geschäftsfeldern besteht, erhält man den<br />
Gesamtunternehmenswert <br />
<br />
als Summe der Geschäftsfeldwerte.<br />
<br />
, · <br />
<br />
<br />
(15)
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 15<br />
3. Sensitivitätsanalyse des Geschäftsfeldwerts<br />
3.1 Vorstellung des Elastizitätskonzepts<br />
Im letzten Kapitel wurde der Geschäftsfeldwert zunächst anhand einer Vielzahl<br />
von periodenaktuellen Werttreibern abgebildet und schließlich in Formel (14)<br />
auf drei Ewigkeitswerttreiber und das investierte Kapital der Periode t=0<br />
verdichtet. Es kann nun untersucht werden, wie der Geschäftsfeldwert auf<br />
Änderungen der Ewigkeitswerttreiber reagiert. Damit wird dann ult<strong>im</strong>ativ die<br />
Frage beantwortet, welche Ewigkeitswerttreiber <strong>im</strong> Idealfall verbessert werden<br />
sollten, um eine bestmögliche Entwicklung des Geschäftsfeldwerts<br />
sicherzustellen. Freilich muss diese Verbesserung dann letzten Endes wieder<br />
durch eine Steigerung der unterliegenden periodenspezifischen Werttreiber<br />
erfolgen, aber es wird zumindest eine grobe Stoßrichtung definiert, auf welchen<br />
Wertgrößen der Fokus liegen sollte. Diese Analyse zielt auf die Behebung von<br />
Defizit C ab, weil dadurch die bisher statische Betrachtungsweise aufgelöst<br />
werden kann.<br />
Für die Quantifizierung relativer Wertveränderungen bei Funktionen mehrerer<br />
Variablen ist das Konzept der partiellen Elastizität geeignet. Dabei gibt die<br />
partielle Elastizität , einer differenzierbaren Funktion<br />
, ,…, das Verhältnis der relativen Änderungen von und <br />
unter Konstanthaltung aller anderen Variablen an. 18 Formal gilt:<br />
, , <br />
<br />
<br />
<br />
· <br />
<br />
(16)<br />
Man erhält also die partielle Elastizität der Funktion nach dem Werttreiber <br />
indem man die partielle Ableitung der Funktion nach mit dem Quotienten<br />
aus und der Funktion selbst multipliziert. Mit Hilfe der partiellen Elastizität<br />
lässt sich somit die relative Änderung einer Zielgröße (bspw.<br />
Geschäftsfeldwert) bei relativer Änderung einer ihrer Einflussgrößen (bspw.<br />
Werttreiber) quantifizieren. Die partielle Elastizität gibt dabei vereinfacht<br />
gesprochen an, um wie viel Prozent sich die Zielgröße verändert, wenn die<br />
Einflussgröße um ein Prozent vergrößert wird und alle anderen<br />
unabhängigen Variablen unverändert bleiben. Dabei gilt: Ist die partielle<br />
Elastizität nach einer Einflussgröße positiv (negativ), dann führt eine<br />
Vergrößerung der Einflussgröße um ein Prozent zu einer steigenden<br />
(sinkenden) Zielgröße. Weiterhin kann noch nach konkreten Zahlenwerten<br />
unterschieden werden: Liegt der Betrag der partiellen Elastizität zwischen null<br />
18 Vgl. bspw. Tietze 2005, S. 352 ff. <strong>für</strong> eine wirtschaftsmathematische Einführung<br />
in partielle Elastizitäten.
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 16<br />
und eins, dann bezeichnet man die betrachtete Funktion als unelastisch, weil sie<br />
sich weniger stark ändert als ihre Einflussgröße. Liegt dagegen der Betrag der<br />
partiellen Elastizität über eins, dann ist die betrachtete Funktion elastisch und<br />
ändert sich stärker als ihre Einflussgröße.<br />
3.2 Analytische Ermittlung der partiellen Elastizitäten des Geschäftsfeldwerts<br />
Mit Ausdruck (14) wurde eine verkürzte Darstellung des Geschäftsfeldwerts<br />
hergeleitet und die Identifikation übergeordneter Werttreiber ermöglicht. Im<br />
Folgenden soll nun mit Hilfe des soeben erläuterten Elastizitätskonzepts eine<br />
Sensitivitätsanalyse durchgeführt werden. Damit soll festgestellt werden, wie<br />
hoch der situationsabhängige relative Einfluss der einzelnen Werttreiber auf<br />
den Geschäftsfeldwert ist. Unter Anwendung von Formel (16) auf Ausdruck<br />
(14) werden zunächst <strong>für</strong> jeden Werttreiber die partiellen Elastizitäten ermittelt<br />
und <strong>im</strong> Hinblick auf Vorzeichen und Verlauf analysiert.<br />
3.2.1. Partielle Kapitalelastizität<br />
Die partielle Kapitalelastizität reflektiert das Potenzial der Steigerung des<br />
Geschäftsfeldwerts durch externes Wachstum. Zunächst wird durch<br />
Anwendung von Formel (16) auf Ausdruck (14) eine mathematische<br />
Darstellung erwirkt:<br />
1 (17)<br />
Die partielle Kapitalelastizität ist in vorliegendem Bewertungsmodell<br />
grundsätzlich <strong>im</strong>mer gleich eins. Dies bedeutet, dass c.p. eine Erhöhung des<br />
<strong>Buchwert</strong>s des investierten Kapitals um 1% auch in einer einprozentigen<br />
Erhöhung des Geschäftsfeldwerts resultiert und vice versa. Dieses Ergebnis ist<br />
intuitiv eingängig: Weiten die Kapitalgeber ihre Investition zu den gleichen<br />
Rahmenbedingungen (Kapitalrendite, WACC, Wachstumsrate) aus, so steigt<br />
der Wert dieser Investition <strong>im</strong>mer <strong>im</strong> selben Maße und zwar unabhängig vom<br />
Stand der übrigen Werttreiber.<br />
3.2.2. Partielle Renditeelastizität<br />
Für die partielle Elastizität nach der Rendite auf das investierte Kapital folgt<br />
unter Anwendung von Formel (16):<br />
<br />
<br />
<br />
(18)<br />
<br />
<br />
Aus Annahme (1b) folgt, dass größer als null ist.<br />
Aus Annahme (1b) folgt, dass größer als null ist.<br />
Daraus lässt sich ableiten, dass die partielle Renditeelastizität grundsätzlich<br />
größer null ist. Steigt die zukünftig erwartete Rendite um 1%, so resultiert dies
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 17<br />
in einer Erhöhung des Geschäftsfeldwerts um einen Prozentsatz in Höhe der<br />
partiellen Renditeelastizität und vice versa. Ökonomisch ist das gut<br />
nachvollziehbar. Mit höherer (geringerer) erwarteter Rendite wird pro Einheit<br />
eingesetztem Kapital mehr (weniger) verdient. Damit stehen <strong>für</strong> die<br />
Gesamtkapitalgeber höhere (geringere) Zahlungen zur Verfügung, sodass der<br />
Geschäftsfeldwert steigt (sinkt). Betrachtet man bei dieser dreid<strong>im</strong>ensionalen<br />
Funktion als unabhängige Variable und als konstanten Scharparameter,<br />
dann verläuft die partielle Renditeelastizität <strong>im</strong> Definitionsbereich <br />
; ∞ streng monoton fallend. Der linksseitige Grenzwert <strong>für</strong> läuft<br />
asymptotisch gegen unendlich, der rechtsseitige Grenzwert <strong>für</strong> ∞<br />
asymptotisch gegen eins. Die Funktion ist <strong>im</strong> Definitionsbereich stetig. Damit<br />
lässt sich festhalten, dass die partielle Renditeelastizität umso größer ist, je näher<br />
bei liegt. Fordert man bspw., dass die partielle Renditeelastizität mindestens<br />
gleich zwei ist, muss gelten, dass die Kapitalrendite kleiner ist als die doppelte<br />
Wachstumsrate. Aus strategischer Sicht bedeutet dies, dass einseitige<br />
Renditesteigerungen in <strong>im</strong>mer geringeren Verbesserungen des<br />
Geschäftsfeldwerts resultieren. Dabei bleibt der Hebeleffekt jedoch stets größer<br />
eins.<br />
3.2.3. Partielle Kapitalkostenelastizität<br />
Für die partielle Elastizität nach dem gewogenen Kapitalkostensatz erhält man<br />
folgendes Ergebnis:<br />
<br />
<br />
<br />
(19)<br />
<br />
<br />
Aus Annahme (1a) folgt, dass k größer als null ist.<br />
Aus Annahme (1a) folgt, dass der Nenner kg größer als null ist.<br />
Unter Berücksichtigung des führenden Minuszeichens ist die partielle<br />
Kapitalkostenelastizität stets negativ. Steigt der WACC um 1%, so resultiert<br />
dies in einem Absinken des Geschäftsfeldwerts um einen Prozentsatz in Höhe<br />
der partiellen Kapitalkostenelastizität und vice versa. Auch dies ist<br />
ökonomisch gut nachvollziehbar. Ein höherer (niedrigerer) WACC führt dazu,<br />
dass die Auszahlungen an die Kapitalgeber mit einem höheren (niedrigeren)<br />
Diskontierungszins abgezinst werden, sodass der Geschäftsfeldwert sinkt<br />
(steigt). Betrachtet man bei dieser dreid<strong>im</strong>ensionalen Funktion als<br />
unabhängige Variable und als konstanten Scharparameter, dann verläuft die<br />
partielle Kapitalkostenelastizität <strong>im</strong> Definitionsbereich ; ∞ streng<br />
monoton steigend. Der linksseitige Grenzwert <strong>für</strong> läuft asymptotisch<br />
gegen minus unendlich, der rechtsseitige Grenzwert <strong>für</strong> ∞ asymptotisch<br />
gegen minus eins. Die Funktion ist <strong>im</strong> Definitionsbereich stetig. Damit lässt<br />
sich festhalten, dass die partielle Kapitalkostenelastizität betragsmäßig umso<br />
größer ist, je näher bei liegt. Dementsprechend lässt sich aus strategischer<br />
Sicht schlussfolgern, dass mit zunehmender Senkung des Kapitalkostensatzes
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 18<br />
der Wertsteigerungseffekt <strong>im</strong>mer stärker zun<strong>im</strong>mt, weil sich dadurch <strong>im</strong>mer<br />
weiter an annähert.<br />
3.2.4. Partielle Wachstumselastizität<br />
Die partielle Wachstumselastizität reflektiert das Potenzial der Steigerung des<br />
Geschäftsfeldwerts durch internes, thesaurierungsbedingtes Wachstum. Sie lässt<br />
sich unter Anwendung von Formel (16) auf Ausdruck (14) berechnen:<br />
<br />
·<br />
<br />
(20)<br />
<br />
<br />
<br />
Aus Annahme (1a) folgt, dass der Nenner kg größer als null ist.<br />
Aus Annahme (1b) folgt, dass rg größer als null ist.<br />
Aus Annahme (1c) folgt, dass g größer als null ist.<br />
Somit hängt das Vorzeichen der partiellen Wachstumselastizität von der<br />
Differenz ab. Es ergeben sich drei Fälle:<br />
Fall (a): . Die partielle Wachstumselastizität ist größer null. Steigt die<br />
Wachstumsrate um 1%, so resultiert dies in einer Erhöhung des<br />
Geschäftsfeldwerts um einen Prozentsatz in Höhe der partiellen<br />
Wachstumselastizität und vice versa. Auch aus ökonomischer Sicht lässt<br />
sich dieser Sachverhalt sinnhaft auslegen: Liegt die Kapitalrendite über dem<br />
gewogenen Kapitalkostensatz , dann werden positive Residualgewinne erzielt<br />
und somit Werte geschaffen. Bei wertsteigerndem Wachstum führt eine<br />
Erhöhung der Wachstumsrate zur Schaffung zusätzlicher Werte und damit<br />
zwangsläufig auch zu einem höheren Geschäftsfeldwert. Betrachtet man bei<br />
dieser vierd<strong>im</strong>ensionalen Funktion als unabhängige Variable und sowie <br />
als konstante Scharparameter, dann darf in diesem Fall max<strong>im</strong>al so groß<br />
werden wie (vgl. dazu Ann. (1c)). Im resultierenden Definitionsbereich<br />
0; verläuft die partielle Wachstumselastizität streng monoton steigend.<br />
Der linksseitige Grenzwert <strong>für</strong> 0 läuft asymptotisch gegen null, der<br />
rechtsseitige Grenzwert 19 <strong>für</strong> asymptotisch gegen unendlich. Damit<br />
lässt sich festhalten, dass die partielle Wachstumselastizität umso größer ist, je<br />
näher bei liegt. Es können Funktionswerte zwischen null und unendlich<br />
angenommen werden.<br />
Fall (b): . Die partielle Wachstumselastizität ist gleich null.<br />
Dementsprechend hat eine Veränderung der Wachstumsrate keinen Einfluss<br />
auf die Höhe des Geschäftsfeldwerts. Ökonomisch bedeutet dies, dass die<br />
19 Der rechtsseitige Grenzwert ist in diesem Fall der gewogene Kapitalkostensatz,<br />
nicht die Kapitalrendite. Dies liegt daran, dass in Fall (a) gilt und dass die<br />
Wachstumsrate aufgrund von Annahme (1c) kleiner sein muss als das Min<strong>im</strong>um<br />
aus diesen beiden Größen. Letzteres ist definitionsgemäß der WACC.
