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Zu den auf Öland und Gotland gefundenen byzantinischen ...

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<strong>Zu</strong> <strong>den</strong> <strong>auf</strong> <strong>Öland</strong> <strong>und</strong> <strong>Gotland</strong> gefun<strong>den</strong>en <strong>byzantinischen</strong> Goldmünzen<br />

Werner, Joachim<br />

Fornvännen 1949:5-6, s. 257-286<br />

http://kulturarvsdata.se/raa/fornvannen/html/1949_257<br />

Ingår i: samla.raa.se


ZU DEN AUF ÖLAND UND GOTLAND GEFUN­<br />

DENEN BYZANTINISCHEN GOLDMUNZEN<br />

Von Joachim<br />

Werner<br />

Die Menge der <strong>auf</strong> <strong>den</strong> bei<strong>den</strong> Ostseeinseln <strong>Öland</strong> <strong>und</strong> <strong>Gotland</strong><br />

gefun<strong>den</strong>en Goldmiinzen (Solidi) des 5. <strong>und</strong> 6. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

hat seit <strong>den</strong> Zeiten H. Hildebrands 1 immer wieder das<br />

Interesse der Forschung erregt <strong>und</strong> mancherlei Deutungen hervorgerufen.<br />

Fiir <strong>Öland</strong> stellte zuletzt M. Stenberger in seinem<br />

Werk »<strong>Öland</strong> <strong>und</strong>er äldre järnåldern» (1933) eine ausfiihrliche<br />

Liste der bis dahin gefun<strong>den</strong>en Solidi <strong>auf</strong> <strong>und</strong> wertete mit<br />

grosser Vorsicht <strong>und</strong> viel Scharfsinn die Munzen als Quelle<br />

historischer Erkenntnis. Die hervorragende <strong>Zu</strong>sammenfassung<br />

am Ende seines Buches gibt das Äusserste, was Munzen, Grabf<strong>und</strong>e<br />

<strong>und</strong> Siedlungsf<strong>und</strong>e fiir die Geschichte der Insel während<br />

der Völkerwanderungszeit bei vollständigem Fehlen schriftlicher<br />

Nachrichten zu folgern erlauben. Denn die Anhäufung<br />

von Goldmiinzen des 5. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>auf</strong> <strong>Öland</strong> ist ein Phänomen,<br />

das von Stenberger mit Recht nicht isoliert sondern in<br />

Verbindung mit der plötzlichen Aufgabe aller eisenzeitlichen<br />

Hausstellen im Innern der Insel betrachtet wird. Wenig später<br />

gab B. Nerman in seiner »Völkerwanderungszeit <strong>Gotland</strong>s»<br />

(1935) einen entsprechen<strong>den</strong> Uberblick fiir die Insel <strong>Gotland</strong>.<br />

Der so augenfällige Unterschied zwischen <strong>den</strong> Miinzreihen<br />

beider Inseln reizte schon immer zu einer vergleichen<strong>den</strong> Betrachtung,-<br />

welche Stenberger <strong>und</strong> Nerman in Anlehnung an<br />

1 H. Hildebrand, Solidusimporten till Sverige <strong>und</strong>er <strong>den</strong> tidigare jernäldern,<br />

Sthlm 1882.<br />

1 T. J. Arne in Fornvännen 1919, S. 107 ff. — O. Janse, Le travail de<br />

1'or en Suéde å 1'époque mérovingienne, Orleans 1922. — S. Bolin, Fyn<strong>den</strong><br />

av romerska mynt i det fria Germanien, L<strong>und</strong> 1926, <strong>und</strong> ders. in 19.<br />

Ber. RGK 1930 sowie Germania 15, 1931, S. 267 ff.<br />

•\l~90oi3i 257


1 O A C 111 .17 W ERN ER<br />

die Untersuchungen Bolins dazu fiihrte, als Vergrabungszeit<br />

fiir die Solidi <strong>auf</strong> <strong>Öland</strong> das Ende des 5. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>und</strong> <strong>auf</strong><br />

<strong>Gotland</strong> die Zeit nach 550 anzunehmen. Grössere Miinzschätze,<br />

andere Schatzf<strong>und</strong>e aus Edelmetall <strong>und</strong> Brandschichten in <strong>den</strong><br />

Siedlungen waren fiir beide Autoren bestimmend, die Vergrabungszeiten<br />

der Solidi mit Katastrophenzeiten gleichzusetzen.<br />

Eine Erweiterung der Erkenntnisse ist, soweit es sich um die<br />

Munzen handelt, von der noch ausslehen<strong>den</strong> feineren numismatischen<br />

Bearbeitung der Solidi zu erwarten, die besonders<br />

fiir die Prägungen von Zeno bis Justinian (474—565) <strong>den</strong> Anteil<br />

der westlichen <strong>und</strong> östlichen Emissionen schärfer zu sondern<br />

erlauben durfte. Wenn hier von einem <strong>den</strong> skandinavischen<br />

Problemen Fernerstehen<strong>den</strong> zur Frage der <strong>byzantinischen</strong><br />

Goldmiinzen <strong>auf</strong> <strong>den</strong> bei<strong>den</strong> Ostseeinseln Stellung genommen<br />

wird, so nicht, um dieser der skandinavischen Numismatik vorbehaltenen<br />

Aufgabe vorzugreifen, sondern weil aus der Kenntnis<br />

der kontinentalen Verhällnisse eine fliichtige Durchsicht<br />

von 245 gotländischen <strong>und</strong> 272 öländischen Solidi, die ich im<br />

Herbst 1948 dank des grossziigigen Entgegenkommens der<br />

schwedischen Kollegen in Stockholm <strong>und</strong> Visby vornehmen<br />

konnte, 3 einige neue Gesichtpunkte erbrachte, die hier zur<br />

Diskussion gestelit seien. Kein anderes Land verfiigt iiber ein<br />

so ausgedehntes <strong>und</strong> einzigartiges Mtinzmaterial der friih<strong>byzantinischen</strong><br />

Epoche wie gerade Schwe<strong>den</strong>, wo dank einer<br />

jahrh<strong>und</strong>erte alten Tradition der Bo<strong>den</strong><strong>den</strong>kmalpflege die im<br />

Lande gefun<strong>den</strong>en Munzen fast ausnahmslos erfasst wur<strong>den</strong><br />

<strong>und</strong> damit fiir die wissenschaftliche Bearbeitung erhalten<br />

blieben.<br />

Besonders klar liegen nach <strong>den</strong> Untersuchungen Stenbergers<br />

die Verhällnisse <strong>auf</strong> der Insel <strong>Öland</strong>. Stenberger zählte im<br />

Jahre 1933 189 Solidi, zu <strong>den</strong>en 80 Solidi aus dem 1946 ge-<br />

3 N. L. Rasmusson vom Stockholmer Miinzkabinett <strong>und</strong> seinen Mitarbeitern<br />

sei fur ihre unermiidliche Bereitwilligkeit zu Auskunften <strong>und</strong><br />

beim Studium der Originale vielmals gedankt. G. Arwidsson gestattete<br />

eine Durchsicht der Bestände in <strong>Gotland</strong>s Fornsal in Visby. M. Stenberger<br />

gilt fur die anregen<strong>den</strong> Diskussionen iiber die Fruhgeschichte<br />

<strong>Gotland</strong>s mein besonderer Dank.<br />

258


DIE B Y Z A N T I N I S C H E N GOLD .17 V N ZEN<br />

fun<strong>den</strong>en bedeuten<strong>den</strong> Schatz von Åby, 1 2 Solidi des Zeno r ' <strong>und</strong><br />

1 Solidus des Anastasius 0 hinzukommen. Von diesen 272 Munzen<br />

(darunter 105 sichere weströmische Prägungen) 7 stammen 173<br />

aus 15 Schatzfun<strong>den</strong> (mehr als 2 Munzen von einem F<strong>und</strong>platz).<br />

N Die Prägungen des Leo (457—474) sind mit 71 Exemplaren<br />

die häufigsten. Nach der Prägezeit miissen von <strong>den</strong><br />

öländischen Solidi 138 Stiick (d. i. 50 °/o) erst nach dem Regierungsantritt<br />

Leos (457) die Insel erreicht haben. Mit Sicherheit<br />

nach 475 vergraben sind 139 Solidi (50 %), davon 127 Schatzmiinzen<br />

aus 7 Schätzen (Anhang II A, Nr. 9—15). Aus der<br />

Miinzreihe ist zu entnehmen, dass 134 Munzen vor <strong>und</strong> 138<br />

Munzen nach 457 geprägt wur<strong>den</strong>. Von <strong>den</strong> 138 Prägungen nach<br />

dem Jahre 457 gelangten 120 zwischen 457 <strong>und</strong> 474 zur Emission,<br />

gegenuber 15 zwischen 474 <strong>und</strong> 491 <strong>und</strong> nur 3 Einzelmiinzen<br />

nach dem Jahre 491 (je ein Anastasius, Justin I. <strong>und</strong><br />

Justinian/Athalarich). Von <strong>den</strong> 134 Prägungen vor 457 kamen<br />

93 in Miinzschätzen nach 457 in die Erde, manehe gelangten<br />

sicher auch erst nach diesem Zeitpunkt nach <strong>Öland</strong>. Man känn<br />

daraus folgern, dass der Miinzstrom, der <strong>Öland</strong> wohl seit dem<br />

Anfang des 5. Jahrh<strong>und</strong>erts (Beginn der Miinzreihe mit Honorms<br />

<strong>und</strong> Arcadius) erreichte <strong>und</strong> dessen Metall vielfach bald<br />

zur Herstellung von Schmucksachen eingeschmolzen wurde,<br />

* Eine kurze Notiz uber <strong>den</strong> F<strong>und</strong>, der sich jetzt im Munzkabinett<br />

Stockholm befindet, gibt A r . L. Rasmusson in Nordisk Numismatisk Arsskrift<br />

1948, S. 167 f. Eine ausfuhrliche Bearbeitung von N. L. Rasmusson<br />

steht in Aussicht. Vgl. auch Anhang II A, 13.<br />

5 Janse 104 <strong>und</strong> ein Stuck mit der Aufschrift »<strong>Öland</strong>» im Munzkab.<br />

Stockholm.<br />

8 Munzkab. Stockholm Inv. Nr. 20784 von Melböda.<br />

7 Liste der weströmischen Prägungen <strong>auf</strong> der Tabelle bei AI. Stenberger,<br />

a. a. O., S. 276 ff., dazu zwei italische Solidi des Zeno (Janse 42<br />

u. 91) mit Abschnittlegende COMOB <strong>und</strong> ein Solidus des Athalarich (526<br />

—534) geprägt unter Justinian von Resmo (Munzkab. Stockholm Inv.<br />

Nr. 16690, Typ Wroth, BMC Vandals Taf. 7, 16). Weitere weström. Prägungen<br />

sind bei Arcadius (vgl. Aby!), Theodosius IL, Leo <strong>und</strong> Zeno<br />

möglich [vgl. P. Le Gentilhomme in Revue Numismatique 5, sér. 7, 1943,<br />

S. 70 (Leo-Prägung aus Mailand) <strong>und</strong> S. 85 ff. (Odovacarmiinzen mit<br />

Zeno-Legende aus <strong>den</strong> Miinzstätten Ravenna, Rom, Mailand, Pavia) |.<br />

8 Vgl. Anhang II A. Zwei öländischo F<strong>und</strong>e von je 2 Munzen mit terminus<br />

post 408 bzw. 423 sind hier nicht <strong>auf</strong>genommen.<br />

259


J O A C II I M<br />

W B 71 .V E R<br />

während der ganzen Regierungszeit des Leo (457—474) unvermindert<br />

andauerte, dass also vor dem Jahr 474 nicht mit<br />

nennenswerten Störungen zu rechnen ist, welche die Bewohner<br />

der Insel zur Deponierung von Schätzen zwangen. Erst die<br />

Regierungszeit des Zeno (474—491), von dem nur 8 Prägungen<br />

gegenuber 34 <strong>auf</strong> <strong>Gotland</strong> vorliegen, ist die kritische Periode,<br />

<strong>und</strong> es ist sehr bezeichnend, dass die bei<strong>den</strong> weitaus grössten<br />

öländischen Miinzschätze als Schlussmiinzen einen Basiliscus<br />

(476—477) (Björnhovda mit 35 Munzen, Anhang II A, Nr. 15)<br />

bzw. einen Romulus Augustus (475—476) (Åby mit 80 Munzen,<br />

Anhang II A, Nr. 13) <strong>auf</strong>weisen. Im Gegensatz zu <strong>Gotland</strong>,<br />

dessen Miinzstrom in 72 Prägungen mit Anastasius-Legende<br />

(491—518) kulminiert, gibt es <strong>auf</strong> <strong>Öland</strong> nur eine einzige Anastasiusmiinze.<br />

Das zwingt zu der Feststellung, dass die Unruhen,<br />

<strong>den</strong>en das Vierteltausend öländischer Solidi entstammt,<br />

in die späteren Regierungsjahre des Zeno <strong>und</strong> vor <strong>den</strong> Regierungsantritt<br />

des Anastasius (491), d. h. in das Jahrzehnt zwischen<br />

480 <strong>und</strong> 490 verlegt wer<strong>den</strong> miissen. Man konnte theoretisch<br />

die in Anhang II A, 1—8 genannten kleineren Schätze aus<br />

<strong>Öland</strong> mit einem Terminus post quem von 457, 461 <strong>und</strong> 467 als<br />

vor 480 vergraben ansehen <strong>und</strong> damit die katastrophalen Ereignisse<br />

