Vom Wesen der menschlichen Freiheit. Einleitung ... - gesamtausgabe

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120 Die Ausarbeitung der Leitfrage der Metaphysik § 12. Der Mensch als Stätte der Grundfrage. Seinsverständnis als Grund der Möglichkeit des Wesens des Menschen Die Zeit gilt als solches, was unter anderem - Raum, Zahl, Bewegung - eben auch vorkommt. So wird von ihr auch gehandelt als etwas, was die philosophische Betrachtung und Besinnung auch antrifft. Nicht aber und nie bislang kommt die Zeit primär ins Problem, sofern nicht die radikal gestellte Frage nach dem Sein als solchem auf sie drängt. Der übliche Ansatz der Frage nach der Zeit ist, wie sich leicht zeigen läßt, entscheidend für die Richtung des Fragens und das sagt, für die Richtung, aus der die Antwort fällt auf die Frage nach ihrem Wesen. So sind die Untersuchungen der Zeit bei Aristoteles, Augustinus, Kant und Hegel in ihrer Bedeutung außer Frage, und doch unterstehen sie dem grundsätzlichen Bedenken, daß überall das Zeitproblem ohne die grundsätzliche und ausdrückliche Orientierung auf das Seinsproblem überhaupt angesetzt und erörtert ist. Andererseits bleibt bestehen, daß auch aus der Auslegung des Wesens der Zeit in der erstgenannten Richtung wichtige Aufschlüsse zu gewinnen sind. Wenn wir von einzelnen Bestimmungen absehen und darnach fragen, was durchgängig von der Zeit gesagt wird, dann ist es dieses: Die Zeit findet sich nicht irgendwo als ein Ding unter Dingen, sondern in uns selbst. So sagt Aristoteles: aöuvatov dvm XQovov 'ljJ'Uxilc; fA~ oU

122 Die Ausarbeitung der Leitfrage der Metaphysik Das Fragen nach dem Menschen und >die Frage nach dem Menschen< sind noch lange nicht dasselbe. Nehmen wir den Menschen als ein Seiendes unter anderem, dann fragen wir nach ihm im Rahmen der Leitfrage. Müssen wir den Menschen fragend in den Blick nehmen im Fragen nach Sein und Zeit, nach dem Wesen der Zeit, dann fragen wir nicht im Rahmen der Leitfrage, sondern aus dem Grunde der Grundfrage. Heute wird vielfach und mit ganz verschiedenen Absichten und mit ganz verschiedenartigem Rüstzeug die Anthropologie gepflegt und betrieben; z. B. Psychologie, Pädagogik, Medizin, Theologie. Das alles ist schon keine Mode mehr, sondern eine Seuche. Dann ist selbst da, wo man von philosophischer Anthropologie spricht, ungeklärt, erstens wie nach dem Menschen gefragt wird, zweitens inwiefern dieses Fragen philosophisches ist. Wir können aber und müssen sogar sagen: Alle philosophische Anthropologie steht außerhalb des Fragens nach dem Menschen, das aus dem Grunde der Grundfrage der Metaphysik und nur aus diesem Grund aufsteigt. Dieses letztere Fragen nach dem Menschen aus dem Grunde der Grundfrage fragt im voraus und in der Absicht auf die Ermöglichung aller philosophischen Fragen nach dem Menschen. Das erstere dagegen fragt im Rahmen der Leitfrage lediglich auch und beiläufig nach dem Menschen. Das Im-voraus-Fragen für alles weitere philosophische Fragen nach dem Menschen und das letzlieh Auch-Fragen nach dem Menschen im Zusammenhang und in Gleichordnung mit anderen Fragen ist nicht nur ein verschiedenes Fragen hinsichtlich der Art und Weise in der Ordnung der Probleme, insgerade der Grundfrage vorgeordnet, dieser zugleich über-geordnet, im Rahmen der Leitfrage nebengeordnet, dieser zugleich eingeordnet, sondern auch seinem Sachgehalt nach und nach der Art der ganzen Problematik grundverschieden. Ein Unterschied aber ist für uns jetzt von besonderer Bedeutung. Die Frage nach dem Menschen im Rahmen der Leitfrage ist ein Auch-Fragen nach dem Menschen - auch eben unter anderem. Es muß auch nach dem Menschen gefragt werden, wenn al- § 12. Der Mensch als Stätte der Grundfrage 123 les Seiende gleichmäßig Beachtung finden soll. Das Auch-Fragen ist erforderlich zur vollständigen Durchführung der Beantwortung der Leitfrage der Metaphysik und dieser überhaupt. Dagegen ist das Fragen aus dem Grunde der Grundfrage nicht erst erforderlich zur Vervollständigung der Beantwortung der Leitfrage, sondern es ist unumgänglich schon im Hinblick auf die Vorbereitung und Begründung der Fragestellung der Leitfrage als wirklicher Grundfrage. Das Fragen nach dem Sein, mithin das Fragen nach Sein und Zeit, das Fragen nach dem Wesen der Zeit, drängt unausweichlich in das Fragen nach dem Menschen. Die recht gefragte Seinsfrage als solche drängt ihrem Fragegehalt nach in die Frage nach dem Menschen. Ist dieses innere Hindrängen der Leitfrage der Philosophie auf den Menschen etwa der Vorbote des Andrängens eines Angriffes? Eines Angriffes, dem wir gar nicht beliebig ausweichen können, den wir vielmehr aushalten müssen, wenn wir die Leitfrage wirklich fragen und nicht nur mit Fragen uns beschäftigen, d. h. mit solchem, was auf ihrem Wege gerade aufgegriffen werden kann? Wenn wir die Leitfrage wirklich fragen, sind wir, in ihr selbst verbleibend, d. h. sie als Grundfrage fragend, fragend dazu gedrängt, nach dem Wesen der Zeit und damit nach dem Wesen des Menschen zu fragen. Zeit und Mensch? Gewiß! Aber Zeit und Mensch, das ist doch nicht einerlei; der Mensch ist doch nicht bloß >Zeitmenschliche EigenschaftenErlebnis< der Zeit. Die Frage nach dem >Zeiterlebnis< ist eine psychologisch-anthropologische Frage, aber nicht die Frage nach dem Wesen der Zeit als solcher. Allein, wir vergessen bei allem: Wir fragen ja nicht so aufs Geratewohl nach der Zeit oder gar nach dem Zeiterlebnis, sondern wir müssen nach der Zeit fragen, weil und sofern das Sein

