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Ausgabe 1/2013 - BLLV

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BAYERN<br />

GRUSS VOM TILL<br />

EULENSPIEGEL<br />

Ministerielle Erlebnispakete:<br />

Heu für die Schulen<br />

Mit eingeschweißtem Heu und Heuduft sollen Klassen<br />

3/4 zum Besuch von Bauernhöfen motiviert werden –<br />

Entlohnung für den Bauern: 170 Euro je Klasse<br />

Vor Weihnachten erhielten alle<br />

bayerischen Schulen mit einer 3.<br />

und 4. Jahrgangsstufe Post vom<br />

Bayerischen Staatsministerium für Ernährung,<br />

Landwirtschaft und Forsten. Für<br />

jede Jahrgangsstufe an der Schule brachte<br />

der Postbote ein Paket mit einem in eine<br />

luftdichte Folie eingeschweißten Heu.<br />

Nicht, um damit für die bevorstehenden<br />

Weihnachtsfesttage einen Krippenstall<br />

wohnlicher zu machen, sondern um mit<br />

dem „besonderen Duft, der Farbe, dem<br />

Knistern und der Zerbrechlichkeit... an<br />

das Leben in einem Dorf, auf einem Bauernhof<br />

(zu) erinnern“, hieß es im Begleitschreiben<br />

des Ministeriums.<br />

Zusammen mit dem Kultusministerium<br />

hat das Landwirtschaftsministerium das<br />

Programm „Erlebnis Bauernhof“ entwickelt,<br />

das den Besuch von Kindern auf<br />

einem Bauernhof anregen soll. Die Schüler<br />

sollen „erleben, wo und wie unsere gesunden<br />

Lebensmittel erzeugt werden“, so<br />

die ministerielle Mitteilung.<br />

In dem Schreiben an die Schulen heißt es<br />

ferner: Bei einem Unterrichtsbesuch auf<br />

einem Bauernhof „lernen die Kinder mit<br />

Kopf, Herz und Hand“, sind vom direkten<br />

Kontakt mit Tieren und Pflanzen begeistert,<br />

arbeiten aktiv mit und erleben die<br />

Landwirtschaft mit allen Sinnen.<br />

Zum Heupaket gab es drei Farbplakate, einen<br />

Prospekt des Ministeriums mit einem<br />

Bild des Ministers, Postkarten für Kinderfragen<br />

und das ministerielle Versprechen,<br />

alle teilnehmenden Klassen könnten sich<br />

an einem Gewinnspiel beteiligen, das für<br />

jeden Regierungsbezirk Preise verspricht.<br />

Die Lehrerinnen und Lehrer wurden gebeten,<br />

sich selbst sowie die Schülerinnen<br />

und Schüler „für dieses wichtige Thema“<br />

zu begeistern, damit die heimischen Lebensmittel<br />

wieder mehr geschätzt werden.<br />

Über 400 Bauernhöfe, vom Ministerium<br />

ausgewählt und qualifiziert – in der Oberpfalz<br />

sind es 66, stehen für diese Werbeaktion<br />

zur Verfügung, im Internet (www.<br />

erlebnis-bauernhof.bayern.de) nach Landkreisen<br />

aufgelistet. Ein Faltblatt gibt den<br />

Lehrern und den bäuerlichen Betrieben<br />

Anleitungen und Anweisungen zur Praxis.<br />

Unterstützt wurde die bäuerliche Werbeaktion<br />

auch von den Schulämtern durch<br />

Auftaktveranstaltungen, zu deren Besuch<br />

die Lehrer der 3. und 4. Jahrgangsstufe<br />

eingeladen worden waren.<br />

Die 11.000 Heupakete belasten den Haushalt<br />

des Ministeriums mit 120.000 Euro.<br />

Dazu kommen weitere <strong>Ausgabe</strong>n: Dem<br />

Hofinhaber wird der Besuch einer Schulklasse<br />

mit jeweils 170 Euro vergütet. Die<br />

Kosten, die den Landwirtschaftsämtern<br />

und dem Ministerium für die Aufbearbeitung<br />

der luxuriösen Materialien entstanden<br />

sind, können in Zahlen nicht gefasst<br />

werden. –as–<br />

Viele Lehrerinnen/ Lehrer der Grundschulen<br />

rieben sich vor Weihnachten die<br />

Augen: Für die Jahrgangsstufen 3 und 4<br />

hatte die Post ein Paket gebracht. Der Inhalt:<br />

Für jede Klasse „Bestes bayerisches<br />

Wiesenheu“, luftdicht in eine Folie eingeschweißt.<br />

Ein Begleitschreiben des Landwirtschaftsministers<br />

erläutert die Zielsetzung:<br />

Der Duft des getrockneten Grases – Till<br />

Eulenspiegel lässt grüßen – soll die Kinder<br />

auf einen Bauernhof locken, um dort<br />

das bäuerliche Leben zu erkunden und<br />

den Kindern die Nöte der Landwirtschaft<br />

näherzubringen.<br />

STANDPUNKT<br />

So notwendig Hilfen für die Landwirtschaft<br />

sein mögen, so überflüssig war<br />

das Heu-Paket. Das Prädikat lobenswert<br />

verdient notfalls die PR-Firma, die sich<br />

diese ungewöhnliche Idee vom Ministerium<br />

wohl auch gut bezahlen ließ. Doch als<br />

unverantwortlich und geldverschwenderisch<br />

muss man die Umsetzung in die Tat<br />

einstufen. Die „Täter“ sitzen im Landwirtschaftsministerium<br />

und teils auch im<br />

Kultusministerium. Da wurde Geld zum<br />

Fenster hinausgeworfen, nur weil im Etat<br />

des Landwirtschaftsministeriums vielleicht<br />

noch übriges Geld war, das vor dem<br />

Jahresende ausgegeben werden musste.<br />

An dieser Stelle drängt sich eine simple<br />

Rechnung auf: Wenn sich nur die Hälfte<br />

der 11.000 Paketempfänger zu einem<br />

Bauernhofbesuch entscheidet, fallen neben<br />

den Herstellungs- und Versandkosten<br />

für die Pakete 935.000 Euro an „Honorar“<br />

für die besuchten Höfe an.<br />

Wie notwendig und hilfreich diese Gelder<br />

im Bereich der Schule hätten eingesetzt<br />

werden können, wissen Lehrer und<br />

Eltern zu gut: Aus Geldmangel können<br />

höchst notwendige Unterrichtsstunden<br />

nicht gehalten werden, Geldmangel verhindert<br />

die Einstellung von höchst notwendigen<br />

Junglehrern, Sparsamkeit ist<br />

von den Kommunen gefordert.<br />

Mit Steuergeldern sollte man im bayerischen<br />

Landwirtschaftsministerium sparsamer<br />

umgehen, auch oder gerade vor<br />

Landtagswahlen. Die Heu-Paket-Aktion<br />

erfüllt diese Vorgaben nicht.<br />

Wahrlich ein Fall für den Steuerzahlerbund!<br />

Anton Schlicksbier<br />

<br />

Oberpfälzer Schule <strong>2013</strong>/1 – 35. Jahrgang

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