<strong>auf</strong> einen Zeitraum von etwa 20 Jahren ausdehnen.<br />

Gegen eine solche Uberlegung spricht die »späte» <strong>Zu</strong>sammensetzung<br />

dieser Schätze, die ihnen mit <strong>den</strong> Schätzen Anhang<br />

II A, 9—15 gemeinsam ist. Sie enthalten einen hohen Prozentsatz<br />

an Prägungen des Leo, Libius Severus <strong>und</strong> Anthemius, die<br />

<strong>auf</strong> die Jahre zwischen 460 <strong>und</strong> 474 zu verteilen sind. Da man<br />

auch fiir diese Munzen eine gewisse Zeitspanne zwischen Emission<br />

in einer römischen Prägestätte <strong>und</strong> Vergrabung <strong>auf</strong> <strong>Öland</strong><br />

einschalten muss, ist es sehr viel wahrscheinlicher, dass alle<br />

Schätze etwa zum gleichen Zeitpunkt niedergelegt wur<strong>den</strong>.<br />

Der Solidus war eine stets gleichbleibende Wertmiinze <strong>und</strong> in<br />

der <strong>Zu</strong>sammensetzung der Schätze kommt weniger eine zeitliche<br />

Verschie<strong>den</strong>heit als der zufällige Miinzvorrat des jeweiligen<br />

Besitzers <strong>und</strong> die Art der F<strong>und</strong>bergung in moderner<br />

Zeit zum Ausdruck.* 3 Die Masse der zwischen 457 <strong>und</strong> 480<br />

8 a Die Art der Vergrabung <strong>auf</strong> Ackern gibt <strong>den</strong> öländischen <strong>und</strong> gotländischen<br />

Munzschätzen vielfach keine abgeschlossene <strong>Zu</strong>sammen-<br />

260


DIE B Y Z A N T I N I S C H E N GOLDMVNZEN<br />

einströmender Munzen ist einerseits ein Zeugnis fiir die friedlichen<br />

Verhällnisse dieser Jahre <strong>und</strong> andererseits ein Beweis<br />

fiir die Einmaligkeit der <strong>auf</strong> einen ganz kurzen Zeitraum sich<br />

zusammendrängen<strong>den</strong> Katastrophe, die zur Deponierung der<br />

Solidi fiihrte <strong>und</strong> die doch wohl nur als eine vernichtende Invasion<br />

der Insel <strong>auf</strong>gefasst wer<strong>den</strong> känn. Das deutete auch<br />

Bolin in seiner letzten Stellungnahme zu dieser Frage" <strong>und</strong> ihm<br />

folgend Stenberger (a. a. O. S. 211) an. Die Einengung der Katastrophe<br />

<strong>auf</strong> fast ein Jahrzehnt känn in diesem Falle nur deshalb<br />

mit solcher Schärfe vorgenommen wer<strong>den</strong>, weil die änders gelagerten<br />

Verhällnisse <strong>auf</strong> <strong>Gotland</strong> eine vergleichende Betrachtung<br />

erlauben. Denn während der Soliduseinstrom <strong>auf</strong> <strong>Öland</strong><br />

noch vor dem Regierungsantritt des Anastasius (491) völlig versiegte,<br />

wurde <strong>Gotland</strong> mit seinem Maximum an Anastasiusprägungen<br />

weiterhin in voller Starke vom Ström späterer<br />

Munzen erreicht. Da diese <strong>Zu</strong>f uhr demselben Weg iiber Weichsel<strong>und</strong><br />

Odermiindung folgte, <strong>den</strong> auch der öländische Solidusstrom<br />

nahm (s. unten S. 279), känn die Ursache der öländischen<br />

Katastrophe nicht, wie Bolin vermuten mochte, im Vordringen<br />

der Slawen an die siidliche Ostseekiiste gesucht wer<strong>den</strong> — was<br />

auch Stenberger fiir unwahrscheinlich halt —, weil sonst ebenfalls<br />

der <strong>Zu</strong>strom nach <strong>Gotland</strong> hatte beeinträchtigt wer<strong>den</strong><br />

miissen. Zwischen Weichsel <strong>und</strong> Oder reicht die Miinzreihe genau<br />

wie <strong>auf</strong> <strong>Gotland</strong> bis zu Justinian. 10 So bleibt nur iibrig, die<br />

Verheerung <strong>Öland</strong>s zwischen 480 <strong>und</strong> 490 als einen intern<br />

setzung. Die Munzen wur<strong>den</strong> meist ausgeackert. Von dem Schatz von<br />

Åby (Anhang II A, 13) wur<strong>den</strong> z. B. 1946 72 Munzen <strong>auf</strong> engem Raum<br />

in etwa 30 cm Tiefe gefun<strong>den</strong>, 8 weitere waren <strong>auf</strong> demselben Acker<br />

bereits in <strong>den</strong> Jahren 1899, 1935 <strong>und</strong> 1941 (N. L. Rasmusson in Nordisk<br />

Num. Årsskrift 1936, S. 7, <strong>und</strong> 1942, S. 245) zum Vorschein gekommen.<br />

Der Schatz von Botes <strong>auf</strong> <strong>Gotland</strong> (Anhang II B, 9) hat sich seit seiner<br />

Veröffentlichung durch T. J. Arne im Jahre 1931 um 7 Stiicke vermehrt.<br />

Bei <strong>den</strong> bei<strong>den</strong> grossen öländischen Schätzen wiirde sich fiir Åby ohne die<br />

bei<strong>den</strong> Schlussmunzen <strong>und</strong> fiir Björnhovda ohne <strong>den</strong> Basiliscus ein Terminus<br />

post quem von 467 bzw. 461 ergeben, vergleichbar <strong>den</strong> Schälzen<br />

Anhang II A, 1—8.<br />

9 Germania 15, 1931, S. 271.<br />

M Vgl. E. Petersen, Der ostelbische Raum als germ. Kraftfeld, Leipzig<br />

1939, Listen S. 270 ff.<br />

261


J O AC III M<br />

IV E R N E R<br />

nordischen Vorgang anzusehen <strong>und</strong> einen vemichten<strong>den</strong> Uberfall<br />

iiberlegener nordischer Nachbarn dafiir verantwortlich zu<br />

maehen. 11<br />

Die öländischen Grabf<strong>und</strong>e aus der Zeit vor 480 sind genau<br />

so spärlich wie die späteren Gräber bis zum Beginn der Wikingerzeit,<br />

sie geben keinen Aufschluss iiber die Auswirkungen<br />

der Unruhezeit <strong>auf</strong> das Schicksal der Inselbewohner. Die Frage,<br />

ob die Besiedlung ohne wesentliche Verminderung ins 6. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

hineinreichte, ist von Stenberger mit Recht verneint<br />

wor<strong>den</strong>. Er halt eine starke Reduzierung der Bevölkerung infolge<br />

der Katastrophe fiir sehr wahrscheinlich. 12 Die Tatsache,<br />

dass die dem Bo<strong>den</strong> anvertrauten Goldmiinzen <strong>und</strong> Goldschätze<br />

von ihren Besitzern nicht wieder gehoben wur<strong>den</strong>, wiirde fiir<br />

sich allein noch nichts besagen. Erst im <strong>Zu</strong>sammenhang mit dem<br />

Schicksal der Häuser, in <strong>den</strong>en die Besitzer der Goldmiinzen<br />

wohnten, gewinnt sie entschei<strong>den</strong>des Gewicht: die vor der Katastrophe<br />

bewohnten Einzelhöfe <strong>und</strong> Hofgruppen im Innern der<br />

Insel blieben <strong>auf</strong> die Dauer verlassen, <strong>und</strong> erst aus der Wikingerzeit<br />

sind wieder Siedlungsplätze bekannt, die nun, wie Stenbergers<br />

instruktive Erläuterungen zu seinen Karten zeigen, ,:i stets<br />

an der Kiiste liegen. Beide Beobachtungen sprechen gemeinsam<br />

entschie<strong>den</strong> gegen eine Kontinuität der Besiedlung. Auch <strong>auf</strong><br />

" Die bisher von der Forschung <strong>auf</strong> gesteliten Hypothesen fur die Ursachen<br />

der Katastrophe hat AI. Stenberger, a. a. O, S. 204 ff., eingehend<br />

erörtert.<br />

12 AI. Stenberger, a. a. O., S. 212. — Ganz abweichend von <strong>den</strong> ublichen<br />

Gedankengängen verneint S. Lindqvist, Vär svenska guldålder, Uppsala<br />

1945, S. 50 1. eine Katastrophe <strong>und</strong> vermutet eine freiwillige Auswanderung<br />

nach dem Su<strong>den</strong> vielleicht bis nach Italien. Die Goldmunzen<br />

seien wie die anderen Goldgegenstände beim Auszug vergrabene Opfergaben,<br />

die Häuser seien absichtlich niedergebrannt <strong>und</strong> verlassen. Diese<br />

Hypothese ist allein schon in Hinblick <strong>auf</strong> <strong>den</strong> Charakter der »herulischen<br />

Ackerlose» Odovacars, mit <strong>den</strong>en sie motiviert wird, unhaltbar. Die von<br />

<strong>den</strong> germanischen Söldnern in Italien erhobene Forderung <strong>auf</strong> ein Drittel<br />

des fiir die Lieferung der annona bestimmten Ackerlandes, welche Odovacar<br />

verwirklichte, bezieht sich <strong>auf</strong> die in Italien stationierten Söldner,<br />

die weiterhin kaiserliche milites zu bleiben gedachten (L. Schmidt, Gesch.<br />

d. Ostgermanen, 2. Aufl. Miinchen 1941, S. 316 f.).<br />

262<br />

'••' Vgl. AI. Stenberger, a. a. O., S. 211 zu Taf. II, 2 u. 3.


mm<br />

DIE B Y Z A N T I N I S C H E N G O LDM V N Z E N<br />

<strong>Gotland</strong> fallen Miinzschatzhorizont 13a <strong>und</strong> Aufgabe der Hofgruppen<br />

(kämpgravar) zeitlich zusammen <strong>und</strong> miissen, wenn auch<br />

r<strong>und</strong> 70 Jahre später als <strong>auf</strong> <strong>Öland</strong>, <strong>auf</strong> gleiche Anlässe, nämlich<br />

Kriegszeiten, zuriickgehen. Hatten wirtschaftliche Gr<strong>und</strong>e wie<br />

Intensivierung des Ackerbaues, was Stenberger 211 als eventuelle<br />

Mögliehkeit in Vorschlag bringt, zum Verlassen des Innern<br />

<strong>Öland</strong>s <strong>und</strong> zur Verlagerung der Besiedlung an die<br />

Kiistenstriche gefiihrt, so hatte sich ein solcher Vorgang iiber<br />

einen längeren Zeitraum erstreckt <strong>und</strong> wäre nicht von einem<br />

regelrechten »Schatzf<strong>und</strong>horizont» 13a begleitet gewesen, der als<br />

zeitlich einheitliches Phänomen nur <strong>auf</strong> die Bewohner der verlassenen<br />

<strong>und</strong>, wie planmässige Untersuchungen ergeben haben,<br />

durch Feuer zerstörten Höfe bezogen wer<strong>den</strong> känn. So bleibt<br />

immer noch als wahrscheinlichste Lösung, mit Stenberger anzunehmen,<br />

dass die Bevölkerung der Insel, soweit sie nicht in<br />

<strong>den</strong> Kampfen unterging oder entfliehen konnte, von <strong>den</strong><br />

Siegern verschleppt wurde <strong>und</strong> dass nur geringfiigige Reste<br />

wohl in Kiistennähe wohnen blieben.<br />

Die <strong>Zu</strong>sammensetzung des öländischen Miinzvorrates gestattet<br />

einige interessante Hinweise <strong>auf</strong> die Art der Beziehungen der<br />

Insel zu <strong>den</strong> Herkunftsgebieten der Goldmiinzen. <strong>Zu</strong>nächst fällt<br />

<strong>auf</strong>, dass die Hälfte der Munzen erst nach der Vemichtung des<br />

Hunnenreichs (453), einer entschei<strong>den</strong><strong>den</strong> Wende in <strong>den</strong> Machtverhältnissen<br />

an der mittleren Donau, nach <strong>Öland</strong> gelangt sein<br />

känn (138 nach 457 geprägte Miinzen). Auch von <strong>den</strong> vor 457<br />

liegen<strong>den</strong> Prägungen wer<strong>den</strong> viele erst nach der Jahrh<strong>und</strong>ertmitte<br />

<strong>Öland</strong> erreicht haben. <strong>Zu</strong>m zweiten zeigt die scharfe zeitliche<br />

Bestimmung des mit der Katastrophe verbun<strong>den</strong>en Schatzf<strong>und</strong>horizonts,<br />

dass die Masse zumindest der jiingeren Munzen<br />

(geprägt zwischen 457 <strong>und</strong> 480) nicht länge umgel<strong>auf</strong>en ist son-<br />