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 19<br />
Investitionen wertneutral sind und daher irrelevant <strong>für</strong> die Höhe des<br />
Geschäftsfeldwerts. Aus mathematischer Hinsicht besteht <strong>für</strong> diese konstante<br />
Nullfunktion kein weiterer Analysebedarf.<br />
Fall (c): . Die partielle Wachstumselastizität ist kleiner null. Steigt die<br />
Wachstumsrate um 1%, so resultiert dies in einem Absinken des<br />
Geschäftsfeldwerts um einen Prozentsatz in Höhe der partiellen<br />
Wachstumselastizität und vice versa. Auch dieses Ergebnis ist intuitiv<br />
eingängig: Liegt die Kapitalrendite unter dem gewogenen Kapitalkostensatz ,<br />
dann werden die Kapitalkosten nicht erwirtschaftet und somit Werte vernichtet.<br />
Bei wertvernichtendem Wachstum führt eine Erhöhung der Wachstumsrate<br />
zum verstärkten Abschmelzen von Werten und damit zwangsläufig auch zu<br />
niedrigeren Geschäftsfeldwerten. Betrachtet man bei dieser vierd<strong>im</strong>ensionalen<br />
Funktion als unabhängige Variable und sowie als konstante<br />
Scharparameter, dann darf in diesem Fall max<strong>im</strong>al so groß werden wie (vgl.<br />
dazu Ann. (1c)). Im resultierenden Definitionsbereich 0; verläuft die<br />
partielle Wachstumselastizität streng monoton fallend. Der linksseitige<br />
Grenzwert <strong>für</strong> 0 läuft asymptotisch gegen null, der rechtsseitige<br />
Grenzwert 20 <strong>für</strong> asymptotisch gegen minus unendlich. Damit lässt sich<br />
festhalten, dass die partielle Wachstumselastizität betragsmäßig umso größer ist,<br />
je näher bei liegt. Es können Funktionswerte zwischen null und minus<br />
unendlich angenommen werden.<br />
Obige Analysen machen deutlich, dass die Auswirkungen des<br />
thesaurierungsbedingten Wachstums auf die Höhe des Geschäftsfeldwerts<br />
differenziert betrachtet werden müssen. Je nachdem, ob die<br />
Renditeforderungen der Kapitalgeber erwirtschaftet werden oder nicht, wirkt<br />
sich zusätzliches Wachstum positiv, wertneutral oder negativ auf den<br />
Geschäftsfeldwert aus.<br />
3.3 Bildung einer generischen Rangordnung der Werttreiber<br />
Im Hinblick auf die <strong>Portfolio</strong>erstellung und die Auflösung der statischen<br />
Betrachtungsweise ist es sinnvoll zu analysieren, welcher Werttreiber unter<br />
welchen Bedingungen den größten Hebeleffekt auf den Geschäftsfeldwert<br />
aufweist. Dazu werden die absoluten Beträge der partiellen Elastizitäten durch<br />
Lösung folgender Ungleichungen miteinander verglichen.<br />
20 Der rechtsseitige Grenzwert ist in diesem Fall die Kapitalrendite, nicht der<br />
gewogene Kapitalkostensatz. Dies liegt daran, dass in Fall (c) gilt und dass<br />
die Wachstumsrate aufgrund von Annahme (1c) kleiner sein muss als das<br />
Min<strong>im</strong>um aus diesen beiden Größen. Letzteres ist definitionsgemäß die<br />
Kapitalrendite.
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 20<br />
|| || ,,,; ,,,; (21)<br />
Dabei ist auf zwei Dinge zu achten: Erstens müssen bei der Auflösung des<br />
absoluten Betrags bei der Wachstumselastizität Fallunterscheidungen gemacht<br />
werden, weil diese sowohl positive als auch negative Werte annehmen kann.<br />
Zweitens muss <strong>für</strong> die resultierenden Bedingungen <strong>im</strong>mer die Zulässigkeit<br />
anhand der getroffenen Modellannahmen (1a) - (1d) sowie anhand des<br />
betrachteten Falls (insbesondere oder ) überprüft werden. Führt<br />
man diese Analyse durch, erhält man folgende zulässige Ergebnisse:<br />
Tab. 1: Betragsmäßiger Vergleich der partiellen Elastizitäten<br />
1a || || 1b || ||<br />
Nie<br />
Immer<br />
2a || || 2b || ||<br />
Nie<br />
Immer<br />
3a || || 3b || ||<br />
,<strong>für</strong> <br />
,<strong>für</strong> <br />
,<strong>für</strong> <br />
,<strong>für</strong> <br />
4a || || 4b || ||<br />
<br />
<br />
5a || || 5b || ||<br />
<br />
<br />
2 ,<strong>für</strong> ,<strong>für</strong> <br />
2 <br />
6a || || 6b || ||<br />
<br />
<br />
2 ,<strong>für</strong> <br />
2 ,<strong>für</strong> <br />
In Tab. 1 sind in den grau schattierten Bereichen alle Ungleichungen aus<br />
Formel (21) aufgelistet. In den weißen Bereichen finden sich die zugehörigen<br />
zulässigen Lösungen. Die Ergebnisse sind so gegliedert, dass <strong>im</strong>mer<br />
komplementäre Bedingungen in einer Zeile zusammengefasst sind.<br />
Ungleichungen 4a bzw. 4b liefern bspw. die Voraussetzung da<strong>für</strong>, dass die<br />
Renditeelastizität größer bzw. kleiner als die Kapitalelastizität ist. Die<br />
Auswertung dieser Tabelle unter logischen Gesichtspunkten führt zu folgenden<br />
Ergebnissen:
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 21<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Aus Ungleichungen 1a, 1b und 2a, 2b folgt, dass die Renditeelastizität<br />
und die Kapitalkostenelastizität <strong>im</strong>mer größer als die Kapitalelastizität<br />
sind<br />
Aus Ungleichungen 3a, 3b folgt, dass die Kapitalelastizität größer als<br />
die Wachstumselastizität ist, wenn die Wachstumsrate unterhalb<br />
best<strong>im</strong>mter Schwellenwerte g IC liegt und umgekehrt.<br />
Aus Ungleichungen 4a, 4b folgt, dass die Renditeelastizität größer als<br />
die Kapitalkostenelastizität ist, wenn gilt r und umgekehrt.<br />
Aus Ungleichungen 5a, 5b folgt, dass die Renditeelastizität größer als<br />
die Wachstumselastizität ist, wenn die Wachstumsrate unterhalb des<br />
Schwellenwerts g liegt und umgekehrt<br />
Aus Ungleichungen 6a, 6b folgt, dass die Kapitalkostenelastizität<br />
größer als die Wachstumselastizität ist, wenn die Wachstumsrate<br />
unterhalb des Schwellenwerts g liegt und umgekehrt<br />
Aus Ungleichungen 5a, 5b, 6a, 6b folgt, dass die Wachstumselastizität<br />
entweder größer sein kann als die Renditeelastizität (<strong>für</strong> r) oder als<br />
die Kapitalkostenelastizität (<strong>für</strong> r). Beides zugleich ist wegen der in<br />
Klammern genannten disjunkten Ausschlussbedingung nicht möglich.<br />
Zumal Rendite- und Kapitalkostenelastizität (a) <strong>im</strong>mer größer sind als<br />
die Kapitalelastizität und (b) eine der beiden <strong>im</strong>mer größer ist als die<br />
Wachstumselastizität, geht der erste Platz entweder an den Werttreiber<br />
„Kapitalrendite“ (ROIC) oder an den Werttreiber „Kapitalkostensatz“<br />
(WACC).<br />
Die Wachstumsrate (g) erreicht in Abhängigkeit der erfüllten<br />
Schwellenbedingungen die Plätze zwei bis vier.<br />
Für das investierte Kapital (IC) verbleiben dann nur noch die Plätze<br />
drei und vier.<br />
Diese Ergebnisse können nun in einem Flussdiagramm subsumiert werden, das<br />
in Abhängigkeit der entscheidungsrelevanten Bedingungen eine kardinale<br />
Ordnung vorgibt.