120 Die Ausarbeitung <strong>der</strong> Leitfrage <strong>der</strong> Metaphysik<br />

§ 12. Der Mensch als Stätte <strong>der</strong> Grundfrage.<br />

Seinsverständnis als Grund <strong>der</strong> Möglichkeit des <strong>Wesen</strong>s des<br />

Menschen<br />

Die Zeit gilt als solches, was unter an<strong>der</strong>em - Raum, Zahl, Bewegung<br />

- eben auch vorkommt. So wird von ihr auch gehandelt<br />

als etwas, was die philosophische Betrachtung und Besinnung<br />

auch antrifft. Nicht aber und nie bislang kommt die Zeit primär<br />

ins Problem, sofern nicht die radikal gestellte Frage nach dem<br />

Sein als solchem auf sie drängt. Der übliche Ansatz <strong>der</strong> Frage<br />

nach <strong>der</strong> Zeit ist, wie sich leicht zeigen läßt, entscheidend für die<br />

Richtung des Fragens und das sagt, für die Richtung, aus <strong>der</strong> die<br />

Antwort fällt auf die Frage nach ihrem <strong>Wesen</strong>. So sind die Untersuchungen<br />

<strong>der</strong> Zeit bei Aristoteles, Augustinus, Kant und Hegel<br />

in ihrer Bedeutung außer Frage, und doch unterstehen sie<br />

dem grundsätzlichen Bedenken, daß überall das Zeitproblem<br />

ohne die grundsätzliche und ausdrückliche Orientierung auf das<br />

Seinsproblem überhaupt angesetzt und erörtert ist.<br />

An<strong>der</strong>erseits bleibt bestehen, daß auch aus <strong>der</strong> Auslegung des<br />

<strong>Wesen</strong>s <strong>der</strong> Zeit in <strong>der</strong> erstgenannten Richtung wichtige Aufschlüsse<br />

zu gewinnen sind. Wenn wir von einzelnen Bestimmungen<br />

absehen und darnach fragen, was durchgängig von <strong>der</strong> Zeit<br />

gesagt wird, dann ist es dieses: Die Zeit findet sich nicht irgendwo<br />

als ein Ding unter Dingen, son<strong>der</strong>n in uns selbst. So sagt<br />

Aristoteles: aöuvatov dvm XQovov 'ljJ'Uxilc; fA~ oU

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