13 a Als »Schatzf<strong>und</strong>horizont» wird hier in Anlehnung an die »Depotf<strong>und</strong>horizonte»<br />

der mitteleuropäischen Urnenfelderzeit die Häufung<br />

gleichzeitiger Schatzf<strong>und</strong>e in einer bestimmten Landschaft bezeichnet,<br />

die dem einzelnen Schatz <strong>den</strong> Charakter der <strong>Zu</strong>fälligkeit nimmt <strong>und</strong> ihn<br />

als archäologischen Niederschlag kurzfristiger Katastrophenzeiten erweist.<br />

Die spätesten Indizien vermitteln bei der Gleichzeitigkeit der<br />

Schätze die ungefähre Datierung der Katastrophe. Die geographische<br />

Verbreitung der Schätze illustriert die räumliche Ausdehnung der als<br />

Ursache der Deponierung wirksamen Geschehnisse.<br />

263


mm<br />

J O A C II I .17<br />

W E R N E R<br />

dern bald nach der Emission aus dem römischen Reichsgebiet<br />

nach dem Nor<strong>den</strong> kam, d. h., dass dort genau wie im Reich eine<br />

erhebliche Menge zeitgenössischer Prägungen umlief. Andernfalls<br />

wäre es unmöglich, <strong>den</strong> öländischen Mtinzschatzhorizont<br />

trotz der grossen Entfemung vom Imperium fast <strong>auf</strong>s Jahrzehnt<br />

genau zu datieren, analog etwa <strong>den</strong> Miinzschatzhorizonten<br />

des 3. Jahrh<strong>und</strong>erts in der römischen Provinz Gallien, bei <strong>den</strong>en<br />

interessanterweise ebenfalls <strong>den</strong> Miinzschätzen die zerstörten<br />

Wohnstätten ihrer Besitzer entsprechen. 14 Die Beziehungen der<br />

Bewohner <strong>Öland</strong>s zum römischen Sii<strong>den</strong> miissen also sehr eng<br />

<strong>und</strong> besonderer Art gewesen sein. Der Goldreichtum an<br />

Schmucksachen, Brakteaten <strong>und</strong> Ringgold in Dänemark, Norwegen<br />

<strong>und</strong> Siidschwe<strong>den</strong> während des 5. Jahrh<strong>und</strong>erts warnt<br />

allerdings davor, <strong>den</strong> Fall <strong>Öland</strong> isoliert zu betrachten. Hier hat<br />

die lokale Katastrophe der Jahre nach 480 zufällig einen Querschnitt<br />

durch <strong>den</strong> damals vorhan<strong>den</strong>en Miinzvorrat iiberliefert,<br />

der andernorts in Skandinavien ganz gleichartig gewesen sein<br />

känn, aber fiir uns mangels eines Schatzf<strong>und</strong>horizontes nicht zu<br />

fasscn ist. Doch das öländische Beispiel zeigt Eines: die Intensität<br />

des Miinzzustroms in dem Menschenalter zwischen 450<br />

<strong>und</strong> 480, seine unmittelbare Herkunft aus dem Römerreich (der<br />

<strong>auf</strong>fallend starke Anteil westlicher Prägungen weist nach Italien<br />

<strong>und</strong> Ungarn), der hohe Prozentsatz neuester, stempelfrischer<br />

Prägungen lassen sich nicht durch <strong>den</strong> Handel erklären. Einen<br />

römisch-nordgermanischen Handel gab es im 5. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

nicht, nur Soldzahlungen an germanische Söldner bzw. Föderatengelder<br />

oder Tribute des Kaisers an <strong>auf</strong> Reichsbo<strong>den</strong> stehende<br />

Barbarenstämme. Mag auch manches Gold durch die Donaugermanen<br />

nach Skandinavien vermittelt wor<strong>den</strong> sein, die<br />

Menge <strong>und</strong> Uml<strong>auf</strong>geschwindigkeit des nach dem Nor<strong>den</strong> gelangten<br />

Goldes lässt sich nur so deuten, dass es in seiner Masse<br />

direkt <strong>und</strong> ohne Umweg iiber <strong>den</strong> Handel von <strong>den</strong> Schauplätzen<br />

der grossen Auseinandersetzungen im Sii<strong>den</strong> nach Skandinavien<br />

mitgeftihrt wurde. Das diirfte aus dem öländischen Beispiel<br />

eindeutig hervorgehen. Der Goldreichtum des 5. Jahrhun-<br />

14 Vgl. H. Koethe, <strong>Zu</strong>r Gesch. Galliens im dritten Viertel des 3. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

(Ms. gesetzt fur Ber. d. RGK). Koethe unterscheidet drei Miinzhorizonte:<br />

250/60, 260/70, 270/80.<br />

264


71 7 /•; 77 V Z A N T IN l S C II E N G O 1. I) it C N Z E N<br />

derts nicht nur <strong>auf</strong> <strong>Öland</strong> sondern auch im iibrigen Skandinavien<br />

muss demnach mit nordgermanischen Reisläufern <strong>und</strong><br />

ganzen Gruppen von Kriegem zusammenhängen, die im Dienste<br />

des Kaisers oder im Verbande der donauländischen Germanenstämme<br />

an <strong>den</strong> Kampfen <strong>auf</strong> Reichsgebiet teilnahmen, um dann<br />

mit ihren Jahresgeldem (donativa) wieder in die skandinavische<br />

Heimat zuriickzukehren. 1 "' Die germanischen Söldner in Italien<br />

waren nach dem Zerfall der hunnischen Macht in Siidosteuropa,<br />

etwa seit dem Aufkommen Rikimers am weströmischen Hofe<br />

(457), besonders zahlreich <strong>und</strong> erhielten von der Donau her<br />

ständig <strong>Zu</strong>zug, vor allem nach dem Sieg der Ostgoten iiber die<br />

tibrigen Donaugermanen an der Bolia (469), als Odovacar mit<br />

seinen Herulern nach Italien kam. 1 ' 1 Bei diesen irregulären<br />

Truppen des Westreiches (externae gentes. Auct. Havn. 309—<br />

311) mogen viele Skandinavier gedient haben, um im Sii<strong>den</strong><br />

Ruhm <strong>und</strong> Schätze zu gewinnen, vergleichbar <strong>den</strong> Wikingern<br />

späterer Jahrh<strong>und</strong>erte. Der hohe Prozentsatz von Prägungen<br />

der Jahre nach 457 <strong>und</strong> der grosse Anteil weströmischer Stiicke<br />

unter <strong>den</strong> öländischen Solidi stiitzt die Vermutung, dass die<br />

Masse der Solidi von derartigen nordgermanischen Reisläufern<br />

herriihrt. Diese Krieger sind zumindest teilweise wieder nach<br />

dem Nor<strong>den</strong> zuriickgekehrt, sodass die Katastrophe <strong>auf</strong> <strong>Öland</strong><br />

noch Soldgelder stempelfrisch unter die Erde brachte, welche<br />

in <strong>den</strong> siebziger Jahren des 5. Jahrh<strong>und</strong>erts die Prägestätten<br />

des Römerreiches verlassen hatten. 17<br />

Aus <strong>den</strong> Untersuchungen Stenbergers geht hervor, dass die<br />

Mehrzahl der fiinfzehn Fliehburgen im Innern der Insel angelegt<br />

wurde, bevor die Hausstellen zerstört <strong>und</strong> die Goldmiinzen<br />

15 So auch S. Lindqvist, a. a. O, S. 50, der als erster diesen Gedanken<br />

äusserte.<br />

'" L. Schmidt, Gesch. d. Ostgermanen, 2. Aufl., Munchen 1941, S. 311<br />

u. S. 317.<br />

17 T. J. Arne (Fornvännen 1919, S. 107 ff.) vermutete einen ganzen<br />

Stamm von Riickwanderern oder Siidgermanen — vergleichbar <strong>den</strong> 512<br />

von der mittleren Donau nach Skandinavien ausgewanderten Herulern<br />

—, welche <strong>auf</strong> <strong>Öland</strong> bald nach ihrem Eintreffen eine vernichtende<br />

Niederlage erlitten hatten. Dagegen spricht die gleichzeitige Vernichtung<br />

der jahrh<strong>und</strong>ertealten Hofstellen, deren Bewohner die Besitzer der Goldmiinzen<br />

gewesen sein mössen.<br />

265


.<br />

J O A C II I .17<br />

W E R N Ii R<br />

Abb. 1. Plan der Ismantorpsborg. Nach M. Stenberger.<br />

in der Erde deponiert wur<strong>den</strong>. Die Fliehburgen <strong>Öland</strong>s mit<br />

ihren Ringwällen aus Kalksteinplatten sollten in Zeiten der<br />

Not Menschen <strong>und</strong> Vieh vorubergehend Schutz bieten. Auf der<br />

ebenen Insel bestand ihr einziger Schutz beim Fehlen natiirlicher<br />

Hindernisse in der Anlehnung an Siimpfe <strong>und</strong> in der<br />

Starke der Umwallung. Unter diesen Fliehburgen fällt die im<br />

Zentrum der Insel gelegene Ismantorps borg (Abb. I) 18 aus dem<br />

iiblichen Schema vollkommen heraus <strong>und</strong> verdient in unserem<br />

<strong>Zu</strong>sammenhang besonderes Interesse. Sie ist in ganz Nordeuropa<br />

einzigartig <strong>und</strong> konnte bisher nicht befriedigend gedeutet<br />

wer<strong>den</strong>. Fast kreisförmig (124 mal 127 m) umschliesst<br />

eine iiber 6 m breite <strong>und</strong> 3 m hohe Kalksteinmauer mit 9 Durchgängen<br />

im ganzen 88 Hausgr<strong>und</strong>risse von der Art der »kämpgravar»<br />

mit 1 m hohen Steinsockeln. 50 der 12—14 m langen<br />

<strong>und</strong> 4—6 m breiten Häuser sind mit ihren Schmalseiten an die<br />

Aussenmauer angebaut, die iibrigen 38 verteilen sich <strong>auf</strong> 4<br />

18 AI. Stenberger, a. a. O., S. 235 ff. Abbildung bei Lindqvist a. a. O.,<br />

S. 53 Abb. 23.<br />

266


DIE BY Z A N TI N IS C 77 E N G O L D .17 C N Z E N<br />

»insulae» im Innern, die durch 2—5 m breite Strassen unter<br />

sich <strong>und</strong> von <strong>den</strong> Häusern an der Aussenmauer getrennt wer<strong>den</strong>.<br />

Die Anlage setzt eine umsichtige Planung <strong>und</strong> eine Zentralgewalt,<br />

die iiber zahlreiche Arbeitskräfte verfiigen konnte, voraus,<br />

zumal die fiir <strong>den</strong> Bau verwendeten Kalksteinplatten<br />

mehrere Kilometer entfernt gebrochen <strong>und</strong> herantransportiert<br />

wer<strong>den</strong> mussten. Die Grabungen Stenbergers im Jahre 1925<br />

erbrachten keine F<strong>und</strong>e, nur Herdstellen <strong>und</strong> unbedeutende<br />

Kohlereste im Innern der Häuser, also keine Anzeichen fiir eine<br />

länge Benutzung. Auch iiber die zu vermuten<strong>den</strong> Holz<strong>auf</strong>bauten<br />

<strong>auf</strong> der Aussenmauer <strong>und</strong> an <strong>den</strong> Tören liess sich nichts feststellen.<br />

Diese rätselvolle Anlage besitzt im spätrömisch-<strong>byzantinischen</strong><br />

Kreise ihre Verwandten, wo seit <strong>den</strong> Kastellen valentinianischer<br />

Zeit das Schema fiir Befestigungen <strong>und</strong> kleine<br />

Städte festliegt, 10 dem auch Ismantorps borg folgt. Ein Vergleich<br />

von Ismantorps borg mit einer befestigten <strong>byzantinischen</strong><br />

Siedlung des 6. Jahrh<strong>und</strong>erts bei Sadowetz in Bulgarien (Abb. 2)<br />

macht die Abhängigkeit der öländischen Burg von <strong>den</strong> siidlichen<br />

Vorbildern besonders deutlich.-" Charakteristisch ist der<br />

Anbau der Häuser an die starke Aussenmauer <strong>und</strong> die Aufteilung<br />

des Stadtinnern in Insulae. Die Mauern von Sadowetz<br />

umschliessen nach G. Bersu <strong>auf</strong> engem Raum 35—40 Wohnhäuser<br />

<strong>und</strong> 40—50 »store-rooms». 21 Sadowetz ist nur eine von<br />

vielen ähnlichen Anlagen des 5. <strong>und</strong> 6. Jahrh<strong>und</strong>erts, die der<br />

spätrömisch-<strong>byzantinischen</strong> Festungsbaukunst ihre Entstehung<br />

verdanken. Die Kastelle der Ostgotenzeit in Binnennoricum,<br />

Städte wie Teurnia im Drautal" oder jene Kette von Befestigungen,<br />

welche in spätrömischer Zeit als »tractus Italiae<br />

circa Alpes» <strong>und</strong> unter Ostgoten <strong>und</strong> Byzantinern als »Claustra<br />

Italiae» oder »Clusurae» die Verteidigung Italiens sicherten,<br />

waren ähnlich gebaut wie Sadowetz.<br />

19 Kastelltypen von Alzey (10. Ber. RGK 1917, S. 110, Abb. 9) <strong>und</strong> Altrip<br />

(F. Sprater, Die Pfalz unter <strong>den</strong> Römern 1, Speyer 1929, S. 41, Abb. 33).<br />

20 Antiquity 1938, S. 32 Abb. 1.<br />

21 Antiquity 1938, S. 42.<br />

22 Vgl. z. B. Kastell Duel bei Feistritz an der Drau (österr. Jahresh. 25<br />

1929, S. 190 ff.). Teurnia: R. Egger, Die röm. <strong>und</strong> fruhchristl. Altertiimei<br />

