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Grundlagen schulischer Leseförderung

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<strong>Grundlagen</strong> <strong>schulischer</strong><br />

<strong>Leseförderung</strong><br />

Förderung von Lesekompetenzen in<br />

der Grundschule<br />

Karola Penz<br />

www.akademiefuerlesefoerderung.de


Themenschwerpunkte<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Wie lesen routinierte Leser?<br />

Wie lesen Leseanfänger?<br />

Was ist lesen?<br />

Kerncurricula und Bildungsstandards<br />

Lesekompetenz und Lesemotivation<br />

- <strong>Leseförderung</strong> für Jungen<br />

- <strong>Leseförderung</strong> für Schülerinnen und Schüler mit<br />

Migrationshintergrund<br />

Stufen der Leseentwicklung<br />

Hürden im Leselernprozess


Routinierte Leser lesen anders<br />

Nur routinierte Leser können Wörter<br />

simultan erfassen.<br />

Lesen heißt verstehen. Nur verstandene<br />

Texte sind richtig gelesen.<br />

Lesen basiert auf Rateverhalten.<br />

Ein erfolgreicher Leseprozess läuft auf allen<br />

Sprachebenen ab.<br />

Das Nichtverstehen eines einzigen<br />

zentralen Begriffs kann zu<br />

Verstehensproblemen mit dem gesamten<br />

Text führen.


Was ist eigentlich Lesen?<br />

Lesen ist kein passiver Prozess der<br />

Bedeutungsentnahme, sondern stellt eine aktive<br />

Konstruktionsleistung des Individuums dar, bei<br />

der die im Text enthaltenen Inhalte aktiv mit<br />

dem Vor- und Weltwissen des Rezipienten in<br />

Verbindung gesetzt werden. Unter<br />

Lesekompetenz wird also mehr verstanden als<br />

einfach nur lesen zu können. (Expertise, S. 11).


Erkenntnisse der Leseforschung<br />

Lesen ist Mobilität im Kopf<br />

Das Verstehen findet im ständigen<br />

Wechsel statt zwischen einem Abgleich<br />

unseres Sprach- und Weltwissens :<br />

anreichern, ergänzen, klären, schlussfolgern…


Bedeutung des Vorwissens<br />

Konsequenz:<br />

→<br />

→<br />

Dem Leseprozess die Aktivierung<br />

oder den Aufbau von Vorwissen<br />

systematisch vorschalten.<br />

mündlich (Antizipation und<br />

Hypothesenbildung)<br />

visuell, auditiv, haptisch


Das Lesetrapez: ein Modell<br />

bottom-up<br />

Hierarchiehöhere Prozesse:<br />

Erkennen und Bewerten von Textabsichten und<br />

rhetorischen Strategien<br />

Bildung einer kohärenten Textrepräsentation<br />

Integration von Sätzen zu Bedeutungseinheiten<br />

Hierarchieniedrigere Prozesse:<br />

Erkennen von semantischen und syntaktischen<br />

Beziehungen zwischen Sätzen<br />

Erfassung von Wortbedeutungen<br />

Buchstaben- und Worterkennung<br />

top-down


Stufen der Leseentwicklung<br />

Präliteral-symbolisches Lesen<br />

Logographisches Lesen<br />

Logographemisches Lesen<br />

Lesen unter Berücksichtigung erster<br />

Graphem-Phonem-Korrespondenzen<br />

Synthetisierendes Lesen<br />

Fortgeschrittenes Erlesen<br />

Flüssiges Lesen<br />

nach Scheerer-Neumann 1990


Hürden im Leselernprozess<br />

Logografisches (logographemisches) Lesen<br />

Identifikation eines Wortes anhand bestimmter<br />

Merkmale (bestimmte Buchstaben, Wortumriss,<br />

grafisch besonders auffallende Buchstabengruppen)<br />

ohne Nutzung von Graphem-Phonem-<br />

Korrespondenzen<br />

Merkmal:<br />

Kind kann Wörter nicht unabhängig vom Kontext<br />

lesen<br />

Förderung:<br />

- Wörter von Wortkarten lesen<br />

- Wörter oder Pseudowörter (Mala zu Lama)<br />

- Buchstaben hinzufügen (Mamama)


