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Vom Wesen der menschlichen Freiheit. Einleitung ... - gesamtausgabe

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48 Die Leitfrage <strong>der</strong> Philosophie und ihre Fraglichkeit<br />

Weiträumigkeit <strong>der</strong> Problematik, die im ersten eigentlichen Aufbrechen<br />

bei Platon und Aristoteles we<strong>der</strong> durchschaut noch gar<br />

bewältigt werden konnte. Das hereinbrecbende Licht war so hell,<br />

daß diese beiden Großen gleichsam immer geblendet standen und<br />

nur erst ermessen und festhalten konnten, was sich da zunächst<br />

bot. Die erste große Ernte mußte erst einmal eingebracht<br />

werden. Und seitdem ist die Geschichte <strong>der</strong> Philosophie beim<br />

Ausdreschen dieser Ernte, und bereits drischt man nur noch leeres<br />

Stroh: Wir müssen erst wie<strong>der</strong> ausfahren und die Ernte neu<br />

einholen, d. h. aber das Feld des Stehens <strong>der</strong> Ernte kennen, den<br />

Acker und sein Wachstum. Das können wir nur und sind bereit<br />

dafür, wenn die Pflugschar scharf und nicht alles in bloßen Meinungen,<br />

in Gerede und Geschreibe, verrostet und schal geworden<br />

ist. Ackern und pflügen müssen wir erst wie<strong>der</strong> lernen, das<br />

ist unser Schicksal, lernen, den Boden umzugraben, damit das<br />

Schwarze und Dunkle des Grundes an die Sonne kommt, - wir,<br />

die schon allzu lange und allzu leicht nur noch auf den aus- und<br />

festgetretenen Wegen hin- und herfahren. Die antike Philosophie<br />

stand auf <strong>der</strong> Höhe und mit Platon und Aristoteles vor<br />

einer reichen Ernte.<br />

Viel und vielerlei bedeutet die DuaLa. Daher ist die Vieldeutigkeit,<br />

in <strong>der</strong> dieses Grundwort <strong>der</strong> antiken Philosophie bei Platon<br />

und Aristoteles vorkommt, nicht Willkür und Nachlässigkeit<br />

in <strong>der</strong> Terminologie, son<strong>der</strong>n ein Zeichen des Reichtums und <strong>der</strong><br />

unbewältigten Not <strong>der</strong> Probleme. Aber gerade wenn diese Mannigfaltigkeit<br />

<strong>der</strong> Bedeutungen <strong>der</strong> DuaLa, dessen, was mit Sein<br />

gemeint war und noch wird, fest- und ausgehalten würde, dann<br />

müßte in all dieser Mannigfaltigkeit etwas Durchgängiges, Einheitliches<br />

verstanden worden sein, ohne es selbst fassen zu können.<br />

Was bedeutet nun in all seiner Mannigfaltigkeit das Wort<br />

DuaLa im Grunde?' Vermögen wir das zu finden, wo die Griechen<br />

selbst sich nicht mehr darüber ausgesprochen haben? Standen die<br />

Griechen nicht auch da, wo wir selbst uns stehend fanden? >Seinistwarwird seinSeindas< und >das< - als was? Tisch als Gebrauchsgegenstand, das<br />

Dreieck als Raumgebilde. Sein als ... ? Sein im Sinne und in <strong>der</strong><br />

Bedeutung von? Wovon? Das ist die Frage.<br />

Aber man könnte uns doch noch zuletzt abhalten, diese Frage<br />

zu stellen, im Lichte wovon <strong>der</strong>gleichen wie Sein verstanden<br />

werde im Seinsverständnis, abhalten von <strong>der</strong> Frage durch den<br />

Hinweis darauf, daß eben <strong>der</strong>gleichen wie Sein nicht gleichgestellt<br />

werden darf mit Tisch und Dreieck. Das sind bestimmte<br />

Dinge, d. h. Seiendes, bezüglich dessen nach dem Sein - was es<br />

ist, Was-sein - gefragt werden kann und muß. Aber das Seindas<br />

ist doch eben das Letzte und Erste des Seienden als solchen<br />

selbst nicht ein Seiendes, ein Ding. Also haben wir gar kei~<br />

Recht, es unter dieselbe Art von Frage zu stellen wie Seiendes.<br />

Das ist ein überzeugendes Argument. Unter Berufung auf die<br />

völlige An<strong>der</strong>sartigkeit des Seins gegenüber dem Seienden wird<br />

verlangt, daß die Fragen, die bezüglich des Seienden möglich<br />

sind, nicht einfach übertragen werden auf das Sein des Seienden.<br />

Mit welchem Recht aber berufen wir uns auf die völlige An<strong>der</strong>sartigkeit<br />

des Seins gegenüber dem Seienden? Darin liegt<br />

doch schon <strong>der</strong> Anspruch, daß wir die an<strong>der</strong>e und eigene Art des<br />

Seins, d. h. sein <strong>Wesen</strong> kennen, davon wissen. Wissen wir denn<br />

davon? O<strong>der</strong> berufen wir uns nur gleichsam auf eine dunkle Ahnung,<br />

daß das >Sein< und >ist< und >war< kein Ding und kein<br />

Seiendes ist wie dieses Ding selbst, von dem gesagt wird, daß es<br />

ist o<strong>der</strong> war? Können wir denn vom <strong>Wesen</strong> des Seins etwas wissen<br />

und wissen wollen, wenn wir uns zugleich den Weg dahin<br />

verlegen, nach ihm zu fragen? Offenbar nicht. Also müssen wir<br />

nach dem fragen, was Sein bedeutet. Und wenn die Frage: Als<br />

was verstehen wir das Sein, wenn wir es verstehen?, in <strong>der</strong><br />

sprachlichen Fassung ebenso lautet wie die Frage: Als was ver-

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