Oberkärntens, 3. Aufl., Klagenfurt 1948, Taf. 2.<br />

267


J O A C II I .17 IV E fl .V E R<br />

Abb. 2. Plan der <strong>byzantinischen</strong> Befesligung von Sadowetz (Bulgarien).<br />

Nach G. Bersu.<br />

Den nordgermanischen Kriegern, die in der zweiten Hälfte<br />

des 5. Jahrh<strong>und</strong>erts ihren Sold in gemiinztem Golde nach <strong>Öland</strong><br />

heimbrachten, waren diese siidlichen Städteanlagen <strong>und</strong> Kastellc<br />

aus eigener Anschauung wohl bekannt. Sie hatten <strong>auf</strong> ihren<br />

Ziigen in Oberitalien, Noricum <strong>und</strong> Pannonien nur befestigte<br />

Siedlungen <strong>und</strong> Städte in der Art von Sadowetz gesehen, in<br />

<strong>den</strong>en allein sich in diesen unruhigen Zeiten das Leben noch<br />

behaupten konnte. Die Vorteile des Siedelns in mauerbewehrten<br />

Städten, Dörfern <strong>und</strong> Kastellen mussten sich in jenen Gebieten<br />

besonders gut einprägen, wo spätestens seit Attila jeder römische<br />

Gutshof in Ruinen lag <strong>und</strong> wo dem Einheimischen die befestigte<br />

268


DIE B Y Z A N T I N I S C H E N GOLD .17 O N Z E N<br />

Stadt, dem angesiedelten Barbaren das Dorf mit seinem kriegerischen<br />

Aufgebot eine gewisse Sicherheit gewährte. Die ehemals<br />

so charakteristische Siedlungsweise des Einzelhofs war im 5.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert in Pannonien <strong>und</strong> dem Ostalpengebiet längst unter<br />

dem Druck der Verhällnisse <strong>auf</strong>gegeben wor<strong>den</strong>. Im Gegensatz<br />

dazu war zur selben Zeit in der skandinavischen Heimat der<br />

Reisläufer der Einzelhof oder die kleine unbefestigte Hofgruppe<br />

die seit Alters iibliche Wohnform geblieben. Ihre heute noch<br />

sichtbaren Spuren sind die langgestreckten rechteckigen Steinf<strong>und</strong>amente<br />

der »kämpgravar» <strong>auf</strong> <strong>Öland</strong> <strong>und</strong> <strong>Gotland</strong>, die<br />

F<strong>und</strong>amente jener jahrh<strong>und</strong>ertelang bewohnten Gehöfte, die<br />

zur Zeit der Miinzschatzhorizonte nach 480 bzw. nach 550 fiir<br />

immer <strong>auf</strong>gegeben wur<strong>den</strong>. Ähnlich, wie in spätrömischer Zeit<br />

in <strong>den</strong> besonders heimgesuchten Provinzen des Römerreiches der<br />

Einzelhof seinen Bewohnern keinen Schutz bieten konnte <strong>und</strong> nur<br />

mehr das <strong>Zu</strong>sammenwohnen Vieler Sicherheit brachte, waren<br />

<strong>auf</strong> <strong>den</strong> bei<strong>den</strong> Ostseeinseln die einzeln gelegenen Gehöfte bei<br />

plötzlichen, von der See her gefiihrten grossen <strong>und</strong> organisierten<br />

Uberfällen nicht zu verteidigen. Die Gefahr derartiger grosser<br />

Operationen iiber See, die mit zu jeder Zeit möglichen Piratenhandstreichen<br />

<strong>auf</strong> einzelne kiistennahe Höfe nicht verwechselt<br />

wer<strong>den</strong> durfen, muss in der zweiten Hälfte des 5. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

erheblich zugenommen haben, bis <strong>Öland</strong> in <strong>den</strong> achtziger Jahren<br />

des Jahrh<strong>und</strong>erts einem derartigen Angriff erlag. Die Mögliehkeit<br />

eines solchen Angriffs hat man wohl schon längere Zeit<br />

vorher <strong>auf</strong> der Insel in Betracht gezogen, sonst hatte man keine<br />

Fliehburgen angelegt. In <strong>den</strong> Rahmen dieser Vorsichtsmassnahmen<br />

gehört zweifellos auch Ismantorps borg. Es scheint,<br />

dass diese nach siidlichen Vorbildern errichtete befestigte<br />

»Stadt» nur ganz kurz <strong>auf</strong>gesucht <strong>und</strong> im Emstfalle nicht verteidigt<br />

wurde. Sie konnte bei dem grossen Uberfall <strong>auf</strong> die<br />

Insel die Katastrophe ebensowenig verhindem wie die unzureichen<strong>den</strong><br />

Fliehburgen heimischen Schemas, <strong>und</strong> verödete<br />

genau so wie die Einzelhöfe <strong>und</strong> die ganze alte Siedlungslandschaft<br />

der Insel. Der wohl von Kennern römischer Verhällnisse<br />

unternommene Versuch, im Angesicht der drohen<strong>den</strong> Gefahr<br />

die zentrale Fliehburg <strong>Öland</strong>s als befestigte Stadt nach<br />

stidlichem Vorbild zu bauen, um so durch dauernde Stationierung<br />

269


J O AC III M<br />

W E R N Ii R<br />

vieler Verteidiger in ihren Mauern plötzlichen Uberfällen begegnen<br />

zu können, scheint aus uns unbekannten Grun<strong>den</strong> fehlgeschlagen<br />

zu sein. Man hatte zu Gunsten dieser Stadt eine<br />

nicht geringe Zahl der iiberkommenen Einzelgehöfte <strong>auf</strong>geben<br />

miissen, deren Felder vielleicht bei der gewohnten extensiven<br />

Wirtschaft nicht von der Stadt aus bestellt wer<strong>den</strong> könnten.<br />

Das ganze Vorhaben wäre dann an <strong>den</strong> wirtschaftlichen Gegebenheiten<br />

gescheitert. Vielleicht hat sich aber auch der Kreis<br />

der »Daheimgebliebenen» nicht an die Ubernahme fremder Erfahrungen<br />

gewöhnen können. Wie dem auch sei, die Anlage<br />

erwies sich trotz des erheblichen Aufwandes an Arbeitskraft<br />

<strong>und</strong> Material nach Fertigstellung als ein Fehlschlag, sonst<br />

hatte sie in ganz anderem Masse Siedlungsspuren enthalten<br />

miissen. Das mindert ihre Bedeutung als einzigartige Imitation<br />

einer spätrömisch-<strong>byzantinischen</strong> Festung nicht. Sie ist ein<br />

Beispiel fiir die Wirkung antiker Vorstellungen fern von <strong>den</strong><br />

Grenzen des Imperiums, in der sich Erfahrungen wiederspiegeln,<br />

welche kriegstiichtige Öländer in <strong>den</strong> römischen Provinzen<br />

gesammelt hatten.<br />

Die singuläre Ismantorps borg <strong>und</strong> die 272 öländischen Solidi<br />

sind als Quelle historischer Erkenntnis nicht voneinander zu<br />

trennen. Einmal bezeugen sie die Katastrophe, welche die Bevölkerung<br />

<strong>Öland</strong>s zwischen 480 <strong>und</strong> 490 durch <strong>den</strong> planmässigen<br />

Uberfall eines iiberlegenen Feindes erlitt, wobei die<br />

Anlage der »Stadt» vermuten lässt, dass die drohende Gefahr<br />

ihre Schatten vorausgeworfen habe. <strong>Zu</strong>m andern sind beide,<br />

Solidi <strong>und</strong> Burg, nicht ohne jene <strong>auf</strong> der Insel beheimateten<br />

Krieger <strong>den</strong>kbar, die in <strong>den</strong> Jahrzehnten nach Attilas Tod als<br />

Söldner in <strong>den</strong> römischen <strong>und</strong> germanischen Heeren der Donauländer<br />

<strong>und</strong> Italiens kämpften.<br />

Auf <strong>Gotland</strong> stammen von 245 Munzen 165 aus 15 Schätzen<br />

(Anhang II, B). 191 Munzen, also vier Fiinftel, sind sicher erst<br />

nach 491, dem Regierungsantritt des Anastasius, in <strong>den</strong> Bo<strong>den</strong><br />

gekommen. Während der Dauer der Regierung dieses Kaisers<br />

<strong>und</strong> seines Nachfolgers Justinus I. (518—527) hielt der Solidusimport<br />

unvermindert an, um erst mit 9 nach 538 zur Emission<br />

gelangten Solidi des Justinian (527—565) 23 (bei 15 Prägungen<br />

mit dem Namen dieses Kaisers 24 ) zu versiegen. Diese 9 Solidi mit<br />

270


DIE B Y Z A N T l N I S C II E N GOLD M C N Z E N<br />

dem terminus post quem 538 stellen die jiingsten Munzen des<br />

Schatzf<strong>und</strong>horizontes dar. Ob sie damit auch die jiingsten nach<br />

<strong>Gotland</strong> gelangten Solidi sind, sich der Miinzstrom also iiber<br />

die Zeit der Schatzf<strong>und</strong>e hinaus nicht mehr fortsetzte, wird<br />

noch zu klären sein. Mangels entsprechender Vergleichsmöglichkeiten<br />

ist die durch <strong>den</strong> Schatzf<strong>und</strong>horizont dokumentierte<br />

Katastrophe <strong>auf</strong> <strong>Gotland</strong> in ihrer absoluten Datierung wie in<br />

ihrer zeitlichen Dauer mit geringerer Schärfe zu bestimmen als<br />

<strong>auf</strong> <strong>Öland</strong>, zumal die Mögliehkeit besteht, dass der Solidusstrom<br />

bereits vor der Katastrophe versiegte <strong>und</strong> dieses Versiegen<br />

nicht in <strong>den</strong> gotländischen Verhältnissen sondern mit<br />

Veränderungen in seinen Ausgangsländern begriindet sein<br />

konnte. Einen sicheren terminus post quem besitzt man nur<br />

mit dem Regierungsantritt des Justinian (527), nach dem 47<br />

Munzen (ein Fiinf tel) vergraben wur<strong>den</strong>, davon wieder 31<br />

Munzen nach 538. Die bei<strong>den</strong> grossen Miinzschätze von Smiss<br />

in Akebäck <strong>und</strong> Botes in Etelhem, deren detaillierte Vorlage<br />

T. J. Arne verdankt wird, 2 "' schliessen mit Justinian (Anhang<br />

II B, 13 Smiss: 25 Munzen, davon 8 nach 527 geprägt, terminus<br />

post quem 538) bzw. Justin I. (Anhang II B, 9 Botes: 79 Munzen,<br />

davon 4 nach 518 geprägt, terminus post quem 518). Da von<br />

<strong>den</strong> 15 gotländischen Schätzen 3 mit 85 Munzen <strong>den</strong> terminus<br />

post 518, einer mit 12 Munzen <strong>den</strong> Terminus post 527 <strong>und</strong> 3<br />

mit 30 Munzen <strong>den</strong> terminus post 538 haben, 20 <strong>und</strong> die jiingsten<br />

Justiniansmiinzen ausserdem recht abgenutzt sind (z. B. Inv.<br />

19 130 aus dem Schatz von Smiss, doppelt gelocht, sehr stark<br />

<strong>auf</strong> bei<strong>den</strong> Seiten abgenutzt, Légende teilweise unkenntlich),<br />

besteht keine Veranlassung, mit <strong>den</strong> kriegerischen Störungen,<br />

<strong>den</strong>en die 245 gotländischen Solidi ihre Deponierung verdanken,<br />

23 6 Stuck Schatz von Smiss (Anh. II B, 13), je 1 aus <strong>den</strong> Schätzen von<br />

Myrings <strong>und</strong> Snosarve (Anh. II B, 14—15). Dazu ein Stuck von St. Ryftes<br />

in Fole im Besitz von Herm Löfvenberg (Visby).<br />

24 1 Stiick der älteren Emission im Schatz von Smiss (Anh. II B, 13),<br />

1 Justinian/Athalarich im Schatz von Rovalds (Anh. II B, 12), ferner<br />

die Stiicke Janse 113, Munzkab. Stockholm Inv. 22374 (Nestringe), 17405<br />

(Vänge) <strong>und</strong> 18823 (Lye).<br />

25 Acta Archaeologica 2, 1931, S. 1 ff.<br />

26 Vgl. Anhang II B, 9—15.<br />

271


J O A C II I M<br />

W E R N E R<br />

iiber die Jahrh<strong>und</strong>ertmitte hin<strong>auf</strong>zugehen. B. Nerman durfte<br />

das Richtige treffen, wenn er (a. a. O. S. 120 f.) diese Unruhen in<br />

die Jahrzehnte nach 550 verlegt. Die Unruhezeit hatte zwar<br />

nicht die vernichtende Wirkung wie die Katastrophe <strong>auf</strong> der<br />

sehr viel kleineren Insel <strong>Öland</strong>, sie bedeutete aber <strong>den</strong>noch<br />

einen entschei<strong>den</strong><strong>den</strong> Einschnitt in der Entwicklung <strong>Gotland</strong>s.<br />

Es trät danach ein gr<strong>und</strong>legender Wandel des archäologischen<br />

Formengutes ein, das »Goldalter» <strong>Gotland</strong>s war zuendegegangen.<br />

Die politischen Vorgänge, als deren Niederschlag die<br />

gotländischen Schatzf<strong>und</strong>e anzusehen sind, wer<strong>den</strong> von Nerman<br />