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 22<br />
Abb. 1: Rangordnung der Werttreiber<br />
Start<br />
nein<br />
r k<br />
ja<br />
1. ROIC<br />
1. WACC<br />
nein rk ja ja<br />
g <br />
2 k r<br />
rk<br />
g <br />
2 r k<br />
nein<br />
2. WACC<br />
2. g<br />
2. g<br />
2. ROIC<br />
nein<br />
g k k²<br />
rk<br />
ja<br />
nein<br />
g r r²<br />
rk<br />
ja<br />
3. IC<br />
3. g<br />
3. WACC<br />
3. ROIC<br />
3. IC<br />
3. g<br />
4. g<br />
4. IC<br />
4. IC<br />
4. IC<br />
4. g<br />
4. IC<br />
Bemerkenswert an diesen Ergebnissen ist zunächst, dass Platz eins nur an zwei<br />
mögliche Werttreiber vergeben werden kann. Falls ein Geschäftsfeld seine<br />
Kapitalkosten erwirtschaftet, also positive Residualgewinne erzielt, sollte es<br />
pr<strong>im</strong>är versuchen seinen Kapitalkostensatz weiter zu senken. Werden die<br />
Kapitalkosten hingegen nicht erwirtschaftet, verschiebt sich der Fokus zu<br />
Gunsten von Renditesteigerungen. Die internen (g) und externen<br />
Wachstumskennziffern (IC) sind demgegenüber grundsätzlich <strong>im</strong> Hintertreffen<br />
und erreichen max<strong>im</strong>al die Plätze zwei bzw. drei. Einerseits ist dies aus<br />
theoretischer Perspektive ein klarer Hinweis darauf, dass <strong>im</strong> Falle der<br />
Wahlfreiheit ROIC oder WACC <strong>im</strong> Vordergrund stehen sollten. Andererseits<br />
gilt es zu berücksichtigen, dass „Unternehmensgröße“ aus strategischen<br />
Gesichtspunkten in vielen Fällen ein Schlüsselmerkmal sein kann, um gewisse<br />
Renditespannen überhaupt erst erreichen zu können. 21 Nicht zu<br />
vernachlässigen ist auch das Faktum, dass Überrenditen i.d.R. zusammen mit<br />
den Wettbewerbsvorteilen <strong>im</strong> Zeitverlauf der periodenspezifischen Planung<br />
erodieren. Dementsprechend ist Wachstum der einzige nachhaltige 22<br />
Werttreiber und muss daher trotz nachrangiger analytischer Stellung in der<br />
<strong>Portfolio</strong>planung eine ebenbürtige Berücksichtigung finden. In Anbetracht des<br />
Zwiespalts aus analytischen Handlungsempfehlungen einerseits und<br />
21 So postuliert bereits Porter einen U-förmigen Zusammenhang zwischen Return<br />
on Investment und Marktanteil, der hier als Proxy <strong>für</strong> die Unternehmensgröße<br />
angesehen wird, vgl. Porter 1980, S. 41 ff. sowie Hill 1988, S. 401 ff. Diese<br />
Annahmen sind zwar durchaus umstritten, verdeutlichen jedoch die Bedeutung<br />
von „Unternehmensgröße“ und damit von „Wachstum“.<br />
22 Auch BCG argumentiert, dass profitables Wachstum eine zentrale Stellung<br />
einn<strong>im</strong>mt um auf konstanter Basis hohe Total Shareholder Returns generieren zu<br />
können, vgl. Olsen et al. 2006, S. 9 ff.
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 23<br />
strategischer Bedeutung andererseits sollen die Elastizitäten <strong>im</strong> <strong>Portfolio</strong><br />
numerisch ausgewiesen werden. Damit lassen sich dann begründete<br />
Einzelfallentscheidungen treffen.<br />
4. Vorstellung des <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong>s als integriertes<br />
<strong>Wertmanagement</strong>-Instrument<br />
4.1 Herleitung der Grundform des <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong>s<br />
Basierend auf den Analysen <strong>im</strong> letzten Kapitel lässt sich nun ein ganzheitliches<br />
Modell zur wertorientierten Unternehmensführung ableiten, das sogenannte<br />
<strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong>. Dieses Modell soll sowohl einen<br />
wertorientierten Überblick über alle Geschäftsfelder eines Unternehmens<br />
liefern, als auch Ansatzpunkte <strong>für</strong> effiziente Wertsteigerungsmaßnahmen<br />
generieren. Ausgangsbasis stellt erneut Ausdruck (14) dar, der den<br />
Geschäftsfeldwert beschreibt. Wie vorab festgestellt, hängt letzterer insgesamt<br />
von vier Variablen ab. Eine zentrale Herausforderung besteht nun darin, diese<br />
vierd<strong>im</strong>ensionale Funktion bei so geringem Informationsverlust wie möglich in<br />
einer zweid<strong>im</strong>ensionalen Matrix abzubilden (vgl. Defizit A). In diesem Sinne<br />
kann zunächst festgehalten werden, dass die partielle Kapitalelastizität konstant<br />
gleich eins ist, während die Elastizitäten der restlichen Werttreiber (a) in ihrer<br />
Höhe variabel sind und (b) teilweise voneinander abhängen. 23 Wenn die<br />
partiellen Elastizitäten soweit als möglich in der Darstellung berücksichtigt<br />
werden sollen, ist es daher sinnvoller die Werttreiber , und auf die Achsen<br />
zu verlegen und das invariante investierte Kapital <strong>im</strong> <strong>Portfolio</strong> selbst zu<br />
berücksichtigen. Mit einer Division durch das investierte Kapital, kann man<br />
selbiges aus Formel (14) <strong>für</strong> den Geschäftsfeldwert el<strong>im</strong>inieren. Man erhält als<br />
Ergebnis den <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-Faktor (MBF). Dieser stellt in dieser Arbeit<br />
den Quotienten aus dem Entity Value des Geschäftsfelds und dem <strong>Buchwert</strong><br />
des investierten Kapitals dar. 24 Formal gilt:<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
(22)<br />
Damit erhält man einen Ausdruck, der vom investierten Kapital unabhängig ist.<br />
Die verbleibenden drei Werttreiber müssen nun auf geeignete Art und Weise<br />
auf die zwei Achsen des <strong>Portfolio</strong>s verteilt werden. Dazu wird Formel (22)<br />
23 Vgl. dazu Formeln (17) – (20).<br />
24 Sonst wird unter dem <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-Faktor oft der Quotient aus Equity<br />
Value und <strong>Buchwert</strong> des Eigenkapitals verstanden. Im Sinne einer verständlichen<br />
Nomenklatur wird hier jedoch diese Bezeichnung auch <strong>für</strong> das Entity-Konzept<br />
übernommen.
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 24<br />
zunächst genauer in Augenschein genommen. Der Zähler beschreibt den<br />
Rendite-Wachstums-Spread. Diese Differenz quantifiziert, welcher Anteil der<br />
Kapitalrendite reinvestiert werden muss, um das Wachstum innenfinanzieren<br />
zu können und welcher Anteil tatsächlich <strong>für</strong> Auszahlungen an die Kapitalgeber<br />
zur Verfügung steht. 25 Dabei gilt: Je höher die Wachstumsrate, umso höher ist<br />
der Anteil der Kapitalrendite, der wieder ins Kerngeschäft investiert werden<br />
muss. Die Wachstumsrate darf dabei nicht die Kapitalrendite überschreiten<br />
(vgl. Annahme (1c)), sonst wäre das Wachstum auf dauerhafter Basis nicht<br />
mehr innenfinanzierbar und die Kapitalgeber müssten konstant Finanzmittel<br />
nachliefern. Wie in Formeln (14) und (22) unmittelbar ersichtlich, steigen MBF<br />
und Geschäftsfeldwert linear mit zunehmendem Rendite-Wachstums-Spread<br />
und vice versa. Je größer dieser ausfällt, umso höher ist der Anteil der<br />
Kapitalrendite zur Befriedigung der Ansprüche der Financiers. Der Rendite-<br />
Wachstums-Spread repräsentiert damit die Fähigkeit eines Geschäftsfelds, Free<br />
Cash Flows zu erzeugen (FCF-Perspektive).<br />
Der Nenner beschreibt den Kapitalkostensatz-Wachstums-Spread. Diese<br />
Differenz gibt an, in welchem Maße die Wachstumsrate den<br />
Diskontierungseffekt kompensiert. Dies ist in vorliegender Modellwelt<br />
folgendermaßen zu verstehen: Je weiter die Zahlungsüberschüsse in der<br />
Zukunft liegen, umso stärker werden sie diskontiert, aber umso stärker sind sie<br />
bis dahin auch gewachsen. Würden sie stärker wachsen als der Zeitwert des<br />
Geldes schwindet, dann würde dies in unendlichen Geschäftsfeldwerten<br />
resultieren; daher ist dies gemäß Annahme (1c) ausgeschlossen. Tatsächlich sind<br />
also nur ewige Wachstumsraten kleiner als der WACC zulässig. Damit<br />
überschreitet dann der Zeitwerteffekt zwar <strong>im</strong>mer den Wachstumseffekt, aber<br />
die Wachstumsraten konterkarieren grundsätzlich den zeitlichen Wertverlust<br />
der zukünftig zu erwirtschaftenden Zahlungsüberschüsse. Aus analytischer<br />
Sicht gilt, dass der Geschäftsfeldwert mit steigendem Kapitalkostensatz-<br />
Wachstums-Spread hyperbolisch abn<strong>im</strong>mt und vice versa. Der Nenner zeigt<br />
also an, wie gut das Geschäftsfeld in der Lage ist, durch Wachstum den<br />
zeitlichen Werterhalt zukünftig geschaffener Free Cash Flows sicherzustellen<br />
(differenzierte Diskontierungs-Perspektive).<br />
Mit Zähler und Nenner, also Rendite-Wachstums-Spread und<br />
Kapitalkostensatz-Wachstums-Spread, konnten daher zwei wesentliche<br />
Wertdeterminanten isoliert und ökonomisch interpretiert werden. Es gilt: Je<br />
höher der Rendite-Wachstums-Spread und je geringer der Kapitalkostensatz-<br />
25 Vgl. dazu Formel (7) <strong>für</strong> die Definition des Free Cash Flows als Produkt aus dem<br />
investierten Kapital und der Differenz aus Kapitalrendite und Wachstumsrate.<br />
Letztgenannte Differenz quantifiziert dabei, wie viele Einheiten Free Cash Flow<br />
aus einer Einheit investiertem Kapital generiert werden können.
