Volltext Prokla 22

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22.11.2013 Aufrufe

und Bildungsplanung ist, ja sogar an emlgen Stenen bereits versuchsweise konkrete Form angenommen hat und jedenfalls viele Wissenschaftlicher und Institute beschiiftigt. Aus der Masse des dazu veroffentlichten Materials greifen wir einen Text heraus, urn an ibm eine Einschiitzung dieser Diskussion und ihrer Folgerungen zu versuchen, und zwar den "Bildungsbericht '70 der Bundesregierung" (36). Denn in diesem offiziellen Bericht wollte die Bundesregierung die Prioritiit der Bildung vor anderen politischen Zielen, wie sie sich in der Diskussion und den politischen Auseinandersetzungen der sechziger Jahre herausgeschiilt hatte und wie sie in der Regierungserkliirung des neuen Kanzlers verkundet worden war, in einem Programm fUr die "vor uns Jiegenden graBen Bildungsreformen" (37) ausdriicken. Wie diese Ziele begriindet werden, ist ziemlich aufschlu£reich und driickt die V orstellungen und die Blindheit vieler an der Bildungsreformdiskussion Beteiligter gut aus; dabei beschriinken wir uns hier hauptsachlich auf die Feststellungen wr Vorschulerziehung, deren "Ausbau ... als erste Stufe des Bildungswesens zu einer vordringlichen bildungspolitischen Aufgabe" erklart wird (38). Nach den im Bildungsbericht von der Bundesregierung verOffentlichten Zielen soIl der gesamte Elementarbereich (also Kindergarten und Vorschulerziehung, d.h. die Altersstufe von 3 und 4 bzw. von 5 und 6 Jahren - die Altersgruppe unter 3 Jahren werden in dem Bericht uberhaupt nichterwahnt!) Prioritat erhalten und zugig ausgebaut werden. Dabei wird die beachtliche Forderung nach einer Verdoppelung der Kindergartenplatze "in den nachsten Jahren" oder (1) "bis 1980" von 1 auf mindestens 2 Millionen und die Vorverlegung des Einschulungsalters auf das 5. Lebensjahr bis 1980 erhoben (38a). In Graphiken und Tabellen (39) wird das eklatante Hinterherhinken der Schulbesuchsquote der 6jahrigen in der BRD, bzw. das Nochnichtvorhandensein von Vorschiilern im Jahre 1965 mit den entsprechenden, sehr viel hoherel1 Quoten in anderen europaischen Liindern (besonders herausragend Frankreich und Belgien) (40) verglichen. Die Broschure la£t uns auch 36 Bildungsbericht '70. Bericht der Bundesregierung zm Bildungspolitik. Hrsg. Bundesminister flir Bildung und Wis·senschaft. Bonn 1970 (auch als BT-Drucksache VI/925, hier zitiert naoh dem Druck des Wissenschaftsministeriums). Bezeichnenderweise ist 1971 und 1972 kein Bildungsbericht mehr erschienen. 37 Bildungsbericht, a.a.O., S. 5 38 Ebd., S. 36 38a Ebd., S. 39 bzw. S. 10 39 EM., S. 39-41 40 Frankreich hatte bereits 1965 eine Vorschulbesuchsquote der Vierjiihrigen von 74,9%, Belgien eine von 95,5%; in der BRD dagegen besuchten 1965 34,1% der Drei· bis Sechsjiihrigen den Kindergarten (ebd., S. 39, Tabelle 12). An diesen Zahlen ist noch folgendes interessant: die we it hohere Entlastung der Miitter von einem Teil der Kleinkindererziehung in Frankreich im Vergleich zm BRD wirkt sich nUI in einem unerheblich hoheren Anteil der weiblichen Arbeitnehmer an allen Arbeitnehmern aus (vgl. oben Tabelle 3, in Anmerkung 30). Und in Belgien ist dieser Anteil im internationalen Vergleich sogar besonders niedrig, also genau das Gegenteil von dem, was man infolge der "Vergesellschaftung der Kleinkindererziehung" eigentlich erwarten soHte! Diese Feststellung scheint uns unsere These zu unterstiitzen, daf, ein groJl.ziigig gesteigertes Angebot an offentlichen 34

und Bildungsplanung ist, ja sogar an emlgen Stenen bereits versuchsweise konkrete<br />

