22.11.2013 Aufrufe

Volltext Prokla 22

Volltext Prokla 22

Volltext Prokla 22

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ereich beschaftigten Soziologen und Bildungsforschern fmden, die teilweise sehr<br />

kiihne Hoffnungen auf "systemsprengende Wirkungen" daran kntipfen, kann gerade<br />

darauf hinweisen, d~ es wenig objektive (vom Standpunkt def kapitalistischen<br />

Produktion gesehen) Zwange gibt, die auf eine umfassende Vergesellschaftung der<br />

Elementarerziehung drangen. 1m folgenden soIl nun noch versucht werden, verschiedene<br />

Ubedegungen darzustellen, die u.U. gegen die Annahme einer Tendenz<br />

zur umfassenden Ausdehnung def Offentliehen zulasten def familialen Kleinkinderziehung<br />

sprechen. 1m Rahmen dieser Arbeit mtissen diese Uberlegungen weitgehend<br />

andeutenden Charakter haben.<br />

Es ist zunachst nur soviel klar: von einer differenzierten Betreuung und Anregung<br />

im Kindergartenalter, wie sie die Erziehungspraxis def btirgerlich orientierten<br />

Erziehung bisher schon bot, wird eine verbesserte Ausgangslage ("Begabung") fur<br />

die zuktinfigen Lernvorgiinge auch in def eigentlichen Berufsausbildung und -fortbildung<br />

erwartet; und die Fahigkeit, fortgesetzt neu zu lernen, soU wegen def<br />

raschen Umschlagsgeschwindigkeit def technischen Struktur der Produktion immer<br />

wiehtiger werden. Aber: gilt dieses Erfordernis fUr aile zuktinftigen Berufstiitigen?<br />

1st denn sieher, da£ etwa die Automatisierung unter kapitalistischen Bedingungen<br />

nicht doch weiterhln einen betrachtlichen "Bodensatz" von Ungelernten und Angelernten<br />

braucht? (Unter kapitalistischen Bedingungen, wei! hier allein def Gewinn<br />

dartiber entscheidet, ob und wie die technische Struktur eines Produktionsvorgangs<br />

verandert wird, und zwar grundsatzlich ohne Rticksicht auf die Interessen der AIbeitskrlifte.)<br />

Diese Frage ist bisher recht kontrovers beantwortet worden (52). D~<br />

diese Entwicklung von entscheidendem Gewicht fUr die Frage def Einbeziehung der<br />

Frauen in die abhiingige Berufsarbeit ist, erwahnen wir hier nur nebenbei.<br />

Weiter: selbst wenn anzunehmen ist, daB in Zukunft alle Berufstlitigen vor<br />

allem "das Lernen gelernt" haben mtissen und die Basis dafUr nur in der Vorschulphase<br />

gelegt werden kann, stellt sich doch die Frage der geseUschaftlichen Kosten<br />

fUr ein Resuitat, das frtihestens in zwei bis drei Jahrzehnten erwartet werden kann.<br />

Der Kapitalismus zeiehnet sich nach allen bisherigen Erfahrungen gerade nicht<br />

durch eine solche langfristige Vorausplanung aus. Und zwar nicht nm, wie am Anfang<br />

dieses Kapitels bemerkt, weil im Kapitalismus jede Art der Prognose sehr problematisch<br />

ist (wie gerade die Unsicherheit bei der Einschatzung des Konjunkturverlaufs<br />

im vergangenen Jahr wieder deutlich gezeigt hat). Sondern vor allem, weil<br />

die Vorausplanung auf Jahrzehnte im Fall def Bildungsreform mit staatlichen<br />

Aufwendungen von enormer Gro~enordnung verbunden 1st. Wir konnen hier nicht<br />

auf die Auseinandersetzungen urn die Finanzierung def Bildungsreform eingehen,<br />

die ein wesentlicher, wenn nieht def entscheidende Grund fUr den Riicktritt des<br />

Wissenschaftsministers Leussink waren. Nur der Kern def Auseinandersetzung sei<br />

52 Fiir die Argumentation, die eine Tendenz zur alJgemeinen Hiiherqualifizietung annimmt,<br />

kann hier wieder stellvertretend fUr viele andere Schriften der Bildungsbericht '70 der<br />

Bundesregierung (a.a.O.) genannt werden. Fiir die Annahme eines "Bodensatzes" vgl.<br />

RKW, Wirtschaftliche und soziale Aspekte des technischen Wandels ... , a.a.O., Bd. 1,<br />

S. 318, Bd. 8, Tell Ie (Verfasser: H. Kern, M. Schumann).<br />

38

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!