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 25<br />
Wachstums-Spread, umso höher ist der Geschäftsfeldwert und vice versa.<br />
Diese Erkenntnis wird in einer geeigneten <strong>Portfolio</strong>darstellung subsumiert. Der<br />
Zähler der MBF-Gleichung definiert dabei die Hochwertachse, der Nenner die<br />
Rechtswertachse. In dieser Matrix werden nun die einzelnen strategischen<br />
Geschäftsfelder eines Unternehmens als Kreise angetragen, wobei die<br />
Kreisfläche das investierte Kapital zum Bewertungszeitpunkt t=0 repräsentiert.<br />
Diese Darstellung gestattet eine ganzheitliche Abbildung des<br />
Geschäftsfeldwerts. Der Quotient aus y- und x-Wert liefert den MBF des<br />
Geschäftsfelds, die Kreisfläche stellt das investierte Kapital dar. Aus diesen<br />
beiden Werten (MBF und IC) lässt sich dann der Geschäftsfeldwert rechnerisch<br />
ermitteln. Folgerichtig werden also alle vier Werttreiber in einer integrierten<br />
und ganzheitlichen Darstellung abgebildet. Damit ist der Grundaufbau des<br />
<strong>Portfolio</strong>s festgelegt. Aus der Definition der Achsen ergeben sich folgende<br />
charakteristischen inhaltlichen Elemente:<br />
Isoplethen: Bei den Isoplethen handelt es sich um Ursprungsgeraden mit<br />
unterschiedlicher Steigung. Die Steigungsfaktoren geben dabei das Verhältnis<br />
zwischen Ordinaten- und Abszissenwert, also hier den MBF an. Umgekehrt<br />
formuliert vereinigt eine Isoplethe alle Punkte mit identischem MBF auf sich.<br />
Eine charakteristische Isoplethe ist die Wertscheide. Diese vereint alle Punkte<br />
auf sich, die einen MBF von eins aufweisen. Ferner stellt sie die<br />
<strong>Portfolio</strong>diagonale dar.<br />
Y-Abstand zur Wertscheide: Charakteristisch <strong>für</strong> die Wertscheide ist, dass<br />
der vertikale Abstand von ihr zu einem Geschäftsfeld gleich der Überrendite<br />
ist, die dieses Geschäftsfeld erzielt. Ursächlich liegt dies darin begründet, dass<br />
sich dieser Abstand über die Differenz aus y- und x-Wert errechnet. 26 Formal<br />
gilt:<br />
Ü (23)<br />
Damit kann der prozentuale Wertbeitrag einzelner Geschäftsfelder direkt<br />
abgelesen werden. Es wird deutlich, dass die Wertscheide das <strong>Portfolio</strong> in zwei<br />
Hälften teilt. Oberhalb liegen Wertsteigerer mit positiven Überrenditen und<br />
26 Dieser Zusammenhang lässt sich folgendermaßen erklären: Die Überrendite eines<br />
Geschäftsfelds ist definiert als die Differenz aus Kapitalrendite und<br />
Kapitalkostensatz, also als . Addiert man die Nullsumme und<br />
stellt um, dann lässt sich die Überrendite als darstellen. Bei<br />
letzterem Ausdruck handelt es sich gerade um die Differenz aus y- und x-Wert.<br />
Erzielt nun ein Geschäftsfeld eine Überrendite von Null, so befindet es sich <strong>im</strong><br />
<strong>Portfolio</strong> auf der Wertscheide (y-Wert = x-Wert). Bei positiven bzw. negativen<br />
Überrenditen liegt es entsprechend darüber (y-Wert > x-Wert) oder darunter<br />
(y-Wert < x-Wert). Der vertikale Abstand zur Wertscheide entspricht also stets<br />
der Überrendite.
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 26<br />
MBFs größer eins, unterhalb Wertvernichter mit negativen Überrenditen und<br />
MBFs kleiner eins. Parallelen zur Wertscheide weisen Orte mit identischen<br />
Überrenditen aus.<br />
Diese <strong>Portfolio</strong>darstellung liefert eine flexible Basis um Aufgaben des<br />
wertorientierten Managements effizient bearbeiten zu können. Eine<br />
schematische Darstellung der bisher diskutierten Elemente findet sich in<br />
untenstehender Abbildung.<br />
Abb. 2: Schematische Darstellung eines <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong>s<br />
FCF-Perspektive<br />
(r – g)<br />
MBF=1<br />
Wertsteigerer<br />
Überrendite<br />
Wertvernichter<br />
Diskontierungs-<br />
Perspektive<br />
(k – g)<br />
Im vergangenen Abschnitt wurde die Grundform des MB-<strong>Portfolio</strong>s aus dem<br />
Werttreibermodell (14) hergeleitet und schematisch dargestellt. Zielsetzung<br />
dieses Management-Instruments soll sein, die Konzernzentrale bei den<br />
zentralen Aufgabenbereichen des <strong>Wertmanagement</strong>s zu unterstützen. Deshalb<br />
wird das MB-<strong>Portfolio</strong> <strong>im</strong> weiteren Verlauf an die Einsatzfelder<br />
<strong>Portfolio</strong>definition (vgl. 4.2) und Koordination (vgl. 4.3) angepasst.<br />
4.2 Nutzung des <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong>s <strong>im</strong> Rahmen der<br />
<strong>Portfolio</strong>definition<br />
Zur Erinnerung: Die Zielsetzung der Konzernzentrale hinsichtlich der<br />
<strong>Portfolio</strong>definition liegt darin, (a) nur in solche Geschäftsfelder zu investieren,<br />
die den Wert des Unternehmens steigern, und (b) die Ressourcenallokation so<br />
zu gestalten, dass sie in Summe zu einer opt<strong>im</strong>alen Entwicklung des
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 27<br />
Unternehmenswerts führt. 27 Konkret kann die Zentrale entsprechend der<br />
Vereinbarung aus Abschnitt 2.3 extern Kapital aufnehmen und damit neue<br />
Geschäftsfelder aufbauen (neue Kreise entstehen) oder bestehende ausbauen<br />
(Kreisfläche steigt). Durch Desinvestitionen werden existierende<br />
Geschäftsfelder teilweise oder ganz veräußert (Kreisfläche sinkt bzw.<br />
verschwindet) und die freigesetzten Mittel entweder sofort reinvestiert oder<br />
aber ausgeschüttet. Fraglich ist an dieser Stelle, anhand welcher<br />
Leistungskriterien Geschäftsfelder bemessen werden sollten, um sie als<br />
Investitions- oder Desinvestitionsobjekte qualifizieren zu können.<br />
Eine erste Unterscheidungsmöglichkeit bietet die Wertscheide, die zwischen<br />
Wertsteigerern und Wertvernichtern differenziert. Aus dieser strikt<br />
wertorientierten Sicht ist eine Investition nur dann sinnvoll, wenn sich das<br />
Zielgeschäftsfeld über der <strong>Portfolio</strong>diagonalen befindet. Unter dieser<br />
Voraussetzung werfen die Erweiterungsinvestitionen positive Residualgewinne<br />
ab, also eine Rendite die über den geschäftsfeldspezifischen risikoadjustierten<br />
Forderungen der Kapitalgeber liegt. Für Desinvestitionen gilt das Umgekehrte<br />
– hier sollten vornehmlich wertvernichtende Geschäftsfelder liquidiert werden,<br />
die unter der Wertscheide liegen. Ein erster Ansatz zur Rasterung des MB-<br />
<strong>Portfolio</strong>s ist somit die Unterscheidung der Geschäftsfelder anhand ihrer<br />
<strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-Relationen mit Hilfe der Wertscheide.<br />
Eine zweite Unterscheidungsmöglichkeit der Geschäftsfelder lässt sich über die<br />
Investorenerwartungen an den gesamten Konzern realisieren. Diese drücken<br />
sich bspw. in Form des unternehmensweiten MBFs aus, der sich als Quotient<br />
aus Gesamtunternehmenswert und Summe des investierten Kapitals berechnet.<br />
In Anlehnung an Formel (15) gilt dann:<br />
∑<br />
<br />
<br />
<br />
, · <br />
<br />
∑<br />
,<br />
(24)<br />
Diese Größe quantifiziert <strong>für</strong> den Konzern, welchen <strong>Marktwert</strong> eine Einheit<br />
des investierten Kapitals hat. Dieser <strong>Marktwert</strong> kann, wie <strong>im</strong> Zähler von<br />
Formel (24), aus der Summe der Geschäftsfeldwerte entsprechend der internen<br />
Planung ermittelt werden. Alternativ besteht <strong>im</strong> Falle einer Börsennotierung<br />
jedoch auch die Möglichkeit, die <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-Relation des<br />
Gesamtunternehmens aus Kapitalmarktdaten abzuleiten. Geht man<br />
27 Vgl. Günther 2004, S. 342 ff.; Welge/Al-Laham 2004, S. 348 ff.
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 28<br />
vereinfachend von streng effizienten Märkten 28 aus, st<strong>im</strong>mt diese mit dem aus<br />
der internen Planung ermittelten MBF überein. Somit kann der MBF des<br />
Gesamtunternehmens als aggregierte Messgröße <strong>für</strong> die<br />
Investorenerwartungen 29 angesehen werden. Letzterer lässt sich wiederum als<br />
Isoplethe (= Konzernisoplethe) darstellen. Aus dieser Perspektive sind<br />
insbesondere Erweiterungsinvestitionen in Geschäftsfelder attraktiv, die über<br />
der Konzernisoplethe liegen. Damit lässt sich der unternehmensweite MBF und<br />
somit die Verzinsung des insgesamt ins Unternehmen investierten Kapitals<br />
steigern. Für Geschäftsfelder, die sich unter dieser Trennlinie befinden gilt<br />
genau das Umgekehrte. Mit der Konzernisoplethe existiert damit eine zweite<br />
Möglichkeit zur Rasterung des <strong>Portfolio</strong>s.<br />
Unter Berücksichtigung von Wertscheide und Konzernisoplethe ergeben sich<br />
<strong>im</strong> MB-<strong>Portfolio</strong> drei mögliche Sektoren. Letztere können <strong>im</strong> abschließenden<br />
Beispiel in Abb. 3 betrachtet werden. Geschäftsfelder in Sektor I liegen<br />
oberhalb von Wertscheide und Konzernisoplethe, sodass sie Werte schaffen<br />
und positiv auf den Gesamt-MBF wirken. Sektor II ist fallabhängig zu<br />
interpretieren und definiert sich über den Zwischenraum aus Wertscheide und<br />
Konzernisoplethe. Im Fall a) liegt die Konzernisoplethe über der Wertscheide,<br />
sodass die Geschäftsfelder in Sektor II positive Residualgewinne erzielen,<br />
gleichzeitig jedoch negativ auf den unternehmensweiten MBF wirken. Im Fall<br />
b) liegt die Konzernisoplethe unter der Wertscheide, sodass in Sektor II<br />
negative Residualgewinne erzielt werden bei gleichzeitig positiver Wirkung auf<br />
den Konzern-MBF. Geschäftsfelder in Sektor III sind wiederum einheitlich zu<br />
interpretieren. Diese sind unterhalb von Wertscheide und Konzernisoplethe<br />
positioniert, sodass sie Werte vernichten und einen negativen Effekt auf den<br />
Gesamt-MBF haben. Um eine noch feinere Gliederung der<br />
Leistungsdifferenzierung vornehmen zu können, sollen zwei zusätzliche<br />
Isoplethen eingeführt werden, die wiederum in Abb. 3 ersichtlich sind. Die<br />
Isoplethe „Top“ untergliedert dabei Sektor I in geeigneter Weise in<br />
überdurchschnittliche Wertsteigerer (I.1) und unterdurchschnittliche<br />
Wertsteigerer (I.2). Die Isoplethe „Flop“ unterteilt die Wertvernichter in Sektor<br />
III analog in III.1 und III.2. Die konkrete Wahl der unterliegenden <strong>Marktwert</strong>-<br />
<strong>Buchwert</strong>-Relation <strong>für</strong> die letztgenannten Isoplethen obliegt dabei dem<br />
Management. Denkbar wäre z.B. das mit dem investierten Kapital gewichtete<br />
arithmetische Mittel der <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-Faktoren der Geschäftsfelder in<br />
28 Der Begriff der Kapitalmarkteffizienz wurde wesentlich von Fama geprägt. Man<br />
unterscheidet zwischen schwacher, halbstrenger und strenger Markteffizienz.<br />
Letztere postuliert, dass die Gesamtheit an internen Unternehmensinformationen<br />
bereits in den Kursen eskomptiert ist. Unter dieser Voraussetzung wäre ein<br />
Zusammenfallen von internem und externem Wert eines Unternehmens gegeben,<br />
vgl. Fama 1970, S. 383 ff.<br />
29 In der Praxis ist es durchaus üblich Investorenerwartungen mit Hilfe von<br />
Multiplikatoren zu quantifizieren. Vgl. dazu bspw. Olsen et al. 2006, S. 7.