Form angenommen hat und jedenfalls viele Wissenschaftlicher und Institute<br />

beschiiftigt. Aus der Masse des dazu veroffentlichten Materials greifen<br />

wir einen Text heraus, urn an ibm eine Einschiitzung dieser Diskussion und ihrer<br />

Folgerungen zu versuchen, und zwar den "Bildungsbericht '70 der Bundesregierung"<br />

(36). Denn in diesem offiziellen Bericht wollte die Bundesregierung die<br />

Prioritiit der Bildung vor anderen politischen Zielen, wie sie sich in der Diskussion<br />

und den politischen Auseinandersetzungen der sechziger Jahre herausgeschiilt<br />

hatte und wie sie in der Regierungserkliirung des neuen Kanzlers verkundet<br />

worden war, in einem Programm fUr die "vor uns Jiegenden graBen Bildungsreformen"<br />

(37) ausdriicken. Wie diese Ziele begriindet werden, ist ziemlich aufschlu£reich<br />

und driickt die V orstellungen und die Blindheit vieler an der Bildungsreformdiskussion<br />

Beteiligter gut aus; dabei beschriinken wir uns hier hauptsachlich<br />

auf die Feststellungen wr Vorschulerziehung, deren "Ausbau ... als erste Stufe<br />

des Bildungswesens zu einer vordringlichen bildungspolitischen Aufgabe" erklart<br />

wird (38).<br />

Nach den im Bildungsbericht von der Bundesregierung verOffentlichten Zielen<br />

soIl der gesamte Elementarbereich (also Kindergarten und Vorschulerziehung,<br />

d.h. die Altersstufe von 3 und 4 bzw. von 5 und 6 Jahren - die Altersgruppe unter<br />

3 Jahren werden in dem Bericht uberhaupt nichterwahnt!) Prioritat erhalten und<br />

zugig ausgebaut werden. Dabei wird die beachtliche Forderung nach einer Verdoppelung<br />

der Kindergartenplatze "in den nachsten Jahren" oder (1) "bis 1980" von<br />

1 auf mindestens 2 Millionen und die Vorverlegung des Einschulungsalters auf<br />

das 5. Lebensjahr bis 1980 erhoben (38a). In Graphiken und Tabellen (39) wird das<br />

eklatante Hinterherhinken der Schulbesuchsquote der 6jahrigen in der BRD, bzw.<br />

das Nochnichtvorhandensein von Vorschiilern im Jahre 1965 mit den entsprechenden,<br />

sehr viel hoherel1 Quoten in anderen europaischen Liindern (besonders herausragend<br />

Frankreich und Belgien) (40) verglichen. Die Broschure la£t uns auch<br />

36 Bildungsbericht '70. Bericht der Bundesregierung zm Bildungspolitik. Hrsg. Bundesminister<br />

flir Bildung und Wis·senschaft. Bonn 1970 (auch als BT-Drucksache VI/925, hier<br />

zitiert naoh dem Druck des Wissenschaftsministeriums). Bezeichnenderweise ist 1971<br />

und 1972 kein Bildungsbericht mehr erschienen.<br />

37 Bildungsbericht, a.a.O., S. 5<br />

38 Ebd., S. 36<br />

38a Ebd., S. 39 bzw. S. 10<br />

39 EM., S. 39-41<br />

40 Frankreich hatte bereits 1965 eine Vorschulbesuchsquote der Vierjiihrigen von 74,9%,<br />

Belgien eine von 95,5%; in der BRD dagegen besuchten 1965 34,1% der Drei· bis Sechsjiihrigen<br />

den Kindergarten (ebd., S. 39, Tabelle 12). An diesen Zahlen ist noch folgendes<br />

interessant: die we it hohere Entlastung der Miitter von einem Teil der Kleinkindererziehung<br />

in Frankreich im Vergleich zm BRD wirkt sich nUI in einem unerheblich hoheren<br />

Anteil der weiblichen Arbeitnehmer an allen Arbeitnehmern aus (vgl. oben Tabelle 3, in<br />

Anmerkung 30). Und in Belgien ist dieser Anteil im internationalen Vergleich sogar besonders<br />

niedrig, also genau das Gegenteil von dem, was man infolge der "Vergesellschaftung<br />

der Kleinkindererziehung" eigentlich erwarten soHte! Diese Feststellung scheint<br />

uns unsere These zu unterstiitzen, daf, ein groJl.ziigig gesteigertes Angebot an offentlichen<br />

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