— was hier nur referierend wiedergegeben sei — mit der<br />

Unterwerfung der Insel durch die uppländischen Svear, <strong>und</strong> die<br />

Veränderung des Formengutes mit ihrer Eingliederung in das<br />

schwedische Reich in Verbindung gebracht. Dass dagegen der<br />

<strong>Zu</strong>strom der Solidi, wie Nerman meint (a. a. O. S. 120), kaum<br />

vor 475 eingesetzt habe <strong>und</strong> dass damit ein weiterer Einschnitt<br />

fiir die Periodisierung des gotländischen F<strong>und</strong>stoffs gewonnen<br />

sei, lässt sich nicht beweisen, <strong>den</strong>n die älteren Prägungen<br />

könnten während des ganzen 5. Jahrh<strong>und</strong>erts einströmen. Da<br />

keine Notwendigkeit zum Vergraben bestand — wie in <strong>den</strong><br />

Jahren nach 480 <strong>auf</strong> <strong>Öland</strong> — wur<strong>den</strong> sie wohl grösstenteils zu<br />

Schmuck verarbeitet <strong>und</strong> gerieten so nur in beschränkter Menge<br />

mit später angelangten alten wie jungen Munzen in die Schatzf<strong>und</strong>e<br />

des 6. Jahrh<strong>und</strong>erts. Der Vergleich zwischen <strong>Gotland</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Öland</strong> in der Zahl der vor 457 geprägten Solidi ist in dieser Hinsicht<br />

besonders <strong>auf</strong>schlussreich. Die 47 gotländischen Exemplare<br />

(davon 40 aus Schätzen des 6. Jahrh<strong>und</strong>erts!) betragen ein<br />

Fiinf tel der Miinzmasse, in <strong>Öland</strong> sind es 135 Exemplare (davon<br />

94 aus Schätzen der Zeit nach 480), also die Hälfte. Da die gotländischen<br />

Solidi mindestens 70 Jahre nach <strong>den</strong> öländischen in<br />

<strong>den</strong> Bo<strong>den</strong> kamen, war also nur ein kleiner Teil der alten<br />

Prägungen dem Schmelztiegel entgangen.<br />

Während die Masse der Solidi <strong>Öland</strong>s in <strong>den</strong> Jahren zwischen<br />

457 <strong>und</strong> 480 nach dem Nor<strong>den</strong> kam, als in Italien germanische<br />

Söldnerheere unter Rikimer <strong>und</strong> Odovacar nominell dem weströmischen<br />

Kaiser unterstan<strong>den</strong> <strong>und</strong> von dessen Golde bezahlt<br />

wur<strong>den</strong>, sind mindestens zwei Fiinftel der gotländischen Goldmiinzen<br />

(91 Stiick mit terminus post 491 <strong>und</strong> später) erst <strong>auf</strong><br />

272


DIE BY ZANTI NI SCHE N GOLD M C N Z E N<br />

<strong>Gotland</strong> eingetroffen, als <strong>auf</strong> italischem Bo<strong>den</strong> das Ostgotenreich<br />

Theoderichs an die Stelle des westlichen Kaisertums getreten<br />

war. Der starke Anteil westlicher Prägungen <strong>auf</strong> <strong>Öland</strong><br />

(104 von 272) liess <strong>auf</strong> Italien <strong>und</strong> die mittlere Donau als Herkunftsgebiete<br />

schliessen, zumal die sehr viel umfangreichere<br />

Prägetätigkeit des wirtschaftlich gesiinderen östlichen Reichsteils<br />

<strong>den</strong> Miinzvorrat Italiens <strong>und</strong> der Donauländer in diesen<br />

Jahrzehnten erheblich ergänzt haben diirfte. 20 ' Es wäre wichtig<br />

zu wissen, ob die gotländischen Munzen der Ostgotenzeit aus<br />

<strong>den</strong> selben siidlichen Herkunftsländem kamen <strong>und</strong> ob sie ebenfalls<br />

iiberwiegend als heimgebrachter Sold nordischer Reisläufer<br />

<strong>auf</strong>zufassen sind. Die Prägungen mit <strong>den</strong> Legen<strong>den</strong> der<br />

Kaiser Anastasius, Justin I. <strong>und</strong> Justinian lassen sich mindestens<br />

zu einem grossen Teile miinzk<strong>und</strong>lich lokalisieren, sind aber<br />

bisher noch keiner numismatischen Bearbeitung unterzogen<br />

wor<strong>den</strong>. Eine grobe Durchsicht der 72 gotländischen Solidi mit<br />

dem Biide des Anastasius ergab, dass 23 von ihnen sicher aus<br />

<strong>den</strong> Offizinen des italischen Ostgotenreiches stammen <strong>und</strong> unter<br />

Theoderich geprägt wur<strong>den</strong> (darunter 4 mit dem Sigel Rom,<br />

eine mit dem Sigel Ravenna im Mus. Visby <strong>und</strong> eine mit dem<br />

Monogramm Theoderichs, die anderen mit Abschnittslegende<br />

COMOB vom Typ BMC Vandals Taf. 5, 14). 27 Wenn der von<br />

Tolstoi 28 als italisch angesprochene Typ Tolstoi Taf. 14, 70—80<br />

zu Recht nach Italien gegeben wird, dann wiirde sich der Prozentsatz<br />

der Theoderichmiinzen mit Anastasiuslegende noch<br />

26 a Auf <strong>den</strong> <strong>Zu</strong>strom östlichcr Prägungen nach Italien während des<br />

5. Jahrh<strong>und</strong>erts verweist mit Recht P. Le Gentilhomme in Revue Numismatique<br />

5. sér. 7, 1943, S. 85 ff. So enthält der F<strong>und</strong> von Zeccone bei<br />

Pavia (49 Solidi des Anthemius, Leo, Basiliscus <strong>und</strong> Zeno) nach Le Gentilhomme<br />

ein Viertel östlicher Munzen <strong>und</strong> der grosse Schatz vom Vestalinnentempel<br />

<strong>auf</strong> dem Forum in Rom mit 397 Solidi umfasst 24 östliche<br />

Leo-Miinzen (Not. Scavi 1899, S. 327 ff.).<br />

27 1 Stiick Schatz övede mit Monogr. Rom (II B, 1), 1 Stuck Schatz<br />

Burge (II B, 4, jetzt Mus. Visby), 1 Stuck Schatz Norrkvie (II B, 6),<br />

1 Stiick Schatz Bjärs (II B, 7), 6 Stiick Schatz Botes (II B, 9, davon 2 mit<br />

Monogr. Rom, 1 mit Monogr. Theoderich), 4 Stiick Schatz Rovalds (II B,<br />

12), 1 Stuck Schatz Smiss (II B, 13). Dazu: 1 Lauritze (Janse 105), 1 Endre<br />

(Janse 114), 1 Nygjers (Janse 142), 1 Garde (Janse 158), 1 Norrbys (Janse<br />

168), 1 Harkvie, Björke sn, (Inv. Stockholm 22543, Schatz, vgl. Anhang II B,<br />

18—900131 273


J O AC III M<br />

W E RN E R<br />

stark erhöhen. <strong>Zu</strong> <strong>den</strong> sicher westlich-italischen Munzen gesellt<br />

sich ein unter Anastasius geprägter Solidus des Burg<strong>und</strong>erkönigs<br />

G<strong>und</strong>obad aus dem Schatz von Botes. 21 ' Von <strong>den</strong> 8 gotländischen<br />

Solidi des Justinus I. ist die Hälfte unter Theoderich<br />

in Italien geprägt, 30 sodass sich die Zahl der si cheren Theoderichmunzen<br />

aus <strong>Gotland</strong> <strong>auf</strong> 27 erhöht. Hinzu kommt ein unter<br />

Athalarich (526—534) geprägter Solidus des Justinian von Rovalds,<br />

31 dem eine gleiche vereinzelte Prägung von Resmo <strong>auf</strong><br />

<strong>Öland</strong> 32 entspricht, <strong>und</strong> ein Solidus des Frankenkönigs Theudebert<br />

I. (534—548) aus dem Schatz von Smiss. 33 Von <strong>den</strong> 95 nach<br />

dem Jahre 491 geprägten Solidi <strong>auf</strong> <strong>Gotland</strong> stammt also bei<br />

Abzug der fränkischen <strong>und</strong> der burg<strong>und</strong>ischen Miinze fast<br />

ein Drittel sicher aus dem italischen Ostgotenreich. Der Prozentsatz<br />

wäre zweifellos noch wesentlich höher, wenn die von<br />

Tolstoi als italisch angesprochenen Typen erst einmal ausgesondert<br />

sind <strong>und</strong> sicher lokalisiert wer<strong>den</strong> können. Immerhin erfordert<br />

dieses vorläufige Ergebnis unter Beiziehung der Ostgotenmiinzen<br />

von Bornholm <strong>und</strong> Fiinen, 33 " nach dem Wege zu<br />

fragen, <strong>auf</strong> dem die italischen wie die östlichen Solidi im Zeitalter<br />

Theoderichs nach <strong>Gotland</strong> gelangten. Die bei<strong>den</strong> vereinzelten<br />

Prägungen des Burg<strong>und</strong>ers G<strong>und</strong>obad <strong>und</strong> des Franken Theude-<br />

Nachtrag), 1 »<strong>Gotland</strong>» mit Monogramm Ravenna (Mus. Visby). —<br />

Nachtrag: 1 Grausne, Stenkyrka sn. (Monogr. Rom. Nord. Numism. Årsskrift<br />

1937, S. 198).<br />

28 Comte J. de Tolstoi, Monnaies Byzantines, St. Petersburg 1912/14,<br />

S. 194 ff. Vgl. J. Werner, Miinzdat. auslras. Grabf<strong>und</strong>e, Berlin u. Leipzig<br />

1935, S. 136 f., u. P. Le Gentilhomme in Revue Numismatique 5. sér. 7,<br />

1943, S. 87.<br />

28 T. J. Arne, a. a. O., S. 9 Nr. 66 u. Taf. 5, 3.<br />

" Typ Wroth, BMC Vandals Taf. 6, 1. Es handelt sich um 2 Stiicke<br />

aus dem Schatz von Botes (II B, 9) <strong>und</strong> je eines aus <strong>den</strong> Schätzen von<br />

Rosarve <strong>und</strong> Bänder (II B, 10—11).<br />

: " Anh. II B, 12 (Typ BMC Vandals Taf. 7, 16, Abschnittslegende<br />

COMOB).<br />

32 Munzkab. Stockholm Inv. 16690.<br />

33 T. J. Arne, a. a. O., S. 12 Nr. 22 u. Taf. 5, 7.<br />

"•• In dem bekannten Schatzf<strong>und</strong> von Elsehoved <strong>auf</strong> Flinen (Nordisk<br />

Num. Årsskrift 1942, S. 90 ff.) sind von <strong>den</strong> 3 Solidi mit Anastasiuslegende<br />

274


77 7 E B Y Z A N T 1 N I S C II E N G O L D M ON ZEN<br />

bert, der mit Langobar<strong>den</strong> <strong>und</strong> Gepi<strong>den</strong> ein Biindnis gegen Byzanz<br />

eingegangen war, reichen nicht aus, um mit T. J. Arne 31<br />

einen Weg der meisten Solidi iiber das Frankenreich anzunehmen,<br />

fiir <strong>den</strong> es in <strong>den</strong> archäologischen Beziehungen <strong>Gotland</strong>s in<br />

dieser Zeit keine Anhaltspunkte gibt. Vielmehr durfte das Aufkommen<br />

einer andemorts 3 ' behandelten, von ostungarischitalischen<br />

Vorbildern abhängigen Biigelfibelgruppe <strong>auf</strong> <strong>Gotland</strong>,<br />

das mit dem Kulminieren des Soliduseinstroms unter<br />

Anastasius bei höhem Prozentsatz ostgotischer Prägungen zusammenfällt,<br />

einen wertvollen Fingerzeig geben, dass die Masse<br />

der späten Munzen genau wie im 5. Jahrh<strong>und</strong>ert aus Italien<br />

<strong>und</strong> Ungarn <strong>und</strong> nicht von der unteren Donau oder aus dem<br />

Merowingerreich eingefiihrt wurde.<br />

Mit der Begriindung des Ostgotenreiches in Italien hatten<br />

sich die Verhällnisse im Sii<strong>den</strong> gr<strong>und</strong>legend geändert. Italien<br />

<strong>und</strong> die Ostalpenländer waren befriedet <strong>und</strong> auch an der mittleren<br />

Donau war bald nach der Jahrh<strong>und</strong>ertwende Ruhe eingetreten.<br />

Die Herrschaft Theoderichs erstreckte sich in diesen<br />

Gegen<strong>den</strong> bis an die untere Save, wo Singidunum (Belgrad) <strong>und</strong><br />

die bedeutende Stadt Sirmium (Mitrovica) im Jahre 504 in ostgotischen<br />

Besitz iibergingen. Bei Sirmium grenzte das Ostgotenreich<br />

unmittelbar an die Gepi<strong>den</strong>, die in Ostungarn beiderseits<br />

der Theiss siedelten, <strong>und</strong> die bis in die Mitte des 6. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