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 29<br />
Sektoren I bzw. III. Alternativ könnten auch konzernweite Zielvorgaben <strong>für</strong><br />
den MBF gesetzt und grafisch mit Hilfe der Isoplethen „Top“ und „Flop“<br />
visualisiert werden. Mithilfe dieser feineren Rasterung ist es möglich die<br />
Geschäftsfeldleistung noch differenzierter zu bewerten. Der Hauptvorteil liegt<br />
darin, auch innerhalb der breiten Felder „Wertsteigerer“ und „Wertvernichter“<br />
Leistungsunterschiede deutlich machen zu können. Dies geschieht anhand von<br />
unternehmensindividuell definierten Kriterien, die ihren Niederschlag wie oben<br />
beschrieben in den Isoplethen „Top“ und „Flop“ finden. Damit wird die<br />
wertorientierte Perspektive um unternehmensweite Vergleichsmöglichkeiten<br />
ergänzt.<br />
Neben den Wertbeiträgen liegt das Augenmerk bei der Ressourcenallokation<br />
noch auf den Wachstumsgrenzen <strong>für</strong> das investierte Kapital. Für ihre<br />
Festlegung wird zunächst von der Größe „Marktpotenzial“ ausgegangen. Es<br />
handelt sich in diesem Beitrag um dasjenige Kapital, das investiert werden<br />
müsste, um den aus heutiger Sicht (t=0) max<strong>im</strong>al möglichen Umsatz in einem<br />
Markt realisieren zu können. Das Marktvolumen bezeichnet demgegenüber die<br />
Gesamtsumme des tatsächlich investierten Kapitals, das zur Erwirtschaftung<br />
der aktuellen Umsätze in einem Markt vonnöten ist. Die Marktanteile bemessen<br />
sich nun über das Verhältnis des investierten Kapitals eines Geschäftsfelds<br />
relativ zum Marktvolumen. Bei dieser Logik wird vereinfachend unterstellt, dass<br />
das eigene Unternehmen und die Wettbewerber dieselbe Fähigkeit aufweisen,<br />
aus investiertem Kapital Umsätze zu generieren. Subtrahiert man nun vom<br />
Marktpotenzial das Marktvolumen, dann erhält man das sogenannte<br />
Investitionspotenzial (IP) der betrachteten Periode, also das nicht<br />
ausgeschöpfte Marktpotenzial. Wenn das Marktpotenzial über die Zeit<br />
langsamer wächst als das Marktvolumen, wird der Markt zunehmend<br />
erschlossen und das Investitionspotenzial schrumpft. Es kann nun davon<br />
ausgegangen werden, dass das Investitionspotenzial in jungen Märkten groß ist,<br />
in reifen Märkten mit ausgeprägten Marktanteilskämpfen hingegen sehr klein.<br />
Es entwickelt sich also analog zum Lebenszyklus eines Marktes, bzw. eines<br />
Geschäftsfelds, das einen best<strong>im</strong>mten Markt bearbeitet. Die Visualisierung <strong>im</strong><br />
MB-<strong>Portfolio</strong> erfolgt wiederum mit Hilfe von Kreisen und kann ebenfalls in<br />
Abb. 3 eingesehen werden. Dabei wird das Investitionspotenzial als hellgrauer<br />
Kreisring angetragen, der den dunkelgrauen Kreis des investierten Kapitals des<br />
Geschäftsfelds umschließt. Ist die Fläche des Kreisrings nun deutlich größer als<br />
die des dunkelgrauen Kreises, dann steht das Geschäftsfeld am Beginn seines<br />
Lebenszyklus. Besteht hingegen nur noch ein dünner Rand, befindet sich das<br />
Geschäftsfeld in einem reifen Markt und es verbleibt wenig<br />
Investitionspotenzial. Es soll nun davon ausgegangen werden, dass<br />
Erweiterungsinvestitionen zur Abschöpfung von Teilen des<br />
Investitionspotenzials zu gleichen Konditionen ( und ) stattfinden können –<br />
schließlich muss nicht um Marktanteile gekämpft werden. Demnach wird mit<br />
dieser Logik den Führungskräften auf den ersten Blick deutlich gemacht, in
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 30<br />
welchen Geschäftsfeldern die Kapitalbasis zu identischen Konditionen<br />
ausgeweitet werden kann und in welchen mit harten Marktanteilskämpfen und<br />
Verdrängungswettbewerb zu rechnen ist.<br />
An dieser Stelle würde die Möglichkeit bestehen, die Perspektive der<br />
Geschäftsfeldleistung mit der Perspektive des Investitionspotenzials zu<br />
kombinieren und <strong>für</strong> jede mögliche Ausprägung Normstrategien zu definieren.<br />
Letzten Endes kommt es aber doch wieder zu Einzelfallentscheidungen.<br />
Deshalb soll hier nur kurz skizziert werden, wie die beiden erörterten<br />
Perspektiven grundsätzlich zu interpretieren sind. Im Hinblick auf die<br />
Geschäftsfeldleistung gilt, dass Geschäftsfelder aus Sektor I die Leistungsträger<br />
des Unternehmens sind. Insbesondere in die Top-Wertsteigerer aus I.1 sollte<br />
investiert werden; die einfachen Wertsteigerer aus I.2 sind nach Möglichkeit<br />
weiter zu verbessern. Geschäftsfelder aus Sektor II stellen Grenzfälle dar.<br />
Entweder sie erzielen positive Wertbeiträge bei unterdurchschnittlicher<br />
Leistung, oder sie erzielen negative Wertbeiträge bei überdurchschnittlicher<br />
Leistung. Hier sollte i.d.R. eine Verbesserung in Richtung Sektor I angestrebt<br />
und erst dann investiert werden. Im Zweifelsfall kann auch eine Liquidation in<br />
Erwägung gezogen werden. Sektor III vereint die Wertvernichter des<br />
Unternehmens auf sich, die zudem eine unterdurchschnittliche Leistung<br />
erbringen. Hier sollten Verbesserungsanstrengungen vornehmlich auf die<br />
bessere Teilgruppe III.1 konzentriert werden. Geschäftsfelder in III.2 kommen<br />
eher <strong>für</strong> Desinvestitionen in Frage.<br />
Das Investitionspotenzial liefert weitere Entscheidungsunterstützung. Positiv<br />
zu bewerten sind grundsätzlich Geschäftsfelder, bei denen ein hohes<br />
Investitionspotenzial verbleibt, weil diese noch stark wachsen können. Bei<br />
Geschäftsfeldern mit ausgeschöpftem Investitionspotenzial besteht weniger<br />
Flexibilität – man kann sie nur halten oder abstoßen.<br />
Im Folgenden soll anhand eines Beispiels die Entscheidungsunterstützung bei<br />
der Ressourcenallokation demonstriert werden. Da<strong>für</strong> wird ein <strong>Portfolio</strong> <strong>für</strong> die<br />
fiktive „Value-AG“ mit sechs Geschäftsfeldern gebildet. Letztere haben<br />
folgende Kennwerte:<br />
Tab. 2: Statische Kennwerte Value-AG<br />
GF <br />
A 12,0% 15,0% 1,0% 11,0% 14,0% -3,0% 0,79 25 Mio. € 5 Mio. €<br />
B 15,0% 12,0% 8,0% 7,0% 4,0% 3,0% 1,75 80 Mio. € 80 Mio. €<br />
C 17,0% 14,0% 3,5% 13,5% 10,5% 3,0% 1,29 130 Mio. € 30 Mio. €<br />
D 21,0% 12,0% 8,0% 13,0% 4,0% 9,0% 3,25 50 Mio. € 100 Mio. €<br />
E 11,0% 14,5% 5,5% 5,5% 9,0% -3,5% 0,61 35 Mio. € 85 Mio. €<br />
F 7,5% 11,0% 5,0% 2,5% 6,0% -3,5% 0,42 70 Mio. € 40 Mio. €
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 31<br />
In Abb. 3 ist das MB-<strong>Portfolio</strong> der Value-AG aufgeführt. Deutlich erkennbar<br />
ist die Wertscheide mit MBF=1, die gleichzeitig die <strong>Portfolio</strong>diagonale darstellt.<br />
Die Konzernisoplethe liegt bei MBF=1,38 und demnach über der Wertscheide.<br />
Damit sind die Sektoren I bis III eindeutig definiert. Die Isoplethe „Top“ hat<br />
einen unterliegenden MBF von 2 – dieser Idealwert wird konzernweit als<br />
Wertsteigerungsziel angestrebt. Die Isoplethe „Flop“ definiert sich über einen<br />
MBF von 0,5 – darunter verbietet die Zentrale jegliche<br />
Erweiterungsinvestitionen. Damit ist auch die Feingliederung in die Sektoren<br />
I.1/I.2 bzw. III.1/III.2 festgelegt. Es stellt sich heraus, dass in jedem Sektor<br />
mindestens ein Geschäftsfeld vertreten ist. Für diese sollen nun<br />
Entwicklungsperspektiven vorgestellt werden. Geschäftsfeld D ist der Star des<br />
Konzerns. Mit seiner Positionierung in Sektor I.1, einem MBF von 3,25 und<br />
Überrenditen von 9% stellt „D“ den Top-Wertsteigerer dar, der den<br />
konzernweiten Durchschnitt signifikant nach oben beeinflusst. In Anbetracht<br />
dessen, dass noch ein hohes Investitionspotenzial verbleibt, sollten die<br />
Ressourcen auf den Ausbau dieses Geschäftsfelds konzentriert werden.<br />
Geschäftsfeld B liegt in Sektor I.2 und erzielt damit ebenfalls eine<br />
überdurchschnittliche Leistung bei positiven Überrenditen in Höhe von 3%.<br />
Auch hier bestehen noch weitreichende Investitionsmöglichkeiten – letztere<br />
können ebenfalls genutzt werden und tragen zu einer Leistungssteigerung des<br />
Konzerns bei. Gleichzeitig sollte jedoch versucht werden die Leistung von „B“<br />
weiter zu verbessern und das Geschäftsfeld in den Bereich der Top-<br />
Wertsteigerer zu navigieren. Geschäftsfeld C liegt in Sektor II und erzielt damit<br />
bei positiven Überrenditen von 3% eine leicht unterdurchschnittliche Leistung.<br />
In Anbetracht des größtenteils ausgenutzten Investitionspotenzials wird hier<br />
empfohlen die Anstrengungen auf Verbesserungsleistungen zu konzentrieren,<br />
damit „C“ auch überdurchschnittliche Leistungen erbringen kann.<br />
Geschäftsfeld A befindet sich in Sektor III.1 bei nahezu ausgeschöpftem<br />
Investitionspotenzial. Es realisiert negative Überrenditen und beeinflusst den<br />
konzernweiten Durchschnitt negativ. Pr<strong>im</strong>äre Zielsetzung sollte es sein, durch<br />
Verbesserungen zumindest positive Wertbeiträge zu erzielen. In Anbetracht<br />
dessen, dass sich „A“ mit dem geringen verbleibenden Investitionspotenzial in<br />
einem reifen Markt befindet, kann jedoch auch eine Liquidation in Betracht<br />
gezogen werden. Die freiwerdenden Mittel wären bei Geschäftsfeld D oder B<br />
deutlich besser investiert. Geschäftsfeld E liegt ebenfalls noch in Sektor III.1,<br />