Hürden im Leselernprozess<br />

Direktes Worterkennen ohne Sinngestaltung<br />

Lesen als reine Technik (Laut-Buchstabe-Zuordnung und<br />

Synthese)<br />

Merkmale:<br />

- Keine Reaktion auf Verlesungen<br />

- Selbst bei Sinnstütze durch ein Bild können keine<br />

Fragen beantwortet werden<br />

Förderung:<br />

- interessante Lesetexte, Sinnerwartung aufbauen<br />

- Gespräch über das Bild zum Text, Hypothesen<br />

- im Text Wörter durch Bilder ersetzen<br />

- Wort- oder Satzteil nach hinten klappen<br />

- Sätze, bei denen vom letzten Wort nur der<br />

Anfangsbuchstabe vorhanden ist


Hürden im Leselernprozess<br />

Kontextorientiertes Lesen<br />

Einbeziehen des Kontextes zur Sinnerfassung<br />

Merkmale:<br />

- Kontext wird ausschließlich oder zu stark genutzt<br />

- Synthese und Segmentieren gelingt noch nicht gut<br />

- bei längeren Wörtern Lesefehler<br />

- Wörter des Textes werden durch inhaltlich passende<br />

ersetzt<br />

Förderung:<br />

- genaue Wortanalyse (Bild zu Tasche, Tasse, Taste)<br />

- Segmentierung längerer Wörter in Silben<br />

- Üben an einfachen Texten (Silbenbögen)


Lesen als Bildungserlebnis<br />

Lesen als<br />

Bildungserlebnis<br />

Lesekompetenz<br />

↔<br />

Medienkompetenz


Kompetenzbereiche für das Fach Deutsch<br />

Sprechen und<br />

Zuhören<br />

Zu anderen,<br />

mit anderen<br />

vor anderen sprechen,<br />

Hörverstehen entwickeln<br />

Schreiben<br />

Reflektierend<br />

Kommunikativ und<br />

gestalterisch schreiben<br />

Lesen<br />

Umgang mit<br />

Texten und Medien<br />

Lesen, Texte und Medien<br />

verstehen und nutzen,<br />

Kenntnisse über Literatur<br />

erwerben und Lesefreude<br />

entwickeln<br />

Methoden und Arbeitstechniken<br />

Methoden und Arbeitstechniken mit den Inhalten der<br />

Kompetenzbereiche erwerben<br />

Sprache und Sprachgebrauch<br />

Sprache zur Verständigung gebrauchen, fachliche Kenntnisse<br />

erwerben, über Verwendung von Sprache nachdenken und sie als<br />

System verstehen


Die Kompetenzstufen<br />

1. Gesuchte Wörter in einem Text erkennen (basales<br />

Erkennen und Wiedererkennen wörtlich angegebener<br />

Information)<br />

2. Angegebene Sachverhalte aus einer Textpassage<br />

erschließen (in einem oder mehreren Sätzen<br />

enthaltene Informationen ermitteln)<br />

3. Implizit im Text enthaltene Sachverhalte aufgrund<br />

des Kontextes erschließen (Beziehungen zwischen<br />

Textteilen herstellen)<br />

4. Mehrere Textpassagen sinnvoll miteinander in<br />

Beziehung setzen (Sachverhalte verschiedener<br />

Textpassagen miteinander kombinieren)


Lesekompetenz<br />

Lesekompetenz: Pisa-Modellrechnung<br />

23%<br />

11%<br />

52%<br />

22%<br />

Kogn. Grundfähigkeiten<br />

Leseinteresse<br />

Decodierfähigkeit<br />

Lernstrategiewissen


Leseinteressen von Mädchen und Jungen<br />

Mädchen werden von Märchen, Tier- und Zaubergeschichten viel stärker<br />

angesprochen als Jungen.<br />

Abenteuerbücher<br />

Comics<br />

Tiergeschichten<br />

Fantasiegeschichten<br />

Zaubergeschichten<br />

Detektivgeschichten<br />

Jugendbücher<br />

Sachbücher<br />

TV-Begleitbücher<br />

Märchen<br />

Bilderbücher<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80<br />

Angaben in %<br />

Jungen<br />

Mädchen


Die Lesemotivation<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Die Einstellung von Jungen zum Lesen ist insgesamt<br />

deutlich negativer als die der Mädchen.<br />

In Deutschland lesen 52% der Jungen nur, wenn sie<br />

müssen (Mädchen 26%). Bei einer Umfrage im Jahr<br />

2004 waren es sogar 61%.<br />

Von der 7. Klasse an liest jeder fünfte Junge, jedoch nur<br />

jedes 20. Mädchen selten oder nie.<br />

Von den in mehreren Studien festgestellten „Leseknicks“<br />

(vom 8.-10. Lebensjahr und zwischen dem 11. und 13.<br />

Lebensjahr) sind Jungen viel stärker betroffen als<br />

Mädchen.


Lesegewohnheiten von Mädchen und<br />

Jungen<br />

<strong>Leseförderung</strong> ist für Jungen<br />

besonders wichtig.<br />

lese sehr gerne<br />

lese gerne<br />

lese nicht so gerne<br />

lese gar nicht gerne<br />

0 10 20 30 40 50<br />

Angaben in %<br />

Mädchen Jungen Gesamt<br />

Quelle: Studie: KIM 2003


Die Leseleistungen<br />

<br />

Jungen sind auf den unteren Kompetenzstufen<br />

überrepräsentiert (doppelt so viele wie Mädchen)<br />

und auf den oberen unterrepräsentiert.<br />

<br />

Die Leseleistungen der Mädchen bewegen sich<br />

knapp eine halbe Kompetenzstufe über denen der<br />

Jungen.<br />

<br />

Der Vorsprung der Mädchen beim Lesen ist im<br />

Durchschnitt 3x so groß wie der Vorteil der<br />

Jungen in Mathematik.