Empfänger oströmischer Subsidien waren (Jordanes, Get. 264<br />

<strong>und</strong> Procop, Bell. Goth. III, 33). Der Friede, <strong>den</strong> Theozwei<br />

sicher unter Theoderich in Italien geprägt (der eine mit Kreuzdiadem<br />

wie Deutsche Munzblätter 1935, Taf. 145, b—h, dort S. 10 ff.<br />

von P. Lederer als zwischen 493 <strong>und</strong> 498 geprägt angesprochen). Auch<br />

die dritte, leicht barbarisierte Anastasiusmiinze des Schatzes scheint<br />

ostgotisch-italisch zu sein. Der Zeno-Solidus des Schatzes, entgegen der<br />

Veröffentlichung mit Abschnittslegende COMOB zwischen 2 Punkten,<br />

ist in Italien unter Odovacar geprägt. — Von <strong>den</strong> Bornholmer Solidi<br />

gehören nach der Veröffentlichung N. Breitensteins (Nordisk Num. Årsskrift<br />

1944, S. 46 ff.) von 8 Solidi mit Anastasiuslegende 4 sicher dem<br />

Theoderich (davon 2 in Rom geprägt).<br />

31 T. J. Arne, a. a. O, S. 19 ff.<br />

35 Vgl. meinen Aufsatz iiber Oslgotisch-gepidische Beziehungen zur<br />

Insel <strong>Gotland</strong>. Ein Beitrag zur Ausbreitung des Stils I. Erscheint in Bern,<br />

Festschr. f. L. Nagy.<br />

275


JOACHIM<br />

W E R N E R<br />

derich mit stärker Hand <strong>und</strong> diplomatischem Geschick<br />

fiir einige Jahrzehnte in weiten Teilen des ehemaligen<br />

Imperiums <strong>auf</strong>rechterhielt, durfte auch die Art der Beziehungen<br />

zum skandinavischen Nor<strong>den</strong> beeinflusst haben.<br />

Die Zeiten des Rikimer <strong>und</strong> Odovacar, in <strong>den</strong>en die Masse des<br />

skandinavischen Goldes aus Soldzahlungen oder indirekt<br />

aus Föderatengeldern stammte, waren endgiiltig vorbei. Die<br />

Heruler, die nach ungliicklichem Kampfe gegen die Langobar<strong>den</strong><br />

neue Wohnsitze suchten, gelangten bis <strong>auf</strong> vereinzelte<br />

Fliichtlinge (Cassiodor, Var. IV, 45) nicht nach Italien, sondern<br />

Hessen sich 512 teils mit Genehmigung des Kaisers im östlichen<br />

Illyricum nieder, teils wanderten sie nach Skandinavien aus<br />

(Marcellin. chron. a. 512; Procop, Bell. Goth. II, 15). Die <strong>auf</strong><br />

römischem Gebiet angesiedelte Gruppe wurde von Justinian<br />

nach 535, als die Gepi<strong>den</strong> Sirmium zu ihrer Hauptstadt gemacht<br />

hatten, zur Grenzwacht gegen diesen Stamm in die<br />

Gegend von Belgrad verpflanzt <strong>und</strong> erhielt reichliche Subsidien<br />

(Procop, Bell. Goth. II, 14, 33. 15, 30 u. III, 33, 13). Sie holte sich<br />

von <strong>den</strong> nach Skandinavien ausgewanderten Angehörigen des<br />

herulischen Königshauses einen neuen König. So länge die Ostgoten<br />

im Besitz von Sirmium waren (504—535), war diese Stadt<br />

der Ausgangspunkt eines bedeuten<strong>den</strong> Handelsweges, der <strong>Gotland</strong><br />

<strong>und</strong> Ostskandinavien iiber Weichselmiindung—Weichsell<strong>auf</strong>—Karpathenpässe—Ostungarn<br />

mit Italien verband. <strong>Zu</strong>r<br />

Zeit des Theoderich, der mit 26 sicheren Solidi <strong>auf</strong> <strong>Gotland</strong> vertreten<br />

ist, miissen <strong>auf</strong> diesem Wege direkte Beziehungen von<br />

Italien <strong>und</strong> Ungam nach <strong>Gotland</strong> bestan<strong>den</strong> haben. Schwedisches<br />

Pelzwerk (Procop, Bell. Goth. II, 15) <strong>und</strong> der kostbare<br />

ostpreussische Bernstein (Cassiodor, Var. V, 2) gelangten so an<br />

<strong>den</strong> Hof Theoderichs. Durch Importstiicke lässt sich die wichtige<br />

Handelsstrasse archäologisch eindeutig nachweisen, <strong>den</strong>n durch<br />

direkten Import wer<strong>den</strong> in der ersten Hälfte des 6. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

ostskandinavische Verbindungen nach Ungarn <strong>und</strong> gepidische<br />

nach Ostdeutschland <strong>und</strong> Polen bis Masuren hin deutlich,<br />

die als Zeugnisse zu <strong>den</strong> ostgotischen Solidi <strong>und</strong> einem ostgotischen<br />

Spangenhelm 3 '" 1 <strong>auf</strong> <strong>Gotland</strong> <strong>und</strong> der oben genannten<br />

gotländischen Biigelfibelgruppe hinzutreten. 35 Daneben gab es<br />

eine weiter westlich fiihrende Strasse iiber Böhmen <strong>und</strong> das<br />

276


DIE B Y Z A N T I N I S C H E N GOLDMVNZE N<br />

Thiiringerreich, die aber fiir Westskandinavien grössere Bedeutung<br />

als fiir <strong>Gotland</strong> gehabt haben durfte. An der Verbreitung der<br />

nach 491 geprägten Goldmiinzen im Nor<strong>den</strong> hatten die friedlichen<br />

Fernbeziehungen des mächtigen Ostgotenreiches je<strong>den</strong>falls<br />

einen erheblichen Anteil. Mancher Nordländer mag iiber<br />

Sirmium oder iiber Thuringen nach Italien gezogen sein. Wenn<br />

zu einer Zeit, wo die Munzen Theoderichs <strong>auf</strong> <strong>Gotland</strong> umliefen,<br />

dort die Sitte <strong>auf</strong>kam, <strong>den</strong> Toten bemalte Grabstelen<br />

aus heimischen Kalksteinplatten zu errichten, 3(i so liegt es nahe,<br />

bei diesen Bildsteinen an freie Nachahmungen römischer Grab<strong>den</strong>kmäler<br />

vom Bo<strong>den</strong> des Ostgotenreiches zu <strong>den</strong>ken. Es ist<br />

dieselbe Femwirkung siidlicher Vorbilder, die einige Jahrzehnte<br />

zuvor <strong>auf</strong> <strong>Öland</strong> zum Bau von Ismantorps borg gefiihrt<br />

hatte. Verbindungen nach Italien waren <strong>auf</strong> dem Wege iiber<br />

das Gepi<strong>den</strong>land <strong>und</strong> Sirmium bis zum Ausbruch des ostgotisch<strong>byzantinischen</strong><br />

Krieges nach dem Tode des Athalarich möglich,<br />

von dem je ein Solidus aus <strong>Gotland</strong> <strong>und</strong> <strong>Öland</strong> bekannt gewor<strong>den</strong><br />

ist (s. o. S. 274). Nach 535 ging Sirmium in gepidischen<br />

Besitz iiber <strong>und</strong> von 539 ab waren die Alpenpässe durch das<br />

Eingreifen des Merowingers Theudebert in fränkischer Hand.<br />

Die nach 538 zur Emission gelangten Solidi Justinians <strong>auf</strong> <strong>Gotland</strong><br />

könnten daher aus jenen Subsidien stammen, die dieser<br />

Kaiser an die Heruler in der Gegend von Belgrad <strong>und</strong> an die<br />

Gepi<strong>den</strong> zahlte.<br />

Die politischen Umwälzungen an der mittleren Donau <strong>und</strong><br />

in Italien, gekennzeichnet durch die Vemichtung der ostungarischen<br />

Gepi<strong>den</strong> <strong>und</strong> des italischen Ostgotenreiches, durch<br />

die Abwanderung der pannonischen Langobar<strong>den</strong> nach Italien<br />

(568) <strong>und</strong> die gleichzeitige Einwanderung der Awaren <strong>und</strong><br />

Slawen, setzte <strong>den</strong> <strong>byzantinischen</strong> Zahlungen an germanische<br />

Ma<br />

Es handelt sich um die von B. Nerman in Finska Fornminnesföreningens<br />

Tidskr. 40, 1934, S. 118 ff. veröffentlichten Bruchstucke eines<br />

Helms vom Bal<strong>den</strong>heimer Typus aus dem Opferf<strong>und</strong> von Tuna. <strong>Zu</strong>r<br />

Herstellung dieser Helme im ostgotischen Italien vgl. meinen Aufsatz<br />

»<strong>Zu</strong>r Herkunft der mittcleuropäischen Spangenhelme» in der Prähist.<br />

Zeitschr. 1949/50 (Festschrift fur G. von Merhart).<br />

39 S. Lindqvist, <strong>Gotland</strong>s Bildsteine, Uppsala 1941—1942.<br />

277


J O AC II1.17<br />

W E R N E R<br />

Stamme ein jähes Ende. Von nun an erhielten nur noch Awaren<br />

<strong>und</strong> Slawen oströmische Tribute, die Langobar<strong>den</strong> begannen<br />

bei relativem Goldreichtum sehr bald eine sich an die Erzeugnisse<br />

der <strong>byzantinischen</strong> Miinzstätte Ravenna anlehnende<br />

eigene Miinzprägung, <strong>und</strong> nur das Merowingerreich erhielt noch<br />

weiter spärlichen <strong>Zu</strong>fluss <strong>byzantinischen</strong> Goldes iiber Italien<br />

<strong>und</strong> Siidfrankreich, der aber nur bis nach England <strong>und</strong> Friesland<br />

weitervermittelt wurde. Die Verbindungen <strong>Gotland</strong>s mit<br />

dem gepidischen Siedlungsgebiet an der Theiss haben die Vernichtung<br />

der gepidischen Selbständigkeit <strong>und</strong> die awarische<br />

Landnahme (567) sicher nicht iiberlebt, <strong>und</strong> man fragt sich, ob<br />

die zeitliche Koinzi<strong>den</strong>z des Abbruchs der Miinzreihe <strong>auf</strong> <strong>Gotland</strong><br />

mit <strong>den</strong> tiefgreifen<strong>den</strong> Veränderungen an der mittleren<br />

Donau <strong>und</strong> in Italien <strong>auf</strong> <strong>Zu</strong>fall beruht, oder ob hier ein innerer<br />

<strong>Zu</strong>sammenhang besteht. Da trotz aller Anzeichen einer Katastrophe<br />

die Kontinuität der Bevölkerung <strong>auf</strong> der Insel vor <strong>und</strong><br />

nach dem Schatzf<strong>und</strong>horizont (nach 550) durch die fortl<strong>auf</strong>end<br />

belegten grossen Gräberfelder, das Weiterleben der Bildsteine<br />

u. s. w. gesichert ist, erhebt sich im Gegensatz zu <strong>Öland</strong> die<br />

Frage, ob der Miinzstrom mit <strong>den</strong> 9 nach 538 geprägten Solidi<br />

des Justinian tatsächlich in jener Zeit verebbte, oder ob das<br />

Vorhan<strong>den</strong>sein jiinger er Munzen sich nur deshalb unserer<br />

Kenntnis entzieht, weil es keinen kriegerischen Anlass gab, sie<br />

dem schiitzen<strong>den</strong> Bo<strong>den</strong> anzuvertrauen. Nun kommen nicht nur<br />

<strong>auf</strong> <strong>Gotland</strong> sondern im ganzen germanischen Nor<strong>den</strong> keine<br />

jiingeren Goldmiinzen als solche Justinians vor, <strong>und</strong> auch siidlich<br />

der Ostsee, zwischen unterer Weichsel <strong>und</strong> Oder, schliesst<br />

die Miinzreihe mit diesem Kaiser. 37 Es gibt ferner ein schwerwiegendes<br />

archäologisches Indiz, dass das kostbare Metall sich<br />

plötzlich sehr verknappte <strong>und</strong> dass damit das an die Soliduszufuhr<br />

gebun<strong>den</strong>e »Goldalter» Skandinaviens im L<strong>auf</strong>e des<br />

6. Jahrh<strong>und</strong>erts zuende ging: die reichen gotländischen <strong>und</strong><br />

uppländischen Grabf<strong>und</strong>e des 7. Jahrh<strong>und</strong>erts (Vallstena, Vendel,<br />

Valsgärde) haben im Gegensatz etwa zu <strong>den</strong> entsprechen<strong>den</strong><br />

Gräbern des merowingischen Kulturgebietes, Italiens <strong>und</strong> Eng-<br />

37 Vgl. S. 261. Anm. 10.<br />

278


DIE BYZANTINISCHEN GO L DM 0 K Z E N<br />

lands nur sparsam vergoldete, keine massiv gol<strong>den</strong>en Schmucksachen<br />

ergeben. Die <strong>auf</strong> <strong>Gotland</strong> gefun<strong>den</strong>en 9 späten Solidi<br />

Justinians gehören also zweifellos zu <strong>den</strong> jiingsten Goldmiinzen,<br />

welche Skandinavien vor der Wikingerzeit uberhaupt erreichten.<br />

Nach einer ununterbrochenen Miinzreihe von anderthalb Jahrh<strong>und</strong>erten<br />

scheint um die Mitte des 6, Jahrh<strong>und</strong>erts die Einfuhr<br />

byzantinischer Goldmiinzen nach Nordeuropa plötzlich<br />

<strong>auf</strong>zuhören, ein Phänomen, das nicht mit jenen letzten Endes<br />

lokalen kriegerischen Unruhen zusammenhängen känn, die<br />

nach 550 <strong>auf</strong> <strong>Gotland</strong> das Vergraben von Goldmiinzen verursacht<br />

haben. Nimmt man an, dass diese Goldzufuhr in der<br />

Hauptsache iiber <strong>den</strong> Italien vorgelagerten Donauraum zwischen<br />