mit Tendenz zu Sektor III.2. Mit einem MBF von 0,61 und negativen<br />
Überrenditen von 3,5% werden massiv Werte vernichtet. Gleichzeitig ist die<br />
Wirkung auf den Konzern-MBF stark negativ. In Anbetracht des hohen<br />
verbleibenden Investitionspotenzials können Verbesserungsanstrengungen in<br />
Erwägung gezogen werden, um letzteres zu besseren Konditionen nutzbar zu<br />
machen. Die wahrscheinlichere Option ist jedoch die Desinvestition zur<br />
Finanzierung attraktiverer Alternativen, mit der sich die Konzernleistung direkt<br />
stark verbessern würde. Die Situation <strong>für</strong> Geschäftsfeld F ist weitestgehend<br />
analog zu Geschäftsfeld E, wobei sich „F“ sogar <strong>im</strong> Bereich der Top-
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 32<br />
Wertvernichter in Sektor III.2 befindet und damit konzernweit die schlechteste<br />
Leistung erbringt. Der MBF von 0,42 ist extrem niedrig und verbietet die<br />
zusätzliche Investition von externen Mitteln, weil er unter dem Min<strong>im</strong>al-MBF<br />
von 0,5 liegt. Es kann daher nur eine Liquidation nahegelegt werden.<br />
Abb. 3: MB-<strong>Portfolio</strong> zur <strong>Portfolio</strong>definition<br />
FCF-Perspektive<br />
(r – g)<br />
16%<br />
„Top“<br />
MBF=2,0<br />
MBF(U)=1,38<br />
MBF=1<br />
14%<br />
12%<br />
10%<br />
8%<br />
6%<br />
4%<br />
2%<br />
(I.1)<br />
D<br />
IC=50<br />
IP=100<br />
MBF=3,25<br />
B<br />
IC=80<br />
IP=80<br />
MBF=1,75<br />
(I.2)<br />
F<br />
IC=70<br />
IP=40<br />
MBF=0,42<br />
(II)<br />
E<br />
IC=35<br />
IP=85<br />
MBF=0,61<br />
C<br />
IC=130<br />
IP=30<br />
MBF=1,29<br />
(III.1)<br />
A<br />
IC=25<br />
IP=5<br />
MBF=0,79<br />
(III.2)<br />
0%<br />
0% 2% 4% 6% 8% 10% 12% 14% 16%<br />
„Flop“<br />
MBF=0,5<br />
Diskontierungs-<br />
Perspektive<br />
(r – g)<br />
4.3 Nutzung des <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong>s <strong>im</strong> Rahmen der Koordination<br />
Neben der Aufgabe der <strong>Portfolio</strong>definition kann die Konzernzentrale auch mit<br />
Hilfe der Koordination <strong>Wertmanagement</strong> betreiben. In diesem Kontext<br />
bedeutet Koordination die Vorgabe konkreter Zielsetzungen <strong>für</strong> die<br />
Geschäftsfeldmanager hinsichtlich der Werttreiber , , und . Diese sollen so<br />
verändert werden, dass sich das Geschäftsfeld <strong>im</strong> <strong>Portfolio</strong> zu vorteilhafteren<br />
Sektoren bewegt. Zuerst wird zu diesem Zwecke veranschaulicht, wie die<br />
Geschäftsfelder überhaupt <strong>im</strong> <strong>Portfolio</strong> „wandern“ können. Da<strong>für</strong> gibt es drei<br />
Möglichkeiten:<br />
1. Steigerungen/Senkungen der Kapitalrendite führen zu einer Verschiebung<br />
nach oben/unten<br />
2. Steigerungen/Senkungen des WACC führen zu einer Verschiebung nach<br />
rechts/links.
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 33<br />
3. Steigerungen/Senkungen der Wachstumsrate führen zu einer<br />
Diagonalverschiebung nach links unten/rechts oben. Der<br />
Verschiebungsvektor ist <strong>im</strong>mer parallel zur Standardisoplethe MBF=1. Dies<br />
liegt daran, dass durch Änderungen der Wachstumsrate die Überrendite<br />
rk und damit der Abstand zur Wertscheide konstant bleibt.<br />
Fraglich bleibt jedoch, welche Bewegungsrichtung am vorteilhaftesten ist, bzw.<br />
auf welchen Werttreiber die Verbesserungsanstrengungen konzentriert werden<br />
sollten. Schließlich ist Teil der Aufgabenstellung der Konzernzentrale,<br />
Zielvorgaben so zu definieren, dass sich der Unternehmenswert opt<strong>im</strong>al<br />
entwickelt. Eine Antwortmöglichkeit bietet die in Kapitel 3 durchgeführte<br />
Sensitivitätsanalyse. Der analytisch bedeutendste Werttreiber ist entweder die<br />
Kapitalrendite, wenn positive Residualgewinne erwirtschaftet werden und der<br />
MBF größer eins ist oder aber der Kapitalkostensatz, wenn negative<br />
Residualgewinne erzielt werden und der MBF kleiner eins ist. Aus strikt<br />
analytischer Sicht lässt sich somit die Aussage treffen, dass oberhalb der<br />
Wertscheide in erster Linie der Kapitalkostensatz gesenkt und unterhalb die<br />
Kapitalrendite gesteigert werden sollte. Dies würde grundsätzlich zu einer<br />
bestmöglichen Entwicklung des Geschäftsfeldwerts führen. Aus in Abschnitt<br />
3.3 genannten Gründen ist jedoch auch die Wachstumsrate von zentraler<br />
strategischer Bedeutung. Deswegen sollen alle Wertsteigerungsmöglichkeiten<br />
mitsamt ihrer relativen Vorteilhaftigkeit <strong>im</strong> <strong>Portfolio</strong> visualisiert werden. An<br />
jedes Geschäftsfeld wird <strong>für</strong> die Werttreiber Kapitalrendite, WACC und<br />
Wachstumsrate je ein Pfeil angetragen. Diese Darstellungsmethode wird <strong>im</strong><br />
Rahmen eines Beispiels in Abb. 4 angewendet. Als Konvention soll gelten, dass<br />
der Pfeil dabei stets in die Richtung weist, in die sich das Geschäftsfeld<br />
verschiebt, wenn der zugehörige Werttreiber so verändert wird, dass sich der<br />
Geschäftsfeldwert positiv entwickelt. Bei der Kapitalrendite zeigt der Pfeil<br />
daher stets in positive y-Richtung, be<strong>im</strong> WACC stets in negative x-Richtung.<br />
Eine Ausnahme stellt die Wachstumsrate dar. Höheres Wachstum führt bei<br />
positiven Residualgewinnen (also oberhalb der Wertscheide) zu höheren<br />
Werten, somit weist hier der Pfeil schräg nach links. Bei negativen<br />
Residualgewinnen (also unterhalb der Wertscheide) gilt das Umgekehrte; der<br />
Pfeil weist daher schräg nach rechts. Die Pfeillänge korrespondiert stets mit der<br />
prozentualen Steigerung des Geschäftsfeldwerts, wenn die zugehörige<br />
Bewegungsrichtung eingeschlagen wird und der unterliegende Werttreiber um<br />
ein Prozent verbessert wird. Unter diesen Voraussetzungen kann die<br />
Konzernzentrale <strong>für</strong> jedes Geschäftsfeld abwägen, auf welchen Werttreiber sich<br />
die Zielvorgaben konzentrieren sollten. Dabei wird stets auf den ersten Blick<br />
klar, welche Wertsteigerung eine einprozentige Verbesserung nach sich ziehen<br />
würde. Diese Konvention erlaubt somit ein effizientes „Navigieren“ innerhalb<br />
des <strong>Portfolio</strong>s in Richtung <strong>im</strong>mer wertsteigernder Bereiche.<br />
Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, das <strong>Portfolio</strong> mit Benchmarks zu<br />
versehen. So kann bspw. <strong>für</strong> jedes Geschäftsfeld eine Peer Group aus
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 34<br />
börsennotierten, auf dasselbe Kerngeschäft fokussierten<br />
Vergleichsunternehmen gebildet werden. Aus Kapitalmarktdaten und<br />
Geschäftsberichten lassen sich <strong>für</strong> diese Peer Group Unternehmen<br />
approx<strong>im</strong>ative Rendite-Wachstums- und Kapitalkostensatz-Wachstums-Spreads<br />
ermitteln. Für das beste Vergleichsunternehmen kann dann diese Kombination<br />
als Benchmark <strong>im</strong> <strong>Portfolio</strong> angetragen werden. Anschließend werden die<br />
eigenen Geschäftsfelder <strong>im</strong> Vergleich zum Wettbewerb ins <strong>Portfolio</strong><br />
eingeordnet. Sicherlich legt diese externe Perspektive eine gewisse Unschärfe<br />
nahe, trotzdem können so grundsätzliche Aussagen zu Verbesserungsansätzen<br />
getroffen werden.<br />
An dieser Stelle wird die Value-AG wieder aufgegriffen und eine<br />
<strong>Portfolio</strong>darstellung erstellt, die auf die Koordinationsaufgaben der<br />
Konzernzentrale abzielt. Dazu sind nachstehende Zusatzinformationen<br />
erforderlich. Die Wettbewerbsdaten seien hierbei gegeben, die partiellen<br />
Elastizitäten wurden gemäß Formeln (18) – (20) rechnerisch ermittelt.<br />
Tab. 3: Dynamische Kennwerte Value-AG<br />
GF<br />
Peer<br />
; <br />
<br />
A (12,0%; 12,0%) 1,09 -1,07 -0,02<br />
B (10,0%; 5,0%) 2,14 -3,00 0,86<br />
C (12,0%; 8,0%) 1,26 -1,33 0,07<br />
D (12,0%; 5,0%) 1,62 -3,00 1,38<br />
E (8,0%; 8,0%) 2,00 -1,61 -0,39<br />
F (7,0% 5,0%) 3,00 -1,83 -1,17<br />
Die <strong>Portfolio</strong>darstellung ist in Abb. 4 zu finden. Im Vergleich zu Abb. 3 wurde<br />
sie um eine maßstabsgetreue 30 Darstellung der partiellen Elastizitäten ergänzt.<br />
Es ist deutlich zu erkennen, dass <strong>im</strong> Einklang mit Abschnitt 3.3 oberhalb der<br />
<strong>Portfolio</strong>diagonalen stets der Kapitalkostensatz, unterhalb stets die<br />
Kapitalrendite den jeweils längsten Pfeil aufweisen und damit die höchste<br />
Hebelwirkung auf den Geschäftsfeldwert. Die Bedeutung der Wachstumsrate<br />
variiert auf fallspezifischer Basis entsprechend der Bedingungen aus Abb. 1 und<br />
lässt sich grafisch ebenfalls ansprechend entnehmen. Ferner wurden <strong>für</strong> jedes<br />
Geschäftsfeld die Kennwerte des jeweils schärfsten börsennotierten<br />
Wettbewerbers eingetragen. Letztere sind in Form kleiner schwarzer Kreise<br />
dargestellt und stellen häufig einen Benchmark dar. Mit Hilfe einer gepunkteten<br />
30 Eine Ausnahme stellen Geschäftsfelder A, C und E dar. Hierbei wurde aus<br />
Darstellungsgründen die Pfeillänge entsprechen der partiellen Elastizität <br />
0,4 gewählt. Diese entspricht nicht den tatsächlichen Werten, die zum Teil<br />
bedeutend kleiner sind.