Lesestrategien als Zaubermittel?<br />

Die PISA-Studie und auch die<br />

fachdidaktische Literatur weisen<br />

zunehmend auf die Bedeutung von<br />

Lesestrategien für die<br />

Lesekompetenz hin<br />

Schülern mit Leseschwierigkeiten<br />

nutzt die Erhöhung der Lesezeit<br />

wenig, sie benötigen effiziente<br />

Lesestrategien


Lesestrategien sind kein Zaubermittel!<br />

Der Einsatz von Lesestrategien ist nur dann effektiv, wenn sie der<br />

Leseabsicht und dem Text angemessen sind!<br />

Die Schülerinnen und Schüler müssen<br />

lernen einzuschätzen, in welcher Situation,<br />

bei welcher Leseintention und bei welchem<br />

Text welche Lesestrategie angebracht ist.


Lesestrategien sind…<br />

…zweckgerichtete Handlungen zum<br />

Erreichen eines bestimmten (Lese-<br />

)ziels


Lesestrategien…<br />

…werden deutlich in der Art, wie sich<br />

eine Person mit einem Text<br />

auseinander setzt.


Strategien kompetenter Leser<br />

Kompetente Leser nehmen eine<br />

bewusste Haltung zum eigenen<br />

Lesen ein. Das bedeutet:<br />

- Sie sind sich des Leseprozesses<br />

bewusst (Leseintention)<br />

- Sie kontrollieren den Leseprozess<br />

(Wird das Gelesene verstanden?)<br />

- Sie wenden unterschiedliche<br />

Strategien an (z.B. überfliegendes<br />

und genaues Lesen)


Lesestrategien<br />

kompetenter Leserinnen und Leser<br />

Reduktiv-organisierende Strategien<br />

Informationen werden auf das Wesentliche<br />

verkürzt<br />

Dazu gehören z.B.<br />

- das Formulieren von Überschriften,<br />

- die Auswahl wichtiger Informationen,<br />

- das Weglassen irrelevanter Informationen,<br />

- das Schreiben von Zusammenfassungen.


Lesestrategien<br />

kompetenter Leserinnen und Leser<br />

Elaborierte Strategien<br />

Das Vorwisssen zum Thema des Textes wird aktiviert.<br />

Das Vorwissen wird mit den Textinhalten verknüpft.<br />

Neue Informationen werden generiert.<br />

Das ist möglich durch<br />

- das Stellen von Fragen zum Text,<br />

- Das Finden von Beispielen,<br />

- Das Bilden von Analogien,<br />

- Das Generieren bildlicher Vorstellungen,<br />

- Das Antizipieren von Inhalten zu Überschriften<br />

vgl. Souvignier/Küppers/Gold 2003


Kategorisierung der Lesestrategien<br />

1. Strategien zur Planung des Lesens<br />

2. Strategien zur Überwachung des<br />

Textverständisses<br />

3. Strategien zur Verarbeitung und<br />

Nutzung des Textes<br />

4. Strategien zur Überwindung von<br />

Verständnisproblemen<br />

LernStrategien-<br />

vgl. Kieler<br />

Inventar<br />

(KSI)


Kategorisierung der Lesestrategien<br />

1. Strategien zur Planung des Lesens<br />

2. Strategien zur Überwachung des<br />

Textverständisses<br />

3. Strategien zur Verarbeitung und<br />

Nutzung des Textes<br />

4. Strategien zur Überwindung von<br />

Verständnisproblemen<br />

LernStrategien-<br />

vgl. Kieler<br />

Inventar<br />

(KSI)


Literaturangaben<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Crämer, Claudia: Wo ist der Zwerg mit der gelben<br />

Feder?, in: Praxis Deutsch 194/2005, S.21-27<br />

Landesinstitut für Schule und Medien Berlin<br />

(Hrsg.): Praxis Box Lesen, Schroedel Verlag 2005<br />

Scheerer-Neumann, Gerhaid: Leseanalyse und<br />

<strong>Leseförderung</strong>: ein Tandem, in: Grundschule<br />

4/1995, S. 9-12<br />

Schwenke, Jutta: Lesen lernt man nur durch<br />

Lesen – oder nicht?, in: Grundschulunterricht<br />

1/2003, S. 13-17<br />

Wedel-Wolff, A. von: Üben im Leseunterricht der<br />

Grundschule, Westermann: Praxis Pädagogik,<br />

Braunschweig 1997

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