Wien <strong>und</strong> Belgrad vermittelt wurde — <strong>und</strong> die <strong>Zu</strong>sammensetzung<br />

des öländischen wie des gotländischen Miinzvorrates mit<br />

höhem Prozentsatz westlicher Prägungen spricht neben <strong>den</strong><br />

oben genannten Argumenten dafiir — dann liegt es <strong>auf</strong> der<br />

Hand, <strong>den</strong> Abbruch der skandinavischen <strong>und</strong> ostdeutschen<br />

Miinzreihe <strong>auf</strong> die Geschehnisse in Italien <strong>und</strong> an der Donau<br />

zuriickzufiihren. Das Eindringen der Awaren (567) <strong>und</strong> der<br />

völlige Wandel der Bevölkerungsverhältnisse in Ungam <strong>und</strong><br />

Italien setzte dem Miinzstrom ein definitives Ende. Wäre die<br />

Masse der Solidi des 5. <strong>und</strong> der ersten Hälfte des 6. Jahrh<strong>und</strong>erts,<br />

welche die Voraussetzung fiir das skandinavische<br />

Goldalter darstellen, aus dem merowingischen Westen nach<br />

Skandinavien gelangt, so hatte sich dieser <strong>Zu</strong>fluss iiber Friesland<br />

oder Mitteldeutschland auch ins 7. Jahrh<strong>und</strong>ert hinein<br />

fortsetzen können, wohin zu dieser Zeit nach dem Zeugnis der<br />

archäologischen F<strong>und</strong>e Verbindungen bestan<strong>den</strong>. Fiir <strong>den</strong><br />

Historiker stellt sich das Versiegen der Goldzufuhr im Nor<strong>den</strong><br />

als eine Begleiterscheinung jener Umwälzungen von europäischer<br />

Tragweite dar, die in der Landnahme der Awaren in<br />

Ungarn <strong>und</strong> der Langobar<strong>den</strong> in Italien gipfelten.<br />

Von numismatischer Seite ist fiir dieses interessante Problem<br />

<strong>auf</strong> anderer Ebene <strong>und</strong> bei stillschweigender Voraussetzung<br />

eines westlich verl<strong>auf</strong>en<strong>den</strong> Miinzzustroms eine abweichende<br />

Lösung vorgeschlagen wor<strong>den</strong>. N. L. Rassmusson meinte, »dass<br />

der während der Merowingerzeit vorsich gehende Ubergang von<br />

Goldsolidi zu Trienten dazu fiihrte, dass die Bewohner des Nor-<br />

279


J O AC II1.17<br />

W E fl V E R<br />

<strong>den</strong>s uberhaupt nicht langer Munzen entgegennehmen wollten». 38<br />

Das ist <strong>auf</strong> <strong>den</strong> ersten Blick zweifellos eine bestechende Vermutung.<br />

Denn es ist im Vergleich zu <strong>den</strong> mittel- <strong>und</strong> siideuropäischen<br />

F<strong>und</strong>verhältnissen sehr <strong>auf</strong>fällig, dass sich auch<br />

zur Zeit der Soliduseinfuhr nur Solidi <strong>und</strong> niemals Trienten<br />

(Drittelstiicke) oder gar byzantinische <strong>und</strong> ostgotische Silbermiinzen<br />

in Skandinavien gefun<strong>den</strong> haben. Man hat die seit Zeno<br />

(474—491) häufiger wer<strong>den</strong><strong>den</strong> Drittelstiicke im Nor<strong>den</strong> abgelehnt,<br />

während sie in <strong>den</strong> Miinzschätzen Italiens aus der Zeit<br />

der Gotenkriege (zweites Viertel des 6. Jahrh<strong>und</strong>erts), 39 in dem<br />

einzigen siiddeutschen Miinzschatz des 6. Jahrh<strong>und</strong>erts (Frickingen<br />

in Wiirttemberg) 40 <strong>und</strong> in <strong>den</strong> bei<strong>den</strong> am Ende des 6.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts verbrannten <strong>byzantinischen</strong> Befestigungen von<br />

Sadowetz in Nordbulgarien 41 stets mit Solidi vermischt <strong>auf</strong>-<br />

38 Bei G. Arwidsson, Vendelslile, Email u. Glas, Uppsala 1942, S. 102.<br />

39 Vgl. die <strong>Zu</strong>sammenstcllung von Cesano, Ripostigli de monete di oro<br />

byzantine, medievali e möderne rinvenuti in Italia. Atti e Memorie dell'<br />

Inst. ital. di Numismat. 5, 1925, S. 160 f. Nr. 4: Schatz von Benevent<br />

(Not. Scavi 1889, S. 87 f.) bestehend aus 72 Goldmiinzen (1 Sol. Zeno,<br />

12 Sol. Anastasius, 2 Sol. Justin I., 7 Sol. Justinian, 2 Trienten Justin I.,<br />

43 Trienten Justinian, 1 unkenntl. Triens). Nr. 5: Schatz von Finero bei<br />

Domodossola (Not. Scavi 1889, S. 262 u. 1890, S. 27) bestehend aus 12Gold<strong>und</strong><br />

250 Silbermunzen (4 Solidi u. 8 Trienten des Anastasius, Justin I.<br />

<strong>und</strong> Justinian, die Silbermiinzon z. T. mit Monogramm des Theoderich,<br />

dazu silberne Ohrringe, Armringe <strong>und</strong> Halskette, allés in einem Steingefäss).<br />

— Nr. 3: Schatz von Pan<strong>den</strong>ghe bei Desenzano (Not. Scavi 1885,<br />

S. 336), enthielt in Gefäss 12 stempelfrische Solidi <strong>und</strong> 3 Trienten (von<br />

Leo, Zeno, Anastasius u. Justin I.). — Nr. 6: Zeccone in der Lombardei,<br />

enthielt mehr als 20 Solidi des Anastasius u. Justinian. — Dazu (Not.<br />

Scavi 1939, 150 ff.) der Schatz von Schaabs-Sebatum im Pustertal mit<br />

11 Solidi <strong>und</strong> 11 Trienten (3 Sol. Leo, 4 Sol. Zeno, 1 Sol. Basiliscus,<br />

1 Sol. Anastasius, 1 Sol. Justinus I., 1 Sol. Justinian ält. Emission mit<br />

geschulterter Lanze, die 3 Trienten des Anastasius, 6 des Justin I. <strong>und</strong><br />

2 des Justinian sind alle italisch).<br />

40 F<strong>und</strong>ber. Schwaben 5, 1897, S. 49 f. Der leider verschollene F<strong>und</strong> enthielt<br />

1 Sol. Leo, 1 Triens Anastasius, 14 Sol. <strong>und</strong> 6 Trienten Justinians.<br />

41 Germania 19, 1935, S. 156 (Sadovsko Kale): 2 Sol. u. 2 Trienten<br />

Justinian, 17 Sol. u. 15 Trienten Justin IL, 7 Sol. u. 9 Trienten Tiberius<br />

II. Constantinus, 5 Sol. <strong>und</strong> 1 Triens Mauricius Tiberius, dazu zahlreiche<br />

Kupfermiinzen dieser Kaiser. — Antiquity 1938, S. 43 (Golemanovo<br />

Kale): series of coins.<br />

280


DIE BYZANTINISCHEN GOLDM VN ZEN<br />

treten. Ebenso verhält es sich mit <strong>den</strong> Munzen als Beigaben in<br />

merowingischen Reihengräbern, wo bis zum thiiringischen Siedlungsgebiet<br />

Mitteldeutschlands hin Trienten <strong>und</strong> Solidi gleichermassen<br />

vorkommen. 42 Auch Pannonien hat neben Solidi Trienten<br />

z. B. des Theoderich mit Anastasiuslegende geliefert. 43 In<br />

späterer Zeit erstreckt sich die fast absolute Herrschaft der<br />

Trientenprägung nur <strong>auf</strong> Westeuropa, wo in <strong>den</strong> Miinzschätzen<br />

vom späteren 6. Jahrh<strong>und</strong>ert ab Solidi kaum noch vorkommen. 41<br />

Schon die <strong>Zu</strong>sammensetzung des Schatzes von Wieuwerd in<br />

Friesland mit nur 5 Trienten <strong>auf</strong> 23 Solidi iiberwiegend des<br />

späten 6. <strong>und</strong> 7. Jahrh<strong>und</strong>erts 4 "' zeigt aber, dass Solidi aus Konstantinopel,<br />

Marseille <strong>und</strong> Ravenna in Friesland bis ins späte<br />

7. Jahrh<strong>und</strong>ert umliefen, zu einer Zeit, als gerade diese Gebiete<br />

in Handelsverbindung mit Uppland <strong>und</strong> <strong>Gotland</strong> stån<strong>den</strong>. 40 Auch<br />

in Siid- <strong>und</strong> Westdeutschland, bei <strong>den</strong> Awaren in Ungam <strong>und</strong><br />

in der Ukraine 47 kommen Konstantinopler Solidi bis <strong>auf</strong> Heraclius<br />

<strong>und</strong> Constans II. noch weiter vor, hatten also auch nach<br />

dem Nor<strong>den</strong> gelangen können. Es bleibt bei diesen späten regulären<br />

Solidi allerdings zu be<strong>den</strong>ken, dass sie gegenuber <strong>den</strong><br />

älteren Prägungen in der Mehrzahl untergewichtig (Gewicht<br />

um 4 g) sind, d. h. dem Wert von 21 bzw. 20 Siliquen ent-<br />

42 Die Trienten setzen hier mit Zeno ein; vgl. J. Werner, a. a. O., M 5<br />

(ital. Triens des Zeno aus Weimar Grab 84), M 6 (Triens des Zeno aus<br />

Wiesba<strong>den</strong>), ferner Aldingen in Wurtt. S. 135 Nr. 16 u. Köln Nr. 17.<br />

41 2 Stiicke aus Siscia bei A. Alföldi, Der Untcrgang d. Römerherrschaft<br />

in Pannonien 1, Berlin 1924, S. 35.<br />

44 Gegenuber <strong>den</strong> grossen französischen Solidusschätzen von Chinon<br />

<strong>und</strong> Gourdon aus der ersten Hälfte des 6. Jahrh<strong>und</strong>erts (J. Werner,<br />

a. a. O., S. 10 Anm. 1) enl halt der Schatz von Kirchnaumen in Lothringen<br />

vom Ende des 6. Jahrh<strong>und</strong>erts bei 40 pseudoimperialen Trienten nur 2<br />

reguläre Solidi des Justinian, jung. Emission mit Kreuzglobus (Deutsch.<br />

Jahrb. f. Numismatik 2, 1939, Taf. 4).<br />

• J. Werner, a. a. O., S. 71 <strong>und</strong> Bonn. Jahrb. 43, 1867, S. 57—91.<br />

49 G. Arwidsson, a. a. O., S. 63 ff.<br />

47 Sud- <strong>und</strong> Westdeutschland: J. Werner, a. a. O, M 66 u. M 72—78<br />

u. S. 136 Nr. 37. — Ungarn: J. Werner, a. a. O., S. 73 f. — Ukraine: Schatz<br />

von Malaja Perescepina (Gouv. Poltawa), Mat. po Arch. Rossii 34, 1914,<br />

S. 111 ff. Die Munze behandelt von JV. Bauer in Frankf. Miinzzeitung<br />

NF 2, 1931, S. 227 ff.<br />

281


J O A C 77 7 .17<br />

W E fl .V E R<br />

sprechen. 4X Da sie sich aber von der Ukraine bis nach Friesland<br />

allgemeiner Wertschätzung erfreuten, ist es doch recht<br />

unwahrscheinlich, dass man sie in Skandinavien abgelehnt <strong>und</strong><br />

sich damit jeder Goldzufuhr beraubt hatte.<br />

Selbst wenn byzantinische <strong>und</strong> merowingische Trienten im<br />

Nor<strong>den</strong> nicht akzeptiert wur<strong>den</strong>, bleibt die Frage offen, warum<br />

die nach 538 zur Emission gelangten Konstantinopler Solidi<br />

Justinians die jiingsten in Skandinavien gefun<strong>den</strong>en <strong>byzantinischen</strong><br />

Goldmiinzen darstellen. Die bei<strong>den</strong> italischen Solidi des<br />

Athalarich nach Justinian (527—534) von Rovalds <strong>auf</strong> <strong>Gotland</strong><br />

<strong>und</strong> Resmo <strong>auf</strong> <strong>Öland</strong> <strong>und</strong> der Solidus des Merowingerkönigs<br />

Theudebert (534—548) von Smiss sind die letzten westlichen<br />

Prägungen in Skandinavien, dagegen enthält die Gruppe der<br />

jiingsten Solidi Justinians (Terminus post 538) kein einziges<br />

der so charakteristischen, zwischen 555 <strong>und</strong> 565 in Ravenna geprägten<br />

Exemplare, die vereinzelt in Soest in Westfalen, 40 im<br />

friesischen Schatz von Wieuwerd' 0 <strong>und</strong> fiinfmal zusammen mit<br />

einem Ravennater Solidus Justins II. im <strong>byzantinischen</strong> Kastell<br />