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 35<br />
Linie wurde die Trajektorie eingezeichnet, die das jeweilige Geschäftsfeld mit<br />
ihrem schärfsten Wettbewerber verbindet. Dadurch wird deutlich gemacht, <strong>im</strong><br />
Hinblick auf welche Wertd<strong>im</strong>ensionen u.U. noch Verbesserungspotenzial<br />
besteht. Im weiteren Verlauf sollen aus Abb. 4 <strong>für</strong> die einzelnen<br />
Geschäftsfelder Handlungsempfehlungen abgeleitet werden. Geschäftsfeld D<br />
liegt in Sektor I.1 und gehört damit zur Gruppe der Top-Wertsteigerer. Es ist<br />
klar ersichtlich, dass „D“ seinen schärfsten Wettbewerber in Bezug auf beide<br />
Achskennwerte in den Schatten stellt. Es besteht somit kein direkter<br />
Handlungsbedarf. Das höchste Potenzial würden jedoch Verbesserungen des<br />
WACCs bringen – eine einprozentige Senkung führt hier zu einer<br />
dreiprozentigen Verbesserung des Geschäftsfeldwerts. Geschäftsfeld B gehört<br />
mit seiner Positionierung in I.2 auch zu den Leistungsträgern des<br />
Unternehmens und könnte seinen Geschäftsfeldwert ebenfalls mit einer<br />
Senkung des WACC am signifikantesten steigern. Sein Benchmark wartet<br />
jedoch mit einem etwas höheren (unvorteilhafteren) Kapitalkostensatz-<br />
Wachstums-Spread auf, bei gleichzeitig deutlich höherem Rendite-Wachstums-<br />
Spread. Die naheliegende Verbesserungsmaßnahme wäre daher eine Steigerung<br />
der Kapitalrendite, die mit einer partiellen Elastizität von 2,14 ebenfalls einen<br />
hohen Hebeleffekt auf den Geschäftsfeldwert aufweist und zu einer Bewegung<br />
in Richtung Benchmark führen würde. Die Zielsetzung der Konzernzentrale<br />
<strong>für</strong> den Rendite-Wachstums-Spread sollte ca. bei 10% festgeschrieben werden.<br />
Geschäftsfeld C liegt in Sektor II mit Tendenz zu Sektor I.2, sodass hier bereits<br />
durch geringe Verbesserungen eine Sektoraufwertung realisiert werden kann.<br />
Der zugehörige Benchmark erzielt einen schlechteren Rendite-Wachstums-<br />
Spread, aber einen deutlich besseren Kapitalkostensatz-Wachstums-Spread. Es<br />
wird <strong>für</strong> Geschäftsfeld C daher eine laterale Bewegung nach links durch<br />
Senkung des WACCs empfohlen. Letztere weist auch den höchsten<br />
Hebeleffekt auf den Geschäftsfeldwert auf. Die Zielsetzung <strong>für</strong> sollte bei<br />
ca. 8% angesetzt werden. Geschäftsfeld A aus Sektor III.1 vernichtet Werte<br />
und erbringt eine unterdurchschnittliche Leistung. Der Benchmark <strong>im</strong>pliziert,<br />
dass auch der schärfste Wettbewerber gerade einmal Wertneutralität erzielt mit<br />
einer Positionierung exakt auf der Wertscheide. Betrachtet man die partiellen<br />
Elastizitäten, dann führen Senkungen des WACC und Steigerungen der<br />
Kapitalrendite zu in etwa gleichen Verbesserungen des Geschäftsfeldwerts und<br />
<strong>für</strong> eine Bewegung in Richtung Benchmark. In Anbetracht dessen dass selbst<br />
letztere keine Werte schafft, kann hier jedoch auch auf koordinative<br />
Maßnahmen verzichtet und stattdessen eine Desinvestition in Erwägung<br />
gezogen werden. Geschäftsfelder E und F sind <strong>im</strong> Vergleich zu „A“ noch<br />
ungünstiger positioniert, „F“ liegt sogar <strong>im</strong> Bereich der Top-Wertvernichter.<br />
Der zugehörige Benchmark legt nahe, dass schwerpunktmäßig an der<br />
Kapitalrendite gearbeitet werden müsste – letztere würde mit 2,00% bzw.<br />
3,00% zu den signifikantesten Verbesserungen des Geschäftsfeldwerts führen<br />
und den Rendite-Wachstums-Spread in Richtung Benchmark verbessern.<br />
Offensichtlich ist der Wettbewerb jedoch entweder relativ weit voraus (bei „F“)
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 36<br />
oder erzielt selbst nur Wertneutralität (bei „E“). Ergo sollte bei beiden<br />
Geschäftsfeldern auch die Desinvestition in Betracht gezogen werden.<br />
Abb. 4: MB-<strong>Portfolio</strong> zur Koordination<br />
16%<br />
„Top“<br />
MBF=2,0<br />
MBF(U)=1,38<br />
MBF=1<br />
1,62<br />
1,26<br />
14%<br />
3,00<br />
1,33<br />
0,07<br />
12%<br />
10%<br />
8%<br />
3,00<br />
(I.1)<br />
1,38<br />
D<br />
2,14<br />
Peer(D)<br />
Peer(B)<br />
(I.2)<br />
Peer(F)<br />
Peer (C)<br />
(II)<br />
Peer(E)<br />
2,00<br />
C<br />
(III.1)<br />
Peer(A)<br />
1,07<br />
1,09<br />
0,02<br />
A<br />
„Flop“<br />
MBF=0,5<br />
6%<br />
0,86<br />
3,00<br />
1,61<br />
0,39<br />
4%<br />
B<br />
1,17<br />
E<br />
(III.2)<br />
2%<br />
1,83<br />
F<br />
0%<br />
0% 2% 4% 6% 8% 10% 12% 14% 16%<br />
5. Diskussion des <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong>s<br />
Im vergangenen Abschnitt wurden <strong>im</strong> Hinblick auf die Aufgabenbereiche<br />
<strong>Portfolio</strong>definition und Koordination der Konzernzentrale zwei verschiedene<br />
Einsatzfelder des <strong>Marktwert</strong>-Buchtwert-<strong>Portfolio</strong>s hergeleitet und an einem<br />
fiktiven Beispiel erläutert. Erklärte Zielsetzung war es hierbei, den Defiziten der<br />
klassischen <strong>Wertmanagement</strong>-<strong>Portfolio</strong>s beizukommen. Im Folgenden soll nun<br />
erörtert werden, welche L<strong>im</strong>itationen bei der <strong>Portfolio</strong>erstellung aufgetreten<br />
sind (5.1), inwieweit die Defizite A-C aufgelöst werden konnten (5.2) und<br />
welche Implikationen sich <strong>für</strong> Forschung und Praxis ergeben (5.3).<br />
5.1 L<strong>im</strong>itationen des <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong>s<br />
Sicherlich ist auch der vorliegende Ansatz nicht frei von L<strong>im</strong>itationen. Diese<br />
sind vornehmlich modelltheoretischer Natur, weil hier mit zahlreichen
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 37<br />
Vereinfachungen gearbeitet werden musste, um die portfoliotechnische<br />
Anschaulichkeit gewährleisten zu können.<br />
Zunächst wäre das Vorhandensein einer Idealplanung <strong>für</strong> jedes Geschäftsfeld<br />
zu kritisieren. Eine periodenaktuelle Prognose sämtlicher Werttreiber über den<br />
gesamten Lebenszyklus hinweg ist nur schwerlich realisierbar und mit massiven<br />
Unsicherheiten behaftet. In der Realität liegt dieses Problem jedoch bei jeder<br />
Unternehmensbewertung vor, sodass man diese L<strong>im</strong>itation insoweit hinnehmen<br />
muss.<br />
Auch <strong>im</strong> Hinblick auf den Transfer der periodenaktuellen Werttreiber in ihre<br />
repräsentativen Ewigkeitswerte muss mit Einschränkungen gerechnet werden.<br />
Erstens ergeben sich bei den Polynomen n-ter Ordnung eine Vielzahl an<br />
Lösungen. Die Auswahl der Ewigkeitswerttreiber liegt demnach auch <strong>im</strong><br />
Ermessen des Managements und ist subjektiv beeinflussbar. Zweitens wird ein<br />
Geschäftsfeld mit endlichem Lebenszyklus und endlicher Planung von n<br />
Perioden mit Hilfe der Endwertformel einer ewigen Rente in einen unendlichen<br />
steady state transformiert. Diese Vorgehensweise führt zwangsweise dazu, dass<br />
zwischen dem Geschäftsfeld <strong>im</strong> steady state und seinem realen Pendant<br />
Diskrepanzen bestehen. Letztere sind umso größer, je kleiner n ist, weil dann<br />
eine ewige Rente nur bedingt Anwendung finden dürfte. Deswegen sollten sehr<br />
langfristige Planungen angestrebt werden.<br />
Anhand des Zusammenhangs zwischen periodenaktuellen Werttreibern und<br />
ihren repräsentativen Ewigkeitswerten konkretisiert sich eine weitere<br />
L<strong>im</strong>itation. Dieser Zusammenhang definiert sich bei über ein Polynom n-ter<br />
Ordnung, bei über ein Polynom (n-1)-ter Ordnung; r wird dann durch<br />
Auflösen ermittelt. Wenn nun mit Hilfe der partiellen Elastizitäten best<strong>im</strong>mt<br />
wird, welcher Ewigkeitswerttreiber zu steigern ist, dann kann aus<br />
Komplexitätsgründen nicht pauschal angegeben werden, in welcher Höhe und<br />
zu welchen Zeiten die periodenaktuellen Werttreiber zu verbessern sind.<br />
Stattdessen gibt es zahlreiche mögliche Lösungen. Dieser Einschränkung<br />
könnte man sicher durch aufwendige mathematische Modelle beikommen.<br />
Dadurch wäre jedoch der Fokus des vorliegenden Ansatzes verloren gegangen.<br />
Es wäre allerdings interessant, den Zusammenhang zwischen periodenaktuellen<br />
und ewigen Werttreibern an anderer Stelle formal-analytisch aufzubereiten.<br />
Zumal sich die beiden letztgenannten L<strong>im</strong>itationen auf die Ewigkeitswerttreiber<br />
beziehen, soll an dieser Stelle explizit darauf verwiesen werden, dass ein<br />
genereller Verzicht auf deren Ableitung zu deutlich höheren Unschärfen<br />
geführt hätte. Es wurde also gegenüber herkömmlichen verkürzten<br />
Bewertungsansätzen – wie dem bereits erwähnten Werttreibermodell nach<br />
Koller et al. – eine exaktere Alternative gewählt.
