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Volltext Prokla 22

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lung - in def Rezession ohne groBen Widerstand in die Familie zurUckschicken,<br />

weil sie dort in der Regel ihren eigentlichen Aufgabenbereich sehen, besonders,<br />

wenn jiingere Kinder zu versorgen sind. Der geringe Qualifikationsstand von<br />

Frauen und die zermiirbende repetitive Tei!arbeit, die sie iiberwiegend vefrichten<br />

(ein hoher Prozentsatz von Frauen arbeitet im Akkord), begiinstigt diese<br />

Bereitschaft, mit der Lohnarbeit aufzuhoren. Umgekehrt verhindert auch .in<br />

sehr vielen Fallen die Orientierung auf Familie und Kinder eine dauerhafte<br />

Identifizierung mit der Beurfsarbeit und mit def damit geforderten Qualifikation<br />

- Frauen bleiben in den allermeisten Fallen bei un- bzw. angelernten<br />

Arbeiten stehen. (Wir sehen hier einmal davon ab, daB sich diese Grundstrukturen<br />

in entsprechenden Erwartungen und institutionellen Hindernissen niederschlagen,<br />

die einzelnen Frauen eine Umorientierung sehr erschweren.)<br />

Fassen WiT zusammen. Frauen sind wegen ihrer traditionellen Orientierung<br />

auf die Arbeit der Kinderaufzucht bzw. irn Haushalt eine ideale versteckte<br />

Reservearmee; ihre wesentliche Motivation zur "auBerhauslichen" Arbeit ist<br />

die Erhaltung def Familie. Ob ein wesentlich groBerer Tei! der Frauen und<br />

Miitter als bisher sich dauerhaft "in die gesellschaftliche Produktion" einbeziehen<br />

laBt, hangt nicht so sehr von einem groBziigig gesteigerten Angebot an<br />

Offentlichen Erziehungsinstitutionen ab als vom unrnittelbaren Druck auf die<br />

Lebenserhaltung def Farnilie (nur noch nicht verheiratete oder unverheiratete<br />

Frauen machen hier eine Ausnahme, was aber im Zusarnmenhang unserer<br />

Fragestellung nicht untersucht werden soIl). Solange die unmittelbare Arbeit<br />

der Kinderaufzucht hauptsachlich auf den Miittern lastet, ist auch keine Uberwindung<br />

der Doppelrolle moglich, sodaB die Berufsarbeit zum Kernpunkt der<br />

Existenz auch flir die Frauen werden konnte. Unter den geschilderten Bedingungen<br />

ist es einleuchtenderweise auch vom Standpunkt des Kapitals aus nicht<br />

sehr sinnvoll, das Krippen- und Kindergartenangebot bzw. die Vorschulerziehung<br />

in entscheidendem Umfang zu erhohen.<br />

Wenn man diese Folgerung akzeptiert, muB man allerdings dariiber iiberrascht<br />

sein, daB die Ausdehnung def Vergesellschaftung def Kleinkinderziehung<br />

seit einigen Jahren ein wichtiger Diskussionspunkt in der Bildungspolitik<br />

mafligung, des Wohngeldes und des Kindergeldes, tiber weniger Einkommen als nach dem<br />

,Bundessozialhilfegesetz' zu zahlen ware" (= Filrsorgeunterstiltzung, L.M.), (Zitat nach<br />

Sliddeutsche Zeitung vom 30./31.3.1972, S. 13). Hier wird diese Feststellung durch<br />

typische Faile untersttitzt, von denen wir einen zitieren: "Das sieht in der Praxis zum<br />

Beispiel so aus. Kurt S. ist Feinmechaniker von Beruf und verdient neHo 950 Mark.<br />

Wenn er aile in arbeiten wtirde, bekame er 100 Mark Wohngeld (bei einer Miete von<br />

395,50 im sozialen Wohnungsbau). Der Familie mit drei Tochtern im Alter von 16, 15<br />

und 10 Jamen blieben mnd 650 Mark zum Leben. Also arbeitet Frau S. halbtags als<br />

Buchhalterin und tragt dadurch 490 Mark zum Einkommen beL ,Trotzdem mtissen wir<br />

uns noch krumm und lahm legen', sagt sie. Familie S. besitzt kein Auto, keine Waschund<br />

keine Geschirrspillmaschine, kein einziges elektrisches Ktichengerat. ,Wenn ich nach<br />

Hause komm, dann koche ich, dann Iaum ich die Kiiche auf, und dann koch ich wieder.<br />

Ich komm aus dem Kochen gar nicht raus.' Urlaub wurde im vergangenen Jahr per Fahrrad<br />

gemacht. Kosten: 350 Mark. Irgendwelche Luxusartikel sind nicht drin. , ... Chancengleichheit?<br />

DaIl> ich nicht lache! ... "<br />

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