<strong>auf</strong> dem Hoischhiigel bei Maglem—Thörl in Kärnten 5 ' 1 <strong>auf</strong>treten.<br />

Alle Solidi aus der späten Emission Justinians sind <strong>auf</strong><br />

<strong>Gotland</strong> vielmehr östliche Prägungen.<br />

So liegt es also immer noch am nächsten, das Aufhören der<br />

Goldzufuhr nach Skandinavien mit der Einstellung byzantinischer<br />

Subsidienzahlungen an die germanischen Stamme im<br />

Gebiet der mittleren Donau <strong>und</strong> mit einer Unterbrechung der<br />

Verbindungen dorthin zu erklären. Das Ende des »Goldalters»,<br />

von innerskandinavischen Wirren begleitet, ist primär durch<br />

48 Vgl. fur die Ukraine N. Bauer, Frankf. Munzzeitung NF 2, 1931,<br />

S. 228 f. <strong>und</strong> zusammenfassond U. Monneret de Villard in Riv. ital. di<br />

Numism. 36, 1923, S. 32 ff. sowie F. Stefan in Numismat. Zeitschr. NF 30,<br />

1937, S. 54 ff. Ferner P. Le Gentilhomme in Revue Numismatique 5, sér. 8,<br />

1945, S. 21 f.<br />

49 J. Werner, a. a. O., Taf. I, M 27.<br />

50 J. Werner, a. a. O., S. 71 Beilage I B Nr. 5.<br />

" Numismat. Zeitschr. NF 30, 1937, Taf. 9, 1—6. Der Schatz wurde<br />

cntgegen <strong>den</strong> Vermutungen von F. Stefan zweifellos 568 bei der Aufgabe<br />

des Kasteils durch die Byzantiner anlässlich des Langobar<strong>den</strong>einfalls<br />

vergraben.<br />

282


DIE BY Z AN T I N I S C II E N G O I. D .17 V N ZEN<br />

jene Zeitenwende bedingt, die an die Stelle des von Theoderich<br />

angestrebten Gleichgewichts der Kräfte das mächtige Awarenreich<br />

als Riegel sowohl zwischen Italien <strong>und</strong> Byzanz wie<br />

zwischen Italien <strong>und</strong> Nordeuropa setzte. Die Fernbeziehungen<br />

Skandinaviens mussten sich nun naturnotwendig nach dem<br />

angelsächsischen <strong>und</strong> merowingischen Westen verlagem, in<br />

dessen Zeichen die Kultur der nordischen »Vendelzeit» im 7.<br />

<strong>und</strong> 8. Jahrh<strong>und</strong>ert steht.<br />

283


J O A C III .17<br />

IV E fl .V Ii R<br />

Oland<br />

Gesamtzahl: 272<br />

Schatzmunzen: 173 (15 Schätze)<br />

Maximum: Leo (457—474): 71<br />

sicher nach 457 eingetroffen: 138<br />

(1/2)<br />

sicher nach 457 vergraben: 231 (5/6)<br />

davon Schatzmunzen: 177<br />

sicher nach 475 vergraben: 139 (1/2)<br />

davon Schatzmunzen: 127<br />

sicher nach 491 vergraben: 3<br />

T. p. Leo (457) oder Lib. Sev. (461)<br />

5 Schätze (20 Munz.)<br />

T. p. Anthemius (467) 3 Schätze<br />

(26 Munz.)<br />

T. p. 472/476: 7 Schätze (127 Munz.)<br />

grösste Schätze:<br />

Åby (80 Munzen) T. p. 475<br />

Björnhovda (35 Munzen) T. p. 476<br />

Prägedaten:<br />

vor 457<br />

457—474<br />

474—491<br />

491—534<br />

Summa<br />

134<br />

120<br />

15<br />

3<br />

Schatz<br />

93<br />

78<br />

6<br />

ANHANG I<br />

Tabellarische Ubersicht<br />

Proz.<br />

50<br />

50<br />

Die Masse der Leo noch eingetroffen.<br />

Katastrophe nach 476 <strong>und</strong> vor 491:<br />

480—490<br />

284<br />

<strong>Gotland</strong><br />

Gesamtzahl: 245<br />

Schatzmunzen: 165 (15 Schätze)<br />

Maximum: Anastasius (491—518): 72<br />

sicher nach 491 eingetr.: 95 (2/5)<br />

sicher nach 491 vergr. 191 (4/5)<br />

davon Schatzmunzen: 165<br />

sicher nach 518 vergr.: 132 (1/2)<br />

davon Schatzmunzen: 127<br />

sicher nach 527 vergr.: 47<br />

davon Schatzmunzen: 42<br />

sicher nach 538 vergraben: 31<br />

davon Schatzmunzen: 30<br />

T. p. Anastasius (491) 8 Schätze<br />

(38 Munz.)<br />

T. p. Justin I. (518) 3 Schätze<br />

(85 Munz.)<br />

T. p. Justinian (527) 1 Schatz (12)<br />

T. p. Justinian (538) 3 Schätze<br />

(30 Munz.)<br />

grösste Schätze:<br />

Botes (79 Munzen) T. p. 518<br />

(21 Mii. nach 491, 4 Mu. nach 518)<br />

Smiss (25 Munzen) T. p. 538<br />

(8 Mii. nach 518, 8 Mu. nach<br />

527/38)<br />

Prageda en:<br />

Summa<br />

vor 457 47<br />

457—474<br />

474—491<br />

491—518<br />

518—527<br />

527—565<br />

538—565<br />

52<br />

38<br />

72<br />

8<br />

6<br />

9<br />

Unbestimmbare<br />

u. Nachprägunj<br />

[en: 13<br />

Schatz<br />

40<br />

42<br />

24<br />

49<br />

8<br />

3<br />

8<br />

Proz.<br />

20<br />

20<br />

15<br />

30<br />

10<br />

— 5<br />

Die Masse der Anastasius noch eingetroffen.<br />

Katastrophe nach 538: nach 550


DIE B Y Z A N T I N I S C H E N GOL D M t' N Z E N<br />

ANHANG<br />

II<br />

A. Oländische Miinzschätze mit T. p. 457 <strong>und</strong> später.<br />

Nach AI. Stenberger, a. a. O., S. 276 ff.<br />

Schätze mit Schlussmunze des Leo (457—474) oder des Libius Severus<br />

(461—465).<br />

1) Törnbotten. 2 Leo (2 Stuck).<br />

2) Tjusby. 2 Valentinian III., 1 Libius Severus (3 Stuck).<br />

3) Ramsättra Nr. 2. 1 Theodosius II., 1 Marcian, 2 Leo, 1 Majorian,<br />

1 Lib. Sev. (5 Stuck).<br />

4) Valsnäs. 1 Honorius, 1 Theodosius IL, 1 Marcian, 2 Leo (5 Stiick).<br />

5) Frösl<strong>und</strong>a Nr. 4. 1 Arcadius, 1 Valentinian III., 1 Lib. Severus (3 Stiick).<br />

Schätze mit Schlussmunze des Anthemius (467—472).<br />

6) Präststommen. 1 Valentinian III., 1 Theodosius IL, 1 Marcian, 7 Leo,<br />

1 Anthemius (11 Stiick).<br />

7) Spångebro. 1 Honorius, 5 Theodosius IL, 1 Marcian, 1 Majorian, 4 Leo,<br />

1 Anthemius (13 Stiick).<br />

8) Stenäsa Nr. 2. 1 Marcian, 1 Anthemius (2 Stiick).<br />

Schätze mit Schlussmunze des Glycerius (472—473) oder des Julius Nepos<br />

(472—475).<br />

9) Sandby Nr. 10. 1 Theodosius IL, 1 Valentinian III., 1 Anthemius,<br />

1 Glycerius (4 Stuck).<br />

10) Kullen. 2 Julius Nepos (2 Stuck).<br />

Schätze mit Schlussmunze des Zeno (474—491).<br />

11) Kyrketorp Nr. 2. 2 Theodosius IL, 1 Zeno (3 Stuck).<br />

12) Stenåsa. 1 Zeno <strong>und</strong> Goldspiralring (1 Stiick).<br />

Schätze mit Schlussmunze des Romulus Augustus (475—476) <strong>und</strong> des<br />

Basiliscus (476—477).<br />

13) Nordisk Numismatisk Årsskrift 1948, S. 167 f.: Schatz von 1946 aus<br />

Åby. 3 Honorius, 1 Arcadius/Ravenna, 1 Galla Placidia, 11 Valentinian<br />

III., 23 Theodosius IL, 4 Marcian, 4 Majorian, 2 Libius Severus,<br />

3 Anthemius, 26 stempelfrische Leo, 1 Leo u. Zeno, 1 Romulus Augustus<br />

(80 Stiick).<br />

14) Hjärpestad. 1 Julius Nepos, 1 Romulus Augustus (2 Stuck).<br />

15) Björnhovda. 2 Honorius, 2 Arcadius, 9 Theodosius IL, 8 Valentinian<br />

III., 2 Marcian, 7 Leo, 4 Libius Severus, 1 Basiliscus (35 Stiick).<br />

B. Gotländische Miinzschätze mit T. p. 491 <strong>und</strong> später.<br />

Nach B. Nerman, a. a. O., S. 60 f.<br />

285


1 O A C 77 / U W E fl W B fl<br />

Schätze mit Schlussmunze des Anastasius (491—518).<br />

1) övede. 2 Honorius, 1 Majorian, 1 Libius Severus, 1 Anthemius, 1 Leo,<br />

4 abgenutzte Anastasius, 1 fa=t frischer Anastasius/Theodorich mit<br />

Rom-Monogramm (11 Stiick).<br />

2) Nixdjup. 3 Zeno, 4 Anastasius (7 Stuck).<br />

3) Roma Kungsgård. 1 Leo, 1 Zeno, 1 Anastasius (3 Stiick).<br />

4) Burge. 2 Anastasius, 1 Anastasius/Theoderich (3 Stiick).<br />

5) Kaupe. 1 Theodosius IL, 2 Leo, 1 Zeno, 1 Anastasius (5 Stuck).<br />

6) Norrkvie. 1 Zeno, 1 Anastasius/Theoderich (2 Stuck).<br />

7) Bjärs. 1 Anastasius, 1 Anastasius/Theoderich (2 Stiick).<br />

8) Hardings. 1 Majorian, 1 Leo, 2 Anastasius (davon Inv. 8586 sehr stark<br />

abgenutzt in abgenutzter Fassung), 1 Nachpr. nach Libius Severus<br />

(5 Stiick).<br />

Schätze mit Schlussmunze des Justin I. (518—527).<br />

9) Botes. 2 Honorius, 1 Arcadius/Mailand, 12 Theodosius IL, 5 Valentinian<br />

III., 4 Marcian, 2 Majorian, 17 Leo, 1 Anthemius, 1 Julius Nepos,<br />

6 Zeno, 1 Zeno/Odovacar, 1 Basiliscus, 9 Anastasius, 6 Anastasius/Theoderich<br />

(davon 2 mit Monogramm Rom bzw. 1 des Theoderich), 1 Anastasius/G<strong>und</strong>obad,<br />

2 Justin (davon 1 abgenutzt), 2 Justin/Theoderich,<br />

1 stark abgen. Nachpr. nach Anastasius, 3 Nachpr. nach Honorius (2<br />

stempelgleich), 2 stempelgleiche Nachpr. nach Theodosius II. (79 Stuck).<br />

10) Rosarve. 1 Theodosius IL, 2 Anastasius, 1 Justin/Theoderich (4 Stuck).<br />

11) Bänder. 1 Justin, 1 Justin/Theoderich (Inv. 13459) (2 Stuck).<br />

Schätze mit Schlussmunze des Justinian/Athalarich (527—534).<br />

12) Rovalds (mit Prästbätels). 3 Theodosius IL, 2 Zeno, 1 Anastasius<br />

(Inv. Nr 12102, gelochl, fast. frisch), 4 Anastasius/Theoderich (Inv. Nr<br />

4985, 11656, 11723, 11657), 1 Justin (Inv. Nr 15183, abgenutzt), 1 Justinian/Athalarich<br />

(Inv. Nr 11657, fast frisch) (12 Stuck).<br />

Schätze mit Schlussmunze des Justinian, späte Emission (538—565;.<br />

13) Smiss. 2 Honorius, 3 Valentinian III., 2 Marcian, 1 Zeno, 7 Anastasius,<br />

1 Anastasius/Theoderich, 1 Nachpr. nach Anastasius, 1 Justinian<br />

ält. Emission (mit geschult. Lanze), 6 Justinian jung. Emission (teilw.<br />

sehr stark abgenutzt), 1 Theudebert (25 Stiick).<br />

14) Myrungs. 1 Leo, 1 Zeno, 1 Justinian jung. Emission (Inv. Nr 18443)<br />

(3 Stiick). 15) Snosarve. 1 Libius Severus, 1 Justinian jung. Emission<br />

(Inv. Nr 6615, leicht abgenutzt) (2 Stuck).<br />

Nachtrag: Hinzu kommt ein bei B. Nerman noch nicht <strong>auf</strong>gefuhrter<br />

Schatz von Harkvie, Björke sn., bestehend aus: 2 Leo, 1 Zeno, 1 Anastasius/Theoderich<br />

(Nordisk Numism. Årsskrift 1941, S. 257), 1 Theodosius<br />

IL, 1 Leo (Nordisk Numism. Årsskrift 1942, S. 245) (6 Stiick).<br />

Die Munzen sind in Anhang I noch als Einzelmiinzen gefiihrt.<br />

286

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