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 38<br />
Die nächste L<strong>im</strong>itation liegt in den vereinfachenden Annahmen (1a)-(1d)<br />
begründet. Letztere lassen bspw. Geschäftsfelder, die permanent höhere<br />
Reinvestitionserfordernisse haben als sie Free Cash Flows generieren können,<br />
nicht zu. In der Realität gibt es natürlich auch Fehlinvestitionen, die das<br />
gesamte investierte Kapital vernichten. Dieser Fall wird in der Modellwelt nicht<br />
berücksichtigt.<br />
Abschließend muss auch der Begriff des Investitionspotenzials kritisch<br />
betrachtet werden. Diese Größe unterliegt ebenso einem großen subjektiven<br />
Ermessensspielraum und ist demnach mit starken Unsicherheiten behaftet.<br />
Weiterhin besteht eine Diskrepanz zwischen der ewigen Wachstumsrate <strong>im</strong><br />
Modell und dem begrenzten Investitionspotenzial. Ist letzteres erschöpft,<br />
könnte das Geschäftsfeld zunächst nur noch durch Marktanteilsgewinne und<br />
später überhaupt nicht mehr wachsen. Dieses Problem entsteht dadurch, dass<br />
ein Geschäftsfeld mit endlichem Lebenszyklus von einer großen Zahl an n<br />
Perioden in ein „Ewigkeitsgeschäftsfeld“ übertragen wird und würde erst in<br />
ferner Zukunft zum Tragen kommen. Es ist somit dadurch lösbar, dass<br />
regelmäßig zur <strong>Portfolio</strong>erstellung Neubewertungen durchgeführt werden. Im<br />
Rahmen dessen sind entsprechende Anpassungen möglich, bspw. in Form<br />
sinkender Wachstumsraten durch Marktanteilskämpfe oder aber Ausweitungen<br />
des Investitionspotenzials durch die Erschließung neuer Marktsegmente.<br />
5.2 Auflösung der Defizite A, B und C<br />
Anhand der Auflösung der Defizite A-C konkretisiert sich ein signifikanter Teil<br />
des Nutzens des MB-<strong>Portfolio</strong>s. An dieser Stelle soll daher ein abschließender<br />
Überblick gegeben werden, inwieweit <strong>für</strong> diese Problembereiche adäquate<br />
Lösungen gefunden werden konnten.<br />
In Defizit A wurde ein ganzheitlicher Wertbezug der <strong>Portfolio</strong>darstellung<br />
gefordert. Mit den beiden Achsd<strong>im</strong>ensionen sowie und der<br />
Kreisdarstellung des investierten Kapitals wurde dem Folge geleistet.<br />
Letztgenannte Kennwerte genügen zur Berechnung des Geschäftsfeldwerts,<br />
sodass dieser <strong>im</strong> <strong>Portfolio</strong> vollständig abgebildet wird. Damit weist das MB-<br />
<strong>Portfolio</strong> gegenüber den klassischen Darstellungen einen klaren Vorteil auf.<br />
Dort werden zwar Achsd<strong>im</strong>ensionen mit starkem Wertbezug verwendet, die<br />
jedoch nicht zur Ermittlung des Geschäftsfeldwerts genügen.<br />
Dementsprechend kann dann auch nur <strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> Hinblick auf<br />
ausgewählte Werttreiber und nicht <strong>im</strong> Hinblick auf den Geschäftsfeldwert<br />
betrieben werden.<br />
Defizit B kritisiert die unzureichende Differenzierung der Wachstumsgrößen in<br />
klassischen wertorientierten <strong>Portfolio</strong>s. Dort wird i.d.R. lediglich das Wachstum
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 39<br />
des investierten Kapitals als aggregierte Größe angegeben. Das MB-<strong>Portfolio</strong><br />
unterscheidet hingegen zwischen zwei Wachstumsarten: Zum einen das<br />
thesaurierungsbedingte, interne Wachstum g, das aus dem geschäftsfeldeigenen<br />
FCF finanziert und ohne Einbezug der Zentrale realisiert wird. Zum anderen<br />
gibt es die Möglichkeit des externen Wachstums, wobei zusätzliches Kapital<br />
über die Zentrale aufgenommen und zu identischen Konditionen angelegt wird.<br />
Beide Kennwerte zusammen beschreiben die aggregierte Wachstumsgröße, die<br />
häufig in klassischen <strong>Portfolio</strong>s verwendet wird. Bei letzteren wird allerdings<br />
unterschlagen, welcher Teil des Wachstums durch Innenfinanzierung und<br />
welcher durch die Aufnahme von zusätzlichem Kapital realisiert wird.<br />
Defizit C setzt an der generell statischen Betrachtungsweise klassischer<br />
<strong>Portfolio</strong>s an. Erstens priorisieren diese ihre Achsd<strong>im</strong>ensionen nicht <strong>im</strong><br />
Hinblick auf die Wirkung auf den Geschäftsfeldwert. Da<strong>für</strong> wurden <strong>im</strong> MB-<br />
<strong>Portfolio</strong> die partiellen Elastizitäten eingeführt. Damit kann eindeutig<br />
festgestellt werden, welcher Werttreiber den größten Hebeleffekt auf den<br />
Geschäftsfeldwert hat. In Kombination mit aus börsennotierten Peer Group<br />
Unternehmen abgeleiteten Benchmarks können so seitens der Konzernzentrale<br />
effiziente Zielvorgaben <strong>für</strong> die Geschäftsfelder definiert werden. Dadurch lässt<br />
sich der Geschäftsfeldwert bestmöglich steigern. Zweitens zeigen klassische<br />
<strong>Portfolio</strong>s keine Wachstumsgrenzen auf. Somit kann <strong>im</strong> Rahmen der<br />
Ressourcenallokation nur schwer entschieden werden, wie viel zusätzliches<br />
Kapital in ein Geschäftsfeld zu identischen Konditionen investiert werden<br />
kann. Da<strong>für</strong> wurde <strong>im</strong> MB-<strong>Portfolio</strong> der Begriff des Investitionspotenzials<br />
eingeführt, der stark mit dem Lebenszykluskonzept verknüpft ist. Beide<br />
Elemente, partielle Elastizitäten und Investitionspotenzial, gestatten eine<br />
Dynamisierung des <strong>Portfolio</strong>ansatzes, sprich eine Veränderung seiner<br />
Darstellung. Im ersten Fall wird angegeben, in welche Richtung das<br />
Geschäftsfeld <strong>im</strong> <strong>Portfolio</strong> verschoben werden soll, <strong>im</strong> zweiten Fall wie viel<br />
zusätzliches investiertes Kapital es aufnehmen kann.<br />
5.3 Implikationen <strong>für</strong> Forschung und Praxis<br />
Im Rahmen der Forschung wäre es interessant, das vorgeschlagene<br />
<strong>Wertmanagement</strong>-<strong>Portfolio</strong> einer empirischen Überprüfung zu unterziehen.<br />
Bspw. wäre es denkbar, die Geschäftsfelder einer ausgewählten Stichprobe an<br />
Konzernen über mehrere Jahre hinweg in MB-<strong>Portfolio</strong>s einzuordnen.<br />
Empfehlenswerte Untersuchungsobjekte wären Konzernholdings, deren<br />
Geschäftsfelder börsennotiert sind. Aus den Kapitalmarktdaten könnten die<br />
zugehörigen Ewigkeitswerttreiber dann bei Definition eines geeigneten<br />
Verfahrens auch ohne interne Planungen abgeleitet werden. Interessant wäre es<br />
herauszufinden, ob Konzerne, deren Geschäftsfelder sich <strong>im</strong> MB-<strong>Portfolio</strong><br />
positiv entwickeln, auch ihren Aktionären eine höhere Rendite (= Dividenden
<strong>Wertmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Marktwert</strong>-<strong>Buchwert</strong>-<strong>Portfolio</strong> – ein partialanalytischer Ansatz 40<br />
plus Kurssteigerungen) bescheren. Der letzte Aspekt könnte auch in<br />
Anbetracht des Diversifikationsgrades reflektiert werden und damit u.U. neue<br />
Impulse <strong>für</strong> die Diversifikationsforschung generieren. So könnte bspw. geprüft<br />
werden, ob Konzerne, die vornehmlich Investitionen oberhalb ihrer<br />
Konzernisoplethe/Wertscheide, tätigen einen höheren Bewertungsaufschlag<br />
(„conglomerate premium“) aufweisen und vice versa. Bereits eine von BCG <strong>im</strong><br />
Jahr 2006 durchgeführte Studie liefert Anhaltspunkte da<strong>für</strong>, dass effiziente und<br />
wertkritische Ressourcenallokation <strong>im</strong> <strong>Portfolio</strong> eine Schlüsselvoraussetzung<br />
<strong>für</strong> erfolgreiche Konglomerate sein kann. 31 Daher erscheint eine empirische<br />
Überprüfung mit dem MB-<strong>Portfolio</strong> vielversprechend.<br />
Im Hinblick auf die Praxis besteht die Möglichkeit, das MB-<strong>Portfolio</strong> bei der<br />
wertorientierten Steuerung einzusetzen. Die ganzheitliche Betrachtungsweise,<br />
die differenzierten Wachstumsgrößen sowie die dynamischen Elemente des<br />
vorgestellten Konzepts bringen gegenüber klassischen <strong>Portfolio</strong>s zahlreiche<br />
Vorteile mit sich. Daneben rechtfertigt insbesondere die starke theoretische<br />
Fundierung auf der Bewertungslehre eine praktische Anwendung auch ohne<br />
empirische Validierung.<br />
31 Vgl. Heuskel et al. 2006.
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